Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2049
Morkheros Galaxis
In der Sternenkammer der Ritter – ein Hüter sucht seinen Nachfolger
von Robert Feldhoff
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Seit die SOL ihre große Reise durch den Mega-Dom in DaGlausch angetreten hat und achtzehn Millionen Jahre in der Vergangenheit landete, wurde ihre Besatzung zu Zeugen ungeheuerlicher kosmischer Vorgänge: In Segafrendo erlebten sie den grauenvollen Krieg der mörderischen Mundänen gegen die friedliche Zivilisation der Galaktischen Krone. Und im INSHARAM, einem Kosmos, der gewissermaßen »zwischen« den Universen liegt, erlebten die Menschen an Bord des Hantelraumschiffes mit, wie die Superintelligenz ES entstand.
Damit haben die »Einsamen der Zeit«, an ihrer Spitze Atlan, der alte Arkonide, im Prinzip ihre wichtigsten Aufgaben erfüllt, die ihnen ES, der Mentor der Menschheit, vor der Reise gestellt hatte. Die Menschheit der Zukunft ist gerettet, die Superintelligenz entstanden, der Weg zurück theoretisch frei.
Die SOL-Besatzung schafft es sogar, aus dem INSHARAM in die Galaxis Segafrendo zu gelangen, die NACHT von Segafrendo zu erreichen und von dort aus durch den Mega-Dom zu gehen. Das einzige Ziel von Atlan und seinen Begleitern ist die Rückkehr in ihre reale Gegenwart und in den PULS von DaGlausch. In der realen Gegenwart des Dezembers 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung aber kommt die SOL nicht an. Das bemerken einige Menschen aus Alashan, die im PULS von DaGlausch die Ankunft des Raumschiffs erwarten …
Währenddessen entwickelt sich an einer anderen Stelle des Universums eine gigantische Gefahr für die Menschheit – sie materialisiert in MORKHEROS GALAXIS …
Wrehemo Seelenquell – Der alte Wächter in der Sternenkammer der Ritter sucht nach einem Nachfolger.
Morkhero Seelenquell – Der »Junge« geht seine eigenen Wege und lässt sich in seiner Neugierde nicht stoppen.
Die Einsamkeit der Sternenkammer
»… trkrkrkr …«
Wrehemo konnte das Tier nicht sehen, doch er war sicher, dass es existierte. Er musste das Tier töten.
»Servo!«, flüsterte er.
Die Stimme des Servicerechners antwortete ihm ebenso gedämpft: »Ich höre dich, Hüter.«
»Servo, ich habe einen Eindringling bemerkt.«
»Handelt es sich um … einen der üblichen Eindringlinge?«
»Jawohl.«
Wrehemo konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Servo ihn verspottete. Er öffnete die schmalen weißen Lippen und entblößte zwei Reihen filigraner, geriffelter Goldzähne. »Ich will, dass du den Waffenschrank entsperrst«, forderte er gepresst, in einer kaum verständlichen Abart des Do'Esanom, der lingua franca des Landes Dommrath.
Im Speicher herrscht der Seelenquell! Denk daran, Gehirn!
Es dauerte eine Sekunde, eine reine Provokation. Dann verkündete die Stimme: »Der Waffenschrank ist entsperrt.«
Wrehemo hatte anfangs die Tiere noch eingefangen. Längst brachte er sie um und entsorgte ihre Überreste in einem Materie-Energie-Konverter, der sich im untersten Deck der Station befand. Es handelte sich um ekelhafte Nager mit braunem Fell, so groß wie zwei Fäuste eines Seelenquell, mit vorstehenden gelben Zahnspitzen und einem Geruch nach Aas, der seine Nase beleidigte. Sie spielten ewig dasselbe Spiel mit ihm, ein Spiel, dessen Name lautete: »Finde mich oder verliere den Verstand.«
Wrehemo konnte sich nicht erklären, weshalb das Heer der Wachroboter und Reinigungsmaschinen auf die Eindringlinge nicht reagierte.
Das Trippelgeräusch kam aus einer Nebenhalle, aus der Halbdüsternis jenseits der Schwellen. Er stellte sich winzige Pfoten mit Hornkrallen vor, die auf dem crozeirischen Schieferboden keinen Halt fanden; knopfgroße stechende Augen, denen die Museumshallen des Speichers wie ein fremdes, steriles Universum scheinen mussten.
Wrehemo wusste weder, wie das Tier in den Technologischen Speicher gelangt war, noch wie es an diesem Ort überlebte.
Er hätte seinen Kopf darauf verpfändet, dass es auf dem Speicher weder Schmutz noch Speisereste gab.
»… tkrkrkrtt …«
Seine Theorie besagte, dass an einer noch unentdeckten Stelle ein Leck existierte; eine undichte Stelle, wo der Technologische Speicher gegen die übrigen Sektionen der Sternenkammer der Ritter nicht ausreichend abgedichtet war.
Wrehemo Seelenquell stieß ein zischendes Geräusch aus.
»Fsssh …!« – gerade laut genug, dass der Silberträger es in seiner Klause hören konnte. »Ich brauche dich jetzt, Silberner. Fsssh …!«
Wrehemo stemmte sich aus der Antigravitationsschale empor, mit dürren, kraftlosen Armen. Unter seinem tiefschwarzen Gewand, das von der Halsregion bis zum Unterleib reichte, staute sich Hitze. Die Tätowierung an seiner Stirn pulsierte in einem Rhythmus, der ihm Schmerzen bereitete. Ein Jahrhunderte verleugnetes Jagdfieber trieb den Pulsschlag des Hüters hoch.
Sein Blick wanderte ruhelos über die karge Einrichtung des Aufenthaltsraums; der Nahrungsspender, der Tisch mit dem Nachrichtenholo, das im Sekundentakt Meldungen aus dem Land präsentierte; daneben ein Regal, das altmodische Folianten enthielt, mit zweidimensionalen Fotografien aus dem Leben des Karriolenden Clans der Seelenquell.
»Fsssh …! Hier herüber …«
Hinter ihm erklang ein polterndes Geräusch, als der Silberne sich in Bewegung setzte.
Der Silberträger war ein kräftiges Geschöpf, eine Gestalt von kompakter Erscheinung, eineinhalb Meter groß, sehr viel kräftiger als der nur sechzig Zentimeter messende Seelenquell.
Die Säulenbeine des Silbernen produzierten ein bassig klingendes, von Ledorin-Stiefeln gedämpftes Schrittgeräusch. Einen halben Meter vor dem zitternden Wrehemo blieb das Geschöpf stehen.
Mit seinen klobigen Armen balancierte der Silberne den Sattel, ein stumpfes nickelfarbenes Gestell mit Sensorflächen, und drapierte sich die Sitzwanne über die kopflosen Schultern.
Wrehemo fühlte sich in Körpermitte angehoben und wie eine zerbrechliche Kostbarkeit in den Sattel gesetzt.
»Warst du eingeschlafen …?«, wisperte er, auch wenn er nicht sicher wusste, ob der Silberträger ihn verstand. »Wir gehen auf die Jagd, stummer Diener …«
Wrehemo Seelenquell schlug die Widerhaken seiner Beine in das silberne Fleisch. Der Träger zuckte in einem Nervenreflex, aus der Haut quollen Blutstropfen.
Ein Strom von Energie pulste durch Wrehemos Adern. Durch die Muskulatur des halbintelligenten Geschöpfes raste ein wohliger Schauer, als der Leib des Meisters sich mit dem Leib des Dieners koppelte.
Über die Widerhaken schickte er Nervenimpulse in den Körper des Trägers. Als der Silberne einen Fuß vor den anderen setzte, war es so, als bewege sich Wrehemo selbst.
Die Einheit eines Seelenquell mit seinem Träger war nicht weit von einer geistigen Verschmelzung entfernt. Der Silberne wirkte als lebendiges Aufputschmittel, ein Konzentrationsverstärker, mit dessen Hilfe er tagelang ohne Schlaf auskam.
»… trikktrk …«
Das Geräusch klang leise, deutlich entfernter als eben noch. Wrehemo trieb den Silbernen zur Eile an.
Er stapfte zu dem Waffenschrank, der neben der Antigravschale an der Wand befestigt war, und wählte den Thermostrahler.
Der klobige Griff war nicht für die schmale, neunfingrige Hand eines Seelenquell gemacht, doch er wollte jetzt töten, auch wenn er das Gewicht des Strahlers kaum halten konnte.
Wrehemo stellte die Waffe auf eine Temperaturentwicklung unterhalb von dreihundert Grad. Genug für das Tier und zuwenig für das molekülverstärkte Hybridmaterial im Technologischen Speicher. Die Gefahr, mit einem Fehlschuss unabsichtlich Schaden anzurichten, war damit gleich Null.
Er dirigierte den Silbernen durch die Tür in den angrenzenden Saal. Eine indirekte, golden schimmernde Beleuchtung flammte auf.
Aus dem Boden fuhren mit Aktivierung der Leuchtkörper die Altäre hoch; Displays, die aus der besten Legierung der Ritter bestanden und deren Objekte von transparenten Konservierungsfeldern gesichert waren.
Man hätte eine Kanone benötigt, um die Displays zu beschädigen, nicht ein Gebiss aus Nagezähnen. Wrehemo wusste es, er wusste es eigentlich genau – und doch musste er das Tier töten.
Er vertrug die Aussicht nicht, dass ein Schädling an den Schätzen und Altären seinen Kot entleerte.
Wrehemo starrte in die hintersten Ecken, er bewegte sich um die Altardisplays herum und prüfte jeden toten Winkel.
Als er fast schon glaubte, das Tier sei fortgelaufen, von dem goldenen Licht erschreckt, da hörte er es noch einmal:
»… krtkrikrt.«
Wrehemo ließ den Silberträger herumfahren.
Hinter dem kostbarsten Altar von allen, mit dem wertvollen Anzug der Phantome, kauerte das Geschöpf am Boden.
Der Anzug selbst bestand aus transparentem Stoff, so gut wie unsichtbar, Wrehemo konnte jedoch sehen, dass der rote Sepzon-Gürtel noch an seinem Platz lag. Dennoch war das Urteil gesprochen.
Wrehemo richtete seinen schmalen Körper im Sattel auf. Er hob den Strahler, mit zitternden Fingern, und legte auf das Tier an.
Wrehemo wusste, dass es nicht recht war, doch er freute sich auf den Schuss und den Tod, den er damit brachte. Es war die einzige Möglichkeit, die er besaß, sich von seiner eigenen Lebendigkeit zu überzeugen.
»trkrkrok …«
Wrehemo drückte ab. Ein sonnenheller Blitz entwich aus dem Lauf der Waffe, verfehlte das Tier um einen halben Meter, schlug in den Boden und hinterließ über dem crozeirischen Schiefer eine stumpf aussehende Spur.
Das Tier huschte in einer irrwitzig scheinenden Geschwindigkeit durch den Saal, von einer Seite zur anderen, auf das gegenüberliegende Schott und die dahinter sich auftuende Dunkelheit zu.
Plötzlich war das Tier verschwunden.
Wrehemo starrte auf ein Loch im Boden, eine versenkte Stahlmanschette, die aus Wartungsgründen kein Display enthielt. In dem Loch musste das Tier verborgen sein.
Mit aufgeregten Atemzügen dirigierte er den Silbernen zu der Manschette.
Wrehemo blickte von oben hinab in die Öffnung, nur noch von den Widerhaken am Leib des Trägers gehalten – direkt auf das furchtsam sich in den Schatten kauernde Tier.
Er hob noch einmal den Thermostrahler, mit einer ungetrübten Freude wie einst als Kind beim Karriolenden Clan der Seelenquell, und berührte den Auslöser.
Der Leib des Tieres verbrannte.
Als Wrehemo wieder sehen konnte, bedeckten glosende Fetzen Asche und Fell den Boden der Manschette.
»Ich habe es geschafft, Servo!«, verkündete er.
»Das ist ohne jeden Zweifel eine wichtige Nachricht. Ich empfehle, die Kunde sogleich an die Ritter weiterzuleiten.«
Wrehemo hörte den Sarkasmus der Maschine mit ohnmächtigem Zorn.
*
Wrehemo Seelenquell hatte einen Traum. Einen einzigen nur:
Einmal in seinem Leben, das nicht mehr lange dauerte, wollte er einem leibhaftigen Ritter von Dommrath gegenüberstehen.
Er malte sich aus, wie der Ritter seinen erhabenen Körper vor Wrehemo aufrichtete und dem Seelenquell Dank aussprach; einem treuen Untertan, der sein Leben lang den Technologischen Speicher gehütet hatte.
Doch statt jemals ein Wort der Anerkennung zu ernten, hielt Wrehemo nur die Schätze der Ritter instand.
Er hatte in seiner Aufgabe niemals eine Überwachung festgestellt, nicht durch den verhassten Servorechner, nicht durch Kameras oder Kontrolleure. Im Speicher herrscht der Seelenquell. Ein Funkgerät, das ihn mit den Rittern oder einer übergeordneten Instanz verband, existierte nicht. Manchmal bildete er sich ein, der letzte scheintote Überlebende in einem entvölkerten Universum zu sein. Manchmal glaubte er, dass niemand sich für seine Tätigkeit interessierte, die Ritter nicht und auch sonst niemand im Land Dommrath. Das Leben und Wirken des Hüters war von einer so geringen Bedeutung, dass es keiner Überwachung bedurfte.
Es fiel ihm nicht leicht, den Gedanken in den Hintergrund zu drängen.
Wenn er den Verstand verlor und eines Tages die Exponate nicht mehr schützte, sondern zu vernichten begann, würde niemand es bemerken.
Aber er war ein Seelenquell, und es war undenkbar, gegen die Interessen der Ritter zu verstoßen.
Durch das Luk, das sich in der Wand des Aufenthaltsraums befand, starrte er in den Kosmos hinaus.
Milliarden gleißende Lichter umgaben die Sternenkammer, die Sterne der Galaxis, die sie das Land Dommrath nannten, unterteilt in 3456 Cluster, die Do'Checkalur.
Sein Blick glitt über die sich fortdrehende Kugel des Planeten Crozeiro, Perle des Clusters 0001, im Zentrum des Landes gelegen.
»Eines Tages …«, murmelte er, und niemand hörte seine Worte als der Silberne, »eines Tages, warte nur …«
Aber kein Ritterschiff stieg aus dem Morgendämmer in den Orbit auf.
Wrehemo zog die Blende vor das Luk, ärgerlich über sich selbst. »Gehen wir, Silberner!«
Er verbannte die Wehmut aus seinem Herzen, und wenn es nur für den Rest des Tages war. Die Ledorin-Stiefel seines Trägers klapperten über den dunklen Crozeiro-Schiefer, Wrehemos Gedanken versanken im ewig sich wiederholenden Rhythmus der Tagespatrouille.
Sein Rundgang durch den Speicher begann im untersten Deck.
Zwischen der ersten und der fünfhundertsten Etage befanden sich mehr als zehntausend Säle. Die meisten standen leer, besonders die oberen und unteren Sektionen.
Seine Liebe gehörte deshalb den Speichern der Mitteldecks. Die wunderbarsten Exponate, auf den Altären im goldenen Licht abgelegt, stammten aus fernen Galaxien, aus der vieltausendjährigen Vergangenheit der Ritter, aus ungezählten Begebenheiten in einem von Abenteuerlust erfüllten Kosmos.
Eine Sektion des Speichers enthielt furchtbare Waffen, die mit der hochstehenden Ethik der Ritter von Dommrath nicht im Einklang standen. Solange Wrehemo den Technologischen Speicher hütete, hatte niemand außer ihm diese Waffen auch nur angeblickt. Eine andere Sektion stellte Kunstgegenstände aus, Geschenke und Tauschobjekte, deren Hersteller so fremdartig sein mussten wie die abseitigste Phantasie.
Wrehemo versuchte sich vorzustellen, wie all das nach seinem Tod verfiel. Der Gedanke war ihm unerträglich.
Abertausende Servicerobs verrichteten ihren Dienst im Speicher, fleißig wie Insekten, die meisten auch so unsichtbar – aber sie konnten niemals einen Seelenquell ersetzen.
Es war seine Pflicht, für einen Nachfolger zu sorgen, so, wie auch er von seinem Vorgänger einst in die Aufgaben eines Hüters eingeführt worden war.
Für einen Nachfolger zu sorgen barg jedoch unüberschaubare Konsequenzen.
Wrehemo ahnte, dass sein Leben sich von dem Tag an radikal verändern würde, denn von da an wäre er nicht länger allein. Dass er eine Gesellschaft über längere Zeit ertragen konnte, daran zweifelte Wrehemo.
Er durfte sich jedoch der Konsequenz nicht verschließen, er war älter als tausendneunhundert Jahre. Noch verrichtete er in akzeptabler Verfassung seinen Dienst. Aber Gesundheit währte nicht ewig.
Wrehemo zögerte, ein Jahr lang, ein zweites und ein drittes.
Er machte sich klar, dass er vor den Rittern eine Verantwortung trug. Nicht er war wichtig, sondern die Schätze des Technologischen Speichers. Eines Tages, vielleicht morgen schon, würden die Ritter sich der abgelegten Gerätschaften bedienen wollen; an diesem Tag wollte Wrehemo aufstehen und erhobenen Hauptes verkünden, der Speicher sei bereit. Wenn es erst nach seinem Tod geschah, so wollte er immerhin einen Anteil daran. Und sei es, indem er seinen Nachfolger persönlich in die Geheimnisse des Speichers initiierte.
»Servo!«, sprach er laut.
Die allgegenwärtige, hinterhältig klingende Stimme antwortete ihm: »Ich höre, Wrehemo. Wie kann ich dir zu Diensten sein?«
»In den zurückliegenden Jahren habe ich intensiv nachgedacht; du wirst dies vielleicht bemerkt haben. Jetzt ist es soweit, mein Entschluss ist gefasst. Ich werde die Station auf unbestimmte Zeit verlassen. Es ist notwendig, einen jungen Hüter auszubilden.«
Die Antwort des Servohirns erfolgte ungewöhnlich prompt. »Gut, dass du die Entscheidung endlich triffst, Hüter. Du hast schon zu lange gewartet.«
»Steht dieses Urteil einem Servorechner zu?«, wies er das Gehirn zurecht. »Ich wollte keinen Kommentar, ich wollte dich lediglich in Kenntnis setzen.«
»Wie lange wirst du fort sein?«, fragte die Stimme – im selben tadelnden Tonfall wie zuvor.
»Ich kann noch nicht sagen, wann ich zurückkehre.«
Wrehemo Seelenquell verließ auf dem Rücken seines Silberträgers den Aufenthaltsraum, schweigend, er legte durch einen Antigravschacht den Weg bis in das erste Deck zurück und versuchte die Worte des Servos zu vergessen.
Das erste Deck war unfassbare tausendfünfhundert Meter hoch, bei einem quadratischen Kantenmaß von tausendachthundert Metern. Es handelte sich um einen Raumschiffshangar.
In seiner Phantasie spielte sich an diesem Ort der regeste Verkehr ab. Ritterschiffe landeten und starteten im Stundentakt, Waren für den Speicher wurden ent- und umgeladen und mittendrin er, der Hüter des Technologischen Speichers der Ritter von Dommrath.
In Wahrheit stand in dem Hangar nur ein einziges Raumfahrzeug: das kleine Kurierschiff ORDEO MYN. Wrehemo durfte über die ORDEO MYN verfügen, auch wenn er es in all den Jahren so gut wie nie getan hatte.
Was immer Wrehemo im Land Dommrath anstellte, er musste stets sichergehen, dass kein anderes Wesen Ankunft und Abflug der ORDEO MYN beobachten konnte.
Raumfahrt war allgemein verboten im Land, ein Privileg der Ritter und ihrer Helfer – zu denen auf seine Weise auch Wrehemo zählte.
Ein Laufband trug ihn bis an den gegenüberliegenden, entferntesten Winkel des Hangars.
Wrehemo musterte die brachliegende Einrichtung des Hangars. Hätte er einmal in seinem Leben nur den Betrieb mit angesehen; nun musste er vielleicht sterben, ohne jemals ein Ritterschiff erblickt zu haben.
Die ORDEO MYN war ein kugelförmiges Gebilde von 180 Metern Durchmesser, die bronzefarbene Außenhaut von Hunderten von Aufbauten übersät. Insgesamt entstand ein sporenartiges, zerklüftetes Außenbild.
Die eigentliche Kugel brachte es auf nicht mehr als 138 Meter Durchmesser. Der Raumer verfügte über keinerlei Offensivbewaffnung und war stattdessen mit leistungsstarken Triebwerken und einem hervorragenden Ortungsschutz bestückt.
Wrehemo Seelenquell schwebte durch die Polschleuse ins Innere. Ein Doppelstabroboter der Besatzung geleitete ihn in die Zentrale des Schiffes.
Vor den Hologalerien blieb Wrehemo stehen. »Wir verlassen den Technologischen Speicher«, verkündete er den Maschinen. »Aktiviert den Ortungsschutz!«
»Jawohl, Herr.«
Ein Teil der Hangartore fuhr über der ORDEO MYN beiseite. Wrehemos Blick fiel auf einen Ausschnitt des freien Weltraums.
Die ORDEO MYN löste sich schwerelos aus ihrem Hangarplatz, ohne eine Vibration kletterte das Kurierschiff in die Höhe, durchstieß die imaginäre Grenze zwischen Hangar und Weltraum und gewann an Geschwindigkeit. Die dunstige Tagessichel des Planeten Crozeiro rotierte in einer kaum merklichen Geschwindigkeit unter der Sternenkammer weg. Darüber zogen in einem prächtigen Schauspiel die Cro-Schwestermonde ihre sich kreuzende Bahn.