Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2057
Keifan, der Druide
Auf Wanderschaft im Land Dommrath – zwei Terraner erfahren eine Lebensgeschichte
von Horst Hoffmann
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Ein ungewöhnliches Schicksal verschlug zwei junge Mutanten von der Erde in eine fremde Umgebung: Der Teleporter Startac Schroeder und der Morkhero-Spürer Trim Marath verschwanden am 25. Dezember 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung aus Para-City, der Stadt der Monochrom-Mutanten.
Sie materialisierten auf dem Planeten Chirittu, einer Welt, auf der man noch nie etwas von der Erde, der Milchstraße oder anderen bekannten Begriffen gehört hat. Vor allem aber ist Chirittu eine Welt, die offensichtlich gerade umkämpft ist.
Trim und Startac werden Zeuge erbarmungsloser Schlachten, bei denen aber anscheinend nur Roboter eingesetzt und nur Industrieanlagen zerstört werden. Die eine Seite in diesem Konflikt wird als »die Legion« bezeichnet, bei der anderen handelt es sich um Caranesen. Der Planet und seine Bewohner nehmen an einer Revolution teil, die von den terranischen Mutanten noch nicht begriffen werden kann.
Immerhin machen die beiden die Bekanntschaft eines seltsamen Wesens, das ihnen zur Flucht von dem umkämpften Planeten verhilft. Dieses Wesen ist KEIFAN, DER DRUIDE …
Trim Marath – Der Mutant vom Planeten Yorname befindet sich in einer fremden Galaxis.
Startac Schroeder – Der Teleporter erfährt die Geschichte eines Druiden.
Keifan Sogho Nirwai'Mangolem – Der Druide von Couxhal berichtet aus seinem wechselvollen Leben.
Hermigo – Das freche Tier beißt gerne in Finger und Hände.
Sangelie Miro Nirwai'Siman – Die junge Druidin wird Zeuge unglaublicher Geschehnisse.
(25. Dezember 1303 NGZ)
Trim Marath und Startac Schroeder kamen auf einer Welt heraus, von der sie sofort wussten, dass es nicht mehr Chirittu sein konnte: Die Schwerkraft war niedriger, der Himmel heller. Vor allem gab es keine Raumschiffe der Legion, die zur Invasion ansetzten.
Nur überall Caranesen, die sich jetzt rasch in eine Richtung bewegten. Sie waren noch in heller Aufregung, panisches Geschnatter und Gemurmel lag über der Szenerie. Aber der größte Druck, die Gefahr, in der Masse drängender Leiber erdrückt zu werden, bestand nicht mehr.
Dennoch wurden die beiden jungen Mutanten von den Massen mitgespült – wohin, das konnten sie noch nicht sehen. Die bulligen Caranesen waren aufgerichtet rund drei Meter groß.
Alles, was Startac und Trim erblickten, waren die Rückenpanzer der Flüchtlinge, und einmal, unmittelbar nach der Rematerialisation, hatte Trim Marath sich umgedreht und hinter sich eine rechteckige, weißgrau in Störungsmustern gesprenkelte Wand gesehen, schätzungsweise fünfzig Meter breit und dreißig Meter hoch.
Bei ihnen war Keifan Sogho Nirwai'Mangolem, der sympathisch wirkende Dickhäuter, auf den sie auf Chirittu gestoßen waren. Keifan war verwirrt, aber dennoch, rein instinktiv, bemühte er sich, seinen beiden neuen Freunden allzu stürmische Caranesen vom Leibe zu halten. Auf seiner linken Schulter, festgekrallt an seiner grauen, kuttenartigen Bekleidung, hockte das rattenähnliche Wesen mit dem langen gelben Ringelschwanz, das er »Hermigo« nannte.
»Ich bekomme schlecht Luft!«, rief Startac Schroeder, der seine beiden Gefährten – und Hermigo – auf Chirittu zu dem Transmitter teleportiert hatte, dem Westlichen Orkanportal. Entsprechend erschöpft musste er jetzt sein. »Sie muss hier sehr dünn sein!«
Trim nickte und sah sich noch einmal um. Er wusste nicht, warum. Vielleicht war es eine Ahnung gewesen. Und wahrhaftig, er konnte trotz der Sichtbehinderung der Caranesen sehen, dass plötzlich keine Flüchtlinge mehr durch die Empfangsseite des Portaltransmitters kamen.
»Die Legion muss das Westliche Orkanportal auf Chirittu dichtgemacht haben!«, rief er und zupfte am Ärmel der grauen Kutte des Druiden von Couxhal, wie sich Keifan selbst bezeichnet hatte. »Hast du gehört?«
Falls Keifan den jungen Mutanten in dem allgemeinen Geschnatter und Fußgetrappel verstand, so zeigte er es nicht. Er war noch immer nicht bei sich. Wie die beiden Monochrom-Mutanten ihn mittlerweile kannten, konnte das auch noch eine Weile dauern. Keifan bewegte sich taumelnd vor ihnen, ein Riese von zwei Metern Größe und mindestens 120 Kilogramm Körpergewicht, mit einer grauen, rissigen Elefantenhaut und einer rüsselartigen, zehn Zentimeter langen, sehr beweglichen Nase, dem sogenannten Traenii.
Vielleicht hörte er aber auch nur deshalb nichts, weil über seinen doppelt handtellergroßen Segelohren wieder das Gestell saß, das an bepelzte Ohrenwärmer erinnerte.
»Wir dürfen uns nicht verlieren!«, rief Startac. »Wenn ich schon wieder im Vollbesitz meiner Kräfte wäre, würde ich uns hier herausteleportieren!«
»Nein!« Trim schüttelte den Kopf und wich einem von rechts herandrängenden Caranesen aus. »Wir können im Moment nichts Besseres tun, als uns mit dem Strom der Caranesen und der anderen Flüchtlinge treiben zu lassen. Zum Glück sind sie nicht zu schnell. In der dünnen Luft kämen wir sonst verdammt schnell in Schwierigkeiten.«
»Hörst du das auch?«, fragte Schroeder, der mit seinen 1,90 Meter Körpergröße den nur 1,65 Meter großen Trim Marath um mindestens eine Kopflänge überragte. Der Teleporter- und Ortermutant in dem viel zu weiten schwarzen Pullover deutete im Laufen in die Höhe. »Dieses Summen?«
Trim strengte die Ohren an. Dann nahm er es auch wahr. Und plötzlich sah er den ersten Gleiter.
Er schwebte tief, vielleicht zwanzig Meter über den Köpfen der Flüchtenden, die sich in das unbekannte Land hineinwälzten wie eine Lawine. Trim konnte die Gesichter von echsenhaften, hellhäutigen Wesen sehen, die ihre Köpfe aus den offenen Luken lehnten.
Und dann erklang eine Lautsprecherstimme: »An alle Flüchtlinge! Hier spricht das Regulationskommando von Stuurmond, dem Planeten, auf dem ihr euch jetzt befindet! Wir Stuuren haben Notunterkünfte für euch bereitgestellt. Betrachtet uns als eure Gastgeber, die alles zu eurer Versorgung und Weiterleitung unternehmen werden!«
»Das hört sich gut an«, rief Trim. Ihre Translatoren waren inzwischen längst auf die Hauptverkehrssprache dieser Region des Universums eingestellt. »Aber woher wussten sie, dass wir kommen würden?«
»Die Massenflucht dauert vielleicht schon Tage an. Aber ich bin skeptisch.«
»Wie immer«, seufzte Trim Marath.
»Nicht wie immer. Mir gefällt das Wort Weiterleitung nicht besonders.«
»Du meinst, dass uns die Stuuren nur in ein Durchgangslager stecken und dann irgendwohin abschieben wollen?«
»Denk dir selbst dein Teil«, sagte Schroeder.
»Mensch, Startac, du bist manchmal ganz schön kompliziert, weißt du das?«
Schroeder gab keine Antwort. Sie gingen weiter, immer wieder geschubst und gestoßen, aber nie mit Absicht. Allmählich bekamen die beiden mehr Raum. Der Strom der Flüchtenden wurde dünner. Das war nicht zuletzt den Gleitern zu verdanken, von denen jetzt bereits fünf in Trims Sichtbereich waren. Von dort oben wurden die Flüchtlinge in verschiedene Richtungen dirigiert – sicherlich dorthin, wo sich die einzelnen Notunterkünfte befanden.
Die Menge der Caranesen und sonstigen Intelligenzwesen, die sich vor der Invasion der Legion in Sicherheit gebracht hatten, beruhigte sich zusehends. Keifan war noch immer bei den beiden Jungmutanten, als sie die ersten Stuuren vor sich sahen. Die echsenhaften, um 1,80 Meter großen Wesen trugen eine Art schillernde Uniform und wiesen die Flüchtlinge weiter ein.
Vor Trim, Startac und Keifan ragte plötzlich eine große Halle in die Höhe, deren Eingang weit offenstand. Dass sie keine Caranesen waren, störte die Stuuren überhaupt nicht. Im Gegenteil, sie fielen unter den zahlreichen anderen Fremdwesen nicht auf und wurden unerwartet freundlich behandelt.
Stuuren führten sie nun, da das Gedränge vorbei war, in ein kleines Zimmer unter dem flachen Dach der niedrigen Halle.
Keifan Sogho Nirwai'Mangolem stand wie benommen neben ihnen, als die zwei Menschen die bettähnlichen Gestelle ausprobierten, die es in diesem Zimmer gab. Er wirkte wie eine Statue. Seine handtellergroßen schwarzen Augen waren halb geschlossen. Über ihnen erstreckte sich der Knochenwulst, dessen Innenseiten nach oben zeigten, was von Menschen als ein Zeichen von Traurigkeit interpretiert werden konnte – ganz im Gegensatz zu den breiten, wulstigen Mundwinkeln, die nach oben gekrümmt waren, was auf Menschen wie ein permanentes verschmitztes Lächeln wirkte.
»Er hat offensichtlich schon wieder einen Schock«, sagte Startac Schroeder. »Aber ich spüre wie nie zuvor, dass er eine ethisch hochstehende, charakterlich wertvolle Person ist. Wir müssen ihm zu helfen versuchen, Trim.«
*
Der dickhäutige Riese hatte sich auf seinem Bettgestell niedergelassen und gab stöhnende Laute von sich. Auf seiner Schulter wieselte Hermigo herum. Das mausähnliche Tier fletschte jedes Mal die Zähne, wenn Startac oder Trim seinem Herrn und Meister zu nahe kamen.
Die Jungmutanten ließen sich davon aber längst nicht mehr beeindrucken. Startac ging vor Keifan in die Hocke und legte eine Hand auf sein Knie.
»Keifan«, sagte er eindringlich. »Kannst du mich hören? Und verstehen? Falls ja, antworte bitte. Wir haben einige Fragen an dich.«
Die Zimmerwände waren gut schallisoliert. Man hörte kaum die Stimmen und Geräusche der nebenan untergebrachten Caranesen.
»Keifan!«, wiederholte Startac. »Verstehst du mich?«
Endlich hoben sich die Lider der großen schwarzen Augen, und der Druide von Couxhal atmete tief und heftig ein. Dann klärte sich sein Blick, richtete sich auf den Teleporter.
»Startac …«, sagte er mit seiner tiefen, würdevollen Stimme. »Ja, ich erinnere mich wieder …«
»Wir sind in Sicherheit, Keifan! Auf einem Planeten namens Stuurmond! Die Schiffe der Legion können uns nichts mehr anhaben!«
»Das ist … gut …«
»Für dich vielleicht, aber nicht für uns. Wir wissen immer noch nicht, wo wir uns befinden. In welchem Teil der Milchstraße stecken wir, Keifan? Wie können wir wieder nach Hause kommen, nach Terra?«
Keifan blickte ihn an, als ob er wieder in eine neue Verwirrung fallen müsste. »Terra? Milchstraße?«
»So nennen wir unser galaktisches System«, sagte Schroeder. »Die einflussreichsten Mächte sind derzeit die Liga Freier Terraner, zu der wir gehören, die Imperien der Gataser und Apasos auf der Ostseite der Galaxis und das arkonidische Kristallimperium unter Imperator Bostich. Hast du nie von ihnen gehört?«
Der Riese mit der Elefantenhaut machte eine verneinende, gleichfalls entschuldigende Geste.
»Es tut mir leid, Startac, aber dies hier ist garantiert nicht eine andere Milchstraße. Dies hier ist das Land Dommrath. Von einer Liga oder einem Kristallimperium habe ich nie gehört, die anderen Begriffe sind mir ebenfalls fremd. In dieser Galaxis herrschen die Ritter von Dommrath.«
In diesem Moment stieß Trim Marath einen spitzen Schrei aus.
»Was ist?«, fragte Startac Schroeder. »Das Land Dommrath scheint also eine fremde Galaxis zu sein, aber deshalb gleich hysterisch werden …«
Trim zitterte. Wie unter Qualen stieß er hervor: »Das Land Dommrath! Wir hatten es zwar schon mit Doppelstabrobotern zu tun, die einen Bezug zu Morkhero Seelenquell nahelegten, aber die Nennung des Begriffs Land Dommrath übertrifft selbst das noch. Meine Vision, erinnerst du dich nicht mehr daran? Jener dunkle Fleck im Universum, der Morkhero Seelenquells Heimat ist, sein Geburtsort, das Nirgendwo, das dieses Scheusal ausgespuckt hat. Hier ist alles voller Widersprüche, nichts hat Bestand, nichts ist, wie es scheint, und dennoch gehorcht alles einer eigenen Gesetzmäßigkeit …«
»Beruhige dich, Trim!«, sagte Startac. Er packte ihn an den Schultern und rüttelte ihn. »Komm zu dir! Vergiss diese Vision!«
»Aber verstehst du denn nicht?«, fragte Marath. »Dies könnte Morkheros Heimat sein, jeder unheimliche Ort, der …«
Der junge Mutant sprach nicht weiter. Er schluckte, bemühte sich um seine Fassung.
Startac Schroeder wandte sich wieder an den Druiden von Couxhal.
»Was oder wer ist das, die Ritter von Dommrath?«, fragte er.
Und Keifan begann eine Geschichte zu erzählen, die die ganze Nacht dauern sollte.
Es war die Geschichte seines Lebens und einer langen Suche …
Couxhal
(Jahr 1264 NGZ)
Ich wurde als der ganze Stolz meiner Eltern geboren, ein junger männlicher Druide auf dem Planeten Couxhal. Die Druiden von Couxhal sind überall im Land Dommrath geachtete Wesen.
Meine Eltern leiteten die Druidische Klinik von Nirwai'Mangolem, am einzigen Transmitterportal des Planeten gelegen, dem Portal von Saroniahel.
Ich wuchs wohlbehütet auf, hatte keine Geschwister, war der einzige Spross der Familie – aber mit einem Makel behaftet, über den ich mir erst geraume Zeit später klarwerden sollte.
Zu dem Portal von Saroniahel reisten Dutzende Fremdwesen am Tag, die seltsamsten Gestalten mit den seltsamsten Krankheiten der ganzen Galaxis. Meine frühesten Erinnerungen gingen dahin, wie meine Eltern den Kranken den Kuss gaben und sie so von ihren Gebrechen heilten.
Nur selten kam es vor, dass sie keine Linderung wussten und am Abend, in unserer Wohnung, verzweifelt über ihre Misserfolge sprachen. Aber das waren Ausnahmen. Ich kannte sie nur als liebevolle und fürsorgliche Wesen.
Immer noch hatte ich keine Ahnung von jenem Makel. Niemand, am wenigsten meine geliebten Eltern, fragte mich danach. Keiner stellte Tests mit mir an.
Ich wuchs also heran und begann die Zivilisation der Druiden von Couxhal allmählich eher intuitiv zu begreifen. So etwas wie Schulen wie bei anderen Völkern des Landes Dommrath gab es nicht. Auch keine Heime, in die wir Kinder gesteckt wurden, um in die Geheimnisse der Druidenschaft eingeweiht zu werden. Meine Lehrer waren meine Eltern, und sie waren gute Lehrer. Nur eines bereitete ihnen großen Kummer, und ich verstand noch immer nicht, was es war.
Die Zivilisation der Druiden von Couxhal, so lernte ich, war pflanzlich und naturnah geprägt. Technik existierte zwar – sie wurde vor allem von den Patienten der Druidischen Kliniken als Geschenk oder Bezahlung mitgebracht –, konnte das tägliche Leben aber nicht dominieren.
Der wichtigste technische Gegenstand in meiner elterlichen Wohnung war ein alter, wunderlicher Dienstroboter, der auf positronischer Basis funktionierte. Er wurde Orkisme genannt und war in seinen Reaktionen völlig unberechenbar. Aber ich gewann ihn lieb. Denn er war lustig, wenn er versuchte, jegliches Problem immer wieder aus vollständig absurden Blickwinkeln heraus zu betrachten. Ich möchte sagen, er war zu meinem besten Gefährten überhaupt geworden, beinahe etwas wie ein Freund aus Fleisch und Blut.
Orkisme, so berichteten meine Eltern, war das Geschenk eines alten Maraniten, der vor hundert Jahren und mehr nach Couxhal gekommen war. Seither befand sich der Roboter in Familienbesitz und war von jeder Generation an die nächste vererbt worden – leider in immer schlechterem Zustand. Dennoch blieb Orkisme stets »lebendig«.
Bald merkte ich, dass meine Eltern mich sorgenvoll musterten, wenn sie glaubten, dass ich es nicht sehen könnte. Ich zerbrach mir anfangs nicht den Kopf darüber, spielte lieber mit Orkisme oder schlich mich in die Klinik und lauschte den Erzählungen der Patienten, die dort gesund gepflegt wurden. Sie waren für mich der einzige Kontakt zur Galaxis. Raumschiffe gab es ja nicht, die Raumfahrt war von den Rittern von Dommrath schon vor Urzeiten verboten worden, und an das Transmitterportal durfte ich mich nicht heranbegeben.
Und dann kam der Tag, an dem meine Eltern mich beiseite nahmen und mit ernstem Gesicht fragten, ob ich denn die Gabe nicht in mir spürte, das druidische Talent.
Zuerst wusste ich nicht, was sie damit meinten – bis sie mich darüber aufklärten, dass alle Druiden über dieses Talent verfügten und erst damit in die Lage kamen, andere Wesen zu heilen. Sie saugten sich mit ihrem Rüssel an der Stirn des Patienten fest und verschmolzen gleichsam mit dessen Nervensystem. Sie erspürten die Krankheit und bekämpften sie intuitiv, ganz ohne Technik, nur dank ihrer Gabe.
Ich müsse es mittlerweile spüren, wenn ich dieses Talent auch besäße, sagten sie. Sie sagten es nicht etwa vorwurfsvoll, eher besorgt. Und ich konnte in mich hineinlauschen, soviel ich wollte: Da war nichts Ungewöhnliches, das in mir schlummerte.
Erst allmählich wurde mir klar, was das für mich bedeutete. Ein Druide ohne die Gabe – das war kein vollwertiger Druide, das war überhaupt kein Druide.
Auf meinen Wunsch hin ließen sie mich an einen Patienten heran, der nur leicht erkrankt war und an dem ich nichts falsch machen konnte. Ich wollte es genau wissen. Ich gab ihm den »Kuss«, wie das Ansetzen des Rüssels an die Stirn genannt wird, und wartete darauf, dass etwas geschah.
Ihr könnt es euch denken, Trim und Startac, ich spürte nichts. Ich versuchte krampfhaft, in den Erkrankten einzudringen, aber ich war wie … blind! Taub und gefühllos. Und als ich den Versuch aufgab, war in mir eine Leere, wie ich sie noch nie gespürt hatte.
Meine Eltern, beide geradezu überreich mit der Gabe gesegnet, versuchten mich zu trösten, aber das gelang ihnen ebenso wenig wie Orkisme, der mich in seiner maschinell-verdrehten, gänzlich undruidischen Art aufzurichten versuchte. So sagte er etwa, ich solle mich nicht quälen, sondern als etwas Besonderes begreifen. Ein Druide ohne die Gabe, das gäbe es selten.
»Du weißt es ja ganz genau«, antwortete ich dann schlechtgelaunt.
Orkisme sagte: »Jeder Fehler hat auch seine gute Seite. Wenn dir die Gabe fehlt, hast du dafür ein anderes Talent, verstehen? Wir finden es gemeinsam heraus, Keifan. Mit der Gabe und dem Kusserlernen