Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2065
Mission Hundertsonnenwelt
Bré Tsinga und die Posbis – die Liga Freier Terraner braucht Hilfe
von Horst Hoffmann
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Seit die Menschheit zum ersten Mal ins All vorstieß, wurde sie immer wieder mit fremden Mächten konfrontiert, viele von ihnen stärker, älter und erfahrener als die Menschheit selbst. Die erste dieser Mächte waren die Arkoniden – und für Perry Rhodan ist es besonders schmerzhaft, die ehemaligen Freunde nun als erbitterte Feinde wahrzunehmen.
Zu Beginn des Jahres 1304 Neuer Galaktischer Zeitrechnung, das dem Jahr 4891 alter Zeit entspricht, hat sich die Situation weiter verschärft. In der Milchstraße ist eine neue Macht entstanden, und dies ausgerechnet im Zentrum des arkonidischen Imperiums: die junge Superintelligenz SEELENQUELL, die offensichtlich ihren Einfluss auf die Galaxis ausbreiten will.
Wenn Perry Rhodan nicht will, dass die Terraner unter den Einfluss von SEELENQUELL geraten, muss er reagieren. In einer Kommandoaktion gelingt es ihm mit einer Gruppe von Agenten, den wichtigsten Mann auf der Seite des Gegners gefangen zu nehmen: Imperator Bostich I.
Gleichzeitig wissen die Terraner, dass sie Verbündete brauchen, falls es wirklich zum befürchteten Großangriff der Arkoniden kommt. Zu diesen Verbündeten gehören die Posbis – und so kommt es zur MISSION HUNDERTSONNENWELT …
Bré Tsinga – Die Kosmopsychologin ist auf einer Mission zur Hundertsonnenwelt unterwegs.
Bruno – Der Matten-Willy ist der Technopionier seines Volkes und baut eine Fabrik.
Daniela May – Die terranische Botschafterin bei den Posbis ist nervös.
Hamish O'Brian – Der Sekretär der terranischen Botschaft kümmert sich um die Matten-Willys.
Kallo Mox – Der Robotpsychologe interessiert sich für die Posbis.
Das Wesen bewegte sich wie ein halbmeterdicker, drei Meter durchmessender Fladen über die Oberfläche der Welt, auf der es niemals Nacht wurde. Rund zweihundert Kunstsonnen umgaben den Planeten, der exakt 320.396 Lichtjahre vom Zentrum der Milchstraße entfernt im intergalaktischen Leerraum stand. Die Sonnen verliehen ihm seinen Namen: Hundertsonnenwelt.
Das Wesen schien über den Plastikbeton zu gleiten wie eine Schnecke. Nur wer genauer hinsah, bemerkte die Hunderte von winzigen Pseudogliedmaßen, auf denen es lief. Dabei war »Laufen« gar nicht der richtige Ausdruck. Das Wesen kroch langsam dahin, ganz allein. Manchmal blieb es stehen und fuhr an einem langen, biegsamen Stiel ein Auge aus, das sich periskopartig nach allen Seiten drehte, als wolle es sich überzeugen, dass niemand folgte.
Immer wenn es das Auge zurückgebildet hatte und weiterkroch, stieß das Wesen einen langen, tiefen Seufzer aus.
Sein Weg war nicht geradlinig. Ein Beobachter hätte auf den ersten Blick meinen müssen, dass das Wesen überhaupt nicht wusste, in welche Richtung es wollte. Doch wer lange genug hinsah, konnte schon ein System in den vielen kleinen Richtungsänderungen erkennen.
Das Wesen bewegte sich langsam, aber sicher auf Suntown zu, die Siedlung der Terraner auf der Hundertsonnenwelt. Diese ständige Vertretung war in den letzten Jahrzehnten weiter ausgebaut worden. Ihre großen Turmbauten ragten in den wolkenlosen Himmel.
Stunden vergingen, bis das Wesen schließlich nur noch wenige hundert Meter von Suntown entfernt war. Es kam zum Stillstand und verwandelte sich von dem Fladen in eine schwammige, zwei Meter große Kugel mit etlichen Pseudopodien. Damit war die Veränderung noch nicht abgeschlossen. Aus der Kugel wurde eine menschliche Gestalt, anfangs schwankend und undeutlich, dann immer fester. Am Ende war sie auf den ersten Blick nicht mehr von einem echten Menschen zu unterscheiden. Selbst die Kleidung war nachgebildet.
Das Wesen nahm einige letzte feine Korrekturen vor. Dann setzte es sich in Bewegung und schritt auf die Wohn- und Verwaltungstürme zu. Ein Mensch, der ihm jetzt zufällig begegnet wäre, hätte in die traurigsten Augen geblickt, die er jemals gesehen hätte. Die Gestalt ging mit gesenktem Kopf und herabhängenden Schultern.
Dann und wann blieb sie stehen und seufzte, wie der Fladen es getan hatte. Danach ging sie weiter, und als das Wesen auf das erste Hochhaus zusteuerte, war sein Schritt fest.
Das Portal stand offen, es gab keine Wachen. Erst im Foyer begegnete das Wesen den ersten Terranern. Sie grüßten freundlich. Einige blieben verwundert stehen und sahen ihm nach. Es war nicht, weil sie den Mann noch nie gesehen hatten, es war wegen seines traurigen Gesichts.
Das Wesen vertraute sich einem Antigravlift an und ließ sich in die Höhe tragen. Erst ganz oben, unter dem Dach, verließ es ihn und nahm einen Gang, der zur Peripherie des Turmes führte. Danach gelangte es durch eine unverschlossene Tür hinaus ins Freie, auf eine Galerie, die das ganze runde Gebäude umzog. Ein Absperrgitter aus Formenergie verhinderte, dass allzu neugierige oder leichtsinnige Menschen in die Tiefe stürzten.
Die Sicht war klar. Von hier aus konnte das Wesen einige der insgesamt achtzig Kuppeln sehen, in denen das Zentralplasma der Posbis untergebracht war. Ein Gleiter flog in nächster Nähe vorbei. Der Pilot winkte dem einsamen Mann auf der Galerie zu.
Ein leichter Wind trieb dem Wesen die Tränen aus den Augen. Ein letztes Mal tat es einen tiefen Seufzer. Dann zerfloss es wieder zu einem Fladen, der sich mit Saugnäpfen an dem formenergetischen Gitter hochzog, bis er die Kante erreicht hatte. Es zitterte jetzt heftig.
Einige Augenblicke hielt es sich mit den Saugnäpfen fest, ganz oben auf der Kante des Gitters.
Ein letztes Mal fuhr es ein Auge aus und ließ seinen Blick über die Landschaft schweifen.
Und dann gab es sich einen Ruck und ließ los. Es stürzte fünfzig Meter tief, fiel wie ein Stein. Sein langgezogener, schriller Schrei endete abrupt mit dem Aufprall.
Dann war nichts mehr.
Hundertsonnenwelt
19. Januar 1304 NGZ
Daniela May stand vor dem großen Fenster, das fast die ganze Wand einnahm, und starrte blicklos ins Freie. Ihre Hände spielten nervös mit dem einfachen silbernen Kreuz auf ihrer Brust, in dessen Mitte ein Howalgoniumkristall saß. Die terranische Botschafterin auf der Hundertsonnenwelt war bekennende Christin. Ihr Glaube hatte ihr schon in etlichen brisanten Situationen geholfen. Aber jetzt konnte er ihr Entsetzen nicht lindern.
Warum? Warum hat er das getan?
Hinter sich hörte sie ein Klopfen, dann Schritte. Sie drehte sich um. Die Tür zu ihrem Büro stand offen. Hamish O'Brian, ihr Sekretär, engster Berater und außerdem Lebensgefährte, kam auf sie zu und nahm sie in seine Arme. Seine Hand strich durch ihr halblanges rotes Haar und über ihre Wange. Sie zitterte, und das spürte er.
»Es ist geschehen«, sagte er leise und langsam. »Es lässt sich nicht wieder rückgängig machen.«
»Du warst bei ihnen?«, fragte sie, die Stirn an seine Schulter gedrückt, als ob sie von dieser Welt nichts mehr sehen wollte. »Bei den Matten-Willys?«
»In ihrer Kommune, ja. Ich habe ihnen die Nachricht überbracht.«
»Wie haben sie es aufgenommen?«
»Gar nicht. Sie haben nicht reagiert. Keiner von ihnen hat auch nur ein Wort gesprochen. Aber so kennen wir sie ja mittlerweile.«
»Ja«, sagte Daniela und löste sich von ihm. Sie strich das Haar aus dem schönen Gesicht mit der feinen Nase, den vollen Lippen und den feingezogenen Brauen über den kupferfarbenen Augen und ging zu ihrem Arbeitstisch. Sie setzte sich in ihren Ledersessel und forderte Hamish mit einer Geste auf, sich ihr gegenüber niederzulassen.
»Ich habe unsere Syntronik befragt«, sagte sie nach einem tiefen Atemzug. »Es hat noch nie einen Selbstmord eines Matten-Willys gegeben. Jedenfalls nicht, solange Terraner auf der Hundertsonnenwelt leben und eine Chronik führen. Was ist los mit diesen so liebenswerten Wesen, Hamish? Was hat sie verändert? Und warum weigern sie sich, mit uns darüber zu sprechen?«
Hamish O'Brian presste die schmalen Lippen aufeinander. Seine braunen Augen blickten ernst. Mit der rechten Hand fuhr er sich über den kahlen Schädel. Mit seinen 128 Jahren war Hamish fast doppelt so alt wie seine Chefin und Partnerin.
»Ich weiß es nicht«, gab er zu. »Ich bin genauso schlau wie du. Fest steht nur, dass die Veränderung vor etwa zwei Wochen begann. Da fingen die Matten-Willys an, sich zurückzuziehen. Vorher kamen sie in Scharen hierher und machten ihre Späße. Wenn jemand erkrankt war, kümmerten sie sich rührend um ihn – manchmal so sehr, dass sie unseren Medikern ganz schön auf die Nerven gingen. Als Krankenschwestern der Posbis fühlten sie sich nicht ausgefüllt. Nun ist das alles vorbei. Sie leben zurückgezogen in ihrer Siedlung und blasen Trübsal.«
»Etwas scheint sie also zu bedrücken, und zwar so sehr, dass einer von ihnen sich in den Tod gestürzt hat.« Daniela holte eine Flasche aus ihrem Tisch und schenkte zwei Gläser voll. »Wir können nur hoffen, dass dies kein Signal für die übrigen war.«
»Ich frage mich die ganze Zeit, warum der Matten-Willy seinen Selbstmord ausgerechnet in Suntown beging«, überlegte Hamish O'Brian laut. »Wollte er uns dadurch ein Zeichen geben? Ich weiß, es klingt verrückt, aber …« Er hob die Schultern und ließ den Rest unausgesprochen.
Die Botschafterin nahm einen tiefen Schluck. »Wenn du recht hättest, könnte das bedeuten, dass die Matten-Willys irgendein Geheimnis haben, über das sie mit uns nicht reden wollen – oder dürfen. Ich werde morgen noch einmal zu ihnen fliegen und mein Glück versuchen.«
»Du wirst ebenso wenig Erfolg haben wie ich«, prophezeite Hamish. »Von Anfang an, seitdem wir die Veränderung an ihnen bemerkten, haben sie sich gegen unsere Hilfe gesperrt.«
»Aber ich muss es versuchen!«
Er nickte bedächtig. »Eines ist mir noch aufgefallen«, sagte er dann. »Wir beobachten, dass das Zentralplasma in der großen Syntronik weitreichende Umbauten vornimmt. Wir beobachten das seit ungefähr zwei Wochen …«
»Genauso lange, wie die Veränderung bei den Matten-Willys zurückreicht.« Daniela stand auf. Unruhig ging sie vor dem großen Fenster auf und ab.
»Beobachten« war sicherlich nicht das richtige Wort. Das Zentralplasma selbst hatte den Terranern vor zwei Wochen angekündigt, dass es zu den Umbauten kommen würde, ohne jedoch einen Grund zu nennen oder ein Wort über die Natur der Umbauten zu verlieren. Seitdem war die Kommunikation zwischen Terranern und Plasma so gut wie zum Erliegen gekommen.
Etwas geschah, aber niemand wusste, was es war.
»Ich fliege morgen zu den Willys«, wiederholte Daniela. »Bis dahin können wir nichts tun.«
»Morgen« war auf der Hundertsonnenwelt ein relativer Begriff. Durch die ewig gleiche Helligkeit gab es keinen Tag- und Nachtrhythmus. Die Terraner hatten sich ihren eigenen Kalender geschaffen, den Tagen und Stunden auf der Erde nachvollzogen.
Hamish erhob sich ebenfalls und küsste Daniela zum Abschied. Er hatte ein Gespür dafür, wann sie allein sein wollte.
*
Bruno war das, was man ein Genie nennen konnte – für die Verhältnisse der Matten-Willys. Das hatte er dem Umstand zu verdanken, dass er wohl der erste von ihnen war, der jemals so etwas wie ein technisches Talent entwickelt hatte. Das machte ihn zum Star und zum Anführer in Personalunion. Von seinen Artgenossen wurde Bruno als Quantensprung der Evolution gefeiert – wenn es denn noch etwas zum Feiern gab.
»Hört mir zu!«, rief Bruno an diesem Tag seinen Anhängern zu, die sich unweit der großen Kuppeln unter freiem Himmel versammelt hatten. »Bitte, seid einmal still!«
Das dumpfe Gemurmel um ihn herum verstummte. Es war nicht freudig gewesen, so wie sonst, wenn die Matten-Willys herumalberten und sich gegenseitig narrten. Hunderte von Stielaugen wandten sich ihm zu. Die Matten-Willys hatten die unterschiedlichsten Formen angenommen, fast keiner glich dem anderen. Die häufigste Form war noch die des Fladens, obwohl die »Ursprungsform« dieser Wesen der kugelförmige Klumpen war.
Bruno hatte sich in eine Säule verwandelt, mit einem halben Dutzend Pseudoarmen, mit denen er jetzt winkte. Sein Kopf bestand aus drei wie im Wind schwankenden Augen und einer Sprechöffnung. Um noch besser gesehen zu werden, war er auf eine flache Kiste gekrochen, die irgendjemand, wahrscheinlich ein Terraner, einmal liegengelassen hatte.
»Hört mir bitte zu!«, wiederholte er, als endlich Ruhe eingekehrt war. »Ihr wisst alle, was passiert ist. Es ist schrecklich und erschütternd. Roland ist nicht mehr unter uns. Er hat bei den Terranern den Freitod gesucht und gefunden.«
»Bei den Terranern!«, rief einer dazwischen: der junge Cassim, ein ewiger Unruheherd und Querdenker. »Warum da? Ich sage euch, er wollte ihnen ein Zeichen geben. Er wollte sie auf unser Problem aufmerksam machen. Roland war ein Verräter!«
Empörte Stimmen wurden laut. Von hinten schob sich an einem langen Pseudoarm eine Faust nach vorn und landete schmerzhaft auf Cassims »Kopf«.
Bruno musste abermals um Ruhe bitten. »Freunde!«, rief er. »Genossen! Roland brauchte die Terraner nicht auf uns aufmerksam zu machen. Schon seit längerem belästigen sie uns ja, wenngleich sie glauben, uns helfen zu müssen. Sie verstehen nur nicht, dass sie uns nicht helfen können. Sie könnten unsere Schwierigkeiten nie begreifen. Und deshalb bleiben sie allein Sache unseres Volkes. Wenn uns jemand helfen kann, dann nur wir selbst!«
»Niemand«, rief ein Matten-Willy, »niemand kann uns helfen! Seitdem das Zentralplasma sich zu verändern begonnen hat, ist es mit unserer Idylle auf der Hundertsonnenwelt vorbei!«
»Das ist richtig«, sagte Bruno. »Das ganze Gebiet um die große Syntronik hat sich in eine einzige Baustelle verwandelt, und wir kennen nicht den Grund dafür. Das Zentralplasma hat ihn uns nicht mitgeteilt.«
»Wozu auch?«, rief Cassim. »Wir haben kein Interesse an technischen Details, weil wir nichts davon verstehen. Ich meine, außer dir vielleicht, Bruno.«
Bruno wölbte die Brust vor und strich sich mit einigen Händchen darüber. Er nickte mit den Stielaugen.
»Das ist wohl wahr, Cassim«, antwortete er voller Stolz. Er musste an sich halten, nicht schon jetzt von seinem Plan zu reden. »Ihr habt kein Interesse an dem, was unter den Kuppeln vorgeht – das glaubt jedenfalls ihr! In Wahrheit müsste es uns interessieren, denn wir alle spüren, dass etwas falsch ist mit dem Zentralplasma. Es hat sich verändert, sein ureigenes Wesen, und wir leiden darunter. Die Posbis lassen keinen von uns mehr an sich heran, und wir kommen uns überflüssig vor. Das ist aber nicht das Hauptproblem. Wann habe ich zuletzt einen von euch lachen hören? Wann hat zuletzt einer von euch übermütige Scherze gespielt? Seit Monaten nicht mehr! Seitdem sich das Plasma verändert hat, nicht mehr! Im Gegenteil, wir Matten-Willys sind regelrecht gemütskrank geworden, wir leiden unter schlimmen Depressionen. Irgendetwas – nicht die Unordnung unter den Kuppeln oder die Ablehnung durch die Posbis – drückt unsere Sinne, und wir wissen nicht, was es ist. Wir vegetieren nur noch dahin. Wollt ihr, dass das so bleibt?«
»Lass gut sein, Bruno!«, rief ein Fladen-Willy und seufzte. »Du sagst ja selbst, wir wissen nicht, woher es kommt. Wie sollen wir uns da helfen?«
»Wir können es nicht und schon gar kein Außenstehender«, sagte ein anderer.
Bruno ließ seine Blicke über die Ansammlung von Fladen und Klumpen wandern. Ihre Stielaugen hingen herab wie Bogenlampen. Ihre Haut war blass und spröde. Sie lagen kraftlos auf dem Boden, ohne die innere Kraft, ihre Körper zu strukturieren. Sie litten – litten unter etwas, das sie nicht ergründen konnten. Aber es musste mit dem Zentralplasma und seinen Aktivitäten zusammenhängen.
Bruno räusperte sich. »Hört mir zu!«, rief er und warf sich wieder in die Säulenbrust. »Ich, Bruno, habe beschlossen, dass es so nicht weitergehen darf. Deshalb habe ich einen Plan ausgearbeitet, um unser Volk zu retten oder zumindest so lange über Wasser zu halten, bis sich eine andere Lösung anbietet.«
Einige der Bogenlampen richteten sich auf und auf ihn. Etliche Fladenkörper zogen sich etwas zusammen. Eine Reihe von Matten-Willys bildete Stielohren aus. Sie brauchten sie natürlich nicht zum Hören, es war mehr eine unterbewusste Geste.
»Du hast einen Plan?«, rief einer.
»Du kannst uns vor dem Dahinsiechen retten?«, kam es von einem anderen.
Und der vorlaute Cassim gab von sich: »Du willst uns an die Terraner verraten, so wie Roland – stimmt's? Damit sie mit ihren Medorobotern kommen und uns auf den Kopf stellen!«
»Auf den Kopf stellen« war, genau wie »über Wasser halten«, eine Redewendung, die die Willys in kooperativeren Zeiten von den Menschen der Erde aufgeschnappt hatten. Wie fremde Körper kopierten sie auch Sprachen und alles sonst noch Mögliche.
»Aber nein!«, wies Bruno den Vorwurf zurück. »Ich habe etwas völlig anderes im Sinn, kann aber jetzt noch nicht darüber sprechen. Es hat jedenfalls nichts mit den Terranern zu tun. Leider wird es noch eine Weile dauern, bis ich euch ein Ergebnis präsentieren kann. Seid ihr bereit, mir zu vertrauen und so lange zu warten?«
»Ja!«, brüllte ein besonders großer Matten-Willy aus dem Hintergrund.
»Ja!«, riefen auch andere.
»Wenn du es sagst, glauben wir dir, Bruno!«
»Lasst Bruno nur machen!«
»Rette uns, Bruno, aber beeile dich, bevor wir die Qualen nicht mehr aushalten können und so enden wie Roland!«
Er hatte ihnen nicht ganz die Wahrheit gesagt, was die Terraner anbetraf, aber das würde sie ganz bestimmt nicht stören, wenn er ihnen brachte, was er im Sinn hatte. Ihre Depression würde dann schnell verfliegen und der Euphorie Platz machen.
Aber bis dahin war es noch ein Stück Weges, das wusste Bruno auch.
»Also geht zurück in die Siedlung und berichtet allen, die jetzt nicht bei uns waren, dass ich einen Rettungsplan habe. Wir Matten-Willys werden uns aus eigener Kraft aus dem Dreck ziehen! Es dauert nicht mehr lange! Wir brauchen die Terraner nicht, und das Zentralplasma kann uns ebenfalls gestohlen bleiben!«
»Und du?«, fragte Cassim. »Du kommst nicht mit uns? Wohin gehst du?«