Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2071
Der siebte Ritter
Begegnung in der Sternenkammer – Atlan wird Zeuge eines großen Moments
von Susan Schwartz
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Die Odyssee der SOL scheint noch lange nicht zu Ende zu sein: Vor nicht allzu langer Zeit eroberte Perry Rhodan das uralte Hantelraumschiff zurück und stellte es erneut in den Dienst der Menschheit. Die SOL war bei den Kämpfen gegen die Diener der Materie dabei, sie flog in den PULS von DaGlausch und trat eine Reise an, die sie durch Raum und Zeit führte.
Unter dem Kommando des Arkoniden Atlan wurden die Menschen an Bord des acht Kilometer langen Raumschiffes Zeugen unglaublicher Ereignisse: Durch einen zeitlichen Abgrund von 18 Millionen Jahren von den Menschen der Milchstraße getrennt, erlebten die Besatzungsmitglieder die Entstehung der Superintelligenz ES ebenso mit wie den Niedergang der Galaktischen Krone im Kampf gegen die mörderischen Mundänen.
Und als alle wesentlichen Aufträge erledigt waren, trat man den Rückweg an: Durch die mysteriöse NACHT in der Galaxis Segafrendo sollte die Reise nach DaGlausch und in die relative Gegenwart erfolgen.
Doch irgendetwas schien schiefzulaufen. Die SOL kam nämlich in einer fremden Galaxis heraus, im Land Dommrath. Dort trifft Atlan auf die Beherrscher der Galaxis – und er erfährt die Geschichte der Ritter von Dommrath. Und er lernt ein interessantes Wesen kennen; es ist DER SIEBTE RITTER …
Atlan – Der Arkonide wird erneut mit neuen Erkenntnissen konfrontiert.
Ruben Caldrogyn – Der Sambarkin stößt ins Herrschaftszentrum der Ritter von Dommrath vor.
Sig-Zikander – Der Legient sammelt seine Flotte im Crozeiro-System.
Trim Marath und Startac Schroeder – Die zwei terranischen Mutanten sind auf der Flucht.
Dao-Lin-H'ay – Die Kartanin bricht zu einer Suchaktion auf.
Ein Revolutionär
Was wissen wir über die Ritter von Dommrath? Nichts. Seit Jahrtausenden halten sie sich im verborgenen. Seit Jahrtausenden sorgen sie mit sanftem Druck dafür, dass wir nicht übermütig werden.
Die Ritter sind die unbesiegbaren Herren der Galaxis. Trotzdem rebelliere ich gegen sie.
Ich bin aber kein Feind der Ritter. Ich verehre sie sogar für all das Gute, das sie uns gebracht haben. Ihre hohen ethischen und moralischen Grundsätze sind unangreifbar.
Doch man bezeichnet mich nicht umsonst als ewigen Schüler und Zweifler. Denn ich zweifle an der Richtigkeit des Verbots der Raumfahrt. Und ich zweifle an dem Vergessen, das die Ritter uns Sambarkin aufgezwungen haben.
Und manchmal … ja, manchmal zweifle ich sogar an der Existenz der Ritter selbst.
Es gibt keine Aufzeichnungen über persönliche Begegnungen mit ihnen. Wir wissen nicht, wie sie aussehen, wie viele es gibt, ob sie lang- oder kurzlebig sind. Vielleicht existieren sie nur noch als eine verschüttete Erinnerung in einem Computergehirn, das getreu seinen Vorgaben Dienst tut?
Ich verstehe natürlich die Beweggründe der Ritter, ihren eigenen Mythos zu erschaffen und aufrechtzuerhalten. Nur so können sie ihre Machtstellung über die Jahrtausende hinweg bewahren.
Ihre Beweggründe sind ehrenhaft, denn sie haben der Galaxis nicht nur Frieden, sondern auch Wohlstand gebracht.
Aber das allein genügt mir nicht. Ich will selbst entscheiden können über das, was ich tue. Und ich glaube nun mal auch nur das, was ich sehe. Ich verlange einen schlüssigen Beweis, eine Formel.
Gewiss, es gibt keinen historischen Zweifel über die einstige Existenz der Ritter. Seit einem gewissen Zeitpunkt, fern in der Vergangenheit, strickten sie am Geschick des Landes Dommrath.
Wie eine Spinne unaufhörlich an ihrem feinen, trotzdem beinahe unzerstörbaren Netz webt; vermutlich nicht zuletzt deshalb haben die Ritter als ihr Symbol das fünfeckige Netz gewählt, mit dem verborgenen Zentrum, in dem beide, das Vorbild Spinne wie auch die Ritter, residieren und das kein Untertan – oder Opfer? – ohne Einladung je lebend erreicht.
Aber gilt das weiterhin für heute? Gibt es die Ritter wirklich noch? Oder zieht längst eine andere Macht ihre Fäden und legt geduldig und unbemerkt ein zweites Netz darüber, das am Ende vielleicht nichts Gutes verheißt?
Mein Vater, möge er auf ewig in seinem Grab verrotten – ich spucke auf ihn! –, hat mich »Ruben« genannt, den »Schüler«. Er war so ziemlich der verachtenswerteste Mistkerl, den ich je kennengelernt habe, denn er besaß keinen Funken Anstand oder Gefühl, von Herzenswärme ganz zu schweigen.
Aber er war auch ein Genie. Er wusste genau, was er tat. Das muss ich anerkennen. Er hat ein wahres Meisterstück vollbracht, und ich bin die Krönung seines Schaffens.
Ich bin nicht glücklich darüber, was aus mir geworden ist. Ruben Caldrogyn, der Anführer der Astronautischen Revolution. Der Schüler, der Zweifler, der Neugierige.
Wenn ich manchmal nachts nicht schlafen kann, denke ich darüber nach, wer ich eigentlich bin. Nur ein Produkt, gezüchtet und geschaffen von einem größenwahnsinnigen Wissenschaftler, um sein Lebenswerk weiterzuführen? Habe ich eine eigene Identität? Sind meine Handlungen frei, ist mein Wille unabhängig – oder ist alles genetisch festgelegt worden, was ich tue?
Das verbittert mich, es bringt mich in Rage und spornt mich dazu an, weiter gegen die Ritter zu kämpfen – natürlich nicht mit Waffen, so wie die Außenland-Kolonisten. Ich bäume mich mit meinem Verstand gegen das Joch auf … und muss mich erneut fragen, ob auch das nicht eine Folge meiner genetischen Programmierung ist.
Wenn mir alles so vorbestimmt wurde, müsste ich also in folgerichtiger Konsequenz genau das Gegenteil von allem tun, denn nur so kann ich – nach meiner eigenen Definition – wirklich frei sein. Was ich ja sein möchte …
Aber was bringt mir das? Ist es mir wichtiger, ein Rebell zu sein und Widerstand gegen alles zu leisten, nur um mich als »echten Freigeist« bezeichnen zu können? Wäre das nicht schön dumm von mir?
Sicher, ich kann dann sagen: »Niemand ist besser als ich. Niemand bestimmt über mein Leben. Ich allein treffe die Entscheidungen. Und um frei von allen Einflüssen zu sein, lebe ich hiermit in der Abgeschiedenheit, inmitten einer Wüste, wo es keine Ablenkungen gibt, nur Sand und Steine, Gluthitze am Tag und Kälte in der Nacht, Croz für Croz.«
Mal abgesehen davon, dass ich spätestens nach zwei Croz verhungert, verdurstet oder von einem Sandaugen-Rüsselbohrer aufgefressen worden bin, würde mich das im Grunde nicht sehr viel weiter bringen. Mein mir mitgegebener Verstand wäre reine Verschwendung und zu nichts nutze. Meine vielen Fragen könnten niemals beantwortet werden. Ich würde an Langeweile eingehen, aber ich wäre natürlich frei und stolz. Ist das erstrebenswert?
Keineswegs. Ich sollte mich also besser damit abfinden, was mein Vater, möge er über die Jahrhunderte langsam verfaulen, getan hat. Und mich damit trösten, dass niemand von uns sicher sein kann, ob er ein Zufallsprodukt oder Bestandteil eines Schöpfungsprogramms ist.
Viel wichtiger ist doch jetzt, dass ich etwas aus dem mache, was mein Vater mir mitgegeben hat. Und mich darüber freue, dass der gemeine alte Sack das nicht mehr miterlebt.
Ich möchte keinen Krieg in Dommrath, und ich möchte auch nicht die Ritter entthronen. Aber ich will die Raumfahrt, die freie Entscheidung darüber, wohin wir unser Wissen tragen – und auf welche Weise.
Und vielleicht lerne ich eines Tages das Universum außerhalb der Galaxis kennen. Das, ich gebe es zu, ist mein eigentliches Anliegen. Schließlich bin ich Ruben Caldrogyn, nicht nur ein Schüler, nicht nur ein Zweifler, sondern auch ein äußerst neugieriger Sambarkin.
*
Ein Legient
Ich bin Sig-Zikander oder vielmehr eine Erinnerung an einen Mann dieses Namens. Ich befehlige hunderttausend Schiffe der Legion, von denen achtzigtausend für den Krisenfall Heliot mobil gemacht wurden. Achtzigtausend Einheiten mit einem hohen technischen Standard sind beeindruckend und mächtig genug.
Die Legion sichert das Land Dommrath. Das ist unsere Aufgabe.
Wie unsere Herren, die Ritter, sind unsere Schiffe ein Mythos, denn im Land Dommrath ist die Raumfahrt verboten. Man spricht über die Legion nur hinter vorgehaltener Hand, flüsternd und mit einem Schauder. Nicht jeder ist überzeugt, dass die Legion Wirklichkeit ist, dass es tatsächlich Raumschiffe gibt.
Doch wenn die Legion dann plötzlich in einem System erscheint, bricht dort eine neue Ära an … und neue Gerüchte werden geboren. Dann erinnert man sich auch an frühere Auftritte. An Strafexpeditionen. An entvölkerte Planeten. An die Seuche …
Manche glauben, dass die Legion die Seuche bringt, denn das eine folgt auf das andere so schnell und unaufhaltsam, dass es sogar stimmen könnte. Nur die unmittelbar Beteiligten – die Überlebenden – kennen die Wahrheit, dass es umgekehrt ist.
Die Legion ist Legende. Und das ist gut so. Manches Geheimnis darf nie enthüllt werden. Wenn die Wahrheit über uns bekannt würde, wäre es unverzeihlich. Und es besteht auch keine Notwendigkeit dafür. Die Legion steht in den Diensten der Ritter und tut alles, um den Frieden in Dommrath zu wahren. Und selbst den Hoffnungslosesten noch einen Lebenssinn zu geben. Das alles wäre so nicht möglich, wenn wir uns offen zu erkennen gäben.
Die Schiffe der Legion sind beeindruckend. Sie verfehlen ihre Wirkung nie. Um so wichtiger ist es, dass niemand ins Innere schauen kann. Denn wenn bekannt würde, von wem diese Schiffe gesteuert werden … Das erweckt in mir eine Erinnerung an die Angst.
Für einen kurzen Moment bin ich unruhig, wenn ich daran denke. Aber das hält natürlich nie lange vor; ich existiere inzwischen weit jenseits von solchen kreatürlichen Instinkten und Emotionen.
Ich bin der Anführer und oberste aller Oberbefehlshaber der Wandelnden Leichen, der Lebenden Toten, eines unsagbar grässlich anzuschauenden Haufens Genmüll.
Ich selbst gehöre zu diesen Schauergestalten, von deren Anblick einem speiübel wird. Um mich sprachlich verständlich machen zu können, benötige ich einen Sprachmodulator, denn ich besitze keine Stimmbänder, Zähne, Zunge oder Lippen mehr. Es gibt nur noch ein Loch zur Aufnahme eines Nahrungsbreis, der genauso grau und formlos ist wie ich. Ich bin ein Klumpen verfaulter, verbrannter Hautlappen und Geschwüre, mit grauen Knoten aus wildem Fleisch und seltenen rosa, absurd glatten Stellen, die noch nicht zerstört sind. Von meinen einstmals kühnen, leidenschaftlich flammenden Augen sind nur noch zwei schwachgrüne, schief versetzte Schlitze übrig, mit denen ich nicht einmal mehr scharf sehen kann.
Ich bin der Legient, aber das ist auch alles. Ich bin weder stolz darauf, noch habe ich es mir besonders verdient. Ich bin Legient, weil es eben so ist. Nicht mehr und nicht weniger.
Wenn ich zu alt geworden bin, wird ein anderer meine Position einnehmen. Er wird manches von mir lernen, ein paar Dinge, die für Außenstehende Geheimnisse sind. Er wird seine Aufgabe erfüllen, bis er stirbt. Wie jeder von uns. Wer so weit gekommen ist, wählt das Leben, keiner scheidet mehr freiwillig aus und bittet um Erlösung.
Ich habe überlebt, obwohl ich alle Erinnerungen in dieses unwürdige Dasein mitgenommen habe. Obwohl bedeutet, dass ein anderer das nicht so verkraftet hätte wie ich. Um die Wahrheit zu sagen: Viele andere haben es nicht verkraftet und den Freitod gewählt.
Die Erinnerungen waren für sie unerträglich, ebenso wie das Eingesperrtsein in dieser formlosen Masse. Ein zerrütteter Geist in einem abstoßenden, stinkenden Fragment aus Fleisch und Knochen.
Einst war ich ein Spieler, und nicht selten war mein Körper die Herausforderung. Es gab kaum jemanden, der sich mit mir messen konnte – ich hatte allen Grund, stolz auf diesen perfekten, muskulösen, geschmeidigen und anmutigen Leib zu sein.
Und wenn ich doch einmal Gefahr lief, das Spiel zu verlieren, setzte ich den Muskel ein; Zikanders Muskel nannte man ihn ehrfürchtig, denn ich war vermutlich der einzige, der ihn besaß. Bei einer bestimmten Anspannung sprang er kraftvoll aus der Armbeuge hervor; dem hatte keiner etwas entgegenzusetzen.
Natürlich hatte ich noch andere Vorzüge; so manches Frauen- oder ähnlich geartete Wesen schloss von der besonderen Art und Kraft dieses Muskels auf bestimmte Fähigkeiten weiterer Körperteile in einer anderen Disziplin. Vorzüglich war ich in der Tat in allen Disziplinen, die Körpereinsatz erforderten.
Wie sehr hatte ich dieses Leben genossen, meinem Blick konnten weder Frauen noch Gegner widerstehen – im einen oder anderen Sinn. Niemals hätte ich daran gedacht, dass dies dereinst in wenigen Hiddyn vorbei sein könnte. Man glaubt ja immer, dass es die anderen trifft, niemals einen selbst. Und die Chancen dafür standen nun wirklich nicht hoch; es gibt Millionen bewohnte Systeme im Land Dommrath, doch ausgerechnet meinen Aufenthaltsort suchte sich die Seuche aus. Bis zu diesem Zeitpunkt war sie immer nur ein Gerücht gewesen, eine schaurige Mär, die ungehorsamen Kindern gepredigt wurde, um sie wieder gefügig zu machen.
Ab diesem Zeitpunkt verschleiern sich meine Erinnerungen; sie werden ähnlich grau und verschwommen wie mein Äußeres. Es ging so absurd schnell, dass mein Verstand nicht mehr mitkam. Nur ein Wunsch brannte in mir: zu sterben, schnell und schmerzlos.
Aber weder das eine noch das andere war mir vergönnt. Weder starb ich endgültig und wurde zu nichts, noch blieben mir die grausamen Schmerzen erspart. Mein Leidensweg setzte sich aus vielen kleinen Toden zusammen, bis mich irgendwann die Bewusstlosigkeit erlöste, doch nicht für immer.
Ich habe viel und lange über den Tod nachgedacht, und mehrmals war ich nahe daran, so manchem meiner Leidensgenossen zu folgen. Ich kann heute nicht mehr sagen, weshalb ich immer noch so hartnäckig am Leben festhalte. Aber das ist auch nicht wichtig – ich habe mich entschieden. Der Glaube, leben zu wollen, ist Begründung genug.
Dolmor Sing Me'Karolni half mir bei der Heilung, nachdem die Entscheidung gefallen war. Die Druiden von Couxhal besitzen Fähigkeiten, die wir nur erahnen können, denn es gibt wohl keine wissenschaftlichen Erkenntnisse darüber. Es scheint eine Art psionische Fähigkeit zu sein; etwas, das bei den dommrathischen Völkern normalerweise so gut wie gar nicht natürlich vorkommt. Das ist ein Geheimnis, das mir bisher nicht offenbart wurde – weshalb die Druiden solche Fähigkeiten besitzen.
Doch ich bin dankbar darum. Mit seinem Traenii verschaffte Dolmor mir Linderung gegen den Schmerz, sorgte für eine Stabilisierung meines körperlichen Zustandes … und dämpfte die Gefühle.
Mir sind die Erinnerungen geblieben, aber sie schmerzen nicht mehr. Ich kann nicht sagen, dass ich mit meinem Dasein zufrieden bin, aber ich bin auch nicht unglücklich. Ich weiß, wie absurd meine Existenz ist; aber ich stehe in den Diensten der Ritter von Dommrath, und das gibt allem einen Sinn. Tot werde ich eines Tages so oder so sein, Schmerzen erleide ich kaum noch, und in meinem Verstand dämpft ein milder Nebel alle Emotionen.
Ich bin nicht wirklich belastet, aber ich kann von Nutzen sein. Warum also sollte ich den endgültigen Tod nicht noch ein Weilchen hinausschieben und mit dazu beitragen, den Frieden in Dommrath zu bewahren?
Ich habe gelernt, Wohlstand, Kultur und Frieden wertzuschätzen, da mir dies alles nun für immer verwehrt ist. Dieses kostbare Gut muss bewahrt werden – für andere. Ich, der ich immer nur an mich dachte, bin jetzt für andere da; zum Preis meiner Schönheit.
Sei's drum: Ich bin der Legient. Ich befehlige die gesamte Flotte der Legion, im Auftrag der Ritter von Dommrath. Das ist eine Karriere, die ich als Spieler niemals gemacht hätte. Ich wäre ohnehin eines Tages alt, hässlich und verbraucht gewesen und vermutlich genauso am Leben verzweifelt, aber ohne die Chance auf einen Neubeginn.
*
Krisenfall Heliot
Vier Personen und ein kleines Tier waren auf Annuze I gestellt worden. Ein unbekannter Druide, zwei außergalaktische Humanoide und Ruben Caldrogyn, der Anführer der Astronautischen Revolution. Wie hatten diese unterschiedlichen Wesen zusammengefunden? Was hatten sie auf der verbotenen Rüstungs- und Industriewelt zu schaffen?
Ohne Zweifel waren einige Verhöre vonnöten, um alle Fragen zu beantworten. Noch waren diese Wesen paralysiert; sie wurden durch Fesselfelder aufrecht gehalten, damit sie nicht hilflos zu Boden stürzten.
Sig-Zikander machte sich keine Illusionen darüber, wie sein Anblick auf die Gefangenen wirken mochte. Er konnte das Entsetzen in ihren Augen erkennen. Sicher schossen ihnen in diesem Moment genauso wie ihm viele Fragen durch den Kopf. Hatten sie mitbekommen, dass sie sich in einem Raumschiff befanden? Dass der Legient höchstpersönlich sie empfing? Ahnten sie, was auf sie zukommen mochte?
Das Rittersymbol, das Fünfeck mit den Strahlenarmen, die das Dommrathische Netz darstellten, pulsierte plötzlich. Einer oder mehrere Ritter aus der Sternenkammer riefen den Legienten. Eine neutrale, gesichtslose Stimme verkündete aus dem leuchtenden Symbol den Alarm und befahl achtzigtausend Schiffe unter Sig-Zikanders Führung in den Checkalur 1571.
»Von diesem Augenblick an gilt der Krisenfall Heliot als eingetreten.«
Die Verbindung wurde beendet. Sig-Zikander hatte nicht einmal Zeit gehabt, den Ritter über die Gefangenen zu informieren.
In diesem Moment hatte er sie auch völlig vergessen. Der Krisenfall Heliot war legendär, man sprach seit Jahrtausenden davon, und der Legient hätte niemals damit gerechnet, dass er ausgerechnet zu seiner Amtszeit ausgerufen würde.
Es hieß, dass der Ausgang das Schicksal der Ritter von Dommrath entschied, was immer das auch bedeuten mochte.
Sig-Zikander ließ die Gefangenen abtransportieren und ruhigstellen; momentan hatte der Befehl zum Einsatz oberste Priorität. Der Legient begab sich an Bord seines Flaggschiffs CHAD-NASSAE und flog mit achtzigtausend Einheiten der Legion zur Riesensonne Mattane.
Dort befand sich ein fremdes, großes, hantelförmiges Raumschiff, dessen Bauart und Material absolut unbekannt waren. Die Legion setzte das außergalaktische Schiff fest, jedoch erfuhr der Legient nicht, wie mit der Besatzung verfahren wurde, da unerwartet ein Ritterschiff vor Ort war. Es war die INT-CROZEIRO, und jemand von dort kümmerte sich persönlich um die Angelegenheit.
Irgendwann meldete sich die neutrale Stimme aus dem Rittersymbol wieder und befahl der CHAD-NASSAE, das unbekannte Raumschiff namens SOL zusammen mit dem Ritterschiff INT-CROZEIRO und der restlichen Flotte nach Crozeiro im Checkalur 0001 zu eskortieren.
Diesmal versuchte Sig-Zikander, von seinen Gefangenen zu berichten, doch er wurde abgewiesen.
»Dies ist uns bereits bekannt, doch momentan nicht von Relevanz«, unterbrach die gesichtslose Stimme den Legienten. »Die Gefangenen sollen weiter ruhiggestellt bleiben, bis du neue Befehle erhältst.«
Sig-Zikander gehorchte wort- und widerspruchslos. Nach raschem Flug über 20.701 Lichtjahre erreichte die Flotte das Crozeiro-System.
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Crozeiro
(Aus einer Unterrichtseinheit von Kaarope VII, Kaarope-System)