Cover
Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2109
Tagebuch der SOL
Neues Leben in der Scherbenstadt – im Zentrum des Hantelraumers
von Susan Schwartz
Seit die SOL zum ersten Mal in die Unendlichkeit aufgebrochen ist, hat das Hantelraumschiff geradezu unglaubliche Reisen durch Raum und Zeit zurückgelegt. Daran hat sich auch nichts geändert, nachdem Perry Rhodan »sein« Schiff aus den Händen Shabazzas befreien konnte.
Unter der Expeditionsleitung des Arkoniden Atlan wurde die SOL mit ihrer Besatzung zuletzt in die Galaxis Segafrendo verschlagen – und zugleich 18 Millionen Jahre in die Vergangenheit. In dieser Zeit wurden die Menschen an Bord des Raumschiffs Zeugen eines grauenvollen Krieges und der Geburt einer Superintelligenz.
Im Land Dommrath, in das die SOL anschließend durch einen Mega-Dom transportiert wurde, lernten Atlan und seine Begleiter eine Kultur kennen, die eine ganze Galaxis umspannt und sich dem Frieden verschrieben hat. Sie stießen auf die Dunkle Null und stellten fest, dass dieses seltsame Gebilde namens ZENTAPHER als Chaotender zu den mächtigen Waffen der Chaosmächte gehörte.
Nachdem die gigantische Bedrohung des Landes Dommrath und auch der Milchstraße abgewehrt werden konnte, steht eine neue Reise bevor: in die ferne Galaxis Wassermal und zu den Pangalaktischen Statistikern. Darüber berichtet der vorliegende Roman mit dem TAGEBUCH DER SOL ...
Shoy Carampo – Der junge Mom'Serimer sucht eine neue Zukunft für sein Volk.
Stap Crumero – Der Eunuch steht den Wünschen der Jungen im Weg.
Fee Kellind – Die Kommandantin der SOL entdeckt ihre bisher unbekannte Seite.
Atlan – Der Arkonide muss eine unwillkommene Pause auf der großen Reise einlegen.
Icho Tolot – Der halutische Riese wird zum Freund der kleinen Mom'Serimer.
Ein Erbe
»Was ist denn geschehen?«, fragte Shoy Carampo besorgt, während er neben Stap Crumero zu den Gemächern des Lord-Eunuchen eilte. »Habe ich Crom Harkanvolters Missfallen erregt? Ich versichere, dass es mir fern liegt, ihm Kummer zu bereiten, und ich will gewiss nicht ...«
»Es ist nichts dergleichen«, unterbrach ihn der Stellvertretende Lord-Eunuch kurz angebunden. »Er hat dringend nach dir verlangt, und ich hoffe, wir kommen nicht zu spät. Ich verstehe zwar nicht, weshalb ihm so an dir gelegen ist ... Es steht mir natürlich nicht zu, darüber ein Urteil zu fällen.«
»Und mehr willst du mir nicht sagen?«
»Sieh doch selbst!« Stap betätigte den Türöffner und wies nach innen. »Ich warte hier, er will dich allein sprechen. Aber wenn dir wirklich an ihm gelegen ist, solltest du ihn nicht aufregen. Es wäre nicht angebracht, ihm diese letzten Seg aus reinem Egoismus zu erschweren.«
Shoy Carampos Gehirntentakel richteten sich in höchster Nervosität auf. Er konnte sich nicht vorstellen, was ihn nun erwartete.
Er fand den Lord-Eunuchen auf einer Liege – und erschrak. Crom Harkanvolter sah aus wie ein Leichnam, die trockene, blasse Haut spannte sich über seine Knochen. Aus seinem eingefallenen Gesicht ragten die Mandelaugen riesengroß hervor. Großer Schmerz und Fieber lagen in ihnen; doch sie klärten sich, als er den Besucher erkannte.
»Welches Datum haben wir, junger Shoy?«, fragte der Lord-Eunuch mit kraftloser Stimme.
Der junge Mom'Serimer schluckte. Angestrengt versuchte er, das Datum zu errechnen. Dem alten, kranken Mann zuliebe wollte er es in Segaf ausdrücken, ihrer alten Zeitrechnung.
Die Zeit der Auseinandersetzungen war vorbei, das war nicht zu übersehen. Der Lord-Eunuch lag im Sterben und wollte in seinen letzten Stunden Frieden schließen. Aber Shoy gelang die Umrechnung nicht mehr, es war ihm bereits viel zu fern. Seit Monaten hatte er sich nicht mehr mit dem alten Idiom befasst.
»Bemüh dich nicht!«, stieß Crom Harkanvolter mit heiserem Flüstern hervor. »Sei ganz du selbst, Shoy, wie du es immer warst. Du brauchst mir keinen Gefallen zu erweisen, wenn dein Herz nicht daran beteiligt ist.«
»Es ist der 3. November 1304 NGZ«, antwortete Shoy schwerfällig.
»Du sprichst inzwischen perfekt Interkosmo, nicht wahr?«
»Nahezu. Ich lerne aber noch täglich neue Ausdrücke dazu, Lord-Eunuch. Vor allem die Dookies haben immer einen interessanten Spruch.«
»Ich erinnere mich an sie. Es scheint mir unendlich lange her, dass ihr Anführer dich und deinen Freund hier hereinschleppte und sich bitter beklagte.«
»Inzwischen haben wir uns mit ihnen arrangiert, Lord-Eunuch. Sie wirken wie ziemlich laute Polterer, sind aber in Wirklichkeit hilfsbereit und korrekt. Wir wollen alle miteinander die Geheimnisse der beiden SZ-Flansche ergründen. Die Terraner haben keine Zeit und keine Lust dazu, da sie diesen zusätzlichen Raum nicht benötigen. Aber wir wissen, dass es dort etwas gibt, und wir werden es finden. Wie die Nekrophore.«
»Das habe ich vernommen.« Crom Harkanvolter verlagerte mühsam seine Haltung und war für einen Moment nicht sprechfähig, als ihn ein Hustenanfall quälte. »Und wieder fiel dein Name in einer bedeutenden Angelegenheit.«
Shoy nickte stolz. »Wir haben uns als nützlich erwiesen, Lord-Eunuch. Unser Dasein hat einen Sinn bekommen, und es werden noch viele weitere Aktionen folgen, bei denen wir die Terraner unterstützen können. Du hast etwas Großartiges für unser Volk getan, und du solltest daran teilhaben, wie wir unsere Zukunft von nun an gestalten werden.«
»Es ist zu spät, mein Kind«, hauchte der Alte. »Ich sterbe bald ... sehr bald. Wenn ich mich gleich ergeben würde ...«
»Aber das ist doch nicht notwendig«, rief Shoy eindringlich, um ihn aufzurütteln. »Du bist doch jünger als Stap, kaum älter als meine Mutter! Du kannst noch ein paar Jahre leben, wenn du es nur willst! Und erzähl mir nicht, es geht nicht, weil du krank bist, das glaube ich einfach nicht.«
»Und doch ist es so«, erwiderte der Lord-Eunuch müde. »Ich bin krank an der Seele, Shoy, und ich habe keine Lebenskraft mehr. Ich hätte niemals Nacht-Acht verlassen dürfen, sondern bei meiner Yessim bleiben müssen.«
»Aber Yessim starb doch schon vorher, Crom. Du darfst dich weder für ihren Tod noch für den Untergang von Nacht-Acht verantwortlich machen. Jeder hatte die freie Wahl, und das nur deswegen, weil du uns die Möglichkeit geschenkt hast, zu überleben. Wir werden dir dafür niemals genug danken können.«
Shoy trat an die Liege heran und tätschelte Croms faltige, dünne Hand.
»Ich danke dir für diese Worte, und es erleichtert mir den Abschied. Ich will nicht gehen, ohne mein Volk in guten Händen zu wissen.« Der Lord-Eunuch richtete sich unter Qualen auf. »Ich habe es nicht verkraftet, und auch das habe ich zu verantworten. Aber diesmal ist es allein meine Angelegenheit, ich habe gewählt. Ich habe keine Heimat mehr, und ich kann mich nicht von der Vergangenheit lösen. Sie hat mir alles bedeutet, junger Shoy. Dennoch wollte ich nicht, dass wir alle untergehen. Aber ich habe mich belogen, als ich glaubte, alles so einfach hinter mir lassen zu können. Ich habe geglaubt, meinem Traum folgen zu können, denn ich sehnte mich stets danach, eines Tages das Außen zu ergründen. Das Weltall zu sehen und Sterne, ferne Galaxien ... Doch manche Träume dürfen niemals zur Realität werden. Ich habe mein Ziel verloren, weil ich zu viel dafür aufgeben musste. Du magst es als Schwäche auslegen, aber so ist es nun einmal. Niemand wird daran etwas ändern können, und das ist auch nicht notwendig. Du hast gezeigt, dass das Volk der Mom'Serimer überleben kann und wird. Du besitzt Verantwortungsbewusstsein und repräsentierst die Zukunft.«
Shoy schluckte. »Was willst du damit sagen?«
»Dass es Zeit wird, euch Jungen die Führung zu überlassen. Wir Alten hängen alle zu sehr an der Vergangenheit, das vergiftet nur den Überlebenswillen. Du hast mir aufgezeigt, dass ich mich zu sehr in meine persönliche Einstellung verrannt habe. Dabei wollte ich gewiss niemandem schaden, ich wollte mein Volk nur beschützen. Aber ich sehe ein, dass mein Weg nicht der richtige war. Auch aus diesem Grund kämpfe ich nicht mehr. Ich kann mich dieser neuen Welt nicht mehr anpassen, mein Herz hängt zu sehr in der Vergangenheit. Ich will keine Behinderung sein.«
Crom Harkanvolter richtete sich etwas auf.
»Dennoch – ihr dürft nicht vergessen, dass ihr Mom'Serimer seid. Ihr könnt trotz allem etwas von den Alten lernen, denn sie besitzen eine größere Erfahrung als ihr. Sie wissen, was die Identität unseres Volkes ist. Schließt sie nicht aus, sonst werdet ihr eines Tages ebenso entwurzelt sein wie ich, weil ihr euch zu sehr von euch selbst gelöst habt. Du hast damit Recht gehabt, dass ihr lernen müsst, euch anzupassen – aber nicht um jeden Preis. Bitte versprich mir, dass ihr das Andenken an eure Herkunft bewahrt. Befolgt ESTARTUS Grundsätze.«
Für einen Moment schien der Alte sich zu erholen. Ein Funke seiner früheren Lebenskraft leuchtete in seinen Augen auf.
»Das verspreche ich dir«, sagte Shoy ernst. »Wir bewahren unsere Philosophie und unser Bewusstsein, dass wir Mom'Serimer sind, die Letzten eines Volkes mit großer Vergangenheit.«
»Sei behutsam mit deinen Artgenossen, Shoy. Ich zweifle nicht daran, dass du eines Tages der Anführer sein wirst, denn du besitzt alle Qualitäten und den nötigen Ehrgeiz. Aber handle bedachtsam und stürme nicht wild voran. Ihr habt Zeit – viel Zeit. Führe dein Volk langsam in die Zukunft, gib ihm Gelegenheit, sich an alle Änderungen zu gewöhnen. Sei nicht ungeduldig den Alten gegenüber, sie sind nicht immer vollends im Unrecht. Sie haben lediglich eine andere Sichtweise der Dinge, und manches davon sollte dir zu denken geben. Wäge stets ab und wähle den Mittelweg, der allen gerecht wird.«
Das viele Reden erschöpfte den Sterbenden zusehends. Der Funke in seinen Augen flackerte und erlosch. Seufzend sank er auf sein Lager zurück. »Es ist nun vorbei, Shoy Carampo. Ich lege das Erbe der Mom'Serimer in deine Hände. Ich vertraue darauf, dass du das Beste daraus machen wirst. Dann kann ich in Frieden sterben.«
»Crom, willst du denn wirklich nicht ...«
»Bitte stelle meine Entscheidung nicht in Frage. Respektiere meinen Wunsch.«
Shoy seufzte schwer. »Ich habe auch Schuld daran, dass es jetzt so schnell ging, nicht wahr?«
Der alte Eunuch lächelte. »Übernimm nicht meine Fehler, die du mir selbst vorgeworfen hast, Junge. Wenn dem so wäre, hätte ich dich nicht hierher gebeten und diese Dinge mit dir besprochen. Das Gegenteil ist der Fall: Weil ich weiß, dass jemand wie du sich um die Geschicke der Mom'Serimer kümmern wird, kann ich friedlich zu meinem Traum in der NACHT zurückkehren.«
Crom Harkanvolter lehnte sich zurück, entspannte sich und schloss die Augen. »Ja, jetzt bin ich bereit«, flüsterte er. »Ich gebe auf. NACHT, umfange mich ...«
»Soll ich bei dir bleiben?«
»Es wäre mir eine große Freude.«
Doch es wurde kein leichtes Sterben. Als Shoy sah, dass die Schmerzen fast unerträglich wurden und der Lord-Eunuch sich auf seinem Lager wand, verließ er die Unterkunft.
Stap, der unruhig vor der Tür wartete, wollte etwas sagen, doch er bedeutete ihm zu schweigen. »SENECA!«, rief Shoy ins Nichts.
»Ich bin hier, Shoy Carampo«, antwortete eine männliche Stimme aus einem versteckten Lautsprecher.
»Könntest du Startac Schroeder bitten, sofort den Druiden Keifan hierher zu bringen? Es ist ein Notfall.«
»Wird sofort erledigt.«
Als Shoy in die Unterkunft zurückkehrte, wollte Stap ihm folgen. Shoy hielt den Eunuchen jedoch auf. »Er hat um meine Anwesenheit gebeten, nicht um deine. Respektiere das bitte!«
Die Gehirntentakel des Stellvertreters schwollen an. Aber er fügte sich.
»Wo warst du?«, erklang Crom Harkanvolters krächzende Stimme.
»Es ist nicht notwendig, dass du unter großen Schmerzen stirbst, Lord-Eunuch. Ich habe mir gestattet, Hilfe herbeizurufen. Du sollst einen würdevollen Tod haben.« Shoy kehrte zum Lager zurück. »Eine Frage habe ich noch: Wie soll mit dir verfahren werden?«
Der alte Mann lächelte. »Am liebsten würde ich im Konverter aufgelöst, weil dies der Tradition entspricht. Aber dies ist mittlerweile ... überholt. Meine Bestattung ist von politischer Bedeutung, dessen bin ich mir bewusst. Deshalb verfahre mit mir nach deiner Entscheidung. Ich werde es ja nicht mehr wissen.«
»Aber ...«
»Dies ist mein letzter Befehl als Lord-Eunuch. Gehorche!«
Gleich darauf verlor Crom Harkanvolter das Bewusstsein.
*
Wenige Minuten später materialisierte Startac Schroeder mit Keifan in der Unterkunft. Der Druide wandte sich sofort dem Sterbenden zu und gab ihm mit dem Traenii den Kuss.
»Ich kann leider nichts mehr für ihn tun«, schnorchelte er nach einer Weile. »Sein Lebensfunke ist schon fast erloschen, und er will nicht mehr kämpfen.«
»Das weiß ich«, sagte Shoy. »Ich möchte dich aber bitten, ihm zu helfen, so dass er nicht mehr leiden muss.«
»Das kann ich tun.« Keifan drückte den Traenii wieder auf die Stirn des Alten.
Sie warteten und beobachteten die Atemzüge Crom Harkanvolters, die allmählich schwächer wurden. Dann hörten sie ganz auf. Der Lord-Eunuch starb, ohne noch einmal das Bewusstsein erlangt zu haben. Sein Gesicht war entspannt und friedlich.
»Ich danke euch«, sagte Shoy zu dem Mutanten und dem Druiden. »Ich muss euch jetzt bitten zu gehen. Wir müssen die Zeremonie vorbereiten.«
Startac nickte. »Wenn du etwas brauchst, wende dich wieder an SENECA. Ich werde Atlan mitteilen, dass Crom Harkanvolter gestorben ist. Er wird sicher an der Bestattung teilnehmen wollen, falls ihr es ihm erlaubt.«
»Es wäre eine Ehre. Ich werde Bescheid geben, wenn wir so weit sind.«
Als die beiden per Teleportersprung verschwanden, kam Stap Crumero in die Kabine. »Ich warte nicht mehr länger!«, sagte er erzürnt.
»Das ist auch nicht notwendig«, versetzte Shoy. »Der Lord-Eunuch ist tot.«
*
Stap Crumero überzeugte sich mit einem kurzen Blick vom Tod des Lord-Eunuchen. Dann wandte er sich an Shoy. »Geh jetzt. Du hast hier nichts mehr verloren.«
»Crom Harkanvolter hat mich aber mit der Bestattung beauftragt«, setzte sich der junge Mom'Serimer zur Wehr.
»Darüber sprechen wir später. Ich muss jetzt hier einiges veranlassen, und du bist weder Eunuch noch Indoktrinato«, schnappte Stap. Seine Gehirntentakel schwollen zornig an. »Ich werde umgehend eine Versammlung einberufen und mein Amt als Lord-Eunuch antreten.«
»Augenblick mal!«, protestierte Shoy. »Dafür sollten wir Wahlen abhalten!«
»Bis dahin werde ich die Regierungsgeschäfte übernehmen, ob es dir passt oder nicht. Ich bin der Stellvertretende Lord-Eunuch und dazu berechtigt, das Amt des Lord-Eunuchen zu bekleiden, bis das Volk sich anders entscheidet. Und du wirst dich noch wundern, junger Wichtigtuer, wenn ich gewählt werde. Du magst ein Anführer eurer Jugendbande sein, aber die Mehrzahl der Mom'Serimer beobachtet dein Treiben mit Misstrauen.«
Shoy blieb nichts anderes übrig, als seinen Platz zu räumen. Aber kaum war er auf dem Gang, rief er nach SENECA.
»Ich habe eine Bitte an dich. Kannst du eine öffentliche Versammlung bis in den letzten Winkel unserer Sektion übertragen, so dass alle daran teilnehmen können?«
»Aber selbstverständlich kann ich das, Shoy. Schließlich befinden wir uns hier nicht in den Flanschen.«
»Gut. Ich werde dir Bescheid geben, sobald es so weit ist.«
Er malte sich bereits aus, wie Crumeros Gehirntentakel fast platzten, wenn seine Antrittsrede als künftiger Lord-Eunuch an alle Mom'Serimer übertragen wurde und nicht nur an seine eigenen Anhänger. Kampflos würde Shoy nicht aufgeben; immerhin hatte Crom Harkanvolter selbst ihn als seinen Nachfolger bezeichnet.
Basch Fatingard wartete zappelnd auf ihn. »Endlich!«, rief er. »Ich stand schon kurz davor, den Raum zu stürmen!«
»Es besteht kein Grund zur Sorge«, entgegnete Shoy und setzte seinen Freund in Kenntnis über die Lage. Danach informierte er seine Mutter und einige der treuesten Anhänger aus der »Jugendbande«.
Unterdessen berief Stap Crumero wie erwartet eine Versammlung ein. Shoy Carampo staunte nicht schlecht, als er selbst ausdrücklich dazu eingeladen wurde. Ebenso wenig wurde seine Anhängerschaft abgewiesen, die lautstark auf der Begleitung bestehen wollte. Shoy sollte sogar zur Ansprache neben den Eunuchen aufs Podium.
»Nun, junger Shoy«, sagte Stap zu ihm. »Kannst du dafür sorgen, dass unser gesamtes Volk an dieser Versammlung teilnehmen kann?«
Shoy nickte verdutzt. »Ich habe SENECA bereits gefragt. Er wartet auf mein Zeichen. Aber ...«
»Das ist doch in deinem Sinne, oder?«
»Ja, schon, aber ...«
»Also, worauf wartest du?«
Shoys Gehirntentakel schwankten unsicher vor und zurück. Das entwickelte sich ganz und gar nicht so, wie er sich das vorgestellt hatte. Wieso war Stap damit einverstanden, dass jeder mitbekam, was er äußerte?
Aber er durfte sich jetzt keine Blöße geben. »SENECA, bitte starte die Übertragung!«, bat er.
In der gesamten mom'serimischen Sektion aktivierten sich nun Holos und Bildschirme, die Shoy und Stap zeigten.
»Ich habe eine traurige Nachricht«, begann Stap Crumero. »Lord-Eunuch Crom Harkanvolter lebt nicht mehr. Und er hat Shoy Carampo damit beauftragt, seine Bestattung zu regeln. Würdest du bitte allen seinen letzten Willen mitteilen?«
Shoy war sichtlich beunruhigt und nervös. »Nun, er ... er überließ es mir«, sagte er schließlich zögernd. »Er wollte gern an der Tradition festhalten, aber andererseits hielt er es für den geeigneten Moment, etwas Neues anzufangen.«
»Ich kannte Crom Harkanvolter sehr lange, und ich war mit ihm nicht immer einer Meinung«, ergriff Stap das Wort. »Aber ich bin ihm auf die SOL gefolgt, weil ich glaubte, dass unser Volk nicht einfach so untergehen durfte. Ich war und bin sicher, dass noch viele wichtige Aufgaben auf uns warten. Der Lord-Eunuch konnte die Trennung von der NACHT jedoch nicht verkraften, sie hat ihn letztendlich zerbrochen. Andererseits aber ... hat er stets vom Außen geträumt. Das wollte er einmal sehen, die Grenzen der NACHT hinter sich lassen und ergründen, was dahinter, ja darum herum liegt. Als Lebender war ihm dies nicht mehr möglich, denn er hat sich seit der Flucht pausenlos um das Wohl seines Volkes gekümmert und keine Zeit zur Erfüllung privater Wünsche gehabt. Auch das hat ihn aufgezehrt, die ständige Sorge, dass die Mom'Serimer eines Tages nicht mehr als versprengte, verirrte Wanderer im All sein werden, die ihre Herkunft nicht mehr kennen.«
Stap Crumero sprach ungewöhnlich langsam und moduliert; seine Rede konnte unmöglich aus dem Stegreif sein. Er hatte sich auf diesen Moment schon länger vorbereitet.
Shoy erkannte in diesen Augenblicken frustriert, dass er einer Niederlage, wenn nicht sogar Blamage entgegenging.
*