Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
Prolog
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
9.
10.
Epilog
Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2483
Die Nadel des Chaos
Einsatz in GLOIN TRAITOR – Entscheidung für ESCHER
Uwe Anton
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung.
Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Existenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis Hangay – ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.
Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensystems, dem Zugriff der Terminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRANOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zu stören. Hinzu kommen erste Erfolge im Angriff: die Zerstörung von CRULT etwa oder das Vordringen nach Hangay.
Nachdem es dem Weltweisen, der Parapositronik ESCHER und dem Mittelteil der SOL gelungen ist, sich von Einheiten der Kolonne selbst zum Herz der entstehenden Negasphäre tragen zu lassen, steht ihr nächstes Ziel fest: die Vernichtung von GLOIN TRAITOR. Denn dies ist DIE NADEL DES CHAOS …
Agent Atarin – Ein Traum wird wahr und zerbricht.
ESCHER – Die Parapositronik rechnet mit dem Schlimmsten.
Laurence Savoire – Der Erste Kybernetiker erkundet die Nadel des Chaos.
Isokrain – Der Kosmitter muss für ESCHER handeln.
Pal Astuin – Ein Avatar greift ein.
Atarin
In seinem Schädel hämmerte es. Er hatte den Eindruck, sein Kopf müsse jeden Augenblick platzen.
Seine Gedanken flossen furchtbar träge, er konnte sich nicht konzentrieren, verlor den Faden, schweifte ab, dachte schon etwas Neues, bevor er das Alte zu Ende gebracht hatte. Ein Gedanke war so wertlos wie der andere, keiner hatte Bedeutung.
Er fragte sich, wo er war; er wusste es nicht. Es berührte ihn nicht.
Noch gleichgültiger stellte er fest, dass er nicht einmal wusste, wer er war.
Dann dehnten sich die Schmerzen vom Kopf in den Körper aus. Er konnte sie nicht mehr genau lokalisieren, sie waren überall. Eigentlich war es ein Schmerz, der ihn von oben bis unten durchdrang.
Verdammt.
Was war passiert?
Dieses plötzliche Interesse erstaunte ihn.
Er öffnete die Augen. Zuerst sah er alles nur verschwommen.
Erdreich. Nein, besser gesagt Matsch. Feuchter Boden. Wasserpfützen.
Stiefel, vier, fünf Meter entfernt. Und Halbschuhe. Flache von Männern, elegante hochhackige von Frauen.
Er lag irgendwo auf dem Boden, ein gutes Stück von einer Straße entfernt, oder einem Platz. Für einen Moment glaubte er, vor seinem geistigen Auge zu sehen, was ihm zugestoßen war. Ein Raum, ein großer, völlig leerer Raum. Weiße Wände? Vielleicht auch graue. Aber wieso war der Raum völlig leer?
Eine Quarantäne-Station, dachte er.
Eine Stimme drang an sein Ohr, und der Raum verblich wieder. Sie plärrte mechanisch, aber mit Überzeugungskraft. Mein Leben für Arkon!
Licht fiel auf seine Augenlider, und er öffnete sie. Über den Himmel zog ein dreidimensionales, hell leuchtendes Bild. Drei Planeten auf ein und derselben Umlaufbahn um eine große weiße Sonne. Tiga Ranton, fiel ihm wieder ein.
Und er … Er war auf der Rüstungswelt, dem neuen Planeten, dem ehemaligen Subtor.
Er war … Er war …
Bevor es ihm wieder einfiel, wechselte das Bild am Himmel abrupt. Nun zeigte es eine Stadt, nein, Trümmer in einer Stadt, schwerbeschädigte, auf den Spitzen stehende Trichterbauten, die sich um einen tiefen Krater scharten.
Eine Szene von einem anderen Planeten, wurde ihm klar. Eine unter dem Licht einer gelbroten Sonne.
»Auf Dargnis haben Geheimdienst-Einheiten der Liga Freier Terraner ein weiteres hinterhältiges Attentat durchgeführt …«, fuhr die Stimme dröhnend fort.
Ich sehe unmögliche Bilder, dachte er. Leide ich an Wahnvorstellungen?
Die Bilder wechselten zu schnell, als dass sein in Mitleidenschaft gezogener Verstand sie bearbeiten oder nur einordnen konnte, und sein Geist zog sich zurück in die … die Quarantäne-Station.
Eine Gestalt stand nun darin, ein Mensch. Ein Mann.
Er kannte ihn.
Er kannte ihn, und er hatte ihn nie besonders gemocht. Im Gefühl, von allen verkannt worden zu sein, war dieses … dieses Subjekt durchdrungen von Hass. Skrupellos und moralisch unzulänglich, beherrscht von Enttäuschung, Trauer, Angst, dem Gefühl von Verlorenheit und Sinnlosigkeit sowie Verachtung und Machtgier.
Aber der Name des Mannes fiel ihm einfach nicht ein.
Eine Legende, die niemals gelebt hatte …
Das war Unsinn. Sie hatte gelebt. Er hatte sie ja gekannt. Irgendwann, irgendwie, irgendwo.
Unvermutet materialisierten in der Quarantäne-Station drei Personen. Die erkannte er sofort.
Jeder Terraner kannte sie. Der eine war Atlan, der unsterbliche Arkonide. Und die beiden Monochrom-Mutanten … Wie hießen sie noch gleich? Ja, genau: Startac Schroeder und Trim Marath.
Alle drei hielten Thermostrahler in den Händen und eröffneten ohne Vorwarnung das Feuer auf den anderen Mann. Glühende Strahlen jagten in dessen Körper, durchschnitten ihn und löschten sein Leben aus. Der Mann schrie, brüllte und krümmte sich zusammen.
Brach, gefangen in einem mörderischen Schock, endgültig zusammen.
Und starb.
Atlan und die beiden Mutanten hatten ihn erschossen.
Ich habe es gesehen, dachte er. Miterlebt.
Aber er konnte sich nicht daran erinnern, Atlan jemals begegnet zu sein, geschweige denn den Mutanten.
Plötzlich fiel ihm der Name des Mannes wieder ein, den Atlan erschossen hatte.
Vitkineff.
Rutmer Vitkineff.
Er hatte gesehen, wie Rutmer Vitkineff getötet worden war.
Er hatte es gesehen, und dennoch wusste er mit absoluter Sicherheit, dass Vitkineff dabei nicht gestorben war. Er war zurückgekehrt.
Hangay
9. Oktober 1347 NGZ
»Rücksturz in den Normalraum!«, teilte ESCHER mit und spielte die Holos ein, die die Parapositronik von den Ortersystemen des Forts TRAICOON 06-202a übernommen hatte.
Dr. Laurence Savoire glaubte einen Moment lang, die Hölle würde sich vor ihm auftun. Die gleißende Helligkeit in den dreidimensionalen Darstellungen war selbstverständlich gefiltert, und dennoch befürchtete der Erste Kybernetiker der Parapositronik, das Fegefeuer würde sich in ESCHERS Schaltzentrale ausbreiten und ihn verbrennen, zumindest mit sich zerren in die umfassende, wirbelnde, allgegenwärtige Energie, die sich vor dem gewaltigen Kolonnen-Fahrzeug auftat.
Schockiert krallte er die Finger in die Lehnen seines Sessels.
Der Weltraum brodelte. Anders konnte Dr. Savoire das energetische Inferno sondergleichen nicht beschreiben, diesen unglaublichen thermodynamischen Mahlstrom, den ein menschlicher Geist eigentlich gar nicht erfassen, geschweige denn begreifen konnte.
Athaniyyon, das gewaltige Schwarze Loch im Zentrum der Galaxis Hangay, in der Darstellung eine Scheibe aus alles versengendem Licht, die rasend schnell rotierte. Ein riesiges Objekt, dessen Gravitation so hoch war, dass die Fluchtgeschwindigkeit für dieses Objekt von seinem Ereignishorizont an höher lag als die Lichtgeschwindigkeit. Selbst elektromagnetische Wellen konnten den Ereignishorizont nicht verlassen. Daher erschien er dem menschlichen Auge vollkommen schwarz.
Genauso dunkel stellten die Holos der energetischen Ortung ihn dar: ein Schwarzes Loch im Raum-Zeit-Gefüge, umgeben von eben jener gleißenden rotierenden Scheibe.
Die Instrumente hatten eine kaum zu bewältigende Schwerstarbeit zu leisten. Dieses Phänomen, das selbst das Licht fraß, verursachte zu allem Überfluss durch seine enorme Gravitation eine gewaltige Veränderung, eine extreme Krümmung, der geometrischen Struktur von Raum und Zeit, eine Ringsingularität. Athaniyyon krümmte die Struktur der Raumzeit nicht nur, es riss sie mit sich mit, drehte sie in seiner Bewegungsrichtung, zwang sie in die Form eines Ellipsoids.
Der Ereignishorizont, dachte Savoire. Die äußere Grenze des Schwarzschildradius …
Dr. Savoire wollte sich zur Ruhe zwingen, die Daten lesen, die die kleineren Holos präsentierten, doch es gelang ihm nicht. Er wollte das gesamte Bild auf einmal aufnehmen, verarbeiten, doch auch das war ihm nicht möglich. Sein Blick verharrte auf einer Sonne – einer Sonne! –, die von Gezeitenkräften einfach zerrissen wurde. Der gewaltige Himmelskörper wurde wie von der Hand eines unsichtbaren Riesen in die Länge gezogen, hatte sich von einem annähernd kugelförmigen Objekt in ein Oval verwandelt, dann in einen Schlauch, der nun immer schmaler und länger wurde, bis er schließlich an mehreren Stellen gleichzeitig auseinanderbrach. Unvorstellbare Energien verschwanden einfach, als hätten sie nie existiert, wurden von einem schwarzen Moloch im Zentrum des Gleißens eingesogen, zu dünnen Fäden reduziert und dann an einen Ort ohne Wiederkehr verbannt.
Jenseits von Athaniyyon.
Savoire versuchte erneut, die Daten zu lesen, gab aber nach zwei, drei Sekunden wieder auf, starrte auf die Akkretionsscheibe vor ihm. Praktisch ununterbrochen stürzte Materie mit hoher Geschwindigkeit auf das Schwarze Loch zu, wurde dabei erhitzt und emittierte einen Teil seiner Masse in Form von Gammastrahlung. Extrem beschleunigtes Plasma jagte mit unvorstellbarer Geschwindigkeit, scheinbar Blasen schlagend, sich aufblähend und wieder zusammenfallend, auf die Scheibe zu. Es stammte von anderen Sonnen, die in absehbarer Zeit dem Schwarzen Loch zum Opfer fallen würden und bereits jetzt Materie verloren, die zu der unfassbaren Scheibe strudelte und dort schließlich weiter mitgerissen wurde.
Diese Himmelskörper waren keineswegs die ersten, die dem Schwarzen Loch zum Opfer fallen würden. Athaniyyon hatte sich offenbar erst vor Kurzem eine Reihe von Sternen einverleibt und lief nun zu beachtlicher Aktivität auf. Ober- und unterhalb der Akkretionsscheibe entsprangen gebündelte gleißende Jetstrahlen, die sich über mehrere hundert Lichtjahre ausdehnten. Sie bestanden aus Gas und Plasma, das das Schwarze Loch aus der rotierenden Scheibe angesammelt hatte. Nur ein Teil der Scheibenmaterie erreichte das Black Hole, der andere Teil strömte senkrecht zur Rotationsebene weg.
Athaniyyon stieß die Materiestrahlen nahezu mit Lichtgeschwindigkeit aus; spiralförmig angeordnete Magnetfeldlinien sorgten für ihre Bündelung. In ihnen wurde ein Teil der verschlungenen Materie in Energie umgewandelt und als sehr starke und sehr harte Gammastrahlung oder Teilchenstrom weggeschleudert. Immer wieder trafen sie in größerer Distanz auf interstellare Materie und erzeugten dabei Stoßwellen und Regionen, in denen sich stark ionisierte Wolken mit hohen Geschwindigkeiten bewegten.
Savoires Verstand drohte bei dem Anblick den Dienst zu versagen, obwohl der eigentliche Ereignishorizont eine ganze Strecke weit entfernt war. Endlich gelang es ihm, das Auge zu schließen, sich zu zwingen, tief durchzuatmen.
Sich zu beruhigen, sich nicht mehr von den visuellen Eindrücken leiten zu lassen, sondern das, was er vor sich sah, ruhig und nüchtern zu analysieren.
Irgendwann öffnete er das Auge wieder und richtete den Blick auf die Datenholos.
*
Nicht hinsehen!, mahnte er sich. Nicht die Bilder betrachten! Nur die Daten lesen!
Aber das Denken fiel ihm schwerer denn je. Hier in der Kernzone von Hangay erreichte das Vibra-Psi eine bereits fast schmerzhafte Intensität, gegen die er kaum ankämpfen konnte.
Er zwang sich, den Blick bewusst von dem Schwarzen Loch fernzuhalten, sich auf die Umgebung zu konzentrieren.
Im direkten Zentrum der Galaxis lag der Abstand der Sterne deutlich unterhalb von einem Lichtjahr, auch wenn ihr Leuchten gegenüber dem der Akkretionsscheibe verblich. Und die Sonnen waren nicht gleichmäßig angeordnet. Je näher man dem eigentlichen Zentrum kam, desto geringer wurden die Abstände zwischen ihnen, bis es sich letztlich nur noch um Lichtwochen oder gar -tage handelte.
Schon allein damit war eine konventionelle Strahlung von beachtlicher Stärke verbunden. Elektromagnetische Strömungen durchdrangen das Gefüge der Raumzeit, Partikel vereinigten sich zu gewaltigen Flüssen, die es zusätzlich aufwühlten.
Hinzu kamen, wie Savoire wusste, obwohl er als Kybernetiker nicht gerade ein Fachmann war, die allgemeinen hyperphysikalischen Aspekte. Ein starker Hyperorkan tobte, wie eigentlich fast immer im Zentrum einer Galaxis. Überschlagblitze rissen den Raum auf, unbegreifliche Gravitationskräfte schlugen auf Sonnen und Planeten ein und drohten sie zu zerreißen. Die natürliche Folge der Sternendichte und des allgemeinen Strahlungspegels im galaktischen Zentrum belastete das Gefüge der Raumzeit zusätzlich fast bis zur Überbeanspruchung.
Die Daten!, dachte Savoire wieder. Nur die Daten!
Abstrakte Zahlen würden ihm helfen, das Unfassbare zu verstehen.
Das riesige Schwarze Loch hatte bereits über 16 Millionen Sonnenmassen in sich vereinigt. Sein Schwarzschildradius betrug fast 48 Millionen Kilometer, der Durchmesser des Ereignishorizonts also rund 96. Das entspricht fast dem Abstand von der Sonne bis zur Venus!, machte Savoire sich klar, um sich dann beinahe sofort wieder zur Ordnung zu rufen: Nur die Daten, Laurence! Sieh nicht hin! Nur die Daten!
Er kniff das Auge zusammen und las, gezwungen unbeteiligt, als handele es sich um eine wissenschaftliche Abhandlung und nichts, was ihn direkt betraf.
Der Durchmesser der Akkretionsscheibe betrug 235 Millionen Kilometer, die Temperaturen erreichten mehrere Millionen Grad. Der Scheibenrand rotierte mit etwa 135.000 Kilometern pro Sekunde, was fast 45 Prozent der Lichtgeschwindigkeit entsprach. Dennoch benötigte er für einen Umlauf anderthalb Stunden.
Und Athaniyyon war nicht allein: Im Umfeld von vielleicht vier Lichtjahren tummelten sich insgesamt rund 27.000 kleinere Schwarze Löcher mit bis zu 1300 Sonnenmassen.
Siebenundzwanzigtausend!, dachte Savoire.
Wenn es nicht nur eine Hölle für Menschen, sondern auch für Galaxien gab, erblickte er sie in diesem Moment. Solch eine Kernzone war ein natürlicher Hort der Mächte des Chaos, lebensfeindlich, unbeherrschbar, scheinbar von keiner Ordnung durchdrungen, obwohl für das alles natürlich doch ordnende astrophysikalische Prinzipien verantwortlich waren.
Doch das Gesamtbild, das diese Ordnung erzeugte, war für den menschlichen Geist auf Anhieb genauso unvorstellbar, unbegreifbar wie das Prinzip des Chaos, von der theoretischen, wissenschaftlichen Ebene einmal abgesehen. Die Astrophysiker konnten erklären, was an einem solchen Ort vor sich ging, wirklich begreifen konnten sie es nicht.
Das konnte vielleicht nicht einmal Perry Rhodan, der Mensch mit dem größten kosmischen Bewusstsein all seiner Zeitgenossen.
»Was tue ich eigentlich hier?«, flüsterte Savoire. »Weshalb bin ich hier, an diesem grausamen Ort?«
Er schloss erneut das Auge und zwang sich, über die Vergangenheit nachzudenken, um die Gegenwart nicht mehr sehen zu müssen.
*
Sie befanden sich in einem Hangar an der Außenseite des Kolonnen-Forts TRAICOON 06-202a, im Inneren der Steuerzentrale ESCHERS, versteckt im Versorgertrakt des Weltweisen von Azdun, der sich mit der Parapositronik zusammengetan hatte, um GLOIN TRAITOR zu infiltrieren, die Nadel des Chaos der Terminalen Kolonne TRAITOR.
Ziel des Weltweisen war es letztlich, dabei seine körperliche Existenz aufzugeben und zu einer Wesenheit höherer Ordnung zu werden, während ESCHER im Auftrag des Nukleus der Monochrommutanten versuchen wollte, durch die Sabotage GLOIN TRAITORS den Grenz- sowie den Kernwall Hangay für die Raumschiffe aus der Milchstraße und verbündeter Parteien durchgängig zu machen. Dabei konnten weder der Weltweise noch die Parapositronik mit Bestimmtheit sagen, ob diese Hilfe rechtzeitig oder überhaupt eintreffen würde.
Das Kolonnen-Fort war Bestandteil des sogenannten Portivabschnitts 3h3h2, der aus 24 aneinandergeflanschten Kolonnen-Forts mit einer Gesamthöhe von 216 Kilometern bestand. 15 Kolonnen-Fähren hatten ihn von dem Ort innerhalb des Grenzwalls, an dem er zusammengesetzt worden war, durch den Hyperraum zum Zentrum der Galaxis geschleppt. Dort, am Schwarzen Loch Athaniyyon, befand sich GLOIN TRAITOR, arglos gegenüber dem Trojanischen Pferd, das so plötzlich in der Kernzone der entstehenden Negasphäre aufgetaucht war.
Dr. Savoire stöhnte leise auf. Auch wenn er das Auge geschlossen hielt, konnte er nicht eine Sekunde lang vergessen, wo er war. Das hatte nichts mit seiner Vorstellungskraft oder seinen Erinnerungen zu tun. Auch wenn es keine direkte Gefahr für Leib und Leben bildete, war das Vibra-Psi hier in der Kernzone so intensiv, dass er jederzeit wahrnahm, dass er sich an einem ungewöhnlichen Ort des Universums aufhielt. Er fragte sich, ob auch Isokrain so stark davon betroffen war. Der ehemalige Kosmitter war schließlich im Prinzip nichts anderes als ein Avatar des Weltweisen, der ihm seinen alten Körper wieder zur Verfügung gestellt hatte, wenn auch mit einigen parapsychischen Fähigkeiten, die er zuvor nicht besessen hatte.
Der Kybernetiker sah ein, dass es keine Lösung war, einfach das Auge zu schließen, um die Umgebung nicht mehr wahrzunehmen. Das funktionierte nur für kleine Kinder, wenn überhaupt. Trotz des schockierenden Anblicks des Schwarzen Lochs, trotz der Auswirkungen des Vibra-Psi, musste er sich mit seiner Mission befassen, so viele Informationen wie möglich aufzunehmen.
Sich dem Unbegreiflichen stellen.
Er öffnete das Auge wieder.
*
Die Holos zeigten nun nicht mehr die Akkretionsscheibe, sondern hatten sich auf ein Objekt konzentriert, das in unmittelbarer Nähe von ihr dahinzutreiben schien.
Dr. Savoire schnappte unwillkürlich nach Luft. Natürlich hatte er gewusst, was ihn hier, am Ende ihrer Reise, erwartete, doch zwischen Wissen und Verstehen gab es einen Unterschied. Eigentlich war die Existenz dieses Objekts an einem solchen Höllenort kaum zu fassen.