Vorspann
Die Hauptpersonen des Romans
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Glossar
Impressum
PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2496
Chaotender gegen Sol
Mit der DARK GHOUL bei den Posbis – Roi Danton wagt sich auf gefährliches Terrain
Hubert Haensel
Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt
Über dreieinhalb Jahre währte der verzweifelte Abwehrkampf der Milchstraße gegen die wohl größte Gefahr, der sich die Lokale Gruppe der Galaxien, ein wesentlicher Teil der Mächtigkeitsballung von ES, jemals ausgesetzt sah: die Entstehung einer Negasphäre in Hangay, einer Brutstätte des Chaos.
Dank einer Reise über 20 Millionen Jahre hinweg konnte Perry Rhodan in Erfahrung bringen, wie eine Retroversion durchzuführen ist, die Umkehrung der brisanten Entwicklung. Mithilfe der Terraner, zahlreicher anderer Freunde der heimatlichen wie der umliegenden Galaxien, der Organisation der Friedensfahrer und nicht zuletzt des Nukleus gelang es aber letztlich, den Prozess zu stoppen und den Kosmischen Messengern Zugang nach Hangay zu verschaffen: Diese führten einen kosmologischen Normalzustand herbei, sodass dort nie wieder eine Negasphäre wird entstehen können.
Allerdings ist die Gefahr für Terra damit nicht beseitigt. Der Heerführer der Chaosmächte, die duale, negative Superintelligenz KOLTOROC, erinnert sich an Perry Rhodan als Schlüsselfigur seiner Niederlage und fordert den Terraner zum Duell. Weigert jener sich, entsendet der Chaopressor seinen CHAOTENDER GEGEN SOL …
Roi Danton – Perry Rhodans Sohn agiert weiterhin in Verkleidung als Dualer Kapitän Dantyren.
Major Ustinoth – Der Kommandant der DARK GHOUL im Federkleid hackt sich in die eigene Hand.
Senego Trainz, Knorm Ultrecht und Wismo Kantelaki – Die Mikro-Bestien gehen in den Einsatz.
Kalbaron Sunouff – Der ganschkarische Kommandant von TRAIGOT-1710 sieht sich einem Inspektionsteam gegenüber.
Schlagartig brach die Nacht herein.
Als Reginald Bull irritiert den Blick hob, lastete eine brodelnde Wolkendecke über Terrania. In Minutenschnelle hatte sie das Abendrot verschluckt, und nun schüttete es in Strömen. Wie ein Sturzbach klatschte der Regen gegen die Panoramafront des Büros hoch über der Hauptstadt der Erde. Die Nässe verzerrte das Scheinwerferlicht eines anfliegenden Gleiters; Zehntausende winziger funkelnder Universen schienen jäh auf der Glassitfassade zu entstehen.
Bull hielt vollends in seiner Arbeit inne. Der Residenz-Minister für Liga-Verteidigung stützte das Kinn auf beide Daumen und starrte hinaus in das tobende Unwetter. Die Solare Residenz schwamm in einem Meer von Nebel. Nur wenige Gebäude im Umfeld der »Stahlorchidee« zeichneten sich noch als fahle Silhouetten ab.
Wie ein Stück Treibgut in der Ewigkeit …
Das war ein eigenwilliger Gedanke, fand Bully. Die Lichter des Gleiters verschwanden, offenbar hatte die Maschine in einem der unteren Hangars Zuflucht gefunden.
Eine wachsende Anspannung hing in der Luft. Bull glaubte, die Bedrohung deutlich wahrzunehmen. Sie war wieder allgegenwärtig.
Südöstlich des Residenz-Parks, im Bereich der Hyaden Street, entriss ein Blitz die korkenzieherartig gewundenen Wohngebäude des Hanse-Rings dem Dunst. Bull sah skelettierte Fassaden – bleiche, ihrer Verkleidung beraubte Trägerkonstruktionen. Diese Bauten waren in der Tat nur noch stählerne Gerippe, zerfressen, ausgehöhlt, dem Verfall preisgegeben. Dort lebten keine Menschen mehr …
Ein Trugbild?
Der Aktivatorträger versteifte sich. Er atmete schwer. Der Gewittersturm und die beginnende Sintflut verbreiteten Weltuntergangsstimmung.
»Was sagt die Wetterkontrolle?« Halb erstickt brachte Bull die Frage hervor, während er sich von seinem Arbeitsplatz erhob. LAO-TSE, der Zentralrechner der Solaren Residenz, antwortete ihm nicht.
»Ich erwarte eine Statusmeldung!«, drängte der untersetzte Mann.
Wie zum Hohn lösten sich die Holos über der Tischkonsole auf. Irrlichternde Entladungen umflossen die Residenz.
»LAOTSE, was ist da los?«
Ungeduld und wachsender Ärger schwangen in Bulls Stimme mit. Das Unwetter erschien ihm, als hätte sich jäh die Hölle aufgetan.
Er murmelte eine Verwünschung, weil der Hauptrechner beharrlich schwieg.
Die Terminale Kolonne griff seit wenigen Augenblicken wieder an – es konnte gar nicht anders sein. Mehr als fünfhundert Chaos-Geschwader, unterstützt von weiteren schlagkräftigen Einheiten, rannten gegen den Kristallschirm an, der das Solsystem schützte.
Bislang wurde TRAITOR abgewehrt. Weil die TERRANOVA-Flotte bereitstand, um den Schirm selbst unter anhaltendem Punktbeschuss zu stabilisieren. Weil die Menschen in den TANKSTELLEN nicht müde wurden, ihre mentale Energie für den Abwehrkampf aufzuwenden und der Nukleus der Monochrom-Mutanten ein Fragment seiner selbst zurückgelassen hatte, das koordinierend eingriff. Vor allem aber, weil die Terminale Kolonne das Heimatsystem der Terraner nach wie vor als Ressource ansah. Es gab bislang keinen Vernichtungsbefehl.
Der Erde und wohl ebenso den Planeten Venus und Mars sowie mehreren Monden war ein schlimmeres Schicksal als die Vernichtung zugedacht. Als Kabinette sollten sie Eingang finden in den Bau des Chaotenders VULTAPHER. Markante Segmente, herausgerissen aus den danach wertlosen Planeten, dazu Millionen Menschen, die nichts anderes mehr sein würden als Werkzeuge der Chaosmächte in den kosmischen Auseinandersetzungen …
Ein dumpfes Prasseln erschreckte Bull. Er war auf die Panoramawand zugegangen, und als er jetzt innehielt, hätte er nur die Arme auszustrecken brauchen, um die Glassitfront zu berühren. Vor ihm zerplatzten kopfgroße Eisbrocken. Mit unglaublicher Wucht kamen sie aus der Höhe herab, ihre Splitter spritzten geschossgleich davon.
Ausfall der Schirmfelder – und der Lagestabilisierung!, stellte der Aktivatorträger fest. Untrüglich sein Gefühl, dass die Solare Residenz absackte, ihre Fluglage aber sofort wieder stabilisierte.
Das Wahrzeichen Terranias schwebte hoch über dem Residenz-Park – eine stilisierte riesige Orchidee mit fünf blau schimmernden Blüten im oberen Bereich. Ein Großteil der mehr als tausend Meter Länge entfiel allein auf den »Stängel«. Unter der stationären Position lag wie ein Futteral der ebenso tief in den Boden reichende künstliche Residenz-See. Bull fragte sich in dem Moment, welche Katastrophe ein ungebremster Absturz der Residenz auslösen würde.
Wieder dieses ruckartige Absinken. Sein Magen rebellierte. Sekunden später neigte sich der Boden. Bully taumelte gegen die Glasfront – und im Widerschein sonnenheller Blitze sah er Haarrisse entstehen. Sie weiteten sich aus, liefen aufeinander zu, vereinten sich an mehreren Stellen.
Erneut sackte die Stahlorchidee ab. Ebenso abrupt stauchte eine unwiderstehliche Kraft den Verteidigungsminister zu Boden. Von irgendwoher erklang das Heulen des Raumalarms, übertönt vom ohrenbetäubenden Bersten der Glassitwand.
Eisige Kälte peitschte heran. Innerhalb weniger Atemzüge sank die Temperatur weit unter den Gefrierpunkt.
Bull kam zwar wieder auf die Beine, aber nach zwei stockenden Schritten brach er bewusstlos zusammen.
*
Ein heftig brennendes Gefühl schreckte ihn auf. Etwas tropfte auf sein Gesicht und fraß sich unaufhaltsam in sein Fleisch.
Mühsam rollte sich der Verteidigungsminister der Liga Freier Terraner herum. Er schaffte es noch nicht, die verklebten Lider zu öffnen.
Die Nässe zog eine brennende Spur über sein Kinn und versickerte unter dem Kragen. Sekunden später schien genau dort eine glühende Klinge seinen Hals zu ritzen. Gurgelnd riss Reginald Bull den Arm hoch und wischte sich mit der rechten Hand übers Gesicht.
Er spürte eine unerwartete Berührung am Handrücken, gefolgt von grässlichem Schmerz, als hätte er seine Hand in Säure getaucht. Aber er zuckte keineswegs zurück, sondern packte zu. Seine Finger schlossen sich um etwas Raues, Widerspenstiges, das sich zuckend aufbäumte.
Bully dachte nicht daran, loszulassen – nicht einmal, als sich mehrere Tentakel um seinen Unterarm wickelten.
»Da soll gleich dieser oder jener dreinschlagen …«
Er griff nun auch mit der Linken zu. Seine Finger verkrallten sich unter den dünnen Fangarmen.
Das sind Wurzeln!, stellte er fest, als er endlich mühsam in die ihn umgebende Düsternis blinzelte. Ich habe mich mit einer Pflanze angelegt, einer von den hochgezüchteten Exoten, die hier überall …
Das Biest giftete ihn an. Die knallrote Blütenknospe öffnete sich und spie Flüssigkeit aus. Säure. Sie löste den Ärmel des legeren Büroanzugs auf und legte blutiges Fleisch frei.
Bull schlug zu, die Blüte bog sich rückwärts. Die Pflanze hatte die Anmut einer zustoßenden Kobra, aber sie war dem wütenden Terraner nicht gewachsen. Seine Handkante knickte den Stängel und fetzte mehrere Blütenblätter ab. Für wenige Sekunden hing ein grässliches Zischen in der Luft, als der Aktivatorträger unnachgiebig zupackte. Einige Wurzelfäden lösten sich von seinem rechten Arm, andere zerrissen.
Bull schleuderte das Gewächs von sich – und erstarrte, als er seine Umgebung erfasste. Alles hatte sich erschreckend verändert. Wo immer er sich befand …
Nicht wo, sondern wann!, korrigierte er sich.
Er blickte über Terrania hinweg, mittlerweile jedoch aus geringer Höhe. Die Metropole hatte rund hundert Millionen Einwohner gezählt, Menschen und Galaktiker aus vielen Regionen der Milchstraße. Inzwischen …
… war sie dem Verfall preisgegeben.
Eine Geisterstadt.
Bull ignorierte den blutenden Arm. Hastig löste er die letzten hartnäckig haftenden Wurzelfäden. Er tat das nur, um seine aufkommende Unsicherheit zu kaschieren. Weil es ihm unmöglich war, zwischen Albtraum und Realität zu unterscheiden.
»Ich bin wach«, sagte er nach mehreren hastigen Atemzügen zu sich selbst.
Die Luft hatte ein bedrückendes Aroma von Fäulnis und Moder. Dazu Beimengungen, die sich zum Husten reizend auf die Atemwege legten: Blütenpollen, Pilzsporen – vieles kam dafür in Betracht.
»Was ist geschehen? LAOTSE?«
Niemand antwortete ihm.
Dennoch konnte, was er sah, nicht die Realität sein. Nicht meine Realität!, schränkte er sofort ein.
Sein Blick suchte die Hyaden Street, die das Rund des Hanse-Rings leicht abknickend durchstieß. Üppig wuchernde Blutfarne hatten die Straßenschluchten erobert. Bully wusste, dass es zwischen diesen Urweltpflanzen so gut wie kein Durchkommen gab. Sie stammten von einer Welt in Magellan, wurden in einem der botanischen Gärten seit Jahrhunderten von Robotern gepflegt …
… sind dort gepflegt worden, korrigierte er sich.
Wie auch immer. Faszination und Panik sprangen ihn an wie ausgehungerte Raubtiere. Er war diesen Empfindungen hilflos ausgeliefert.
Der eigenartig türkisfarbene Himmel zeigte sich durchsetzt von verlaufendem Purpur. Hinter den schnell treibenden Wolkenschleiern loderte eine zweite Sonne.
»… als wäre einer der inneren Planeten im Atombrand untergegangen.«
Bull fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. Die Solare Residenz steckte offensichtlich im Auffangbecken des Sees. Sie hatte dem Zahn der Zeit und dem Ansturm der entfesselten Natur ebenso wenig standgehalten wie alle anderen Bauten im Umkreis. Von der Glassitfront des Arbeitszimmers zeugten lediglich Fragmente. Pflanzen rankten am zerfressenen Skelett der Stahlorchidee in die Höhe. Nicht einmal mehr die Dauer eines Menschenlebens, dann würde Terrania gänzlich überwuchert sein.
»Was ist denn hier passiert?«
Bull redete mit sich selbst. Der ihn umgebenden Stille haftete etwas Bedrückendes an. Als existierte auf Terra außer den Pflanzen kein Leben mehr.
In den Abendstunden des 17. November 1347 NGZ, während des Angriffs der Terminalen Kolonne auf den Kristallschirm, war offensichtlich etwas Schreckliches geschehen.
Der potenziell Unsterbliche ahnte, dass der systemumspannende Schutzschirm aufgebrochen war. Raum und Zeit hatten sich in der Folge verändert. Jahrtausende mussten vergangen sein.
Immerhin: Die Erde existierte. Wenngleich Terrania als Ruinenstadt im Dschungel versank.
Anzunehmen, dass es nirgendwo auf dem Planeten besser aussah. Bull fröstelte. Er zog die Arme an den Oberkörper und fragte sich, ob überhaupt noch Menschen hier lebten.
Die Wolkendecke riss auf. Gleißend stach das Licht beider Sonnen aus der Höhe herab. So weit das Auge reichte, sah Bully üppiges Grün in allen Schattierungen.
Er stand am Rand des vorkragenden Decks, keine zweihundert Meter über dem Boden. Vergeblich suchte er nach den Anzeichen einer fortbestehenden menschlichen Zivilisation und spürte nur Beklemmung. Die herrschende Stille hatte etwas Endgültiges, Unwiderrufliches.
Das war also Terra – nachdem die Terminale Kolonne das Solsystem überrannt hatte. Vielleicht waren Kabinette aus der Oberfläche herausgeschnitten worden. In dem Fall lebten Menschen wenigstens im Chaotender VULTAPHER weiter.
Ist das ein erstrebenswertes Schicksal?
Bull blieb sich die Antwort darauf schuldig.
Das Leben als solches fragt nicht nach Moral, gestand er sich zögernd ein. Es versucht zu überleben, egal wie und auf welcher Seite.
Er blickte in die Tiefe und spürte die Verlockung, sich einfach fallen zu lassen. Die Negasphäre in Hangay war also entstanden. Davon musste er ausgehen. Wenn Perry Rhodan oder Atlan, Roi Danton oder Alaska Saedelaere zurückgekehrt wären, hätten sie ihn in der zerfallenden Solaren Residenz gefunden. Der Regierungssitz wäre zwangsläufig ihre erste Anlaufstelle gewesen.
Aber es hat kein solches Zusammentreffen gegeben … Unser Traum von den Sternen ist verweht. Die Sehnsucht nach dem friedlichen Zusammenleben aller Intelligenzen: gescheitert an der ewigen Auseinandersetzung der Hohen Mächte …
Ein einziger Schritt nach vorne … Dann wenige Sekunden im freien Fall, sich ein letztes Mal vermeintlich schwerelos wähnen …
Wir sind doch nur Ameisen – und ebenso hilflos dem Tritt jedes achtlosen Wanderers ausgeliefert. Wir hätten fliehen müssen, als noch die Zeit dafür war …
Bull zögerte.
Stardust kam ihm in den Sinn, wenigstens das ein flüchtiger Hoffnungsschimmer. Achthundertundvier Millionen Terraner und Galaktiker aus dem Solsystem waren dem Ruf der Superintelligenz ES gefolgt. Ihre neue Heimat lag weit entfernt von der Milchstraße. Er hatte die Stardust-Welten gesehen: Sie waren ein Garten Eden.
Wie schnell das Paradies zur Hölle werden kann, haben wir allerdings erlebt. Bull würgte den ketzerischen Gedanken ab. An den Krieg gegen TRAITOR wollte er nicht erinnert werden.
Routinemäßig winkelte er den linken Arm an. Doch kein Hologramm entstand über seinem Handrücken. Nirgendwo auf der Erde existierten Sender, deren Nachrichten er hätte empfangen können.
Ohne darüber nachzudenken, löste er das Kombiarmband. Für einen Moment wog er es in der Hand – dann schleuderte er es mit Schwung von sich. Sekundenlang sah er das funkelnde Metall dem Dschungel entgegenstürzen und dachte dabei an seine Frau. Was hätte er dafür gegeben, Fran jetzt neben sich zu haben.
Nässe quoll aus seinen Augenwinkeln und rann langsam über die Wangen. Nein, das waren keine Tränen. Reginald Bull wischte sich mit dem linken Handrücken über das Gesicht und murmelte eine Verwünschung. Erst allmählich spürte er den Schock. Die Erkenntnis, allein in der Zukunft gestrandet zu sein, ließ ihn beben.
»Nein!« Sein Aufschrei hallte über den Dschungel hinweg. In der Tiefe stob ein Vogelschwarm auf, aber die erschreckt flatternden Tiere tauchten schnell wieder in das dichte Blätterdach ein.
Tief atmete Bull ein. Ein Schwindelgefühl packte ihn. Eigentlich war es so einfach, sich fallen zu lassen …
Trotzdem konnte er es nicht. Weil er sich längst entschieden hatte, den Kampf weiterzuführen. Wenn schon nicht für die Menschheit, dann für andere Intelligenzen. Es würde immer Völker geben, die Unterstützung brauchten. Stets hatte er gekämpft, warum sollte das ausgerechnet jetzt anders sein?
Reginald Bull machte einen Schritt rückwärts, weg von dem lockenden Abgrund. Dann erst wandte er sich zögernd um …
… und erstarrte.
Entsetzt starrte er der dampfenden Gestalt entgegen, die sich soeben manifestierte. Er wusste ganz genau, wen er vor sich hatte.
Warum um alles in der Welt trage ich keine Waffe?
Angesichts dieses Gegners war das der lächerlichste Gedanke, den Bully je gedacht hatte.
*
Alles in ihm schrie danach, sich herumzuwerfen und zu fliehen. Er konnte es nicht.
Ein lähmender Einfluss lag über seinem Geist, und dieser Zwang ging von seinem Gegenüber aus, der eine unheimliche Metamorphose durchlief. Eben noch Reptil, im nächsten Moment Mensch, dann beides zugleich: eine Kreatur im Wandel steter Genese. Eine Ausgeburt des Chaos. Oder doch nur eine Intelligenz auf der Suche nach Perfektion?
Bull stockte der Atem. Der fremde Blick wühlte sich tief in sein Innerstes, schnitt durch sein Fleisch und seine Seele wie ein Skalpell in der Hand eines Psychopathen.
Ein tiefes Gurgeln rang sich Bulls Kehle empor. Er sträubte sich gegen den unheimlichen Einfluss, der von ihm Besitz ergriff.
»Xrayn!« Keuchend und kaum verständlich brachte er den Namen über die Lippen.
Ein Echsenschädel streckte sich ihm entgegen. Sekundenlang glaubte Bully, Feuer und Rauch aus den Nüstern hervorquellen zu sehen. Aber das war Einbildung, entsprang seiner menschlichen Urangst. Real hingegen die Aura der Macht – sie drohte ihn zu ersticken.
Diese Kreatur war Xrayn. Der Chaotarch. Oberherr der Terminalen Kolonne TRAITOR.
Bull sank auf die Knie. Wieder schrien seine Gedanken nach einer Waffe. Nach irgendetwas, mit dem er der dampfenden Schimäre entgegentreten konnte. Wenigstens das Gefühl wollte er haben, nicht völlig wehrlos zu sein.
Die Verwandlung des Chaotarchen kam allmählich zum Stillstand.
»Was willst … du noch …?« Keuchend brachte Bully die Frage hervor.
Ein exotisches Echsenwesen dominierte die erschreckende Gestalt. Nur mehr wenige humanoide Fragmente hingen von der Schuppenhaut herab. Das Monstrum schüttelte sich so heftig, als müsse es den Ballast seiner Entwicklung vollends loswerden.
Kehlige Laute schlugen Bull entgegen. Er fragte sich, weshalb Xrayn die verwüstete Erde heimsuchte.