Haftungsausschluss:
Die im Buch enthaltenen Übungen wurden von den Verfasserinnen und vom Verlag sorgfältig erarbeitet und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Weder die Autorinnen noch der Verlag übernehmen die Haftung für Schäden irgendeiner Art.
© Theseus in J. Kamphausen Mediengruppe GmbH, Bielefeld 2014
Lektorat: Susanne Klein, Hamburg, www.kleinebrise.net
Satz: Ingeburg Zoschke, Berlin
Umschlaggestaltung: Morian & Bayer-Eynck, Coesfeld, www.mbedesign.de
Umschlagabbildung: © Hluboki/shutterstock
Druck & Verarbeitung: fgb – freiburger graphische betriebe
www.weltinnenraum.de
1. Auflage 2014
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
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ISBN Printausgabe: 978-3-89901-715-1
ISBN E-Book: 978-3-89901-880-6
Dieses Buch wurde auf 100 % Altpapier gedruckt und ist alterungsbeständig. Weitere Informationen hierzu finden Sie unter www.weltinnenraum.de
Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten.
Für alle Frauen und Männer,
die sich für eine
Kultur des Friedens engagieren
Wir danken allen Frauen und Männern – Partnern, Freundinnen und Freunden, Schülern und Schülerinnen –, die mit uns mit Herz und Hand auf dem Weg zu einer friedvolleren und gerechteren globalen Gemeinschaft sind.
Wir danken insbesondere dem Verleger Joachim Kamphausen für seine Bereitschaft, dieses Buch – ein Zeugnis der Kooperation von vier spirituellen Lehrerinnen – in sein Verlagsprogramm aufzunehmen. Dank auch an Susanne Klein, die als Lektorin die Entstehung des Buches sorgfältig und liebevoll begleitet hat. Ein Dank gehört auch Margret Mellert für ihr exaktes Korrekturlesen.
Einführung – die Zeit ist reif für eine neue Zivilisation
von Anna Gamma
Erde und Menschheit an einem Wendepunkt
Von der Kriegskultur zur Friedenskultur
Von der Konkurrenz zur Kooperation und Ko-Kreation
Sinn für Erde, Menschheit und All
Bewusstseinswandel – ein kosmisches Ereignis
von Annette Kaiser
Neuorientierung
Die ersten Schritte der Wandlung
Multidimensionales Wesen
Wandel – wie vollzieht er sich?
Die Vision der Einen Welt
Das Globale Kooperative Forum – mein Herzensanliegen
Die Grundlagen des Globalen Kooperativen Forums
Die Wirklichkeit
Das Licht aller Lichter
Terra Nova – Gemeinschaft und Wahrheit unter Menschen als Quellen der globalen Heilung
von Sabine Lichtenfels
Ist die Erde noch zu retten?
Aussteigen aus dem System der Gewalt
Systemwechsel – Aufbruch zu neuer Menschlichkeit
Das Wunder des »Ich bin«
Das Wunder der Gemeinschaft
Machtwechsel
Systemwechsel im Umgang mit Wasser
Das Liebesgeheimnis – Systemwechsel in der Liebe
Gemeinschaft mit allen Wesen
Möglicher Übergang in eine neue Zukunft
Welche Ereignisse werden dorthin führen?
Pilgern – für eine Zukunft ohne Krieg
Die Kraft der Veränderung
Zum Abschluss: Heilend wirken auf das Ganze
Seid Priesterinnen und Priester der kosmischen Wandlung
von Pia Gyger
Mit dem Herzen hören
Gemeinsam unterwegs zu einem planetaren Bewusstsein
Die Erde ruft
Jerusalem, Stadt der Städte
Jerusalem, Stadt des Friedens
Wissenschaft und Mystik begegnen sich
Priesterin und Priester der kosmischen Wandlung
Das heilige Feuer der Sexualität
Das Erwachen des Herzens
Anhang I – die Weisheit in den Herzkammern
Anhang II – Synchronisation des menschlichen Herzens mit dem planetaren Herzen
Priesterin des Alltags
von Anna Gamma
Eine Berufung reift
Ein Blick zurück
»Ihr seid ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft …«
Wandlung ist Segen
Ein heiter-ernstes Spiel
Schöpfungsspiritualität
Von Ibayo zum Lassalle-Institut
Lichtheilung – ein Weg zum Frieden
»Lasst euch als lebendige Steine zum geistlichen Haus aufbauen …«
Ortlose sakrale Räume
Die Zeit ist reif …
Anhang – Lichtkreuzmeditation
Literaturhinweise
Erde und Menschheit an einem
Wendepunkt
Es ist ein Faktum: Die Globalisierung ist allgegenwärtig. Der technologische Fortschritt hat der Menschheit in den letzten Jahrzehnten Möglichkeiten beschert, die atemberaubend sind. Über Kontinente und Meere hinweg können Menschen in »Jetztzeit« miteinander kommunizieren, sogar von Angesicht zu Angesicht. Die Informationskanäle des World Wide Web umhüllen die Erde wie ein einzigartiges Nervensystem, ein globales Gehirn. Eine Folge davon ist die sich immer weiter verbreitende 24/7-Gesellschaft, das heißt, dass immer mehr Menschen an allen 7 Tagen der Woche 24 Stunden erreichbar bzw. verfügbar sind. Sie nehmen ihr Smartphone auch mit ins Schlafzimmer. Manche wollen, andere müssen mit der Welt zu jeder Tages- und Nachtzeit verbunden sein.
Doch diese Entwicklung hat empfindliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Während Maschinen nie ermüden, weder Pausen noch Schlaf benötigen, brauchen Menschen nach der Aktivität eine Phase der Ruhe und Erholung. Leben sie über längere Zeit nicht im Einklang mit den natürlichen Rhythmen, können Hörsturz, Burn-out oder Herzkrankheiten auftreten. Traurig genug, dass diese Krankheitssymptome je länger, umso öfter auch jüngere Menschen bereits in den ersten Berufsjahren treffen. Und noch eine fatale Folge zeigt sich in jüngster Zeit. Trotz der großartigen technologischen Möglichkeiten, sich mit anderen zu verbinden, vereinsamen immer mehr Menschen. Die Freunde, die wir auf Facebook oder Twitter »treffen«, sind eben kein Ersatz für die konkrete menschliche Begegnung und Berührung.
Zudem wächst die Angst vor unkontrollierbaren globalen Prozessen, ausgelöst durch die Überrüstung, den Raubbau an den Ressourcen, die fortschreitende Verknappung des Trinkwassers, die wachsende Migration, die Häufung von Umweltkatastrophen, die Krisen des Finanzsystems … Die Liste scheint mit jedem Tag länger zu werden. Mit Blick auf diese Entwicklungen wird nicht nur in der Politik von einem notwendigen Gestaltwandel mit globalem Ausmaß gesprochen. Immer mehr Menschen erkennen, dass auf die Dauer die Flucht in die heile Welt eines Schrebergartens – der manchmal durchaus ein ganzes Land umfassen kann – keine Lösung ist. Was wir heute brauchen, ist eine globale Weltordnung, in der alle Akteure, ja die gesamte Gesellschaft, die länderübergreifenden Aufgaben im Bewusstsein der Zusammengehörigkeit gemeinsam angehen und regeln.
In den letzten Jahrzehnten haben namhafte Persönlichkeiten für dieses Projekt Grundlagenforschung betrieben, allen voran der Tübinger Theologe und Autor Hans Küng. Mit den Prinzipien eines Weltethos1, in dem Gerechtigkeit, Gewaltlosigkeit, Wahrhaftigkeit und Partnerschaft von Mann und Frau im Zentrum stehen, werden für jeden einzelnen Menschen Möglichkeiten aufgezeigt, in diesem globalen Projekt mitzuwirken. Niemand ist dafür zu klein, zu wenig intelligent, zu arm oder zu ohnmächtig. Immer dann, wenn wir uns für mehr Fairness, Solidarität, Authentizität und Ebenbürtigkeit in einer Beziehung einsetzen, treten wir aus der Ohnmacht heraus und arbeiten mit am Feld einer neuen globalen Zivilisation. Noch ist der Ausgang des Experiments ungewiss, und auch dieses Buch kann keine fertigen Antworten liefern. Wenn ich dazu nach meiner Meinung gefragt werde, halte ich mich gerne an die Martin Luther zugeschriebene Aussage: »Wenn ich wüsste, dass die Welt morgen untergeht, würde ich dennoch heute einen Apfelbaum pflanzen.«
Um dieser Bewegung Kraft zu geben, haben wir – Sabine Lichtenfels, Annette Kaiser, Pia Gyger und ich – uns gefunden und verbunden. Seit einigen Jahren treffen wir uns in regelmäßigen Abständen, tauschen uns aus und forschen gemeinsam, beseelt von der Liebe zur Menschheit und von der Sorge um unseren Planeten Erde.
Annette Kaiser beschreibt in ihrem Beitrag, wie der Gestaltwandel, in dem wir uns befinden, die Identität des einzelnen Menschen grundlegend verändern wird. Nicht länger wird er sich über äußere Merkmale, familiären Hintergrund, Bildung oder Geschlecht definieren. Sein Wesen wird heißen: »Ich bin.« Sein Verhalten wird Ausdruck der Liebe sein, von Kooperation und Toleranz bestimmt. Dadurch werden die Menschen zu einem lebendigen Organismus, einem Wir zusammenwachsen und sich einfügen in das kosmische System, gleichsam auf einer neuen Bewusstseinsfrequenz.
Sabine Lichtenfels berichtet exemplarisch über einen kollektiven, ko-kreativen Prozess, der sich in der Bildung der Arbeitsund Lebensgemeinschaft Tamera im Südwesten Portugals bereits über Jahrzehnte vollzieht. In diesem Heilungsbiotop, das sie mitbegründet hat, einem Raum des Vertrauens und der Liebe, wird das kollektive Trauma von Angst und Gewalt überwunden. Nicht mehr das Abenteuer des Krieges, sondern das Abenteuer der Liebe steht im Mittelpunkt dieser Gemeinschaft. Der von patriarchalen Fesseln befreite Eros wird als Quelle des Lebens und der Liebe gefeiert. So kann Kooperation mit allem Leben wachsen und zum wesentlichen Impuls für die Heilung der Erde werden.
Pia Gyger geht in ihrem Beitrag auf die Entfaltung neuer menschlicher Sinne ein. Sie selbst hatte das Glück, in Niklaus Brantschen einen Partner gefunden zu haben, der mit ihr den Weg einer vielseitig fruchtbaren Partnerschaft geht. Sie hat die Gabe der Inspiration, die sie auffordert, visionäre Impulse in Projekte umzusetzen, deren Dimension die Kräfte einer Einzelperson weit übersteigen. Nur in Zusammenarbeit mit anderen sind sie realisierbar. Bei der Verwirklichung der wichtigsten Projekte stand ihr Niklaus ebenbürtig und partnerschaftlich zur Seite. Das wohl größte und umfassendste Projekt, »Jerusalem, offene Stadt zum Erlernen des Friedens in der Welt«, ist die Krönung ihrer Partnerschaft.
Ich, Anna Gamma, zeige in meinem Text auf, wie wir als Einzelne ein Potenzial, das im Kollektiv der menschlichen Seele ruht – das des Archetypus des Priesters, der Priesterin –, annehmen und integrieren und so zu einer die Not wendenden Bewusstseinserweiterung finden können. Die Priesterin des Alltags ist berufen, ihre im Urgrund allen Lebens verankerte Seinsmacht in den Dienst der globalen Zeitenwende zu stellen. Die Priesterin wandelt im Namen der göttlichen Kraft zerstörerische Kräfte. Sie versöhnt, was getrennt ist, und heilt, was verwundet ist. Segnend eint sie Himmel und Erde.
Unsere Freundschaft, den Prozess der Themenfindung und das Schreiben der Artikel für dieses Buch verstehen wir zudem als unseren Beitrag zur Transformation eines alten, tief in uns verwurzelten Konkurrenzdenkens, eines Verhaltensmusters, dem wir überall begegnen, und das leider auch zwischen spirituellen Lehrerinnen und Lehrern verbreitet ist. Wir legen damit Zeugnis ab für eine Transformation, in der wir auf dem Weg zu einer geeinten Menschheit stehen. Wir dokumentieren das Erwachen aus der Illusion des Getrenntseins, ein Erwachen, das uns immer besser dazu befähigt, entsprechend der Grundmatrix des Universums das eigene Leben zu gestalten. Als Teil des großen vibrierenden Netzes, das Leben heißt, sind wir abhängig und angewiesen auf Mitmenschen und Mitwelt. Wo dieses neue Bewusstsein lebendig wird, kann es keine destruktive Konkurrenz und keinen Krieg mehr geben. Die globale Kriegskultur wird in der Konsequenz von einer Friedenskultur abgelöst.
Auch die Frauen, nicht nur die Männer, die hauptsächlich in der Kriegsmaschinerie Dienst tun, sind hier gefordert. Die Konkurrenz unter Frauen ist meist latent und unbewusst. Sie entlädt sich von Zeit zu Zeit im ebenso bekannten wie beschämenden »Zickenkrieg«. Mögliche Gründe für dieses Verhalten finden sich in der Geschichte der Evolution. In den Anfängen der Menschheit war der Kampf ums Überleben der eigenen Familie und Sippe eine der zentralen Aufgaben. Körperlich tüchtige Menschen hatten die besseren Chancen. So klingt denn auch die These, dass Frauen um den besten Samen des kraftvollsten Mannes wetteiferten, ziemlich einleuchtend. In einem Workshop zum Thema »Von der Kriegskultur zur Friedenskultur« befragte Pia Gyger einmal Frauen, was aus ihrer Sicht der Beitrag der Frauen zum Krieg sei. Sie wurden gebeten, ihre Erkenntnisse nicht zu zensieren, sondern vielmehr in großer Freiheit einer Schattenseite des kollektiven Frauenkörpers eine Stimme zu geben. Was sich dann zeigte, war ebenso erschütternd wie befreiend.
Hier ein paar Zitate:
Wir sind Komplizinnen der Machtgier der Männer durch Schweigen, Feigheit und Passivität.
Wir haben unsere Macht delegiert und uns in der Opferrolle versteckt, um nicht zur Verantwortung gezogen zu werden. Gleichzeitig haben wir den Männern die Schuld zugeschoben und das Töten an sie delegiert.
Wir haben im Kollektiv geschwiegen, wenn unsere Mütter als Hexen verbrannt und unsere Schwestern und Töchter vergewaltigt wurden.
Wir haben das Zuschauen beim manchmal tödlich endenden Kampf der Männer als Teil des sexuellen Vorspiels benutzt. Der Stärkste sollte Vater meiner Kinder werden. Damit war das Überleben meines Stammes, meiner Familie, meines Blutes gesichert.
Wir instrumentalisierten den Mann, um die schönere, fremde Frau zu töten.
Wir haben unsere Söhne und Männer in den Krieg ziehen lassen und es genossen, während ihrer Abwesenheit zu Hause das Zepter zu führen.
Wir haben es zugelassen, dass Männer für sich und uns ganze Kolonialreiche eroberten und unterwarfen und (auch für uns) die Natur grenzenlos ausbeuteten.
Wir haben schweigend zugesehen, wie Männer immer mörderischere Waffenarsenale entwickelten, die inzwischen den ganzen Planeten bedrohen.
Der destruktive Konkurrenzkampf herrscht nicht nur unter Frauen, er bestimmt viele Lebensbereiche, bedauerlicherweise auch jene der Religion und Spiritualität. In meinem Zen-Training bin ich ernüchtert mehreren alten Geschichten begegnet, die den Kampf zwischen zwei Zen-Meistern dokumentieren. Diese stritten sich darum, wer von ihnen die tiefere Zen-Erleuchtungserfahrung habe.2 Irgendwie aus der Menge herausragen zu wollen – schöner, besser, größer oder auch reicher als andere zu sein –, scheint ein wichtiger Impuls des Menschen zu sein. Dahinter verbirgt sich jedoch ein anderes, wesentlicheres Bedürfnis, nämlich die Sehnsucht, jenseits von Leistung, Rang und Status erkannt und geliebt zu werden.
Niklaus Brantschen, Pia Gyger und ich haben im interreligiösen Erfahrungsdialog zwischen Buddhisten und Christen ein Arbeitsinstrument entwickelt, das hilft, aus dem Konkurrenzverhalten auszusteigen und eine Kultur der Kooperation zu etablieren. Wir haben die Leitlinien in verschiedenen Konferenzen erprobt. Überaus hilfreich waren sie auch in Peace Camps, zu denen wir im Laufe von mehr als 20 Jahren junge Menschen aus den Krisenregionen der Welt jeweils für eine Woche in die Schweiz eingeladen hatten. Um dieses Feld der Kooperation zu aktivieren, braucht es immer wieder neu die Bereitschaft,
offen und achtsam zuzuhören,
voneinander zu lernen,
die Ergänzungsmöglichkeiten in den Unterschieden und Widersprüchen wahrzunehmen.
In diesem Prozess stehen wir vier Frauen seit Jahren. Wir sind sehr verschieden im Temperament, in der Lebensweise, in unserem spirituellen Unterwegssein und ergänzen uns gerade deshalb so gut. In den Begegnungen wurde deutlich, dass auf die Kooperation eine weitere Stufe der Zusammenarbeit folgt, die der Ko-Kreation. Diese ist erst zu erreichen, wenn die destruktive Form der Konkurrenz transformiert und überwunden ist. Neben den oben beschriebenen Voraussetzungen für Kooperation sind folgende darauf aufbauende persönliche Haltungen erforderlich:
1.Bereitschaft, gleichzeitig nach innen und nach außen zu hören: Allzu oft finden Gespräche auf der Ebene eines einfachen Informationsaustausches statt. Jeder Dialog trägt in sich jedoch die Möglichkeit einer tieferen Begegnung mit sich selbst und mit dem Gegenüber. Sie ereignet sich im Raum der Resonanz und Schwingung, in dem neben den Denkprozessen auch Körpersignale, Assoziationen und Gefühle gleichwertig wahrgenommen werden.
2.Bereitschaft, sich auf die Herzenergie einzuschwingen, d. h., sich mit dem Herz aller Herzen und mit den Herzen der Menschen in der Gruppe zu verbinden: Das Herz ist das alles verbindende und ordnende Organ im menschlichen Körper und im Kontakt mit anderen Menschen auf Verbindung und Beziehung geeicht. Kardiologen wie Paul Pearsall gehen in ihrem Ansatz noch weiter und beschreiben das Herzenergiefeld als das alles verbindende energetische Informationsfeld im Universum.3 Im Klartext heißt dies: Gelingt es, sich auf dieses Energiefeld einzulassen, erhalten wir Informationen, die weitreichende Konsequenzen haben können.
3.Bereitschaft, Impulse aus der eigenen Mitte ohne Zensur aufsteigen zu lassen, festzuhalten und ins Gespräch einzubringen: Die Schlüssel zur kosmischen Bibliothek in uns heißen Intuition und Inspiration. Sie werden dann aktiviert, wenn die Betawellen in unserem Gehirn durch meditative Übungen ergänzt werden von den Alphawellen.4 So kommt das Tagesbewusstsein, der stetig plappernde Affengeist, zur Ruhe. Wird der rational denkende Geist ruhiggestellt, dann darf sich in einer Gruppe ein ordnendes, sich selbst organisierendes Lebensprinzip zeigen.
Neben der persönlichen Einstellung braucht es auch Strukturelemente für den Umgang im Arbeitsteam. Folgende Prinzipien haben sich als hilfreich erwiesen.
1.Bereitschaft, miteinander zu schweigen und sich für den Raum des Schweigens und der Stille immer wieder zu öffnen: Die gemeinsame Praxis der Stille beruhigt den geschwätzigen Alltagsgeist, öffnet uns für tiefere Schichten des Menschseins. Die kollektive Weisheit wird dann in einer Gruppe aufleuchten, wenn ein Achtsamkeitsfeld, ein hellwacher Energieraum entsteht, der durch die Präsenz, das bewusste Gegenwärtigsein der Teilnehmenden, aufgebaut wird.
2.Bereitschaft, Unterschiede zuzulassen und das Ergänzungspotenzial in den Unterschieden zu finden: Was dem logisch rationalen Verstand fremd ist, empfängt der Geist der Einheit als willkommenen Reichtum. Je größer die Unterschiede, desto reicher sind auch die Möglichkeiten gegenseitiger Ergänzung.
3.Bereitschaft, ziellos-zielorientiert zusammenzuarbeiten und der Zukunft in der Gegenwart Raum zu schaffen: Wer schon weiß, wohin es führen wird, schafft nichts Neues. So geht es darum, sich je neu vom Ziel ziehen zu lassen und dieses nicht im Voraus zu bestimmen. Im wachen, ko-kreativen Achtsamkeitsfeld zeigen sich verschiedene Zukunftsmöglichkeiten. Die Zukunft ereignet sich im »Jetzt«. Wir alle sind Mitschöpferinnen der Zukunft! Sie tritt durch unsere Entscheidung aus dem Raum der Möglichkeiten. Das Neue fordert heraus, Altes und Vertrautes loszulassen und sich für das Unbekannte zu öffnen. Ohne die Bereitschaft, sich selbst diesem Transformationsprozess zu überlassen, kann Neues nicht inkarniert, nicht Wirklichkeit werden.5
4.Bereitschaft, gemeinsam Strategien der Umsetzung zu erarbeiten und entsprechende Schritte einzuleiten: Visionen und Ziele brauchen Pläne für die konkrete Umsetzung und Implementierung. Sonst bleibt die Vision luftig, bestenfalls interessant, führt jedoch nicht zu wirklichen Veränderungen.
Auf die Frage, welchen persönlichen Beitrag Frauen zum Frieden auf unserem Planeten leisten können, gaben die Frauen, die sich kurz zuvor mit großer Ehrlichkeit ihren Schattenseiten geöffnet hatten, folgende Antworten:
Ich übernehme die volle Verantwortung für meine eigene Seinsmacht.
Ich kommuniziere offen das Wesen der weiblichen Sexualität und fordere deren Achtung ein.
Ich stehe mit dem Herzen für mein inneres Wissen ein und vertraue meiner inneren Führung.
Ich gehe neue Wege mit meinem Partner, meinem Chef, meinen Kollegen.
Ich vermittle meinen Söhnen, was Freude bedeutet und wie wir alle dazu beitragen können.
Ich ehre und würdige Frauen in ihrem Potenzial und ihrem Können.
Ich bin bereit, Männer in ihrer inneren Schönheit zu berühren.
Ich mache lautstark, aber liebevoll auf die Nöte des Planeten aufmerksam.
Solche Antworten wecken Hoffnung. Sie sind Wegbereiter für eine neue Kultur des Miteinanders von Mann und Frau.
Heute, da das Boot Erde voll ist, geht es weniger um die Erhaltung der Spezies Mensch durch Reproduktion als vielmehr um die Bewahrung des ganzen Ökosystems. Das Kind, das wir gemeinsam zu hüten und zu pflegen haben, ist die Erde selbst. Wenn die von der Arterhaltung befreite Sexualität, das Leben spendende, machtvolle Feuer in uns, nicht unterdrückt oder missbraucht wird, so wird diese Kraft nach Teilhard de Chardin zum Motor der Entwicklung neuer Sinne6 – eines Sinnes für die Menschheit, die Erde und das Universum.
Alle vier Frauen sind beseelt vom globalen Kulturwandel, der auch die gesellschaftlichen Prozesse und den Strukturwandel im Blick hat. Wir bezeugen mit unserem Leben und Wirken, dass wir uns mitten im Aufbau einer neuen Zivilisation befinden. Wir sind gewiss, damit nicht allein zu sein. Diese Wandlung ist in die Hände aller Menschen gelegt. Niemand kann sich dieser Verantwortung entziehen. Lassen Sie sich, liebe Leserin und lieber Leser, von den Zeugnissen der vier Frauen inspirieren und motivieren, Ihre je eigene Aufgabe in diesem globalen Projekt zu finden und zu realisieren. Nicht nur wir Frauen, die Erde und die Menschheit danken Ihnen dafür!
Anna Gamma – auch im Namen von
Pia Gyger, Annette Kaiser und Sabine Lichtenfels
1Hans Küng: Weltethos für Weltpolitik und Weltwirtschaft
2Yamada Kôun Roshi: Die torlose Schranke – Mumonkan, S. 79f.
3Vgl. dazu Paul Pearsall: Heilung aus dem Herzen
4Anna Wise: Awakening the Mind – A Guide to Mastering the Power of Your Brain Waves, S. 24ff.
5Vgl. Claus Otto Scharmer: Theorie U. Von der Zukunft her führen. Presencing als soziale Technik
9Teilhard de Chardin: Die Menschliche Energie
Annette Kaiser ist Ökonomin und
spirituelle Lehrerin in einem universellen,
transkonfessionellen Verständnis sowie
spirituelle Leiterin der Villa Unspunnen (Schweiz)
und der Windschnur (Deutschland).
Sie hat den Übungsweg DO entwickelt,
eine eigene Taiji-Schule gegründet und ist
Autorin mehrerer Bücher.
Mit gesundem Menschenverstand betrachtet wissen wir alle, dass die Entwicklung auf der Erde sowohl in lokalen als auch in globalen Zusammenhängen eine grundlegende Neuorientierung braucht. Die expansive Entwicklungsstrategie der letzten 150 Jahre geht zu Ende. Heute benötigen wir eine vertikale Entwicklung, das heißt einen grundlegenden Bewusstseinswandel. Einerseits würdigen wir dabei, was uns von vielen einzelnen Menschen, Bevölkerungsgruppen und Kulturen aus Nord, Süd, Ost und West über all die Jahrhunderte hindurch an Wissen, Weisheit, Erfindungen und Entwicklungen überbracht wurde. Sie alle haben auf bestimmte Weise zum Wohle des heutigen Ganzen beigetragen. Andererseits ist eine radikale Neuorientierung vonnöten: Von etwas mehr als sieben Milliarden Menschen leben drei Milliarden Menschen in Armut, zwei Milliarden davon sogar in extremer Armut. Das ist einfach viel zu viel. Jedes Herz schreit dabei auf, und dies ist nur ein Indikator unter vielen, die uns darauf hinweisen, dass etwas auf dieser Erde grundlegend nicht mehr in Ordnung ist.
Gleichzeitig ist es historisch betrachtet das erste Mal, dass uns Menschen ein Gesamtüberblick über die Erde möglich ist: Wir können die Erde in ihrer Totalität erstmals erkennen und haben Zugang zu Informationen aus der ganzen Welt. Wir realisieren dadurch vor allem, welche Spuren die Menschheit durch ihre heutige Lebensweise auf der Erde hinterlässt. Wir realisieren auch mit Blick auf das Ganze, dass es an uns Menschen liegt, jetzt eine tiefgründige Neuorientierung hervorzubringen. Es geht dabei um die Grundlage einer neuen Zivilisation. Die Basis dafür ist, vereinfacht gesagt, ein Bewusstseinssprung von »Ich bin Hanna« / »Ich bin Karl« – und damit unverbunden – dies und das, zu »Ich bin«, das heißt unbegrenzt fühlende Präsenz von Moment zu Moment – die Eine untrennbare Wirklichkeit, die sich selbst offenbart. Das ist ein gewaltiger Bewusstseinswandel. Er vermag die drei grundlegenden Mythen7 der Trennung zu transformieren:
Der erste Trennungsmythos besteht in der Vorstellung, dass der lebende und erlebende Mensch letztlich ein unabhängiges und definierbares Bewusstsein ist. Wir glauben, eine separate, von allen anderen und allem anderen getrennte selbstständige Entität zu sein. Das ist eine von Menschen kreierte Idee. Das Ego-Ich ist die einzig aktive Quelle allen Verschiedenseins, und das heißt auch, die Quelle der Trennung. Es projiziert ständig aktiv aus sich heraus die Vorstellung des Getrennt- und Verschiedenseins in die Welt. Die Welt an sich ist jedoch ein nahtloses Ganzes, das von Natur aus von dem Muster der immer schon bestehenden Einheit gekennzeichnet ist.8
Durch den ersten Mythos des Getrenntseins entsteht sogleich der zweite Mythos der Trennung: Wenn ich hier getrennt von allem anderen bin, so ist alles andere getrennt von mir. Selbst und Nicht-Selbst sind somit getrennt. Wo aber Trennung ist, wo das andere ist, da ist auch die Angst, heißt es in den Upanishaden9, und dementsprechend denken, sprechen und handeln wir Menschen.
Der dritte Mythos geht davon aus, dass Selbst und Nicht-Selbst von dem Großen Anderen, manchmal auch als das Göttliche bezeichnet, getrennt sind. Auch dies ist eine von Menschen gemachte, falsche Vorstellung: Alle sind schon immer eins – vor jeglicher Verschiedenheit. Es gibt keine Trennung.
Dieser anstehende Bewusstseinswandel, durch den wir Menschen die untrennbare Einheit allen Seins und Werdens vor jeglicher Verschiedenheit erkennen können, hängt mit den Zyklen der Erde zusammen. Sie selbst macht eine Zeit des großen Wandels durch.