Marta Donato
Veroneser Finale
Commissario Fontanaros erster Fall
Kriminalroman
Rowohlt E-Book
Marta Donato ist Kunsthistorikerin und arbeitet seit vielen Jahren für ein Münchner Medienunternehmen. Ihren Urlaub verbringt sie fast ausschließlich in Italien. Verschiedenste Regionen und wunderbare Städte, ob im Norden oder im Süden des Landes, hat sie inzwischen kennen- und lieben gelernt. Als Hobbyköchin holt sie Bella Italia mit Pasta, Vino e Dolce für die Familie und Freunde zu sich nach Hause.
Azurblauer Himmel, die Sonne strahlt. Doch Commissario Antonio Fontanaro hat schlechte Laune. Seit Tagen hängt der Haussegen schief, die Vorwürfe seiner Frau Marissa, er habe nur die Ermittlungen im Kopf, setzen ihm zu. Und Änderung ist nicht in Sicht, denn am Morgen ist Dottor Fabrizio Talenti, Klinikchef und Mitglied der feinen Veroneser Gesellschaft, tot aufgefunden worden.
Bei der einen Leiche wird es an diesem Tag nicht bleiben. Vierhundert Kilometer weiter nördlich, im beschaulichen Chiemgau, ermittelt Georg Breitwieser in einem Mordfall, der ihn nach Verona führt – in die Welt der Reichen und Schönen. Doch hinter den prächtigen Fassaden an der Piazza Brà ist nicht alles Gold, was glänzt. An Motiven für die Mordfälle fehlt es den beiden Kommissaren bald nicht mehr ...
Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, August 2014
Copyright © 2014 by Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages
Redaktion Tobias Schumacher-Hernández
Umschlaggestaltung any.way, Barbara Hanke/Cordula Schmidt
(Abbildung: plainpicture/Konstanze)
Schrift DejaVu Copyright © 2003 by Bitstream, Inc. All Rights Reserved.
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ISBN Printausgabe 978-3-499-24186-4 (1. Auflage 2014)
ISBN E-Book 978-3-644-50961-0
www.rowohlt.de
ISBN 978-3-644-50961-0
«Nessun maggior dolore
che ricordarsi del tempo felice
ne la miseria.»
«Kein größerer Schmerz,
als sich zu erinnern an glückliche Zeit
im Unglück.»
Aus: Die Göttliche Komödie,
Inferno V, 121–123,
von Dante Alighieri (1265–1321)
Er hatte Glück. Die Straßen von Verona waren an diesem Montagmorgen um kurz vor fünf menschenleer. Nur wenige Autos kamen ihm entgegen. Sein Puls war leicht beschleunigt. Er zwang sich jedoch, in gemäßigtem Tempo an der Questura vorbeizufahren, und wünschte den Carabinieri einen besonders guten Schlaf, denn sehr bald schon würden sie reichlich Arbeit bekommen.
Seine zweite Tat innerhalb weniger Stunden war die wichtigste. Es durfte ihm kein Fehler unterlaufen. Sein dritter Streich allerdings bereitete ihm noch Sorgen. Er barg das größte Risiko, entdeckt zu werden. Doch Perfektion war seine Stärke. Immer konzentriert eine Sache nach der anderen erledigen, sagte er sich, dann konnte kaum etwas schiefgehen. Zugegeben, bei Cuméo hatte er auch ein wenig Glück gehabt. Übergewichtig und angetrunken, wie dieser gewesen war, hatten die Tropfen rasch und hoffentlich endgültig gewirkt. Er hatte keine Zeit mehr gehabt, das Ergebnis zu überprüfen. Vermutlich hatten sie ihn inzwischen gefunden.
Er fuhr den Lungadige in nördliche Richtung. Sein Ziel lag in der Via Marsala, einer schnurgeraden Straße, die mitten hinein in die Hügel am Rande der Stadt führte. Das Viertel dort oben, eingebettet in das satte Grün der Olivenbäume, Palmen, Zypressen und Weinstöcke, gehörte zu den schönsten Veronas. Die sehr herrschaftlichen Häuser waren umgeben von riesigen Gärten, die, perfekt angelegt, rund ums Jahr zeigten, was mediterranes Klima hervorzubringen vermochte. Im Frühling blühten Flieder und Jasmin, jetzt im Spätsommer leuchteten die Rosen und die Oleanderbüsche in feurigem Rot und zartem Rosé.
Obwohl die Zeit drängte, behielt er sein Tempo bei, um keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Bei der Kirche Santo Stefano bog er rechts in die Via Marsala ein, und nach vierhundert Metern fuhr er den Wagen in eine spärlich beleuchtete Seitenstraße. Die Leute hier wollten unter sich bleiben, umgrenzten ihre Grundstücke mit hohen Mauern und Hecken. Das konnte ihm nur recht sein. Er sah sie nicht, und sie sahen ihn nicht.
Allmählich wich das Schwarz der Nacht einer zarten Morgendämmerung. Palmen erschienen wie Scherenschnitte vor einem klaren tiefen Blau. – Ein weiterer wunderschöner Herbsttag zog herauf. Er dachte an Letizia, die sich gerade in einer psychiatrischen Klinik in der Nähe von Vicenza erholte. Ihre Nerven hatten den Kummer nicht länger ertragen und sie in Dunkelheit gestürzt, die sie stumpf machte für die Schönheiten des Lebens um sie herum. Ein Grund mehr für ihn, endlich aktiv zu werden, Fakten zu schaffen.
Er stieg aus dem Wagen und öffnete die Tür zum Fond. Auf der Rückbank hatte er die altmodische, bauchige Doktortasche seines Vaters abgestellt. Dass dieses Erbstück heute für immer verlorenging, war schade, aber nicht zu ändern. Einen Moment zögerte er und besah seine Hände. Die feinen Latexhandschuhe trug er schon, seit er losgefahren war. Obwohl es ihm im Prinzip nichts bedeutete, dass sie ihn über kurz oder lang finden würden, wollte er doch nicht wie ein Stümper dastehen. Commissario Fontanaro soll ein schlauer Fuchs sein. Persönlich begegnet waren sie sich nie. Er wollte ihm die Arbeit nicht zu leicht machen und ihn keinesfalls langweilen.
Entschieden packte er den Henkel der Tasche und griff sich den Sommermantel, der ebenfalls auf der Rückbank lag.
Möglichst leise drückte er die Wagentür ins Schloss. Er schlüpfte in den leichten schwarzen Mantel aus Popeline, während er sich die Tasche zwischen die Beine klemmte. Letizia passte schon seit Jahren nicht mehr in dieses elegante Kleidungsstück. Gott sei Dank hatte sie sich bislang nicht davon trennen wollen. Ungeachtet ihrer ungesunden Essgewohnheiten, die zwischen Fressattacken und tagelangen Hungerkuren mit Gemüsesaft wechselten, glaubte sie immer noch daran, eines Tages jene ansprechende Figur wiederzuerlangen, die ihr das Tragen des Mantels erlauben würde. Inzwischen war er ihr mindestens eine Nummer zu groß. Sie hatte sich sehr verändert im letzten Jahr. Nicht nur figürlich.
Im Schutz einer Lorbeerhecke spähte er die Via Marsala entlang. Wie nicht anders zu erwarten, ließ sich keine Menschenseele blicken. Auch das Haus, auf das er es abgesehen hatte, lag friedlich und still da. Keines der Fenster des breiten dreistöckigen Gebäudes war erleuchtet. Im vierten Stock, einem quadratischen Aufbau mit vorgelagerter Terrasse, brannte Licht. Ein Lächeln huschte über sein hageres Gesicht. Er war nicht umsonst gekommen. Angespannt lauschte er in den Morgen. Sehr leise, aber unüberhörbar ertönte Klaviermusik.
Die Wirtschafts- und Behandlungsräume lagen auf der Rückseite, genauso wie der Eingang für Angestellte und Lieferanten. Gemessenen Schritts betrat er die breite Toreinfahrt, die von den Krankenwagen genutzt wurde, durchschritt den Klinikgarten, der mit Rosenbüschen und Buchsbaumkugeln in Terrakottatöpfen übersichtlich gestaltet war, ging um die rechte Hausecke herum und schob die schmale Metalltür auf. Immer wieder verblüffte ihn die Nachlässigkeit der Angestellten und des Nachtportiers. Er hatte diese Tür mehrmals überprüft in den letzten Wochen. Kein einziges Mal hatte er sie verschlossen vorgefunden. Sie machten es ihm wirklich leicht. Behände stieg er die Stufen hinauf. Im ersten Stock hörte er Schritte und Stimmen im Treppenhaus. Rasch öffnete er die Tür zur Damentoilette. Jetzt konnte er nur hoffen, dass niemand ein dringendes Bedürfnis hatte.
«Das wird heute noch mal ein richtig warmer Herbsttag. Wart ihr am Meer gestern?», fragte eine Frau.
«Nein, leider nicht. Mein Mann hat sich beim Rasenmähen den Fuß verstaucht. Einmal tut er etwas im Haus, schon verletzt er sich.» Die Frauen lachten. Eine Eisentür fiel ins Schloss. Dann war es wieder still.
Vorsichtig spähte er durch einen schmalen Spalt den Korridor entlang und hastete nun etwas schneller, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, bis ganz nach oben. Aus der Hosentasche zog er einen Schlüsselbund und öffnete mit einem leisen Klick die Tür zum Apartment von Dottor Fabrizio Talenti. Der Arzt schlief regelmäßig in der Klinik. Die Mondscheinsonate von Beethoven perlte aus dem hellerleuchteten Musikzimmer. Die Tür stand sperrangelweit offen. Der Hausherr saß am Flügel und konzentrierte sich auf seine Noten.
Geradezu perfekt präsentierte Talenti seinen charaktervollen Hinterkopf mit den graumelierten, gewellten Haaren. Einen Augenblick später traf ihn dort ein voluminöses medizinisches Handbuch mit gezielter Wucht. Der Hausherr verharrte einen Moment wie erstarrt in seiner Haltung und kippte dann von seinem Klavierstuhl nach hinten, wo ihn starke Arme auffingen.
Verona
Montag, 24. September 2012
9.00 Uhr
Commissario Antonio Fontanaro saß an seinem Schreibtisch und schaute lustlos in die Tageszeitung. Er hatte für dieses täglich wiederkehrende Ritual heute absolut keinen Nerv. Entschieden schob er die L’Arena von sich und zerrte stattdessen an seinem Krawattenknoten, der ihm unangenehm den Hals einschnürte. Er war müde und fühlte sich wie erschlagen nach einem Wochenende, das alles andere als ersprießlich verlaufen war. Er hatte es nicht für möglich gehalten, sich eines Tages als Ehemann und Familienvater wie ein kompletter Versager vorzukommen. Doch der Streit, den er gestern Abend, dem ersten gemeinsamen Sonntag seit Wochen, mit seiner Frau gehabt hatte, lag ihm schwer auf der Brust. Er liebte Marissa und seine Tochter Giulia. Nichts war für ihn wichtiger als das Wohlergehen seiner kleinen Familie. Für sie legte er sich jeden Tag krumm. Umso mehr brachte es ihn auf, dass Marissa ihm vorwarf, er würde sich zu wenig um sie und Giulia kümmern. Bei Gott, sein Tag hatte auch nur vierundzwanzig Stunden. Und sechzehn davon, mindestens, verbrachte er in der Questura. Und das war wahrlich nicht immer ein Vergnügen. Marissa konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass ihn die Fälle, die nicht selten einen geradezu vernichtenden Blick in die Untiefen der menschlichen Natur eröffneten, mehr interessierten als die schulischen Erfolge seiner Tochter, die gemeinsamen Freunde oder das neue Kleid seiner Frau! Tatsache war jedoch, das musste er leider zugeben, dass ihm genau dieses neue Kleid entgangen war und das berühmte Fass zum Überlaufen gebracht hatte.
Marissa, eine lebenslustige, quirlige Person, brauchte wahrlich kein neues Kleid, um ihm oder anderen Männern zu gefallen. Das wusste er nur zu gut. Doch darum ging es ihr in der hitzigen Auseinandersetzung gar nicht. So begriffsstutzig war nicht einmal er.
Dass er das Abendessen am Freitag bei ihrer besten Freundin Gabriella vergessen hatte, war unverzeihlich. Stattdessen war er bis nach Mitternacht in seinem Büro gesessen und hatte die Fäden im Fall Miguel zusammengeführt. Nach vier Monaten konnte er den Mord an dem portugiesischen Jungen endlich abschließen. Seine ganze Abteilung hatte aufgeatmet, als klar war, wer den Siebenjährigen auf dem Gewissen hatte. Als er Marissa am Samstag beim Frühstück davon erzählte, hatte sie ihn nur schweigend angesehen. Strafend war das einzige Wort, das ihm dabei einfiel, und er hatte sich gewundert. Ihre Anteilnahme am Schicksal des kleinen Miguel war ihm in all den Monaten sicher gewesen.
Als sie am Sonntag dann Marissas Eltern zum Mittagessen begrüßten, konnte er das Gewitter, das sich über ihm zusammenbraute, in jeder Haarspitze fühlen. Doch er hatte absolut keinen Schimmer gehabt, weshalb seine Frau innerlich kochte. Sie spielte die lustige Tochter. Umwarb den neapolitanischen Vater mit aller ihr zu Gebote stehenden weiblichen Raffinesse, dass es selbst der Mutter zu viel wurde und diese meinte, sie könne ja jetzt mal mit ihrem Schwiegersohn auf den Balkon gehen. Ihr Mann und ihre Tochter würden sie gar nicht vermissen. Ja, sie würden es nicht einmal bemerken, dass sie nicht mehr mit ihnen am Tisch saß. Die Krise war so greifbar gewesen, dass Antonio wirklich am liebsten ins Büro geflüchtet wäre.
Kaum waren die Eltern fort, als das Unwetter auch schon über ihn hereinbrach. Wut und Tränen hatten sich bei Marissa die Waage gehalten. Viel aufgestauter Kummer hatte sich entladen. Wo er denn seine Augen habe, hatte sie ihn gefragt. Sogar dem Vater sei ihr hübsches Sommerkleid aufgefallen, nur ihr eigener Mann habe Tomaten auf den Augen. Er sei ein unmöglicher stoccafisso, ein wortkarger Stockfisch, der blind und taub durch die Gegend laufe. Antonio war aus allen Wolken gefallen. Er hatte sich im Laufe des Sonntagabends mindestens ein halbes Dutzend Mal entschuldigt. Er versicherte ihr, sie sei die schönste Frau für ihn, ob mit oder ohne neuem Kleid. Eine Bemerkung, die die Tränen erneut zum Fließen gebracht hatte. Marissa warf ihm vor, er mache es sich zu leicht, zu bequem. Er habe nur seine Arbeit im Kopf und kümmere sich zu wenig um ihre Bedürfnisse. Da konnte er nur wenig dagegenhalten. Aber wo blieben seine Bedürfnisse? Fragte danach irgendjemand? Zu Hause? Im Büro?
«Ciao, Tonio. Was ist los? Hast du schlecht geschlafen?» Ispettore Enrico Brandino sah seinen Chef überrascht an. Und Antonio fühlte sich ertappt. Er ließ seine Hände sinken, mit denen er sich gerade in einer verzweifelten Geste durch die schwarzen Haare gefahren war. Er hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sein Ispettore mitten in seinem Büro stand.
«Wach auf! Wir müssen los. Die Klinik Sacra Madre hat ein Problem. Der Kopf des Chefarztes steckt in einer Tüte fauler Eier!»
Antonio reagierte immer noch nicht, sondern sah Enrico verständnislos an.
«He … Hallo!» Enrico wedelte mit seiner rechten Hand vor Antonios Augen hin und her. «Ich rede mit dir. Es hat den bel Dottore erwischt!»
«Sì, sì, ist ja schon gut. Wer ist tot? Talenti?»
Enrico nickte, und es war ihm deutlich anzusehen, dass er an dieser Leiche fast ein wenig Freude hatte.
«Ich hab keine Zeit, Enrico.» Antonio schüttelte abwehrend den Kopf. «Schau dich doch um. Es liegen immer noch die Akten vom Fall Miguel auf meinem Schreibtisch. Ich muss zusehen, dass ich den Abschlussbericht fertigbekomme, sonst ersticke ich noch in Papier. Das muss alles», und dabei machte er eine raumgreifende Armbewegung, «schnellstens ins Archiv, sonst bekomme ich noch einen Koller.» Dass er den eigentlich schon hatte und sich nur mit Mühe beherrschte, musste er seinem jungen Ispettore nicht auf die Nase binden. «Und du kommst schon mit der nächsten Katastrophe. Noch dazu mit einer Promileiche. Das gibt nur Ärger und Verwicklungen. Und am Ende sind wir die Dummen. Du wirst schon sehen. Frag doch den Vice, ob er dich zu Talentis Klinik begleiten kann.»
Er konnte nur hoffen, dass Vice Commissario Fausto Castillio schon in seinem Büro war. Fausto war ein Gemütsmensch, etwas über sechzig Jahre alt und einer der erfahrensten Köpfe im Mordkommissariat von Verona. Eigentlich hätte er Commissario Capo werden sollen. Doch er hatte die Beförderung abgelehnt. Er wollte seine Hobbys nicht aufgeben und nicht den ganzen Papierkram der Abteilung erledigen. Zu viel Arbeit, zu viel Verantwortung und zu wenig Zeit für die schönen Dinge des Lebens. Antonio konnte ihm mittlerweile nur beipflichten. Damals hatte er begierig zugegriffen. Und, er war ehrlich zu sich selbst, er würde es wieder tun.
Fausto besaß einen großen Obst- und Weingarten in einem Dorf in der Nähe von Verona, der ihn voll auslastete. Deshalb hatte er Antonio Fontanaro bei seiner Ernennung zum jüngsten Hauptkommissar der Provincia di Verona, den es je gegeben hatte, von Herzen gratuliert und ihm seine Unterstützung zugesichert. Bislang hatte er ihn selten im Stich gelassen. Antonio hoffte sehr, dass er auch dieses Mal für ihn einspringen würde.
«Wenn ich mich recht erinnere, hat Dottor Talenti Faustos Enkel zur Welt gebracht. Es ist dem Vice sicher eine Herzensangelegenheit, die Todesumstände des Dottore persönlich in Augenschein zu nehmen.»
«D’accordo.» Enrico lachte. Die Ausweichmanöver seines Chefs kannte er schon. Der Ispettore machte eine neckische Verbeugung und grinste dabei frech über sein ganzes Gesicht.
Als er endlich zur Tür hinaus war, fiel Antonios Blick erneut auf die Zeitungen des Tages. Missmutig griff er nochmals nach L’Arena. Er sollte sich endlich informieren, was am Wochenende in der Provincia alles geschehen war. Selten lohnte sich die Lektüre. Aber er wollte auch nichts übersehen. Doch auf der Titelseite prangten zwei bekannte Gesichter aus der Politik, die ihm inzwischen ziemlich auf die Nerven gingen. Irgendetwas hatte der italienische Ministerpräsident gesagt oder nicht getan, was den Deutschen in Berlino nicht passte. Seit Monaten ging das nun so. Wen sollte das noch beunruhigen oder interessieren? Er schob die Zeitung weg und sah zum Fenster hinaus. Der Blick aus dem vierten Stock half ihm etwas über die schlechte Laune hinweg. Die Spitzen silbriger Pappeln bogen sich leicht im Wind vor einem azurblauen Himmel. Es hatte den Anschein, als befände sich die Questura irgendwo draußen auf dem Land. Keine Häuser versperrten die Sicht. Der dichtbefahrene Lungadige, eine breite Straße entlang der Etsch, lag tief unten. Kein Straßenlärm drang von dort in sein Büro. Dieser Umstand und die Aussicht waren das Beste an diesem Gebäude, das ansonsten sehr in die Jahre gekommen war. Seit die Questura vor über 40 Jahren eingezogen war, war nichts mehr getan worden. Kein neuer Anstrich, keine neuen Böden, keine neuen Möbel. Doch wie üblich fehlte das Geld für Renovierungen. Seit Jahren schon versprachen das Innenministerium und die Stadt eine grundlegende Sanierung. Mindestens einmal im Monat berichtete L’Arena über einen neuen Beschluss der zuständigen Behörden. Antonio glaubte nicht mehr daran, und es war ihm inzwischen fast egal. Es änderte auch nichts, wenn er sich aufregte.
Ungelesen warf er die Zeitung in den Papierkorb und griff sich die Gazzetta dello Sport. Für Fußball hatte er eine große Schwäche. Zügig überblätterte er die ersten Seiten und suchte die Tabelle mit den Ergebnissen vom Wochenende. Inter hatte zu Hause gegen Siena verloren. Die Mailänder Vereine entwickelten sich mehr und mehr zu einem sehr teuren Desaster. Dass Chievo Verona gegen Juve keine Chance gehabt hatte, war dagegen keine Überraschung. Seine heimliche Fußballliebe jedoch gehörte dem FC Bayern. Öffentlich zugegeben hätte er dies natürlich nie. Seine Kollegen hätten ihn schlicht für verrückt erklärt oder als Verräter bezeichnet. Auch die rosafarbene Gazzetta landete im Papierkorb. Stattdessen griff er sich die Süddeutsche Zeitung, die er für sein Büro abonniert hatte. Doch bevor er sich den deutschen Neuigkeiten widmen konnte, wurde er erneut unterbrochen.
«Was ist noch?», fragte Antonio nicht gerade freundlich, als er seinen Ispettore im Türrahmen lehnen sah.
«Ich kann Fausto nirgends auftreiben. Seine Frau sagt, er ist beim Nachbarn, Äpfel ernten. Jetzt musst du dich doch von deiner spannenden Arbeit losreißen.» Enrico grinste ihn nun offen an. «Zumindest ein Commissario sollte am Tatort auftauchen. Ich bin sicher, dass der neue Staatsanwalt dies zu schätzen weiß.»
Hastig schlüpfte Antonio in sein Sakko, das er über den Stuhl gehängt hatte, und folgte seinem Ispettore auf den Gang hinaus. Den neuen Staatsanwalt hatte er völlig vergessen. Jetzt musste er sich auch noch eine gute Ausrede für die Verzögerung einfallen lassen, sonst hatte er bereits den ersten Minuspunkt gesammelt, bevor die Zusammenarbeit überhaupt erst richtig begonnen hatte.
10.00 Uhr
Eine Viertelstunde später fuhr Commissario Fontanaro seinen Dienst-Alfa auf den Parkplatz der Sacra Madre, der Privatklinik von Dottor Talenti. Sie wurde von einer Stiftung geführt, deren Fördermitglieder zu den oberen Zehntausend der Stadt gehörten. Nicht nur Antonio wusste das. Dottor Fabrizio Talenti behandelte ausschließlich Privatpatientinnen und leistete zudem hervorragende PR-Arbeit. Unter Kollegen galt er als Koryphäe. Und «il bel Dottore», wie Talenti auch scherzhaft genannt wurde, erfreute sich bei der Damenwelt enormer Beliebtheit. Er war ein großer, schlanker Mann Mitte vierzig gewesen, dreimal geschieden, reich verheiratet, immer reicher geworden und mit einer dunklen, nur mäßig ergrauten, lockigen Haarpracht gesegnet, um die ihn viele Männer glühend beneideten. Das war aber dann auch so ziemlich alles, was Antonio spontan zu ihm einfiel. Er war ihm einmal auf einer Benefizveranstaltung begegnet. Mehr als einige höfliche Worte hatten sie nicht gewechselt.
Ein Carabiniere erwartete sie bereits und führte die Kollegen der Mordkommission über mehrere Gänge zu einem Treppenhaus im hinteren Trakt des Gebäudes. Das private Apartment von Dottor Talenti lag im Dachgeschoss.
Bereits im Erdgeschoss hatte Antonio sich ein Taschentuch vor die Nase gehalten. Der penetrante Geruch nach faulen Eiern verpestete das ganze Treppenhaus. Oben angekommen, standen sich jede Menge Herren gegenseitig im Wege. Die Kollegen der Spurensicherung waren in alle Zimmer der Wohnung ausgeschwärmt. Einer von ihnen war damit beschäftigt, Türrahmen und Türblatt genauestens zu begutachten. Der Chef der Kriminaltechnik, Silvano Petrelli – Antonio kannte ihn gut vom Fußballtraining des Polizeiclubs –, ließ sich nicht stören und machte Fotos. Zwei Leichenträger, die auf ihren Einsatz warteten, hatten auf dem Metallsarg Platz genommen und blockierten damit den gesamten Vorraum der Wohnung im Treppenhaus.
Eine junge Frau in weißem Arztkittel lehnte an der Wand. Ihre bleichen Wangen schimmerten ungesund grünlich. Sie rang nach Atem, obwohl sie neben einem geöffneten Fenster stand. Eine Krankenschwester redete ihr gut zu und kämpfte dabei sichtlich selbst gegen die Übelkeit an. Antonio verwünschte Fausto mitsamt seiner Apfelernte. Notgedrungen folgte er dem Carabiniere, der sich einen Weg zwischen den Ermittlern der Kriminaltechnik bahnte. Im Vorbeigehen winkte ihm Petrelli nachlässig zu.
«Ist die Dottoressa schon eingetroffen?»
Überrascht drehte sich der Carabiniere um.
«Welche Dottoressa, Commissario?»
«Flavia di Silva.»
«Ach, die Pathologin meinen Sie. No.» Der Polizist schüttelte den Kopf. «Dottoressa di Silva hatte heute Morgen noch einen anderen Termin. Irgendwo außerhalb. Sie nimmt unsere Leiche später in der Questura in Empfang.»
An ihrer Stelle hätte ich auch einen anderen Termin gehabt, dachte Antonio grimmig. Diesen Gestank hätte er sich wahrlich gern erspart. Der Carabiniere drehte sich wieder um und lief nun weiter vor ihm den Korridor entlang, an Küche und Bad vorbei, um schließlich vor einer Zimmertür abrupt stehenzubleiben. Enrico, der den beiden sehr zögernd folgte, schnappte hörbar nach Luft. Der Geruch war so dicht und schwer geworden, dass der Carabiniere aufgab, sich umdrehte und zurück zum Treppenhaus stürzte. Im Türrahmen stand ein kräftiger Mann, der Antonio und Enrico mit seinem breiten Rücken den Blick ins Zimmer versperrte.
«Mach du das alleine, Tonio!» Enrico stürzte dem Kollegen hinterher.
Antonios Versuch, seinen Ispettore zur Ordnung zu rufen, scheiterte. Gottergeben sagte er stattdessen zu dem breiten Rücken: «Permesso!» Keine Reaktion. «Permesso, per favore!», wurde Antonio etwas lauter und deutlicher.
Der Mann drehte sich zu ihm um. «Sì?» Sein Tonfall war barsch und tief. Der Herr fühlte sich hörbar gestört. Antonio blickte in zwei dunkelbraune Augen, die ihn hinter starken Gläsern einer Hornbrille ärgerlich musterten. Die speziellen Umstände des Tatorts schienen an dem Mann und seinem perfekt geschnittenen, dunkelgrauen Anzug abzuprallen. Sein weißes Hemd stach von seinem gebräunten Gesicht ab. Seine Miene zeigte keinerlei Anzeichen von Übelkeit oder auch nur Unbehagen. Es blieb Antonio nichts anderes übrig, als das Taschentuch von Nase und Mund zu nehmen und sich ordentlich vorzustellen. Er ahnte, wen er vor sich hatte, und diese Art des ersten Zusammentreffens gefiel ihm gar nicht.
«Piacere», sagte er höflich, «Commissario Fontanaro.»
Der Blick des anderen wurde noch eine Spur kühler.
«Vincenzo Mauro. Ich bin der neue Staatsanwalt.»
«Dottor Mauro!» Antonio machte eine knappe Verbeugung. «Ich bin sehr erfreut, Sie kennenzulernen, wenngleich die Umstände alles andere als angenehm sind.» Während er ihm die Hand reichte, hasste er sich gleichzeitig für diesen platten Satz.
«Piacere Commissario.» Knapper ging es kaum.
Staatsanwalt Mauro tat ihm jedoch endlich den Gefallen und trat zur Seite. Eine männliche Leiche lag mit dem Gesicht nach unten und in einer seltsam verkrümmten Seitenlage vor einem schwarz lackierten Flügel. Die elegante, hochgewachsene Gestalt des Klinikchefs war kaum noch zu erahnen. Sein Kopf steckte in einer durchsichtigen Plastiktüte, die am Hals mit einem breiten Klebeband luftdicht abgeklebt war. Ganz erfolgreich war der Täter allerdings dabei nicht gewesen. Eine grünlich gelbe Lache hatte sich unter dem Kinn der Leiche auf dem Parkettboden gebildet und war die Ursache des bestialischen Gestanks. Den Todeskampf des Dottore konnte sich Antonio nur als höchst grausam vorstellen: Erstickt in einem Plastikbeutel mit faulen Eiern. So etwas hatte er noch nie gehört oder gar gesehen. Er war dankbar dafür, dass das Gesicht nicht erkennbar war. Es konnte nur entstellend verzerrt sein. Dottoressa di Silva war um ihre Arbeit später im Keller der Questura nicht zu beneiden.
Der Commissario sah sich im Musikzimmer um und stellte fest, dass es geradezu penibel aufgeräumt war. Eine Bücherwand nahm die ganze Seite des Raums ein, die sich vis-à-vis zur Fensterfront befand. Davor standen zwei schwarze Ledersessel. Es lagen weder Bücher, Zeitungen noch Kleidungsstücke herum. Der Täter, und er ging eindeutig von einem männlichen Täter aus, weil er es für ausgeschlossen hielt, dass eine Frau auf eine derart abwegige Art töten würde, hatte, wie es auf den ersten Blick schien, nichts gesucht und nichts geraubt. Es war ihm einzig und allein um Dottor Talenti gegangen. Wenn er an den großen Bekanntheitsgrad des Gynäkologen und an seine umfangreiche Patientinnenkartei dachte, wurde ihm schwindlig. Dieser Fall würde ihn und seine Leute einige Zeit beschäftigen. Da hatte er gar keinen Zweifel.
Mit seiner Selbstbeherrschung war es nun ebenfalls vorbei. Die Übelkeit kroch immer weiter nach oben. Er hatte genug gesehen und gerochen. Entschieden presste er sich sein Taschentuch wieder vor den Mund, mochte der Staatsanwalt doch von ihm denken, was er wollte, und strebte dem Treppenhaus zu. Er wusste, dass die Kollegen der Spurensicherung, allen voran Silvano Petrelli, ordentlich arbeiteten. Auf seinen Bericht konnte er sich im Zweifel mehr verlassen als auf seine eigenen Augen. Im Treppenhaus fand Antonio immer noch die Ärztin zusammen mit der Krankenschwester vor.
«Dottoressa, darf ich Sie etwas fragen?» Er hielt ihr seinen Dienstausweis hin. «Wir können dazu gern hinunter in den Garten gehen, wenn Sie möchten.» Es war der reine Egoismus. «Schwester, wollen Sie uns begleiten?»
«Ich soll hier auf den Staatsanwalt warten», brachte die Ärztin schließlich mühsam hinter ihrem Taschentuch hervor. «Er möchte mich befragen.»
«Das möchte ich auch. Sie laufen ihm ja nicht davon. Kommen Sie.»
Entschlossen griff er sie am Ellbogen und führte sie die Treppen hinunter. Gemeinsam traten sie durch den Hinterausgang ins Freie. Beide Frauen schnappten nach Luft, und es dauerte einen Moment, bis sie sich gefangen hatten.
«So etwas habe ich noch nie erlebt», sagte die Ärztin. Dann hielt sie Fontanaro die rechte Hand hin. «Sabrina Giordano. Ich bin die Oberärztin.» An die Schwester gewandt, sagte sie: «Und das ist Schwester Anna. Sie hilft uns im OP und im Kreißsaal.»
«Hat eine von Ihnen beiden den Chefarzt gefunden?», kam Antonio gleich zur Sache. Er wollte möglichst viel erfahren, bevor der Staatsanwalt dazukam.
Schwester Anna nickte.
«Wann war das?»
«Heute Morgen, kurz vor sechs Uhr. Ich wollte ihm das Frühstück bringen.»
«Stand der Doktor immer so früh auf?»
«Nein, nein. Der Doktor hatte überhaupt noch nicht geschlafen. Wir hatten eine sehr schwere Geburt, die bis kurz nach vier Uhr morgens gedauert hat. Wenn der Doktor so lange arbeiten muss, nimmt er anschließend immer ein Bad, und danach spielt er Klavier, um sich abzulenken und richtig müde zu werden. Direkt nach einer OP oder einer Geburt kann er nie schlafen, egal wie spät es ist.»
Armer Teufel, dachte Antonio bei sich.
«Für sieben Uhr war die nächste OP gemeinsam mit Dottoressa Giordano geplant. Er wollte zumindest dabei sein. Deshalb habe ich ihm einen starken Kaffee und zwei Brote mit Schinken gemacht.»
«War die Tür zu seiner Wohnung offen?»
«Ich habe einen Schlüssel.»
«Und an dem Schloss ist Ihnen nichts aufgefallen?»
«No, no, es war alles wie immer.»
Mal sehen, dachte Antonio, ob Silvano Petrelli da nicht anderer Meinung war.
«Nur dieser fürchterliche Geruch», sagte Schwester Anna, «hat mich erschreckt. Ich konnte mir nicht erklären, woher er kam.»
«Wer hat alles einen Schlüssel zur Wohnung des Dottore?»
Die beiden Frauen sahen sich fragend an.
«Ehrlich gesagt, habe ich keine Ahnung», antwortete nun die Ärztin. «Ich selbst habe auch einen.»
Antonio fand das seltsam, fragte aber so neutral wie möglich: «Wer könnte das genauer wissen?»
«Ich nehme an, die Klinikverwaltung.»
Er zog sein kleines Notizbuch aus der Sakkotasche und schrieb sich zum ersten Mal etwas auf.
«Wer ist ein möglicher Nachfolger von Dottor Talenti?» Interessiert und gespannt sah er von einer zur anderen. Die Stirn der Dottoressa überzog sich mit einer feinen Röte.
«Das hat der Verwaltungsrat der Stiftung zu entscheiden!»
Die Schwester sah die Ärztin eigenartig von der Seite an, schwieg aber. Antonio machte sich erneut eine kleine Notiz.
«Wie viele Geburten hatten Sie denn heute Nacht?»
«Nur die eine, und die war schwer genug.»
«Und die anschließende OP? Wer hat sie durchgeführt?»
«Ich habe das mit dem Assistenzarzt und Schwester Anna gemacht.»
«Aha, einen Assistenzarzt gibt es also auch noch.» Erwartungsvoll sah er in die Gesichter der beiden Damen und hielt seinen Kugelschreiber bereit.
«Corrado Salento.»
«Wie war denn das Verhältnis von Dottor Talenti zu seinen Angestellten? Gab es Ärger, Streit, Unstimmigkeiten?»
Entschieden schüttelten beide den Kopf. Antonio hatte auch nichts anderes erwartet. Er würde jeden einzeln befragen müssen, um hier etwas Licht in den Klinikalltag zu bringen.
«Ist Ihnen heute Morgen jemand aufgefallen, der nicht hierhergehört? Zu dieser frühen Stunde sind wohl noch keine Angehörigen da, um Patientinnen zu besuchen, oder?»
Wieder schüttelten sie beide den Kopf. Der Schock war ihnen anzusehen. Die Leiche dort oben unter dem Dach fiel schon etwas aus dem üblichen Rahmen. Auch bei der Drogenfahndung hatte es hin und wieder Tote gegeben, Dealer, die sich in die Quere gekommen waren, Drogensüchtige, die sich den goldenen Schuss verpasst hatten. Doch das blieben Einzelfälle. Seit er für die Mordkommission arbeitete, gehörten grausam getötete Personen zu seinem Berufsalltag. Mit diesem Aspekt seiner Arbeit konnte er sich noch immer nur schwer arrangieren.
«Ich danke Ihnen, meine Damen. Ganz gewiss werden wir uns noch einmal sprechen.» Es war nicht als Drohung gemeint, aber die beiden Damen sahen ihn erschrocken an.
Er holte seinen Autoschlüssel aus der Hosentasche und erinnerte sich in diesem Moment an seinen Ispettore. Wo war Enrico abgeblieben? Vermutlich war er mit dem Carabiniere zur Questura zurückgefahren. Das würde er ihm nicht durchgehen lassen. Da mussten sie schon noch ein Wörtchen miteinander reden. Bevor er den Wagen aufsperrte, drehte er sich nochmals um.
«Erlauben Sie mir noch eine Frage?» Die Ärztin sah ihn unverhohlen ärgerlich und, wenn er sich nicht täuschte, auch etwas schuldbewusst an. «Wissen Sie zufällig, Dottoressa, wer den Vorsitz der Klinikstiftung zurzeit innehat?»
Sie versuchte ein Lächeln, das etwas schief geriet.
«Signor Andrea Cuméo.»
«Grazie tante!»
Chieming
12.00 Uhr
Georg Breitwieser saß auf seiner Terrasse beim Mittagessen. Ein weißblauer Himmel spannte sich über den Chiemsee, und die Bergkette mit der Kampenwand leuchtete föhnig blau zu ihm herüber. Allerfeinstes Wiesn-Wetter war das, dachte Georg nicht ohne Neid. Er konnte sich nur an ganz wenige Male erinnern, als es am ersten Wiesn-Wochenende geregnet hatte. Und genauso wenig konnte er sich erinnern, dass er den Einzug der Wiesn-Wirte am Samstag jemals versäumt hätte. Aber seit einem halben Jahr war nichts mehr so wie früher, und das ließ sich nun auch nicht mehr ändern. Das Oktoberfest würde in diesem Jahr ohne ihn stattfinden.
Ein leichter, luftiger Wind brachte den typischen Geruch des Sees zu ihm nach oben: ein wenig fischig und brackig nach einem langen Sommer. Sein Elternhaus, in dem er seit mehreren Monaten wieder wohnte, befand sich am Ortsausgang von Chieming. Ein noch unverbauter Blick auf den See, seine Inseln und die Alpen machte das Anwesen zu einem der begehrtesten des Ortes. Allerdings bedurfte es schon eines solchen Ausnahmetags, dass es Georg bewusst wurde, welch grandiose Aussicht er hatte. Ansonsten fluchte er über das große, leicht zum See hin abschüssige Grundstück, die riesige Rasenfläche, die er alle zwei Wochen zu mähen hatte, die Beerensträucher am Rande des Gartens und die viele Meter lange Thuja-Hecke, die die Frontseite vor allzu neugierigen Blicken der Spaziergänger schützte und einmal im Jahr geschnitten werden musste. Von den Rosen- und Dahlienbeeten, die seine Mutter Katharina angelegt und bis vor einem halben Jahr selbst gepflegt hatte, ganz zu schweigen.
Er wandte sich wieder seinem gut gefüllten Teller zu: Kalter Schweinebraten in dünnen Scheiben und saure Semmelknödel mit reichlich Zwiebeln wurden von einer kühlen Weißen begleitet. Georg ließ es sich schmecken. Den Braten hatte er selbst am Sonntag zubereitet. Schön saftig war er geworden, und auch die Knödel waren ihm wunderbar gelungen. Prüfend sah er zu seiner Mutter hinüber, die am anderen Ende des Tischs saß und unschlüssig auf ihrem Teller herumstocherte. Nie hätte er es sich träumen lassen, dass er einmal seine Mutter bekochen würde.
«Schmeckt’s dir, Mama?», fragte er pflichtschuldig.
«Ja, ja, schmeckt schon!» Gehorsam schob sie ein Stück Knödel in den Mund.
Seine Mutter hatte noch nie viel geredet. Doch seit ihrem Schlaganfall sparte sie mehr denn je mit Worten.
Gerade als Georg sich eine Scheibe von den Essiggurken nehmen wollte, vibrierte sein Handy in der Hosentasche. Er beschloss, es erst einmal zu ignorieren. Er hatte Mittag, und dabei ließ er sich nicht gern stören. Die Kollegen wussten, wo er sich aufhielt und dass ihm die Essenszeit heilig war. Sie mussten sich halt noch eine knappe Stunde gedulden. Dann war er wieder auf dem Kommissariat. Doch der Anrufer war hartnäckig. Genervt legte Georg sein Besteck auf den Teller und langte nach seinem Handy. Ein Blick auf das Display zeigte ihm seine eigene alte Nummer von der Dienststelle in München.
Sein ehemaliger Kollege, Kurt Lachner, jetzt Hauptkommissar der Mordkommission in München, hatte anscheinend mal wieder eine Frage. In den letzten Wochen hatte sich Kurt zur Nervensäge entwickelt. Anstatt seine Kollegen vor Ort um Rat zu fragen, wollte er immer alles «aus erster Hand» haben, wie Lachner sich ausdrückte.
«Breitwieser!», bellte Georg deshalb nicht sehr freundlich in sein Mobiltelefon. Seine Mutter verzog ihren Mund zu einem schiefen, amüsierten Lächeln und ließ ihren Sohn nicht aus den Augen. Was Georg augenblicklich mit dem Anrufer versöhnte. Es waren diese kleinen Anzeichen von Lebendigkeit, die ihm versicherten, dass sich seine Mutter zwar nur noch eingeschränkt bewegen konnte, geistig aber vollkommen auf der Höhe war.
«Lachner hier!»
«Servus, Kurt. Was gibt’s?»
«Entschuldige, Schorsch, dass ich dich störe. Ich weiß, es ist Mittagszeit.»
«Stimmt genau.» Georg griff sich sein Weißbierglas und nahm einen Schluck. Die Gespräche mit Lachner waren meist etwas länger als gewöhnlich. Er ruckelte etwas auf seinem Stuhl herum, bis er bequem saß, blinzelte seiner Mutter zu und wartete.
«Wir haben ein Problem!» Diese nicht unerwartete Einleitung Kurts trieb nun auch Georg ein breites Grinsen auf sein Gesicht. Doch er schwieg.
«Wir haben eine Bierleiche!»
«Wenn es nur eine ist nach dem ersten Wiesn-Wochenende, dann taugt das Bier heuer nicht viel, oder?» Georg lachte. «Damit wirst du schon fertig, Kurt.»
«Du verstehst mich falsch. Also wir haben eine Leiche, die erst wie eine Bierleiche ausgesehen hat, aber dann doch eine echte Leiche war.»
«Aha! Und was hab ich jetzt damit zu tun?»
«Ja, also die Leiche fällt in deinen Dienstbereich, Georg. Nach allem, was wir herausgefunden haben, bist du für den Toten zuständig.»
«Warum? Ist es ein Traunsteiner?»
«Nein, ein Italiener!» Lachner machte eine Pause. «Ich habe schon mal eine Obduktion veranlasst und schicke dir den Bericht zusammen mit der Leiche im Laufe des Nachmittags nach Traunstein.»
«Moment, Moment, ganz langsam und zum Mitschreiben! Was, bitte schön, habe ich mit eurer italienischen Leiche zu schaffen?»
«Ich wollte mich kurz fassen, weil du das letzte Mal über unser langes Telefonat gemosert hast. Aber ich kann dir den Sachverhalt gern genauer erklären.»
Georg fügte sich in sein Schicksal. «Schieß los!»
«Der Italiener hat nach Aussage der Bedienung vom Schottenhamel am Sonntagabend gemeinsam mit drei weiteren Herren einen Tisch auf dem Balkon des Festzelts belegt. Gegen 21.30 Uhr sind die Herren aufgebrochen. Einer von ihnen, unsere Leiche, war stark angetrunken und konnte nur noch eingeschränkt laufen. Die ganze Vernehmung der Bedienung schicke ich dir natürlich.»
Georg nickte ergeben. Er konnte nur hoffen, dass Kurt das Protokoll nicht selbst verfasst hatte, sonst bekäme er einen umständlich geschriebenen Roman zu lesen.
«Bei der Leiche haben wir eine Hotelchipkarte gefunden. Der Italiener, der laut Ausweis aus Verona stammt, hat bei euch am Chiemsee im Seebrucker Hof übernachtet.»
«Und warum hast du ihn gleich obduzieren lassen? Wie alt war denn der Italiener?»
«Fünfundsechzig.»
«Wozu die ganze Aufregung? Wahrscheinlich hat er einfach einen Herzinfarkt gehabt. Zu viel Bier, zu viel Essen, zu wenig Sauerstoff. Da kann schon mal die Pumpe streiken.»
«Das hat der Arzt auch gedacht. Die Leiche wurde im Übrigen auf der Wiese hinter dem Schottenhamel-Zelt gefunden.»
«Na, also, wo ist das Problem? Wolltest mal wieder besonders schlau sein, Kurti, oder was?»
«Nein, besonders vorsichtig, Schorsch.» Kurt Lachner war hörbar beleidigt. «Mein früherer Kollege Breitwieser pflegte zu sagen: ‹Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste.›»
Georg brummelte etwas, schwieg aber. Warum konnte ihn sein alter Kollege nicht einfach Georg nennen? War das so schwierig? Wenn er sich mit Kurti rächte, war das nur eine matte Sache.
«Ich habe inzwischen im Seebrucker Hof angerufen», fuhr Kurt Lachner fort. «Die Wirtin, Hildegard Brunner …»
Georg stöhnte innerlich auf. Die Hilde kannte er noch vom Trachtenverein während seiner Schulzeit. Sie hatte den reichen Bauern Hans Brunner geheiratet. Dessen Familie hatte mehr Seegrundstücke, als andere Vieh auf der Weide stehen hatten. Inzwischen betrieb das Ehepaar Brunner in Seebruck ein Viersternehotel mit gehobener Gastronomie. Er war nicht oft dort zum Essen gewesen. Sein Beamtengehalt erlaubte solche Ausflüge eher weniger.
«… hat mir mitgeteilt, dass zwei der Italiener heute Morgen wohl sehr früh, mehr oder weniger bei Nacht und Nebel, aufgebrochen sind. Was sagst jetzt da dazu, Schorsch? Feine Freunde hat unsere Leiche, oder? Bezahlt haben sie übrigens auch nicht, die sauberen Herren. Nach einem kurzen Frühstück sind sie gegen 6.30 Uhr aufgebrochen. Als Frau Brunner die Zimmer kontrollierte, weil ein Gast fehlte, stellte sie fest, dass dessen Bett unbenutzt, das Gepäck aber immer noch da war.
Das alles schien mir sehr verdächtig. Deshalb habe ich eine Obduktion angeordnet. Doktor Wallner ist noch damit beschäftigt.»
«Was meint der Staatsanwalt dazu?»
«Der ist auf Dienstreise. Da Gefahr im Verzug war, habe ich gehandelt.»
Weshalb Kurt Lachner Gefahr im Verzug annahm, danach fragte Georg lieber nicht. Denn im Prinzip hatte sein Nachfolger recht. Er an seiner Stelle hätte es nicht anders gemacht.
«Was sagst du jetzt, Schorsch? Übernimmst du den Fall?»
Georg rutschte unruhig auf seinem Stuhl herum. Wenn er nicht mitspielte, hatte Kurt Lachner keine Handhabe, ihm den Fall aufzuzwingen. Andererseits sprach einiges dafür, ihn von Traunstein aus weiterzuverfolgen.
«Georg, jetzt mach es nicht so spannend. Ich kann kein Wort Italienisch. Du bist doch fit in der Sprache. Außerdem arbeitet dein Spezl, der Toni Fontanaro, in Verona bei der Mordkommission. Ihr beide könnt doch den Fall gemeinsam bearbeiten. Ich bin hier in München wirklich mit anderen Fällen gut beschäftigt. Neben der Leiche haben wir hier noch mit einer Epidemie zu kämpfen.»
«Was denn für eine Epidemie?», fragte Georg pflichtschuldig nach, obwohl ihn das nun gar nicht interessierte. Mit Antonio Fontanaro an dem Fall zu arbeiten, hatte hingegen in der Tat etwas Verlockendes. Er hatte den Veroneser schon seit über einem Jahr nicht mehr gesehen. Die Wiesn-Leiche begann ihn nun wirklich sehr zu interessieren, doch das musste er dem Lachner nicht unbedingt unter die Nase reiben.
«Epidemie ist wahrscheinlich das falsche Wort. Ich bin kein Mediziner.»
Welche Einsicht! Georg amüsierte sich.
«Jedenfalls haben wir mehrere Fälle von Salmonellenvergiftung auf der Wiesn. Vorhin habe ich die Mitteilung bekommen, dass sogar ein Patient im Schwabinger Krankenhaus daran gestorben ist. Stell dir mal vor, was die Zeitungen daraus machen werden! Die Pressesprecherin vom Rathaus macht uns schon die Hölle heiß und die Chefin vom Fremdenverkehrsbüro. Dauernd läutet das Telefon.»
«Also gut», sagte Breitwieser so gnädig wie möglich. «Fax mir alle Unterlagen zu dem Fall. Aber lass die Leiche erst mal bei euch in der Kühlung. Ist ja egal, wo sie aufbewahrt wird. Vielleicht kann ich dann auch noch mit Doktor Wallner sprechen. Dann hat er das Anschauungsobjekt noch bei sich im Keller.»
Georg hörte, wie Kurt Lachner erleichtert ausatmete.
«Danke, Schorsch. Ich stell dir gleich alle Papiere zusammen. Kümmerst du dich dann auch noch um die Spurensicherung? Die Hotelwirtin hat versprochen, die Zimmer nicht anzufassen, bis jemand von euch dort aufkreuzt. Servus, bis bald!»
Hoffentlich nicht, dachte Georg und legte auf.
«Hast Arbeit?», fragte die Mutter listig nach.
«Hab ich doch immer!» Nachdenklich sah Georg sie an. Jeden Moment würde die polnische Pflegerin Maria auftauchen und sich um die Mutter kümmern, bis er irgendwann abends aus dem Kommissariat nach Hause kam. In weniger als einer halben Stunde würde sie bei dem herrlichen Wetter im Bett liegen und einen Mittagsschlaf machen.
«Bist müd, Mama?»
«Warum? Schau ich so aus?»
«Hast Lust auf einen Ausflug?»
«Wo willst denn hin?»
«Ich muss zum Seebrucker Hof. Dienstlich! Willst mitkommen? Du könntest auf der Terrasse einen Kaffee trinken und vielleicht ein Stück Kuchen essen!» Bei ihren Zuckerwerten war das zwar wirklich keine gute Idee, aber ein wenig Freude sollte sie doch ab und zu haben.
«Sag’s doch gleich, dass du die Hildegard besuchen willst.»
Georg schüttelte den Kopf. Auf welche Ideen die Mutter manchmal kam.
«Die braucht jetzt wieder einen Mann! Seit der Hans im letzten Winter beim Skifahren auf der Kampenwand ums Leben gekommen ist.»
Georg sah sie überrascht an. Das hatte er gar nicht gewusst. Die arme Hilde!
«Da hat sie ja jetzt Arbeit für drei!»
«Du auch!», sagte Katharina Breitwieser sehr bestimmt. Georg musste schmunzeln. Die Mutter schimpfte zwar immer, dass sie keine Enkelkinder hatte. Aber auf eine Schwiegertochter legte sie keinen Wert. Er selbst hatte das Thema Familienplanung abgehakt. Ein Kriminaler war in seinen Augen eine schlechte Partie.
Eine gute halbe Stunde später fuhr Georg auf den Parkplatz des Seebrucker Hofs. Die Mutter hatte seit der Abfahrt kein Wort mehr gesprochen, sondern nur interessiert zum Fenster hinausgeschaut. Georg hatte keine Ahnung, wie lange es her war, dass die Mutter mit dem Auto am See entlanggefahren worden war. Einen Führerschein hatte sie nie besessen. Ihr sehnsüchtiger, fast gieriger Blick machte ihm ein sehr schlechtes Gewissen. Er schwor sich, häufiger mit ihr solche Ausflüge zu unternehmen.
Georg öffnete den Kofferraum.
«Wart einen Moment, Mama. Ich klapp dir den Rollstuhl auf.»
Kurz darauf schob er die Mutter über eine Rampe in die Empfangshalle des Hotels. Hildegard Brunner stand hinter dem Rezeptionstresen, als hätte sie auf die beiden gewartet.
«Na endlich!», waren dann auch ihre ersten Worte. «Ich hab schon geglaubt, von der Kripo lässt sich heute keiner mehr blicken. Servus, Georg. Wir haben uns lange nicht gesehen.» Sie hielt ihm eine kräftige Rechte hin und lachte. «Und deine Mutter hast du auch mitgebracht. Herzlich willkommen, Frau Breitwieser. Wie geht es Ihnen?» Sie kam um ihren Tresen herum und beugte sich ihrem Gast entgegen. Katharina kniff die Augen zusammen, als blende sie die Sonne. Mehr als ein Kopfnicken entkam ihr nicht, während sie sich die Hände gaben.
«Darf ich Ihnen eine Tasse Kaffee und ein Stück Käsesahnetorte anbieten, Frau Breitwieser?»
«Warum nicht!», entgegnete Katharina gnädig. Ganz so, als täte sie der Wirtin einen Gefallen.
Georg beobachtete nicht ohne Amüsement die beiden Frauen, die sich offensichtlich nicht grün waren. Er hatte jedoch keine Ahnung, was zwischen ihnen vorgefallen war. Und er wollte es auch gar nicht wissen.
Hildegard Brunner rief nach einer Kellnerin, die Katharina Breitwieser auf die Hotelterrasse hinausschob.
«Mein Kollege Lachner in München hat mich schon grob informiert», begann Georg. «Also, Hilde, jetzt erzähl mal. Was hat es mit deinen italienischen Gästen auf sich?»
«Sag mir erst, wann deine Leute kommen, um die Zimmer zu untersuchen! Ich kann unmöglich bis heute Abend auf drei Zimmer verzichten. Und ein BMW steht auch noch in der Tiefgarage. Der muss schnellstens weg, verstehst! Ich hab nur sechs Plätze, die zu den Suiten gehören. Es ist Wiesn!»
Georg nickte verständnisvoll. Das Oktoberfest bescherte Oberbayern jährlich einen Touristenstrom ohnegleichen. Den ganzen Sommer war nicht so viel los wie während der beiden Wiesn-Wochen.
«Die Spurensicherung kommt sicher jeden Moment. Wann sind die Italiener bei dir eingezogen, und wie viele Personen waren es?», begann er seine Fragen herunterzuspulen. «Und haben sie die Meldezettel ausgefüllt?»
Hildegard Brunner bekam einen hochroten Kopf. «Na, du hast vielleicht Nerven, so eine Frage zu stellen.» Sie wandte sich dem PC auf dem Tresen zu, drückte einige Tasten, und nach wenigen Augenblicken spuckte ein Drucker mehrere Blatt Papier aus.
«Eingecheckt haben fünf Herren», begann Hildegard Brunner dienstmäßig und reichte Georg die Papiere. «Sie kamen spätabends am Freitag. Andrea Cuméo hatte zuvor im Bayerischen Hof in München Zimmer reserviert. Aber dort ist die Reservierung nicht eingegangen oder nicht registriert worden. Egal, jedenfalls standen die Herren aus Verona ohne Betten da. Irgendwann gegen sechs Uhr abends bekam ich einen Anruf vom Tourismusbüro in Prien, ob ich noch Zimmer frei hätte. Um neun Uhr trafen die Italiener dann ein. Sie kamen mit zwei Autos. Am nächsten Tag haben sie ein Taxi nach München zur Wiesn bestellt. Einer der Herren, ein Arzt, wenn ich das richtig verstanden habe, hat seinen kleinen Trolley gleich wieder mitgenommen und ausgecheckt. Er wollte abends von München aus nach Verona zurückfliegen.»
«Die übrigen vier kamen irgendwann nachts wieder zurück?»
«Richtig. Es war sicher nach vier Uhr früh. Die haben in München nichts ausgelassen. Nach dem Bierzelt sind sie noch ins Weinzelt und anschließend ins P1, diese Disco. Einer der Herren konnte ein bisschen Deutsch und hat mir das beim Frühstück am Sonntag erzählt.»