Cover

Barbara Lutz / Christiane Schlüter

Atmen in Balance

Gesundheit, Entspannung und innere Kraft

Knaur e-books

Inhaltsübersicht

Über Barbara Lutz / Christiane Schlüter

Die Atemspezialistin und Physiotherapeutin Barbara Lutz hat ihr Programm in langjähriger Praxis entwickelt. Sie setzt es erfolgreich sowohl in der Prävention als auch zur Heilung körperlicher und psychischer Beschwerden ein. Frau Lutz kooperiert intensiv mit Ärzten, Heilpraktikern und Osteopathen und führt jährlich zahlreiche Schulungen durch.

www.barbara-lutz.de

 

Die Theologin Dr. Christiane Schlüter arbeitet seit vielen Jahren als Journalistin und Autorin. Als Redakteurin der Zeitschrift Frau im Leben hat sie vier Jahre lang den Ratgeberteil sowie Themen aus Gesundheit und Psychologie betreut.

www.christiane-schlueter.de

Impressum

eBook-Ausgabe 2014

Knaur eBook

© 2014 Knaur Verlag

Ein Unternehmen der Droemerschen Verlagsanstalt

Th. Knaur Nachf. GmbH & Co. KG, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Redaktion: Dr. Martina Darga

Covergestaltung: ZERO Werbeagentur, München

Coverabbildung: FinePic®, München

ISBN 978-3-426-42639-5

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Vorwort

Seit vielen Jahren arbeite ich mit Menschen zusammen an ihrer Atmung. Die Gründe, warum sie zu mir kommen, sind verschieden. Manche wollen lernen, sich mit Hilfe des Atems besser zu entspannen. Andere haben ein Lungenleiden, oder sie möchten über den Atem andere körperliche und psychische Erkrankungen positiv beeinflussen. Doch unabhängig davon, warum jemand zu mir kommt – eine der ersten Aussagen lautet meist: »Stimmt’s, ich atme falsch, oder?« Und auch wenn ich im Bekanntenkreis über Sport, Gesang oder das Befinden spreche, seufzen viele: »Ach, ich weiß schon, ich müsste erst einmal anders atmen.«

Ich frage dann stets, was es denn bedeuten könnte, »richtig« oder »anders« zu atmen. Die meisten sind daraufhin irritiert und bemerken, dass sie sich darüber noch keine großen Gedanken gemacht haben. Sie haben das eine oder andere gelesen und von diesem und jenem etwas gehört – darunter auch Dinge, die ich im vierten Kapitel dieses Buches als »Mythen« beschreibe. Ihrem eigenen Atem trauen sie nicht, und sie wissen auch nicht, was ihnen helfen würde.

So ist es mein Hauptanliegen, mit diesem Buch Grundlagen zu vermitteln, die den praktischen, gesunden und natürlichen Umgang mit dem Atem erleichtern. Dafür ist es notwendig, die eigene Atmung überhaupt erst einmal ganz ohne Wertung wahrzunehmen – schon das ist eine Übung für sich. Zur Wahrnehmung kommen dann andere Übungen hinzu, bei denen der Atem stets in Verbindung mit dem Körper steht. Denn Atmung und Körper sollen nicht getrennt voneinander betrachtet werden, sondern als Einheit. Dazu leiten die Übungen im dritten Kapitel an.

Wenn man wie ich aus dem Bereich der Physiotherapie kommt und hauptsächlich gegen bereits lange bestehende Krankheiten ankämpft, so fragt man sich: Wann soll man eingreifen? Wie viel kann der Körper selbst regulieren, und wann soll man gezielt mit dem Atem üben? Wie bei allen Körperteilen wäre es auch bei der Atmung optimal, wenn man ihre Funktion erhält. Den eigenen Körper gut zu behandeln ist daher die beste Form der Prävention. »Tu deinem Körper Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen«, hat Teresa von Ávila einst gesagt. Wer danach schaut und mit Geduld und Ausdauer seinen Körper pflegt, der hilft ihm, in der Balance zu bleiben und bei Erkrankungen leichter wieder in die Balance zurückzufinden.

Viele alte und neue Techniken der Atmung wurden bereits in Büchern beschrieben. Dieses soll ein Buch der Grundlagen sein. Denn immer wieder haben mich Menschen, die bei mir in Kursen oder in Behandlung waren, angesprochen, ob ich nicht Grundsätzliches formulieren könnte, damit man jederzeit nachschlagen kann. So verbindet das Buch Wissenswertes über die Atmung mit einem leicht umsetzbaren Übungsprogramm. Vielleicht können Sie, liebe Leserin und lieber Leser, wenn Sie Körper und Atem durch die Übungen von »Atmen in Balance« gut miteinander verwoben haben, dann auch andere Techniken umso gezielter umsetzen.

Danken möchte ich vor allen anderen meiner Co-Autorin Christiane Schlüter, mit der es eine Freude war, zusammenzuarbeiten. Ebenso danke ich meinen Agenten Conny Heindl und Gerald Drews sowie Andreas Klaus vom Verlag und nicht zuletzt meinen Patienten und den Teilnehmern meiner Kurse, von denen ich die Anregung zu diesem Buch bekommen habe.

 

Barbara Lutz

Augsburg, im Mai 2014

I. Balance – eine dynamische Stabilität

»Atmen in Balance« ist ein Basisprogramm für alle, die sich mit dem Atem beschäftigen möchten. Die Erläuterungen und Übungen in diesem Buch ermöglichen es, sich mit der Wirkungsweise des Atems vertraut zu machen, ohne sich dafür einer speziellen östlichen oder westlichen Atemtechnik zuwenden zu müssen. Wer das später dennoch tun möchte, wird davon auf der Grundlage von »Atmen in Balance« dann umso mehr profitieren.

In sämtlichen Kulturkreisen der Welt besitzt der Atem als Lebenskraft eine große Bedeutung. Einige Religionen und viele Gesundheitslehren stellen ihn ins Zentrum ihrer Anschauungen und ihrer Praxis. Eines haben alle Atemlehren und -techniken gemeinsam: Sie arbeiten mit dem Wechselspiel von Körper und Atem. Jede von ihnen sucht es zu verbessern, um den Menschen gesund zu halten oder gesund werden zu lassen.

Balance – was ist damit gemeint? Im alltäglichen Sprachgebrauch bedeutet Balance, Schwerkraft und Fliehkraft so auszugleichen, dass man – ob im Stillstand oder in Bewegung – das Gleichgewicht hält und in der gewünschten Position bleiben kann. Und jeder weiß aus eigener Erfahrung, dass die Stabilität, die man dabei erreicht, nie ein für alle Mal besteht. Sie ist dynamisch, das heißt veränderbar. Stabilität ist im Körper ein stetiger dynamischer Prozess des Ausgleichens von feinsten Veränderungen. Sie muss mit jeder neuen Position neu austariert werden. Das kann man sich leicht verdeutlichen, wenn man, wie einst als Kind, spielerisch auf der Kante eines Bürgersteigs balanciert. Anders ausgedrückt bedeutet Balance eine ausgewogene Spannung, ein Gleichgewicht zwischen Spannung und Entspannung. Ein komplett entspannter Körper ist genauso wenig zu einer guten Funktion fähig wie ein verspannter Körper.

An der Herstellung und Erhaltung der dynamischen Stabilität ist hauptsächlich der Bewegungsapparat beteiligt. Einen wichtigen Anteil daran hat das Zwerchfell – ein Muskel im Zentrum des Körpers –, denn bei ihm kommt noch die allerkleinste Bewegung an, die in der Peripherie stattfindet. Das Zwerchfell fängt die Bewegungen auf, wird von allen ankommenden Druck- und Zugbelastungen stimuliert und gibt seinerseits Impulse an die Peripherie zurück. So sorgt es ganz wesentlich für die dynamische Stabilität des Körpers. Das geschieht immer in Verbindung mit dem Atem. Denn das dynamische Schwingen des Zwerchfells und der weiteren Atemmuskeln bringt den Atem in Aktion. Der wiederum ist nicht nur wichtig, damit Sauerstoff in den Körper kommt. Auch durch seinen Rhythmus und die Impulse an seine Umgebung dient er dem Bewegungsapparat, den Organen, dem Gewebe. Wenn diese gegenseitige Förderung in Gang kommt, entsteht eine Art Aufwärtsspirale in Richtung Besserung, hin zu immer mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Atmen in Balance bedeutet, diese Spirale zu betreten, indem man das Wechselspiel von Körper und Atem nutzt und verbessert.

Wie aber gelingt es konkret, das Wechselspiel von Körper und Atem zu fördern? Vier Faktoren spielen hierbei eine Rolle. Der eigene Körper muss erstens in seiner aktuellen Haltung wahrgenommen werden. Er muss zweitens beweglich sein und folglich über gut gedehnte Muskelzüge verfügen. Er muss drittens Kraft besitzen. Und viertens müssen alle Körperregionen zusammenspielen, es bedarf also der Koordination. Womit der Kreis zur Wahrnehmung geschlossen wäre, denn Koordination ohne Wahrnehmung der aktuellen Haltung ist unmöglich.

Wahrnehmung, Beweglichkeit, Kraft und Koordination: An diesen vier Faktoren setzen folglich die Übungen des Programmes »Atmen in Balance« an, die im dritten Kapitel vorgestellt werden. Welcher Körperbereich auch trainiert wird, stets gibt es diese vier Übungen: eine für die Wahrnehmung, denn mit ihr beginnt jedes erfolgreiche Üben; eine für die Beweglichkeit, hier werden die Muskeln sanft gedehnt und geweitet; eine für die Kraft, denn sie sorgt für die Voraussetzung von Dynamik und Stabilität, und eine für die Koordinationsfähigkeit, denn sie hilft, sich an jede neue Position anzupassen. Nach diesen vier Übungen wird für jeden Köperbereich als fünfte Übung eine abschließende Meditation angeboten. Sie lädt dazu ein, die beim Üben gemachten Erfahrungen noch einmal innerlich nachzuvollziehen. Die Meditationsanleitungen finden Sie auch als Audiodateien zur jeweiligen Übung. So können Sie sich beim Üben von den gesprochenen Worten leiten lassen. Auf viele Übungen wird in den anderen Kapiteln des Buchs Bezug genommen. Damit Sie sie leicht wieder auffinden können, sind die Übungen von 1 bis 35 durchnumeriert.

An den Übungsteil schließt sich im vierten Kapitel eine kritische Bestandsaufnahme der häufigsten Irrtümer und Mythen über den Atem an. Wer beim Üben erst einmal eigene Erfahrungen gesammelt hat, wird umso leichter verstehen, warum manche Mythen unzutreffend und sogar hinderlich sind.

Im fünften Kapitel folgen dann Hinweise und Tipps, wie man das Übungsprogramm bei bestimmten Krankheiten nutzen und anpassen kann.

Das sechste Kapitel bietet schließlich einen Überblick über die Kulturgeschichte des Atems von den Anfängen bis heute.

Zunächst aber lädt das folgende Kapitel zu einer kleinen Reise durch den Körper ein. Es zeigt, wie vielfältig Atmung und Körper miteinander zum einem wunderbaren Ganzen verbunden sind. Falls Sie lieber gleich mit den Übungen beginnen möchten, können Sie das durchaus tun. Nur den Abschnitt über die Atempumpe zu Beginn des zweiten Kapitels sollten Sie möglichst vorher lesen.

II. Vom Körper zum Atem und wieder zurück

Um das Wechselspiel von Körper und Atem und damit auch die Wirkung der in diesem Buch vorgestellten Übungen zu verstehen, hilft es, Grundkenntnisse der Atemmechanik und des Körpers zu besitzen. Vor allem die Haltung und die Stimme sind eng mit dem Atem verknüpft. Sie wirken auf ihn und werden umgekehrt auch von ihm beeinflusst.

So funktioniert der Atem: Das Prinzip der Atempumpe

In erster Linie ist es wichtig, die Mechanik der Atembewegung zu verstehen, denn sie lässt sich gezielt beeinflussen. An ihr orientiert sich daher auch die Basisübung, die im dritten Kapitel als grundlegende Atemform beschrieben wird. Auf der Basisatmung bauen alle anderen Atemformen und Übungen auf, die danach vorgestellt werden.

Atem ist zunächst einfach die Menge der Luft, die während eines Atemzuges ein- und wieder ausströmt. Damit das Atmungsorgan, die Lunge, belüftet wird, braucht es jedoch eine Mechanik, die Luft ansaugen (Einatmung) und Luft wieder abgeben (Ausatmung) kann. Die Lunge selbst besitzt keine beweglichen Anteile für solch einen Vorgang, sie kann sich nicht von selbst mit Sauerstoff (O2) füllen und Kohlendioxid (CO2) abgeben. Diese Aufgabe übernehmen daher die der Lunge benachbarten Muskeln. Indem sie den Brustraum erweitern und damit die Lunge auseinanderziehen, erzeugen sie in ihr einen Unterdruck. Der Unterdruck lässt Luft in die Lunge einströmen. Das ist das Prinzip der Atempumpe.

Die Lage der Lunge

Für das genaue Verständnis der Atempumpe ist es hilfreich, die Lage der Lunge im Körper zu kennen. Die Lunge liegt im knöchernen Brustkorb, der innen mit einer Haut, dem Rippenfell, ausgekleidet ist. Die Lunge selbst ist außen rundherum mit einer Haut überzogen, dem Lungenfell. Unterhalb der Lunge befindet sich der wichtigste Atemmuskel, das Zwerchfell. Zwischen den Rippen liegen weitere wichtige Atemmuskeln, die das Ein- und Ausatmen unterstützen.

Im Spalt zwischen dem Lungen- und dem Rippenfell befindet sich Flüssigkeit. So kann die Lunge innerhalb der Begrenzungen gleiten. Außerdem bewirkt die Flüssigkeit, dass Lungen- und Rippenfell sowie Lungen- und Zwerchfell aneinanderhaften wie zwei angefeuchtete, aufeinandergelegte Folien. So eingebettet und gehalten, folgt die Lunge den Bewegungen von Brustkorb und Zwerchfell und kann durch sie ausgedehnt und verkleinert werden.

Die Atempumpe im Einzelnen

Der Begriff »Atempumpe« beschreibt alle körperlichen Bestandteile, die an der beschriebenen Mechanik mitwirken. Dazu gehören neben der Lunge Knochen-, Muskel- und Nervenstrukturen.

Einatmung in Ruhe

Beim Einatmen in körperlicher Ruhe sind zwei wichtige Muskelgruppen aktiv. Erstens das Zwerchfell: Es erweitert bei Anspannung den Atemraum nach unten. Zweitens die äußeren Zwischenrippenmuskeln: Sie ziehen die Rippen nach oben, vorn und schließlich außen. Das Zwerchfell beginnt die Einatembewegung, indem es sich anspannt. Die äußeren Zwischenrippenmuskeln folgen ihm. In Ruhe übernimmt das Zwerchfell ungefähr 70 Prozent der Atemarbeit.

Die Atempumpe am Ende der Einatmung: Das Zwerchfell hat sich gesenkt, die Rippen haben sich gehoben (gegebenenfalls unter Einsatz der Einatem-Hilfsmuskulatur). So hat sich der Brustraum vergrößert, und die Luft ist eingeströmt.

Wenn sich das Zwerchfell und die Zwischenrippenmuskeln anspannen, entsteht ein Unterdruck. Durch ihn und durch den Flüssigkeitsfilm zwischen den Fellen wird die Lunge auseinandergezogen. Dadurch entsteht nun auch in der Lunge ein Unterdruck, und Luft strömt ein. So wird die Lunge mit Sauerstoff versorgt.

Ausatmung in Ruhe

In Ruhe schwingt das Zwerchfell ohne Kraftaufwand in seine ursprüngliche Position zurück. Ebenso senken sich die Rippen ohne Kraft wieder. Der Atem kann entweichen, damit wird Kohlendioxid abgeatmet.

Die Atempumpe am Ende der Ausatmung: Das Zwerchfell ist zurückgeschwungen, die Rippen haben sich passiv gesenkt (gegebenenfalls unter Einsatz der Ausatem-Hilfsmuskulatur). So hat sich der Brustraum verkleinert, und die Luft ist ausgeströmt.

Einatmung bei körperlicher Belastung

Wenn der Körper sich anstrengt, benötigt er mehr Sauerstoff. Dann werden die Atemzüge schneller, und auch die Atembewegung vergrößert sich. Um das zu erreichen, beteiligen sich die äußeren Zwischenrippenmuskeln nun stärker an der Atembewegung. Außerdem helfen noch andere Muskeln an Hals und Brustkorb mit. Sie ziehen die oberen Rippen nach oben und sorgen so im oberen Lungenbereich für weiteren Unterdruck. Damit vergrößert sich die Lunge auch hier – es wird zusätzlicher Raum für noch mehr Luft geschaffen.

Ausatmung bei körperlicher Belastung

Nach der Ausatmung entsteht eine natürliche Pause, ein Innehalten der Atmung, bis die nächste Einatmung kommen will. Bei Belastung kann die Pause nur einen winzigen Moment dauern, in Ruhe jedoch auch bis zu einigen Sekunden.

Die Dauer der Atmung entspricht etwa folgender Formel:

Ausatmung

1,5

,

Ein Beispiel: Dauert die Einatmung 4 Sekunden, dann dauert die Ausatmung 6 Sekunden und die Atemruhepause 2 Sekunden. Insgesamt dauert demnach ein kompletter Atemzug 12 Sekunden.