Michael Feike
We will die
Buddhismus für Lebenshungrige
1. Auflage
Originalausgabe
© 2014 Arkana Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Lektorat: Diane Zilliges
Satz: Ortrud Müller, Die Buchmacher – Atelier für Buchgestaltung, Köln
Umschlaggestaltung: Uno Werbeagentur, München
Umschlagmotiv: Michaela Doepke
ISBN 978-3-641-12911-8
www.arkana-verlag.de
Inhalt
Vorwort von Ringu Tulku Rinpoche
Intro
Buddhanatur – alles ist gut
Erbsünde oder Buddhanatur – zwei Perspektiven
Du bist nicht dein Auto, dein Konto, dein Schulabschluss, dein Diplom, deine Partei ..
Kick out your concepts!
Die einzige Gewissheit: Reine Bewusstheit
Der reine Geschmack von Tequila
Alle Phänomene sind von Natur aus rein, auch du bist von Natur aus rein
Deine wahre Identität erkennen
Der Schrecken der Situation
Vier Grundgedanken
Erster Grundgedanke: Eine kostbare Gelegenheit
Zweiter Grundgedanke: Du wirst sterben!
Dritter Grundgedanke: Karma – der Lauf der Dinge
Vierter Grundgedanke: Samsara – ewiges Herumeiern
Die Meditation über die vier Grundgedanken
Wie man wird, was man ist
Ein anderer Blickwinkel
Bodhichitta – der wache Geist
Sicht – der Blick eines Buddha
Meditation
Lebensführung
Bodhisattva – Krieger des Lichts
Mögen alle Wesen glücklich sein
Befreiung ist Arbeit
Mitten hindurch!
Buddhageist – Anfängergeist
Kontakte zur Sangha
Literatur und Quellen
Fußnoten
Widmung
Ich widme dieses Buch all den Menschen, die mir halfen und helfen, Leben und Geist zu verstehen:
Lama Tanpai, Zen Kokoro Sensei, meinen verehrten Wurzellamas Ringu Tulku Rinpoche und S. E. Garchen Rinpoche; meinen Eltern und Geschwistern; den Frauen in meinem Leben, insbesondere meiner Gefährtin Jana und Veronika, der Mutter meiner Kinder; meinen Kindern David und Maya; Dr. Albert Hoffmann sowie all den großen und kleinen, klugen und dummen Bodhisattvas, die mir geduldig und liebevoll helfen, die „große Frage von Leben und Tod“ zu klären.
Danke, Philip, für die Schwitzhütte; danke, Christian, für das Kundalini-Yoga; danke, Mario, für die Lieder.
Möge mein Geschreibe irgendjemandem von Nutzen und mögen alle Wesen glücklich sein.
Vorwort von Ringu Tulku Rinpoche
Nur eine Medizin für alle Patienten parat zu haben ist nicht sinnvoll. Wir brauchen unterschiedliche Mittel für die jeweiligen Beschwerden der einzelnen Menschen. In diesem Sinne sind alle Lehren, die uns die großen Religionslehrer hinterließen, nötig und hilfreich in dieser Welt.
Michael gibt in diesem Buch einige wertvolle Ansätze weiter, die er bei seinen Studien großer östlicher und westlicher Traditionen kennenlernte und für sein Leben nützlich fand. Ich bin überzeugt davon, dass sie für sehr viele Menschen der jüngeren Generation ebenso hilfreich bei allen anstehenden Herausforderungen sein werden.
So wünsche ich mir und bete dafür, dass dieses Buch einer möglichst großen Zahl von Menschen von tiefem Nutzen sein möge.
Ringu Tulku Rinpoche
Berlin, 23. 5. 2014
Intro
An einem sonnigen Frühlingstag 1992 inmitten der blühenden Wiesen des bayrischen Voralpenlandes, nicht weit von dem Kloster, in dem das erste christliche Gebet in deutscher Sprache verfasst wurde, sitzt ein tibetischer Mönch in roter Rober im Hof einer alten ausgebauten Scheune. Vor ihm ein schwelendes Feuer, in seinen Händen die rituellen Instrumente, Glocke und Trommel. Rauchschwaden steigen träge in den blauen Himmel, Vögel singen.
Der Mönch intoniert mit tiefem Singsang eine fremdartige, monotone Liturgie. Um ihn herum eine Gruppe devoter, angeturnter Frauen. Vereinzelt vielleicht der ein oder andere ernst dreinblickende Mann darunter und unter einem alten Holztisch am Rand zwei zwölfjährige pubertierende Jungs.
Die zwei langweilen sich ein bisschen. Dieser rundliche, schlitzäugige Priester aus dem Land des Schnees brummt schon seit einer Stunde vor sich hin, wirft ab und zu Süßigkeiten ins Feuer und brummt weiter. Seit einer Stunde! Die zwei rutschen unruhig unter dem Tisch herum, flüstern und kichern. Einer der beiden war meine Wenigkeit. Ich hatte damals keine Ahnung, welche Bedeutung dieser Tag für mein weiteres Leben haben sollte.
Als die Puja endlich ihrem Ende zugeht, fragt der Lama, ob irgendjemand da sei, der einen Segen empfangen wolle. Schweigen in den Reihen der Damen mittleren Alters und Schweigen unter den vereinzelten ernsten Herren. Allesamt scheinbar gesegnet genug.
Da melde ich mich zögernd, von einem unerklärlichen Impuls getrieben. Ich verlasse etwas schüchtern mein Versteck unterm Tisch und lasse mich mit verschränkten Beinen vor dem Lama nieder.
Es folgt ein weiterer tief monotoner Sprechgesang, Glocke und Trommel erklingen, und dann ist es vorbei, der Lama steht auf, rückt seine Robe zurecht und läuft lachend den Kindern hinterher, um ihnen die reichlich vorhandenen süßen Reste des Brandopfers in die Taschen zu stopfen.
Ich bin gesegnet. Es ist der Segen der kostbaren Kagyupa, einer altehrwürdigen Linie von Lehrern und Yogis vom Dach der Welt. Aber davon weiß ich in diesem Moment nichts. Ich habe nur irgendwie das vage Gefühl, dass dieser rundliche, fröhliche Mann in seiner roten Robe nichts mit Sünde, Schuld und Sühne zu schaffen hat, sondern dass Freude und Herzenswärme durch ihn leuchten und dass, so wie ich da sitze, alles in Ordnung ist mit mir.
Alles ist grundlegend gut. Alles ist in Ordnung mit mir, mit den Ladys in ihren besten Jahren, den ernsten Herren, der weiten Welt und ausnahmslos mit jedem Geschöpf weit und breit.
E Ma Ho! »Wie wunderbar!«
Aus dem Tibetischen