Hajo Gellhaus

Die Wunschtaste

Ein modernes Märchen

 

 

 

Inhaltsverzeichnis

Titel

Köln

San Francisco

Alma Ata

Sydney

Kapstadt

Selbst ist der Leser

Nachwort

Impressum neobooks

Köln



Es war einmal in der Zukunft oder war es in der Vergangenheit?

Mick Weber war vor vier Tagen elf Jahre alt geworden und saß in seinem Zimmer. Er starrte auf die Straße, die von dem Haus seiner Eltern zur Kölner Severinsbrücke führte.

Wie so oft dachte er an die Zeit zurück, als er noch alles, aber auch wirklich alles machen konnte. Mick war ein ganz guter Sportler, aber kein überragender. Er liebte Leichtathletik, Fußball und auch Basketball.

In der Leichtathletik hatte er schon 27 Urkunden gewonnen und die von der Kreismeisterschaft über 4 x 50 m hing noch immer über seinem Bett. Er war als zweiter Mann mit seinen Jungs des TuS Köln rrh. gelaufen und hatte den großen ASV geschlagen. Bei dem Staffellauf war er gegen einen um drei Zehntel schnelleren Jungen gerannt. David hatte den Stab an dritter Stelle liegend von Patrick Schulz aus der Elmstraße übernommen, der ihn von Torsten Herbst bekommen hatte, übergab ihn als erster an Dominik Krause, genannt Kralle, und der sprintete dann auch als Sieger ins Ziel. Ja, Mick konnte in der Kurve schneller laufen als auf der Geraden – damals.

Beim Fußball erzielte er in seiner letzten Saison 17 von 81 Toren seiner Blau-Weißen. Obwohl er nicht am besten dribbeln konnte, stand er irgendwie immer da, wo der Ball hinkam. Sein bester Freund Kralle sagte deshalb „Tormaschine“ zu ihm, und sein Papa nannte ihn „Messi“, weil der auch so viele Tore schoss – damals.

Auch im Streetball war er gut, er hatte viel Puste und konnte auch ab und an einen Drei-Punkte Wurf erzielen – damals.

Außerdem konnte er Schwimmen, Fahrrad fahren, Tennis spielen, eigentlich hatte er schon fast alles ausprobiert – damals – bis dieser Scheiß-Unfall passierte.

Wie nach jedem Leichtathletik-Training bewegte er sich mit seinem Waveboard nach Hause. Es war gegen 18 Uhr, als er auf der Höhe des Hyatt-Hotels den Zebrastreifen überqueren wollte. Auf der Straße lag eine leere Schnapsflasche, die irgend so ein Idiot dahin geworfen haben musste. Ein Motorradfahrer brauste heran, begann rechtzeitig genug vor dem Zebrastreifen zu bremsen, er übersah die Flasche und fuhr darüber. Der Vorderreifen platzte und der Fahrer kam ins Straucheln, konnte die Maschine aber nicht mehr halten und überfuhr Mick.

Mick war drei Monate im Krankenhaus gewesen und musste 48-mal zur Krankengymnastik.

Zum Glück hatte er keine Schmerzen, außer wenn er Treppen steigen oder springen wollte, dann drückte es irgendwie in den Knien. Dieser Zustand sollte sein Leben lang so bleiben. Seine Eltern hatten ihn von Arzt zu Arzt geschleppt, sogar in Boston waren sie mit ihm gewesen, aber helfen konnte keiner der Ärzte.

Nach diesem schrecklichen Unfall war er ganz schön deprimiert und hatte zu nichts, aber auch zu gar nichts Lust. Von seinem Sport wollte er absolut nichts mehr wissen. Er hatte die Staffelurkunde von der Wand gerissen und den Football, den Basketball, die Tennisschläger und überhaupt alles, was mit Sport zu tun hatte, in die Rumpelkiste gefeuert.

Seine Eltern schimpften nicht. Sie versuchten ihn aufzumuntern und brachten ihn dazu, sich ein neues Hobby zu suchen. Deshalb hatte er seinen eigenen PC mit Internetanschluss bekommen und mittlerweile spielte und surfte er oft. Der Sport interessierte ihn wieder wie vorher, nur er konnte halt nirgendwo mehr mitmachen. Auch die Staffelurkunde hing wieder an ihrem Ehrenplatz. Mick war sehr beliebt, aber er wurde doch immer seltener zu Feten eingeladen, da er ja nicht mehr mittoben konnte. In der Schule war er auch wieder im vorderen Drittel, nachdem er seinen Durchhänger nach dem Unfall gehabt hatte. Mit Kralle verbrachte er weniger Zeit, denn Kralle war dauernd unterwegs zum Laufen, Fußball spielen usw.

Mick surfte nun in allen Sportdatenbanken und schickte jede Menge Mails mit den neuesten Witzen und Bildern an seine sieben Klassenkameraden, die auch eine E-Mailadresse hatten. Auch mit Jenny Meyers, die eine Cousine von Patrick Schulz war und von der dieser seine coolsten Mails hatte, tauschte er sich aus. Mick dachte sich, wenn die Jenny so viele Zeichnungen und Gags hatte, konnte er auch direkt mit ihr mailen. Das klappte gut, war aber schwierig, denn Jenny wohnte in San Francisco und sprach nur Englisch. Aber sie hatte viel Zeit, weil sie auch krank war. Sie konnte aufgrund eines Wundstarrkrampfes ihr rechtes Bein nicht mehr richtig bewegen.

Mick hoffte aber eigentlich immer noch, dass es wieder so wäre wie damals. Er besann sich und hörte auf, aus dem Fenster zu starren, denn eigentlich wollte er noch die neuesten Weichei-Sprüche an die sieben Freunde und eine Mail an Jenny schicken. Nun registrierte er erst auf dem Bildschirm:

Sie haben eine neue Mail.

„O.K.“ oder „Direkt öffnen.“

Er klickte „Direkt öffnen“ und wosch, es war, als säße man in einer Rakete, die am Mond und am Mars vorbeiflöü