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Prosa bei Lektora

Bd. 43

Jan Philipp Zymny

HENRY FROTTEY

SEIN ERSTER FALL: TEIL 2 – DAS ENDE DER TRILOGIE

Ein Roman in Schwarzweiß

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Erste Auflage 2014

Alle Rechte vorbehalten

Lektora GmbH

Cover: Markus Freise

ISBN: 978-3-95461-023-5

Inhalt

Kapitel 1: Mord in the Jugendherberge

Kapitel 2: Down in Schikargo

Kapitel 3: Where’s the Mord?

Kapitel 4: Coffee and Cigarettes with the Lady _

Kapitel 5: Bang! Bang! Mord! Mord!

Kapitel 6: Dream Noir

Kapitel 7: image – A Dish Served nach Mörder Art

Kapitel 8: Car Chase City

Kapitel 9: Wunst and Even More Mord

Kapitel 10: Henry Frottey macht Urlaub auf dem Reiterhof

Kapitel 11: Will All That Mord Ever Stop? Seriously, What the f@$%?

Kapitel 12: The CruciFiction

Kapitel 13: E – wie Elefant

Kapitel 14: Die Geburt eines Helden

Kapitel 15: N – wie Nachttischschublade

Kapitel 16: Der Haken der verzögerten Erlösung

Kapitel 17: T und L – wie Teebeutel und Laminat

Kapitel 18: Wenn Traum zu Realität wird, ist Fantasie eine tödliche Waffe

Kapitel 19: E – wie der Buchstabe E

Kapitel 20: Mensch Verfolgungsjagd Stadt

Kapitel 21: M – wie Mandeln

Kapitel 22: Henry Frottey Takes a Day Off at the Zoo

Kapitel 23: A und N – wie Asbest und Nichts

Kapitel 24: Der böse Überplan des Todes und die Trilogie des Endes

Epilog

„Ist es Wahnsinn, so hat es doch Methode.“

Polonius

Kapitel 1: Mord in the Jugendherberge

Da war er nun – der berühmte Privatdetektiv Henry Frottey erwachte in dieser altehrwürdigen Jugendherberge – und fühlte sich erst mal doof.

Seine Gedanken rasten immer noch nach den Ereignissen der letzten Tage. Ob er wohl lieber von einem Dutzend entengroßer Pferde oder von einer pferdegroßen Ente niedergetrampelt werden wollen würde? Leider kam er zu keinem befriedigenden Ergebnis und musterte missmutig sein Zimmer.

Anscheinend war alles zu seiner vollsten Zufriedenheit hergerichtet worden, sogar die dreihundert Ü-Eier und die eine Million Snickers hatte man ihm in die Minibar gelegt, genau wie er es angeordnet hatte. Henry dachte nicht daran, auch nur eine der Süßigkeiten tatsächlich zu essen. Nein, er wollte sie nur in seiner Nähe wissen, falls er plötzlich die Schlacht der Spartaner gegen die Perser bei den Thermopylen nachspielen wollte. Das Wiederaufführen historischer Schlachten mit Süßkram gehörte zu seinen liebsten Hobbys. Nur dafür hatte er überhaupt Urlaub genommen …

Doch halt! Was war das?! War das etwa ein Mord?! – Nein, „das“ war nur eine Visitenkarte, die auf seinem Hochbett lag. Darauf stand:

„Willkommen in der Jugendherberge Wüppenhorst, Mr. Frottey“

Das konnte doch wohl nicht wahr sein! Der Privatdetektiv ärgerte sich, dass sein Name wie Handtücher klang.

Zornig blickte er aus dem Fenster, um sich abzulenken. Auf der Straße fuhr ein Käfer vorbei und Henry wunderte sich, denn so was sah man heute nicht mehr häufig. Der Käfer steuerte einen grauen Citroën 2CV, im Volksmund auch als „Ente“ bekannt, über die Fahrbahn.

Hm, dachte der Privatdetektiv und wollte gerade diese aufmüpfige Visitenkarte zerknüllen, da hörte er einen Schrei. Einen Schrei, wie ihn ein Mädchen mit dem Vornamen Sändi ausstieß, das sich gerade im Gemeinschaftsbad die Zähne putzen wollte, dann aber überraschend von einer 1,86 Meter großen, dreiundsiebzig Kilogramm schweren Person mit schwarzgefärbten Haaren mit einem Nagelknipser das Rückgrat durchgeknipst bekam.

Henry konnte über neuntausend verschiedene Mordszenarien am Geräusch unterscheiden, quasi jedes Instrument aus der Symphonie des Todes heraushören.

Kurz überlegte Henry, ob er der Person helfen sollte, die da geschrien hatte. Er legte sich wieder auf sein Hochbett, um schärfer nachdenken zu können und eventuell schon mal Kräfte zu sammeln für eine gezielte kriminalistische Aktion wie eine Verhaftung, eine Verfolgungsjagd oder eine Untersuchung des Tatorts. Kurz darauf war er eingeschlafen. Jemandem, der so einen Schrei ausstieß, war auch nicht mehr zu helfen, da brachte es gar nichts, wenn er jetzt rumstresste.

Als er wieder erwachte, fühlte er sich ganz kribbelig. Er hatte auf seinem Arm gelegen, daraufhin war erst dieser eingeschlafen und dann sein restlicher Körper. Außerdem hatte er geträumt, dass er auf dem Gasometer in Oberhausen stand und auf einem irrwitzig kleinen Dudelsack „Pokerface“ von Lady Gaga spielte. Dann hatte es angefangen, Batterien und Döner zu regnen, worauf Henry die Hose runterließ, im Kreis pinkelte und rief: „Tsk! Tsk! Tsk! Ich bin ein Rasensprenger!“

Henry träumte immer einen Kack, das war unglaublich. Ob das wohl damit zusammenhing, dass er als Kind so häufig Bronchitis gehabt hatte? Damals hatte er oft mit einem Handtuch über einer dampfenden Schüssel gehangen und inhaliert. Er konnte sich allerdings nicht dafür verbürgen, was seine Mutter ihm sonst noch hineingemischt hatte. Die war nämlich ein komischer Vogel. In Wahrheit war seine Mutter ein weiblicher Albatros – eine Albatrine –, aber das tut jetzt nichts zur Sache, dachte der Detektiv.

Er sah auf die Uhr. Mist, gleich neun! Er musste sich beeilen, wenn er rechtzeitig im Speisesaal ankommen wollte. Sein Rhythmus durfte nicht gestört werden. Henry aß nämlich stündlich, ganz egal was, damit, wenn jemand ertrank, er sagen konnte, dass er noch nicht wieder ins Wasser dürfe. Immerhin war er Privatdetektiv und nicht David Hasselhoff.

Hastig verließ er sein Zimmer. Vor dem Klo auf dem Flur hatte sich eine Traube aus Gästen der Jugendherberge gebildet. Sie schmeckte vorzüglich. Die Leute starrten in den Waschraum, in dem eine Frauenleiche lag. Jemand rief: „Ist ein Arzt anwesend?“

„Ja!“, kam es aus der Menge.

„Gott sei dank“, sagte der Erste, holte ein Klemmbrett hervor, machte einen Haken darauf und fragte: „Ist ein Maurer anwesend?“

„Hier! Hier! Hier! Ich! Aber ich bin auch Rennfahrer“, meldete sich ein Mann. Er hatte keine Arme und Beine. Wie meldete der sich dann eigentlich?

Henry verfolgte im Hintergrund, wie die Anwesenheit einiger Berufsgruppen geprüft wurde. Auch selbstständige Landschaftsarchitekten, Raketenwissenschaftler und Hausmeister waren ordnungsgemäß vertreten. Wie hypnotisiert starrte er auf die Blutlache, die sich wie der Phlegethon über den grau gekachelten Grund des Gemeinschaftsbades ergoss.

Das arme, arme Mädchen. Da muss jemand gerechtigkeitsfördernd aktiv werden – oh, es wird Zeit zu essen, dachte Henry und wollte sich unauffällig aus der Gruppe entfernen. Jedoch erkannte ihn ein x-beliebiger Mitbürger: „Entschuldigung, sind Sie nicht der berühmte Privatdetektiv Henry Frottey?“

„Pfff … ungern“, sagte Henry und ärgerte sich, dass sein Name wie Bademantel klang.

Vollkommen unbemerkt schlich er weiter, bis er den Frühstücksraum erreicht hatte. Am Tisch gegenüber lästerten zwei Frauen über ihn, aber es war okay, denn sie benutzten die Gebärdensprache und Henry verstand nicht. Trotzdem regte er sich auf! Er schrie durch den Raum: „Wer gebärt, der lügt!“, dann fiel ihm jedoch ein, dass sie ihn ja gar nicht hören konnten. Wütend bewarf er sie mit Islam und – zack! – Burkas. Die Frauen waren nun verhüllt und konnten nicht mehr verstehen, was sie sich deuteten. Es ist, als würden zwei schwarze Gespenster einen komplizierten Ghettohandschlag aufführen, dachte der Detektiv und machte sich auf zur Bushaltestelle vor dem Haus. Warum, blieb auch ungeklärt.

Lange Zeit stand er da, ohne dass ein Bus sich näherte. Gerade, als der Privatdetektiv ausrasten wollte, ging eine sehr, sehr hässliche Frau vorbei und Henry dachte: Hoffentlich … macht die das nicht noch mal.

Sie ließ es. Erleichtert atmete der Privatdetektiv auf. Plötzlich schoss ein Wagen mit verdunkelten Scheiben um die Ecke und hielt mit quietschenden Reifen vor ihm. Die Beifahrertüre flog auf und der Fahrer, ein Mann in Anzug, Hut und Sonnenbrille, rief Henry zu: „Steigen Sie ein! Keine Zeit für Erklärungen!“

Die Nackenhaare des erfahrenen Ermittlers stellten sich wie elektrisiert auf. Lange Zeit hatte er auf diesen Moment gewartet und viele Jahre mit der Vorbereitung verbracht. Nun wusste er, was zu tun war und reagierte sofort. Er brauchte nur den Bruchteil einer Sekunde, um die Situation richtig einzuschätzen und dementsprechend weiter zu verfahren. Zögern war weder angebracht noch erforderlich. Wenn sich einem eine derart einmalige Chance bot, musste man sie unverzüglich ergreifen. Man durfte nicht zaudern, nicht lamentieren und keine Unsicherheit zeigen, sondern musste im selben Augenblick handeln; quasi keine Sekunde ungenutzt verstreichen lassen. Welchen Sinn hätte es gehabt, zu verzögern oder gar Zeit zu schinden? Viele Anfänger brauchten einfach zu lange, weil sie sich in unnötigen Eitelkeiten ergingen, wie unauffällig nach links und rechts zu schauen oder den Mantelkragen hochzustellen. Aber er nicht. Nicht Henry Frottey! Er war Profi, darum handelte er auch unfassbar schnell. So schnell, dass es einem unerfahrenen Beobachter vorkommen mochte, als habe der Privatdetektiv überhaupt keine Reaktionszeit. Aktion – Reaktion. Der Impuls machte gar nicht erst den Umweg über sein Gehirn, sondern äußerte sich direkt in einem Wort:

„Nein!“, brüllte Henry und knallte die Wagentüre zu, genau so, wie es seine Mutter ihm damals beigebracht hatte. Nur Anfänger stiegen zu fremden Männern in Autos mit verdunkelten Scheiben. Henry lebte nach drei einfachen Regeln: 1. Niemals zu einem Fremden ins Auto steigen. 2. Alle Angestellten müssen sich die Hände waschen. Und die 3. Regel … fiel ihm gerade nicht ein, aber sie war wohl mit Abstand die wichtigste, dessen war er sich absolut sicher.

In dem Moment offenbarte die geschulte Beobachtungsgabe des Detektivs ihm eine Frau im roten Cocktailkleid. Ein rotes Kleid? Das verwunderte ihn.1

Die Frau war aber sehr dick. Tatsächlich trug sie das Cocktailkleid nur am linken kleinen Finger. Henry stieg in die Dicke ein.2

Er hatte sie mit dem Bus verwechselt.3

Das tat ihm echt leid und er wollte sich gerade entschuldigen, doch da merkte er, dass die Frau von innen wie ein Raumschiff ausstaffiert war. Brücke, Holodeck, Warp-Antrieb – alles da. Er startete die Frau und flog mit ihr in den Weltraum davon. Dabei drang die Dicke in Galaxien vor, die noch nie ein Privatdetektiv zuvor gesehen hatte. Hinterm Mond wollte Henry rechts abbiegen.

Er erinnerte sich daran, wie sein Großvater ihm den Unterschied zwischen rechts und links erklärt hatte. Sein Großvater hatte gesagt: „Junge, rechts ist da, wo der Daumen links ist.“ Das hatte jahrelang auch tatsächlich funktioniert, doch jetzt fand Henry heraus, wie man seine Hände umdreht. Wütend und völlig frustriert wendete er sein Raumschiff und kehrte zur Erde zurück. So merkte er nicht, was dort hinter dem Mond bereits lauerte.

Sarim Mosk, eigentlich Sarim al Shalad ibn Dürüm Zwiebelscharfallesdrauf bin Mosk, betrat den Tatort. Er war der zuständige Kommissar und das, was man allgemein unter erfolgreicher Integration verstand. Manchmal wunderte er sich, wie sich die Gesellschaft für seine Erfolge auf die Schulter klopfte. Er gehörte zu den letzten Polizisten, die noch ernsthaft arbeiteten.

Sein Blick glitt über die Szenerie. Das Gemeinschaftsbad einer Jugendherberge. Duschen, Waschbecken und Toilettenkabinen. Alles mit Blut bespritzt und mittendrin ein mit einer schwarzen Plane verhüllter Körper. Überall wuselten die Leute der Spurensicherung herum, machten Fotos, leuchteten das Zimmer mit Scheinwerfern aus oder verpackten gelangweilt Nebensächlichkeiten in Tüten.

„Also, was haben wir hier?“, fragte Sarim in die Runde und nahm sich einen Kaffee von einem jungen Polizisten, der, etwas grau um die Nase, neben der Türe stand, als sei er allein zum Zwecke des Kaffeereichens dort aufgestellt worden.

„Ein Mädchen. Schätzungsweise vierzehn Jahre alt“, antwortete der Gerichtsmediziner und schlug die Abdeckung zurück. Der Kaffeeträger stieß auf und wandte den Blick ab. „Augenscheinlich eine Albina, halb asiatischer, halb europäischer, vermutlich schottischer, Abstammung. Sie hat keine Abwehrverletzungen an Armen oder Händen, nur diese eine Wunde am Rücken.“

„War das die Todesursache?“

„Höchstwahrscheinlich.“

„Dann hat sich wohl jemand von hinten an sie rangeschlichen und sie überrascht“, mutmaßte der Kommissar.

Der Gerichtsmediziner nickte und deutete auf den Rücken der Leiche: „Sieht aus, als ob ihr jemand mit einem Bolzenschneider oder etwas Ähnlichem das Rückgrat durchtrennt hat.“

„Wie bitte?“ Sarim Mosk beugte sich herunter. Deutlich erkannte er die Verschiebung der Wirbel ober- und unterhalb der Verletzung.

„Es war kein Bolzenschneider, sondern ein Nagelknipser.“ In der Türe lehnte Henry Frottey. Er trug eine Sonnenbrille, rauchte, kaute dabei Kaugummi, spielte Jo-Jo, betrachtete seine Fingernägel, schnipste eine Münze und mischte ein Kartenspiel. Mal wieder hatte er sich nicht entscheiden können, was er tun wollte, um möglichst cool zu wirken. Ein Mangel an Geschicklichkeit und zusätzlichen Armen führte nun dazu, dass er auf der Zigarette kaute, sein Kaugummi Feuer fing und Münze und Karten wild durch die Luft flogen, während sich das Jo-Jo bedrohlich fest um seine Stirn schnürte. Einzig die Sonnenbrille saß perfekt. Henry wäre angesichts dieses vermasselten Auftritts am liebsten explodiert, doch in dem Moment tauchte hinter ihm ein Polizist auf und versuchte, sich vorbeizudrängeln.

„Herr Kommissar, Entschuldigung, ich habe ihn auf dem Parkplatz gefunden, wie er huckepack auf einer stark übergewichtigen Frau ritt und dachte, Sie …“ Entschlossen schob er sich zwischen Henry und dem Kaffeeanreicher durch, verhedderte sich mit dem Bein in einem Kabel und fiel. Dabei riss er seinen jungen Kollegen und einen der Scheinwerfer mit sich zu Boden. Der siedend heiße Kaffee landete auf dem Privatdetektiv, die Lampe hinter ihm, während ein Knabenchor über den Flur geführt wurde, welcher für ein Seminar angereist war und nun einen anderen Teil der Herberge beziehen musste.

Aus der Perspektive von Sarim Mosk ergab sich nun folgendes Bild: Vor ihm in der Türe ein nasser Henry Frottey mit ausgebreiteten Armen, schmerzverzerrtem Gesicht und einem Jo-Jo um sein Haupt gewickelt, welches von einem hellen Schein illuminiert wurde. Dazu erklang der sakrale Gesang des Chors.

„Jesus Christus.“ Die Worte plumpsten eher aus dem Mund des Kommissars, als dass er sie aussprach, schließlich war er Muslim.

„Wie haben Sie mich gerade genannt?!“, brüllte der begossene Privatdetektiv.

„Das war gar nicht mal an Sie gerichtet“, gab Sarim zurück, schüttelte den Kopf und fügte in Gedanken hinzu: „Wie egozentrisch.“

„Ach so. Ich dachte, Sie nennen mich ein nach altem Feta stinkendes, begriffsstutziges Radieschen, das so ein grausam entstelltes Gesicht hat wie nach einem Unfall mit Säure oder wenn man mit einer Schere läuft und dann in einen Gartenhäcksler fällt …“

„Wie um alles in der Welt ist es überhaupt möglich, sich so sehr zu verhören, dass derartiger Unsinn dabei rauskommt? Sind Sie schwerhörig, Mann?“

Sarim Mosk rieb sich mit Daumen und Zeigefinger den Nasenrücken und wandte sich ab, während der ungeschickte Polizist wieder auf die Beine kam. „Entschuldigung, lassen Sie mich Ihnen helfen, das wegzumachen.“ Er kramte ein Taschentuch aus seiner Hosentasche und ging auf Henry zu.

„Ach, egal, ich bin erstaunlich saugstark“, meinte der Privatdetektiv. Danach schien er sich über seine eigene Bemerkung zu ärgern.

„Kann mir mal bitte jemand erklären, was hier los ist? Und wer sind Sie eigentlich?“, fragte Kommissar Mosk und deutete mit dem Kinn auf Henry Frottey. Langsam wurde ihm das alles zu ungrau. Er wollte endlich in Ruhe seinen Job erledigen.

„Ich bin der berühmte Privatdetektiv Henry Frottey und …“

„Nie von Ihnen gehört“, unterbrach Sarim. „Würden Sie jetzt endlich den Tatort verlassen?“

„Nein, lassen Sie ihn, Herr Kommissar. Ich kenne ihn. Außerdem wusste er, dass die Mordwaffe ein Nagelknipser war!“, rief der Kaffeeschlepper aus.

Sarim Mosk wandte sich an den Gerichtsmediziner und sah ihn zweifelnd an.

„Genaues kann ich erst nach der Autopsie sagen, aber möglich wäre es“, meinte dieser und zuckte mit den Achseln. „Vielleicht erspart er dir ’ne Menge Arbeit.“

Langsam atmete der Kommissar aus, schaute gen Himmel und murmelte: „Warum ich? … Na gut! Soll er halt machen.“

Währenddessen sammelten sich auf der dunklen Seite des Mondes die letzten interstellaren Kriegsschiffe der außerirdischen Octofrmbl. Sie waren große Wesen mit unterschiedlich vielen, kräftigen Tentakeln, welche einen kurzen, trapezförmigen Rumpf und einen voluminösen Kopf mit enormen Facettenaugen trugen. Über der Mundöffnung befand sich ein Riechfeld aus feinen Zotten, das an einen Schnauzbart erinnerte. Abgerundet wurde das Ganze durch eine magnetische Spiralantenne, die mittig zwischen den Augen saß und der Kommunikation diente. So, wie die Menschheit untereinander Informationen über Schallwellen austauscht, kommunizierten die Octofrmbl, indem sie mit lustig hüpfenden Spiralantennen unterschiedliche elektromagnetische Wellen produzierten. Sich zu unterhalten bedeutete in ihrer Sprache so viel wie miteinander schwingen.

Ihr Plan war es, die Erdlinge von ihren diktatorischen Herrschern zu befreien, da jene für einige terroristische Anschläge auf dem Planeten Octognomp IV verantwortlich gemacht wurden. Im Zuge dieser Befreiung wollte man der Menschheit die Octokratie bringen. Ein Herrschaftssystem, bei dem man bei jeder Entscheidung so viele Stimmen abgeben darf, wie man Tentakel besitzt.

Doch das alles waren vorgeschobene Argumente der octofrmbl’schen Anführer, um ihre wahren galaktopolitischen Gründe zu verbergen. Nur auf der Erde gibt es größere, natürliche Vorkommen einer halbstabilen Zwischenform von Energie und Materie, die sich ausgezeichnet als Raumschifftreibstoff nutzen lässt – nämlich Aspik. Die Erde sollte also in eine Art galaktische Privattankstelle der Octofrmbl verwandelt werden.

Henry Frottey ging auf ein Knie herunter und untersuchte die Leiche, wie es alle seine Detektivvorfahren getan hatten, indem er sie aus sicherer Entfernung mit einem Stock pikste. Was seine Ohren ihm bereits verraten hatten, bestätigten ihm nun seine Augen. Ein schöner Satz, wie ich finde. Das arme Mädchen war hinterrücks erknipst worden. Er durchsuchte ihre Taschen und förderte neben Badeutensilien ein Portemonnaie mit einem Schülerausweis zu Tage. Neben dem Bild stand in großen, grauen Glyphen der Name des Opfers:

Sändi McLin Wu.

Aha, ein Mitglied vom Clan der McLin Wu also. Die McLin Wus waren eine angesehene Familie von Zwergalbinochinesoschotten. „Angesehen“ bedeutete in diesem Zusammenhang, dass Leute Geld bezahlten, um sie anzusehen, da sie Teil einer Schaustellergruppe war, die sich um den bekannten Dichter und Seefahrer Käpt’n Hansen President Jamaica Rumverschnitt scharte.

Auch gründlichste Untersuchungen brachten kaum weitere Hinweise ans Licht. Da half nur noch eins: scharf nachdenken und kombinieren. Henry griff in die Innentasche seines Mantels. Zum Vorschein kam sein Denkhelm. Mit geübtem Griff tauschte er seinen normalen Hut gegen die aus Bronze gefaltete Alternative.

Zwei Schneemänner von der Spurensicherung amüsierten sich hinter seinem Rücken über den Anblick, den er bot. „Den braucht er bestimmt, damit die Außerirdischen seine Gedanken nicht lesen können“, flüsterte der eine.

„Wenn man bei dem überhaupt von »Gedanken« reden kann“, spottete der andere zurück.

Die hatten ja keine Ahnung. In Wahrheit war es genau umgekehrt. Der Denkhelm funktionierte auf Grund seiner konischen Bronzeform als eine Art Megaphon, das seine elektromagnetischen Gehirnwellen verstärkte und direkt in den Weltraum sandte. Seine Gedanken waren das Einzige, das die extraterrestrische Bedrohung davon abhielt, die Menschen auf der Erde zu zermalmen. Das vermutete er wenigstens.

Die letzten Formationsmaneuver der octofrmbl’schen Flotten waren abgeschlossen. Auf der Brücke des Flaggschiffes saß der Kommandant der Invasion, der böse und überaus finstere Lord Jannik, auf einem octonomisch geformten Sessel. Lord Jannik gehörte als Kommandant einer Angriffsflotte zur Elite seines Volkes, darum hatte er acht Fangarme. Die meisten trugen ihrem sozialen Stand gemäß sechs oder sieben, doch alle waren sie gleich geboren worden mit fünf Tentakeln.

„Bereit zum Angriff, Mylord“, meldete ein unterer Offizier mit sechs Fangarmen. Der Kommandant winkte ab. Er schwang mit keinem, der nicht mindestens sieben Tentakel hatte.

Die Invasion konnte beginnen. Verhältnismäßig kurz würde der Angriff dauern, immerhin waren diese Erdenwürmer hoffnungslos unterlegen. Die systematische Ausbeutung der Aspikvorkommen allerdings würde Monate in Anspruch nehmen.

„Mylord, uns erreicht ein Signal von der Erde.“ Lord Jannik hob einen Tentakel und die Nachricht wurde über das Kommunikationssystem der Brücke, eine gigantische magnetische Spiralantenne, die mittig im Raum stand, ausgegeben.

Was nun an die Antennen der Außerirdischen drang, war für sie schlussentlich psychische Folter, übertragen durch Elektromagnetismus. Eine grotesk sinnlose Abfolge von Frequenzen, viel zu laut und vielfach überlagert. Einige Offiziere kauerten in Fötusstellung auf dem Boden, während ein Crewman sich bereits im Wahn die Spiralantenne abgerissen hatte. Der Angriff hatte nicht mal begonnen und war bereits abgewehrt worden – unbewusst, durch die Gedanken des Henry Frottey. Hier ein Auszug:

»Zwölftonmusik erklingt.
Ein Spatz landet auf Emmentaler und zieht sich selbst auf links.
Henrys Gedankenstimme:
„Sie wurde mit einem Nagelknipser ermordet.
Nagelknipser – Fußpflege.“
Sieben Zwerge knabbern an Schneewittchens verhornten Füßen.
Pavarotti, als Gondoliere verkleidet, treibt auf einem Muffin dahin und singt so ungefähr:
„LALALALALA LAAAAA!“
Ein riesiges Auge betrachtet drei Streichhölzer und eine 9-V-Blockbatterie.
Henrys Gedankenstimme:
„Fußpflegestudios werden oft von asiatischen Frauen betrieben.“
Zwei Pandabären wollen ein Spa eröffnen und werden von der chinesischen Regierung gezwungen, sich fortzupflanzen.
Ein Elektrobeat kommt zur Zwölftonmusik hinzu.
Günther Jauch breitet seine Nasenflügel aus und gleitet auf dem Wind davon. Er landet auf Emmentaler.
Henrys Gedankenstimme:
„Ein berühmter Liebhaber von asiatischen Fußpflegestudios war der Jazztrompeter Miles Davis.“
Der im Weltraum schwebende Kopf von Miles Davis wird mit Hummus und Spaghetti-Eis gefüttert.
Es ertönt Beethovens Neunte, von einem alten Faxgerät intoniert.
Ein Kaninchen, das nicht auf den Namen Dr. Butze hört, betreibt ein Internetcafé in Sansibar und verspürt Weltschmerz.
Henrys Gedankenstimme:
„Weitere berühmte Trompeter sind Elefanten.“
Elefanten in Tutus tanzen die Nussknackersuite im Bolschoi und im Publikum sitzt nur Günther Jauch und faucht die ganze Zeit.
Schwanensee in einer Interpretation von Rudis Tilsiter-Tanzkapelle.
Der Emmentaler gebiert den Kopf von Miles Davis, der ausruft: „Seitenbacher Müsli!“
Henrys Gedankenstimme:
„Elefant + Rückgrat. Ein Rückgrat hat vierunddreißig Wirbel. Die Quersumme aus vierunddreißig ist sieben.
Es gab sieben Zwerge, die die Füße pflegten, also Nagelknipser, also Elefant. Elefant und sieben. Das Opfer ist vierzehn, also zwei mal sieben Jahre alt. Zwei. Von Toiletten gibt es zwei Sorten. Männer und Frauen.“«

„… und darum muss in der siebten Kabine dieser Toilette ein Elefant sein!“, rief der Privatdetektiv und riss die Türe derselbigen auf.

In die etwa einen mal einen Meter große Zelle war ein echter Elefant eingelassen worden. Das Rüsseltier war wohlauf, obwohl seine Augen deutlich hervortraten und die Stoßzähne vorne abknickten. Zur Begrüßung trompetete er leise eine kleine Melodie. Henry erkannte sie als den Jingle aus der Seitenbacher-Müsliwerbung. Sein Verdacht hatte sich bestätigt. Wie so oft hatte er recht gehabt.

„Was zur Hölle?!“, rief Sarim Mosk aus, während den meisten anderen einfach nur der Mund offen stehen blieb. Sofort fragte er sich, wie der Mörder einen ausgewachsenen Elefanten unbemerkt in die Jugendherberge und speziell in diese Toilettenkabine geschafft hatte und vor allem – warum überhaupt? „Woher wussten Sie das?“

„Beobachtung, Deduktion, und man muss außerdem amtlich einen an der Murmel haben“, antwortete der angebliche Privatdetektiv und klopfte an seinen Schädel. Sarim Mosk war nicht zufrieden. Erbost wandte er sich an die versammelten Kriminalisten.

„Warum hat keiner von euch bemerkt, dass da ein Elefant drin ist?!“

„Er war eben sehr leise“, meinte der Kaffeeanreicher.

„Wie war das gerade?!“ Eine derartige Respektlosigkeit wollte sich der Kommissar nicht bieten lassen.

„Regen Sie sich ab. Die konnten ihn gar nicht finden. Dieser Fall gehört ins Reich des Anormalen, das ist nicht Ihr Gebiet“, intervenierte Henry. Er war in seinem Element.

„Ach, aber Ihres, oder was?“

„Aber hallo“, gab der Privatdetektiv zurück und machte auf dem Absatz kehrt. Es war Zeit für einen dramatischen Abgang.

Wer außer ihm vermochte derart verstrickte Umstände aufzuklären? Umstände, wo ein normales Gehirn völlig im Dunkeln tappt. Umstände, so mysteriös, dass ihre systematische Enthüllung höchstens weitere Unklarheit schüfe. Umstände, die paradox genug waren, dass sie nur durch noch mehr Verwirrung maximal weit verwirrt werden konnten, um sie zu einem undurchsichtigen Knäuel der Konfusion zu spinnen, welches schlussendlich das Kätzchen der Wahrheit anlockt.

Diese Ermittlungsmethode hatte Henry Frottey sich selbst ausgedacht. Außerdem war er der Einzige, der sie aktiv anwendete, was ihn ungemein …

„Entschuldigung, könnte ich ein Autogramm haben?“ Ein Kaffeebecher wurde ihm entgegengestreckt. Geistesabwesend kritzelte er darauf herum und wollte sich dann auf den Weg machen.

„Würden Sie noch einen trockenen Einzeiler raushauen für mich?“

„Ähhhhh …“, machte der Privatdetektiv. Er hatte nicht zugehört.

Zügig schritt er auf die Bushaltestelle vor dem Haus zu, stieg in den Bus, später in einen anderen und danach in den dritten. Insgesamt musste er achteinhalbmal umsteigen, dann endlich konnte er in den Sonnenuntergang davonfahren. Der öffentliche Personennahverkehr war eine Farce.

Der junge Polizist Jakob Paletos stand im Eingangsbereich einer Jugendherberge. Er kam frisch von der Polizeiakademie, weshalb man ihn kaum etwas anderes machen ließ als Kaffee holen und Berichte schreiben. Dies war sein erster echter Fall und trotzdem hatte er bereits sein großes Idol kennengelernt. Immer noch hielt er den signierten Kaffeebecher in den Händen.

Ihm war klar, dass der Privatdetektiv viel zu tun hatte, aber er war auch der Meinung, dass ein schmissiger Spruch zum Abschied durchaus drin gewesen wäre.

Jakob blickte auf den Kaffeebecher. Er konnte die krakelige Handschrift kaum lesen. Der Privatdetektiv schrieb wie ein Fünfjähriger. Laut sprach er aus, was er zu erkennen glaubte: „Ich überhebe den Knall – Henrob Frottolio … Was soll das denn bedeuten?“

1Anm. d. Verlags: Dies verwundert die Hauptfigur, da dieser Roman, wie eingangs erwähnt, in Schwarzweiß spielt.

2Anm. d. Autors: Hä?

3Anm. d. A.: Aha!

Kapitel 2: Down in Schikargo

Keuchend atmete die Stadt den menschlichen Schmutz aus den Bars auf die Gehwege. In der Ferne ging grau die Sonne auf und das Verbrechen war noch wach, denn das Verbrechen schläft nicht. Wie ein hyperaktives Kind, das die unheilige Erkenntnis gewonnen hat, dass Zucker pur auch ganz gut schmeckt, hopst es durch die Nacht, wühlt in Mülltonnen und lauert mit zitternden Fingern in dunklen Ecken, immer auf der Suche nach mehr.

Eine dem Autor unbekannte Person stolperte durch die dreckigen Gassen, auf dem Kopf schwarzes Haupthaar und in der Tasche einen blutverschmierten Nagelknipser. Überall um sie herum lungerte Gesindel, drückten sich finstere Gesellen in den Schatten4 und tummelten sich zwielichtige Gestalten, die letzten Deals abwickelnd, bevor das erste Licht des neuen Tages sie bannte. Nicht, dass man bei Tag sicher gewesen wäre. Nein! Hier gab es so viel Abschaum, dass man den Schichtbetrieb eingeführt hatte und bei Sonnenaufgang wurde nur getauscht.

Diese Stadt – Schikargo, benannt nach ihren Hauptexportartikeln Skiern und Kargohosen – war ein Dreckloch. Ein Babylon. Ein Sodom und Gomorra. Ein Wuppertal. So was hatte man noch nicht gesehen. Huiuiui, war es dort verkommen. Und wie immer, wenn Sittenlosigkeit und lockere Moral regieren, hatten die Menschen einen Riesenspaß dabei. Bars und Casinos hatten oft tagelang ohne Pause auf. Selbst starke, kräftige Männer wurden am helllichten Tag im Park überfallen, und das von unschuldigen, jungen Frauen.

Dies alles sah der Unbekannte und erkannte, dass er genauso ein Teil des Ganzen war wie zum Beispiel die Kindergärtnerin, die unter der Hand mit Ritalin dealte, die Mafia, die vor lauter Übeltäterei kurz vor dem Burn-out stand, oder die Polizei, die ohne ein gewisses Bestechungsgeld zu kaum noch was zu gebrauchen war.

Wenn irgendwo ein Verbrechen geschah, und der Begriff „Verbrechen“ war in Schikargo sehr locker definiert, tauchte die Polizei zwar auf und untersuchte alles, doch ließ dann erst einmal die Arbeit ruhen. Irgendjemand würde sie schon noch für das Einstellen der Ermittlungen bestechen.

Als diese Praxis immer gängiger wurde, verabschiedete der Stadtrat kurzerhand ein Gesetz, das es Polizeibeamten erlaubte, im Monat ein bestimmtes Maß an Bestechungsgeldern anzunehmen, und sparte so ihre Gehälter. Natürlich gab es auch ein paar weiße Schafe in der Herde, doch der Großteil der Polizisten war hauptberuflich blind, taub und stumm.

Vor einem weißen Haus blieb der unbekannte Humpler stehen und zückte den blutigen Nagelknipser. Langsam näherte er sich der Türe. Ob er wohl einen Mord begehen würde?, fragte sich der Autor. Sein Finger suchte die Klingel, auf dem Schild daneben stand:

„Dr. Visago – Arzt für Füße und Gesicht“

Zweimal knipste die unbekannte Person bedrohlich mit dem Nagelknipser ins Leere, dann drückte sie auf den Knopf. Mit ihren schätzungsweise 1,86 Metern Körpergröße musste sie sich dazu weder besonders hochrecken noch bücken. Ein Klopfgeräusch ertönte. Verwundert drückte der Fremde noch mal auf die Klingel. Es klopfte erneut.

Als die Türe geöffnet wurde, sagte er: „Hey, Ihre Klingel stammt doch aus einem Leslie-Nielsen-Film, oder?“

Der Unbekannte wandte den Kopf zur Türe und erspähte einen weißhaarigen Mann – so einen Opa- oder Onkeltyp, verwirrt, aber freundlich lächelnd, mit großer Nase im Bärchenschlafanzug.5

„Kommen Sie doch erst einmal rein, mein Guter. Möchten Sie einen Kaffee oder Tee oder einen Becher heiße Butter?“ Der Mann mit dem Nagelknipser lehnte ab, wurde hereingezogen und auf einer Couch drapiert. Bedrohlich knipste er in Richtung des Arztes.

„Was kann ich dieses Mal für Sie tun?“, fragte dieser. „Hat es wieder mit Ihren eingewachsenen Zehennägeln zu tun? Da hilft bestimmt gutes altes Schweineschmalz.“

„Sie haben mir diesen Nagelknipser gegeben.“

„Und?“

„Und?! Er ist stumpf!“ Zur Bekräftigung seines Argumentes knipste der Unbekannte in ein Blatt Papier. Ein schwacher Knick blieb zurück. „Er ist so stumpf, dass ich bei der Fußpflege abgerutscht bin und mir das Teil volle Kanne in den großen Onkel gesäbelt hab!“

„Aber, aber, Herr Hassmilch …“

Huch! Äh, Moment mal … Hier liegt anscheinend eine Verwechslung vor. Der Unbekannte, der sich als Herr Hassmilch herausstellte, ist gar nicht der Mörder aus dem ersten Kapitel! Da hab ich mich anscheinend vertan. Entschuldigung bitte.

In der Tat handelt es sich um einen Mann namens Kuchengott Hassmilch, der sich wegen seiner problematischen Zehennägel in Behandlung befindet und eine gewisse Ähnlichkeit mit dem gesuchten Mörder aufweist.

Dieser wiederum bleibt wohl weiterhin im Dunkeln. Das kann jedem mal passieren. ’Tschuldigung noch mal. Schnell weiter mit Henry Frottey.

Bei Anbruch des Mittags saß der Privatdetektiv in seinem Büro. Ein leicht schäbiger, grauer Raum, über dem er in einer engen Zweizimmerwohnung hauste. Überall stapelten sich Akten, viele davon seltsam beschriftet: „Der Sockendieb im Trockner“, „Wer hat den Keks aus der Dose geklaut?“, und ein ganzer Karton trug den Titel: „24 Stunden Antitranspiration – Die größte Lüge der Menschheit“. Henry suchte die Kriminalität im Kleinen und fand sie auch.

Gerade letzte Woche hatte er das Mysterium gelöst, wie die Milch vor seine Haustür kam. Dabei hatte er eine ruchlose Gang ausgehoben, die arglosen Bürgern in den frühen Morgenstunden Molkereiprodukte auf die Schwelle schmuggelte. Sie nannten sich selbst „Die Milchmänner“. Ihr Plan war einfach, aber diabolisch. Mit Hilfe von Glasflaschen, der Sonne und einem bequemen Service jubelten sie der Bevölkerung Milch unter, der es auf Grund der morgendlichen UV-Strahlung massiv an Calcium und Vitaminen gebrach. Eine derartige Teufelei konnte der Privatdetektiv nicht tolerieren. Er war ein Mann, der seine Spurenelemente brauchte.

Plötzlich klingelte das Telefon und gleichzeitig klopfte es an der Türe. Henry atmete tief durch, konzentrierte sich und handelte.

Verdammt, dachte er noch, als er mitten im Raum stand, die Türe an sein Ohr presste und das Telefon anschrie, es möge doch endlich hereinkommen. Irgendwann brach das Klingeln schließlich ab und der Privatdetektiv konnte sich wieder beruhigen. Langsam stellte er das Portal an seinen angestammten Platz zurück und setzte sich hinter seinen Schreibtisch.

Herein kam eine umwerfend schöne Frau. In jedem Fall gibt es eine umwerfend schöne Frau. Schon, als sie die Türe öffnete, wusste Henry, dass sie Ärger bedeuten würde. Instinktiv griff der Privatdetektiv nach seiner Magnum. Auch die unnahbarsten Frauen waren weich geworden, als er ihnen ein leckeres Eis angeboten hatte.

„Möchten Sie ein Eis, schöne Frau?“, fragte Henry und lächelte verführerisch.

„Danke, aber ich bin laktoseintolerant“, antwortete sie.

„Na, dann nicht“, meinte der Privatdetektiv, zuckte mit den Achseln und steckte das Magnum wieder in den Holster.

„Und Sie sind wirklich der berühmte Privatdetektiv Henry Frottey?“ Die schöne Frau sah ihn skeptisch an. Henry ärgerte sich, dass sein Nachname wie Waschlappen klang. Unterm Tisch ballte er die Faust.

„Warum sollte ich es nicht sein?“

„Weil Sie mir Eis anbieten … Vielleicht sind Sie nur ein Eismann, der sich als Detektiv ausgibt.“

„Nein, nein, hahaha, das wäre ja verrückt!“, lachte er und schob verlegen mit dem Fuß eine Langnese-Kühlbox hinter einen Aktenstapel.

„Schade“, sagte die unbekannte Schöne und leckte sich leicht über die Lippen. „Ich steh auf Eismänner.“

Verdammt!, dachte er. Schnell das Thema wechseln. „Äh … Mit wem hab ich eigentlich das Vergnügen?“ Henry musterte sie. Die Schöne schob eine Visitenkarte über den Schreibtisch. „Lady Maria Strumbert“, las der Privatdetektiv und überlegte, dass es wohl ein französischer Name und darum das letzte T stumm war.

„Tja, Lady Strumber, was kann …“

„Es heißt Lady Strum, Mr. Frottey“, unterbrach die Frau und blinzelte ihm zu.

„Ach so“, grummelte der Privatdetektiv. „Ich dachte, nur das T sei stumm.“

„Nein, tatsächlich ist die ganze zweite Silbe stumm.“

Vier Buchstaben ohne Nutzen an seinem Nachnamen zu führen, das muss Dekadenz sein, dachte Henry und nickte anerkennend.

Generell war die Familie Strum für ihren unverschämten Reichtum bekannt, den sie durch ihr Textilienimperium erworben hatte. Ihre erfolgreichsten Artikel waren Socken und Kargohosen gewesen. Als sie dann vor Kurzem so reich geworden waren, dass sie bis in die fünfte Generation nicht mehr arbeiten mussten, hatte das Familienoberhaupt Adalber Strum, Maria Strums Schwiegervater, aus einem Anflug von Größenwahn heraus entschieden, dass die Sockenproduktion eingestellt und durch sein Steckenpferd Käse ersetzt werden sollte. Dementsprechend änderte er das Familienmotto zu: Res primus id olet – Hauptsache, es stinkt.

„Ach, ich darf gratulieren? Haben Sie nicht erst kürzlich in die Strum-Familie eingeheiratet?“

„Das habe ich. Vielen Dank, und genau darum geht es“, sagte Lady Strum, schlug die Beine übereinander und zündete sich eine Zigarette an. „Oder besser gesagt um meinen Mann – Horatio Strum.“ Sie blies Rauch zur Decke hinauf und entblößte dabei ihren eleganten Hals. „Er wurde entführt.“

Der Privatdetektiv horchte auf. Entführung, das tägliche Brot eines Detektivs und in Schikargo durchaus an der Tagesordnung.

Für Töchter von Familien, die was auf sich hielten, gehörte es zum guten Ton, sich mindestens einmal vor der Hochzeit entführen zu lassen. Das suggerierte Wohlstand, denn nur, wo es was zu erpressen gab, wurde auch entführt.

Doch dieser Brauch sorgte auch für Neid und Missgunst unter den alten Damen reicher Sippen. Beim nachmittäglichen Kaffee wurde dann zwischen Keksen und Pflaumenkuchen der neueste Klatsch verbreitet:

„Weißt du, wen sie wieder entführt haben?“

„Nee, wen denn?“

„Die Tochter vom Knüst.“

„Nein!“

„Doch. Schon das dritte Mal diesen Monat.“

„Nein!“

„Wenn ich es dir doch sage.“

„So ein Angeber, der Knüst, so ein Angeber.“

„Jaja, ja … der hat doch gar nicht so viel Geld. Weißt du, was ich gehört habe?“

„Nein.“

„Der entführt seine Tochter selbst.“

„Nein!“

„Doch, doch. Damit wir denken, der wär so reich.“

„Nein. Nein, so ein Angeber. So ein alter Lump. Entführt seine Tochter selbst!“

„Ja, und das dreimal allein diesen Monat.“

„Manche Menschen haben keinen Anstand.“

„Schlimm so was. Ganz fieser Charakter.“

„Schrecklich.“

„Kein Funken Ehre im Leib, nein.“

„Dass wir da nicht drauf gekommen sind!“

„Ich könnte mir auch in den Arsch beißen!“

Der Privatdetektiv holte sein Notizbuch hervor. Ein erfolgreich gelöster Entführungsfall würde ihn finanziell über Monate hinweg absichern. „Haben Sie denn schon einen Erpresserbrief erhalten?“, fragte Henry.

„Ja, hier, ich habe ihn mitgebracht“, sagte Lady Strum und reichte ihm ein Blatt Recyclingpapier, auf das die typischen ausgeschnittenen Lettern geklebt waren. Auf Grund von Größe und Schriftart vermutete der Detektiv, dass sie aus der Schikargoer Tageszeitung stammten. Kein gutes Indiz. Dann widmete er sich dem Inhalt und las laut vor:

„Sehr geehrter Herr Strum,

hiermit möchte ich Ihnen mitteilen, dass es mir durch Trug und List gelang, Ihren werten Herrn Sohn in meine Gewalt zu bringen. Es liegt mir durchaus fern, Geld, Gold oder anderen weltlichen Tand von Ihnen zu fordern. Mein Anliegen ist viel eher folgendes. Ich will Ihnen einen wirtschaftlichen Rat geben: Es war ein Fehler, die Sockenproduktion einzustellen. Denken Sie an unsere Vereinbarung!

Ich erwarte Ihre Antwort bis heute Abend und verbleibe hochachtungsvoll, Ihr

E. von E.“

„Wann haben Sie das erhalten?“ Hoffentlich war es nicht schon zu spät. Henry fürchtete um seine Bezahlung.

„Heute morgen mit der Post“, sagte Lady Strum und blies erneut Rauch Richtung Decke. Dann fuhr sie fort: „Aber das spielt keine Rolle. Mein Schwiegervater hat verlauten lassen, dass er niemals von der Käseproduktion zurücktreten wird. Und seinen Sohn eh nie wirklich gemocht hat. Mit anderen Worten, Mr. Frottey, mein Mann ist eigentlich schon tot.“ Rauch stieg auf.

Eine Pseudowitwe, dachte Henry. Die Abgeklärtheit jedoch, mit der sie ihren frisch Angetrauten für verloren erklärt hatte, verwunderte ihn, doch das bedeutete auch, dass sie Single war.

„Und was wollen Sie, das ich jetzt tue?“

„Ich möchte …“

RING! RING!

„Oh, Entschuldigung bitte. Mein Telefon“, sagte Lady Strum und ging ran.

Die geht aber ran, dachte Henry und bewunderte die Schöne, welche eine entzückend hingebungsvolle Art selbst bei einem Telefongespräch an den Tag legte. Obwohl der Anrufer sie natürlich nicht sehen konnte, vollführte ihre Mimik einen Tanz zur Musik ihrer Stimme. Hingerissen beobachtete der Privatdetektiv seine Klientin, bis sie wieder auflegte.

„Das war mein Anwalt, Mr. Frottey.“ Henry erwachte wie aus einer Trance und ärgerte sich, dass sein Name wie Bettwäsche klang. „Er berichtete mir, dass mein Antrag angenommen sei. Ab heute ist nun auch die erste Silbe meines Nachnamens stumm“, erklärte Lady _. Eine neue Zigarette wurde entzündet.

„Schön und gut, Lady _ …“, setzte Henry an.

„Sie lernen schnell“, warf sie ein, lächelte und verbarg ihr Gesicht hinter einem Schleier aus grauem Dunst.

„Was soll ich denn jetzt in Bezug auf Ihren mehr oder weniger verstorbenen Ex-Mann in spe tun?“

„Ich möchte …“

RING! RING!

„Oh, wie amüsant, wir haben den gleichen Klingelton“, bemerkte Henry und hob ab. Es knackte in der Leitung und eine stark verfremdete Stimme redete drauflos: „Passen Sie jetzt gut auf. Ich weiß, wo Sie sind und was Sie tun.“

„Das ist aber nett. Es ist immer schön zu wissen, dass sich jemand für einen interessiert“, sagte der Privatdetektiv und legte auf. „Gut – dann ist ja alles klar.“

Henry Frottey erhob sich von seinem Stuhl und ging in Richtung Türe. „Ich mache mich sofort an die Arbeit!“ Ohne zu wissen warum überhaupt, stürmte er in die mittägliche Dunkelheit der taghellen Nacht davon. Es war gerade 13:73 Uhr.

Lady _ blieb allein in dem unaufgeräumten Detektivbüro zurück. Weder Zorn noch Verwirrung noch Enttäuschung spiegelte sich in ihrem Gesicht. Nur ein süffisantes Lächeln. Langsam erhob sie sich und schritt um den Schreibtisch herum. Sie griff nach Henrys Telefon. Die brennende Zigarette immer noch im Mundwinkel, wählte sie. Als ein Knacken die erfolgreich hergestellte Verbindung verriet und sich niemand auf der anderen Seite meldete, sagte die Schöne nur drei Worte:

„Er hat angebissen.“ Grauer Dunst umspielte ihre vollen, zu einem sanften Lächeln gebogenen Lippen.

Vor der Haustüre war Henry Frotteys blinder Aktionismus in taubstummes Desinteresse umgeschlagen. Was sollte er jetzt tun? Ins Büro konnte er nicht mehr zurück, nicht nach dem Abgang. Der Detektiv blickte sich um.

Auf der anderen Straßenseite stand ein einsamer Verkehrspylon. Vielleicht war er von Bauarbeitern dort vergessen worden, überlegte Henry. Moment mal, in letzter Zeit hatte es hier doch gar keine Bauarbeiten gegeben. Das konnte nur eins bedeuten …

Aus dem spitzen Ende des Hütchens quetschte sich ein menschlicher Kopf heraus. Kein Zweifel, das konnte nur Kegel-Günther sein. Kegel-Günther war ein mieser, kleiner Gauner gewesen, der alles beim Wetten auf Rennsteine verloren hatte.

Das Steinerennen erfreute sich in Schikargo großer Beliebtheit, nachdem die Zustände bei den Pferderennen untragbar geworden waren. Es gab so viele unterschiedliche kriminelle Organisationen, dass de facto alle Pferde gedopt waren und damit ständig gleichzeitig ins Ziel kamen. Also suchte man eine Alternative, die auf keinen Fall gedopt werden konnte: Steine.

Nach dem großen Backstein-Derby 1973 war Kegel-Günther vor seinen Gläubigern in einen Verkehrspylon geflüchtet. Mit dieser neuen Situation war er recht mittelglücklich, denn obwohl er bis heute von keinem Inkassounternehmen entdeckt worden war, kam er schon nach kurzer Zeit mit der Außenwelt nicht mehr zurecht und entschied sich, für immer das Innere des grau-weiß gestreiften Zauberhutes zu bewohnen. Im Laufe der Jahre hatte sich sein Körper an die neue Umgebung angepasst, sodass sein Skelett ohne die spitz zulaufende Stütze kollabiert wäre.6

Kegel-Günther war Henry Frotteys bester Informant für die Machenschaften der Unterwelt, denn unfreiwillig dauerhaft als Verkehrshütchen verkleidet, bekam dieser einige der krummsten Dinger mit. Jeder dritte Straßenraub wurde aufgeklärt, indem Henry ihn fragte, wer es gewesen war. Der Schutz seiner perfekten Tarnung gestattete es ihm, für die Gerechtigkeit zu streiten.

„Hey, Henry!“, rief Kegel-Günther.

„Hey, KG. Wie geht’s? Alles nach oben spitz zulaufend?“, grüßte der Privatdetektiv zurück und überquerte die Fahrbahn.

„Alles wie immer“, antwortete die Mischung aus Mensch und Baustellensicherung. „Wusstest du schon, dass der Jahrmarkt wieder in der Stadt ist?“

„Was?! Seit wann?!“ Henry war total hibbelig. Nicht nur war das eine gute Möglichkeit, sich vor der hübschen Frau in seinem Büro zu verstecken, Henry liebte den Jahrmarkt abgöttisch.

„Seit zwei Tagen, aber du, ich muss dir noch was sagen …“

„Keine Zeit, ich muss weg. Der Jahrmarkt ist in der Stadt!“, rief der Privatdetektiv im Laufen. „Ich komm später wieder. Danke für den Tipp!“

Lächelnd blickte Kegel-Günther dem Davonrennenden hinterher. Er mochte den wirren Privatdetektiv, der auf den Jahrmarkt ging, auch wenn seltsame Dinge in Schikargo geschahen. Die Stadt war im Wandel. Günther spürte es im Wasser. Das Abwasser murmelte davon in den verdreckten Kanälen. Eine unbekannte Bedrohung bemächtigte sich der Unterwelt und plante etwas Großes, etwas, das nicht nur die Stadt, sondern die Gesellschaft selbst verändern würde. Entsetzliches.

Vor Henry erstreckte sich der Rummel in seiner ganzen Pracht. Die Zelte und Buden waren auf einer großen Wiese am Stadtrand aufgestellt worden, die schon jetzt am Nachmittag vor schaulustigen Leuten nur so wimmelte.

Die Begeisterung des Privatdetektivs kannte keine Grenzen. Wie ein kleines Kind rannte er mit schlackernden Armen umher und bestaunte die Attraktionen, Ausstellungen und ganz besonders die Abnormitäten. Überall gab es etwas zu entdecken, was natürlich ein glücklicher Umstand für Detektive und Archäologen ist.

Nachdem er alles einmal grob in Augenschein genommen hatte und mit den wichtigsten Fahrgeschäften gefahren war, machte er sich auf den Weg, jene Wunderlichkeiten genauer unter die Lupe zu nehmen, die ihn besonders interessierten.

Henry Frottey war ein Jahrmarkt-Profi. Eine einfache bärtige Lady, ein vom Teufel besessener Pudel oder ein Junge, der anstelle eines Kopfes nur ein riesiges Auge auf seinem Hals thronen hatte, konnten ihn nicht mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Da musste es schon etwas besonders Ungewöhnliches geben und das gab es hier en masse, denn dies war auch kein gewöhnlicher Jahrmarkt. Das hatte Henry gleich erkannt. Dies war einer der seltenen Jahrmärkte, die von dem berühmten Dichter und Seefahrer Käpt’n Hansen President Jamaica Rumverschnitt ausgerichtet wurden, jener selbst war aber nie anwesend.

Bald hatte der Privatdetektiv das erste Objekt seines Interesses erreicht, einen verrückten Weltuntergangsprediger. Dieser stand auf einer kleinen Holzkiste zwischen dem Zelt einer Wahrsagerin und dem Stand eines Wunderheilers und schwadronierte. Im Regelfall traf man Weltuntergangsprediger nur in Amerika an, wo sie mit selbstgemachten Schildern bekleidet Straßenecken in New York bevölkerten. Henry fand sie sehr unterhaltsam mit ihren zerzausten weißen Haaren, den abgerissenen Kleidern und der heiligen Aufregung in der Stimme, mit der sie ihre Botschaft hinausposaunten. Beliebte Themen waren neben dem Ende der Welt durch die Apokalypse das Ende der Welt durch Außerirdische und natürlich das Ende der Welt durch die Regierung.

Doch dieser hier schien anders zu sein als seine amerikanischen Kollegen. Er redete gar nicht so viel vom Ende, auch sah er nicht ganz so weihnachtsmannartig aus und er trug kein Schild vor der Brust. Nachdem Henry sich ein Eis gekauft hatte, trat er näher.

„… alle wurdet ihr getäuscht. Lügen haben sie euch erzählt von Gott und davon, wie die Wirklichkeit tatsächlich aussieht. Ich aber sage euch: Es gibt gar keinen Gott! Mit ziemlicher Sicherheit … wahrscheinlich … also vielleicht, keine Ahnung …“

Das war schon recht ungewöhnlich, denn normalerweise waren Weltuntergangsprediger äußerst religiös. Ein atheistischer Prediger. Der Privatdetektiv spitzte die Lauscher.

„JEDENFALLS! Was ich eigentlich sagen wollte … hab ich vergessen … trotzdem: Dies ist gar nicht die wirklich echte Wirklichkeit. Nein! Wenn ihr über all das nachdenkt, was ich euch gerade erzählt habe, dann werdet ihr das auch erkennen. Macht einfach mal die Augen auf. Es liegt genau vor eurer Nase, aber ihr wollt nicht hinsehen. Denkt an meine Worte.“