Die Stimme des Autors und seiner Figuren
Die Kraft der Worte und der Klang der Geschichte
editionfredebold
editionfredebold
ist ein Imprint der
fredebold&partner gmbh
schaafenstraße 25, 50676 köln
Copyright © 2014 by editionfredebold
eBook-Originalausgabe
Deutsche Erstveröffentlichung
Copyright © 2014 by Petra Steuber
Ein Gemeinschaftsprojekt von editionfredebold,
dreizehnachtzehn und Petra Steuber
Gesamtherstellung: fredebold&partner gmbh, Köln
Konzeption und Lektorat: Petra Steuber, Werner Fredebold
Korrektorat: Maike Wintzen
Cover/Grafik: Emir Orucevic
Autorenfoto: © Michael Remmert, Witten
ISBN eBook 978-3-944607-08-5
www.editionfredebold.de
eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net
Die Figuren und deren Namen dieses Werkes sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind nicht beabsichtigt und wären rein zufällig.
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks, oder der Vervielfältigung in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Der Preis dieses eBooks versteht sich einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer
Petra Steuber, geboren 1965 in Unna, wuchs an einer vielbefahrenen Straße zwischen dem Kamener-Kreuz, dem Zaun der ‚Glück auf‘ Kaserne und den Hallen des 3M Werks auf und brauchte, so die Autorin, viel Phantasie, „um nicht vor Langeweile einzugehen“.
In den Jahren 1986 bis 1991 lebte sie in Berlin und sammelte erste Theatererfahrungen in der freien Szene. War bis hierhin ihre in der Kindheit entwickelte Phantasie ihr persönliches Zugpferd, wurde diese Eigenschaft ab 1993 in Gießen bei ihrem Studium der Theaterwissenschaften zur Herausforderung.
Nichtsdestotrotz überreichte ihr die Professorin, Jahre später, gewissensknirschend das Diplom mit den Worten: „Naja. Sie sollten was Kreatives machen“. Fortan ließ sie ihrer Kreativität freien Lauf, bildete sich 2002 bis 2003 zur Drehbuchautorin an der Internationalen Filmschule (IFS) in Köln weiter, erhielt neben dem „Deutschen Kurzkrimi Preis“ im Jahre 2003 auch ein Stipendium der Heinrich Böll Stiftung Achill Island, Irland, das sie 2007 antrat.
Seit 1998 lebt Petra Steuber als freie Autorin, Dozentin und Lektorin in Köln und ist seit 2012 bei dreizehn/achtzehn als leitende Lektorin verantwortlich für die Entwicklung junger Schreibtalente im Alter zwischen 13 und 18!
Inhalt
Einleitung |
Die Rolle der Autorin/ des Autors |
Erstes Kapitel |
Erste Sätze |
Anfänge und wie sie funktionieren |
|
Zweites Kapitel |
Ich-Erzähler |
Der unmittelbare Erzähler |
|
Der bewusste Erzähler |
|
Der Adressat und der Ich-Erzähler |
|
Übung – Ich Erzähler |
|
Selbstdarstellung und der Ich-Erzähler |
|
Nähe und Distanz und der Ich-Erzähler |
|
Übung – Nähe und Distanz |
|
Die Haltung und der Ich-Erzähler |
|
Die Absicht und der Ich-Erzähler |
|
Checkliste- Stimme des Ich-Erzählers |
|
Drittes Kapitel |
Erzähler-Stimme der zweiten und dritten Person |
Erzähler in der zweiten Person |
|
Übung –Erzähler-Stimme in der zweiten Person |
|
Checkliste – Stimme des Erzählers in der zweiten Person |
|
Erzähler-Stimme in der dritten Person |
|
1. Erzähl-Abstände |
|
Auktoriale Erzähler |
|
Personale Erzähler |
|
Erzähler und Dialog |
|
Multi-Perspektive |
|
2. Klang |
|
3. Erzähler-Stimmen |
|
Die emphatische Stimme |
|
Die verschwiegene Stimme |
|
Die sachliche Stimme |
|
Die ironische Stimme |
|
Übung- Erlebnisprotokoll |
|
Checkliste - Stimme des Erzählers in der dritten Person |
|
Viertes Kapitel |
Die Stimme der Figur |
Persönlichkeit und Stimme |
|
Marotten |
|
Dialekt |
|
Kraftausdrücke |
|
Sprechen wie im Alltag? |
|
Checkliste – Stimme der Figur |
|
Fünftes Kapitel |
Dialog |
Die Mehrdeutigkeit der Worte |
|
Die vier Ebenen des Dialogs |
|
Dialog als Teil der Szene |
|
Übung- Dialog |
|
Sprechen für den Leser |
|
Formale Kriterien |
|
Checkliste – Dialog |
|
Sechstes Kapitel |
Grundlangen der Kommunikation |
Die vier Seiten einer Äußerung |
|
Die Sach-Seite |
|
Die Selbstkundgabe-Seite |
|
Die Beziehungs-Seite |
|
Der Appell |
|
Checkliste - Die vier Seiten einer Äußerung |
|
Siebtes Kapitel |
Die vier Ohren – Was macht der Empfänger? |
Hören mit dem Sach-Ohr |
|
Figuren, die nur mit dem Sach-Ohr hören |
|
Hören mit dem Selbstkundgabe-Ohr |
|
Figuren, die mit nur dem Selbstkundgabe-Ohr hören |
|
Hören mit dem Appell-Ohr |
|
Figuren, die mit nur mit dem Appell-Ohr hören |
|
Hören mit dem Beziehungs-Ohr |
|
Figuren, die mit nur mit dem Beziehungs-Ohr hören |
|
Schreiben und Beziehung |
|
Übung – Den Strick drehen |
|
Checkliste – Vier Ohren |
|
Hilfreiches Werkzeug |
|
Achtes Kapitel |
Die Autoren Stimme |
Der Autor, das unbekannte Wesen |
|
Jeder kann schreiben – Ein Mythos? |
|
Angst vor der eigenen Stimme |
|
Fallen auf dem Weg zur eigenen Stimme |
|
Wie sich die eigene Stimme bildet |
|
Sich selbst kennenlernen |
|
Dein Ausgangspunkt |
|
Was für eine Autorin/ein Autor möchte ich sein? |
|
Die Stimme spricht |
|
Neuntes Kapitel |
Präsentation – Wie ich einen Verlag finde |
Den passenden Verlag finden |
|
Vier Dinge |
|
Das Anschreiben |
|
Das Exposé |
|
Die Textprobe |
|
Die Kurz-Biografie |
|
Checkliste - Präsentation |
Einleitung
Die Rolle der Autorin/des Autors
„Selbstvergessenheit ist die erste Voraussetzung des Schriftstellertums.“
>Franz Kafka<
Jedes Schreiben klingt anders. Sobald du deine Gedanken zu Papier bringst, verändert sich der Klang deiner Stimme. Wenn du schreibst klingt deine Sprache anders, als wenn du deinem besten Freund erzählst was gestern passiert ist. Manchmal ist einem das Geschriebene sogar so fremd, als wäre man gar nicht selbst am Werk gewesen.
Denn da geschieht etwas auf dem Weg vom Kopf über den Stift oder die Tasten zum Papier. Das Schreiben an sich bewirkt eine Veränderung, man taucht ab oder ein in eine Welt, die man gleichzeitig selber schafft.
Es ist, als erscheine plötzlich, während des Schreibvorgangs eine neue, bis dahin unbekannte Person, ausgestattet mit der Fähigkeit schnöde Gedanken in wundervolle Worte zu verwandeln. Das bist du – als Autorin/Autor. Das bist du – in der Rolle des Schreibenden.
Jeder Mensch spielt, je nach gesellschaftlichem oder privatem Kontext eine Rolle: du bist die fröhliche Tochter, die aufmüpfige Schülerin, der faule Student, der leistungsorientierte Staubsauger-Vertreter und so weiter. Rollen ordnen und geben Orientierung. Es ist gar nicht möglich immer stabil und gleich gestimmt zu sein, denn jede Situation hat ihre eigene „Wahrheit“, an die wir uns anpassen. Je nach Situation und Ort zeigen wir ein anderes Gesicht – solange man es nicht übertreibt oder eine Rolle spielt, die einem selbst oder anderen schadet – ist das normal und nichts worüber man sich hirn-zermarternde Gedanken machen sollte.
Wenn du also schreibst, nimmst du die Rolle „Autorin/Autor“ an. Als Autor kann man nämlich Dinge, die man im „normalen“ Leben nicht hinbekommt: der Einsame kann über die Liebe und das Glück zu zweit schreiben, der Wütende über den Frieden und die Verlorene über Zuflucht und Heimat.
Introvertierte Autoren schreiben Agententhriller und schüchterne Erotik, während extravertierte Autoren nachdenkliche Gedichte zu Papier bringen und so fort. Vielleicht ist es das, was Kafka meint, du musst dich vergessen – sprich das, was du im Alltag bist, um Autor zu sein. All die Ängste (‚Ich kann das nicht‘) und Hoffnungen (‚Ich werde berühmt‘) musst du vergessen, all das was das EGO (Leistung, Ordnung, Ellbogen, Geld) antreibt, gehört für die Zeit des Scheibens in die unterste Schublade.
Dein Autoren-Selbst hat eine ganz bestimmte Stimme. Sie klingt anders als du. Das ist die „Ober-Stimme“, wenn man so will, denn sie ist die, der dann alle anderen Stimmen folgen: Die deines Erzählers und die deiner Figuren.
Deine Autoren-Stimme ist der große langanhaltende Ton, der sich durch alles zieht, was du schreibst, deine Erzähler-Stimmen sind Variationen dieses Grundtons.
Irgendwann hat man als Autor seine Stimme gefunden, dann erkennt auch der Leser diese Stimme wieder. Wie bei einer Band, die man am Sound erkennt, auch wenn man den Song noch nie gehört hat.
Da die Entwicklung dieser „Ober-Stimme“ am längsten dauert, werfen wir zuerst einen erhellenden Blick auf die Stimme, die als Autor ‚dein täglich Brot‘ sichert: die Stimme deines Erzählers. Sie ist, nicht wie die Autoren-Stimme eine (mehr oder weniger) feste Größe, sondern sie variiert von Geschichte zu Geschichte. Dann schauen wir uns die Stimmen der Figuren an und klären die Grundlagen menschlicher Kommunikation, die fürs Schreiben (u.a. von Dialogen) unerlässlich sind. So ausgerüstet nehmen wir uns die Autoren-Stimme vor und du erfährst, wie du sie entwickeln kannst. Zum Schluss gibt’s noch was Lebenspraktisches. Denn zur Rolle des Autors gehört nicht nur das kreative Schreiben, sondern auch die leidige Aufgabe seine Arbeit gut zu präsentieren, damit ein Verlag aufmerksam wird. Sonst wär‘ alles für die Katz.
Wir nähern uns den verschiedenen Stimmen und ihren Besonderheiten über den Anfang…