Die Fastfoodwerbung ist mit charmant ungeschickten, den wirklich wichtigen Dingen des Lebens (sprich: dem Gelderwerb) verpflichteten Männertypen besetzt. Der klug wirtschaftende, gut kochende Hausmann ist ein – bestenfalls liebenswerter – Ausnahmetrottel. Aber die logische Konsequenz aus der zunehmenden Unabhängigkeit und Vereinzelung selbstbewusster Männer hat eine Konsequenz: Männer gehören an den Kochtopf – sofern sie überleben wollen. Das Männerkochbuch soll das Kochen der Männer vom Kopf auf die Füße stellen. Es ist ein Angebot an den einsichtigen Mann (und ein Geschenk an den uneinsichtigen), und es bietet die Möglichkeit, sich Standards zu schaffen für einen gut organisierten Alltag mit ausgewogener Ernährung. Das Kochen wird nicht als Ausnahmesituation vorgeführt, sondern als eine Lebensqualität. Auf dieser Grundlage wird es jedem möglich sein, eine Küchennormalität herzustellen, von der aus man(n) eigene Ideen entwickeln kann.
Márcia Zoladz, geboren 1954 in Rio de Janeiro, arbeitet in São Paulo als Food-Journalistin. Ihr Buch »Portugiesisch kochen« ist in Deutschland, den Niederlanden und Brasilien erschienen, ferner veröffentlichte sie die Kochbücher »Doces e sobremesas brasileiras« und »Brigadeiros e bolinhas, quitutes doces e salgados de dar água na boca«.
www.cozinhadamarcia.com.br
Márcia Zoladz
Das Männerkochbuch
Für den Mann mit Eigenschaften
Mit einem Vorwort von Max Christian Graeff
Edition diá
Riley roch den Braten
Selbst ist der Mann
Zur Methode
Zur Vorratshaltung
Von Gewürzen und Kräutern
Zu den benötigten Mengen
Zur Zusammenstellung eines Menüs
Zu den Küchengeräten
Die Symbole
Anweisung für Vorspeisen und Häppchen
Paprikapaste
Tapenade
Aioli mit Gemüse
Gefüllte Zucchini
Hummerkrabben auf orientalische Art
Krebsfleisch-Quiche
Honigmelone mit Portwein
Pastete mit Schafskäse
Gebackene Tomaten
Zwiebelkuchen
Krabben-Spinat-Kuchen
Popcorn
Anweisung für Salate
Fundamentales
Chefsalat
Krautsalat
Thunfischsalat
Warmer Kartoffelsalat
Hühnersalat
Linsensalat
Langustinensalat
Muschelsalat
Gurkensalat mit Rettich
Tomatensalat spezial
Blattsalat mit Orange
Grüner Salat mit kalter Tomatensauce
Waldorfsalat
Caesar-Salat
Anweisung für Salatsaucen
Grundsauce
Curry-Vinaigrette
Orangen-Basilikum-Vinaigrette
Vinaigrette mit Pilzen
Gorgonzolasauce
Senfsauce
Petersiliensauce
Anweisung für Suppen
Fundamentales
Fleisch- oder Hühnerbrühe
Möhrencremesuppe
Langustinenbrühe
Gemüsebrühe mit Cappeleti
Pilzsuppe
Anweisung für Nudeln
Bucatini al sugo finto
Farfalle mit Zitrone
Fusilli mit Fischsauce
Zucchinispaghetti António Salomão
Krebsfleisch-Lasagne
Fusilli mit gegrillten Tomaten
Spaghetti mit Thunfisch, Kapern und Zitrone
Fettuccine mit frischen Tomaten
Orzo mit Rosmarin
Pasta à Pierre Louys
Tagliatelle mit Spinat
Tagliatelle mit Nüssen
Lachsravioli nach Art des José Simão
Tortellini mit Tomaten-Minze-Sauce
Anweisung für Reis
Einfacher Reis
Gelb-grüner Reis
Risottos
Risotto funghi secchi da Ada
Langustinen-Risotto
Mailänder Risotto
Risotto mit Miesmuscheln
Anweisung für Fisch
Dorsch mit Senfsauce
Pochierter Dorsch
Thunfischsteak mit Mandeln
Geräucherter Schellfisch
Seezunge im Backofen
Fischröllchen mit Lauch-Sauce
Seehecht mit Zitronensauce
Red Snapper mit Thymian
Meeräsche mit Zitrone
Eingewickelter Rotbarsch
Forelle in Butter
Frittierte Garnelen
Gegrillte Garnelen und Tintenfische mit Aceto balsamico
Anweisung für Geflügel
Wachteln
Brathähnchen (Grundrezept)
Portwein-Hähnchen
Frittiertes Hähnchen auf amerikanische Art
Panierte Hähnchenstücke
Hähnchenbrust mit Tomate
Im Ofen gebratene Ente
Anweisung für Fleisch
Fundamentales
Gegrilltes Steak
Filet mignon im Backofen
Schnelles Chop Suey
Roastbeef
Schweinekoteletts mit süßsauren Zwiebeln
Leberbissen mit Portwein
Geschmortes Kaninchen mit Senf und Estragon
Anweisung für Gemüse und Beilagen
Lauchgratin
Kartoffeln im Backofen
Brunnenkresse, schnell zubereitet
Zucchini im Backofen
Brokkoli mit Zitrone
Zitronenchampignons
Erbsen mit Paprika
Käsesoufflé
Apfelpüree
Tomaten im Backofen
Yamswurzel mit Orangensauce
Anweisung für Desserts
Ananas mit Aquavit
Gebackene Bananen
Kompott aus Trockenpflaumen
Orange mit Ingwer
Äpfel und Birnen
Früchte mit Schokoladensauce
Papaya mit Zitrone
Honigmelone mit Peperoni
Karamellisierte Mandarinen
Schokoladensoufflé
Erdbeeren mit Aceto balsamico
Tarte tatin
Anweisung für Kuchen und Torten
Mousse-au-Chocolat-Torte
Zucker-Mandel-Torte
Kuchen mit Himbeeren
Kirschtorte
Amerikanischer Apfelkuchen
Impressum
Für Roberto und Tomas
Einer der letzten heißen Abende des lang anhaltenden Sommers neigte sich unwiderruflich der heraufziehenden Nacht entgegen und seinem Ende zu. Ein wenig Wind zog auf. Durch das Fenster der von Zwielicht und Rauchschwaden erfüllten Küche sogen sich Spuren erleichternder Kühle ins Innere des Hauses. Im Vorüberwehen entlockten sie dem von zahlreichen kleinen Schweißperlen bedeckten Nacken des jungen Mannes ein wohliges Schaudern, dem er sich nur allzu gerne hingegeben hätte, wäre seine alles entscheidende Unternehmung der letzten Stunden nicht gerade jetzt in die kritische Phase gelangt. Aus dem Gehäuse des Handrührgerätes schlugen Funken über seine kräftige, behaarte Hand, doch in solchen Situationen lag ihm nichts ferner als die vordergründige Wahrnehmung von Schmerz. Das mit feinstgestoßenem braunen Zucker aufgeschäumte Eigelb hatte bereits die erforderliche Wärme erreicht, um sich am Boden des Eisentopfes unvorteilhaft zu verfestigen, und nun galt es, zwei Deziliter wohltemperierten Whiskeys zu montieren, ohne dass die Masse ihre charmante Konsistenz unwiederbringlich verlor. Der strapazierte Motor heulte auf, als Riley kurz entschlossen in den fünften Gang schaltete. Er nahm noch einen Schluck Bourbon. Ein solcher Moment braucht Nerven wie die Stahlseile der Brooklyn Bridge. Er war bereit.
Am anderen Ende der Stadt traf Bettie du Bois die letzten Vorbereitungen für das mitternächtliche Dinner und griff in einem Anflug spätsommernächtlicher Sentimentalität zum Eyeliner, um sich eine haarfeine Linie auf ihre Waden zu ziehen. Auch wenn es diesmal lediglich um einen rührseligen Vergeltungsschlag ging, hatte sie nicht vor, ihre kühle Eleganz allzu schnell preiszugeben. Sie warf einen letzten Blick in den Spiegel und entsicherte die Smith & Wesson, bevor sie die Waffe in ihre Handtasche gleiten ließ. Zwei Kugeln mussten reichen, um ihrem Gastgeber heimzuzahlen, was er ihr vergangenen Mittwoch angetan hatte. Verkocht und jeglichen Geschmacks beraubt, hatte der einst so prächtige achtpfündige Zander nicht nur ein selten törichtes Bild abgegeben, nein, Riley hatte es zudem gewagt, mit dem einst so edlen Tier eine lächerliche »à la Magenta«-Persiflage zu veranstalten, mit Krebsmargarine und einer falschen Sauce béarnaise. Wie stolz er gewesen war! Nun, heute Nacht würde er erfahren, wie ihre Interpretation der von ihm angekündigten »definitiven« Mousse au Chocolat blanc-brun aussieht …
Das schrille Klingeln des Telefons jagte durch den aus dem Fenster fliehenden Rauch. Gerade hatte sich Riley noch versehentlich mit dem Gläsertuch den Schweiß von seinen mächtigen Augenbrauen getupft und mit der anderen Hand den Topf vom Gas gezogen, als er zur Kenntnis nehmen musste, dass die Quelle des enervierenden Geräusches direkt vor ihm auf dem Küchentisch nicht versiegen wollte. Die Kartoffeln, die er vor einer Weile aufgesetzt hatte, waren zu einer undefinierbaren Masse am Boden des Topfes deformiert. Der letzte Topflappen, an den er sich vage erinnern konnte, musste sich irgendwo links hinter dem Kühlschrank befinden. Das Telefon nahm jedoch keine Rücksicht auf seine küchentechnische Notlage, und so entschied er sich für die Annahme des Gesprächs.
Später, nachdem der Topf samt Inhalt im Freien stand und den allabendlich grillenden Nachbarn endlich einen überzeugenden Gegenschlag zuströmen ließ, versuchte er sich auf den soeben erhaltenen Auftrag zu konzentrieren. Ein Vorwort zu einem Männerkochbuch. Das bedeutete eine Handvoll kommentierender Text vor einer Geschichte des Universums … mit dem Schlauchboot durch die Kalahari … ein Gänselebersoufflé für 16 Personen auf einem Campingkocher.
Fragen über Fragen: Warum hatte der Verlag auf seine spontane Gegenfrage nach einem Frauenkochbuch nur mit einem Räuspern reagiert? Was weiß der ganz normale Ehemann von seiner Küche, außer wo der Kühlschrank steht? Wie lässt sich der Bedienung eines Klischees noch ein Abenteuer abgewinnen? Nein, halt, bedient doch auch die ganz normale Ehefrau, das Abendbrot servierend, alltäglich und wortwörtlich ein Klischee – nämlich ihren Mann. Das Abenteuer lässt sich mal wieder nur jenseits des Naheliegenden festmachen. Hinter dem Horizont sozusagen, und damit auch hinter jener Blickbegrenzung, die es sich bei Wurstbroten und Kaltgetränken gemütlich macht und die Geschlechterrolle als himmlische Vorgabe propagiert.
Warum nicht einfach ein ganz normales Kochbuch für den ganz normalen Mann, der so gut kochen kann wie schießen; für den Aktentaschen-Cowboy, den Geheim-Installateur, den Undercover-Akademiker; für sämtliche Generationen alleinstehender, abenteuerlustiger oder schlichtweg durch Umstände getriebener Mannsbilder, die durch des Lebens Fügung noch keinen Kochlöffel im Patronengurt stecken haben. Drauflos also, in tiefer Einsicht, dass die Welt nur besser werden kann, je mehr Männer ihre Energien auch kulinarisch umzusetzen lernen. Männer, die kochen, beißen nicht.
Doch beginnen wir mit dem Anfang, mit der elementarsten Eingrenzung unserer Zielgruppe. Wie wir alle wissen, drückte sich Aristoteles folgendermaßen aus: »Was ist der Mensch? Ein Denkmal der Schwäche, eine Beute des Augenblicks, ein Spiel des Zufalls; der Rest ist Schleim und Galle.« Das ist zwar richtig, doch allein auf dieser Grundlage bekommen wir noch kein anständiges Hirschmöhrenpüree bereitet. Das Universallexikon spricht dagegen eine entschlossenere Sprache: »… Mann der Tat – steht seinen Mann – mit Mann und Maus – Soldat, Matrose, Arbeiter – Zeugungskraft – Scholle, Macht und Lehenseid …« Aber wollen wir wirklich die ganze fatale Leidensgeschichte der modernen Mann-heit als Ausgangspunkt für ein Chop Suey zurate ziehen? Nein, der einzige nachhaltig weiterführende Rat dieses Buches wird am Ende nur heißen können: den Mann im Mann vergessen. Ihn, von der Lust getrieben auf die Zurichtung der Früchte unserer Welt, an irgendeinem Marktstand einfach stehen lassen, verbummeln, im Gedränge aus dem Blick verlieren. Ihn lassen, wo er gerade ist, wenn einen das Bild des reich gedeckten Tisches plötzlich überfällt. Ballast abwerfen im keimenden Schaffensdrang, die Natur kulinarisch herauszufordern. Keine Angst, er kommt zurück, ganz von allein – spätestens, wenn er den Braten riecht.
Dass nahezu alle Köche, die wirklich etwas bewegten in der Welt, männlichen Geschlechtes waren, ist lediglich eine Behauptung, wenn auch eine manifeste. Angefangen mit dem großen Maître, der schon die Ursuppe so trefflich würzte, weiterführend mit der Unzahl martialischer Feldköche, die ihre spartanischen Blutgerichte bereiteten für alle, die sich von wonnigem Ekel getrieben in Schützengräben werfen, bis zu den Restaurants und Gastronomien der Moderne, zu ihren sterngekrönten Groß-, Mittel- und Kleinmeistern – alles Männer. Im Zeitalter der Television muss man schon Präsidentengattin sein, um sich in dieser Reihe zu behaupten, die einst mit dem ersten Fernsehkoch, Clemens Wilmenrod, so charmant begann. Auch die Rezeption und bewertende Darstellung in den Medien, die Gastrokritik, wird von den Herren abgeschöpft wie Rahm von der Milch. Die Küche als gesellschaftlicher Ort ist eindeutig in maskuliner Hand. Geld, Kunst, Beruf und Wertschöpfung – von diesen Komponenten des Kochens ist die ansonsten zur häuslichen Speisenbereitung verdammte Frau weitgehend ausgeschlossen. Sie hingegen findet ihre Aufgabe auch (oder gerade?) in den Jahren der Postemanzipation fast ausschließlich im hortenden, sammelnden und produzierenden Bereich. Ihr untersteht die so lebenswichtige wie profane, unermüdliche und unendliche Bedienung des in einem einzigen kurzen Wort ausgedrückten Bedürfnisses: »Hunger!«
Auch in der aushäusigen und industriell gefertigten Verpflegung sind diese Muster Standard. Die Fastfoodwerbung ist hauptsächlich mit hoffnungslos ungeschickten oder aber mit erfolgreichen, den geldwerten Dingen des Lebens verpflichteten Männertypen besetzt. Der Hausmann hingegen, der wie seine eigene Schwester zu wirtschaften weiß und mit einem enormen Zeit-, Finanz- und Energiemanagement den dynamischen familiären Anforderungen gewachsen ist, gilt nach wie vor als allzu lieber, softer Ausnahmetrottel. Und im Restaurant ist es schließlich auch wieder der Mann, der den Mann bezahlt, um die einbauküchengeschädigte Gattin mal so richtig zu verwöhnen.