Marko Pogačnik und Radomil Hradil
Gaiakultur
Der Weg zu einer Zivilisation
der erwachten Herzen
Mit Zeichnungen von
Marko Pogačnik
Bücher haben feste Preise.
1. Auflage 2014
Marko Pogačnik und Radomil Hradil
Gaiakultur
© Marko Pogačnik und Radomil Hradil
© für die deutsche Ausgabe Neue Erde GmbH 2014
Alle Rechte vorbehalten.
Titelseite:
Zeichnung: Marko Pogačnik
Gestaltung: Dragon Design, GB
Satz und Gestaltung:
Dragon Design, GB
Gesetzt aus der Times New Roman
Gesamtherstellung: Appel & Klinger, Schneckenlohe
Printed in Germany
ISBN 978-3-89060-636-1
eISBN 978-3-89060-161-8
Neue Erde GmbH
Cecilienstr. 29 · 66111 Saarbrücken · Deutschland · Planet Erde
www.neue-erde.de
Vorwort
Das Herz ist eine unerkannte Schatztruhe • Das neue Menschenbild
Gaia als mehrschichtiges Bewusstsein und Göttin des Erdplaneten • Gaiakultur
Der Mensch ist ein kosmisches Wesen der Liebe • Persönliche Ebene
Den kreativen Frieden stiften • Gesellschaftliche Ebene
Menschen mögen erwachen • Zivilisationsebene
Anhänge
Gaiakultur – ein Manifest
Zum Schluss
Die sieben Grundsteine der neuen Ethik
Neun Gebote der Göttin
Über die Autoren
Dieses Buch ist als Dialog entstanden. Es ist das Gespräch zweier Menschen, die sich Gedanken darüber machen, wie unsere Zivilisation einen Weg aus der Sackgasse finden kann, in die sie geraten ist. Dass sie sich in einer Sackgasse befindet, wird immer deutlicher. Doch wie kann eine zukünftige Gesellschaft aufgebaut sein, damit sie sowohl den Menschen als auch den – ob sichtbaren oder unsichtbaren – Naturreichen gerecht wird, ebenso wie den geistigen Wesenheiten und den gerade nicht in der Materie verkörperten Menschen?
Wir haben in unserem Gespräch diese Frage zum Anstoß genommen und sie ausgearbeitet. Ausgegangen sind wir dabei von Marko Pogačniks Konzept, das im Rahmen des Projekts 2000 plus 23 des Museums für moderne Kunst in Ljubljana entstanden ist, bei dem geladene Künstler ihre Vision unserer Zivilisation im Jahre 2023 vorstellen sollten. Dieses Konzept, das drei Ebenen beinhaltet: die persönliche, die gesellschaftliche und die der ganzen Erdenzivilisation, basiert auf einer Skizze, die in Marko Pogačniks Buch Liebeserklärung an die Erde (2006) der breiteren Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Damit sie in Zukunft Wirklichkeit werden können, war es uns wichtig, diese Visionen der Zukunft zu entwickeln, auch wenn sie heute noch als Utopien erscheinen mögen. Uns erscheint in vielerlei Hinsicht die Gegenwart als utopisch. Die gegenwärtige Zivilisation ist weder nachhaltig noch haltbar, da sie gegenüber der großen Mehrheit der an ihr beteiligten Wesen ungerecht ist, viele von ihnen versklavt und einige sogar gänzlich verleugnet. Sie dient nur der Befriedigung von kurzsichtigen Egoismen einer kleinen Minderheit, und das hat schlicht und einfach keine Zukunft. Wie die Zukunft schon heute gestaltet werden könnte, welche Ziele vor uns Menschen liegen und in welchen Schritten wir sie erreichen können, damit eine Kultur des Herzens, eine Gaiakultur entstehen kann, wird in unserem Gespräch zusammengetragen und erwogen.
Marko Pogačnik und Radomil Hradil
Šempas (Slowenien) und Říčany (Tschechien), Mai 2013
RADOMIL: Lieber Marko, die Arbeit an diesem Text beginnen wir in einer erwartungsvollen Zeit; es ist der 9. Dezember 2012, wir haben heute und gestern in der Stadtlandschaft von Prag gearbeitet. In wenigen Tagen ist der 12. 12. 2012, das Datum, an dem der große Wandel seinen Anfang nehmen und am 21. 12. seinen Höhepunkt erreichen soll. Viele Menschen, die wissen oder fühlen, dass es mit unserer Zivilisation so nicht weitergehen kann, erwarten ein Ende und einen Neubeginn. Wenn dieser Text in einigen Monaten erscheint, werden wir alle bereits mehr wissen – und es wird dann leicht sein zu sagen: Seht ihr, ich habe doch gesagt, dass es kommt – oder eben: dass nichts kommt…
Ob so oder so, eine Sache ist deutlich: Unsere Zivilisation befindet sich in einer Sackgasse; so wie sie derzeit aufgebaut ist, kann sie nicht weiter bestehen, denn sie wird weder dem Menschen noch anderen Reichen und Welten gerecht. Deswegen möchte ich mit dir an der Vision einer neuen Welt, einer neuen Zivilisation arbeiten und dabei einen Entwurf aufgreifen, den du bereits 2006 hier in Prag und ein Jahr später dann in deinem Buch Liebeserklärung an die Erde* kurz vorgestellt hast. Diesen Entwurf wollen wir hier vertiefen und ausarbeiten.
Vielleicht aber möchtest du, bevor wir beginnen, noch etwas zu den kommenden Tagen und den erhofften und befürchteten Ereignissen sagen oder womöglich auch auf die Sackgasse näher eingehen, in der wir uns als Gesellschaft und Zivilisation befinden?
MARKO: Lieber Radomil, es freut mich sehr, dass du dich für die Wandlung unserer planetaren Gesellschaft interessierst, da auch mein Interesse, besonders in dieser Zeit am Ende des Jahres 2012, den Veränderungen gilt, die unser Inneres und die Welt um uns herum erschüttern.
Vor kurzem wurde mir ein umfangreiches Agrarindustrieprojekt vorgestellt, bei dem bestimmte essbare Pflanzen massenweise so gezüchtet werden, dass sie gar nicht die Erde berühren dürfen. Alles, was sie für die Produktion ihrer Früchte brauchen, wird ihnen durch Computer über das Wasser zugeführt. Sie werden nachts grell beleuchtet, damit sie ununterbrochen, Tag und Nacht, produzieren können.
Ich pflege zu sagen, dass unsere gegenwärtige Zivilisation immer noch Sklaven hält, obwohl die Sklaverei längst abgeschafft wurde. Zwar bleiben Menschen diese ethisch und moralisch unzulässigen Handhabungen weitgehend erspart, Sklaverei wird jedoch immer noch praktiziert, etwa in der Beziehung des Menschen zu den Pflanzen oder Tieren – wie das obige Beispiel zeigt.
Als nicht minder Leben gefährdend betrachte ich die Haltung unserer globalen Zivilisation gegenüber den geistig-seelischen Dimensionen unseres Planeten. Obwohl der gesamte Überlieferungsschatz der indigenen Kulturen von der für das Leben grundlegenden Bedeutung des elementaren Bewusstseins der Erde zeugt, wird die Welt der Elementarwesen als Bewusstseinseinheiten der Natur weiterhin ignoriert. Unsere Kultur kennt so etwas wie die Kommunikation mit ihrem Heimatplaneten und seinem Gaia genannten Bewusstsein gar nicht.
Wenn du von einer Sackgasse sprichst, in der wir uns als Zivilisation heute befinden, dann lassen sich dazu einige Belege finden!
Unsere Kultur hält sich selbst für das einzige intelligente Bewusstsein auf der Erde und eigentlich im Kosmos überhaupt. – Ich spreche da natürlich vom Mainstream, denn es gibt auch Menschen, die ein anderes Weltbild haben; diese werden aber doch immer noch für Spinner gehalten. – Dass wir diese verhängnisvolle Haltung haben, hat Gründe, die, so würde ich sagen, vor allem darin bestehen, dass die anderen Intelligenzen, die Welt der Elementarwesen, der Engel, der nicht verkörperten menschlichen Seelen und so weiter unserer Wahrnehmung meist nicht so ohne weiteres zugänglich sind. Daher neigen wir dazu zu glauben, dass es sie nicht gibt. Wir kommunizieren nicht mit ihnen, befragen sie nicht, ignorieren sie, und das hat fatale Folgen – für uns und für die Welt, für alle Welten. Es scheint mir, dass wir Menschen in erster Linie unsere Auffassung davon ändern müssen, was ein Mensch überhaupt ist. Wir müssen sie ändern, erweitern und eigentlich grundsätzlich umdrehen oder umstülpen. Vor allem geht es darum, anzuerkennen, dass der Mensch nicht mit seinem Körper identisch, sondern Bewusstsein oder Geist ist, der einen Körper bewohnt. Diesen Körper hat er sich selbst gebaut, um darin wohnen zu können. Und dies tut er mehrmals, viele Male während seiner Existenz, um neue Erfahrungen zu sammeln und sich dadurch zu entwickeln.
Natürlich war das nur eine kurze Skizze; würdest du, Marko, dieses andere Menschenbild bitte etwas erweitern? Was hältst du für wesentlich?
Lieber Freund, du hast unsere Existenz von der rein menschlichen Seite angesprochen. Ich bin aber brennend auch daran interessiert, jene Aspekte des Wesens Mensch kennenzulernen, die aus anderen Reichen der Erde oder des Universums stammen und doch einen wesentlichen Bestandteil unseres Daseins darstellen.
Wenn du sagst, dass der Mensch nicht mit seinem Körper identisch ist, ist dies aus der menschlich geprägten Perspektive wohl wahr. Wir bewohnen einen Körper und bauen ihn ein Leben lang aus, sagst du. Man kann es aber auch so sehen, dass wir Menschen dadurch, dass wir in einem irdischen Gewand verkörpert sind, Bestandteil einer anderen, parallelen Welt geworden sind. Wir sind Wesenheiten der Erde geworden.
Ich meine dies keineswegs nur auf der körperlichen Ebene! Als Menschen der Erde nehmen wir auch am elementaren Bewusstsein von Gaia teil. Um in der Materie denken zu können, nutzen wir die wundervollen Potentiale des gleichen Bewusstseinsfeldes wie Ozeane, Berge, Bäume oder Tiere. Nicht nur, dass wir unsere Hände auf eine ähnliche Weise bewegen wie die Pflanzenwelt sich bewegt, indem sie den Zyklen des Jahreslaufs folgt. Durch unsere schöpferischen oder zerstörerischen Gedanken bewegen wir sogar das Schicksal des Planeten Erde mit, was uns aus den ökologischen Zusammenhängen wohl bekannt ist.
Andererseits sind wir als Wesenheiten der Erde an einer wertvollen Erfahrung beteiligt, nämlich an der Erfahrung der elementaren Welt, der so genannten Feenwelt. Sie ist gänzlich der Aufgabe gewidmet, die Vollkommenheit der geistigen Urbilder in der Materie zu verkörpern. Wir nehmen an diesem kosmischen Projekt teil, indem wir gewisse für den Menschen charakteristische Qualitäten einbringen, wie unsere Fähigkeit, aus Liebe und Freiheit schöpferisch zu werden. Gleichzeitig wird unser Erfahrungsschatz enorm erweitert, indem wir mit einer kosmischen Welt mitschwingen dürfen, mit der wir nicht identisch sind.
Ich empfinde es als tragisch, dass diese Potentiale unseres Menschseins von Menschen unserer Epoche zum größten Teil ignoriert oder für minderwertig gehalten werden. Die Gelegenheit, mit unseren »Kollegen« aus der Naturwelt zu kommunizieren und Erfahrungen auszutauschen, nutzen wir kaum. Wer spricht schon mit Bergen, Flüssen, Pflanzen und Elementarwesen, die ja zur unseren planetaren Familie gehören und am selben Bewusstseinsfeld teilhaben wie wir Menschen?
Ich weiß, Marko, dass du dein Leben der Kommunikation und dem Erfahrungsaustausch mit unseren Kollegen, Schwestern und Brüdern aus der Naturwelt geweiht hast, und viele Menschen weltweit versuchen, von dir angeregt, diesen Weg auch zu gehen. Um mit der Naturwelt kommunizieren zu können, schaust du die Welt und auch uns selbst durch die Augen der Naturwesen an, aus ihrer Perspektive. Und obwohl dies für unsereiner ziemlich schwierig sein mag, ist deutlich, dass es für eine Kommunikation die grundlegende Voraussetzung bildet.
Bleiben wir aber noch bei dem neuen Menschenbild, das für eine Neugestaltung der menschlichen – und eben nicht nur menschlichen – Zivilisation notwendig ist: Ich wollte betonen, dass wir Menschen nicht nur der materielle Körper, sondern in erster Linie geistige Wesenheiten sind, die immer wieder auf diese Erde zurückkehren, um sich hier zu verkörpern. Unseren aus den Elementen der Erde erschaffenen Körper nehmen wir an und dann, im Tode, legen wir ihn wieder ab. Das Bewusstsein über die Tatsache der Reinkarnation wurde in unserer (westlichen) Zivilisation gerade deshalb vergessen, so glaube ich, damit wir Menschen uns mit der Erde richtig verbinden können und nicht der Neigung und Gefahr unterliegen, von der Erde in die geistigen Welten fliehen zu wollen. Mit der irdischen, zeitlichen Welt haben wir uns weitgehend identifiziert, jedoch nur mit ihrem stofflichen Teil. Wir glauben, dass die Materie alles, das Bewusstsein nur eine »Funktion« der Materie und der Geist nur unsere Erfindung ist und mit dem Tod des Körpers auch das Bewusstsein zu existieren aufhört. Den Weg zum Geistigen, zur Anerkennung der geistigen, nichtstofflichen Realität, müssen wir nun mühsam wieder suchen und dürfen dabei aber gleichzeitig nicht die Erde aus den Augen verlieren.
Das, was du, Marko, schilderst, ist, meine ich, der zweite Schritt. Im ersten Schritt lernen wir, die geistige Wirklichkeit zu erkennen und zu erleben, uns als geistige Wesenheiten zu wissen; im zweiten Schritt verstehen wir und erleben dies auch, dass das Geistige, das intelligente Bewusstsein auf und in der Erde, in allen ihren Teilen anwesend ist; dass wir aus dem Geiste in die Materie geboren sind, diese Materie jedoch vom Geiste durchdrungen ist. Du selbst sprichst aus der Perspektive eines Menschen, der den ersten Schritt schon längst getan hat. Für dich ist dieser Teil selbstverständlich und entsprechend legst du großen Wert darauf, dass wir aufhören, die Naturwelt aus unserer Perspektive zu sehen, und ihre Sicht einnehmen. Sage ich das richtig?
Du sagst es richtig, lieber Freund. Ohne dass der Mensch die Beziehung zu seinem wahren Wesenskern wieder findet, hat es wenig Sinn, herumzuschauen und die geistigen Dimensionen anderer Lebensreiche und anderer parallelen Welten zu erforschen. Tut man dies, ohne in seinem Wesenskern zu Hause zu sein, so werden die gewonnenen Erkenntnisse – wenn es sie überhaupt geben kann – formal und sind dem lebendigen Sein fern. Die gegenwärtige Lage unserer Zivilisation verdeutlicht dies. Zwar haben wir enormes Wissen über die Zusammenhänge in der Natur angehäuft, aber dieselbe Zivilisation ist trotzdem dabei, die Lebensflüsse der Natur gnadenlos zu stören, möglicherweise sogar zu zerstören.
Aus diesem Grunde ist es nur logisch, dass die modernen geistigen Bewegungen seit mindestens 150 Jahren versuchen, den Menschen für die verschiedenen Wege der Selbsterkenntnis zu begeistern, sei es, dass sie der östlichen oder der westlichen Tradition folgen. Einfach gesagt, versucht man den Menschen beizubringen, dass wir keine Bio-Maschinen sind und dass der Sinn des Lebens nicht im Äußeren, sondern im eigenen Innern zu suchen ist.
Leider wirft dieses menschliche Erwachen einen breiten Schatten. Sind die Erkenntnisse der geistigen Forschung nicht geerdet, werden sie zu oft in die mentale Ebene abgehoben. Dies kann sehr trügerisch sein. Ich habe es während meiner vierzigjährigen Interaktion mit den geistigen Bewegungen oft erlebt. Man meint, im lebendigen Geist fest verankert zu sein, steckt jedoch bloß in der Vorstellung, dass man im lebendigen Geist fest verankert ist. Der Unterschied scheint winzig klein zu sein, ist jedoch verhängnisvoll. Es kommt zu guru-artigen Ausschweifungen, zu Rivalität zwischen verschiedenen Armen der geistigen Bewegung und zu Äußerungen, die von persönlicher Abgehobenheit zeugen.
Deswegen schlage ich seit einigen Jahrzehnten vor, ein anderes Modell der Selbsterkenntnis zu wählen, eines, bei dem es nicht um lineare Entwicklung, Schritt für Schritt, geht, sondern um mehrere parallele Schritte, die sich nach dem Bedarf des eigenen spirituellen Weges richten. Dabei sollte gerade der Aspekt der Erdung vorrangig in den Plan unseres Weges eingebaut und entsprechend gelebt werden.
Mit Erdung meine ich hier, dass man sich selbst als Mensch nicht nur im geistigen Sinne erkennt, sondern die gleiche Aufmerksamkeit der eigenen elementar-irdischen Natur schenkt. Sie sollte gelebt und im Sinne der eigenen Sensibilisierung entwickelt werden. Dadurch wird die Möglichkeit geschaffen, die geistigen Erkenntnisse im täglichen Leben zu verkörpern. Dies wiederum bedeutet, dass sie gelebt und nach und nach in der Gesellschaft verwirklicht werden können.
Ich würde es vielleicht so formulieren; Du kannst mich auch korrigieren, wenn es nicht stimmt: Will der Mensch nicht zerstörerisch auf alles andere wirken, muss er in seinem Wesenskern wirklich beheimatet sein. Das heißt, er muss ein Bewusstsein davon haben, dass er ein geistiges Wesen ist, genauso wie die ganze Schöpfung göttlich-geistig ist. Dieses Bewusstsein muss ihn ganz durchdringen und zur absoluten Lebensrealität werden – oder, wie du sagst, es muss verankert sein. Mit anderen Worten könnte man sagen, dass die Erkenntnis nicht im Kopf, im Verstand bleiben darf, sondern im Herzen, im Gefühl ankommen muss. Sie muss den Brustbereich erfüllen, damit sie dann in den Willen einfließen und durch die Handlungen des Menschen in der Welt wirksam werden kann. Die Intelligenz des Herzens ist eine Empathie-Intelligenz, eine Fähigkeit des Mitgefühls. Diese Fähigkeit haben wir aber nicht so ohne weiteres. Üblicherweise ist es so, dass wir die Welt um uns herum als Objekt erleben, das von uns getrennt ist. Bei den indigenen Völkern – bei den alten Slawen, Germanen, Kelten war es wohl auch so – erlebt sich der Mensch dagegen als ein Teil des Ganzen. Er weiß um seine untrennbare Einheit mit der Welt, aber es ist eben kein Kopfwissen, sondern ein unmittelbares Erleben. Dieses Erleben hat der neuzeitliche Mensch verloren. Du sprichst von Sensibilisierung; es geht dabei darum, dass sich die geschlossenen Tore öffnen und der Mensch nicht nur weiß, dass er eins mit allem ist, sondern es auch erlebt – dass es keine Objekte mehr gibt, sondern nur lauter Subjekte. Wenn dieses nicht geschieht, dann passiert eben das, was du beschrieben hast: die spirituell Strebenden heben ab, und wohltuend für die übrige Schöpfung wirken sie nicht.
Deine Aussage, Marko, verstehe ich nun so, dass es nicht richtig ist, zuerst etwas verstandesmäßig (im Kopf) begreifen und dann die Welt anders gestalten zu wollen, sondern dass wir eigentlich in der Mitte, im eigenen Herzen, im Fühlen anfangen müssen und von da aus unser Weltbild ändern. Es gilt, uns in warmen, aus dem Herzen sich ausgießenden Wellen mit einem neuen Weltbild zu erfüllen. Erlebst du das auch so? Und wie soll man das machen? Wie bringt man diese Erdung, wie du sagst, zustande?
Lieber Radomil, ich unterschreibe alles, was du sagst. Du hast mich bestens verstanden in dem, was ich meinte. Nun zur Beantwortung deiner Frage:
Ich bin sicher, dass es nicht möglich ist, sozusagen wieder Kind zu werden und zurück zur ursprünglichen Einheit mit allem Seienden zu »kriechen«. Es ist nun einmal passiert. Wir haben uns von der Ganzheit getrennt. Nach und nach erkennen wir aber, dass es so nicht weitergeht. Die Krise verschärft sich auf allen Ebenen. Ist man sich dessen bewusst, möchte man etwas unternehmen. Aber was kann man tun?
Du hast oben den Begriff der Sensibilisierung erwähnt. Ja, dies ist, so meine ich, ein Anfang. Eine zweite Möglichkeit wäre die schon vorher angedeutete grundsätzliche Änderung unseres Weltbildes. Damit meine ich vor allem den Aufbau eines Verständnisses dafür, dass es neben den sichtbaren Dimensionen der Wirklichkeit noch andere gibt, die zwar für die äußeren Sinne nicht wahrnehmbar, für eine abgerundete und lebensfähige Wirklichkeit jedoch entscheidend sind.
An diesem Punkt setzt der Prozess der Resensibilisierung an. Im Augenblick sind wir zwar nicht mehr fähig, die feinen Ebenen der Wirklichkeit wahrzunehmen. Wir verstehen aber, warum es unbedingt nötig ist, von der absoluten Kontrolle unseres Verstandes über unsere Wahrnehmungen hinwegzukommen und unsere subtileren Wahrnehmungsfähigkeiten neu zu entdecken bzw. zu entwickeln. Durch den Moment der bewussten Entscheidung ist diese Wiederkehr zur ganzheitlichen Weltwahrnehmung keine reine Wiederkehr, sondern etwas Neues.
Immer wieder begegnen mir Menschen, die einen inneren Drang verspüren, etwa die Wesenheiten der elementaren Welt, die ja für die herkömmlichen Sinne unsichtbar sind, wahrzunehmen und mit ihnen zu kommunizieren. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass es vorrangig gar nicht um die Beziehung zu den Elementarwesen geht, sondern vielmehr darum, an der eigenen Sensibilisierung zu arbeiten. Die Wesenheiten der Natur sind in diesem Fall wohl die besten Lehrer.
Du schlägst also vor, Marko, dass wir uns mit Hilfe der Elementarwesen sensibilisieren, beziehungsweise resensibilisieren. Da wir sie ja meist nicht sehen, müssen wir diesen Wesenheiten der Natur und der Elemente ja eigentlich wie blind vorkommen. Oder ist es so, dass auch sie uns nicht sehen oder sehen können?
Heute ist der lang erwartete 21. Dezember 2012; mir ist heute ein Bild gekommen, in dem ich mich innerhalb von zwei Sphären gesehen oder erlebt habe. In einer kosmischen und in einer irdischen Sphäre, die einander teilweise durchdrangen, so dass eine räumliche Mandorla entstand, in der ich mich befand. Eigentlich ist es ein Bild dessen, wovon wir bereits gesprochen haben – nämlich dass der Mensch Bewohner zweier Welten ist; oder anders gesagt, dass uns zwei Welten ausmachen: die kosmisch-geistige Welt und die irdische. Letztere könnten wir auch als kosmisch, als irdisch-kosmisch bezeichnen, da es sich um den Erdenkosmos handelt. Wir könnten auch von einer eher männlich-göttlichen und einer eher weiblich-göttlichen Sphäre sprechen.
Die Notwendigkeit einer Sensibilisierung, einer Erdung und einer Verankerung eines neuen Welt- und Menschenbildes haben wir erörtert. Ich weiß, dass du dich mit der Frage der vertieften oder auch erweiterten Wahrnehmung ausführlich beschäftigt hast, genauso wie mit der Frage der eigentlich mehrdimensionalen Beschaffenheit der Welt und des Menschen; würdest du vielleicht dieses Ineinanderspielen zweier Sphären etwas näher beschreiben, damit es uns noch deutlicher wird?
Dein Bild von zwei Sphären, die sich überschneiden, eignet sich hervorragend, um das Geheimnis des Menschen besser zu begreifen. Für die erste Sphäre schlage ich den Begriff universell-kosmisch vor, wenn wir schon die zweite irdisch-kosmisch nennen. Universell-kosmisch bedeutet hier, dass darin Kräfte und Wesenheiten wirken, die aus Dimensionen des Universums stammen, die alle Welten des Alls durchdringen und in ihren Entwicklungen unterstützen – das Leben und Weben der Erde eingeschlossen.
Irdisch-kosmisch steht als entgegengesetzter Begriff dafür, dass es um einen autonomen Raum der Erde geht, um ihre spezifische Rolle im Universum und um ihre eigenen erschaffenen Kräfte. Dieser Begriff betont, dass die Kräfte der Erde und das Bewusstsein von Gaia, an dem wir wie alle Wesenheiten teilhaben, die wir in ihre Evolution eingeflochten sind, auch einen kosmischen Charakter haben. Das heißt, dass wir in jedem Moment vom universellen Geist inspiriert und von der Mutter der universellen Schöpfung geliebt werden.
Die alte Gedankenform, bei der das kosmisch Geistige auf der einen und das körperlich Materielle auf der anderen Seite steht, im Sinne von zwei voneinander getrennten Gegensätzen, ist schon längst außer Kraft gesetzt. In manchen Menschenköpfen wird sie dennoch festgehalten.
Spannend ist dein Vorschlag, den Menschen als eine Überschneidung der beiden Sphären zu sehen, als eine Mandorla. Die Mandorla ist jedoch kein Kreis, sondern eine »offiziell« nicht anerkannte geometrische Form, bei der zwei Bögen (weiblicher Aspekt) mit zwei Ecken (männlicher Aspekt) kombiniert werden. Das sieht schon sehr nach einem Menschen aus, da wir alle auch weiblich-männlich polarisiert sind. Die Mandorla symbolisiert auch die geheimnisvolle und gleichzeitig äußerst schwierige Position des Menschen. Wir sind als Wesenheiten des freien Willens relativ unabhängig vom Willen und von der Liebe, die uns von seiten der Gottheit (des Universell-Kosmischen) und seitens Gaia (des Irdisch-Kosmischen) zu lenken und zu beeinflussen versuchen. Wir sind ein dritter Moment im Spannungsfeld zwischen dem, was die alten Griechen als Makro- und Mikrokosmos bezeichnen würden.
Wie du erwähnt hast, befinden wir uns gerade heute, am 21.12.2012, im Spannungsfeld dieser drei Welten. Heute ergibt sich nämlich, astrologisch gesehen, am Himmel eine gerade Achse, die das Zentrum unserer Galaxis mit dem Zentrum der Sonne und dem Kern der Erde verbindet. Meiner Einsicht nach kommt es dadurch zu einem gewaltigen Kraft- und Wissensaustausch zwischen den drei Weltensphären. Die Auswirkung dieser Aufeinanderreihung werden wir, meiner Meinung nach, erst in den folgenden Jahren in Form einer tiefgreifenden Wandlung unserer Wirklichkeit erleben.
Bei der heutigen Meditation in Ljubljana, die durch unseren Verein VITAAA organisiert wurde, habe ich die Aufeinanderreihung der drei Himmelssphären in diesem Sinne verstanden. Am Rücken spürte ich in der weiten Ferne die Präsenz der zentralen Sonne unserer Galaxis (das Universell-Kosmische) und vor meinem Brustbereich den Kern der Erde (das Irdisch-Kosmische). Dazwischen pulsierte, als Sitz meiner menschlichen Identität, mein Herzzentrum, das auf die beiden Sphären eingestimmt, jedoch autonom ist.
Auf deine Ausführungen, Marko, werde ich gleich näher eingehen; möchtest du dich aber vielleicht zuerst noch mit meiner ersten Frage befassen, der Frage nach den Elementarwesen und unserer gegenseitigen Beziehung?
Das mache ich gern, lieber Radomil; in diesem Thema fühle ich mich zu Hause! Man kann Menschen heute nicht einfach sagen, dass sie zu diesem oder jenem Berg oder Baum gehen und etwas spüren sollen. Es gibt mindestens drei Vorbedingungen, die erfüllt sein müssen, bevor die Beziehung zu den Elementarwesen für die Selbsterkenntnis einen Sinn haben kann.
Zunächst sollte man wissen, dass es nicht möglich ist, die unsichtbaren Ebenen der Wirklichkeit objektiv wahrzunehmen, so wie wir es in der verkörperten Welt gewohnt sind. In dieser sehen wir alles um uns herum als Objekte, die sich außerhalb von uns befinden. Deshalb sprechen wir ständig von der »Umwelt«; das heißt von einer Welt, die mit ihren Wesenheiten oder Ereignissen um uns herum positioniert und so auch wahrnehmbar ist.
Im Falle der unsichtbaren Dimensionen – und die Welt der Elementarwesen oder des Naturbewusstseins gehört dazu – kann man Wesenheiten und Ereignisse aber nur im eigenen Innern sehen bzw. erspüren. Im Äußeren gibt es sie nicht. Wenn man in der Umgebung nach ihnen sucht, wird man sie nie finden. Es geht also darum, nach innen zu schauen, wenn man mit einem Baum oder Fluss kommunizieren möchte.
Die zweite Vorbedingung ist, den Brennpunkt der Wahrnehmung vom Kopf »hinunter« zum Bauch und in den Herzbereich zu übertragen. Das Naturbewusstsein schwingt nämlich nicht in der mentalen Ebene, sondern ist im emotionalen Bereich beheimatet. Es geht dabei aber nicht um jene emotionale Ebene, die wir aus Psychologie kennen, sondern um eine geistige Dimension der emotionalen Welt, die mit dem Herzbewusstsein verbunden ist. Möchte man eine Beziehung zu der Naturwelt aufbauen, ist es folglich wichtig, vom Bereich zwischen Solarplexus und Herzzentrum auszugehen.
Die dritte Vorbedingung hat mit der wahrheitsgemäßen Rolle des menschlichen Verstandes zu tun. Im alltäglichen Bereich spielt der Verstand die Hauptrolle und steht im Wahrnehmungsprozess an erster Stelle. Es ist der Verstand, der entscheidet, ob eine Wahrnehmung der logischen Struktur unseres herkömmlichen Weltbildes entspricht oder nicht. Die Wahrnehmungen der unsichtbaren Welten entsprechen dieser Art der Logik nicht und werden sofort gelöscht.
Um sie behalten und genießen zu können, muss der Verstand im Wahrnehmungsprozess vom ersten Platz weichen und den letzten einnehmen. An erster Stelle sollte unsere emotionale Sensibilität stehen, die es möglich macht, dass Wahrnehmungen, etwa der geistig-seelischen Dimension der Natur, in Interaktion mit unserem mehrschichtigen Bewusstsein treten können. Der Verstand darf sich erst am Ende des Prozesses einmischen, wenn es darum geht, das Wahrgenommene einzuordnen und an der entsprechenden Stelle unseres Erinnerungsvermögens zu speichern. Man muss den Verstand sozusagen so disziplinieren, dass er bereit ist, zumindest einige Bruchteile einer Sekunde zu warten, bis die Wahrnehmung akzeptiert und durch das intuitive Bewusstsein prozessiert wird.
Es ist deutlich, dass unser Denken, unsere Vorstellung von der Welt, oft sehr schematisch ist und dass wir diese Schemata loswerden müssen. Das erste, naheliegendste Schema besagt, dass unsere Welt nur aus Materie besteht. Etwas Übermaterielles, Geistiges gibt es darin nicht. Wenn man dieses Schema überwunden und das Wissen von der Existenz des Geistes erlangt hat, tritt an die Stelle dieses ersten Schemas ein zweites: Man stellt in seinen Vorstellungen den Geist der Materie gegenüber und glaubt, es sind zwei – wie du sagst – voneinander getrennte Gegensätze. Und ich meine, dein Anliegen, Marko, ist es, gerade zu zeigen, dass man mit einem schematischen, toten Denken der Wirklichkeit nicht gerecht wird; denn dieses Denken ist eben reduktionistisch, während die Wirklichkeit vielschichtig, mehrdimensional, lebendig, im steten Wandel begriffen ist. Wir müssen auch lernen, die Erde, die Elemente und deren Wesen für genauso geistig zu halten wie die göttlich-geistigen Wesenheiten des Universums.