Klaus Merg | Torsten Knödler
Überleben im Job
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3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2012
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Karikaturen: Stefan Quarg (www.architekt-quarg.de)
Redaktion: Leonie Zimmermann, Kaufering
Lektorat: Kerstin Weigel, Landsberg am Lech
Umschlagabbildung: iStockphoto.com
Satz: abavo GmbH, 86807 Buchloe
Druck: Konrad Triltsch GmbH, Ochsenfurt
Printed in Germany
ISBN Print 978-3-86881-353-1
eISBN 978-3-86414-348-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-347-2
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Anmerkung
Um das Arbeiten mit diesem Buch für Sie möglichst einfach und effizient zu gestalten, haben wir wichtige Textpassagen mit folgenden Icons gekennzeichnet:
|
Achtung, wichtig |
Aufgabe, Übung |
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Das sollten Sie auf jeden Fall vermeiden. |
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Beispiel |
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Tipp |
Prolog
Wahrscheinlich haben Sie dieses Buch aus einem der folgenden Gründe gekauft:
Ihre Stimmung ist im Keller.
In Ihrem Unternehmen stehen Jobs auf der Kippe.
Ihr Arbeitsplatz ist unsicher geworden.
Sie sind Alleinernährer Ihrer Familie.
Sie gehen mit einem mulmigen Gefühl täglich an den Arbeitsplatz.
Die tägliche Arbeit ist mehr Frust statt Lust.
Das Arbeitsklima war auch schon mal besser.
Sie denken strategisch, antizipieren und möchten in der Regenzeit nicht unbeschirmt dastehen.
Sie spüren, dass die Spaßgesellschaft nicht mehr (so) lustig ist.
Sie haben jemand im Bekanntenkreis, der erst kürzlich seinen Job verloren hat.
Sie möchten es verschenken – dann sollten Sie unbedingt vorher noch selbst reinschauen.
Sie sind nicht alleine – willkommen im Club der Millionäre: Sie sind einer von mittlerweile rund 27 Millionen Beschäftigten in Deutschland, die im Job unter- oder überfordert sind. Kurz gesagt: mächtig Frust schieben. Innere Kündigung, Dienst nach Vorschrift oder Rödeln, bis der Bypass kommt – Extreme bestimmen die Arbeitswelt. Wie finde ich die richtige Balance? Wie entkomme ich dem Teufelskreislauf des Getriebenen? Wie gestalte ich mein (Arbeits-)Leben? In diesem Buch werden Sie nützliche Informationen finden, wie Sie wieder zufriedener werden können – auch wenn um Sie herum meterhoch die Wellen branden. Die Rettungsringe in 13 Kapiteln liegen bereit. Es ist Ihre (!) bewusste Entscheidung, ob Sie sich Ihr Leben weiter vermiesen lassen wollen und Sie weiter abwärts strudeln. Das muss nicht sein! In den kommenden Kapiteln werden Sie Tipps und Tricks kennenlernen, wie das Überleben auch in rauer Job-See gelingt.
Übrigens, deutsche Unternehmen geben pro Stunde fast 4 Millionen Euro für die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter aus. Macht jährlich rund 35 Milliarden (!) Euro aus – und was kommt raus? Sie haben weniger als 20 Euro ausgegeben (oder vielleicht nicht einmal das, weil es jemand gut mit Ihnen gemeint hat) – und Sie werden sehen, es wird sich lohnen. Viel Vergnügen beim Lesen und beim Umsetzen. Dieses Buch ist kein billiges Rezeptbuch, sondern ein Trainingsbuch. Profitieren Sie davon und probieren Sie aus, was für Sie passt.
Im Epilog wird Ihnen noch eine übergreifende, lebensentscheidende Idee präsentiert. Wir haben festgestellt, dass alle Tipps und Tricks unvollständig wären, wenn wir diesen Gedanken außer Acht ließen.
Inhaltsverzeichnis
1 Angst am Arbeitsplatz
Wie viel Angst gehört zum (Berufs-) Leben?
Exkurs: Wissenschaft und Angst
Bin ich ein ängstlicher Typ?
Habe ich Grund, ängstlich zu sein?
Wie bekomme ich meine Angst in den Griff?
2 Ziele – der Sauerstoff des Lebens
Warum brauche ich Ziele?
Exkurs: Wissenschaft und Ziele
Wer bestimmt bei mir? Das Uhr-Kompass-Prinzip
Persönliche Zielplanung mit System
Dranbleiben wie ein Sportler: Meine Zukunft plane ich heute!
3 Hoppla, bin ich das?
Was leisten Typologien?
Exkurs: Wissenschaft und Typologie
Was für ein Typ bin ich?
Die vier Grundformen der Angst nach Riemann
Die Verhaltensweisen der „Viererbande“ als Chefs und Mitarbeiter
4 Motivation und positives Denken
Was ist Motivation?
Motivationsanalyse in 12 Punkten
Exkurs: Wissenschaft und Motivation
Beispiel Helen Keller
Mit Motivation und individuellen Fähigkeiten auf der Erfolgsspur
5 Umgang mit Stress und Burn-out
Wie hängen Stress und Burn-out zusammen?
Wie entsteht Stress?
Exkurs: Wissenschaft und Stress/Burn-out
Welcher Stresstyp bin ich?
Welche Menschen sind besonders gefährdet?
Anti-Stress-Strategien
Wie erlerne ich einen positiven Umgang mit Stress?
Resümee
6 Zeitmanagement
Was ist eigentlich Zeit?
Prioritäten
Exkurs: Wissenschaft und Zeitmanagement
Analyse des bisherigen Arbeitsstils
Die fünf Schritte einer effektiven Zeitplanung
Analyse der Zeitfresser
7 Zeitgemäßer Umgang mit der Informations- und Datenflut
Professioneller Umgang mit Informationsflut – eine aktuelle Herausforderung im modernen Zeitmanagement
Qualitative und Quantitative Information
Moderne Kommunikationsmittel
So können Sie sich vor der Informationsschwemme retten
Zeitspartipps im Umgang mit E-Mails
E-Mail-Knigge
8 Coaching und Mentoring
C&M liegen voll im Trend
Exkurs: Wissenschaft und Coaching & Mentoring
Wer braucht Coaching?
Coaching unter Freunden und Kollegen
Kollegiale Beratung
Die Führungskraft als Coach
Selbstcoaching
9 Erfolg und Selbstmarketing
Das Erfolgshaus
Exkurs: Wissenschaft und Kommunikation
Das K8-Marketing
10 Networking
Mit dem elektronischen Netz die Karriere flechten
Wie kann ich die elektronischen Riesen sinnvoll beruflich nutzen?
Und fröhlich zwitschern die Vögel
12 nützliche Tipps im FLX-Umgang (Facebook, LinkedIn, XING)
Nicht alles ist Gold, was glänzt
Resümee
11 Wie manage ich meinen Chef?
Wie gut ist mein Chef?
Die drei Persönlichkeitsmuster
Die Chef-Galerie mit ihren neun Typen
Wunsch-Chefs und Wunsch-Mitarbeiter
Exkurs: Wissenschaft und Chefs
Wie setze ich meine Interessen beim Chef durch?
12 Die lieben Kollegen
Der Typen-Tierpark
Exkurs: Wissenschaft und das Miteinander in Gruppen
Intrigenstadel
Konflikte – die treuesten Weggefährten im Berufsleben
Die Kunst der Kritik
Mögliche Eskalationsstufen eines Konflikts
Konfliktvermeidung
13 Work-Life-Balance
Lebst du schon oder arbeitest du nur?
Warum ist Work-Life-Balance so wichtig?
Exkurs: Wissenschaft und Work-Life-Balance
Entwickeln Sie Ihr eigenes Frühwarnsystem
Versöhnt mit Beruf, Gesundheit und Beziehung
Transzendente Blickrichtung
Epilog
Stichwortverzeichnis
Über die Autoren
1 |
Angst am Arbeitsplatz |
Wenn man denkt: Was könnte alles passieren, dann hat man schon den Finger an der Bremse.
Erik Zabel (*1970)
Auf diese Fragen werden Sie in diesem Kapitel Antworten bekommen:
Wie viel Angst gehört zum (Berufs-) Leben?
Bin ich ein ängstlicher Typ?
Habe ich Grund, ängstlich zu sein (weil mein Job auf der Kippe steht)?
Wie bekomme ich meine Angst unter die Füße?
Flugzeuge gab es damals noch keine, Höhenangst hatte er dennoch. Und zwar kräftig: Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832), Deutschlands bekanntester Schreiber, litt furchtbar unter Höhenangst. Diese Phobie hat er mit einer Konfrontationstherapie bekämpft, indem er angeblich den höchsten Gipfel des Straßburger Münsterturms bezwungen hat. „Dergleichen Angst und Qual wiederholte ich so oft, bis der Eindruck mir ganz gleichgültig war.“ Seine Weltliteratur hat er aber dann doch lieber zu Hause geschrieben. Übrigens litt Goethe ab 40 Jahren an einem steifen Rücken und hatte zuletzt auch keinen rechten Biss mehr – sondern am Lebensende insgesamt nur noch elf Zahnstummel im Mund.
Wie viel Angst gehört zum (Berufs-) Leben?
Die Stimmung ist im Keller: Arbeitszeitrambos und Jobkiller mit der Lizenz zum Streichen sorgen für Kulturschocks. Kündigungswellen rauschen durch die Büros: Wie viele Jahre geht das noch so weiter? Stephan Newhouse, CEO bei Morgan Stanley, meint lapidar: „Eine Fusion macht nur Sinn, wenn man Leute feuert.“ Dazu passt ein gern praktiziertes Prinzip der Beraterbranche: straffen, schrumpfen, schleifen. Mitarbeiter haben keinen Stammplatz mehr im Unternehmen. Die Auswechselbank wird voller, die Söldnermentalität wächst.
Die lange Werkbank steht in Asien: Für 10 bis 30 Prozent eines westlichen Gehalts arbeitet ein chinesischer Techniker oder Wissenschaftler, verzichtet weitgehend auf Arbeitnehmerrechte, ist fleißig, engagiert und lerneifrig. Bereits Ende 2005 gab es ca. 520.000 Programmierer in China – ebenso viele wie in der derzeitigen Software-Hochburg Indien. Die EU-Osterweiterung sorgt für zusätzliche günstige Arbeitskräfte. „Die in den vergangenen Jahren schon rund 100.000 abgewanderten Arbeitsplätze in der Autobranche sind erst der Anfang“, so Ferdinand Dudenhöfer, Geschäftsführer des Prognoseinstituts B&D-Forecast. Gleichzeitig herrscht Hochkonjunktur bei Firmenpleiten.
Der Jugendwahn
In mehr als der Hälfte aller Betriebe in Deutschland ist mittlerweile kein Arbeitnehmer älter als 50 Jahre. Nur ein Drittel aller Männer zwischen 60 und 65 sind noch erwerbstätig, bei den Frauen sogar nur jede Fünfte. Im allgegenwärtigen Jugendwahn – vor allem auch bei Personalchefs – beginnt das Alter bereits jenseits der 40! Gabor Steingart (Chefredakteur des Handelsblatts, ehemaliger Leiter des Hauptstadtbüros beim Spiegel und Buchautor Deutschland – Der Abstieg eines Superstars) sagt schonungslos, was manche ahnen und viele fürchten: „Deutschland steigt ab, seit vielen Jahren schon, und mit der deutschen Einheit hat sich dieser historische Niedergang des einstigen Superstars enorm beschleunigt. Alle relevanten ökonomischen Daten zeigen einen Abstieg an.“ Staatsverschuldung und Massenarbeitslosigkeit seien die einzigen Parameter für Wachstum. „Die goldenen Jahre der Nachkriegsprosperität waren nur ein Übergangsphänomen“, meint auch Paul Nolte, Historiker an der International University in Bremen und Buchautor (Generation Reform).
Der Mensch als Kostenfaktor
Der Mensch ist Kostenfaktor. Angst und Neid prägen das Arbeitsklima. Komparative („größer“, „besser“, schneller“, „schöner“) und Superlative („der Größte“, „die Beste“, „der Schnellste“, „die Schönste“) beherrschen die (Arbeits-)Welt. Es geht in diesem Kapitel und diesem Buch nicht um Panikmache, sondern darum, die Zeichen der Zeit zu erkennen, und darum, soweit Sie selbst dazu beitragen können, Ihr „Standing“ in der Firma bzw. auf dem (Stellen-)Markt und damit die Jobsicherheit zu verbessern.
Die Angst vor Fehlern
Viele haben Angst, einen Fehler zu machen. Der Grund: In fast allen Fällen wird ein Schuldiger gesucht und an den Pranger gestellt. Die Angst vor Fehlern ist zugleich der Innovationskiller Nummer eins. Die Folge: Besser nichts tun oder sich zehnmal absichern (Motto: Der real existierende Sozialismus lebt!). Zum Angst-Mix gehört auch, den immer höheren Anforderungen nicht gewachsen zu sein (s. Kapitel 4 und 6) und Stress nicht mehr auszuhalten (s. Kapitel 5).
Die Angst vor Arbeitslosigkeit
Fast jeder zweite Mann (47 Prozent) hat am meisten Angst vor Arbeitslosigkeit, an zweiter Stelle rangiert die Furcht vor Krankheit (39 Prozent). Fast jeder Dritte sorgt sich um einen drohenden Karriereknick und 30 Prozent haben Angst vor der Zukunft, wie eine Umfrage im Auftrag eines Männermagazins ergeben hat. Insgesamt fürchten rund 43 Prozent aller Erwerbstätigen, den Job zu verlieren, wie eine repräsentative Umfrage der DAK und der Zeitschrift Woman ergab.
Auch wer erst seit ein paar Jahren nach seinem Hochschulstudium arbeitet, wünscht sich an erster Stelle nur noch eines: vor allem einen sicheren Job. Wenn sich die jungen Erfolgreichen zwischen sicherem Job und schneller Karriere entscheiden müssen, bevorzugen fast drei von vier (72,9 Prozent) die sichere Anstellung, wie das Young-Professional-Barometer schon 2002 des Berliner trendence Instituts für Personalmarketing in einer Befragung von 9733 jungen Berufstätigen herausgefunden hat. Dieses Ergebnis wäre früher undenkbar gewesen.
Kein Interesse an der Arbeit?
Immerhin fast 90 Prozent der Mitarbeiter in deutschen Unternehmen haben nach einer Meinungsumfrage des Gallup-Instituts kein Interesse an ihrer Arbeit. Wen wundert’s: Viele Mitarbeiter sind durch das erhebliche Streichen von Kosten, sprich Jobs, frustriert. Wer sich ständig Gedanken um seinen Job machen muss, kann nicht mit ganzem Herzen und Hirn bei seiner eigentlichen Arbeit sein. Gleichzeitig zeigen andere Untersuchungen wie z. B. das Excellence Barometer schon vor Jahren vom Marktforschungsinstitut forum und VDI (Verein Deutscher Ingenieure), dass gerade Motivation ein Schlüsselfaktor ist: Intensive Schulung und hohe Motivation der Mitarbeiter sind für den Erfolg eines Unternehmens entscheidender als die Qualität von Produkten und Dienstleistungen (vgl. Kapitel 4). Umgekehrt wird ein Qualitätsschuh daraus: „Wenn du Qualität willst, dann beseitige die Angst“, hat W. Edwards Deming, Vater des Total Quality Management (TQM), schon vor Jahren festgestellt.
Angst, was ist das?
Die Begleiterscheinungen von Angst
Verwandt mit dem lateinischen „angustus“ (eng, beengend) und dem griechischen „angchein“ (würgen, drosseln). Das klinische Wörterbuch Pschyrembel versteht darunter einen als unangenehm empfundenen, gleichwohl lebensnotwendigen (weil eine Gefahr signalisierenden) emotionalen Zustand. Begleiterscheinungen sind u. a. Unsicherheit, Unruhe, Schlafstörungen, Erregung (eventuell Panik), Bewusstseins-, Denk-, oder Wahrnehmungsstörungen, Anstieg von Puls oder Atemfrequenz, Übelkeit, Zittern und Schweißausbrüche.
Der Erfinder der Psychoanalyse, Sigmund Freud (1856-1939), ortete als Quelle der Angst die Furcht vor Trennung. Anschauungsunterricht konnte er bei sich selbst nehmen, weil er öfters unter Panikanfällen litt, die in der Literatur schon ausführlich beschrieben wurden. Der Psychoanalytiker und Angstexperte Fritz Riemann, dessen Grundformen der Angst und vier Persönlichkeitstypen im dritten Kapitel vorgestellt werden, fasst treffend zusammen: „Angst tritt immer dort auf, wo wir uns in einer Situation befinden, der wir nicht oder noch nicht gewachsen sind. Jede Entwicklung, jeder Reifungsschritt ist mit Angst verbunden, denn er führt uns in etwas Neues, bisher nicht Gekanntes und Gekonntes, in innere und äußere Situationen, die wir noch nicht und in denen wir uns noch nicht erlebt haben.“
Exkurs: Wissenschaft und Angst
Fast jeder Beschäftigte leidet am Arbeitsplatz unter Ängsten, so eine Langzeitstudie der FH Köln. In Zahlen: bis zu 90 Prozent. Der volkswirtschaftliche Schaden betrage jährlich mehr als 50 Milliarden Euro (Stand: 1998). Und die Zahlen steigen weiter angesichts der bei den Krankenkassen registrierten Burnout-Wellen.
„Je besser ein Job dotiert ist, desto größer ist in der Regel die Angst“, haben ebenfalls Panse und Stegmann (Kostenfaktor Angst) herausgefunden.
Nach Massenentlassungen verdoppelt sich das Risiko für die verbleibenden Kollegen, an einer Herz- oder Gefäßkrankheit zu sterben (Studie des Finnish Institute of Occupational Health, Helsinki).
Angstfrei durchs Leben zu gehen ist ein erheblicher Nachteil: Wer kein Misstrauen kennt, wird ständig übervorteilt, so Prof. Antonio Damasio, Leiter einer der weltgrößten Neurologie-Stationen in Iowa City.
Der Klassiker: In der berühmten Sozialstudie „Die Arbeitslosen von Marienthal“ in den frühen 1930er-Jahren in einem Dorf bei Wien wurde herausgefunden: Wenn sich das Einkommen verschlechtert, verschlechtert sich auch die seelische Verfassung der Menschen. Sie resignieren, verzweifeln und versinken schließlich in Lethargie. Diese Gleichung wurde in dem Dorf entdeckt, dessen 1486 Einwohner nach der Schließung der einzigen Fabrik arbeitslos geworden waren.
Die LVE-Liste (LVE = Lebensveränderungseinheiten) zeigt, welche Lebensereignisse am meisten stressen und ängstigen (Auswahl der neun wichtigsten):
Ereignis |
LVE-Wert |
Tod des Partners |
100 |
Scheidung |
73 |
Trennung vom Ehepartner |
65 |
Tod eines nahen Familienmitglieds |
63 |
Gefängnisaufenthalt |
63 |
Schwerer persönl. Unfall/Krankheit |
53 |
Eheschließung |
50 |
Verlust des Arbeitsplatzes |
47 |
Eintritt in den Ruhestand |
45 |
(Quelle: Holmes/Rahe nach Zimbardo „Psychologie“)
Warum kann zu viel Angst so gefährlich sein?
Angst macht krank
Angst kann lähmen und den Blickwinkel nur noch auf Probleme eingrenzen – die Psychologie nennt das selektive Wahrnehmung: Das Bewusstsein bestimmt das Sein. Berühmte Beispiele dafür sind „Der eingebildete Kranke“ von Molière oder der Kinofilm „A beautiful mind“ über das Genie, den Nobelpreisträger und den Spieltheoretiker John Nash. Angst kann krank machen, verbraucht Energie, untergräbt das Selbstbewusstsein, erstickt Neugierde, tötet Kreativität und lähmt. Meist kommen körperliche Beschwerden dazu (Nervosität, Schlafstörungen, Magen-Darm-Beschwerden, Rücken- und Kopfschmerzen) und die gefährliche Flucht in Alkohol und Medikamente.
Stopp: Angst hat aber wie eine Medaille auch eine zweite Seite – die positive: Angst ist Ihre innere Alarmanlage, die Gefahr signalisiert. Angst sensibilisiert Sie für negative Entwicklungen: Wer rechtzeitig weiß, dass eine Sturmflut droht, kann Maßnahmen dagegen treffen! Angst lässt Gefahren schneller erkennen, macht wacher und reaktionsfähiger (wenn sie uns noch nicht vollständig gelähmt hat), vorsichtiger und überlegter. Sie gibt Energie und Ausdauer, um Gefahren zu entkommen. Kurz: Angst sichert Überleben.
Bin ich ein ängstlicher Typ?
„Von der Stirne heiß rinnen muss der Schweiß“, dichtete einst Friedrich Schiller. Heutzutage rinnt vor allem der Angstschweiß. Rund 60 Prozent der Angestellten leiden unter Angstattacken am Arbeitsplatz, so eine Forsa-Umfrage im Jahr 2000. Die Zahl dürfte angesichts der Euro-Krise und Wirtschaftsmisere aktuell kaum niedriger liegen.
Im dritten Kapitel wird Ihnen eine Typologie von Riemann vorgestellt, anhand deren Sie sich selbst besser kennenlernen können. An dieser Stelle können Sie grob taxieren, was Ihnen so richtig im beruflichen und privaten Umfeld Angst einjagt.
Selbstanalyse
Auswertung: Wenn Sie überwiegend ein „Ja“ angekreuzt haben, stehen gerade die Zeichen auf Angst-Sturm. Dennoch ist das Schiff noch nicht untergegangen. Mit anderen Worten: Sie können noch den sicheren Hafen ansteuern. Wenn Sie fast ausschließlich „Nein“ angekreuzt haben: Herzlichen Glückwunsch! Sie kann so schnell nichts umhauen oder Sie arbeiten beruflich auf einer Trauminsel (dann sollten Sie die Autoren informieren und das Buch nach der Lektüre bald in Ihrem Bekanntenkreis weitergeben – denn vielen geht es nicht so gut wie Ihnen).
Habe ich Grund, ängstlich zu sein?
Arbeitsplätze verschwinden in Billiglohnländer
Gute Unternehmen verschaffen sich Wettbewerbsvorteile, indem sie Entwicklungen antizipieren. Das können Sie auch: Wirtschaftsforschungsinstitute, Unternehmensberatungen und Wissenschaftler versuchen regelmäßig, in Studien in die Zukunft zu blicken. Auch wenn nur ein Teil tatsächlich eintritt, haben Sie einen gewissen Informationsvorsprung. So sind z. B. allein in den Zukunftsbranchen Software und EDV-Dienstleistungen laut einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney von 2004 bis 2007 rund 130.000 deutsche Arbeitsplätze in osteuropäische oder asiatische Billiglohnländer verschwunden. Im Internetzeitalter kostet der Transfer kaum Zeit und Geld. Die Folge: Nur noch wenige teure Angestellte sind unersetzbar – vor allem Spezialisten und Mitarbeiter, bei denen die enge Beziehung zum Kunden oder die Muttersprache zählt. Rund 1000 McKinsey-Berater in Deutschland lassen bereits ihre PowerPoint-Präsentationen in englischer Sprache in Indien erstellen. Skizze hingefaxt, Folien zusammengebastelt und zurückgemailt – fertig.
Stellen Sie anhand des folgenden Ampel-Modells fest, wie sicher Ihr Job ist. Einzelne Punkte für sich genommen müssen noch keine Gefahr darstellen, schließlich kann dahinter auch nur ein allgemein gestiegenes Kostenbewusstsein stehen. Eine Häufung lässt freilich vermuten, dass Sie allen Grund haben, besonders aufmerksam die weitere Entwicklung zu beobachten. Deshalb ist die Liste auch ziemlich ausführlich geworden (für Ihren Wettbewerbsvorsprung).
Ampel-Checkliste: Warnsignale
Gehen Sie die einzelnen Punkte durch, um festzustellen, ob und wie schlimm es um Ihr Unternehmen und speziell um Ihren Job steht.
1. Gelbes Warnlicht (latente Phase)
Bauen andere Unternehmen in Ihrer Branche Stellen ab? In Ihrem speziellen Fachbereich? (Medienberichterstattung, Flurfunk etc.)
Ist das schwarze Brett mit den internen Stellenausschreibungen eine weiße Wand? Heißt: kein Angebot oder nur noch ein stark geschrumpftes. Personalrekrutierung über den externen Stellenmarkt ist auf Eis gelegt? (Indikator: Stellenmarkt in überregionalen/regionalen Tageszeitungen)
Gibt es weniger Jobhopper in Ihrem Unternehmen? Sprich: Die Wechselbereitschaft nimmt massiv ab.
Werden Personalmarketing und Rekrutierung von Hochschulabsolventen eingeschränkt oder ganz zurückgefahren? Werden auch die Ausbildungsstellen gekürzt?
Sie haben eine gute Idee und die Rückfrage lautet: „Was kostet das?“ Und nicht: „Was könnte es dem Unternehmen bringen?“
Werden „Fangprämien“ für gesuchte Bewerber (mit besonderen Qualifikationen) gestrichen?
Allgemeine Stimmungsverschlechterung im Haus, die nicht auf eine Tiefdruckwetterlage zurückzuführen ist (Gesichtsausdruck, Wortwahl)? Mieses Arbeitsklima? Motivationsverluste? Wann wurden Sie zuletzt gelobt? Wie?
Müssen Sie neue Aufgaben zusätzlich übernehmen (Arbeitsverdichtung)? Bekommen Sie nur „Müllarbeit“ oder auch strategisch zukunftsträchtige Aufgaben?
Wird/wurde die Weiterbildung zusammengestrichen?
Z. B. Englischkurse mit/ohne Begründung; insbesondere dann bedenklich, wenn damit eine langjährige betriebliche Praxis aufgehoben wird.
Z. B. wenn im Vertrieb verkaufsunterstützende Kurse wegfallen (wenn nicht im Vertrieb, wo soll dann Geschäft gemacht werden?!).
Werden Investitionsmaßnahmen (insbesondere auch im F&E-Bereich) gekürzt oder gar ganz gestrichen?
Unbezahlte Mehrarbeit? (Werden z. B. auch früher bezahlte Überstunden nicht mehr mit Geld, sondern nur noch mit Freizeit abgegolten?)
Werden Tariferhöhungen mit dem AT-Gehalt verrechnet?
(Höhere) variable Gehaltsbestandteile? (Das ist grundsätzlich nichts Verwerfliches, weil in guten Zeiten die Waage sich entsprechend positiv hebt. Wird aber gern in eher schlechten Zeiten eingeführt.)
Läuft der Auftragseingang schleppend? Brechen Aufträge weg? Explodiert die Stornorate? Verabschieden sich Stammkunden oder Key Accounts?
Werden die Köpfe in der Geschäftsführung ausgewechselt? In kürzeren Zyklen als bisher?
Werden Fringe Benefits (z. B. Firmenwagen) gestrichen oder die betriebliche Altersvorsorge gekürzt oder gestrichen?
Werden Dienstreisen restriktiver gehandhabt?
Werden Strom- oder andere Sparappelle verkündet?
Wird der Umzug in ein neues Gebäude auf unbestimmte Zeit verschoben oder ganz abgesagt?
Wird die Zimmerauslastung erhöht (um Raumkosten zu sparen)?
Wird die Betriebskantine geschlossen?
Werden technische Anschaffungen (wie z. B. neuer Laptop) nicht mehr genehmigt?
Wird das Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt oder gestrichen (meist schon rotes Warnlicht!)?
2. Rotes Warnlicht (akute Phase)
Gab/Gibt es Kurzarbeit, Zwangsurlaub oder Auszeit mit Gehaltsverzicht?
Gab es in den letzten Wochen/Monaten eine außerordentliche Betriebsversammlung oder wird es eine geben?
Erarbeitet die Geschäftsführung mit dem Betriebsrat einen Sozialplan? (Meist Endstufe dieser Entlassungs- bzw. Jobabbauwelle – was nicht heißt, dass ein paar Monate später keine weitere folgt.)
Werden Outplacement-Beratungen und Aufhebungsverträge angeboten? (Der goldene Handschlag ist meist nur ziemlich blechern und feucht.)
Interessiert sich ein in- oder ausländischer Konkurrent für das Unternehmen? Besonders bei amerikanischen Unternehmen mit Ellenbogenmentalität (hire&fire) läuten jetzt die Alarmglocken Sturm (für die Nicht-Leistungsträger als „Totenglöcklein“, für die Leistungsträger als Chance, sich mit ihren Stärken zu positionieren).
Aussagen wie: „Entweder Sie schaffen das (mit weniger Personal) oder Sie können sich einen anderen Job suchen!“ Ist der Umgangston rauer geworden? Herrscht ein Rambo-Stil? (Ende der Spaßfolklore?)
Die ersten Kollegen verlassen das Schiff: Sind es (nur besser informierte) Leistungsträger, die freiwillig gehen? Oder sind es Kollegen, die gehen müssen?
Lieferanten holen Ware wieder ab bzw. liefern nur noch gegen Vorkasse?
Steht Ihr Unternehmen mit den obigen Aspekten in den Schlagzeilen? (Dominoeffekt: Vertrauenskrise kann dazu führen, dass eine zerstörerische Lawine ins Rollen kommt.)
In Ihrem Büro sitzt jemand anders?
Gehalt gekürzt?
Bekommen Sie Ihr Gehalt nur noch schleppend bezahlt: zeitlich verzögert bzw. nur in Teilbeträgen?
Geben sich Unternehmensberater die Türklinke in die Hand – oder noch schlimmer: Hat der Konkursverwalter bereits das Sagen? (Wenn Letzterer im Haus ist, dann ist es höchste Zeit für einen Wechsel, wenn es noch geht.)
Wie bekomme ich meine Angst in den Griff?
Reaktionsmöglichkeiten und praktische Tipps bei Angst
Es lassen sich zwei Grundrichtungen der Reaktion auf Angst unterscheiden: (1) die Bewältigung und die (2) Nicht-Bewältigung. Bei der Bewältigung stellt man sich der angstauslösenden Situation. Die Psychologie unterscheidet dabei entsprechende Vorsichtsmaßnahmen (Akkomodation) und den Versuch, die Situation zu ändern (Assimilation). Bei der Nicht-Bewältigung existieren vor allem drei Maßnahmen: Angriff, Flucht und Erstarrung.
Nicht-Bewältigung
Angriff: Die Flucht nach vorne wird – meist aggressiv – angetreten. Hintergrund: Nach außen wirkt ein aggressiver Mensch oft angstfrei, souverän und selbstbewusst. Doch dahinter stecken häufig tiefe Ängste und Unsicherheiten, die mit Stärke überspielt werden.
Flucht: Man versucht, so schnell wie möglich den Gefahrenbereich zu verlassen. Wenn dies nicht möglich ist, flüchtet man in Ersatzbefriedigungen wie Ablenkung, Alkohol, Drogen, Ignorieren etc.
Erstarren vor Angst: Jede Reaktion unterbleibt. Der Betroffene ist blockiert und handlungsunfähig. Eine der schlechtesten Varianten ist: Sie geben sich Ihrem Schicksal hin und konkurrieren mit dem Vogel Strauß („Kopf-in-den-Sand-Strategie“).
Die 13 wichtigsten tiefenpsychologischen Abwehrmechanismen im Überblick
1. Verdrängung/Verleugnung
Unangenehme Wahrnehmungen, Vorstellungen, Wünsche, Handlungen werden so weit unterdrückt, dass sie dem eigenen Bewusstsein nicht mehr zugänglich sind.
2. Isolierung
Die angsterregende Verbindung zwischen Affekten, Vorstellungen und Erinnerungen wird gelöst. Die seelischen Inhalte sind zwar weiter bewusst, allerdings von den unbewussten Gefühlen getrennt. Der Betroffene erzählt von traumatischen Erlebnissen – völlig losgelöst von irgendwelchen Gefühlen.
3. Ungeschehen-Machen
Hier wird bewusst versucht, den angsterregenden Gedanken durch einen solchen mit entgegengesetzter Bedeutung auszulöschen.
4. Verschiebung
Ein bewusstes Gefühl bzw. ein Gedanke wird nicht auf die betreffende Person gerichtet, sondern auf eine andere verschoben. Wer eigentlich auf den Chef ärgerlich ist, verschiebt diesen Ärger auf Kollegen.
5. Reaktionsbildung
Der unbewusste angsterregende Gedanke/Wunsch wird verdrängt und in einen entgegengesetzten Gedanken bzw. ein entgegengesetztes Gefühl umgewandelt: z. B. Aggression in Mitleid.
6. Regression
Bewusster angstbesetzter Gedanke wird durch das unbewusste Zurückkehren in eine frühe Stufe der Entwicklung abgewehrt.
7. Projektion
Bedrohliche Gedanken werden unbewusst nicht mehr als die eigenen wahrgenommen, sondern auf andere Personen bzw. Objekte projiziert bzw. diesen unterstellt.
8. Identifikation
Bei dieser Abwehrform werden Verhaltensweisen oder ganze Lebensstile des anderen verinnerlicht und imitiert.
9. Rationalisierung
Unbewusste Ängste werden dadurch abgewehrt, indem nachvollziehbare Erklärungen für die Gefühle/Gedanken gefunden werden.
10. Verleugnung der Realität
Äußere Wirklichkeit wird unbewusst verleugnet und in Tagträumen/Fantasien entkräftet.
11. Sublimierung (umstritten, ob ein Abwehrmechanismus)
Angsterzeugende Gedanken werden unbewusst nicht ausgelebt, die frei gewordenen Kräfte in der Umwelt eingesetzt (z. B. ehrenamtliche Tätigkeiten).
12. Angstbetäubung
Angst wird unbewusst durch Alkohol, Medikamente, Arbeit, Sexualität, Spielsucht, Essen usw. betäubt.
13. Vermeidungsverhalten
Es werden sämtliche Gedanken, Gefühle und Handlungen, die Angst hervorrufen könnten, bewusst vermieden (z. B. konfliktträchtige Themen nicht angeschnitten).
(Quelle: IGNIS, Kitzingen)
Drei praktische Tipps:
Angst-Parameter
Führen Sie Buch über die Angstsituationen, um Ihre persönlichen Angst-Parameter zu entdecken (bestimmte Zeiten, bestimmte Personen, bestimmte Themen). Versuchen Sie, sich bewusst der Angst zu stellen und nicht mit der Fantasie diese Ängste noch vertiefend auszumalen (Angst vor der Angst: Phobophobie).
Die persönlichen Entspanner
Planen Sie bewusst Aktivitäten in Ihren Tages-/Wochenablauf ein, die Ihnen gut tun und Freude bereiten (z. B. Musizieren, Tanzen, Freunde einladen, Schwimmen, Sauna etc.; wenn Sie es nicht alleine schaffen, s. auch Kapitel 5). Am besten notieren Sie auf einem Blatt Papier Ihre persönlichen „Entspanner“, kleben es an eine Tür oder an den Kühlschrank und planen diese angenehmen Stunden bewusst in Ihren Kalender ein (möglichst schon vor einer Krise, spätestens aber, wenn Sie besonders unter Druck stehen).
Der Wettbewerbsvorsprung
Überlegen Sie sich Tricks, wie Sie sich unentbehrlicher machen: Bieten Sie sich z. B. (pro-)aktiv für Arbeiten an, die Ihnen liegen (Können), die Sie gerne machen (Wollen) und die für das Unternehmen Mehrwert schaffen bzw. die Kernkompetenz verbessern (dann kann auch keiner später – Stichwort Arbeitsgericht – sagen, Sie hätten nicht Ihr Bestes gegeben). Oder: Überlegen Sie, wo und wie Sie sich einen fachlichen Wettbewerbsvorsprung verschaffen können (s. auch Kapitel 8).
Ganz konkret gibt es auch nützliche Entspannungstechniken, mit denen Sie so richtig Dampf ablassen können. Das ändert zwar meist nicht die Situation, aber die negative Energie fließt ab. Im Kapitel 5 wird darauf näher eingegangen.
Das sollten Sie unbedingt wissen
Machen Sie Inventur, stellen Sie sich dabei folgende Fragen und behalten Sie folgende Zusammenhänge im Auge:
Zu welchen Opfern bin ich bereit, um die Sicherheit zu erhöhen?
Zum Vergleich eine Emnid-Umfrage im Auftrag der Bildwoche: Drei von vier deutschen Arbeitnehmern erbrächten persönliche Opfer für einen wirtschaftlichen Aufschwung. Jeder zweite Berufstätige würde dafür zwei Stunden länger in der Woche ohne finanziellen Ausgleich arbeiten.
Kenne ich meine Rechte? Lässt mich die Rückendeckung einer Rechtsschutzversicherung ruhiger schlafen (falls es zu einem Arbeitsgerichtsprozess kommt: finanzieller Schutz und kompetente Rechtsberatung)? Kenne ich einen (vertrauensvollen) Ansprechpartner im Betriebsrat? Betriebsräte sind Interessenvertreter der Arbeitnehmer und unterliegen der Schweigepflicht.
Gerade wenn Sie älter sind, könnten Sie von tariflichen Senioritätsregeln und damit von Sonderbehandlungen wie besonderem Kündigungsschutz profitieren.
Auch wenn es oft banal klingt, dennoch verstoßen viele gegen einfache finanzielle und gesundheitliche Grundprinzipien – und bringen sich dadurch zusätzlich in die Klemme. Deshalb sollten Sie auf diese drei Punkte achten:
• Geben Sie nie mehr aus, als Sie einnehmen. Wenn Sie auf Schulden sitzen, ist es höchste Zeit für Gegenmaßnahmen. Wenn Sie bereits in Schulden zu ertrinken drohen, ist es allerhöchste Zeit für eine seriöse Schuldnerberatung (z. B. Verbraucherzentrale).
• Vorsorge treffen. (Noch die meisten Großeltern wussten: „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not.“)
• Suchtprävention betreiben und maximal nur in homöopathischen Dosen Alkohol genießen (damit werden Sie die Sorgen nicht los). Seien Sie paradox: Freiheit liegt im Maßhalten, Stärke im Verzicht. Francis Scott Fitzgerald, der Autor des weltbekannten Romans Der große Gatsby, war ein berüchtigter Trinker, er wurde nur 44 Jahre alt. Der Star der Literaturszene in den 1920-er Jahren endete verschuldet und verbittert in Los Angeles. Im Jahr 1940 lag ein ausgezehrter Leichnam mit faltigen Händen im Sarg.
Wende dein Gesicht der Sonne zu …
Wo Schatten ist, da ist auch Licht: Nehmen Sie bewusst auch positive Signale wahr. Ein afrikanisches Sprichwort lautet: „Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann lässt du die Schatten hinter dir.“ Ein Beispiel: Seit 2010 schlägt wieder die Stunde der älteren Mitarbeiter. Warum? Dann erwarten Wissenschaftler eine massive Zunahme der über 50-Jährigen. Nach Berechnungen des Münchner Instituts für Sozialwissenschaftliche Forschung (ISF) hat dies vor allem demographische Gründe: sinkende Geburtenraten bei gleichzeitig steigender Lebenserwartung. Dadurch steigt bis zum Jahr 2015 der Anteil der über 50-jährigen Erwerbspersonen von heute 23 auf 33 Prozent – mit einer besonders deutlichen Zunahme ab 2008.
Bis zum Jahr 2050 wird die Zahl der potenziellen Erwerbspersonen von derzeit rund 42 Millionen auf knapp 30 Millionen nach einer Prognose des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln zurückgehen; die Zahl der Akademiker und Meister als Besserqualifizierte wird um fast 2 Millionen auf etwa 8,9 Millionen sinken. Mit anderen Worten: Fachkräfte werden nach der mittlerweile schon mehrjährigen Dürreperiode wieder dringend benötigt – auch schon vor 2050.
Und so gehen Sie weiter vor
Sorge dich nicht, lebe!
Drücken Sie die „Reset“-Taste: Versuchen Sie, sich eine positive Grundhaltung zu bewahren und es mit Dale Carnegie, dem optimistischen US-amerikanischen Bestsellerautor (Sorge dich nicht, lebe), zu halten: „Wenn das Schicksal dir Zitronen gibt, dann mache Zitronenlimonade daraus.“
Hummer – nicht mehr als zweimal in der Woche
Überwintern Sie: „Nur durch den Winter wird der Lenz errungen“ (Gottfried Keller). Und denken Sie an Ebbe und Flut – Zeiten ändern sich: Zu Kolonialzeiten wurden Krebse mit der Hand aus dem flachen Wasser gesammelt. Bedienstete in Neu-England setzten damals eine Klausel im Arbeitsvertrag durch, nach der ihnen nicht mehr als zweimal in der Woche Hummer vorgesetzt werden durfte. Erst seit dem Zweiten Weltkrieg ist der Lobster ein Luxusartikel.
Wichtige Informationen
Bleiben Sie informiert (s. Kapitel 9 und 10): Branchen-Newsletter (Wie wird die Arbeitsmarktsituation geschildert?), Stellenanzeigen (Wie gefragt ist Ihre Qualifikation?), Jobangebote per E-Mail regelmäßig zuschicken lassen (= push; Jobportale regelmäßig durchflöhen = pull: z. B. worldwidejobs, jobmonster …), weitere Fachpublikationen durchsehen (Stellenangebote? Welches Profil wird gesucht? Stichwort Weiterqualifizierung, s. Kapitel 4), Kongresse/Tagungen besuchen.
Schonkost
Bleiben Sie realistisch: Das Zeitalter der Bespaßung und Bepamperung ist passé. Sprich: Die Zeiten werden tendenziell rauer, weil die Wirtschaftswunder-Phase mit diesem Jahrtausend zu Ende gegangen ist. Schonkost heißt es deshalb wohl in Zukunft. Wer die Augen davor verschließt, wird trotzdem gesehen. Lassen Sie sich aber bitte nicht von jeder (scheinbaren) Schreckensmeldung aus der Ruhe bringen. Akzeptieren Sie für eine überschaubare Zeit Mehrarbeit – und denken Sie dabei an den US-Präsidenten John F. Kennedy („Frage nicht, was dein Land für dich tun kann, sondern frage lieber, was du für dein Land tun kannst“ – wobei Land durch Firma zu ersetzen wäre). Gleichzeitig stellen sich die Fragen: Lassen sich Aufgaben neu priorisieren, weniger Meetings (Anzahl und Dauer) abhalten, eine effektivere Selbstorganisation (s. Kapitel 6) nutzen?
Setzen Sie auf Ausdauer und Geduld
Folgen Sie nicht jedem neuen Trend (Stichwort: Bonanza-Stimmung in der New Economy: www haben einige mit „Wunder werden wahr“ verwechselt). Manchmal lohnt es sich, antizyklisch zu handeln. Beispiel Warren Buffet: Die Anlegerlegende hat während des New Economy Hype viel Kritik einstecken müssen, weil er mit Aktienengagements abstinent geblieben ist. Eine Strategie, die sich im Nachhinein ausgezahlt hat: Seit Buffet 1965 das Ruder von Berkshire Hathaway übernommen hat, ist der Aktienkurs um das 5000-Fache gestiegen. Setzen Sie auf Ausdauer und Geduld. Beispiel Jochen Zeitz: Als der frühere Absolvent der European Business School (EBS) den Sportartikelhersteller Puma 1993 als Vorstandsvorsitzender übernommen hat, war die Marke so ramponiert wie eine unter die Räder gekommene Katze. Mittlerweile hat Zeitz das ehemals altbackene und tief in der Krise steckende Unternehmen zu einem attraktiven Lifestyle-Konzern fit gemacht.
Lebensziele
Welches strategische Unternehmenskonzept passt auf Ihre Persönlichkeit: First to market oder Follow the leader, Me-too oder Nische? Sind Sie ein Saturierter (Konstanz als Lebenskonzept) oder ein Hungriger (Veränderung als Lebenskonzept)? Setzen Sie sich Lebensziele, damit Sie nicht jeder Gefühlsschwankung nachgeben (s. Kapitel 2). Werden Sie zum Akteur – und starren Sie nicht wie das Kaninchen auf die Schlange (und lassen Sie sich nicht hypnotisieren)
Lassen Sie sich von Schwarzsehern nicht anstecken!