All denen, die mir in der schwersten Zeit meines Lebens treu beigestanden haben. Ich danke Gott, dass er Euch in mein Leben gebracht hat.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.
© 2014 by `fontis – Brunnen Basel
Cover: Susanne Wittpennig, Basel
E-Book-Herstellung: Textwerkstatt Jäger, Marburg
ISBN (EPUB) 978-3-03848-622-0
ISBN (MOBI) 978-3-03848-623-7
www.fontis-verlag.com
1. Mayas Tagebuch
2. Der letzte Schultag
3. Domenicos Marotten
4. Reise mit Hindernissen
5. Das geheimnisvolle Turmzimmer
6. Panische Flucht
7. Wiedersehen in Catania
8. Motorradrennen mit Folgen
9. Maria und Bianca
10. Zio Giacomo
11. Ein nächtliches Bad im Meer
12. Zu Besuch bei Marias Famiglia
13. Und immer wieder Angel ...
14. Das Geheimnis wird gelüftet
15. Ein langersehntes Geständnis
16. Schwertfischfang bei Nacht
17. Die letzten Puzzleteile
18. Das Versprechen in Taormina
19. Zukunftspläne
20. Der große Tag
21. Aufbruch nach Berlin
Liebes Tagebuch
So lange habe ich nicht mehr geschrieben … jetzt wird's Zeit, dass ich das endlich mal gründlich nachhole!
Ich bin mal wieder auf einer Achterbahnfahrt. Wie könnte es auch anders sein! Meine Güte, ich sollte vielleicht vernünftig sein, aber das kann ich mir sowieso schon längst abschminken. Seit Domenico in meinem Leben ist, existiert das Wort Vernunft für mich eh nicht mehr …
Eigentlich ist mein Leben ja im Moment alles andere als leicht. Mein Vater wird morgen mit Dr. Ulrich sämtliche Formalitäten erledigen, so dass unser Haus und unsere Praxis nun endgültig in dessen Besitz übergehen. Stell dir das vor! Unser Haus – das Haus, in dem ich aufgewachsen bin! In dem ich meine Kindheit verbracht habe. An dem so viele Erinnerungen hängen – schöne, traurige, intensive, krasse, gemütliche, lustige, fröhliche, deprimierende und spannende. Und mein Zimmer – mein über alles geliebtes Zimmer, meine sichere Burg und Festung, die mir schon so oft Zuflucht geboten hat, wenn die Stürme meines Lebens zu heftig getobt haben.
Ich darf gar nicht dran denken, sonst könnte ich wieder nur losheulen. Aber nach all dem, was geschehen ist, können wir uns das nun einfach nicht mehr leisten. Und am allermeisten werde ich wohl meine wunderschöne Laterne vermissen, die alte Straßenlaterne, die ich immer von meinem Fenster aus sehen konnte. Die doch für mich einst in meinen Fantasien der Ort war, an dem alle meine Sehnsüchte, Wünsche und Träume zusammentrafen. Okay, inzwischen bin ich reifer und erwachsener geworden, und ich weiß nun, dass auch das Märchen von der Laterne eine Kehrseite hat – aber das ist eine andere Geschichte. Auf die ich gleich zu sprechen komme …
Ja, mein Nest wird mir nun einfach weggenommen, und ich muss flügge werden wie ein junger Vogel. Und muss mich entscheiden, wohin ich fliegen soll …
Ja, denn das ist nun diese andere Geschichte: Domenico, mein Märchenprinz, hat mir einen Heiratsantrag gemacht! Uff, ja! Tatsächlich wahr!
Okay, das war vielleicht doch ein wenig zu viel des Guten. Ich meine, ich werde erst in einem halben Jahr achtzehn … und jetzt schon heiraten???
Na gut, meinem Herzen kann ich nichts vormachen. Das würde sowieso die verrücktesten Sachen tun. Aber leider – oder vielleicht besser gesagt: zum Glück – habe ich einen ausgeprägten Verstand, der doch ab und zu noch zu nüchternen Überlegungen fähig ist.
Genau genommen ist es ja völlig absurd: Mein geliebter Märchenprinz ist eigentlich alles andere als ein Märchenprinz. Im Gegenteil, er ist ein Tiger, und dazu noch einer mit ziemlich spitzen Reißzähnen.
Erstens ist er neunzehn und hat immer noch keinen Schulabschluss. Zweitens muss er Medikamente gegen seine manisch-depressiven Störungen nehmen. Drittens hat er eine vom Kettenrauchen geschädigte Lunge und kommt immer noch nicht ganz von der Qualmerei los (und das nach mehreren Versuchen und sogar einer Therapie … ehrlich, manchmal bringt er mich zur Verzweiflung!!!). Viertens leidet er auch noch unter dem Borderline-Syndrom und hat sich am Bauch und an den Handgelenken lauter Wunden geritzt, was so vernarbt nicht gerade schön aussieht. Fünftens leidet er ständig unter Alpträumen und Schlafstörungen und muss auch noch Schlafpillen nehmen.
Und sechstens … ja, jetzt kommt diese Sache, die mich am meisten beschäftigt (an alles andere hab ich mich ja schon fast gewöhnt): Er hat eine ziemlich derbe Vergangenheit, was seine Mädchen- und Frauengeschichten betrifft. Von etlichen Seiten hab ich nur schlimme Storys über ihn gehört: Dass er wohl mindestens zweihundert Freundinnen hatte, dass er nie länger als drei Wochen mit einer zusammen war, dass er manchmal mehrere Mädchen gleichzeitig hatte und dass er auch schon mit vielen geschlafen haben soll.
Ehrlich, ich weiß nicht, was alles stimmt und was nicht, und Nicki – ja, so nenne ich ihn immer noch am liebsten – will ja nie mit mir darüber reden. Er sagt dauernd, er wolle nicht, dass ich das alles weiß, weil das sowieso der Vergangenheit angehört. Trotzdem wünschte ich mir so sehr, er würde sich mal mit mir aussprechen, weil ich gern wissen möchte, was nun wahr ist und was nicht.
Und nun kommt eben noch der neuste Hammer: Seine Erzfeindin Janet Bonaventura hat mir eine Sache erzählt, die mich nun wirklich fast aus den Socken gehauen hat. Und zwar, dass Domenico ihr – und wohl auch noch einigen anderen Mädchen – mit glühenden Zigarettenspitzen Verbrennungen zugefügt habe beim Sex. Um sich damit sozusagen an seiner Mutter und gleich an allen Frauen dieser Welt zu rächen. Man stelle sich das mal vor! Sie hat mir die Brandnarben sogar gezeigt.
Ehrlich – ich weiß momentan immer noch nicht, was ich mit dieser Geschichte anfangen soll. Mich hat das so geschockt, dass ich das Pfarrer Siebold erzählen musste. Der konnte mir zwar helfen, aber irgendwie raffe ich das immer noch nicht ganz. Ich kann mir das einfach kaum vorstellen, dass Nicki – mein Nicki, mein Märchenprinz, der immer so zärtlich zu mir ist – so etwas Grausames und Hässliches getan haben soll. Das geht mir einfach nicht rein. Drum hab ich diese Geschichte irgendwie in eine der untersten Schubladen meiner Gedankenwelt geschoben. Wenn sie wirklich wahr wäre, dann weiß ich jetzt schon, dass Domenico niemals mit mir darüber reden würde. Er hat zu große Angst, mich zu verlieren …
Tja, wenn jemals einer mein Tagebuch lesen würde, würde er sich wohl fragen, wie man sich denn in so einen abgefahrenen und kranken Typen verlieben kann. Nun, dazu muss man eben Domenicos ganze Geschichte kennen … und auch seine ganze Persönlichkeit.
Es ist ja nicht so, dass ich mich Knall auf Fall in ihn verliebt habe. Nein, wir haben eine lange und intensive Story miteinander erlebt, und es gab bis jetzt keinen einzigen Menschen in meinem Leben, bei dem ich je so eine tiefe Verbundenheit gefühlt habe wie bei Domenico. Bei dem ich mich so geborgen und verstanden fühle, der mich so zu trösten und zu beschützen vermag. Dem ich alles anvertrauen kann, selbst meine abwegigsten Ideen, ohne dass er sich über mich lustig macht. So jemanden zu finden ist nicht leicht, und wenn man tatsächlich das Glück hat, so einem Menschen zu begegnen, nimmt man wohl auch all die anderen schrägen Sachen in Kauf. Nur so kann ich mir das erklären.
Kommt hinzu, dass Nicki einfach auch noch unbeschreiblich hübsch ist, aber das allein hätte nicht gereicht, um angesichts all seiner Eskapaden, unter denen ich oft gelitten habe, immer noch bei ihm zu bleiben.
Dann gibt es noch diese eine Sache, die man einfach nicht vergessen darf: Nicki ist schon am Anfang seines Lebens ziemlich sicher schwer traumatisiert worden, weil seine Mutter ihn und seinen Zwillingsbruder Mingo kurz nach ihrer Geburt ersticken wollte. Und zwar, weil sie sich schlicht und einfach überfordert fühlte und zudem ungewollt schwanger geworden war. Deshalb hatte Mingo auch einen leichten Gehirnschaden davongetragen, der es ihm unmöglich gemacht hat, lesen und schreiben zu lernen.
So hat mir das jedenfalls meine ehemalige Lehrerin Frau Galiani erzählt. Man stelle sich das mal vor: Kaum erblickst du das Licht der Welt, wirst du schon fast umgebracht. Kein Wunder, dass Domenico nun all diese psychischen Schwierigkeiten hat. Und dass Mingo schlussendlich an einer Überdosis Heroin gestorben ist …
Tja, falls sich das alles wirklich so zugetragen hat! Denn kürzlich habe ich Nickis und Mingos Mutter Maria endlich persönlich kennengelernt, und die hat mir was ganz anderes verklickert: nämlich dass es sich lediglich um eine schwere Geburt gehandelt hätte, bei der Mingo fast erstickt wäre. Und nun überlege ich die ganze Zeit, was das wohl für Auswirkungen auf Nickis Seele hätte, wenn Marias Version wirklich der Wahrheit entspricht und sie ihre Kinder doch nicht hatte umbringen wollen. Würde das nicht vieles in seiner Seele heilen?
Ach, wenn man der Sache doch auf den Grund gehen könnte! Domenico selbst redet ja nie über diese Geschichte, und ich weiß auch genau, dass ich ihn nicht danach fragen darf.
Und das ist noch längst nicht alles. Etliches weiß ich zwar nun mittlerweile aus seiner Vergangenheit, aber es gibt immer noch so viele Dinge, die er mir nie erzählt hat. Die er vehement vor mir verschließt. Zum Beispiel die Prügel und die Misshandlungen durch seinen Stiefvater. All die Männergeschichten, die seine Mutter gehabt hat. Warum genau er sich wirklich dauernd Wunden geritzt hat. Darüber schweigt er einfach, und ich habe keinen Zugang dazu.
Ja, Nicki ist nicht nur ein Buch mit sieben Siegeln, wie ich bisher angenommen hatte … sondern sogar eins mit mindestens acht, wenn nicht mehr.
So ist das halt, und deshalb gebe ich es einfach auf, eine vernünftige und logische Erklärung für meine Liebe zu ihm zu finden. Im Gegenteil, ich werde bald die schockierende Mitteilung auf die Menschheit loslassen müssen, dass Nicki und ich uns verloben wollen.
Oh ja, ich sehe schon all die entsetzten Gesichter, die mich ungläubig anstarren werden, als hätte ich den Verstand verloren. Und ich höre auch schon die Stimmen, die auf mich einprasseln werden:
«Wie bitte? Du willst dich mit so einem Typen wie Domenico verloben? Hast du dir das auch gut überlegt? Du weißt doch haargenau, dass das niemals funktionieren wird. Domenico hat eine schwerwiegende posttraumatische Belastungsstörung, das müsste dir doch klar sein! Aus so einem wird nie was Rechtes, weil er gar nicht fähig ist, was Ordentliches aus seinem Leben zu machen. Guck doch mal, er schafft es ja nicht einmal, mit dem Rauchen aufzuhören – wie will er denn alles andere schaffen?»
Oh ja, da wird noch einiges auf mich zukommen!
Und der Clou kommt erst: Meine Eltern wissen noch überhaupt nichts davon! Als ich letztes Mal angetönt hab, dass Domenico mir einen Heiratsantrag gemacht hat, ist mein Vater fast an die Decke gegangen, und auch Mama musste mich erst mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen … obwohl ich ja gespürt habe, dass sie irgendwie über Nickis ritterliche Geste gerührt war.
Na ja, letzten Endes war wieder mal Pfarrer Siebold – der coolste Pfarrer der Welt! – mein rettender Engel: Er hat uns auf die Idee mit der Verlobung anstelle einer überstürzten Heirat gebracht.
Ach, es würde ja auch alles nicht so eilen, wenn Mama nicht so schwer krank wäre. Aber der Gedanke, dass sie vielleicht meine Hochzeit gar nicht mehr erleben wird, ist für mich unerträglich. Deswegen ist das mit der Verlobung wirklich eine gute Lösung. Es ist besser als nichts …
Und doch, mein inständiges Gebet, mein Schrei zu Gott ist nach wie vor, dass meine Mutter wieder gesund wird! Nichts wünsche ich mir mehr als das. Seit Monaten bin ich nun in diesem dunklen Tal gefangen, und mein einziges Licht ist wirklich die Verlobung mit Nicki. Wenn ich, der Vogel, schon so unsanft flügge werden muss, dann will ich mir wenigstens ein neues, warmes Nest suchen. Drei Möglichkeiten stehen mir zur Verfügung, und nur eine davon will ich …
Die erste Möglichkeit: Mit meinen Eltern in eine kleinere Wohnung zu ziehen. Aber falls meine Mutter sterben wird – wie soll ich es dann aushalten, mit Paps allein in jenen vier Wänden zu leben und ständig dieses deprimierende Loch spüren zu müssen, das Mamas Abwesenheit hinterlassen würde? Außerdem gehen meine Eltern ja erst mal auf Weltreise, sofern Mamas Zustand es zulässt. Und das würde für mich bedeuten, dass ich noch weitere Wochen bei Tante Lena und ihrem altersschwachen Dackel Gonzales wohnen müsste, bis ich dann zu meinen Eltern ziehen könnte – nein, Tante Lena muss ich jetzt nicht unbedingt haben!
Die zweite Möglichkeit: Mit Freundinnen eine WG zu gründen. Okay, wäre sicher die fröhlichere Variante. Wir könnten es bestimmt lustig haben. Doch wer außer Delia und Manuela käme da in Frage? Und mit Delia würde das auf Dauer auch nicht easy werden; zickig, wie die manchmal sein kann. Außerdem wäre Nicki meilenweit weg von mir. Denn Nicki muss ja dringend weg aus dieser Stadt, so viel ist klar, sonst wird er die Gangs und sein altes Umfeld nie los. Er wird nach Berlin gehen, das ist schon eine ziemlich fest beschlossene Sache.
Und damit wäre ich bei der dritten Möglichkeit: Ich ziehe mit Nicki nach Berlin, und wir gründen zusammen eine WG. Damit müsste ich zwar alles, was mir vertraut ist, aufgeben und ein völlig neues Leben beginnen, aber das ist eigentlich genau das, was ich in meiner jetzigen Situation am liebsten möchte. Denn hier erinnert mich im Moment sowieso alles an Mama, und wenn sie vielleicht bald nicht mehr da sein wird, wie sollte ich dann all diese Erinnerungen ertragen?
Ach, ich darf gar nicht dran denken …
Die größte Frage ist halt nur, wie ich meinen Eltern all diese Pläne beibringen soll. Sie werden nicht begeistert sein, so viel ist schon mal klar.
Aber dieses Problem verschiebe ich auf später, denn jetzt reisen wir erst mal für ganze zwei Wochen nach Sizilien, Nicki und ich. Übermorgen um halb zwei Uhr geht der Alitalia-Flug nach Milano, wo wir dann auf die Air One nach Palermo umsteigen müssen. Das war ja schon echt eine Kunst gewesen, von meinem Vater die Erlaubnis für diese Reise zu kriegen, aber Mama hat wieder mal tapfer für mich gekämpft.
Schließlich fand Paps es dann doch gut, und ich weiß auch, warum: Er hofft nämlich immer noch, dass mich das irgendwann zu der Überzeugung bringen wird, dass eine Beziehung mit Nicki auf Dauer nicht möglich sein wird. Er wünscht sich halt nach wie vor so einen Partner wie Leon für mich, einen soliden Arztsohn aus guter Familie. Na ja, das kann ich meinem Vater nicht mal verübeln – Domenico ist wirklich nicht gerade das, was Eltern sich als Freund für ihre Tochter wünschen. Ich bin ja so mega dankbar, dass Paps Nicki mittlerweile akzeptiert und ihn sogar mag, wenn er auch hofft, dass wir eines Tages unsere Beziehung wieder auf eine reine Freundschaftsbasis reduzieren.
Übrigens, morgen ist mein letzter Schultag. Ich darf mir ja nun ein halbes Jahr Auszeit nehmen, weil ich so viel durchgemacht habe mit Mamas Krankheit. Ich werde dann einfach eine Klasse weiter unten wieder einsteigen (und vermutlich sogar in Berlin!). Doch ich werde dieses Gymnasium nicht vermissen. Tut mir leid, das sagen zu müssen. Aber ich bin so froh, bald von dieser schrecklichen Isabelle wegkommen zu können …
Und morgen werde ich auch endlich, endlich, endlich Domenico wiedersehen! Wir haben uns nun über eine Woche lang nicht gesehen, stell dir vor! Das ist schier unerträglich. Aber er meinte halt, dass es einfach zu gefährlich sei wegen Toni und den Snakes. Sheena Rose, eine von den Prostituierten, die für Toni gearbeitet hat, hat zwar Anzeige gegen ihn erstattet, aber bis jetzt konnte die Polizei ihn noch nicht fassen. Und Nicki ist nach wie vor davon überzeugt, dass sich Toni an ihm rächen wird. Seine Mutter, die ebenfalls für Toni arbeitet, hat ihn auch schon mehrmals vor diesem gewarnt. Und da Toni sich mit den Snakes, Nickis größten Gegnern, verbündet hat, wird Nicki sich weiterhin bei Patrik verstecken müssen, bis er nach Berlin gehen kann. Aber morgen will er bei mir sein und mich trösten, weil ja unser Haus verkauft wird.
Er ist so süß in dieser Hinsicht. Und dann geht's auch schon ab nach Sizilien – ach, wird das herrlich! Zwei ganze Wochen lang nur Strand, Sonne, Romantik, gutes Essen – und wir beide! Genau das Richtige nach all dem Stress! Insgeheim hoffe ich ja, dass wir auch einiges über Domenicos Kindheit auf Sizilien rausfinden, aber er druckst immer rum, wenn ich ihn darauf anspreche. Irgendwie hat er Angst davor …
Ich fühlte die Blicke meiner Klassenkameraden wie piksende Nadeln in meinem Nacken.
Ich spürte förmlich, wie sie sich tausend Fragen stellten. Wie sie neugierige Gedanken in ihren Köpfen wälzten und drehten und sich eine ganz eigene Geschichte zusammenreimten – eine Geschichte, die nicht der Wahrheit entsprach, weil sie die Wahrheit gar nicht wirklich wissen wollten. Sie hatten kein Interesse daran zu erfahren, wie die Situation wirklich war, sondern sie wollten sich ihre eigene Wahrheit zurechtbiegen, eine Pseudo-Wahrheit, die bequem war, weil sie ihnen den Freipass gab, sich selbst nicht in Frage stellen zu müssen.
Ich wusste, dass viele Gerüchte über mich kursierten, warum ich die Schule verließ. Erstaunlich viele Gerüchte für jemanden wie mich, die ehemalige Miss Unsichtbar. Gerüchte, die es gar nicht geben könnte, wenn man wirklich unsichtbar wäre.
Aber das war ich eben nicht. Auch wenn ich die letzten Wochen von der Klasse nur mit eiskaltem Schweigen bedacht worden war, so als würde ich gar nicht existieren.
Aber in Wirklichkeit war ich eine kleine Berühmtheit in der Schule. Fast jeder kannte meinen Namen, und die meisten wussten inzwischen, dass ich mit dem berüchtigtsten «Gangster» der Stadt befreundet war – mit Tiger-X, dessen Name eigentlich nie an unserer Schule hätte bekannt werden dürfen. Aber nach seinem Weggang hatte diese Bezeichnung irgendwie doch die Runde gemacht und war nun in aller Munde. Tiger-X, der gefährliche Bandenführer und Drogendealer, dessen wirklicher Name inzwischen in Vergessenheit geraten war.
Doch Domenico, mein Nicki, war nichts von alledem. Er war weder Bandenführer noch Drogendealer. Diese Zeiten waren vorbei. Er war nur der ehemalige Straßentiger, der sich nach vielen, vielen Strapazen endlich nach Ruhe und einem warmen «Nest» sehnte.
Ach, warum mussten die Leute immer jeden Schrott glauben, ohne selber nach der Wahrheit zu forschen? Warum machten es sich die meisten so bequem und plapperten einfach alles nach, was sie hörten?
Ja, es wurde wirklich höchste Zeit, dass ich hier die Fliege machte. Heute war mein letzter Schultag, und ich hatte niemandem gesagt, warum ich wegging. Ja, ich hätte ihnen die Wahrheit erzählen können, aber ob sie sie mir wirklich geglaubt hätten? Isabelle hatte zu viel Macht in der Klasse, und sie hatte die Fakten bereits so verdreht, dass alles, was ich zu entgegnen versucht hatte, nur noch kläglich im Abseits gelandet war. Also hatte ich es aufgegeben. Irgendwann, so hoffte ich, würden vielleicht einige diese Lügen durchschauen. Aber das ging mich ja nun nichts mehr an. Ich hatte keine Freunde in dieser Klasse.
Nur Frau Galiani, mein Klassenlehrer Herr Wolf und die Schulleitung wussten über die wirklichen Gründe für meinen Weggang Bescheid. Für die anderen aus meiner Klasse würde die Schule nach den Herbstferien weitergehen, aber für mich vorerst nicht.
Ich war geistig kaum noch anwesend an diesem Morgen. Ich hatte in der Schule eh längst den Anschluss verpasst. Durch die schwere Krankheit meiner Mutter und all das, was zuvor noch passiert war – Domenicos Schwierigkeiten, Mingos Tod, die Eheprobleme meiner Eltern und so weiter –, war ich in eine regelrechte Depression gefallen. Ich hatte den Kontakt zur Außenwelt manchmal fast eingestellt und war nur noch mit meinem Innenleben beschäftigt gewesen. Aber das musste sich nun dringend bessern, darum sehnte ich mich auch nach einer räumlichen Veränderung. Und nach einer neuen Klasse, in der ich nochmals ganz von vorne beginnen und einiges besser machen konnte.
An diesem Tag freute ich mich nur noch darauf, Nicki endlich wiederzusehen und in seinen Armen zu liegen. Er war es gewesen, der mich in den letzten Wochen gehalten und getröstet und mir Mut zugesprochen hatte, wenn die Verzweiflung wegen Mamas Krankheit mich wieder übermannt hatte. Ja, er hatte genau gewusst, wie ich mich fühlte, weil er nach Mingos Tod dasselbe durchgemacht hatte.
An diesem Tag war es also das letzte Mal, dass für mich diese melodiöse Schulglocke ertönte. Das letzte Mal, dass ich mich von diesem Stuhl erhob und meine Bücher einpackte. Und das letzte Mal, dass ich Herrn Wolf einen schönen Tag wünschte und dann die Treppe zum Ausgang hinunterging. Hier in diesem Gymnasium würde ich nichts vermissen. Weder die Klasse noch das Gebäude noch den Hof noch sonst was. Und auch nicht meine einsame Nische, in der ich oft gesessen und für meine kranke Mutter gebetet hatte.
Und am allerwenigsten Isabelle …
Ja, es war endlich auch das allerletzte Mal, dass ihre eisigen Sphinx-Augen mich streiften. Wenn auch besonders intensiv dieses Mal, denn sie hatte extra am Ausgang auf mich gewartet.
«So!», sagte sie forsch und dominant, die Hände auf ihre Hüften gestemmt. «Ein jämmerlicher Abgang, den du da machst, das muss ich schon sagen.»
«Lass mich durch!» Ich tat etwas, das ich außer der legendären Ohrfeige noch nie gewagt hatte: Ich schob das große Mädchen – sie überragte mich um einen halben Kopf – einfach zur Seite. Aber an diesem letzten Tag gab es ja keinen Grund mehr, sich vor ihr zu fürchten.
«So-so, das Wort Anstand hast du ja wohl noch nie gehört», kommentierte sie meine Geste. «Kein Wunder, du hast dich ja nicht mal von uns verabschiedet. Eigentlich erwarte ich ja immer noch eine Entschuldigung!»
Eine Entschuldigung – für was? Ja, ich wusste es: für die Ohrfeige, die ich ihr verpasst hatte. Aber ich wusste nicht, weshalb ich mich entschuldigen sollte. Dafür, dass sie mir jahrelang das Leben schwergemacht hatte, weil ich nicht nach ihrer Pfeife tanzte?
Sie reckte ihr spitzes Kinn in die Höhe und wartete auf meine Antwort, während sie ihr schwarz gefärbtes Haar zu einem Pferdeschwanz zusammenband, so dass ihr herzförmiger Stirnansatz noch besser sichtbar wurde. Ihre Augen ließen nicht von mir ab.
Einen Moment überlegte ich, ob ich ihr nicht einfach alles Gute wünschen und kommentarlos gehen sollte. Musste man sich unbedingt in Feindschaft trennen? Konnte man sich nicht am Schluss wenigstens noch verzeihen, wenn man auch nichts mehr miteinander zu tun haben wollte?
«Tut mir leid», hörte ich mich sagen. «Ich wüsste nicht, wofür ich mich entschuldigen sollte.»
«Tja», seufzte sie dramatisch. «Und ich hatte wirklich gehofft, du würdest es wenigstens an deinem letzten Tag noch merken. Aber da habe ich mich wohl geirrt.»
«Sieht so aus.» Ich griff nach der Türklinke. Ich hatte jetzt wirklich keine Lust mehr auf eine ihrer Diskussionen.
«Aber stattdessen hast du dich ja nur gewundert, warum ich dir angeblich dauernd böse Blicke zugeworfen habe, nicht wahr?», fuhr sie streitlustig fort. «Ich möchte dir gern etwas sagen: Seit Anfang der Realschule habe ich um einen guten Klassengeist gekämpft. Mir war es immer sehr wichtig, dass die Klasse als Einheit zusammenhält. Und alle haben das auch problemlos gemacht. Bis auf eine gewisse Madame Fischer, die bei jeder Gelegenheit ihre Krokodilstränchen fließen ließ und mit ihrem weinerlichen und zimperlichen Verhalten stets die ganze Klasse in Verruf gebracht hat. Was meinst du, wie oft wir nachsitzen mussten, nur weil wir angeblich so blöde Zicken waren? Dabei durfte man dich ja nicht mal anhauchen, und schon fingst du an zu flennen. Irgendwann wurde uns das halt auch zu blöd. Und dann kam dieser Vollidiot in unsere Klasse und hat auch noch gemeint, er müsse dich verteidigen. Sorry, der hatte überhaupt keinen Durchblick, was in der Klasse alles abging. Der hatte null Ahnung, was wir immer alles ausbaden mussten, nur weil Madame Zimperlich wegen jeder Kleinigkeit zu Mami und Papi oder zu Frau Galiani gerannt ist und nichts Besseres zu tun hatte, als zu petzen. Anstatt dass sie selber mal den Mund aufgemacht und sich wie eine erwachsene, reife Person gewehrt hätte! Aber nein, sie hat nie den Anstand gehabt, mit uns direkt zu sprechen. Nein, alles musste hinter unserem Rücken geschehen. Und alle hatten ja Mitleid, wenn die kleine Maya weinte. Ach, die arme, arme Maya und die böse, böse Klasse!»
Ich hatte ganz vergessen, dass ich die Tür hatte öffnen wollen. Mit so einer langen Standpauke hatte ich nun echt nicht mehr gerechnet! Meine Hand ruhte immer noch auf der Klinke, während ich Isabelle dummerweise mit offenem Mund anstarrte.
«Und dein ach so toller Gangster hat deine Tränchen ja noch so süß gefunden, dass er um ein Haar Delia getötet hätte», fügte sie schonungslos hinzu, und ich presste schnell wieder die Lippen aufeinander, um nicht so bescheuert dazustehen.
«Man stelle sich das mal vor! Dir ist wohl nicht bewusst, wie kriminell und fies das eigentlich war. Ich bin heute noch entsetzt, wenn ich daran denke.» Sie schüttelte sich regelrecht vor Abscheu, während ich innerlich zu beben begann. Wieso schaffte sie es bloß immer, die Tatsachen so zu verdrehen, dass man sich nachher wirklich schuldig und mies fühlte?
«Tut mir leid, aber mit solchen Menschen wie dir kann ich einfach kein Mitleid haben», setzte sie noch einen drauf. «Solche Leute sind für mich falsch und feige. Das Leben ist halt kein Zuckerschlecken, und wir alle müssen kämpfen und uns verteidigen. Im Leben weht nun mal ein scharfer Wind, und wer ihm nicht die Stirn bieten kann, ist meiner Meinung nach selber schuld. So!»
Ihre Augen ruhten erwartungsvoll auf mir. Ich presste meine Lippen noch fester zusammen. Auch wenn ihre spitzen Pfeile wieder mal mitten ins Herz getroffen hatten – klein beigeben und vor ihr in Tränen ausbrechen würde ich diesmal nicht! Denn das war genau das, was sie von mir erwartete. Ich hatte in all den Jahren aber auch einiges dazugelernt!
Also tat ich genau das, was in ihren Augen als feige galt: Ich drückte endlich die Türklinke hinunter und schlüpfte blitzartig nach draußen. Sollte Isabelle von mir denken, was sie wollte! Vielleicht war ich feige, ja, aber ebenso gut wusste ich, dass es unmöglich war, mit ihr zu diskutieren.
Wir tickten nun mal anders, so war das.
Ich stolperte über den Schulhof, während ich die von Isabelle so verpönten Tränen mit aller Macht zurückzuhalten versuchte. Ich hasste meine blöde Heulerei ja auch, aber ich war nun mal verflixt nah am Wasser gebaut, und ich machte das wirklich nicht mit Absicht!
«Maya, warte mal!»
Ich drehte mich um und sah Ayse auf mich zustürmen. Ayse, die mal meine Schulfreundin gewesen war, bis sie es, angeblich wegen meiner Depression, nicht mehr mit mir ausgehalten hatte. Aber in Wahrheit hatte Isabelle sie gegen mich aufgehetzt, dessen war ich mir sicher.
«Was ist denn?», fragte ich unwirsch. Konnte ich nicht endlich gehen?
«Darf ich dich noch was fragen?» Sie blieb vor mir stehen.
«Okay …»
«Sind diese Gerüchte um deinen Freund wahr?», fragte sie geradeheraus. «Ich meine … dass er ein krimineller Drogendealer ist und schon mehrmals im Knast war und so?»
Um ein Haar hätte ich die Augen verdreht. Na super, mit dieser Frage hätte sie ja nun wirklich schon früher kommen können!
«Entscheide selber, was du glauben willst», entgegnete ich ungeduldig.
«Ich möchte aber gern die Wahrheit wissen», sagte sie leise und etwas verlegen. «Weil … es ist dieser … dieser hübsche Typ mit der Tätowierung am Oberarm und den rötlichen Haaren, nicht wahr?»
Ich sah, dass sie ganz rot war im Gesicht. Aha. Daher wehte also der Wind.
«Ja», sagte ich schlicht.
«Er … er hat mich zwei, drei Mal angeschaut … mit so stechenden Augen … ich hatte richtig Angst vor ihm … ich bekam ganz weiche Knie …»
«Ja?» Das konnte er gut. Er konnte gut Mädchen mit seinen Blicken um den Verstand bringen. Mister Universum …
Und ich hasste es, wenn er das tat.
«Schön für dich», entgegnete ich matt. «Ich muss jetzt los.»
«Okay, ich … warte kurz …» Sie zog verlegen ihre Hand aus ihrer Manteltasche und hielt sie mir hin. «Ich wollte nur sagen … es … es tut mir leid … na, du weißt schon. Ich wünsch dir alles Gute für die Zukunft und so.»
Ich schaute sie ein paar Sekunden lang ziemlich verdattert an, ehe ich ihre Hand nahm.
«Danke», sagte ich. «Ich dir auch.»
Ja, wir hatten keine sehr intensive Beziehung zueinander gehabt, aber ihre einfache Entschuldigung tat mir trotzdem irgendwie gut. Im Grunde wusste ich ja, dass Ayse auch ziemlich schüchtern war und Angst vor Isabelle hatte. Und ich war wirklich unerreichbar gewesen die letzten Wochen. Und dass Ayse sich offenbar heimlich in Nicki verknallt hatte, konnte ich ihr nicht mal verübeln.
«Mir tut es auch leid, dass ich mich nicht mehr um dich gekümmert habe», rief ich ihr zu, als sie schon am Gehen war. Sie drehte sich nochmals um, lächelte ein wenig und winkte mir zaghaft zum Abschied.
Ein schon lange nicht mehr dagewesenes Gefühl von Freiheit durchflutete mich, als ich ihr nachsah. Das hier war vorbei. Endgültig vorbei! Fast hätte ich vor Freude meine Arme in die Luft geworfen und wäre herumgetanzt, so wie die quirlige Jenny das immer machte, wenn sie von etwas begeistert war.
Zur Feier des Tages machte ich zum letzten Mal noch einen Abstecher über den Realschulhof. An die Realschule, die im vorderen Trakt des gesamten Schulkomplexes lag, hatte ich bessere Erinnerungen, wenn auch hier die Anfangszeit nicht gerade leicht gewesen war. Doch nach Domenicos Weggang hatte ich hier wenigstens Freunde gehabt.
Als käme er wie gerufen, sah ich noch ein letztes Mal unseren kauzigen Hausmeister, Herrn Biedermann, über den Schulhof schlurfen. Er führte mal wieder die üblichen Selbstgespräche und gestikulierte wild in der Luft herum. Irgendjemand hatte ihn wohl mächtig geärgert. Ich konnte mir ein Kichern nicht verkneifen, obwohl Isabelles Maßregelung immer noch in meinem Magen rumorte.
«Hallo Maya!»
Die Stimme hinter mir ließ mich vor Schreck zusammenfahren. Einen Augenblick hatte ich fast Angst, Isabelle hätte mich verfolgt, und war umso erleichterter, als Frau Galiani in mein Blickfeld trat.
«Da bist du ja. Ich habe mir fast gedacht, du würdest nochmals herkommen, um dich von deinem alten Schulhof zu verabschieden. Und so, wie es aussieht, habe ich Recht gehabt.»
Sie lächelte – etwas, das ziemlich selten vorkam. Das Lächeln passte eigentlich gar nicht so richtig zu ihren herben Gesichtszügen, und vielleicht war das der Grund, warum sie es eher selten einsetzte.
«Stimmt …», murmelte ich.
«Na, da dachte ich, ich könnte mich noch von dir verabschieden», meinte sie. «Ich bin froh, dass dein Vater dir erlaubt hat, ein halbes Jahr Pause zu machen.»
Ja, es hatte ein wenig Überredungskunst gebraucht, aber Frau Galiani hatte meinen Vater schließlich überzeugt, dass ich nach dem strapaziösen Jahr, das hinter mir lag, ein halbes Jahr Auszeit brauchte.
«Ja, das bin ich auch», sagte ich, immer noch dieses Gefühl von Freiheit auskostend.
«Weißt du denn mittlerweile, was du danach machen möchtest?», fragte sie. Wie so oft kam sie ohne Umschweife gleich zur Sache, aber das lag wohl auch daran, dass sie nicht viel Zeit für langen Smalltalk hatte.
Ich zögerte. Bis jetzt wussten ja noch nicht mal meine Eltern, worüber Domenico und ich ernsthaft nachdachten. Genau genommen wusste das außer Nicki, Pfarrer Siebold und mir gar niemand, und Pfarrer Siebold hatte uns hoch und heilig versprochen zu schweigen. Frau Galiani wusste nur, dass meine Eltern Haus und Praxis verkaufen und auf Weltreise gehen würden. Und dass ich mich zwischen einer Mädchen-WG oder einem Wechsel mit meinen Eltern zusammen in eine kleinere Wohnung entscheiden musste.
Nur die heimliche dritte Option, nämlich mit Domenico zusammen nach Berlin zu ziehen, kannte sie nicht.
«Ich bin mir noch nicht ganz sicher», antwortete ich vage.
«Na, ich denke, so eine Mädchen-WG könnte doch ganz lustig für dich sein», ermunterte sie mich. «Das würde dir viele interessante Erlebnisse bescheren.»
Ich nickte, obwohl ich jetzt gar nicht über dieses Thema reden wollte. Sie meinte es gut, aber die vielen Ratschläge verwirrten mich im Moment.
«Wann gehen deine Eltern denn auf die Reise?», fragte sie vorsichtig. Sie hatte natürlich schon gemerkt, dass ich herumdruckste.
«Ende des Jahres gehen sie wieder nach Basel für eine weitere Untersuchung und Abklärung, ob Mama an dieser Studie für dieses neuartige Medikament teilnehmen kann. Wenn alles gutgeht, werden sie danach auf Weltreise gehen.»
«Und wann wird euer Haus verkauft?»
«Heute. Aber wir dürfen bis Ende des Jahres noch drinbleiben.» Ich konnte einen tiefen Seufzer nicht vermeiden. Ich war so froh, dass ich an diesem Nachmittag mit Nicki zusammen sein konnte, wenn der Verkauf über die Bühne ging.
«Na, immerhin. Das gibt dir noch etwas Zeit.» Und als hätte sie erraten, dass meine Gedanken gerade bei Nicki waren, fragte sie: «Und was hat Domenico vor? Macht er jetzt endlich den Hauptschulabschluss?»
«Ja … er will nochmals einen Anlauf nehmen.» Ich durfte Frau Galiani nichts von Domenicos Plänen verraten, nach Berlin zu gehen. Er hatte mir das ausdrücklich verboten.
«Weißt du, um ganz ehrlich zu sein: Mir geht diese eine Sache einfach nicht aus dem Kopf, die ich dich letztes Mal habe sagen hören», lenkte sie das Thema schonungslos in eine neue Richtung. Ich starrte sie perplex an, zuerst völlig ahnungslos, was sie damit meinte.
«Du hast letztes Mal das Wort Heirat in den Mund genommen – nun ja, es geht mich nichts an, und du hast mir auch den Sachverhalt nachher erklärt. Trotzdem kann ich nicht leugnen, dass mir das irgendwie immer noch Sorgen bereitet.» Auf ihrer Stirn erschien die für sie so typische steile Falte, die mir nicht so geheuer war, weil sie immer ein Anzeichen für etwas Ernsthaftes war.
«Mir ist es einfach sehr wichtig, dir noch einen letzten Ratschlag mit auf den Weg zu geben.» Sie schaute mir fest in die Augen, und mir war klar, dass sie meinen Unwillen gegen noch mehr Belehrungen spürte. Deshalb legte sie wohl auch besonders viel Nachdruck in ihre Stimme, als sie weitersprach: «Häng dich bitte, bitte nicht zu sehr an Domenico. Ich möchte einfach sicherstellen, dass dir bewusst ist, dass er noch ganz viel Zeit brauchen wird, bis er wirklich einigermaßen stabil ist und beziehungsfähig sein wird. Ich möchte einfach nicht, dass du eine Enttäuschung erlebst.»
Ich seufzte innerlich. Nicht schon wieder diese ewig gleichen Ermahnungen! Wieso musste sie mir jetzt ein weiteres Mal damit kommen? Ich wollte nicht wissen, wie oft ich das schon gehört hatte. Nicht nur von Frau Galiani, nein, von überall her. Es kam mir langsam zu den Ohren raus, ehrlich. Ich wusste doch mittlerweile selber am allerbesten, wie Domenico funktionierte! Ich kannte ihn schließlich inzwischen besser als alle anderen.
«Weißt du, ich traue ihm einfach immer noch nicht zu, dass er dich so behandeln wird, wie du es dir wünschst und du es auch verdienst. Du weißt, bis jetzt hat er keine Beziehung länger als ein paar Wochen auf die Reihe gekriegt. Oder dann hatte er mehrere Mädchen gleichzeitig. Und ich bezweifle, dass er diese Verhaltensmuster so von heute auf morgen ablegen kann. Natürlich freut mich das sehr, dass es bis jetzt anscheinend geklappt hat. Aber ich habe halt in der Vergangenheit zu oft gesehen, wie kaltblütig er Mädchen, die er offenbar gern hatte, wieder abservieren oder sogar betrügen konnte. Deswegen: Bleib bitte auf der Hut. Bitte behalte deine Augen auch für andere Möglichkeiten offen, abgemacht?»
Abgemacht? Nein, ich hatte nicht vor, irgendwas mit ihr abzumachen. Das war doch wirklich allein meine Entscheidung! Langsam ging mir das wirklich auf die Nerven, wie all die Erwachsenen mir immer dreinreden wollten. Hallo, ich war fast achtzehn! Und Domenico war neunzehn. Wir waren selber Erwachsene!
Ich biss mir auf die Lippen, um ihr nicht eine patzige Antwort zu geben. Frau Galiani hatte Domenico und mir viel geholfen in der Vergangenheit, und ich war ihr wirklich dankbar. Aber wenn der junge Vogel schon so abrupt aus dem Nest geworfen wurde, sollte er wenigstens selber bestimmen, wohin er fliegen würde, fand ich.
Frau Galiani erwartete jetzt natürlich eine Antwort, und ich nickte deshalb hastig.
«Du kannst dich auch in Zukunft jederzeit gern an mich wenden, wenn du Rat brauchst, ja? Meine Telefonnummer und E-Mail-Adresse hast du ja. Ich helfe dir gern, das weißt du», sagte sie herzlich, und sofort tat es mir wieder leid, dass ich gerade so rebellische Gedanken gegen sie gehegt hatte. Und trotzdem …
«Danke», murmelte ich und war in diesem Moment froh, als ich schon wieder eine andere Stimme meinen Namen rufen hörte. Ich drehte meinen Kopf. Dieses Mal war es Leon, der quer über den Hof auf uns zugeradelt kam. Er holte mich jeweils von der Schule ab und begleitete mich nach Hause, um sicherzugehen, dass mich nicht irgendwelche Typen von den Snakes oder sogar Toni höchstpersönlich verfolgen würden. Bis jetzt war zum Glück nichts passiert, und ich fragte mich, ob Domenico nicht allmählich ein bisschen überbesorgt war. Es hatte nämlich viel zu bedeuten, dass er mich Leons Begleitung anvertraute.
«Da bist du ja. Ich hab dich überall gesucht. Bist du bereit? Oh, guten Tag, Frau Galiani.»
«Guten Tag, Leon. Na, dann lasse ich euch mal.» Frau Galiani lächelte und verabschiedete sich. In den Augen aller Erwachsenen sah ich immer diese verhaltene Hoffnung aufblitzen, wenn ich mit Leon zusammen war.
«Domenico wird wahrscheinlich ziemlich nervös werden, wenn ich dich nicht rechtzeitig abliefere», sagte Leon und sah mich mit seinen stahlblauen Augen an. Ich hatte ihm an diesem Morgen von Domenico ausrichten lassen, dass er mich bis zur Bushaltestelle bringen sollte, wo Nicki mich dann in Empfang nehmen würde. Ich wusste, wie nett es von Leon war, dass er das so ohne weiteres tat.
Ich nickte und beeilte mich, ihm zu folgen. Nein, ich hatte keine Lust, Domenico nervös zu machen. Er konnte so leicht durchdrehen.
Leon schob sein Fahrrad neben sich her, damit er sich meinem Tempo anpassen konnte. «Vor meiner Cousine braucht ihr euch übrigens nicht mehr zu fürchten», sagte er, als wir das Schultor passierten. «Sie hat der Szene ganz den Rücken zugekehrt und macht jetzt Abitur.»
«Das ist gut», sagte ich, während gleichzeitig düstere Erinnerungen an das Gespräch mit Janet Bonaventura und an das, was sie mir über Domenico erzählt hatte, in mir aufstiegen. Zum Glück war Leon so diskret und stellte keine Fragen mehr zu der Beziehung zwischen Domenico und mir. Was vielleicht auch dem Umstand zu verdanken war, dass Domenico in seiner Achtung ziemlich gestiegen war, seit sich herausgestellt hatte, dass der bekannte Zehnkampf-Athlet Morten Janssen Nickis Vater war.
Denn Domenico war somit kein verwahrloster Straßenjunge mehr. Er hatte einen Vater, und zwar einen ziemlich berühmten. Trotzdem wusste ich, dass Leon nach wie vor besorgt um mich war und auch traurig, weil ich mich damals für Domenico und nicht für ihn entschieden hatte.
Genau diese Bedrückung nahm ich nun auch wahr, als wir den Weg zur Bushaltestelle einschlugen.
Domenico stand schon dort und lehnte sich in seiner gewohnt lässigen Haltung und seinem üblichen Jeans-und-Lederjacken-Outfit an sein Motorrad. Seine coolen Gesten und Moves waren ihm wohl längst in Fleisch und Blut übergegangen, weil er sich sein halbes Leben lang auf der Straße hatte behaupten müssen. Er hatte den Helm auf, das Visier stand offen, und ich wusste, dass seinen scharfen Augen nicht mal die geringste Bewegung einer Ameise entging. Tiger-X beobachtete alles, und mir war klar, dass er uns längst gesehen hatte. Ich winkte ihm, während sich in meiner Magengegend das wohlbekannte Prickeln einstellte, wenn ich in seine Nähe kam.
Er löste sich von seinem Motorrad und steckte die Hände in die Hosentaschen.
«Na endlich. Da seid ihr also.»
Ich wollte mich in seine Arme stürzen, doch er hielt mich mit einer eindeutigen Geste auf Abstand.
«Schscht. Nicht hier», sagte er forsch. «Später.»
Ich blieb enttäuscht vor ihm stehen. Was war denn jetzt wieder los? Ich bemerkte ein paar unverkennbare Kratzer unter einem Auge auf seiner Wange, die vor einer Woche noch nicht da gewesen waren. Hatte er sich etwa wieder mit irgendjemandem geprügelt?
Sein Blick fiel auf Leon. «Hi», sagte er kühl.
Mist, Nicki hatte eindeutig miese Laune. Na super! Ausgerechnet an diesem Tag!
«Hi!» Auch Leons Stimme war nicht viel wärmer. Leon und Domenico würden wohl für immer Konkurrenten bleiben.
«Steig auf, Maya», sagte Domenico noch frostiger und reichte mir meinen Helm vom Rücksitz.
«Warte mal», schaltete sich Leon ein. «Ich wollte dir noch was sagen …» Er wandte sich dabei eindeutig an Domenico.
«Mir?» Domenico sah Leon aus seinen eisgrauen Augen an, die zu zwei Schlitzen zusammengepresst waren.
«Ja, dir.»
«Dann schieß los.»
Leon holte tief Luft und erwiderte Domenicos finsteren Blick mit klaren, offenen Augen. Wenn man das Mienenspiel der beiden Jungs beobachtete und miteinander verglich, dann hatte Leon in diesem Moment eindeutig die vertrauenswürdigere Ausstrahlung. In Nickis Blick lagen zu viele rätselhafte Schatten, die es auch mir nicht immer leichtmachten, ihn zu ergründen.
«Also, um es kurz zu machen, Tiger-X …»
«… lass den Namen, ja?», sagte Domenico in unverkennbar drohendem Tonfall. «Er gehört nicht hierher. Er sollte hier gar nicht bekannt sein.»
«Wovor hast du Angst?», fragte Leon ruhig.
«Angst? Ich? Ich hab keine Angst.»
«Natürlich hast du Angst. Du würdest dich sonst nicht dauernd verstecken.»
«Was willst du, ey? Den Psychoonkel spielen, oder was?»
Ich drückte nervös meinen Helm an mich. Wusste Leon denn nicht, dass er sich besser nicht mit dem Tiger anlegen sollte?
Leon schüttelte den Kopf. «Nein …» Auf einmal schien sein Mut zu sinken. «Nein, eigentlich wollte ich gar nicht …»
Domenico verdrehte die Augen, doch ich spürte, dass er sich Mühe gab, ruhig zu bleiben. Ich war gespannt wie ein Flitzebogen, was Leon Domenico zu sagen hatte.
«Ich weiß, du hältst mich für einen elenden Streber, der keine Ahnung vom Leben hat und der auf der Sonnenseite steht», fuhr Leon nun mit deutlich belegter Stimme fort. «Aber ich wollte dir nur mal sagen … dass bei mir auch nicht alles so rund läuft, wie es scheint. Ich weiß, was es heißt, sich einsam zu fühlen und sich nach der einen Person zu sehnen, die nicht wirklich wissen will, was in dir vorgeht.»
Domenico kniff sofort seine Augen zusammen. «Ey … lass das, okay? Maya hat sich entschieden. Hör auf, sie zu bedrängen.»
«Ich rede doch gar nicht von Maya», erklärte Leon leise und geduldig. «Ich habe Mayas Wahl längst akzeptiert. Nein, was ich dir sagen möchte, ist, dass ich zu einem gewissen Teil nachvollziehen kann, was du durchgemacht hast. Genau genommen bist du mir sogar einen Schritt voraus.»
Ich verstand nicht, worauf Leon hinauswollte, und Domenico schien es ähnlich zu gehen. Wenigstens wirkten seine Augen nicht mehr so frostig.
«Du hast es gewagt, dich auf die Suche nach deinem Vater zu machen. Ich sehe meinen Vater zwar jeden Tag, aber er sieht mich nicht. Und ich habe bis jetzt nie den Mut gehabt, ihm all das zu sagen, was mich schon seit Jahren unglücklich macht. Deswegen fand ich das wahnsinnig mutig von dir, nach Norwegen zu gehen und einen Menschen zu suchen, den du noch nie gesehen hast. Ich traue mich noch nicht mal, zu meinem Vater ins Büro zu gehen. Die ganze Zeit hoffe ich, dass er mich endlich entdeckt, dass er mich sieht … aber …» Leon lächelte traurig. «Er sieht nur seine Arbeit. Und ich fürchte, ich werde damit leben müssen. Genau genommen habe ich nicht wirklich einen Vater … Du hingegen hast einen. Sieh es als Vorrecht und Privileg.»
Domenico schüttelte ungläubig den Kopf und öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber Leon war noch nicht fertig.
«Ich war übrigens damals auch auf der Beerdigung deines Bruders. Ich weiß nicht, ob du das überhaupt mitgekriegt hast. Das wollte ich dir schon immer mal sagen. Ich wünsche euch beiden viel Glück. So, das wär's dann.»
Leon wandte sich seinem Fahrrad zu, und ich konnte nur ahnen, wie viel Überwindung ihn dieses Geständnis gekostet hatte.
Domenico hob seine Hände und nahm den Helm von seinem Kopf. «Warte!»
Leon drehte sich wieder um.
Domenico trat auf ihn zu und streckte ihm zu meiner Überraschung seine Hand hin. «Danke, dass du Maya immer zur Schule begleitet hast. Du hast mir 'nen großen Gefallen getan.»
Leon schlug vorsichtig ein. «Keine Ursache.»
Ich sah die beiden Jungs an. Beide waren sie hübsch. Leon, dessen Mutter eine Ostfriesin war, war um einiges größer als Domenico mit seinem sizilianischen Blut. Ihr Charakter spiegelte sich auch in ihrem Aussehen wider: Während Leon sich mit Brille und Blazer um einen seriösen Stil bemühte und dadurch, dass er seine blonden Haare kurzgeschnitten trug, seinen hohen Stirnansatz zeigte, sah Domenico in seiner Lederjacke und den wilden kupferbraunen Haaren, die ihm lang ins Gesicht hingen, verwegen aus wie eh und je.
«Also, das war's. Vielleicht … vielleicht magst du ja mal wieder mit Frauke Kontakt aufnehmen, Maya. Sie ist neuerdings auch auf Facebook. Ich übrigens auch. Vielleicht können wir so in Kontakt bleiben, so dass wir uns nicht ganz aus den Augen verlieren.»
«Okay», sagte ich, immer noch verblüfft über Leons offene Worte.
Leon stieg nun endgültig aufs Fahrrad, winkte uns zu und radelte davon.
Es war seine Art zu sagen, dass unser gemeinsamer Weg hier zu Ende war. Einen Moment lang machte sich Wehmut in mir breit. Ich hatte Leon nicht immer fair behandelt, und trotzdem war er stets so anständig zu uns gewesen.
Auch Domenico sagte eine Weile lang nichts und starrte dem Fahrrad hinterher. Ich hätte gern gewusst, was er in diesem Moment dachte. Schließlich setzte er seinen Helm wieder auf und sah mich an.
«Komm, duci mia», sagte er sanft.
Je vertrauter wir uns wurden, desto öfter redete er Sizilianisch mit mir. Er schien manchmal komplett zu vergessen, dass ich den Dialekt kaum verstand und lediglich ein paar lausige Schulkenntnisse in Italienisch besaß. Wahrscheinlich war das Reden in seiner Muttersprache eine automatische Reaktion, die sich bei ihm einstellte, wenn er jemanden an sein Inneres heranließ.
Und deshalb mochte ich es.
Ich setzte mir ebenfalls den Helm auf und stieg hinter ihm aufs Motorrad. Er ließ den Motor an, und ich legte meine Hände fest um seinen Bauch.
Der kühle Fahrtwind kroch in alle Öffnungen meiner Jacke. Ich fror richtig während der Fahrt. Immerhin war es ja auch schon Mitte Oktober …
Wir fuhren auf direktem Weg zu Patrik. Domenico wohnte nun schon einige Wochen bei ihm. Ursprünglich hatte er nur wenige Tage bleiben und sich dann einen neuen Unterschlupf suchen wollen, doch weil Patrik wegen der Trennung von Jenny unter Liebeskummer litt, war Nicki bei ihm geblieben. Und Patriks Mutter war mehr als nur froh, wenn ihr Sohn Gesellschaft hatte. Außerdem half Domenico fleißig im Haushalt mit und kochte auch für Patrik, wenn sie arbeiten musste. Er hatte ja sonst nichts zu tun, seit er seinen Job in der Trattoria Siciliana aufgegeben hatte. Und Patrik war nun mal ein Einzelgänger und ein Bücherwurm, und außer Nicki und mir hatte er nicht viele Freunde.
Domenico parkte vor dem Haus und ließ mich absteigen, dann brachte er das Motorrad in den Fahrradkeller. Ich wartete immer noch ungeduldig darauf, mich endlich in seine Arme werfen zu dürfen.
Er lächelte, als er zu mir zurückkam, und zog mich rasch in den Eingang, wo er seine Arme nach mir ausstreckte. Ich schmiegte mich fest an ihn und sog die mir inzwischen so vertraute Geruchsnote nach Zigarettenrauch und Leder ein. Ich liebte es, seine starken, schützenden Arme ganz eng um mich zu spüren.
«Cori mia», flüsterte er in mein Ohr. «Ich bin fast draufgegangen vor Sehnsucht nach dir.»
«Ich auch», sagte ich leise.
Wir küssten uns vorsichtig. Es war jedes Mal ein Erlebnis, ihn zu küssen. Wenn seine Lippen mich berührten, sackte beinahe der Boden unter meinen Füßen weg. Ich konnte mir dieses Phänomen nicht erklären. Vielleicht lag es daran, dass seine Lippen so rau und weich gleichzeitig waren. So sanft und doch so aufregend. Ich wusste es nicht.