Von Raffael bis Tizian
Aus dem Italienischen von
Ingeborg Walter
Verlag C.H.Beck
Die Päpste der Renaissance pflegten ihre Beziehungen zu den großen Malern der Zeit besonders geflissentlich. Durch die Kunst wollten sie ihre politischen Ansprüche der Welt verkünden. Politik betrieben die Renaissancepäpste nicht nur im Namen der Kirche, sondern auch im Namen ihrer eigenen Familien. Sixtus IV., die Medici-Päpste Leo X. und Clemens VII., Paul III. Farnese – sie alle versuchten, Angehörige als Herrscher von Staaten und vor allem als ihre Nachfolger auf dem Thron Petri zu installieren. Diesen Ambitionen sollten auch die Bildnisse dienen, welche die Päpste bei Malern wie Raffael, Giorgio Vasari und Tizian in Auftrag gaben.Roberto Zapperi deckt die teils blutigen Machenschaften und die verborgenen Motive hinter diesen Bildnissen auf. Zugleich entlarvt er die Künstler, die diese Motive häufig unterliefen und in ihren Bildern die dunklen Seiten der Macht zum Vorschein brachten.
Roberto Zapperi lebt als Privatgelehrter in Rom. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, war Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin, Warburg-Professor in Hamburg und Gastprofessor an der ETH Zürich. Bei C.H.Beck sind von ihm u.a. erschienen: Das Inkognito. Goethes ganz andere Existenz in Rom (42002, bsr 2010), Abschied von Mona Lisa. Das berühmteste Gemälde der Welt wird enträtselt (2010), Eine italienische Kindheit (2011) und Alle Wege führen nach Rom. Die ewige Stadt und ihre Besucher (2013).
1 Nepotismus und Staatsporträt
2 Sixtus IV. und seine Familie: Die Della Rovere und die Riario
3 Melozzo da Forlìs Fresko Sixtus IV. mit seinen Neffen und dem Bibliothekar Platina und die Familienpolitik des Papstes
4 Raffaels Bildnis Leos X. mit zwei Kardinälen
5 Leo X. und das Problem seiner Nachfolge
6 Das Ziel der Medici: Die Herrschaft über Florenz
7 Vasaris Bildnisse von Papst Clemens VII. und Alessandro de’ Medici
8 Die Rivalen: Ippolito und Alessandro de’ Medici
9 Lorenzino de’ Medici und der Tyrannenmord
10 Tizian, sein Sohn Pomponio und Kaiser Karl V.
11 Tizians Annäherungen an Rom
12 Das Benefiz San Pietro in Colle
13 Tizians Danae und die Schwägerin der Signora Camilla
14 Tizian in Rom
15 Farnesische Familienräson
16 Rivalitäten unter den Enkeln des Papstes
17 Die Alternative: Orazio Farnese
18 Das Bildnis Pauls III. mit seinen Enkeln
19 Tizian als Porträtmaler Papst Pauls III.
20 Tizian als Porträtmaler des Kardinals Alessandro Farnese
21 Eine Pfründe für Pomponio
22 Die Ermordung von Pier Luigi Farnese
Quellen und Literatur
Bildnachweis
Personenregister
ALS STELLVERTRETER CHRISTI mit der Aufgabe, für das Seelenheil der Gläubigen zu sorgen, beanspruchte der Papst über Jahrhunderte, der höchste Garant der Macht und die ausschließliche Quelle ihrer Ausübung zu sein – eine Art Obermonarch, der allen Königen und selbst dem Kaiser das Gesetz vorschrieb. Ja mehr noch: Nach der mittelalterlichen Lehre von den zwei Schwertern war der Papst der wahre Kaiser, der die Macht direkt von Gott empfangen hatte und die weltliche Macht bis auf jene im Kirchenstaat delegierte. Diesen Anspruch auf Suprematie, der auf dem Priestertum gründete, von den weltlichen Herrschern jedoch fortwährend angefochten wurde, hatten die Päpste auch im 15. und 16. Jahrhundert noch nicht völlig aufgegeben. Er stützte sich auf die Herrschaft über weite Gebiete vornehmlich in Mittelitalien, die den Kirchenstaat bildeten, sowie auf die Befugnis, die kirchlichen Pfründen zu verteilen, eine für den Unterhalt des Klerus bestimmte ungeheure Masse von Gütern, die über ganz Europa verstreut lagen und über die der Papst trotz verschiedener Beschränkungen weitgehend verfügen konnte. Eine solche Konzentration von Macht und Besitz ließ eine kirchliche Laufbahn sehr erstrebenswert erscheinen. Sie versprach Reichtümer, die mit dem Fortschreiten der Karriere immer weiter wuchsen, bis hin zur höchsten Stufe, die theoretisch jeder Geistliche erklimmen konnte: Denn die päpstliche Monarchie war zwar ihrer Tendenz nach absolut wie keine andere in Europa, aber sie beruhte nicht auf Erbfolge, sondern auf Wahl.
Die Wahl des Papstes war auch damals dem Kardinalskolleg vorbehalten, in das man nur durch päpstliche Ernennung gelangte. Der jeweils herrschende Papst erneuerte nach und nach die Zusammensetzung dieses Kollegiums und bereitete auf diese Weise die Wahl seines Nachfolgers vor. Dies war der Punkt, an dem dynastische Bestrebungen, die das Wahlprinzip eigentlich neutralisieren sollte, den empfindlichen Mechanismus störten. Eine der ersten Handlungen, die ein neuer Papst nach seiner Wahl vornahm, war die Ernennung von einem oder mehreren Verwandten zu Kardinälen. Obwohl diesen «Nepoten» oft die nötigen Voraussetzungen fehlten, wurden sie stets bevorzugt bei der Besetzung der höchsten Ämter und der Verteilung der fettesten Brocken, wie die einträglichsten kirchlichen Pfründen mit einer treffenden kulinarischen Metapher genannt wurden. In der Folgezeit sollten weitere Kardinalserhebungen von Männern aus der päpstlichen Klientel das Kolleg für die künftige Wahl eines Papstneffen vorbereiten.
Der Nepotismus beschritt jedoch noch einen anderen, vom Lehnsrecht vorgezeichneten Weg, um Familien ohne Krone und ohne die nötigen finanziellen Mittel nach dem Ableben «ihres» Papstes ihre Stellung zu sichern: Als Inhaber der weltlichen Macht im Kirchenstaat konnte der Papst Lehnsgüter auf diesem Gebiet in den Rang eines Staates erheben und ein Mitglied seiner Familie damit belehnen. Wenn möglich, verband sich eine solche Belehnung mit einem Ehebündnis mit einer der großen Herrscherfamilien Europas.
In diese dynastischen Bestrebungen wurden die Maler der Renaissance, die großen und die weniger großen, unmittelbar verwickelt. Bekanntlich erhob das Porträt ganz allgemein den Anspruch auf Unsterblichkeit. Das Staatsporträt, das die Züge des Herrschers verewigte, verfolgte im besonderen die Absicht, die gegenwärtige Macht in die Zukunft, auf die Nachkommen, zu projizieren. War eine Dynastie, wie die meisten in Italien und Europa, seit langem gefestigt, stand ihre Kontinuität nicht in Gefahr; das Staatsporträt zeigte deshalb gewöhnlich nur die Person des Herrschers mit den Insignien der Macht, nicht auch Verwandte oder den Thronfolger. Bei den Päpsten war das anders. Im Streben danach, eine Dynastie zu begründen, ließen sie sich oft zusammen mit den Verwandten porträtieren, die diese Dynastie verkörpern sollten.
FRANCESCO DE RUVERE, der spätere Papst Sixtus IV., wurde 1414 als Sohn des Leonardo de Ruvere und der Luchina Monleone in Albissola, einem Vorort von Savona, geboren. Der Vater war Tuchscherer, das heißt, er schnitt die heraushängenden Fäden von Wolltuchen ab, um diese zu glätten. Um sein Handwerk ausüben zu können, hatte er sich in die Wollzunft eingeschrieben und beteiligte sich als Zunftmitglied an der Regierung der Stadt, der er dreimal angehörte. Seine gesellschaftliche und materielle Stellung war deshalb recht ansehnlich – immerhin war er in der Lage, ein Grab für sich und seine Frau im Innenhof des Franziskanerklosters in Savona zu erwerben. Luchina Monteleone stammte wahrscheinlich aus dem gleichen Handwerkermilieu wie er selbst. Neben Francesco hatte das Paar noch mehrere andere Kinder. Von Niccolò ist nur der Name bekannt, von Raffaele weiß man lediglich, dass er 1477 in Rom starb. Sein Sohn Giuliano ließ ihm von dem bekannten Bildhauer Andrea Bregno ein Grabmal in der römischen Kirche Santi Apostoli errichten.
Im Alter von neun Jahren, 1423 also, wurde Francesco vom Vater dem Franziskaner Giovanni Pinarolo anvertraut, der ihn auf das Klosterleben im Konvent von Savona vorbereitete. Francesco erhielt seine erste Ausbildung in Pinerolo und studierte danach Philosophie und Theologie an den Universitäten Bologna und Padua. 1444 erwarb er in Padua den Doktortitel und lehrte in den folgenden Jahren an den Universitäten in Padua, Bologna, Pavia, Siena, Florenz und Perugia. 1460 wurde er zum Ordensgeneral gewählt und am 18. September 1467 von Papst Paul II., Pietro Barbo mit weltlichem Namen, zum Kardinal erhoben. Am 15. November kam er nach Rom, um den roten Kardinalshut in Empfang und seine Titelkirche San Pietro in Vincoli in Besitz zu nehmen.
Kurz nach seiner Ernennung zum Kardinal schrieb Francesco Della Rovere am 18. Mai 1468 einen Brief an Cristoforo Della Rovere aus dem Geschlecht der Herren von Vinovo in Piemont. Darin drückte er ihm große Zuneigung und Wertschätzung aus und wandte sich an ihn wie an einen Verwandten. Eine Verwandtschaft zwischen den Handwerkern aus Savona und den piemontesischen Adligen ist jedoch nirgendwo bezeugt. Gemeinsam war ihnen nur der Name, wie der römische Chronist Jacopo Gherardi in seinem «Diario Romano» unmissverständlich vermerkte: «nulla tamen cognatione pontificem tangens, solo cognomine Ruvereo» – durch keine Verwandtschaft, nur durch den Familiennamen mit dem Papst verbunden. Während seiner kurzen Zeit als Kardinal beschäftigte sich Francesco Della Rovere vor allem mit theologischen Studien und Kontroversen, bis er am 9. August 1471 zum Papst gewählt wurde. Seine Wahl verdankte er nicht zuletzt Fra Pietro Riario, dem es gelang, die in Rom anwesenden Diplomaten des Herzogs von Mailand, Galeazzo Maria Sforza, davon zu überzeugen, dass Della Rovere der richtige Kandidat sei. Dieser nahm den Namen Sixtus IV. an und ernannte schon wenige Monate nach seiner Wahl am 15. Dezember 1471 zwei Neffen – für solche werden sie jedenfalls in der Forschung meist gehalten – zu Kardinälen. Es waren Giuliano Della Rovere und Pietro Riario.
Schon zuvor hatte Sixtus Cristoforo Della Rovere bedacht, indem er ihn am 19. Oktober 1471 zum Kastellan der Engelsburg ernannt hatte. Der piemontesische Adlige lag ihm so sehr am Herzen, dass er ihn am 3. August 1472 zum Erzbischof von Tarentaise und am 10. Dezember 1477 sogar zum Kardinal erhob. Cristoforo starb jedoch schon am 1. Februar 1478. Sein Bruder Domenico, der 1465 oder 1466 seinen Wohnsitz nach Rom verlegt hatte, war von Sixtus IV. bereits protegiert worden, als dieser noch Kardinal war. Als Papst überhäufte Sixtus ihn wie Cristoforo mit Pfründen und übertrug ihm nach dessen Tod schon am 10. Februar 1478 das Erzbistum Tarentaise und die Kardinalswürde. Außerdem verlieh er ihm am 24. August 1478 das Bistum Corneto und Montefiascone und am 19. Juli 1482 das Bistum Genf, das Domenico aber sofort gegen das Bistum Turin eintauschte. Es blieb nicht aus, dass die blitzartige kirchliche Karriere der beiden Brüder die zeitgenössischen Beobachter verwunderte. Von diesen geißelte der Chronist Jacopo Gherardi den Papst besonders heftig und warf ihm vor, zur Nobilitierung seiner Familie die höchsten Ämter der Kirche Christi zu verteilen, ohne den Glauben, die theologische Bildung und die kirchliche Eignung seiner angeblichen Verwandten in Betracht zu ziehen. Es war allgemein bekannt, dass die piemontesischen Della Rovere von theologischen Doktrinen und kirchlichen Gebräuchen nicht die geringste Ahnung hatten.
Schon Bartolomeo Sacchi, genannt Platina, der offizielle Geschichtsschreiber Sixtus’ IV., hielt Pietro Riario für einen Neffen des Papstes. Ihm folgten die modernen Historiker Ludwig von Pastor und Christine Shaw, die Bianca, eine Schwester Sixtus’ IV., als Mutter Pietros und seines Bruders Girolamo bezeichneten. In Wahrheit hatte Pietros Vater Paolo Riario jedoch eine Bianca Becala (auch «Becalla» in den zeitgenössischen Dokumenten) geheiratet. Die Becala waren Savoner Notabeln, von denen besonders Giovanni, Bartolomeo und Paolo in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zahlreiche Ämter in der Stadtregierung bekleideten. Der einzige wahre Neffe des Papstes war also Giuliano Della Rovere. Dies geht auch aus einigen glaubwürdigen Quellen hervor. So schrieb am 13. Dezember 1471 der Mantuaner Agent Bonatto seinem Herrn, dass der Papst beabsichtige, zwei Kardinäle zu ernennen, «die entweder mit ihm verwandt oder aus seiner Heimat sind»; einer sei sein Neffe, der andere sein Schüler. Diese Aussage wird auch von einigen Chroniken bestätigt. Die wichtigste ist die des Leone Cobelli, eines Chronisten, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Forlì lebte und ein Höfling von Pietro Riarios Bruder Girolamo, dem Herrn der Stadt, war. Er musste deshalb über dessen Familienverhältnisse gut unterrichtet sein, auch wenn sein Bericht nicht einer gewissen Parteilichkeit entbehrt, da er sich sicher auf Äußerungen von Riario selbst stützte. Dennoch ist sein Zeugnis als glaubhaft anzusehen. Cobellis Darstellung nach waren Pietro und Girolamo Söhne des Paolo Riario, eines Edelmanns aus Savona, mit dem ein junger Franziskaner namens Francesco Della Rovere, als er noch Student war, in einem sehr familiären und vertrauten Verhältnis gestanden habe. Riario habe ihn daher als Erzieher seiner Söhne ins Haus geholt, ihm ein Salär gegeben und ihn in allen seinen Bedürfnissen unterstützt. Bruder Francesco habe große Zuneigung zu Pietro gefasst, den er zum Eintritt in den Franziskanerorden bestimmt und in den theologischen Fächern unterrichtet habe. Als er schließlich Papst wurde, habe er Pietro zum Kardinal ernannt. Eine ähnliche Version findet sich in etwas knapperer Form auch in der Chronik des Römers Stefano Infessura, der über Pietro Riario schrieb: «(…) ein kleiner Frate, den er (Sixtus IV.) sich aufzog, als er Bruder des heiligen Franziskus war, Frate Pietro genannt und danach Kardinal von San Sisto.»
Pietro Riario wurde am 30. April 1445 in Savona geboren. Er entstammte einer alten Familie der Stadt, die hier wichtige Ämter bekleidete. Raffaele, Tommaso und Giovanni Riario gehörten zur Schicht der Wohlhabenden und zur Elite der Bürgerschaft in der Stadtregierung. Vom Ende des 14. bis in die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts hinein hatten Mitglieder der Familie zahlreiche diplomatische und administrative Ämter von Bedeutung inne. Ein gewisser Teramo Riario war sogar Militär und befehligte 1443 eine Truppe von nach Genua entsandten Soldaten. Der junge Pietro Riario gehörte tatsächlich als Franziskaner zum Gefolge des späteren Papstes, und kurz nach seiner Wahl überschüttete ihn Sixtus IV. mit Bistümern: Am 4. September 1471 wurde Riario zum Bischof von Treviso ernannt, am 24. September 1472 zum Bischof von Valence, am 23. November desselben Jahres zum Patriarchen von Konstantinopel, am 28. April 1473 zum Bischof von Spalato, am 25. Juni zum Erzbischof von Sevilla, am 20. Juli zum Erzbischof von Florenz und schließlich am 3. November auch noch zum Bischof von Mende. Außerdem verlieh der Papst ihm üppige Pensionen aus den Einkünften von drei weiteren Bistümern, die Riario nicht besaß; sie beliefen sich auf 200 Dukaten und 400 Fiorini. Am 24. Dezember 1473 erhielt er dazu noch in Kommende das Kloster Santa Cristina im Bistum Pavia. Alle diese kirchlichen Pfründen sicherten ihm nach den Berechnungen von Ludwig von Pastor, die auch Christine Shaw übernimmt, Einkünfte von 60.000 Fiorini.
Aufgrund dieser Geldschwemme führte Kardinal Riario in Rom ein überaus luxuriöses Leben, das die Phantasie der Zeitgenossen zutiefst beeindruckte. Es möge hier genügen, die Worte des Historikers Ferdinand Gregorovius wiederzugeben, mit denen er den Empfang Riarios für Eleonora d’ Aragona im Jahr 1473 beschreibt; die Tochter des neapolitanischen Königs machte damals auf der Reise von Neapel nach Ferrara zur Hochzeit mit Herzog Alfonso I. d’ Este in der ewigen Stadt Station. «Der Kardinalnepot», schreibt Gregorovius, «welcher eben erst die Botschafter Frankreichs mit sardanapalischer Pracht bewirtet hatte, gab ihr Wohnung in seinem Palast bei den Santi Apostoli. Der dortige Platz war mit Segeltuch überdeckt und in ein Festtheater verwandelt worden. Verdeckte Blasebälge wehten in den Sälen des Palasts kühle Luft zu. Die besten Künstler Roms hatten diese herrlich ausgeschmückt. Die schönsten Teppiche Flanderns, darunter der berühmte Nikolaus’ V. mit der Darstellung der Schöpfung, verschleierten die fünf Eingänge des großen Festsaals. In den Nebengemächern glänzte alles von Purpur, Gold und kostbaren Gefäßen. Die mit den feinsten Kissen bedeckten Stühle hatten silberne Füße. Die junge Fürstin konnte auf ihrem wonnigen Lager träumen, daß sie Kleopatra sei, und wenn sie erwachte, lachen, daß sie sich Antonius als einen bepurpurten Franziskanermönch zu denken hatte. Wenn sich die üppigen Hofdamen in ihre Schlafgemächer zurückzogen, brachen sie in Gelächter aus, denn selbst die niedrigsten Geschirre waren dort von vergoldetem Silber. Heidentum und Christentum mischten sich in überschwenglicher Pomperscheinung, denn diese kam unter Figuren der Mythologie zutage; bald in samtbedeckten Messaltären, bald in päpstlichen Wappenschildern, bald in Tapeten mit biblischen Geschichten. Am Pfingsttag hielt die Prinzessin einen glänzenden Aufzug nach St. Peter, wo der Papst die Messe las. Am Mittag ließ der Kardinal die Geschichte der Susanna von Florentiner Schauspielern aufführen; sodann gab es das öffentliche Bankett am Montage, und dies setzte durch die unerhörte Verschwendung alle Welt in Erstaunen. Die in Seide gekleidete Dienerschaft bediente mit musterhafter Kunst, während der Seneschall viermal seine köstlichen Gewänder wechselte. Selbst Vitellius hätte die Tafel des Mönchs Riario preisen müssen; in Wahrheit wurde dort die ganze Schöpfung kunstvoll aufgetischt. Vor der Tafel nahm man stehend übergoldete gezuckerte Orangen mit Malvasia; dann wurde Rosenwasser für die Hände gereicht. Der Kardinal ließ sich neben der Prinzessin nieder, worauf unter dem Schalle von Trompeten und Flöten zahllose Gänge von Speisen erschienen, deren Namen und Zubereitung auch die luxuriösesten Küchen Asiens in Verwirrung bringen würden. Wenn die sieben Personen, welche an der Haupttafel saßen, von allen Gerichten nur gekostet hätten, würden sie unfehlbar an Unverdaulichkeit gestorben sein. Man trug vor ihnen auf ganze gebratene Wildschweine samt ihrem Fell, ganze Damhirsche, Ziegen, Hasen, Kaninchen, übersilberte Fische, Pfauen mit ihren Federn, Fasane, Störche, Kraniche, Hirsche; selbst einen Bären mit seinem Fell, einen Stock im Maul; nicht zu zählen die Torten, die Gelatinen, eingemachten Früchte und dergleichen Konfekt. Man brachte auch einen Berg herein, aus welchem ein lebendiger Mensch hervorstieg mit Zeichen der Verwunderung, sich mitten in diesem strahlenden Feste zu finden, worüber er einige Verse sagte und dann verschwand. Mythologische Figurenwerke wurden als Hüllen von Speisen auf die Tafel gesetzt. Die Geschichte des Atlas, des Perseus und der Andromeda, die Arbeiten des Herkules brachte man in Mannesgröße auf silbernen Platten hinein. Kastelle aus Konfekt, mit Speisen gefüllt, wurden geplündert und dann von der Loge des Saals unter das jauchzende Volk geworfen. Segelschiffe schütteten ihre Ladung von Zuckermandeln aus. Zum Schlusse folgten mythologische Darstellungen, Künste von Buffonen und musikalische Symphonien. Madonna Leonora konnte Rom mit der Überzeugung verlassen, daß die Welt nichts besitze, was an kindischer Schwelgerei dem Hofe eines römischen Nepoten auch nur von ferne nahe komme.»
Diese luxuriösen Feste, die Unsummen verschlangen, wurden durch das enorme Vermögen des Kardinals ermöglicht, das sich der Häufung kirchlicher Ämter und Pfründen verdankte. Doch trotz dieses unermesslichen Reichtums hinterließ Pietro Riario bei seinem Tod riesige Schulden, die abzuzahlen nicht einmal seine Einkünfte von zwei Jahren ausgereicht hätten. Zu Lebzeiten stritt er sich zur Erreichung seiner Ziele ständig mit anderen Kardinälen herum. Sogar Sixtus IV. war seiner am Ende überdrüssig, und als Riario am 5. Januar 1474 starb, ertrug der Papst diesen Verlust besser, als man hätte erwarten können. Wie der Agent Giovan Pietro Arrivabene der Markgräfin von Mantua, Barbara von Hohenzollern, in einer Depesche vom 16. Januar 1474 schrieb, fühlte sich Sixtus durch Riarios Tod in gewissem Sinne befreit von der bedrückenden Vormundschaft, die dieser über ihn ausgeübt hatte.
Sixtus IV. hatte seinem unwürdigen Schützling nicht nur kolossale finanzielle Einkünfte verschafft, sondern ihm auch erlaubt, tief in die päpstlichen Regierungsgeschäfte einzugreifen. Am 6. August 1473 ernannte er ihn zum päpstlichen Legaten für ganz Italien. Kardinal Pietro begab sich daraufhin nach Umbrien, dann nach Florenz, um von seinem Erzbistum Besitz zu nehmen, und schließlich nach Mailand, wo er vom Herzog sehr feierlich empfangen wurde. Danach zog er nach Mantua, Padua und Venedig weiter, um Ende Oktober wieder in Rom anzukommen. Es war eine triumphale Reise, auf der ihm überall große Ehren zuteil wurden. Verschiedenen Zeugnissen nach kontrollierte Pietro Riario am Ende seiner Laufbahn die gesamte Innen- und Außenpolitik des Kirchenstaats; schon zu Lebzeiten des Kardinals, als er noch voll im Amt war, vermerkte dies der Ferrareser Chronist Ugo Caleffini. Pietro Riario wurde in einem von dem Bildhauer Andrea Bregno geschaffenen Grabmal in der römischen Kirche Santi Apostoli beigesetzt. Auf die Nachricht von seinem Tod hin kommentierte Kardinal Jacopo Ammanati Piccolomini in einem an Kardinal Francesco Gonzaga gerichteten Brief die Taten des Verstorbenen: Dieser sei ein Nichtsnutz gewesen und habe trotzdem in der Regierung der Kirche nach Gutdünken geschaltet und gewaltet. Dabei zählte der Briefschreiber alle Missetaten einzeln auf, deren der Kardinal sich schuldig gemacht hatte.
Girolamo Riario war zwei Jahre älter als sein Bruder Pietro; er wurde 1443 ebenfalls in Savona geboren. Über seine Jugend in der Heimatstadt ist nichts Genaueres bekannt. Nach gewissen Quellen – Gregorovius und Pastor, die sie anführen, bezeichnen sie nicht näher – soll er als öffentlicher Schreiber beim Zoll angestellt gewesen sein. Angesichts der gesellschaftlichen Stellung der Familie Riario ist dies jedoch wenig glaubhaft. Sicher ist allerdings, dass die Wahl Sixtus’ IV. auch Girolamo Glück bescherte. Der Papst verschaffte ihm eine Gemahlin von edelstem Blut, Caterina Sforza, die uneheliche Tochter des Herzogs von Mailand, Galeazzo Maria Sforza; die Hochzeit wurde im Januar 1473 gefeiert. Außerdem kaufte er ihm aus diesem Anlass die Grafschaft Bosco im Hinterland von Savona für die beträchtliche Summe von 16.000 Dukaten. Kurz darauf, ebenfalls infolge dieser Heirat, belehnte er Girolamo im Dezember 1473 mit der Stadt Imola. Der Herr der Stadt, Taddeo Manfredi, hatte Imola dem Herzog von Mailand abgetreten, der seine Rechte über die Stadt dem Papst, welcher der Lehnsherr war, nur für eine Riesensumme überlassen wollte. Sixtus IV. reagierte empört, und am Ende gelang es Kardinal Pietro den Herzog zu bewegen, Imola zum Preis von 40.000 Dukaten an seinen Bruder Girolamo abzutreten. Diese Summe sollte von den Banken der Medici und der Pazzi vorgeschossen werden. Doch Lorenzo de’ Medici weigerte sich Geld bereitzustellen und zog sich damit die erbitterte Feindschaft Girolamo Riarios zu. Die Folgen waren katastrophal, wie sich zeigen wird.
Alle diese päpstlichen Gunstbeweise gegenüber den Brüdern Riario mussten dem wahren Neffen Sixtus’ IV. sehr missfallen. Als Sohn des Raffaele Della Rovere und der Teodora, Tochter des Giovanni Manirola, stammte Giuliano Della Rovere wie die Riario aus Savona, wo er am 5. Dezember 1443 das Licht der Welt erblickte. Zusammen mit Pietro Riario wurde er am 15. Dezember 1471 zum Kardinal erhoben. Sein Unmut war umso größer, da der Papst ihm gegenüber mit Bistümern knauserte, während Pietro Riario, wie wir sahen, eine Unzahl davon erhielt. Es blieb nicht aus, dass zwischen den beiden eine erbitterte Rivalität entstand. Sixtus IV. verlieh Giuliano zunächst nur zwei Bistümer, Carpentras am 16. Oktober 1471 und Lausanne am 31. Januar 1472. Ehe diese Dotation erhöht wurde, musste Giuliano den Tod Pietro Riarios abwarten: Erst vier Monate danach, am 23. Mai 1474, wurde ihm das Bistum Avignon übertragen, das am 21. November 1475 zum Erzbistum erhoben wurde. Solange sein Onkel lebte – Sixtus IV. starb am 12. August 1483 –, ergatterte er insgesamt sechs Bistümer, die fast alle in Frankreich lagen und von denen vor allem Coutance und Viviers nur geringe Einkünfte abwarfen; Pietro Riario bekam hingegen sieben Bistümer mit zum Teil beträchtlichen Einkünften wie Florenz und Sevilla zugeteilt, zu denen noch die Abtei Santa Cristina sowie zwei Pensionen kamen. Von den Bistümern, die Giuliano von seinem Onkel erhielt, stammte nur eines, Mende, aus der Hinterlassenschaft Riarios. Angesichts dieser Situation war Giulianos Ernennung zum Legaten in der Mark Ancona 1473 nur eine magere Entschädigung. Alles in allem beliefen sich die jährlichen Einkünfte, die Giuliano Della Rovere aus kirchlichen Pfründen und Pensionen bezog, auf 20.000 Dukaten, und dies auch erst nach dem Tod des Onkels, eine wahrhaft bescheidene Summe im Vergleich zu den 60.000 Dukaten, die Pietro Riario zuflossen. Der Hass Giulianos gegen die beiden Brüder Riario steigerte sich von Tag zu Tag.
Wie erwähnt, verschwägerten sich die Riario mit dem Herzog von Mailand, Galeazzo Maria Sforza; die Rache Giulianos bestand darin, in eine enge Verbindung mit dessen traditionellem Feind, König Ferrante d’ Aragona von Neapel, zu treten. Da Savona 1464 unter mailändische Herrschaft gefallen war, hatte Sixtus IV. noch als Kardinal erklärt, ein treuer Untertan des Herzogs zu sein; als Papst wurde er sein Verbündeter. Deshalb bewegte er Giuliano zu dem Versuch, auch seinen 1457 in Savona geborenen Bruder Giovanni, der für eine militärische Laufbahn bestimmt war, mit einer Sforza zu verheiraten. Die Verhandlungen darüber scheiterten schon bald, worauf Giuliano seinen Bruder, der in Pavia studierte, nach Rom rief und den Papst aufforderte, Verhandlungen über eine neapolitanische Eheverbindung aufzunehmen. Als Kandidaten für eine solche Ehe wählte Sixtus IV. indessen nicht Giovanni, sondern einen anderen Della Rovere, Leonardo; auch er war in Savona geboren und war der Sohn von Sixtus’ Bruder Bartolomeo. Als Soldat von Beruf erhielt er 1471 eine Stellung als Condottiere im päpstlichen Heer, ein Jahr später wurde er von Sixtus zum Präfekten von Rom ernannt. Das Lästermaul Stefano Infessura fasste seine Meinung über Leonardo in den knappen Satz: «Er war ein sehr kleiner Mann, und sein Verstand entsprach dieser Gestalt» – die Geschichtsforschung hat dieses Urteil bestätigt. König Ferrante war über die menschliche und militärische Nichtigkeit des künftigen Schwiegersohns ausreichend informiert, wollte aber nicht darauf verzichten, alle nur möglichen Vorteile aus der freundlichen Gesinnung des Papstes und dessen Wunsch nach einer Eheverbindung mit seinem Haus zu ziehen. Er schlug deshalb vor, Leonardo seine natürliche Tochter Giovanna zur Frau zu geben, unter der Bedingung freilich, dass Sixtus IV. Leonardo die Stadt Pontecorvo und das Herzogtum Sora, beide auf päpstlichem Gebiet gelegen, zur Ausstattung übertrage. Die Verhandlungen zogen sich längere Zeit hin; am Ende erreichte man eine Einigung, und die Hochzeit fand im März 1473 statt.
Doch Leonardo, der auf diese Weise Herzog von Sora und Acre geworden war, dazu Konnetabel des Königreichs Neapel, starb schon am 11. November 1475. Nach seinem Tod versuchte Giuliano Della Rovere, Leonardos Besitzungen im Königreich, das Amt des Präfekten von Rom und sogar die Witwe Giovanna d’ Aragona für seinen jungen Cousin und Schützling Antonio Basso Della Rovere zu reservieren, Sohn der Luchina Della Rovere, einer Schwester Sixtus’ IV., und des Notars Giovanni Basso. Doch weder der Papst noch König Ferrante waren damit einverstanden. Auch Antonio Basso war nach der Wahl seines Onkels 1471 aus Savona nach Rom übergesiedelt. Mit der üblichen generösen päpstlichen Hilfe gelang es ihm, ein paar wenn auch wenig einträgliche Ämter zu erlangen, so die des Rektors der Provinz Campagna e Marittima und des Gouverneurs von Terracina. Kardinal Giuliano gab aber nicht auf und verschaffte ihm schließlich eine ausgezeichnete Eheverbindung, die ihn für die bescheidenen Einkünfte, die er bis dahin zusammengebracht hatte, vollauf entschädigte: Am 19. November 1479 heiratete Antonio Caterina Marzano, die Tochter von Marino, Herzog von Rossano, und Eleonora, der Schwester König Ferrantes. Dank dieser Heirat erhielt Antonio den Titel eines Grafen von Alliano, mit allem, was daran hing. Aber das Glück war auch ihm nicht hold: Nur wenige Monate nach der Hochzeit starb er am 12. August 1480.
Das höchste Ziel Giuliano Della Roveres war aber die bestmögliche Versorgung seines Bruders Giovanni. Dieser hatte die Kriegskunst bei Federico da Montefeltro erlernt, dem Sixtus IV. im März 1474 den Herzogstitel verlieh. Damit ergab sich eine gute Gelegenheit, um Verhandlungen über eine Heirat Giovannis mit Federicos Tochter Giovanna aufzunehmen. Federico war ein treuer Verbündeter König Ferrantes von Neapel, der den Plan deshalb unterstützte. Auch in diesem Fall stellte sich das Problem der Mitgift – nicht der Braut, sondern des Bräutigams. Zunächst forderte Federico, dass Giovanni mit der Stadt Cesena belehnt werde, aber der Papst lehnte ab, und zwar mit gutem Grund. Denn Cesena war eine für den Kirchenstaat viel zu wichtige Stadt in der Romagna, die nicht einmal an einen Neffen abgetreten werden durfte. Giuliano warf ein, dass Sixtus IV. schließlich auch Girolamo Riario, der kein Neffe war, die Herrschaft über die Nachbarstadt Imola verliehen hatte, und Imola sei ebenso wichtig für die päpstliche Herrschaft in der Romagna. Doch der Papst wollte von solchen Vergleichen nichts wissen. Giuliano wandte sich darauf an König Ferrante, um den Widerstand zu brechen, der vor allem aus dem Kardinalskollegium kam. Der gemeinsame Druck von Kardinal Giuliano und dem König siegte schließlich über die Opposition der Kardinäle, und man einigte sich auf die Städte Senigallia und Mondavio in den Marken, die Giovanni übertragen wurden. Im Oktober 1474 konnte so die Hochzeit gefeiert werden. Giuliano hatte einen wichtigen Punkt gegenüber Girolamo Riario gewonnen, was auch deshalb möglich geworden war, weil Girolamos Bruder Pietro Anfang des Jahres gestorben war. Der schon erwähnte Mantuaner Agent Arrivabene schrieb in diesem Zusammenhang, dass der verstorbene Kardinal Riario nachts im Traum Giuliano Della Rovere erschienen sei und dieser darüber so entsetzt gewesen sei, dass er krank wurde.
Dennoch war der Tod Pietro Riarios nicht so vorteilhaft für Giuliano Della Rovere, wie dieser erwartet hatte, aus dem einfachen Grund, weil Girolamo Riario nun beim Papst die Stellung einnahm, die sein Bruder innegehabt hatte. Er wurde der engste Ratgeber Sixtus’ IV. und kontrollierte sozusagen alle seine Schritte. Auch führte er nun das gleiche ausschweifende Luxusleben wie sein Bruder. So veranstaltete er 1476 ein Turnier auf der Piazza Navona, bei dem italienische, katalanische, burgundische und Ritter aus verschiedenen anderen Nationen um den Preis kämpften. Seine Allmacht im sixtinischen Rom brachte ihm den Ruf eines Stadttyrannen ein – er war «ein Mann, hart und grausam und voll Herrschergier», wie Gregorovius schreibt. Sein Einfluss wuchs noch mehr, als es ihm gelang, seinen Neffen Raffaele Sansoni Riario, den Sohn seiner Schwester Violante, zum Kardinal ernennen zu lassen. Im selben Konsistorium vom 10. Dezember 1477 erhob Sixtus IV. auch den eigenen Neffen Girolamo Basso Della Rovere, den Bruder des schon erwähnten Antonio, zum Kardinal, und zwar gegen den Willen von Kardinal Giuliano, der Lorenzo Zane, den Patriarchen von Antiochia, favorisiert hatte. Hinter diesen Kardinalserhebungen glaubte Giuliano die Einflüsterungen seines Todfeindes Girolamo Riario zu erkennen, der an der Kurie immer mächtiger wurde. Deshalb begann Giuliano Pläne zu schmieden, ihn aus dem Weg zu räumen.
In der Tat wurde er 1477 angeklagt, zusammen mit Obietto Fieschi eine Verschwörung gegen Riario angezettelt zu haben. Die Verschwörung wurde durch Zane enthüllt, der trotz Giulianos Eintreten für ihn aus Enttäuschung über den verweigerten Kardinalshut die Manöver Giulianos offenlegte. Der päpstliche Protonotar Fieschi war das Haupt einer Genueser Faktion und ein Protegé Giulianos. Als sich Genua 1477 gegen die mailändische Herrschaft der Sforza auflehnte, riefen ihn die Aufständischen nach Genua zurück. Da der Papst aber auf Seiten der Sforza stand, suchte er Fieschi in Rom zurückzuhalten, so dass dieser nur mit der Hilfe Giulianos Genua erreichen konnte. Kaum war das Mordkomplott entdeckt, wurden zwei von Giulianos Helfershelfern, Domenico Doria und Matteo da Canale, verhaftet und in der Engelsburg eingekerkert. Gleichzeitig wurden die Gemächer, in denen Giuliano im Vatikan gewöhnlich wohnte, beschlagnahmt. Der Papst hielt ihn offenbar für schuldig, da er seine erbitterte Rivalität zu Riario kannte. Die beiden Mordhelfer wurden verhört und sagten aus, dass die Initiative, Riario zu töten, von Zane ausgegangen sei, weil Riario dessen Erhebung zum Kardinal verhindert habe. Sie fügten hinzu, dass Zane erklärt habe, im Auftrag Della Roveres zu handeln, doch habe der Kardinal nie persönlich mit ihnen gesprochen. Dies erscheint jedoch wenig glaubhaft und zielte wahrscheinlich darauf ab, Della Rovere vor dem schändlichen Vorwurf zu retten, dem verhassten Rivalen nach dem Leben getrachtet zu haben. Außer Zweifel steht jedenfalls, dass Giuliano von den Machenschaften Zanes wusste und wohlweißlich weder dem Papst noch Riario etwas davon sagte. Zu seiner Verteidigung forderte Della Rovere, Zane vor Gericht zu stellen. Doch Riario verhinderte das mit der Begründung, dass Zane ihm die Verschwörung gestanden und er ihm versprochen habe, dass man nicht gegen ihn vorgehen werde. Obwohl ihn diese Vorgänge schmerzlich betrübten, verzichtete Sixtus IV. auf Maßnahmen gegen die Verschwörer und versuchte, die beiden Rivalen zu versöhnen – natürlich ohne Erfolg. Giuliano Della Rovere sollte jedoch das Terrain, das er durch die Verschwörung verloren hatte, zu Lebzeiten seines Onkels nicht mehr zurückgewinnen.