Marcel Hänggi
Fortschrittsgeschichten
Für einen guten Umgang mit Technik
FISCHER E-Books
Marcel Hänggi hat an der Universität Zürich Geschichte studiert. Er arbeitet seit 1996 als Journalist und war unter anderem Auslandsredakteur der Weltwoche und Wissenschaftsredakteur der Wochenzeitung. Seit 2007 ist er freischaffender Wissenschaftsjournalist. 2007 erhielt er den Zürcher Journalistenpreis.
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Eine neue, ebenso realistische wie kritische Wahrnehmung von Technik ist dringend gefragt.
Der Schweizer Wissenschaftsjournalist Marcel Hänggi untersucht in zwölf Fortschrittsgeschichten, wie technischer Wandel zustande kommt, wie wir ihn wahrnehmen und was er der Gesellschaft bringt. Abschließend münden seine Überlegungen in der Vision einer Welt in 30 Jahren, die verantwortungsvoll mit Technik umgeht.
Entwürfe für eine Welt mit Zukunft
Herausgegeben von Harald Welzer und Klaus Wiegandt
Erschienen bei FISCHER E-Books
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2015
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ISBN 978-3-10-403289-4
Edgerton 2006, Seiten 210 und 212.
Fallows 2013.
Edgerton 2006, Seiten 41 bis 42. – Edgertons Kollege Kurt Möser (2011, Seiten 9 bis 12) hat den Gedanken aufgegriffen und verweist auf weitere übersehene, aber wichtige Techniken des 20. Jahrhunderts: Sperrholz, Epoxidharz, Plastikfolien und Spanplatten.
Butter und Käse sind ökonomische Werte in hoch konzentrierter Form, sie lassen sich leicht handeln und gehörten zu den ersten Gütern, die in Europa besteuert wurden. Ihre Herstellung verlangte hohe Fertigkeit und strenge Hygiene, und wer es zu gut beherrschte, erntete dafür allzu häufig nicht Anerkennung, sondern geriet in schlimmen Verdacht: »Milchzauber« war ein häufiger Vorwurf in Hexenprozessen. Im letzten Hexenprozess in meinem Wohnkanton Zürich wurden 1701 sieben Frauen und ein Mann wegen »Milchzaubers« zum Tode verurteilt. – Zur historischen Bedeutung der Milchverarbeitung und zum »Milchzauber« als Verfolgungsgrund siehe Myrdal 2008.
Wie sehr die Wahrnehmung, die Dominanz des europäischen Kulturkreises sei technischer Überlegenheit geschuldet – und nicht etwa kolonialer Ausbeutung –, auf der Ignoranz all dessen beruht, was nicht in dieses Schema passt, zeigt Goody 2010 eindrücklich.
Sapoznik 2013b.
»(…) das Reflexionsniveau des deutschen Idealismus wurde verlassen, aber der Ausdruck lebte weiter – als politisches Schlagwort und als unbefragter, ubiquitärer Leitbegriff. (…) ›Fortschritt‹ gewann Schlagwortcharakter (…).« Koselleck 1975, Seite 407 bis 408.
Der Chemiker Paul Crutzen schlug den Begriff »Anthropozän« im Jahr 2000 vor. Der Mensch habe die Erde so stark umgestaltet, dass es gerechtfertigt sei, von einem neuen Erdzeitalter zu sprechen, das das Holozän ablöse.
Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Die britische Regierung benannte ihr 1992 gegründetes Office of Science and Technology 2006 in Office of Science and Innovation um; 2007 ging das Büro im neu geschaffenen Department for Innovation, Universities and Skills auf. Die Schweiz hat ihr Staatssekretariat für Bildung und Forschung 2013 nach der Fusion mit dem Bundesamt für Berufsbildung und Technologie in Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation umbenannt. Der vormalige Schweizerische Wissenschafts- und Technologierat heißt seit 2014 Schweizerischer Wissenschafts- und Innovationsrat. Die deutsche Bundesregierung unter Gerhard Schröder rief 2004 die Initiative Partner für Innovation ins Leben, die von Bundeskanzlerin Angela Merkel als Rat für Innovation und Wachstum weitergeführt wurde.
Laut Evgeny Morozov (2013, Seite x) wird die »Innovation« in Silicon Valley mittlerweile abgelöst: Statt Innovate or Die! (»Sei innovativ oder stirb!«) laute der Lieblingsslogan in Silicon Valley seit ein paar Jahren Ameliorate or Die! (»Verbessere oder stirb!«).
Schumpeter 1939.
Solow 1956.
Solows »technical change« wurde im Deutschen meist als »technischer Fortschritt« oder eben »Innovation« wiedergegeben. Beide Begriffe erlebten ab etwa 1960 einen Aufschwung, bis sich nach einigen Jahren die »Innovation« durchsetzte. Im Englischen wurden Begriffe wie »technical change«, »technological change« oder »technological progress« nie annähernd so häufig verwendet wie »innovation«. Deren Aufstieg begann bereits um 1920, beschleunigte sich aber ab den 1950er Jahren.
Wegweisend war in dieser Hinsicht vor allem das Frascati Manual der OECD von 1963.
Ich danke für die Diskussion meiner These über die Karriere des Innovationsbegriffs Caspar Hirschi und Tobias Straumann.
Als Makel wurde empfunden, dass Solow einen Wachstumsmotor postulierte, der außerhalb der Wirtschaft lag. Die sogenannten neuen Wachstumstheorien der Neoklassik versuchten ab den 1980er Jahren, den technischen Wandel aus der wirtschaftlichen Dynamik selbst zu erklären, also aus einem exogenen einen endogenen Faktor zu machen.
Solows Produktionsfaktoren waren Kapital und Arbeit. Das Ignorieren der natürlichen Ressourcen als Produktionsfaktoren – des »Bodens«, wie es in den klassischen Wirtschaftstheorien geheißen hatte – ist für die gesamte Neoklassik bezeichnend.
Solow 1957, Seite 312.
Mirowski 2011, Seite 71.
Binswanger 2006, Seite 4.
Viele Produkte haben deshalb ihren Verschleiß bereits einprogrammiert (planned obsolescence): Schwachstellen wie Akkus, die sich nicht ersetzen lassen, Ersatzteile, die bald nicht mehr hergestellt werden, oder ganz brachial: Zähler, die einen Laserdrucker nach einer gewissen Anzahl gedruckter Blätter lahmlegen. Vgl. Slade 2006.
Vgl. dazu Edgerton 1999.
Sennett 2009, Seite 103 sowie 43 bis 55.
European Commission 2011.
Hayek 1973.
Ironischerweise kritisieren gerade neoliberale Stimmen das lineare Fortschrittsmodell. Damit wenden sie sich aber vor allem gegen solche Stimmen, die mit dem linearen Modell die staatliche Förderung der (Grundlagen-) Wissenschaft rechtfertigen. Die neoliberalen Kritiker des linearen Modells ziehen nicht in Zweifel, dass Erkenntnisse zu Innovationen und diese zu einer besseren Welt führen, aber sie betonen, dass die innovationsfördernden Erkenntnisse genauso gut aus der Industrie wie aus den staatlich finanzierten Universitäten kommen können. Mirowski 2011, Seite 54f. – Dass die neoliberale Weltsicht die Unvorhersagbarkeit aller Zukunft ins Zentrum stellt, aber gleichzeitig dazu neigt, die Vergangenheit teleologisch zu deuten, ist eine weitere Ironie.
Latour 1995.
Frisch 1950, Seiten 58f.
Siehe dazu Turner 2006.
Morozov 2013, Seite 357. – Morozov setzt das »Internet« konsequent in Anführungszeichen, weil es sinnlos sei, über eine so heterogene Ansammlung unterschiedlicher Techniken mit einem einzigen Begriff zu diskutieren, wie es mit dem »Internet« geschehe.
Was die Geschichte des Buchdrucks angeht, stützt sich dieses Kapitel in erster Linie auf Giesecke 2006.
Zitiert in Popplow 1998.
Zitiert in Giesecke 2006, Seite 145.
Der Buchdruck im Blockverfahren wurde in China seit dem 8. Jahrhundert angewandt; der Druck mit beweglichen Lettern ab dem 11. Jahrhundert. – Misa 2003, Seite 20.
Selbstverständlich nicht nur Gutenbergs: Den Buchdruck zu erfinden, war ausgesprochene Teamarbeit.
Für die Lettern wählte Gutenberg nach langem Experimentieren eine Blei-Zinn-Antimon-Legierung.
Giesecke 1991, Seite 135.
Schilling 1999, Seite 490.
Grundsätzlich sind alle Auflagenzahlen wie auch Preisangaben aus jener Zeit mit Vorsicht zu genießen.
Ich danke Marcus Sandl für das Gespräch. Außerdem stütze ich mich auf Sandl 2012.
Natürlich kamen auch die schriftbegeisterten Protestanten nicht ohne mündliche Vermittlungsformen, Predigten und Gemeinschaft aus.
Lyons 2010, Seite 27; Clanchy 1994, Seite 244; Keller 1990, Seite 171.
Seit Elizabeth Eisenstein ihr Hauptwerk 1979 publizierte, hat die Wissenschaftsgeschichte von der Sichtweise, wonach die »wissenschaftliche Revolution« der frühen Neuzeit die moderne Wissenschaft als etwas vollkommen Neues hervorgebracht habe, weitgehend Abstand genommen; vor allem der Wissenschaftshistoriker Steven Shapin hat mit dem Begriff der »wissenschaftlichen Revolution« aufgeräumt.
Clanchy 1994, Seite 209. – Vermutlich waren die meisten der Dokumente, die im frühen Mittelalter im Umlauf waren, Fälschungen. Fälschen wurde nicht unbedingt als illegitim angesehen: Man half der Wahrheit gewissermaßen nach, indem man Dokumente fälschte, die bezeugten, was man für wahr hielt. Aber das Vertrauen in Schrift haben sie nicht gefördert.
Jede Schriftkultur, schreibt der Anthropologe und Schrifthistoriker Jack Goody (2010, Seiten 98f), kenne Phasen verstärkter Rückbesinnung auf ihre Vergangenheit. Unter religiösen Voraussetzungen führe eine solche Rückbesinnung eher zu Erstarrung, unter säkularen Voraussetzungen beschleunige sie gesellschaftlichen Wandel. Letzteres scheine ihm für die chinesische Song-Zeit oder für die europäische Renaissance zu gelten. – Die Rückbesinnung der Renaissance auf die antike Klassik war eine säkulare, die der Reformation auf die Heilige Schrift als einzig gültige Autorität eine religiöse.
Schilling 1999, Seite 508.
Ebd., Seite 354.
Ich zitiere Papins Briefe nach der Edition von Gerland 1881.
Bredekamp 2012, Seite 65.
Brief vom April 1698.
Bereits 1698 hatte Thomas Savery, ein englischer Ingenieur, eine Dampfpumpe patentieren lassen und gebaut, die nach einem anderen Prinzip ohne bewegliche Teile funktionierte. Ihre Leistung war aber zu gering, als dass sie sich hätte durchsetzen können. – Auf Meldungen früherer Dampfmaschinen von außerhalb Europas gehe ich hier nicht ein; wenn es tatsächlich welche gab, so entfalteten sie keine große Wirkung.
So hat für Arnold Toynbee, den Vater des Begriffs »industrielle Revolution«, die Dampfmaschine, zusammen mit Adam Smiths Buch Der Wohlstand der Nationen von 1776, »die alte Welt zerstört und eine neue geschaffen«. Einflussreiche Ökonomen des 20. Jahrhunderts wie der Nobelpreisträger Simon Kuznets oder der Wachstumstheoretiker Walt Whitman Rostow folgten Toynbee in seiner Einschätzung. – Von Tunzelmann 1978, Seiten 1 bis 3.
Für die Technik der Dampfmaschinen stütze ich mich in erster Linie auf Paulinyi/Troitzsch 1991, Seiten 47 bis 60 sowie 353 bis 359.
Newcomens Maschine war sehr ineffizient, weil der Zylinder dauernd aufgeheizt und wieder abgekühlt wurde. Watt vermied diesen Energieverlust, indem er den Kondensationsvorgang aus dem Zylinder in einen zweiten Behälter, den Kondensator, verlagerte. Die Kohlebergwerke, die die Dampfmaschinen hauptsächlich einsetzten, waren daran nicht sonderlich interessiert: Kohle hatten sie ja genug!
Durch die Doppelwirkung stieg der Wirkungsgrad nicht etwa, sondern sank geringfügig. Trotzdem lohnte sich die Doppelwirkung, weil nun eine einzige Maschine zu leisten vermochte, was zwei einfach wirkende Maschinen leisteten, so dass die Investitionskosten geringer ausfielen.
Meist werden als Ursprung der industriellen Revolution, die von der Textilproduktion Englands ausging, die 1760er Jahre angegeben. Allerdings stellt die jüngere Geschichtsforschung die Vorstellung einer revolutionären Entwicklung mit einem klar lokalisierbaren und datierbaren »take-off« zunehmend in Frage.
Von Tunzelmann 1978.
Das von Landbesitzern dominierte britische Parlament sorgte mit den protektionistischen Corn Laws für Getreidepreise, die deutlich über den Preisen auf dem Kontinent lagen.
Radkau 2008, Seite 37.
Ebd., Seite 30.
Der Pflug gilt als eine der wichtigsten Agrartechniken. Mit seiner Fortentwicklung wird üblicherweise ein Großteil der Produktivitätssteigerungen der Landwirtschaft erklärt. Aber nicht nur ist der Pflug für tropische Böden ungeeignet, deren Erosion er fördert: Auch in Europa erzielten Bauern, die ihren Boden mit dem Spaten bearbeiteten, in vormoderner Zeit mehr Ertrag pro Fläche als solche, die den Pflug verwendeten! – Ich danke für den Hinweis Alexandra Sapoznik vom King’s College, London.
Während vor allem das Militär die Atomtechnik vorantrieb, die Physik mit dem Verweis auf die angebliche Nützlichkeit der Atomtechnik hohe Forschungsausgaben rechtfertigte und die Maschinenindustrie sich Bauaufträge erhoffte, zeigte die Elektrizitätswirtschaft zunächst keinerlei Interesse an Atomkraftwerken – eine Haltung, die sich erst änderte, als sich zeigte, wie sehr die Staaten die Atomkraft zu subventionieren bereit waren. – Siehe zur Technikgeschichte der Atomkraft Radkau 1983 sowie Boos 1999.
Der Wiederaufbau Londons nach dem Großbrand von 1666 verschlang besonders viel Kohle zum Brennen der Ziegel.
Zitiert in Radkau 2008, Seite 33.
Paulinyi/Troitzsch 1991, Seite 364.
Wirz 1984.
Ironie der Geschichte: Zu Watts und Boultons Geldgebern gehörten Sklavenhändler.
Siehe dazu die sehr schöne Studie von Shapin/Schaffer 1985.
Inwieweit Newcomen die wissenschaftliche Literatur seiner Zeit kannte, ist unbekannt. Da er nicht französisch las, kann er Papins Schriften bis auf eine Zusammenfassung, die auf Englisch erschien, nicht gekannt haben.
Zum Verhältnis zwischen Wissenschaft und Technik in der Entwicklung der Dampfmaschine siehe Wagenbreth et al. (2002), Seiten 338 bis 352.
Radkau 2008, Seite 177. – Radkau 2008 äußert sich ausführlich zum Verhältnis von Wissenschaft und Technik: Seiten 56 bis 66 sowie 169 bis 183; siehe auch Nye 2006, Seiten 9 bis 12, Misa 2004, Seiten 261 bis 263 sowie Edgerton 2006, Seiten 184 bis 205.
Smith 1981, Seite 325.
Siehe zur Karriere des Begriffs der »knowledge-based (bio) economy« Wallace 2010, insbesondere Seiten 19 bis 36.
Zitiert in Sennett 2008, Seiten 59f.
Der Name kommt vermutlich daher, dass Esparsetten mit ihrem hohen Gehalt an Tannin gegen Würmer und Durchfall helfen.
Allen 2001.
Eine an sich sehr gute Überblicksdarstellung über die Weltgeschichte der Landwirtschaft bieten Mazoyer/Roudart 2004. Sie berücksichtigen aber, was die »erste landwirtschaftliche Revolution der Neuzeit« angeht, die neueste agrarhistorische Forschung nicht und bleiben der »Standarderzählung« treu.
Laut Robert C. Allen lag die Produktivität von Weizen in England 1300 bei 12, 1800 bei 20 Scheffeln pro Acre (1 Acre = 0,4 Hektar), wobei rund die Hälfte der Steigerung auf den Anbau von Klee und verwandten Pflanzen zurückzuführen sei. Mazoyer/Roudart sprechen von »mehr als einer Verdoppelung« in einer kürzeren Zeitspanne.
Liebig 1840, Seite 168.
Die Familie der Leguminosen umfasst auch Bäume, allerdings keine in Europa heimischen: Akazien und die heute in Europa weit verbreitete, aber aus Nordamerika stammende Robinie. Die mehrjährigen Bäume eignen sich nicht für Fruchtfolgen, doch erhalten Akazien die Bodenfruchtbarkeit auch, indem sie neben anderen Kulturpflanzen statt in Abwechslung mit ihnen wachsen. In Afrika spielen Akazien seit alters her eine bedeutende Rolle zur Erneuerung der Bodenfruchtbarkeit (vgl. Kapitel »Erfahrung«). In Mittelamerika ist eine typische, mehr als 2000 Jahre alte Methode die Mischkultur von Bohnen (Leguminosen) mit Mais und Kürbis. – Bray 1995.
Die proteinreichen Leguminosen brauchen zum Wachstum selber viel Stickstoff. Bohnen und Erbsen verbrauchen mehr Stickstoff, als ihre Knöllchenbakterien zu synthetisieren vermögen; sie entziehen dem Boden also freie Stickstoffverbindungen und machen ihn zunächst stickstoffärmer. Nur wenn die Überreste der Pflanzen und der Kot und Urin der Menschen und Tiere, die sie gegessen haben, wieder auf das Feld gelangen, reichert sich dort Stickstoff an. Klee, Esparsetten, Wicken und Luzerne dagegen fixieren mehr Stickstoff, als sie verbrauchen; sie vermögen den Boden unmittelbar zu düngen, beispielsweise als Untersaat in einem Getreidefeld.
Tatsächlich gab es unzählige Variationen von Fruchtfolgen; die Norfolk-Fruchtfolge war nur ein Idealtypus.
Bieleman 2010.
Die Verwendung des Begriffs »Flur« ist im Deutschen uneinheitlich. Im Englischen ist einheitlicher von open fields die Rede.
Die Abschaffung der Leibeigenschaft durch Zar Alexander II. verbesserte die Situation vieler Bauern keineswegs, da sie sich verschuldeten und in wirtschaftlicher Abhängigkeit unter Umständen sogar weniger Schutz genossen als in der alten Leibeigenschaft.
Den Begriff »Tragik der Allmende« (tragedy of the commons), der sich in der Ökonomie eingebürgert hat, prägte der Biologe Garret Hardin (Hardin 1968). Ihm zufolge lohnt es sich für einen Nutzer eines Gemeinguts, dieses zu übernutzen, weil er allein vom zusätzlichen Nutzen profitiert, während der Schaden, den die Übernutzung verursacht, von allen Nutzern gemeinsam getragen wird. Hardins Überlegungen sind stichhaltig für Gemeingüter ohne funktionierende Regeln wie etwa die Fischgründe in den internationalen Gewässern; die Allmenden und Fluren entsprachen aber nicht Hardins Annahmen.
Einen Überblick über den Stand der Debatte bietet Landsteiner 2008. Für den Blickwechsel in Bezug auf die Agrarrevolution wichtig ist Robert C. Allen (namentlich 1992, 1999, 2001). Den Stickstoffkreislauf frühneuzeitlicher Landwirtschaft untersucht Allen 2008.
Ineichen 2006. – Zu den Einhegungen im deutschen Sprachraum allgemein siehe beispielsweise Zückert 2003.
Sapoznik 2013a.
»Kliometrie« bezeichnet die Versuche, die Vergangenheit quantitativ zu rekonstruieren.
Natürlich funktionierten die Gemeingüter unterschiedlich gut. Dabei waren Systeme besonders langlebig, die wenig Energie darauf verwendeten, fehlbare Mitglieder zu bestrafen, und statt dessen ihre Regelungen in häufigen Zusammenkünften immer wieder anpassten. Es scheint, dass die Mitwirkung eine Identifikation mit den gemeinschaftlichen Angelegenheiten zur Folge hatte, die stärker wirkte als Strafen. – De Moor 2013.
Jethro Tull, einer der Begründer der englischen Agrarwissenschaft, wollte beispielsweise zeigen, dass Düngung der Bodenfruchtbarkeit nicht nütze, sondern schade.
Ich danke Erich Landsteiner für die Hinweise auf die Nutzung der Sense in Osteuropa wie auf den Wein- und Ackerbau im Osten Österreichs.
Eine solche Entwicklungspolitik betreibt namentlich die Alliance for a Green Revolution in Africa (AGRA) unter dem Vorsitz des ehemaligen Uno-Generalsekretärs Kofi Annan, die 2006 von der Bill-und-Melinda-Gates- sowie der Rockefeller-Stiftung gegründet wurde. – Siehe dazu Clausing 2013.
Für eine Gesamtbilanz der Grünen Revolution siehe beispielsweise Perkins 1997. Perkins schreibt: »Wenn Erfolg eine Steigerung der gesamten Getreideproduktion meint, dann war die Grüne Revolution ein Erfolg. Wenn Erfolg meint, den Hunger zu beenden, dann war die Grüne Revolution ein Misserfolg.« (Seite 258).
The World Bank 2007, Seite 138.
Fauchet 1789, Seiten 226f.
Die ersten Zeugnisse von Wagen und Karren tauchen um die Mitte des 4. Jahrtausends vor Christus in verschiedenen Weltgegenden auf: in Mittel- und Osteuropa, im Nordkaukasus, in Mesopotamien und im Industal. Bereits aus dem 5. Jahrtausend sind rotierende Töpferscheiben aus Indien nachgewiesen.
Ich stütze mich in diesem Kapitel vorwiegend auf Bulliet 1975; für die Frühgeschichte des Rades zudem auf Basalla 1988, Seiten 7 bis 11.
Landes 2000.
Gut möglich, dass der Einsatz von Wagen in religiösen Prozessionen gerade damit zu tun hatte, dass diese Technik als veraltet wahrgenommen wurde. David Edgerton (2006, Seite 11) weist darauf hin, dass »alte Techniken, oder vielmehr, was als alte Techniken wahrgenommen wird, in vielen Gesellschaften einen Platz in zeremoniellen Anlässen haben – vom Candlelight-Dinner zu Militärparaden in alten Uniformen bis zu den Pferden, die den Leichenwagen ziehen.«
Zur Geschichte des vormodernen Transports in Europa siehe Schiedt 2012.
So kann man beispielsweise in abgelegenen Gegenden des Kaukasus mit ihren schlechten Straßen heute noch Ochsenschlitten finden, die Waren ziehen – auch im Sommer.
David Edgerton (2006, Seite 116) verweist auf eine Parallele aus unserer Zeit: Die Flugzeugindustrie arbeitet zu drei Vierteln für militärische Kunden; viel Forschungs- und Entwicklungsarbeit wurde militärisch finanziert. Eine rein kommerzielle Fliegerei, die nicht vom Militär profitieren könnte, hätte sich wohl kaum je über ein Nischendasein hinaus entwickeln können (vgl. Kapitel »Überschall«).
Bulliet 1975, Seite 90.
Ebd., Seiten 25f.
Zitiert ebd., Seiten 229f.
Ebd., Seite 217.
Für die Geschichte der Schubkarre in China stütze ich mich auf de Decker 2011.
Zitiert nach de Decker 2011.
In seinem monumentalen Werk Science and Civilisation in China (1954 bis 2008); zitiert nach de Decker 2011.
Dieses Kapitel beruht auf Hänggi 2002.
Haffter 1985, Seite 461.
Ebd., Seite 469.
Ebd., Seite 566.
Gerste 2004.
Zitiert in Rey 1993, Seite 173.
Davy 1800, Seite 553.
Rey 1993, Seite 181.
Porter 2000, Seite 365.
Ebd., Seiten 366f.
Die beiden Zitate stammen aus Rey 1992, Seite 53 respektive Rey 1993, Seite 163.
Für die Geschichte des Schmerzes allgemein siehe die ausgezeichnete Monographie von Rey 1993.
Rey 1993, Seite 185. – Ich übergehe hier die viel weniger gut dokumentierte Geschichte des Schmerzes aus Patientensicht. Es existieren Berichte standhafter Gentlemen und tapferer Mütter, die eine Amputation oder einen Kaiserschnitt ohne viel Klagen über sich ergehen ließen; wie glaubhaft sie sind, steht auf einem anderen Blatt. Und gewiss begab sich ein vormoderner Mensch mit einigem Gleichmut in die Hände und groben Zangen eines Jahrmarktbarbiers, um sich ohne Schmerzlinderung einen Zahn ziehen zu lassen, wenn er sich davon das Ende monate- oder jahrelanger Zahnschmerzen versprach. Man sollte daraus aber nicht folgern, die Menschen hätten früher weniger unter Schmerz gelitten als heute. Hingegen braucht es sehr viel Vertrauen in einen Chirurgen, sich ihm und seinem Messer anästhesiert, also vollkommen wehrlos und unbewusst, auszuliefern. Was, wenn man den Schmerz doch spürte, aber nicht einmal mehr in der Lage wäre, zu schreien? Solche Befürchtungen könnten ein Grund gewesen sein, weshalb die Patientin, die Elias Haffter im April 1847 operierte, auf eine Äthernarkose »keine Lust« verspürte.
Griesecke 2002. – Hickman versuchte sein Glück danach bei der Académie Royale de Médecine in Paris. Diese setzte immerhin eine Kommission ein, Hickmans Vorschläge zu prüfen; Dominique Larrey war ein Fürsprecher Hickmans. Doch auch die Académie verweigerte Hickman die gewünschte Anerkennung seiner Erfindung.
Ebd., Seite 6.
Für die Geschichte des Mesmerismus stütze ich mich auf die hervorragende Studie Winter 1998.
Zum Fall O’Key siehe Winter 1998, Seiten 70 bis 108.
Winter 1998, Seiten 177 bis 180.
Jenni 1847, Seite 39.
Jenni 1847, Seite 53.
Pernick 1985.
Correspondenzblatt für Schweizer Ärzte (1897), Seiten 762 bis 764.
Meyer-Hoffmeister 1881, Seite 205.
Shubik 1971.
So spricht der Psychologe Lászlo Mérö (2003, Seite 20) von der »Concorde-Falle« als einem Synonym für die Dollarauktion.
Horwitch 1982, Seite 1.
Für die Geschichte der Überschallflug-Programme stütze ich mich in erster Linie auf Conway 2005, außerdem auf Costello/Hughes 1976 sowie auf Horwitch 1982.
Das Knowhow hatte Großbritannien teils selber aufgebaut, teils erobert. Die wichtigsten Elemente für den Bau von Überschallflugzeugen hatten die Deutschen entwickelt. Genauso wie Hitlers Chef-Raketenbauer Wernher von Braun nach Kriegsende zu einem der wichtigsten Ingenieure des US-amerikanischen Raumfahrtprogramms wurde, setzten deutsche Flugzeugkonstrukteure wie Dietrich Küchemann oder Walter Lippisch vom Flugzeugbauer Messerschmitt ihre Karrieren nach dem Krieg bei den einstigen Feinden Großbritannien respektive USA fort.
Da das Flugzeug schneller fliegt als die von ihm verursachten Schall- und Druckwellen, trifft es die vor ihm liegenden Luftmassen gewissermaßen »unvorbereitet«, wodurch andere Turbulenzen entstehen. Überschallflugzeuge brauchen nach hinten abgewinkelte (»gepfeilte«) Flügel, die sich aber für den langsamen Flug schlecht eignen. Eine Lösung dieses Problems fanden die Flugzeugkonstrukteure in dreiecksförmigen »Delta-Flügeln«.
Zitiert nach Conway 2005, Seite 12.
Schon der Name gab Anlass zu Zwietracht: »Concorde« bedeutet auf französisch »Eintracht«, das englische Wort dafür lautet »Concord« – ohne »e«. Es gewann die französische Schreibweise.
Boeing, Lockheed und North American Aviation sowie Curtiss-Wright, General Electric und Pratt & Whitney; die Aufträge für die Prototypen gingen schließlich an Boeing und General Electric.
Tatsächlich begrüßten viele Naturschützer sogar sowohl das Automobil wie die Atomkraft: Das Auto galt vielen als ein Mittel, die schöne Natur zu er-fahren und die Naturliebe zu fördern; von der Atomkraft erhoffte man, sie würde Wasserkraftwerke überflüssig machen.
Radkau 2011, passim.
Die US-Luft- und Raumfahrtbehörde Nasa startete später noch zwei Forschungsprogramme unter anderem mit dem Ziel, »umweltfreundliche« Überschallflugzeuge zu entwickeln. Das erste begann bereits im Januar 1972 (Advanced SST Program) und wurde 1981 gestoppt; das zweite startete 1989 und wurde 1998 gestoppt; dazu ausführlich Conway 2005.
Horwitch 1982, Seite 328.
Über den Hang zur Größe, der der Atomtechnik innewohnt und einen ähnlichen Treiber technischer Entwicklung darstellt wie der Hang zur Geschwindigkeit, habe ich in meinem Buch Ausgepowert ausführlich geschrieben: Hänggi 2011, Seiten 133 bis 162.
Bunte 1968.
Zitate nach Radkau 1983, Seite 218 und 222.
Auf dem Weg der Dollarauktion befindet sich heute die europäische Kernfusionsforschung. Die Kosten des Versuchsreaktors ITER im französischen Cadarache haben sich seit Projektstart im Jahr 2005 vervielfacht, und ob die Kernfusion jemals praxistauglich, geschweige denn wirtschaftlich wird, steht in den Sternen. Aber auszusteigen, sagte 2010 der Vorsitzende des Energieausschusses des EU-Parlaments, Herbert Reul, wäre »ein Offenbarungseid, dass Europa zu gar keinen großen Projekten mehr fähig ist« (NZZ am Sonntag, 6. Juni 2010). Da befindet sich Reul in der Argumentationseskalation der Dollarauktion bereits in der fortgeschrittenen Phase.
Eine ähnliche Niederlage mussten die Gegner der Umweltschutzbewegung noch einmal einstecken, als die USA 1988 – unter der Präsidentschaft Ronald Reagans – überraschend dem Montreal-Protokoll zum Schutz der Ozonschicht beitraten. Das Protokoll war aus ihrer Sicht ein Sündenfall, weil es das erste internationale Abkommen war, das explizit das Vorsorgeprinzip anerkannte. Das Vorsorgeprinzip besagt, dass eine wahrscheinliche Gefahr auch dann abgewendet werden soll, wenn noch keine definitive Gewissheit über ihre Ursachen und ihr Ausmaß besteht.
Zur Geschichte des Büros für Technikfolgenabschätzung siehe Bimber 1996.
Mooney 2005.
Mirowski/Plehwe 2009.
»Neben den Rekordleistungen, die durch Überschallflüge erzielt wurden, ist vor allem der Fortschritt, der in der Luftfahrttechnologie durch die Entwicklung der Concorde und auch der Tu-144 erzielt wurde, so bedeutend, dass bis heute alle Flugzeughersteller hiervon profitieren«, heißt es etwa im deutschsprachigen Wikipedia-Eintrag zu Concorde. Belege für diese Behauptung führt er keine an (abgefragt am 6. Januar 2014).
Edgerton 2006, Seite 21.
Abgebildet in Henkel & Cie. (1976), Seite 51.
Silberzahn-Jandt 1991, Seite 35.
Ebd., Seite 42.
Sofern man über genug Wäsche verfügte. Möglichst selten große Wäsche zu halten, war im frühen 20. Jahrhundert ein Ausdruck von Wohlstand und sozialem Status.
Silberzahn-Jandt 1991, Seite 37.
Ebd., Seite 62.
Silberzahn-Jandt (1991) diskutiert die Frage, ob ein durchschnittlicher Haushalt heute mehr oder weniger Arbeit aufwendet als vor hundert Jahren, auf den Seiten 11 sowie 35 bis 42. Eine Studie, derzufolge der Arbeitsaufwand eines Durchschnittshaushalts der USA für das Waschen im 20. Jahrhundert von sieben auf nur noch eine Stunde pro Woche abgenommen habe, zitiert Lebergott (1993), Seite 51. Wenn aber US-amerikanische Haushalte durchschnittlich mehr als einmal täglich waschen, ist diese Zahl wenig realistisch. Mit der Entwicklung der Hausarbeits-Zeit befasst sich außerdem Schor 1991, Seiten 83 bis 106. Und bei Cowan 1983 sagt schon der Titel alles: »Mehr Arbeit für Mutter«.
Cowan 1983, Seiten 98f; siehe außerdem Hausen 1987.
Rebound heißt in der Energieökonomie der Effekt, dass eine Steigerung der Energieeffizienz unter dem Strich oft keine oder nur geringe Einsparungen, mitunter sogar Mehrverbrauch zur Folge hat. Das liegt daran, dass etwas, was weniger Energie verbraucht, auch weniger kostet und mithin mehr nachgefragt wird (»direkter Rebound«), und dass Geld, das dank höherer Effizienz gespart wird, für anderes ausgegeben wird, was ebenfalls Energie verbraucht (»indirekter Rebound«).
Ein eindrücklicher Aufsatz zur Härte der Wascharbeit ist Hausen 1987.
Zitiert in Henkel & Cie. (1976), Seite 55.
Silberzahn-Jandt 1991, Seite 55.
Ebd., Seite 32.
Shove 2003, Seiten 146 bis 153.
Silberzahn-Jandt 1991, Seiten 40 bis 42.
Dabei werden pro Waschgang durchschnittlich 3,4 Kilogramm Wäsche gewaschen. Shove 2003, Seite 131.
Ebd., Seite 150.
Das Inserat, das unter anderem im Spiegel erschien, zeigte Männer an einer Bartheke mit Schweinemasken, darunter den Text »Nur 10 % unserer Männer wechseln täglich ihre Unterwäsche.« Silberzahn-Jandt 1991, Seiten 74f.
So publiziert der Geograf und Ökonom Ellswoth Huntington 1915 sein Buch Civilization and Climate, in dem er behauptet, die »europäische Rasse« sei aufgrund des europäischen Klimas die leistungsfähigste. Würde man das Klima steuern, könnte man überall das gute europäische Klima, ja sogar ein noch besseres schaffen und die Menschen zu ungeahntem Fortschritt befähigen. – Siehe dazu Shove 2003, Seite 27; Shove stützt sich ihrerseits auf Ackerman 2002.
Die ersten Normen für Raumtemperaturen hat die ASHRAE (American Society of Heating, Refrigerating and Air Conditioning Engineers) erlassen. Heute wird die Annahme, es gebe eine konstante Idealtemperatur, auch innerhalb dieser Organisation kontrovers diskutiert. So zitiert das ASHRAE Journal vom Oktober 2013 in einem kurzen Artikel den Physiologen Michael Sawka, demzufolge Menschen, die sich sommers ausschließlich in klimatisierten Räumen bewegen, die Fähigkeit zur Akklimatisation rasch verlören (ASHRAE 2013).
Ackerman 2002, Seite 123, zitiert nach Shove 2003, Seite 45.
Dass ein Waschmittel sauber wäscht, wird heute vorausgesetzt und muss nicht mehr von der Werbung vermittelt werden. Das dürfte ein Grund dafür sein, dass die weißbekittelten Männer aus der Waschmittelwerbung verschwunden sind.
So war der Schritt vom Holz zur Kohle ein Schritt in die Geldwirtschaft: Der Energieträger Holz stammte meist aus der Nachbarschaft; wer nicht selber Wald besaß, konnte es gegen etwas anderes eintauschen. Kohle dagegen kam von weiter her und wurde nur gegen Geld gehandelt.
Cowan 1983, Seite 65.
Silberzahn-Jandt 1991, Seite 31.
Unter allein lebenden Angestellten (im Englischen: white collar workers, also »Weißkragenarbeiter«) in den Städten war eine simple Technik der Wäschevermeidung weit verbreitet: Wegwerf-Hemdenkragen aus Papier. – Slade 2006, Seite 13.
Ich habe selber als Kind in den 1970er Jahren noch im »Migroswagen« eingekauft, der einmal pro Woche in unser Viertel kam, bis die Migros im Dorf einen Supermarkt eröffnete. Der Schweizer Sozialreformer Gottlieb Duttweiler (1888 bis 1962) gründete die Migros, den heute größten Detailhändler der Schweiz, mit fahrbaren Läden. Erst 2007 hat die Migros ihren letzten Verkaufswagen ausrangiert.
Cowan 1983, Seiten 71 bis 85.
Cowan 1983, Seite 104.
Babywindeln, die ja besonders schmutzig waren, lösten im Gegensatz zu Unterwäsche keine Schamgefühle aus und wurden nicht versteckt. Es scheint, dass sich die »Unschuld« des Babys auf seine Windeln übertrug; sein Schmutzigsein hatte noch nichts Unmoralisches.
Silberzahn-Jandt 1991, Seite 53.
Das Kochen allerdings war eine europäische Vorliebe: Für den amerikanischen Markt gebaute Waschmaschinen konnten meist nur bis 70 Grad waschen, europäische bis 95, und es gab für Hausfrauen, die ihre Wäsche wirklich gekocht haben wollten, auch eigens 100-Grad-Waschmaschinen.
Silberzahn-Jandt 1991, Seite 80.
Ruth Schwartz Cowan schreibt, gestützt auf Erhebungen: »In Haushalten, die besonders gut mit Geräten ausgestattet sind, leisten Männer besonders wenig Hausarbeit.«
Roosevelt 1901.
Fogel 1964.
Fogel 1964, Seite 207.
Es ist bemerkenswert, dass Fogel bei seinem zweiten großen Thema, der Sklaverei, eine andere Position einnahm: Fogel wies nach (und diese Sichtweise gilt heute als akzeptiert), dass die Sklaverei sich am Vorabend ihrer Abschaffung noch rentierte. Damit widersprach er gerade der ökonomistischen These, die Sklaverei sei abgeschafft worden, als sie ökonomisch am Ende gewesen sei.
Wolf 2007, Seiten 37 und 40.
J. Pierpont Morgan, der wichtigste Banker der USA jener Zeit, war ein großer Eisenbahnunternehmer; in Europa entstand beispielsweise die Schweizerische Creditanstalt, die heutige CS, zur Finanzierung der Gotthardbahn.
Radkau 2008, Seite 150.
Ein Untersuchungsbericht des US-Kongresses stellte 1887 fest, dass »ein großer Teil der 4818535 Dollar [der Southern Pacific] benutzt wurde, um die Gesetzgebung zu beeinflussen und den Erlass von Maßregeln zu verhindern, die gegen die Interessen der Eisenbahngesellschaft gerichtet zu sein schienen, und nicht zuletzt, um Wahlen zu beeinflussen.« – Wolf 2008, Seite 52.
Zwischen 1850 und 1871 erhielten die Eisenbahngesellschaften 850000 Quadratkilometer Land geschenkt, 18 Prozent der Fläche der damaligen USA. – Wolf 2008, Seite 61.
Fogel 1966, Seite 655.
Easterbrook 1997.
Es war ein explizites Ziel der US-amerikanischen Sponsoren der Grünen Revolution, politische Alternativen wie Landreformen zu verhindern, da ihnen diese als sozialistisch galten. – Im Übrigen war die Grüne Revolution gerade dort besonders erfolgreich, wo sie nicht so umgesetzt wurde, wie ihre Planer es vorsahen, sondern wo die Bauern und Bäuerinnen sie mit ihrem Erfahrungswissen kombinierten und abwandelten und mithin alternative Entwicklungspfade nicht einfach verdrängt wurden. Siehe dazu Pacey 1990, Seiten 191 bis 194.
Die Grüne Revolution, in Verbindung mit dem Agrarfreihandel, hat die Nahrungsmittelpreise drastisch sinken lassen. Es ist anzunehmen, dass dieselbe Agrarproduktion bei höheren Preisen für mehr Menschen Nahrung böte, weil weniger Fleisch gegessen und weniger verschwendet würde.
Zu alternativen Entwicklungspfaden in der Technikgeschichte im Allgemeinen siehe unter anderem Basalla 1988.
Siehe zur kontrafaktischen Geschichte des Autoantriebs auch Hänggi 2011, Seiten 163 bis 165. – Gute Technikgeschichte des Automobils bieten Sachs 1984, Möser 2002, Merki 2002 sowie Dennis/Urry 2009.
Das erste Auto mit Verbrennungsmotor stellte Carl Benz 1885 vor. Das vermutlich erste Elektroauto baute zwar schon 1834 ein Schmied, kommerziell wurden Elektroautos aber erst in den späteren 1880er Jahren hergestellt. Autoähnliche Fahrzeuge mit Dampfantrieb gab es ebenfalls schon länger, aber erst mit der Umstellung von Kohle auf Petrol als Brennstoff zur Dampferzeugung wurden sie alltagstauglich. Diese Umstellung erfolgte um 1890. Dampfautos galten als besonders zuverlässig, waren aber schwer, weil sie Wasser mitführen mussten, und man musste sie zuerst aufheizen, ehe man losfahren konnte.
Um 1900 betrug die Reichweite eines Elektroautos mit einer Batterieladung rund 35, die eines Autos mit Verbrennungsmotor mit einer Tankfüllung rund 70 Kilometer.
Zitiert in: Motzet 2010, Seite 68.
Elektroautos galten als »Frauenautos«. Das lag auch an ihrer geringeren Reichweite: Es ziemte sich für eine Frau nicht, allein weit zu reisen. – Dass der Verbrennungsmotor Buben jeden Alters mehr zu faszinieren vermochte, dass er besser den Vorstellungen technischer Fortschrittlichkeit entsprach als der Elektromotor, zeigte sich schon daran, dass Autos mit Verbrennungsmotor die Autoausstellungen dominierten, als sie auf der Straße noch in der Minderzahl waren.
Das Zug- und Lasttier, das sowohl in der zeitgenössischen wie in der historischen Literatur den größten Platz einnimmt, war das Pferd, doch bildet das die Realität falsch ab. Neben Pferden waren zahlreiche weitere Tiere im Einsatz – Ochsen, Esel, Maultiere, große Hunde –; vielerorts war noch im 20. Jahrhundert die Kuh das häufigste Zugtier: Die Kuh leistete zwar weniger als ein Ochse, sie gab dafür Milch. Ein Zugtier, das nichts anderes kann als ziehen, konnten sich die wenigsten leisten. Pferde fügten sich bis ins 19. Jahrhundert »schlecht in die bestehenden Hofstrukturen ein«, beanspruchte doch die Futterbeschaffung für ein Pferd 100 bis 150 Arbeitstage pro Jahr: »Eine zunehmende Bedeutung des Pferdes als Zugtier ist erst für das 19. Jahrhundert nachzuweisen.« – Schiedt 2012, Seite 13.
Das »Sicherheits-Fahrrad« war ausdrücklich für Frauen, Geistliche und Alte entwickelt worden; es war unter Radsportlern zunächst verpönt. Erst als sich zeigte, dass man mit dem Niederrad schneller fahren konnte als mit dem Hochrad, gewann es breite Akzeptanz. – Siehe dazu Ebert 2010, Seiten 110 bis 115, sowie Nye 2006, Seite 51.
Wolf 2007, Seiten 126 bis 130.
»Auf dem damaligen Motorisierungsniveau war der Bau von Autobahnen nahezu sinnlos«, schreibt Joachim Radkau (2008, Seite 324). In Deutschland »bezog der Reichsverband der Automobilindustrie um 1930 gegen alle Autobahnbaupläne Position«.
In Westeuropa verkaufte Neuwagen leisten derzeit im Durchschnitt rund 150 PS.
Nye 2006, Seiten 219f.
Der kulturwissenschaftlichen Reflexion ist die Dysfunktionalität der modernen Verkehrsmittel längst aufgefallen. So heißt es in Vom Menschen. Handbuch historische Anthropologie unter »Straße«: »Gegenwärtig wird immer deutlicher, daß die Weiterentwicklung des motorisierten Straßenverkehrs in eine ›Sackgasse‹ führt (…) Sie [die Straße] führt zu einem Verlust des Öffentlichen, indem sie den öffentlichen Raum der Städte belagert, ausfüllt und entwertet. (…) Der Straßenverkehr unterdrückt den Verkehr und die Kommunikation unter Menschen, indem sich der Einzelreisende in seiner Fuhrkabine isoliert (…) Alles in allem erscheint die Straße und deren Ausbreitung als Selbstzweck« (Sting 1997). Und im selben Band unter »Mobilität«: »Der Name Automobil (…) suggeriert Autonomie und Selbstbewegung, wo sich in Wirklichkeit eine motorisierte Prothese zwischen den Menschen und seine Umwelt geschoben hat.« (Piper 1997).
Diehl 1911, Seite 127.
Hofstetter publizierte ihr erstes Buch, Brot, unter dem Pseudonym Gertrud Stauffacher. So heißt eine Figur aus Friedrich Schillers Wilhelm Tell; Hofstetter macht also eine Anleihe bei der konservativ-patriotischen Mythologie.
Schmid/Henggeler 1979 (10. Auflage 2012). Insgesamt sind vom Handbuch 35000 deutsche Exemplare verkauft worden; dazu kommen Übersetzungen in andere Sprachen.
Die Vertreter der biologisch-dynamischen Landwirtschaft konnten auch schon auf eine längere Tradition des Experimentierens zurückblicken; allerdings genügten ihre Experimente nicht wissenschaftlichem Anspruch.
Schmid selber hält keine Tiere mehr, doch weiden die Rinder eines benachbarten Biobetriebs auf seinen Feldern.
In der Schweiz erforschte der Verein Kulinarisches Erbe der Schweiz von 2004 bis 2009 traditionelle Nahrungsmittel, ihre Herstellung, Eigenschaften und Geschichte. Das Forschungsprojekt wurde von Bund und Kantonen finanziert. Siehe www.kulinarischeserbe.ch.
So befasst sich ein FIBL-Forschungsprojekt mit traditionellen Methoden der Tierheilkunde; ein anderes erforscht die entwurmende Wirkung der tanninhaltigen Esparsette – auch das ist altes, aber in Vergessenheit geratenes Wissen: Esparsette heißt wegen seiner entwurmenden Wirkung auf Französisch sainfoin – »gesundes Heu«.
Altieri/Koohafkan 2013.
IAASTD 2009, Seite 211 und 212 der deutschen Ausgabe. – Das Kürzel IAASTD steht für »International Assessment of Agricultural Knowledge, Science and Technology for Development« (Internationales Gutachten landwirtschaftlichen [Erfahrungs-]Wissens, landwirtschaftlicher Wissenschaft und Technik für die Entwicklung). Das K für »Knowledge« (Erfahrungswissen) fehlt in der Abkürzung – man hatte das Kürzel bereits festgelegt, als man realisierte, dass neben Wissenschaft und Technik auch das Erfahrungswissen explizit einbezogen werden sollte.
Knowledge and Learning Center 1998, Seite i.
Tougiani et al. 2009 (ich danke Peter Clausing für den Hinweis).
Zur Geschichte der Agroforstwirtschaft (wie der Landwirtschaft insgesamt) in Afrika siehe Imfeld 2008, insbesondere Seiten 73 bis 74, 102 bis 105 und 137 bis 147.
Tougiani et al. konnten noch keine Ertragszahlen vorweisen; diese Zahlen stammen ebenso wie die Angaben zum Mineraliengehalt der Böden mit Akazien aus Garrity et al. 2010, Seite 207.
Garrity et al. 2007 (ich danke Peter Clausing für den Hinweis).
Dugger 2007.
Hertsgaard 2010.
So zählte man in den USA im 19. Jahrhundert mehr als 7000 Apfelsorten, heute werden weniger als 1000 davon noch angebaut und nur wenige Sorten gelangen in die Supermärkte. Bangladesch kannte einst über 7000 Reissorten, moderne Hochleistungssorten haben die meisten verdrängt. In Sri Lanka sind von 2000 traditionellen Reissorten 100 übrig geblieben. Dabei »leisten« die Hochleistungssorten nur dann mehr als die traditionellen, wenn sie intensiv bewässert und gedüngt werden, und wegen einseitiger Beanspruchung des Bodens sinkt der Ertrag dieser Sorten mit der Zeit. – Thrupp 2000.
IAASTD 2009, deutsche Ausgabe Seiten 217 bis 218.
Flora 1992.
Der Regenwurm galt bis ins späte 19. Jahrhundert allgemein als Schädling. Charles Darwin war mit seiner Studie Die Bildung der Ackererde durch die Tätigkeit der Würmer (1881) einer der ersten, die seine wahre Bedeutung erkannten.
Den Bodenlebewesen widmet sich zurzeit das Nationale Forschungsprogramm 68 in der Schweiz; www.nfp68.ch/D/projekte/bodenbiologie.
Im Juli 2012 musste das Icarda seinen Hauptsitz in Aleppo wegen des Bürgerkriegs aufgeben. Von sämtlichen Proben in der Genbank existierten aber Duplikate im Ausland, schreibt das Icarda.
Hänggi 2004.
Heringer et al. 2013.
Viele weitere Beispiele zeitgenössischer Architekten und Architekten, die »vom Vernakulären lernen«, stellt Frey 2010 vor.
Caminada 2003. Sein Büchlein zur Stiva da Morts leitet Caminada mit den Worten ein: »Fünf Schläge, knapp und trocken – und dann klingen sie zur Melodie, die Kirchenglocken von Vrin. Jeden Morgen um fünf kündigen sie mit ihrem Geläut den neuen Tag an. (…) Dieser rituelle Ablauf wiederholt sich jeden Tag./Das ist Kultur. Der Mensch hat sie hervorgebracht, um die Realität der Schöpfung zu ertragen.«
Ich zitiere Brands Artikel vom Dezember 1972 nach Brand 1974.
Die drei »Androiden« befinden sich heute im Musée d’Art et d’Histoire in Neuenburg. – Siehe auch Chapuis (o.J.).
»Ans Wunderbare grenzt jedoch eine Grotte, die zahlreiche Einbuchtungen und Sitznischen aufweist; diese Anlage übertrifft nun alles, was wir je zu sehen bekamen. Sie ist mit einem Material völlig eingefaßt und ausgekleidet, das, wie es heißt, von bestimmten Bergen eigens hergeschafft und so befestigt wurde, daß die Nägel unsichtbar bleiben. Indem man das Wasser der Grotte in Bewegung versetzt, erzeugt man nicht nur Musik und harmonische Klänge, sondern bewirkt auch, daß sich die vielen Statuen zu regen beginnen und alle erdenklichen Handlungen ausführn, während die ebenso zahlreichen künstlichen Tiere ihre Schnäbel und Schnauzen zum Trinken ins Naß tauchen – und dergleichen mehr. Um so die ganze Grotte zu fluten, bedarf es nur eines einzigen Griffs. Gleichzeitig wird den Gästen aus allen Sitzen Wasser in den Hintern gespritzt. Flieht man dann und flitzt die Treppen zum Schloß hinauf, wird man jede zweite Stufe erneut von tausend Wasserstrahlen besprüht, so daß man völlig eingeweicht im Zimmer oben ankommt – ein Vergnügen, das nicht jedermanns Sache ist.« Montaigne 2014, Seiten 150 bis 151.
Ramelli 1976.
Im arabischen Raum war Heron schon viel länger bekannt. Kalif Harun al-Rashid schenkte Karl dem Großen um 800 eine von Heron inspirierte Wasseruhr, die zu den vollen Stunden eiserne Kügelchen in eine klingende Schale fallen ließ, während Reiter aus verschlossenen Fenstern erschienen und wieder verschwanden.
Beispielsweise Ktesibios von Alexandrien oder Philon von Byzanz, beide 3. Jahrhundert v. Chr.
Zur Geschichte der Automaten siehe Heckmann 1982.
Smith 1972.
Huizinga 1987, Seite 7.
Eine unbestrittene Definition des Spiels existiert nicht, und Huizinga ist mittlerweile in einigen Punkten überholt – unter anderem durch den Ethnologen Gregory Bateson, den Stewart Brand bewunderte. Für unsere Zwecke genügt es, wenn wir von Handlungen sprechen, die nicht das Nützliche oder Notwendige, sondern das Angenehme, Unterhaltsame oder Schöne anstreben. Siehe Gebauer 1997.
Brand 1990, Seite 82.
Bredekamp 2007. – Umgekehrt publizierte Robert Hooke 1665 in seinem Buch Micrographia eine Zeichnung eines Fliegenauges, die Schattierungen aufwies, wie man sie mit den damaligen Mikroskopen gar nicht erkennen konnte. Hier hatte Kunstwissen – das Wissen, wie das Fliegenauge aussähe, wenn man es sehen könnte – den Zeichner befähigt, die Wirklichkeit so präzis abzubilden. Zitiert in Sennett 2008, Seite 269.
Sennett 2008, Seiten 347 bis 349 respektive (zu Loos) 338 bis 346.
Schiller 1793, Neunter Brief.
Brunner 2012.
Brand 1974, Seite 87.
Basalla 1988, Seite 78; Basalla äußert sich allgemein zum Verhältnis von Spiel und Technik im Kapitel »Fantasy, Play and Technology«, Seiten 66 bis 78.
Negroponte 1995. Die Zeitschrift Wired, in der Negropontes Text erschien, wurde unter anderem von Stewart Brand gegründet.
Eine hervorragende ideologiehistorische Einordnung der Bewegung um Stewart Brand leistet Turner 2006; ebenso Morozov 2013.
Rifkin 2011.
Über den Emancipation Day Run von 1896 findet sich in der Literatur wenig Verlässliches. Über den chaotischen Verlauf äußert sich Richardson 1977, Seite 16.
Auch zu den Locomotive Acts findet sich in Literatur und Internet mehr Mythologisches denn Historisches. Zu den Mythologen zählt Lay 1994. Siehe außerdem Richardson 1977, Seiten 13f., sowie Bagwell/Lyth 2002. Die Gesetzestexte selber finden sich nur teilweise in der Internet-Gesetzessammlung des Vereinigten Königreichs (www.legislation.gov.uk).
So schreibt Maxwell G. Lay – ein bücherschreibender Straßenbauingenieur, kein Verkehrshistoriker: »In keinem anderen Land der Welt gab es vergleichbare Einschränkungen. Sie haben die britische Automobilentwicklung während jener Zeit wesentlich beeinträchtigt.« Lay schreibt weiter: »Während der Rest der industrialisierten Welt – durch keinen Red Flag Act1994159162USA