Norbert Bolz
Wer nicht spielt, ist krank
Warum Fußball, Glücksspiel und Social Games lebenswichtig für uns sind
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1. Auflage 2014
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Redaktion: Matthias Michel, Wiesbaden
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Satz: EDV-Fotosatz Huber/Verlagsservice G. Pfeifer, Germering
Druck: CPI books GmbH, Leck
Printed in Germany
ISBN Print 978-3-86881-571-9
ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-692-3
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86414-693-0
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Inhalt
Vorwort
I. Wie geht es dem Homo ludens heute?
Für eine fröhliche Wissenschaft des Spiels
Wer nicht spielt, ist krank
Warum wir in einem Gefühlsvakuum leben
Die Lust am befreiten Unsinn
Warum der Krieg gegen die Glücksspiele scheitert
Was heißt eigentlich »Spielsucht«?
Die Spielverderber aus Politik und Wissenschaft
II. Warum uns Spiele faszinieren
Die Funktionslust des Spielens
Wer schlägt Bayern München?
Der Spieler lebt in zwei Welten zugleich
Die vier Grundformen: Glücksspiel, Wettkampf, Schauspiel, Angstlust
Die Tiefe des Spiels liegt auf seiner Oberfläche
Die leidenschaftliche Verpflichtung durch die Regel
Im Spiel werde ich durch Bindung frei
Warum Spielverderber schlimmer sind als Falschspieler
III. Lob der Zufallsspiele
Der Sex-Appeal des Zufalls
Der absolute Glücksfall
Warum Menschen gegen Automaten spielen
Der Verlierer ist kein Versager
Das Erlebnis schlechthin
Der Jackpot ist die unendliche Chance
Wir wollen betrogen werden
IV. Das Asyl der großen Gefühle
»Das dritte, fröhliche Reich des Spiels«
Wo die großen Gefühle inszeniert werden
Je bequemer das Leben, desto lustloser
Ohne Angst gefährlich leben
Das Spiel ist nicht der Gegensatz zu Ernst
Wie Spielfreude entsteht
V. Sport, Spiel, Spannung
Heroische Männlichkeit aus zweiter Hand
Im Sport findet der Kampf um Anerkennung statt
Der Sport rettet den Körper
Das Spiel ist das Paradies des Wesentlichen
VI. Wir tauchen in die Bildschirme ein
Jeder könnte der Star sein
Wirklicher als die Wirklichkeit
Der Spaß am Exhibitionismus und Voyeurismus
Die Simulation ist das massendemokratische Erlebnis
»Du sollst spielen!«
Der Computer ist das Universalspielzeug
VII. Das Spiel bricht in die Wirklichkeit ein
Die ganze Welt ist eine Bühne
Die Spieltheorie und das Gefangenendilemma
Was heißt Gamification?
Serendipität oder die Freude am X
Warum es Spaß macht, im Kasino des Kapitalismus zu arbeiten
Der Krieg ist ein Computerspiel
VIII. Das elfte Gebot
IX. Was Sie getrost vergessen können
X. Was Sie unbedingt lesen sollten
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Vorwort
Wer nicht spielt, lebt nicht.
Alles, was wirklich wertvoll ist, verdanken wir dem spielenden Menschen: Kultur, Kreativität und Lebensfreude. Früher wussten wir das, und erst als das 19. Jahrhundert die Religion der Arbeit predigte, haben wir es vergessen. Der Komfort der Wohlstandsgesellschaft hat dann vollends die Lust aus unserem Leben ausgetrieben. Hinzu kommt heute eine puritanische Lustfeindlichkeit der Politik, die auch noch unser Privatleben regulieren möchte, weil sie glaubt, besser zu wissen, was gut für uns ist. Indem wir spielen, revoltieren wir gegen diesen Paternalismus.
Spiele faszinieren, weil sie uns ins Paradies des Wesentlichen entführen. Das Wesentliche aber ist nicht das Nützliche! Der Spielplatz ist eine gehegte Lebenswelt, in der alles mit rechten Dingen zugeht. Die Spielregel garantiert eine gute Ordnung, in der man immer genau weiß, was zu tun ist. Und deshalb ist die Spielwelt »besser« als die Wirklichkeit. Faszinierend sind Spiele, weil man als Spieler total fokussiert ist und völlig in ihnen aufgehen kann. Sie bieten das absolute Erlebnis des erfüllten Augenblicks und setzen die großen Gefühle frei, die wir im Alltag gar nicht mehr unterbringen können. Die Spielfreude zeigt uns den Weg zum Glück.
Es ist eine weitverbreitete Dummheit, die aus einer Verkennung der menschlichen Natur entspringt, das Spielen nur im Kontext von »Gesundheit« oder »Lernen« zu diskutieren. Natürlich kann es gesund sein, wenn man Tennis spielt. Und natürlich kann man auch etwas lernen, wenn man World of Warcraft spielt. Aber es geht im Spielen doch um etwas ganz anderes, nämlich um Lebensfreude. Das kann man sich am besten an den Glücksspielen klarmachen. Sie sind spezifisch menschlich. Im Glücksspiel sind alle Menschen gleich, sie lassen sich vom Sex-Appeal des Zufalls faszinieren.
Diese Themen behandle ich in den ersten vier Kapiteln. Die letzten Kapitel greifen die drei Motive auf, die mich dazu gebracht haben, dieses Buch zu schreiben.
Da ist, erstens, meine eigene Spielbegeisterung. Ich bin eigentlich für jedes Spiel zu haben, bei dem es um Siegen und Verlieren geht, und vor allem bin ich ein leidenschaftlicher Fußballfan. Deshalb habe ich dem Sport ein eigenes Kapitel gewidmet, das eigentlich ein Aufruf ist: Rettet die Natur des Menschen!
Da ist, zweitens, die Forschungsarbeit meiner Assistentin Johanna Lange. Sie hat sich auf ein medienwissenschaftliches Gebiet konzentriert, das ich lange sträflich vernachlässigt habe, nämlich die Computerspiele. Dass es hier nicht nur um eine Freizeitbeschäftigung, sondern um ein völlig neues Verhältnis zur Welt geht, habe ich erst durch sie begriffen.
Und da ist, drittens, eine wahrhaft kulturrevolutionäre Bewegung, die sich »Gamification« nennt. Hier verwischen sich die Grenzen zwischen Spielwelt und Alltagswirklichkeit. Man versucht, reale Probleme zu lösen, indem man sie in Spiele verwandelt. Das gilt für die Wirtschaft und die Bildung, aber auch für das Militär.
Dieser Einbruch des Spiels in die Wirklichkeit wird dem spielenden Menschen wieder die Aufmerksamkeit verschaffen, die ihm die moderne Welt vorenthalten hat. Dazu will ich einen ersten Anstoß geben. Die fröhliche Wissenschaft des Spiels, die ich hier biete, ist eine Theorie der Lebensfreude. Und die einfache Botschaft dieses Buches lautet: Wenn du gerne spielst – tu es mit gutem Gewissen!