Hochhinaus & Mittendrin
Herausgeberin
www.tredition.de
© 2014 Hochhinaus & Mittendrin
Umschlagsfoto: Ilse Reichinger
Layout: Sabine Lauffer
Lektorat: Alexandra Abendschein-Gäng, Claudia
Hellstern
Abbildungsnachweis: S. 24 Alexandra Abendschein-
Gäng, S. 44 Stephanie Nykl, S. 54 / S. 90 Ilse
Reichinger, S: 68 Sabine Lauffer, S. 112 Ellen Göppl
Verlag: tredition GmbH, Hamburg
ISBN 978-3-7323-0349-6 Paperback
ISBN 978-3-7323-0350-2 Hardcover
ISBN 978-3-7323-0351-9 e-book
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Inhalt
Vorwort
Knapp unter den Wolken
Ilse Reichinger
Eingesperrt
Ellen Göppl
Nachtspaziergang
Corinna Fronc
Inkognito
Alex Devesper
Konrad
Uta Neumann
Leichtfüßig
Claudia Hellstern
Endlich Licht!
Sabine Lauffer
Günter Braun
Stephanie Nykl
Nachtgeräusche
Claudia Hellstern
Die Frau am Fenster
Ilse Reichinger
Der Macho
Stephanie Nykl
Der Freund und Helfer
Sabine Lauffer
Abitreffen
Ellen Göppl
Das Spiel
Uta Neumann
Nachts um halb zwölf bei den Tonnen
Corinna Fronc
Die Tante im fünften Stock
Ilse Reichinger
Für immer
Uta Neumann
Überraschung
Ellen Göppl
Doppelspiel
Claudia Hellstern
Major Tom
Ellen Göppl
Vorwort
„Sie stieg die Marmorstufen hinauf. Die Hitze war kaum auszuhalten. Schritte hinter ihr kamen näher und dieser Mensch schnaufte und röchelte, dass ihre Angst größer wurde und ihre Schritte schneller. Sie war in Gefahr!“
Es gibt sie, Hochhäuser mit Marmortreppen. Nur in unserem Geschichtenband ist dies eines der wenigen Dinge, die nicht vorkommen.
Sonst kann man fast alles finden. Neben verruchten und dreckigen Hochhäusern gibt es die der feinen Leute. Es gibt Fahrstühle und Tiefgaragen und Balkone.
Und das Besondere an allem?
Dass uns vieles vertraut ist? Dass es von Begierde und Neid erzählt, von Beschütztwerden und Verlassensein, von Eifersucht, Angst und Mut. Von welchen, die ehrlich sein wollen und welchen, die alles geben, um einmal ganz oben zu sein.
Und nicht nur Menschen …
Hoch hinaus bedeutet manchmal auch mittendrin. Vielleicht auch noch mehr!
Viel Spaß beim Entdecken!
Knapp unter den Wolken
Ilse Reichinger
Sie stand wie gebannt, den Kopf leicht geneigt, sie horchte, sie hörte die Rufe von weit unten.
„Rapunzel, Rapunzel, lass Dein Haar herunter!“
Aufgeregt nestelte sie an ihrem Haar und beugte sich nach vorne. Das Haar war zu kurz! Wo war er, der Prinz, ihr Prinz Philipp! Sie war ihm in sein hohes Haus gefolgt. Zusammen waren sie himmelwärts geflogen bis zu seinem Schloss. „Unter den Wolken“, hatte er lachend gesagt. Ja, das wollte sie, unter den Wolken sein!
Am Ende des Flures hatte sie die niedrige Türe entdeckt. Es gelang ihr, sie so weit zu öffnen, dass sie hinaus schlüpfen konnte. Da waren sie, die Wolken, ihre Wolken! Die Rufe wurden lauter. Noch einmal breitete sie ihr Haar aus. Das Haar war zu kurz!
„Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin“, trällerte sie verzückt mit kindlicher Stimme. Erleichtert lachte sie. Jetzt wusste sie es, sie war die Loreley, die Loreley war sie! Eine irrwitzige Freude erfüllte ihr Herz. Wie ein junges Mädchen fühlte sie sich. Hier war ihr Fels, hier konnte sie bleiben!
„Die schönste Jungfrau sitzet. Dort oben wunderbar. Ihr goldnes Geschmeide blitzet, sie kämmt ihr goldenes Haar. Sie kämmt es mit goldenem Kamme.“ Inbrünstig sang sie ihr Lied. Der Schiffer winkte, viele Schiffer winkten. Die Feuerwehrleute hielten nervös das Sprungtuch bereit!
Während sie noch einmal dem Schiffer ihre Haare ausbreitete, sang sie aus vollem Herzen: „Er schaut nur hinauf in die Höh“. Glücklich schloss sie die Augen.
Plötzlich umfassten große harte Hände ihre Taille. Jemand zerrte sie vom Rand des Flachdaches und hielt sie fest umschlungen. Philipp war kreidebleich und brachte vor Entsetzen kaum ein Wort heraus. „Oma, was wolltest Du tun?“