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Die Hauptpersonen des Romans
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PERRY RHODAN – die Serie
Nr. 2786
Der wahre Rhodan
Angriff auf ein Sternenportal – auf eine Lebensader des Atopischen Tribunals
Uwe Anton
Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt
Seit die Menschheit ins All aufgebrochen ist, hat sie eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Längst sind die Terraner in ferne Sterneninseln vorgestoßen, wo sie auf raumfahrende Zivilisationen und auf die Spur kosmischer Mächte getroffen sind, die das Geschehen im Universum beeinflussen.
Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1517 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Milchstraße steht weitgehend unter dem Einfluss des Atopischen Tribunals. Dessen Richter behaupten, nur sie könnten den Weltenbrand aufhalten, der sonst unweigerlich die Galaxis zerstören würde. Auf diese Weise zementiert das Tribunal in der Milchstraße seinen Machtanspruch, während der Widerstand dagegen massiv aufrüstet.
Perry Rhodan und die Besatzung des Fernraumschiffes RAS TSCHUBAI haben in der fernen Galaxis Larhatoon in Erfahrung gebracht, dass das eigentliche Reich der Richter die Jenzeitigen Lande seien. Um dorthin zu gelangen, braucht es aber Atlan als Piloten und ein Richterschiff als Transportmittel.
Da es in Larhatoon kein Richterschiff mehr gibt, muss Rhodan in die Milchstraße zurückkehren. Auf dem Flug dorthin erweist sich jedoch ein fremdes Wesen als DER WAHRE RHODAN ...
Perry Rhodan – Der Unsterbliche geht auf einen gefährlichen Einsatz.
Gucky – Der Mausbiber nutzt seine neuen Kräfte.
Der Schwarze Bacctou – Als Perry Rhodan hat er eine besondere Mission.
Noom Coyforrod – Der onryonische Kommandant begegnet einem unheimlichen Wesen.
Sichu Dorksteiger – Die Ator ersinnt eine besondere Form der Sabotage
RAS TSCHUBAI
17. Mai 1517 NGZ
Der Hetork Tesser!, dachte Nonon-Kior, als Perry Rhodan über eine Wiese genau in seine Richtung schlenderte, und einen Moment lang erfasste ihn kalte Furcht.
Er kannte Rhodan, war von ihm vom Planeten 50.000 gerettet worden. Er hatte für ihn gesprochen und dafür gesorgt, dass Avestry-Pasik sich ihm wieder anschloss. Er sah in ihm einen wertvollen Verbündeten.
Und doch konnte er sich nicht von dem Bild lösen, das er sich vom Hetork Tesser machte. Er kam nicht dagegen an.
Sein Leben lang hatte dieser Begriff ihn in Furcht versetzt. Schon im Kinderhort, dem Hotel Campor-Trasch, hatten ältere Mitschüler ihn in Angst und Schrecken versetzt, indem sie diesen Namen flüsterten und voller Geheimnistuerei erzählten, was der Hetork Tesser den Laren angetan hätte. Später, während seiner Ausbildung, hatte er mehr darüber erfahren, wie jener Perry Rhodan, der in diesem Moment auf ihn zukam, vor Jahrhunderten für den Untergang des Konzils der Sieben maßgeblich gewesen war.
Der Hetork Tesser blieb vor ihm stehen. »Ich freue mich, dass die Proto-Hetosten und die Galaktiker sich einig geworden sind«, sagte er. »Jetzt ist es möglich, konkrete Schritte zu planen. Ich nehme an, die Rückkehr der RAS TSCHUBAI in die Milchstraße ist beschlossene Sache?«
Nonon-Kior sah den Zerstörer von allem fragend an. Was bezweckte der Unsterbliche, der für den Niedergang der Larenzivilisation verantwortlich zeichnete, mit dieser Frage? »Du hast die Konferenz geleitet, Rhodan.«
»Habe ich das? Natürlich.« Rhodan wandte den Blick von Nonon-Kior ab und schaute über Ogygia hinaus, die künstliche Landschaft mitten in der RAS TSCHUBAI. Er wirkte irgendwie geistesabwesend.
»Die Galaktiker akzeptieren den Park mittlerweile«, fuhr der Hetork Tesser nachdenklich fort. »Seine Bedeutung für das innere Gleichgewicht der Besatzungsmitglieder wird immer wichtiger. Sie nutzen die Gelegenheit, ein Stück Heimat unter den Füßen zu spüren. Luft einzuatmen, die wie die zu Hause riecht. Ganz einfach die Seele baumeln zu lassen. Das ist wichtig für Wesen in einem Schiff, das sich unvorstellbar weit von seinem Zuhause entfernt hat.«
Ogygia war eine Idylle, gestand Nonon-Kior sich ein. Weite Wiesen, ein Bach, der plätschernd durch sie verlief, ein paar Bänke, die zum Verweilen einluden, ein Horizont, der in einen scheinbar endlosen Himmel überging ... an einem Ort wie diesem konnte man neue Kraft schöpfen, den Alltag für eine Weile vergessen.
Nicht nur die Besatzung der RAS TSCHUBAI akzeptierte das Angebot, das Ogygia darstellte. Auch die Gäste an Bord, die Angehörigen seines Volkes, reagierten zumindest mit Neugier darauf. Gut ein Dutzend Laren wanderten nun, nachdem bei den langwierigen Verhandlungen der zukünftige Kurs festgezurrt worden war, durch den Park. Sie durchstreiften die Landschaft in kleinen Gruppen, da drei Proto-Hetosten, dort fünf, da vier, da zwei. Verwundert betrachteten sie den Park, dessen Konzept ihnen völlig fremd war.
Unsere Kulturen unterscheiden sich stark voneinander, dachte Nonon-Kior. Die Terraner können sich nicht mit der Vorstellung anfreunden, dass ein Hotel gleichzeitig als Seniorenheim und als Kindergarten dient, und wir haben kein Verständnis dafür, dass man mitten in einer solch hochtechnisierten Umgebung ein Stück perfekt nachgeahmter Natur antrifft.
Perry Rhodan schaute wieder zu ihm. »Was hat das Gespräch ergeben?«
Nonon-Kior bemühte sich, seine Überraschung zu verbergen. War das irgendein terranisches Ritual, dessen Sinn und Zweck so fremdartig war, dass er ihm verborgen blieb? Hatte er sich nicht gründlich genug über die Gepflogenheiten dieser bleichen, großen, schlaksigen, hässlichen Humanoiden informiert, um nun die richtige Antwort zu finden?
Und überhaupt ... hatte Rhodan sich nicht mit Avestry-Pasik zurückziehen wollen, um unter vier Augen die letzten Einzelheiten zu klären?
Vielleicht hatte ihr Gespräch schneller als erhofft zu den erwünschten Ergebnissen geführt ...
Wie soll ich mich verhalten?, dachte der Proto-Hetoste. »Die RAS TSCHUBAI fliegt zurück zur Milchstraße«, sagte er vorsichtig. »Das ist jetzt beschlossene Sache. Und wir Proto-Hetosten haben in der Konferenz mit der Schiffsführung zugestimmt, an Bord zu bleiben. Insgesamt 214 von uns werden in der VERNYS-VERC Quartier beziehen und die Reise in die ferne Galaxis mitmachen, um dort die Vergangenheit unserer Vorfahren in der Milchstraße zu erforschen.«
»Die VERNYS-VERC«, sagte Rhodan nachdenklich, »das ist euer Beiboot, das die RAS TSCHUBAI an Bord genommen hat, oder?«
Ist das ... ein Spiel?, fragte sich Nonon-Kior. Oder eine besonders hinterlistige Methode, sich der Zuverlässigkeit der Proto-Hetosten zu vergewissern? Zuzutrauen wäre es dem Hetork Tesser allemal.
»Ja«, antwortete er zögernd.
Rhodan wandte den Blick wieder ab und runzelte die Stirn. Etwas schien seine Aufmerksamkeit zu erregen. Nonon-Kior schaute ebenfalls in die Richtung.
Die Führungsspitze der Proto-Hetosten und der RAS TSCHUBAI mochte untereinander zwar alles geklärt haben. Aber das bedeutete nicht, dass sich dieses neue Verständnis zwischen Laren und Terranern auch an der Basis durchgesetzt hatte.
Besorgt beobachtete Nonon-Kior, wie fünf Laren auf eine gleich große Ansammlung Terraner traf. Sie verstanden sich nicht besonders gut. Erste laute Wortfetzen drangen zu ihm hinüber.
Kein Wunder, dass wir den Bleichgesichtern nicht vertrauen, dachte der Proto-Hetoste. Es ist alles noch so neu. Dieses Abkommen ... ich habe nicht verinnerlicht, dass wir Verbündete sind und auf einer Seite kämpfen. Ich misstraue ihnen noch immer.
Wie könnte es auch anders sein? Die Terraner waren seit weit über einem Jahrtausend der Feind, der den Hetork Tesser hervorgebracht hatte. Sie hatten das Reich der Laren in den Untergang gestürzt. Glaubte Avestry-Pasik tatsächlich, die Proto-Hetosten würden es akzeptieren, wenn er jetzt verkündete, sie müssten mit dem Feind ein Zweckbündnis eingehen?
Nonon-Kior sah Rhodan besorgt nach, als er langsam in Richtung der Laren und Terraner ging, die sich nun ein Wortgefecht lieferten. Der Hetork Tesser konnte noch so viele Zeichen setzen, seinen guten Willen immer wieder beweisen, Jahrhunderte des festgefügten Glaubens ließen sich nicht innerhalb von einigen Tagen aus den Herzen beseitigen.
Der Lare folgte Rhodan. Er schritt an einigen Besuchern vorbei, bei denen es sich um Besatzungsmitglieder der RAS TSCHUBAI handelte, die meisten davon Terraner. Sie reagierten nicht einheitlich, genau wie die Laren. Einige starrten die Gäste an Bord unfreundlich und ablehnend an, andere schienen sich nicht an ihnen zu stören.
Die Terraner sind nicht so traumatisiert wie wir, dachte Nonon-Kior. Ihre Kultur hat nicht so schwere Schäden erlitten wie die unsrige. Das Konzil der Sieben war für sie nur eine Episode in ihrer Geschichte.
Allerdings wandten die Proto-Hetosten sich auch mit besonderer Inbrunst der Vergangenheit zu. Bei den Terranern mochte das anders sein.
Die Wortfetzen, die zu ihm hinüberdrangen, wurden lauter. Nonon-Kior verstand einige Sätze.
»Der Hetork Tesser hat unsere Zivilisation zugrunde gerichtet!«, rief ein Lare mit äußerst dickem, spiralförmig hochtoupiertem Haar und fahlgelben Lippen.
»Das ist Unsinn!«, entgegnete ein Terraner mit braunem Haar, das ihm deutlich über die Ohren fiel, und einem überheblichen Lächeln auf den Zügen. Nonon-Kior fand es befremdlich, dass er eine Brille trug, die im Verhältnis viel zu groß für sein Gesicht war. »Ihr habt versucht, unsere Heimatgalaxis zu erobern! Glaubt ihr etwa, ihr könntet einfach in eine fremde Sterneninsel eindringen, und deren Bewohner würden euch willkommen heißen und eure terroristische Unterdrückung bejubeln?«
»Wir haben euch die Gelegenheit geboten, Mitglied des Konzils zu werden. Ihr habt engstirnig abgelehnt!«
»Schon mal den Begriff Freiheit gehört, du Vogelnest-Träger? Terraner lassen sich nicht versklaven. Besser, ihr begreift das endlich!«
»Dann begreift ihr besser, welche Chance ihr damals ausgeschlagen habt!«
Der Terraner mit der übergroßen Brille trat einen Schritt auf den Laren zu und plusterte sich vor ihm auf.
Die Situation eskaliert!, dachte Nonon-Kior.
»Und wir halten eine Konferenz ab, bei der wir Gemeinsamkeiten unserer Völker suchen!« Der Terraner spuckte aus. Ein Rotzklumpen landete unmittelbar vor dem Stiefel des Laren im Gras. »Ihr habt euch nicht geändert! Wir werden euch und euer Tribunal noch einmal aus der Milchstraße werfen, und es ist uns gleichgültig, ob eure Kultur dann den zweiten Niedergang erleidet. Ihr seid dreckige Invasoren, mehr nicht!«
Perry Rhodan baute sich zwischen den beiden Streithähnen auf. Instinktiv trat der Lare einen Schritt von ihm weg. »Da liegt ein Missverständnis vor, nicht wahr? Die Kluft zwischen unseren Kulturen ist zu groß, um sie mit einem Schritt zu überwinden. Das wird sich geben. Wenn wir erst gelernt haben, uns gegenseitig besser zu verstehen, werden die Laren begreifen, wieso die Terraner sie als Invasoren betrachtet haben, und die Terraner werden verstehen, was sie den Laren angetan haben, als sie das Konzil der Sieben zerschlugen. Wir brauchen Zeit, um diesen Abgrund zu überbrücken.«
»Das ist Unsinn!« Der bebrillte Terraner versuchte, sich an Perry Rhodan vorbeizudrängen. »Was redest du, Chef? Die Laren haben uns überfallen! Hätten wir noch die andere Wange hinhalten sollen? Hätten wir zulassen sollen, dass sie unsere Frauen und Kinder ...«
»Ich habe damals eingewilligt, die Position des Ersten Hetrans der Milchstraße einzunehmen«, unterbrach Rhodan ihn. »Vielleicht hätte ich das nicht tun sollen. Ich habe versucht, das Beste für alle Völker der Heimatgalaxis herauszuholen, aber ...«
»Du gestehst es selbst ein!« Auch der Lare wollte sich an Perry Rhodan vorbeidrängeln. Er rempelte den unsterblichen Terraner an, schob und zerrte an ihm, doch der wich nicht zur Seite. »Lug und Betrug! Von Anfang an hat uns der Hetork Tesser arglistig getäuscht, und das hat sich über Jahrhunderte nicht geändert! Deshalb ist das Konzil der Sieben untergegangen! Und die Zivilisation der Laren wurde mitgerissen!« Er versetzte Rhodan einen Schlag gegen die Schulter. »Deshalb ...«
Nonon-Kior hörte nicht länger zu. Es kam zu Handgreiflichkeiten! Damit war eine Grenze überschritten. Wollte er Schlimmeres verhindern, musste er sofort eingreifen. Doch er bezweifelte, dass er die aufgebrachten Parteien beruhigen konnte.
Vielleicht war das gar nicht nötig. Ein Roboter raste auf sie zu. Kegelstumpfförmig, ungefähr anderthalb Meter groß, glatter Rumpf, vier Waffenarme mit gewaltiger Durchschlagskraft. Ein TARA-IX-INSIDE!
Nonon-Kior hatte diese Roboter in Aktion gesehen. Sie waren den larischen Kampfrobotern überlegen, agierten in jeder Situation optimal.
Das sagte ihm sein Verstand.
Sein Gefühl sagte ihm etwas anderes.
Der Roboter verharrte fünf Meter über den Laren und Terranern, die aneinandergeraten waren. Während des Flugs hatte er die Waffenarme am Körper angelegt gehabt, nun fuhr er sie aus. In zwei der vier Arme waren je ein Impulsstrahler und eine Intervallkanone eingebaut, die beiden anderen verfügten über Kombistrahler, die im Thermostrahler-, Desintegrator- oder Paralyse-Modus abgefeuert werden konnten.
Nonon-Kiors Herz schlug schneller. Er beobachtete den Anflug des TARAS mit gemischten Gefühlen, misstraute diesen Kampfmaschinen, die lediglich ihrer Programmierung folgten. Was, wenn bei diesem Vorgang ein Fehler geschehen war? Lebewesen passierte so etwas. Ein winzig kleines Versehen, das dazu führte, dass der Roboter die Situation falsch einschätzte und mit unverhältnismäßiger Härte vorging?
Er fühlte, wie das Blut schneller durch seine Lippen schoss, sie ein wenig anschwellen ließ.
Warum fährt der TARA die Waffen aus? Es besteht kein Grund für ihn, sie einzusetzen. Keiner der Beteiligten war bewaffnet; die Galaktiker und die Laren waren übereingekommen, an Bord der RAS TSCHUBAI auf das Tragen von Waffen zu verzichten. Also würde der Kampfroboter keine Gewalt anwenden.
Und wenn doch?, fragte er sich.
Nonon-Kior hoffte, dass er vielleicht zu misstrauisch war, kam aber nicht dagegen an. Voller Unbehagen behielt er den TARA im Blick.
Der Roboter schätzte die Lage richtig ein und reagierte völlig souverän. Er identifizierte zwei Gruppen unbewaffneter Streitender, die mit den Fäusten aufeinander losgingen, und Perry Rhodan stand zwischen ihnen. Seine automatischen Wächterroutinen schrieben ihm vor, was er zu tun hatte. Die Streitenden voneinander trennen, Rhodan aus der Gefahrenzone bringen!
Dazu muss er nicht einmal die Paralysatoren einsetzen!, sagte sich Nonon-Kior. Dennoch wuchs seine Besorgnis.
»Stellt die Kampfhandlungen umgehend ein!«, hallte die Stimme des Roboters warnend durch Ogygia. »Sonst werde ich euch paralysieren!«
Nonon-Kior erkannte, dass es dazu nicht kommen würde. Der TARA erzeugte ein Prallfeld, das die Streitparteien voneinander trennte. Mit sanfter Gewalt wurden sie zurückgedrängt.
Seine besondere Aufmerksamkeit galt dabei Rhodan. Der TARA verhinderte, dass irgendeine Person aus beiden Parteien den Expeditionsleiter berühren konnte. Er erzeugte ein Traktorfeld und zog Rhodan empor, bis er schließlich in gleicher Höhe wie der Roboter schwebte, etwa fünf Meter über den Streitenden.
Der Lare atmete auf.
Natürlich hatte die Programmierung nicht versagt.
Natürlich hatte der Roboter mit der erforderlichen Souveränität und Zurückhaltung reagiert. Er hatte die gefährliche Situation innerhalb weniger Sekunden bereinigt.
Erleichtert trat Nonon-Kior einen Schritt vor.
In diesem Augenblick explodierte der TARA.
*
Ein greller Lichtblitz zuckte durch Ogygia. Nonon-Kior riss die Hände vors Gesicht und schloss geblendet die Augen.
Ich lebe!, dachte er eine Sekunde später verwundert.
Wie konnte das sein? Wie konnte jemand, der nur ein paar Meter entfernt stand, die Explosion eines TARA-IX-INSIDE überlebt haben?
Der Lare nahm die Hände vom Gesicht und öffnete die Augen wieder.
Der Kampfroboter war nicht vollständig explodiert. Lediglich der halbkugelförmige Ortungskopf war zerfetzt worden. An der Verbindung zum Rumpf klaffte ein gezacktes, schwarz verkohltes Loch. Trümmerstücke des metallenen Kopfes waren Dutzende Meter weit geflogen und hatten sich mit gewaltiger Wucht durch alle Widerstände gebohrt, die sich ihnen geboten hatten. Zwei Terraner und ein Lare wälzten sich schreiend auf dem Grasboden, griffen mit den Händen nach Körperstellen, an denen sie Verletzungen davongetragen hatten, versuchten, die Blutungen zu stoppen.
Für einen Moment hing der TARA in der Luft, und wenige Meter vor ihm auch Perry Rhodan. Nonon-Kior vermutete, dass irgendwelche Notfallroutinen die Beschädigungen, die die Positronik des Roboters davongetragen hatte, zu kompensieren versuchten.
Ein lautes Kreischen durchdrang das Stöhnen der Verletzten. Zuerst glaubte der Lare, dass es von einem weiteren Getroffenen stammte, den Trümmer des Ortungskopfs schwerer als die anderen Opfer versehrt hatten, dann wurde ihm klar, dass es von dem TARA selbst stammte.
Perry Rhodan schrie plötzlich auf, wedelte mit den Armen und stürzte zu Boden. Fast gleichzeitig fiel der TARA senkrecht hinab, fing den Sturz einen Meter über dem Rasen Ogygias auf, verharrte eine Sekunde, sackte wieder tiefer und schlug mit einem dumpfen Donnerschlag auf das Gras auf.
Rhodan hatte nicht so viel Glück. Er prallte aus fünf Metern Höhe auf den Boden.
Nonon-Kior rannte los, hin zu Rhodan. Der Terraner lag auf dem Rücken. Er atmete nur flach. Seine Augen waren geöffnet, starrten aber ins Leere, in den vorgetäuschten Himmel über Ogygia, ohne ihn wirklich zu sehen.
Der Lare spürte eine Berührung an der Schulter. Er blickte auf, sah in die Mündung einer Waffe.
»Weg von ihm!«, sagte ein Terraner, der einen SERUN trug. »Steh ganz langsam auf, mach keine plötzliche Bewegung, oder ich werde dich paralysieren!«
»Ich ... ich habe nichts damit zu tun!«, sagte Nonon-Kior. »Der TARA ist explodiert!«
»Sofort!« Der Terraner im SERUN bekräftige seine Forderung mit einer energischen Bewegung der Waffe.
Egal, wie oft ich meine Unschuld beteuere, er glaubt mir ohnehin nicht. Nonon-Kior hob langsam die Hände und richtete sich auf. Es würde sich alles klären. Es gab genug Zeugen. Alle hatten gesehen, dass der TARA plötzlich explodiert war. Wahrscheinlich wurde Ogygia lückenlos überwacht.
Der Terraner legte ein Fesselfeld um ihn, das seine Hände an die Seiten des Körpers zwang, und zerrte ihn vorwärts, weg von Perry Rhodan.
Den Kopf konnte Nonon-Kior noch drehen. Er schaute sich um. Überall wimmelte es von Terranern in SERUNS.
Sicherheitskräfte! Die Laren hätten genauso reagiert und den Ranghöchsten geschützt.
Zwei Aras und drei, vier weitere Terraner in der Kleidung von Medikern drängten sich um Rhodan zusammen, knieten neben ihm nieder, untersuchten ihn kurz, hoben ihn mithilfe von Traktorstrahlen auf eine Antigravtrage. Umringt von SERUN-Trägern stürmten sie aus der weitläufigen Parkanlage.
Weitere Mediker kümmerten sich um die anderen Verletzten der Explosion.
Der Terraner machte eine herrische Bewegung mit der Waffe. »Du kommst mit!«, sagte er barsch, und Nonon-Kior spürte, dass er in die Luft schwebte und von einem Traktorstrahl zu einem Ausgang von Ogygia befördert wurde.
Krankenstation
»Ein Attentat?« Atlan lächelte süffisant. »Die RAS TSCHUBAI scheint ja ein rechter Saustall zu sein, was Ordnung und Disziplin betrifft. Zu meiner Zeit ...«
»... wäre das nicht vorgekommen.« Perry Rhodan schaute von dem Medotank auf, in dem das Wesen lag, das nicht nur so aussah wie er, so dachte und fühlte, sondern sogar glaubte, Perry Rhodan zu sein: der Schwarze Bacctou. »Ich weiß. Wir müssen der Sache auf den Grund gehen. Meldet dein Extrasinn nicht, dass mit diesem Attentat irgendetwas nicht stimmt?«
»Mein Logiksektor sagt mir, dass Avestry-Pasik und seine Leute es gewöhnt sind, Attentate und terroristische Aktionen durchzuziehen. Ich würde mir also zuerst einmal die Proto-Hetosten vorknöpfen.«
Bis auf die Wanne mit der Heilflüssigkeit und die Phalanx der Überwachungsgeräte war dieser Raum der Medosektion völlig leer. Rhodan hatte ihn ausräumen lassen. Die Sicherheit des Schwarzen Bacctou hatte Priorität. Zutritt hatten nur einige Mediker.
Der Pseudo-Rhodan trieb in einer milchigen Flüssigkeit. Nur sein Gesicht schaute daraus hervor. Man hätte ihn vollständig in die Heil- und Nährlösung legen können, doch am Kopf hatte er keine Verletzungen davongetragen, wie die Untersuchungen ergeben hatten.
»Wir haben die Laren festgenommen«, sagte Rhodan. »Sie werden gerade verhört. Genügt das dem Kristallprinzen nicht? Schlägt er eine hochnotpeinliche Folter vor?«
Atlan schritt hinter Rhodan auf und ab. »Der Kristallprinz benötigt seinen Extrasinn nicht, um ein paar wichtige Fragen zu stellen. Zuerst einmal die ...«
»... nach dem Motiv«, kam Rhodan ihm zuvor. Es war erstaunlich, wie gut sie einander verstanden. Sofort war die alte Vertrautheit zwischen ihnen wieder da. Rhodan hatte nicht den Eindruck, dass Atlan Jahrzehnte fort gewesen war, sich um die Wiederherstellung der Superintelligenz ES gekümmert hatte. Dass deren Bruder TALIN im Erwachen begriffen war, hatte Rhodan bereits bei seinem letzten Besuch in Far Away erfahren. Der Kugelsternhaufen sowie die Galaxis Anthuresta, der er vorgelagert war, gehörten seit der Teilung von ES zu TALINS Mächtigkeitsbereich.
Rhodan fragte sich kurz, wie es Eritrea Kush seit seiner Rückkehr in die Milchstraße ergangen war. Das lag nun auch schon vier Jahre zurück. Am meisten freute ihn, dass Yarron Odac den Weg in die Milchstraße gefunden hatte.
Das Auftauchen der Onryonen und das Ende des Polyport-Systems hatten einen Strich durch seine Pläne gemacht, Eritrea möglichst bald wieder zu besuchen. Es war in der Tat ein Abschied für lange Zeit gewesen, wie er es aus irgendeinem Grund schon damals befürchtet hatte.
»Genau«, sagte der unsterbliche Arkonide. »Das Motiv. Ich sehe jedenfalls keines. Der Zellaktivator deines Doppelgängers kann es ja wohl kaum sein, oder?«
Rhodan atmete tief ein. Der Geruch nach antiseptischen Säuberungsmitteln stieg ihm in die Nase und verursachte leichtes Unbehagen. Eine Kindheitserinnerung, die er nie losgeworden war. Krankenhäuser, Medostationen und er – das war so eine Sache. Seit den Besuchen bei dem komatösen Gucky war es sogar schlimmer geworden.
»Nein. Natürlich könnte jemand Interesse am Zellaktivatorchip meines Doppelgängers haben. Aber eine so heftige Explosion ist nicht gerade das geeignete Mittel, wenn man einen unversehrten Zellaktivator rauben will ...«
»Vielleicht ist etwas schiefgegangen.« Atlan zeigte wieder das süffisante Lächeln. »Spielen wir das Szenario im Geiste durch. Einer der Proto-Hetosten hat Interesse am Zellaktivator deines Doppelgängers und manipuliert den TARA. Er bringt eine Sprengladung mit Zeitzünder an. Dann beschwören seine Helfer eine Situation herauf, bei der der Pseudo-Rhodan angegriffen wird und der TARA zu seiner Verteidigung anrückt. Unser Attentäter kann nicht wissen, was genau in der Sekunde passiert, in der die Bombe explodiert. Um nicht in Verdacht zu geraten, ist er selbst nicht anwesend. Dein Doppelgänger wird schwer verletzt und ...«
Rhodan schüttelte den Kopf. »Das passt vorn und hinten nicht zusammen. Ich verstehe deine Vorbehalte gegen die Laren, teile sie aber nicht. Wenn jemand einen Zellaktivator stehlen will, lässt er sich nicht auf einen Plan ein, der unkalkulierbare Risiken beinhaltet.«
Atlan dachte kurz nach. »Wir brauchen einen neuen Ansatz«, pflichtete er Rhodan bei. »Wir wissen nicht einmal, ob der Anschlag tatsächlich dir galt oder dem Pseudo-Rhodan. Du hast ihm nach der Rückkehr von der CHEMMA DHURGA eine Bewegungsfreiheit zugestanden, die ich ihm nie gewährt hätte. Diese Kurzsichtigkeit rächt sich nun. Wenn der Attentäter den Doppelgänger für dich gehalten hat, kommen ganz neue Motive ins Spiel. Haben wir uns am Ende mit den Proto-Hetosten ein Kuckucksei an Bord der RAS TSCHUBAI geholt? Hegt einer von ihnen solch einen Hass auf den Hetork Tesser, dass er bereit ist, selbst zu sterben, wenn die Bombe explodiert? Dann erweitert sich der Kreis der dringend Tatverdächtigen auf die Laren, die sich in Orygia aufgehalten haben, als es zu der Explosion kam.«
»Wie kann jemand einen TARA manipulieren?«