15 Jäger der verlorenen Schätze

Jäger sammeln Trophäen, um sie stolz Freunden und Bekannten zu präsentieren. Wer durch das Unterholz pirscht, Fährten folgt, Verstecktes im Visier, die Kamera schussbereit im Anschlag, möchte seine Treffer ebenfalls darbieten, auch wenn die meist schon waidwunden Gejagten selten flüchten können. Das Internet bietet Jägern und Meute breiten Raum, ihre Jagderfolge herzuzeigen.

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56 mm | f/11 | 8 s | ISO 400

"Trophäen im Salon eines alten Hotels."

Jagdgründe

Von geübten und begabten Bilderjägern kann jeder Frischling noch viel lernen. Zum Glück sind die meisten Fotografen sehr zeigefreudig und verbergen ihre Beute nicht im Dunkel der heimischen Festplatte. Urbex-Blogs und Fotografen-Homepages künden in großer Zahl vom Jagdglück mit der Kamera. Die folgende Auswahl interessanter Webseiten zur Themenwelt dieses Buchs erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.


www.abandonedplaygrounds.com

Auf dieser englischsprachigen Plattform finden Sie tolle Lost Places aus allen Teilen der Welt, dargeboten mit Ausschnitten aus Satellitenaufnahmen samt Koordinaten. Falls Sie also mal wieder in der Antarktis unterwegs sind, führt Sie diese Seite beispielsweise zum Wrack eines Flugzeugs, das dort 1970 eine Bruchlandung hinlegte. Dazu gibt es viele Buchempfehlungen zum Thema Urban Exploration.


www.altesteine.blogspot.de

Eva Adamek unternimmt Reisen zu sagenhaften und mystischen Orten und fotografiert Friedhöfe und Ruinen.


www.artofdecay.com

Die Seite des niederländischen Fotografen Paul Jaspers präsentiert wundervolle Fotos von verlorenen Orten, überwiegend fotografiert in Europa und Asien. Die Seite trägt ihren Namen zu Recht.


www.blitzlichtkabinett.de

Stefan Haas, Hobbyfotograf aus dem Saarland, präsentiert seine umfangreiche Raritätensammlung, darunter viele Lost Places und Friedhöfe, nach Bundesländern sortiert. Auch Locations in Belgien, Frankreich und Luxemburg werden vorgestellt.


www.david-pinzer.de

Der Fotograf David Pinzer aus Dresden, der in diesem Buch ein Interview gibt, zeigt auf seiner Homepage nicht nur hervorragende Bilder verlassener Orte, sondern auch grandiose Landschaftsaufnahmen und einfühlsame Porträts.


www.derelinquo.de

Christian Sünderwald aus Chemnitz fotografiert deutschlandweit Lost Places und präsentiert sie hier überwiegend in Schwarz-Weiß.


www.explorerviews.de

Ben Schreck zeigt neben sehr schönen Bildern von Verfall und Untergang auch großartige Baumriesen, Landschaften und Tierbilder.


www.hic-sunt-dracones.de

„Carolina´s Castle Collection“ ist sehr interessant und vielseitig und führt zu großartigen und geheimnisvollen Burgen, Kirchen und Klöstern.


www.kraftort.org

Hier finden Sie ein umfangreiches Verzeichnis mit Kraftorten und Kultplätzen in Deutschland, geordnet nach Bundesländern. 


www.leerstehende-baudenkmale.de

Eine umfassende Dokumentation zu leer stehenden Schlössern, Herrenhäusern und anderen verlorenen Orten im Großraum Halle/Leipzig gibt es auf dieser Seite.


www.lipinski.de

Der „Spurensammler“ Klaus Lipinski hat eine sehr umfangreiche und sehenswerte Sammlung von eigenen Bildern verfallender Orte in ganz Europa zusammengetragen.


www.lost-places.com

Dies ist das Forum einer Fotografengruppe, die eine stattliche Kollektion interessanter Fotos von Lost Places in ganz Europa zusammengetragen hat, nach Ländern und Kategorien geordnet.


www.marodes.de

Marc Mielzarjewicz aus Halle an der Saale hat mit seinen knackigen Schwarz-Weiß-Aufnahmen schon mehrere Bücher gefüllt, die zu Lost Places im Osten Deutschlands führen. Auf seiner Homepage findet man eine Vielzahl weiterer großartiger Locations und Fotografien. Dieses Buch enthält ein Interview mit ihm.


www.neverends.net

Französisches Urbex-Blog, auf dem auch in Lost Places inszenierte Fotoszenen gezeigt werden.


neviges-foto.de

Martin Horn fotografiert bevorzugt marode Industrieanlagen und alte Bergbauanlagen, aber auch verlassene Villen und rostende Fahrzeuge. Ein Interview mit dem Amateurfotografen finden Sie in diesem Buch.


www.rottenplaces.de

Eine sehr umfangreiche Seite, auf der mehrere Fotografen mittlerweile über 16.000 Bilder von Hunderten Lost Places präsentieren, überwiegend in Schwarz-Weiß. Hier gibt es auch ein Diskussionsforum, ein Lexikon, Videos und ein Blog.


www.ruinenland.de

Auf seiner Homepage zeigt Andy Winkler aus Worms seine Fundsachen aus drei Jahrzehnten Fotoaktivität in Ruinen und verlorenen Orten in ganz Europa: mehr als 500 Burgen und über 600 Lost Places!


www.wandelwelten-photografie.de

Nicole Staniewski zeigt in ihrer Internetgalerie viele eindrucksvolle Bilder von Lost Places aus halb Europa, überwiegend gekonnt umgesetzte HDR-Aufnahmen.


www.urbex-online.de

Auch Thomas Deicke aus Saarbrücken ist ein sehr talentierter und umtriebiger Amateurfotograf, der auf seiner Homepage fantastische Aufnahmen zeigt, neben maroden Orten auch Friedhöfe in Deutschland, Frankreich und Belgien. Eine tolle Seite.


Danksagung

Während der Recherchen für dieses Buch und meine Exkursionen in die Welt des Maroden und Morbiden haben mir die hier aufgeführten Internetseiten mit vielen wertvollen Informationen und Inspirationen beste Dienste geleistet. An dieser Stelle möchte ich mich bei all diesen Urbexern und Fotokünstlern ausdrücklich bedanken!

Mein Dank gilt auch den Location-Eigentümern und -Verwaltern, die so freundlich waren, ihr Einverständnis zu geben, ihren Grund und Boden zu betreten und die dort fotografierten Bilder zu veröffentlichen.

Urbexhibitions

Urban Explorations und die Erkundung mystischer Stätten führen stets in die Vergangenheit. Die gefundenen Relikte werden fotografisch für die Zukunft dokumentiert. Präsentieren können Sie die digitalen Trophäen Ihrer Pixelpirsch in den Netzwerken und Internetportalen der Gegenwart. 

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30 mm | f/11 | 1,6 s | ISO 400

"Lost Macs – gesammelt in einem unbewohnten Haus."

Im Webportal fotocommunity.de finden Amateurfotografen eine große Plattform, um eigene Werke den Besuchern des Portals zu zeigen und zur Diskussion zu stellen. Morbide Orte gehören hier in die Sektion Architektur, die Untersektionen für Marodes, Friedhöfe und Sakralbauten bietet. Alte Bäume dagegen stellt man in die Sektion Natur, Untersektion Bäume ein.

Auf flickr.com ist die Community internationaler und das eingestellte Bildmaterial professioneller. Sucht man mit dem Schlagwort „Urbex“ nach Fotos aus dem Dunstkreis des Verfallenden, findet man jedoch auch eine überraschend hohe Zahl von Bildern, die Urbexer mit aufgesetzten Gasmasken zeigen. Auf Facebook, Instagram und Pinterest findet man ebenfalls Bilder und Usergruppen zum Thema, kann dort eigene Fotos einstellen und seinen Senf dazugeben, wenn man mag.

Natürlich sind in den Internetportalen und sozialen Netzwerken nicht nur interessierte Fotofreunde unterwegs, man muss auch mit einigen unqualifizierten Kommentaren von Usern rechnen, die vermutlich schon mit der Fototechnik ihres Handys überfordert sind. Es gibt sogar einen simplen Trick, die Anzahl der Klicks auf selbst eingestellte Bilder rasant zu erhöhen: Je mehr nacktes (selbstverständlich junges weibliches) Fleisch auf einem Foto zu erspähen ist, umso heftiger wird es angeklickt.

Sind Sie daran interessiert, dass andere Fotofans Ihre Werke nicht nur betrachten und kommentieren, sondern bei Gefallen auch käuflich erwerben können, stellen Sie diese am besten auf einer Plattform wie fineartprint.de ein. Dort werden sie von der Community bewertet und bei Gefallen in den Bildkatalog aufgenommen. Künftig werden Ihre Bilder Kaufinteressenten angeboten, die in solchen Shops nach geeignetem Wandschmuck in allen Dimensionen und Ausführungen suchen. Haben Sie genügend gutes Material, können Sie auch einen eigenen Bildershop einrichten.

Reich werden Sie auf diese Weise sicherlich nicht. Urbexen ist ja keine Profession, sondern reine Passion. Freude am Entdecken, Spaß am Fotografieren, Lust auf ausgefallene Motive, Interesse am Außergewöhnlichen und der Mut, ausgetretene Pfade zu verlassen, prägen dieses Hobby abseits vom kulturellen Mainstream. Wer anders sein will, ist hier genau richtig.

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18 mm | f/11 | 1 s | ISO 200

"Meine Assistentin im Meer der hölzernen Wellen."

Vorwort

Fotografen lieben morbide, mystische Orte. Orte mit Geschichte. Orte mit Geheimnissen. Verwunschene, verborgene, verfallene, manchmal schon vergessene Orte. Orte, die mehr Fragen aufwerfen als Antworten feilbieten. Orte, an denen man nicht nur großartige Bilder fotografieren kann, sondern dabei stets auch Sinnbilder der Vergänglichkeit einfängt. Orte, die den Fotografen vor die Herausforderung stellen, nicht nur Oberfläche, sondern atmosphärische Tiefe abzubilden, den morbiden Touch der Location in berührende Motive einfließen zu lassen. Magische Orte eben.

Dieses Buch ist eine fotografische Exkursion in spannende Parallelwelten, zu finden überall und nirgendwo, prominent oder ignoriert, ein Ausflug zu Orten zwischen berühmt und geheim, zwischen Touristenmagnet und abstoßendem Schandfleck. An diesen Locations kommt es auf den Blickwinkel an, technisch, mental und emotional. Und auf Ihr Know-how, damit Ihnen nicht auch noch das Ergebnis Ihres Fotoshootings die Haare zu Berge stehen lässt. Wohlige Schauer sind natürlich erwünscht, bevorzugt ausgelöst durch eine gekonnte Bildbearbeitung. Tipps und Tricks dazu finden Sie ebenfalls in diesem Buch.

Auch gestandene Urbexer finden in diesem Buch hoffentlich noch einige Anregungen. Manche szenebekannte Location werden sie allerdings vermissen. Das hat simple Gründe: Als Autor dieses Buchs trage ich die Verantwortung dafür, dass ich durch meine Fotos nicht die gesetzlichen Rechte Dritter verletze. Erteilt der Eigentümer einer Location keine Genehmigung, dort zu fotografieren, kann ich leider keine Bilder dieses Orts zeigen. Einige öffentliche Einrichtungen, die ich gern als lohnende Fotomotive genannt und gezeigt hätte, musste ich ebenfalls aus diesem Werk streichen, weil die zuständigen Stellen Gebühren dafür kassieren wollten, dass ich diese Locations hier vorstelle.

Zum Glück bietet Deutschland trotz Ordnungswahn und Vorschriftendschungel ein fantastisches Kaleidoskop maroder Bauten und geheimnisvoller Orte. Und bestimmt wartet noch so manches vergessene Motiv dort draußen darauf, von mir oder von Ihnen wiederentdeckt zu werden.

Abenteuerspielplätze für Fotografen

Mitten in einem verwilderten Park stehen verborgen die brüchigen Mauern eines einstmals stolzen Schlosses. Tote Fenster, sieche Säulen, eingestürzte Decken, abgelagerter Müll. Dazwischen vermutlich Mäuse, Ratten, verwesende Taubenkadaver. Eine verlassene Ruine, um die sich niemand zu kümmern scheint. Betreten auf eigene Gefahr.

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13 mm | f/11 | 1/30 s | ISO 200 | Color projects

"Was für ein großartiges Motiv – da hüpft das Fotografenherz!"

Das Abenteuer lockt

Manchmal sind die reizvollsten Spielplätze für Fotografen bekannte Ausflugsziele, wie beispielsweise der Landschaftspark Duisburg-Nord auf dem Gelände eines ehemaligen Hüttenwerks. Meistens jedoch liegen die tollsten Locations abseits der touristisch erschlossenen Wege, oft nur erreichbar über Trampelpfade, häufig auch hinter Zäunen und Mauern verborgen. Verschwiegen, vergessen, verboten – den größten Nervenkitzel garantieren Orte, die der gemeine Spießbürger und ordnungsheischende Beamte am liebsten von der Landkarte tilgen möchte. Da das glücklicherweise häufig nicht so einfach ist, werden die Objekte möglichst „unsichtbar“ gemacht – Hinweise entfernt, Bauzäune aufgestellt, der Schilderwald aufgeforstet. So paaren sich vielerorts Gerüchte, Horrorgeschichten und der fortschreitende Verfall mit dem Reiz des Verbotenen. Ob Sie nun von Forscherdrang, der Sucht nach dem Adrenalinkick oder dem Spaß an einer Schatzsuche mit der Kamera getrieben werden, möglicherweise Grenzen zu überschreiten und gesperrtes oder gefährliches Terrain zu erkunden, sollten Sie sich immer bewusst sein, was Sie da tun und welche Risiken Sie dabei eingehen.

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10 mm | f/10 | 1/125 s | ISO 200 | Color projects

"In maroden Fabrikanlagen wie dieser lauern viele Gefahren, der Zutritt ist deshalb verboten."

Morbides, Marodes und Mystisches

In Ruinen und auf Friedhöfen spürt man intensiv den – manchmal auch recht übel riechenden – Hauch der Vergangenheit, fotografiert nicht nur Oberflächen, sondern die Tiefe der Zeit. Hinter staubigen Türen und trüben Fenstern erhoffen sich entdeckungsfreudige Fotografen spannende Locations und großartige Motive, trotz des Risikos, im Zweifel in einer schäbigen Müllhalde zu landen, die von außen zu viel versprach. Abenteuerliche Entdeckungsreisen in unbekannte, mitunter sogar gefährliche Welten sind überall möglich, sogar mitten im ansonsten so aufgeräumten und sterilen Deutschland. Alle Aufnahmen in diesem Buch sind ausschließlich in deutschen Landen fotografiert mit Ausnahme einiger Motive, die die Interviews mit Urbex-Fotografen illustrieren. Man muss also keine Expeditionen in ferne Gestade starten, um grandiose Bilder zu machen, sondern nur die Augen öffnen und einfach mal in heimische Ecken schauen, die man bisher übersehen oder schlichtweg ignoriert hat. Morbides, Marodes und Mystisches findet man oft hinter hohen Mauern, hässlichen Bauzäunen, dichten Hecken, oft auch mitten im Wald. Die Suche nach geeigneten Motiven ist genauso spannend wie das eigentliche Shooting und die spätere Bildbearbeitung.

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13 mm | f/7,1 | 1/30 s | ISO 400 | Color projects

"Diese Tür sollte man besser nicht öffnen."

Faszination und Ästhetik des Verfalls

Einige der schönsten Städte der Welt wie Wien oder Venedig verdanken ihre Attraktivität hauptsächlich ihrem morbiden Charme. Hätte man die Lagunenstadt aufwendig saniert, gesichert und frisch gestrichen, wäre sie nur noch eine bunte Touristenfalle ohne Seele. So aber hält man in jedem Bild der Serenissima nicht nur deren glorreiche Vergangenheit, sondern auch den drohenden Untergang fest. Morbide Motive spiegeln die Vergänglichkeit. Mystische Motive dagegen spiegeln die menschliche Sehnsucht nach der Ewigkeit. Zwar müssen Locations, denen mystisches Flair nachgesagt wird, nicht zwangsläufig auch optisch eindrucksvoll sein, doch oftmals findet man Transzendenz in der Existenz von alten Gemäuern und alten Wesen, deren Dasein in dieser Welt unsere Lebens- und Erfahrungsspanne weit übertrifft – beispielsweise in uralten Bäumen. Schönheit liegt bekanntlich immer im Auge des Betrachters. Sieht der eine eine üble Narbe im geordneten Stadtbild, eine Gammelbude, ein Rattenloch, das möglichst bald beseitigt werden sollte, sieht der andere – also vermutlich Sie und ich – dort eher einen verborgenen Schatz im Meer der langweiligen Uniformität, ein interessantes Fotomotiv, eine vielversprechende Location.

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10 mm | f/11 | 1/125 s | ISO 200

"Eine gewaltige Ruine ist das beliebteste Reiseziel in Deutschland für Touristen aus aller Welt. Das Heidelberger Schloss, vor mehr als 300 Jahren zerstört, lockt sogar mehr Besucher an als das intakte Schloss Neuschwanstein."

Irrationale Architekturfotografie

Die meisten morbiden Orte, eigentlich alle Lost Places, sind Bauwerke im Zustand mehr oder weniger fortgeschrittenen Verfalls. Grundsätzlich fallen also die fotografischen Arbeiten auf diesem Gebiet vermutlich unter die Rubrik „Architekturfotografie“. Vom technischen Standpunkt aus macht es keinen Unterschied, ob das zu fotografierende Gebäude neu erbaut oder alt und marode ist. Inhaltlich aber ist der Unterschied zwischen herkömmlicher Architekturfotografie und der Abbildung morbider Bauwerke fundamental.

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24 mm | f/11 | 1/160 s | ISO 200 | Silver projects

"Ein ehemaliges Hotel, im strömenden Regen fotografiert und per Software in ein emotionales Bild verwandelt, das ebenso alt scheint wie das Gebäude selbst."

Eine normale Aufnahme im Architekturbereich erfordert die rationale, möglichst exakte Darstellung gebauter Struktur. Bilder morbider Bauten dagegen vermitteln eher Irrationales. Stimmungen, Ängste, Neugierde, Geheimnisse, Klage, wohliges Gruseln. Das ist das Schöne und Besondere an der Fotografie von Ruinen und gespenstigen Orten: Formale Konventionen gibt es kaum. Der Interpretations- und Experimentierfreude der Fotokünstler sind fast keine Grenzen gesetzt.

Trotzdem stellen solche Bildwerke gehobene Ansprüche an die technischen Fähigkeiten der Fotografen. Oft unter Zeitdruck muss man in unsicherer Umgebung sein Werkzeug ebenso sicher beherrschen wie die Regeln eines gekonnten Bildaufbaus, sonst ist eher das fertige Bild zum Gruseln als das Motiv darauf.

Stimmungsmache am Computer

Auf den in diesem Buch behandelten Abenteuerspielplätzen für Fotografen kann man Verwunschenes und Verfallenes zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter interessant ablichten, selbst bei Regen und dichtem Nebel. Nicht immer findet man jedoch geeignete oder erhoffte Lichtstimmungen vor. Hat man Pech während des Shootings, erhöht vielleicht erst später eine gekonnte Bearbeitung das matte Bildchen zum mystischen Kunstwerk. So ist denn auch die Bildbearbeitung in diesem Segment der Fotografie (und in diesem Buch) von besonderer Bedeutung.

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35 mm | f/11 | 1/400 s | ISO 200

"Mit einem kleinen Eingriff in das ursprüngliche Bild – schauen Sie genau hin – erwacht das alte Dampfross scheinbar wieder aus dem Dornröschenschlaf."

Am Computer werden Bildstimmungen vertieft oder gar erst erzeugt. Schon bei der Aufnahme sollte man dabei bestimmte Bearbeitungstechniken einkalkulieren und entsprechend vorgehen. Ob ich eine Belichtungsreihe für eine HDR-Aufnahme mache, „Fleisch“ um das Motiv einkalkuliere für das spätere Aufrichten stürzender Linien oder absichtlich unterbelichte, um in der Nachbearbeitung spezielle Effekte zu erzielen, setzt immer voraus, dass ich diese Methoden kenne und auch richtig anzuwenden vermag.


Dieses Buch will Ihnen Mittel und Wege aufzeigen, aus altem Gemäuer neue Fotowelten zu erschaffen – ohne jedes Hexenwerk.

2 Urbexer, Geisterjäger und Vandalen

An vielen verlorenen Orten, die scheinbar der Welt entrückt und sich selbst überlassen im Abseits stehen, werden Sie bald feststellen, dass Sie dort selten der Einzige sind, der durch das Unterholz schleicht. Sind es Gespenster, die Geister der Verstorbenen, die im Skelett des Bauwerks knistern, das Sie soeben erkunden? Bevor Ihnen der Schweiß auf die Linse tropft und die Kamera aus den zittrigen Händen plumpst, seien Sie versichert: Gespenster rufen nicht „Was machen Sie denn da?“ oder „Wo wollen Sie denn hin?“.

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24 mm | f/11 | 1/100 s | ISO 200 | Color projects

Ein Urbexer bricht aus dem Unterholz."