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Irmgard Weth

NEUKIRCHENER BIBEL
DAS ALTE TESTAMENT

neu erzählt und kommentiert

Vorwort

„Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise

geredet hat zu den Vorfahren durch die Propheten,

hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn.“

Hebr 1,1

Was ist das Geheimnis der Bibel? Worin liegt ihre eigentümliche Faszination? Warum werden Menschen bis heute von ihrer Botschaft ergriffen? Es ist das Zeugnis von dem Einen Gott, der auf vielfache Weise zu Menschen gesprochen hat und spricht. Es ist das eine Wort Gottes, das verborgen die ganze Geschichte der Menschheit durchzieht und in Jesus Christus seine Mitte hat. Alle Erfahrungen der Menschen, Freude und Leid, Hoffnung und Enttäuschung, Zeiten der Gottesnähe und Zeiten der Gottesferne, sind von diesem Wort umschlossen.

Das ist die verheißungsvolle Botschaft, die das Alte Testament für uns bereithält. Zu Unrecht trägt dieser Teil der Bibel den Namen „Altes“ Testament. Er ist durch das Neue Testament weder überholt noch widerlegt. Vielmehr führt er uns an den Anfang und auf den Grund unseres Glaubens zurück und lädt dazu ein, die Botschaft der Bibel ganz neu und von Anfang an zu buchstabieren. Dabei werden wir die überraschende Entdeckung machen, dass der Gott des Alten Testaments – entgegen vielen Vorurteilen gegenüber dem sog. „alttestamentarischen Gott“ – ein Gott der Liebe ist. „Wo ist solch ein Gott, wie du bist?“, ruft der Prophet Micha aus, überwältigt von Gottes vergebender Liebe (Mi 7,18). Und staunend bekennt die Gemeinde in den Psalmen: „Wer ist wie der Herr, unser Gott, der oben thront in der Höhe und der den Geringen aufrichtet aus dem Staub?“ (Ps 113,5–7). Es ist das Staunen über den Weg Gottes, der in die Tiefen der Menschheit herabsteigt und den Menschen nahekommt. Das ist die gute Nachricht, das „Evangelium“ des Alten Testaments, das zu Recht auch das „Erste Testament“ genannt wird. Es ist der verborgene Schatz, den es in diesem alten Buch neu zu entdecken gilt. Der Vater Jesu Christi ist kein anderer Gott als der, „der Himmel und Erde geschaffen hat“, und der sich seinem Volk als „der Herr, dein Gott“ offenbart hat (Ex 20,2).

Der vorliegende Band möchte die Leserinnen und Leser mit auf den Weg nehmen, den die Schriften des Alten Testaments selbst vorgeben. Auf diesem langen, aber lohnenden Weg will er uns die Botschaft dieses alten Buchs neu erschließen. In Entsprechung zu den drei großen Kapiteln des Alten Testaments – Geschichtsbücher, Prophetische Bücher und Lehrbücher – beschreibt er den Weg des Wortes Gottes in drei Schritten: (1) Gottes Wort in der Geschichte seines Volkes, (2) Gottes Wort im Wort der Propheten, (3) Gottes Wort in der vielstimmigen Antwort der Gemeinde auf sein Wort.

Dabei sind vorweg zwei grundlegende Fragen zu klären:

(1) Wie soll in diesem Band von Gott geredet werden? Gott hat sich Mose mit seinem Namen offenbart (Ex 3,14) und bleibt doch der Unfassbare, der sich dem Zugriff des Menschen entzieht. In jüdischer und auch in christlicher Tradition wird dem dadurch Rechnung getragen, dass der Gottesname JHWH nicht ausgesprochen, sondern durch die Anrede „Herr“ (hebr. „adonaj“ ) ersetzt wurde. Als Ausdruck der Ehrerbietung gegenüber dem heiligen Gott wird sie in dieser Ausgabe bewusst beibehalten und nicht durch andere Gottesnamen ersetzt.

(2) Wie können die Texte der Bibel in die Sprache unserer Zeit übersetzt werden und dennoch ihrem eigenen Anspruch als verbindliches Wort gerecht werden? Voraussetzung dafür ist, dass wir den Texten zutrauen, dass sie in jeder Zeit und zu allen Menschen sprechen, dass wir sie ausreden lassen und ihnen nicht ins Wort fallen. Dies gilt auch für die Textfassungen in diesem Band. Sie sind aus dem ständigen Dialog mit den biblischen Originaltexten hervorgegangen und möchten diese in unserer Zeit neu zum Klingen bringen.

Dabei folgt die vorliegende Ausgabe des Alten Testaments nachstehenden Leitlinien:

Alle Bücher des Alten Testaments

kommen in ihrer Vielstimmigkeit zur Sprache. Die Auswahl und der Umfang der Texte richtet sich nach ihrem jeweiligen Inhalt. Durch sie soll sich ein repräsentatives Bild des Ersten Testaments und seiner besonderen Botschaft ergeben. Ergänzende Texte aus den apokryphen Schriften konnten nur in Ausnahmen berücksichtigt werden.

Der jeweiligen Textfassung

liegen neben der hebräischen Textvorlage verschiedene Übersetzungen zu Grunde. Die Texte orientieren sich aber vorzugsweise an der revidierten Fassung der Lutherbibel (1984). Zum einen, weil die Sprache Martin Luthers in ihrer Dichte, in ihrer Ausdruckskraft und in ihrem Sprachrhythmus Maßstäbe gesetzt hat, an der sich die eigene Textfassung zu messen hat. Zum andern, weil sich die Neukirchener Bibel in der Tradition Martin Luthers versteht und vertraute Texte auch bei behutsamen Veränderungen wiedererkennbar bleiben sollten. Bei der Gestaltung der Texte wurde vor allem auf den Sprachfluss und auf den Rhythmus der Sprache geachtet. Dabei war die eigene Erfahrung leitend, dass sich die Texte der Bibel oft erst bei lautem Lesen und bei fortlaufender Lesung voll erschließen.

Die Einführungen

zu den einzelnen Büchern stellen den jeweiligen geschichtlichen Zusammenhang her und zeigen die inhaltlichen Schwerpunkte ihrer Botschaft auf. Sie sind vor allem als Hilfe zum eigenen Bibelstudium zu verstehen.

Die Kommentare

im Anschluss an die biblischen Texte möchten einen eigenen Zugang zu den Textaussagen erschließen. Dies gilt insbesondere für jene Texte, die uns fremd und widersprüchlich erscheinen.

Die Psalmen

bilden einen eigenen Schwerpunkt in dieser Ausgabe. Zum einen sind sie den Erzähltexten zugeordnet, wo immer es die Psalmtexte selbst nahelegen. Zum anderen werden am Ende des Buches ausgewählte Psalmgebete aus dem Psalter vorgestellt. Die dazugehörigen Meditationen möchten dazu anregen, eine eigene Antwort auf die Psalmen zu formulieren.

Dieser Band wäre ohne intensive Begleitung nicht zustande gekommen. Zuerst danke ich meinem Mann, Dr. Rudolf Weth, der das Projekt von Anfang an unterstützt, beraten und begleitet hat. Ferner danke ich dem Verlag für seine vielfache Unterstützung, und stellvertretend für viele andere danke ich Nicole Rupschus für die sorgfältige und theologisch fundierte Durchsicht des Manuskripts. Mein Dank gilt aber vor allem Birgit Schubert, Mitarbeiterin im Neukirchener Kalenderverlag. Durch ihren unschätzbaren Einsatz, ihre kontinuierliche Begleitung und kompetente Beratung hat sie entscheidenden Anteil an der Gestaltung und Fertigstellung dieser Buchausgabe.

Allen, die sich auf den Weg machen wollen, das Alte Testament neu zu entdecken, wünsche ich, dass sie sich von dessen einzigartiger Botschaft fesseln lassen. Denn:

„Unwiderlegbar, unzerstörbar, nie abgenutzt durch die Zeit wandert die Bibel durch die Zeitalter. Ohne Zögern schenkt sie sich allen Menschen. In 3000 Jahren ist sie nicht um einen Tag gealtert. Ihre Kraft wird nicht geringer. Tatsächlich steht sie erst am Anfang ihrer Wirksamkeit. Noch heute ist es, als sei sie nie angerührt worden, als hätten wir nicht einmal damit begonnen, sie zu lesen.“

Abraham Joshua Heschel

Neukirchen-Vluyn, im September 2014

Irmgard Weth

Inhaltsverzeichnis

  1. I. Die Botschaft der Geschichtsbücher
    1. Der Anfang
      1. Die Urgeschichte – Genesis 1–11
        1. Im Anfang – Das 1. Buch Mose / Genesis 1
        2. Vom Ursprung der Menschheit – Genesis 2–11
          1. Mann und Frau (Gen 2)
          2. Der Fall des Menschen (Gen 3)
          3. Kain und Abel (Gen 4)
          4. Noah (Gen 6–9)
          5. Der Turm (Gen 11)
      2. Vom Ursprung des Volkes Gottes – Das 1. Buch Mose / Genesis 12–50
        1. Abraham – Vater vieler Völker – Genesis 12–24
          1. Abram und Sarai (Gen 12)
          2. In Ägypten (Gen 12)
          3. Lot (Gen 13)
          4. Melchisedek (Gen 14)
          5. Nacht (Gen 15)
          6. Hagar (Gen 16)
          7. Der Bund (Gen 17)
          8. Der Besuch (Gen 18)
          9. Sodom (Gen 19)
          10. Abimelech (Gen 20)
          11. Ismael (Gen 21)
          12. Isaak (Gen 22)
          13. Hebron (Gen 23)
          14. Isaak und Rebekka (Gen 24)
          15. Isaak und die Philister (Gen 26)
        2. Jakob – Stammvater Israels – Genesis 25–49
          1. Jakob und Esau (Gen 25)
          2. Der Betrug (Gen 27)
          3. Bethel (Gen 28)
          4. Rahel und Lea (Gen 29)
          5. Jakobs Söhne (Gen 29,31ff)
          6. Israel (Gen 32f)
          7. Dina (Gen 34)
          8. Juda und Tamar (Gen 38)
        3. Josef und seine Brüder – Genesis 37–50
          1. Josef (Gen 37)
          2. In Ägypten (Gen 39)
          3. Im Gefängnis (Gen 40)
          4. Josef vor Pharao (Gen 41)
          5. Die Brüder (Gen 42)
          6. Die Versöhnung (Gen 43ff)
          7. Josef lebt! (Gen 46)
          8. Jakob in Ägypten (Gen 47)
          9. Jakobs Segen (Gen 48f)
          10. Jakobs Tod (Gen 50)
    2. Der Weg in die Freiheit
      1. Der Auszug aus Ägypten – Das 2. Buch Mose / Exodus 1–15
        1. Israel in Ägypten (Ex 1)
        2. Mose (Ex 2)
        3. Mose in der Wüste (Ex 2)
        4. Moses Berufung (Ex 3f)
        5. Mose und Aaron (Ex 4ff)
        6. Die Plagen (Ex 7ff)
        7. Passa (Ex 11ff)
        8. Durch das Schilfmeer (Ex 14/15)
      2. Der Bund am Sinai – Das 2. Buch Mose / Exodus 15–40
        1. Mara (Ex 15,22ff)
        2. Manna (Ex 16)
        3. Feinde (Ex 17)
        4. Jitro (Ex 18)
        5. „Ich bin der Herr, dein Gott“ (Ex 19–24)
        6. Das goldene Kalb (Ex 32)
        7. Moses Fürbitte (Ex 33–34)
        8. Das Zelt (Ex 25ff/35ff)
    3. Rechte und Ordnungen – Das 3. Buch Mose / Levitikus
      1. Das Priesteramt (Lev 8ff)
      2. Der Versöhnungstag (Lev 10/16)
      3. „Ihr sollt heilig sein!“ (Lev 19/25)
      4. „Ich will unter euch wohnen.“ (Lev 26)
    4. In der Wüste – Das 4. Buch Mose / Numeri
      1. Aarons Segen (Num 6,22ff)
      2. Aufbruch (Num 10,11ff)
      3. Das verdrossene Volk (Num 11)
      4. Aufstand (Num 13f)
      5. Korach (Num 16f)
      6. Kadesch (Num 20)
      7. Schlangen (Num 21)
      8. Bileam (Num 22)
      9. Bileams Segen (Num 23f)
    5. Moses Vermächtnis – Das 5. Buch Mose / Deuteronomium
      1. Rückblick (Dtn 1ff)
      2. Ausblick (Dtn 12ff)
      3. Heute! (Dtn 26ff)
      4. Moses Segen und Tod (Dtn 31–34)
      5. Das Lied Moses (Dtn 32,4ff)
    6. Die Frühzeit Israels
      1. Einzug ins Land – Das Buch Josua
        1. Josua (Jos 1)
        2. Rahab (Jos 2)
        3. Durch den Jordan (Jos 3ff)
        4. Jericho (Jos 6)
        5. Ai (Jos 7f)
        6. Gibeon (Jos 9f)
        7. Die zwölf Stämme (Jos 12ff)
        8. Josuas Vermächtnis (Jos 23/24)
      2. Die Zeit der Richter – Das Buch der Richter
        1. Die Richter (Ri 1f)
        2. Debora (Ri 5f)
        3. Gideon (Ri 6ff)
        4. Gideon und die Midianiter (Ri 7–8)
        5. Jotam (Ri 9)
        6. Jeftah (Ri 10)
        7. Simson (Ri 13)
        8. Simson und die Philister (Ri 14f)
        9. Simsons Fall (Ri 16)
        10. Simsons Ende (Ri 16)
      3. Ende und Neuanfang – Das Buch Rut
        1. Noomi (Rut 1)
        2. Rut und Boas (Rut 2/3)
        3. Die Lösung (Rut 4)
    7. Die Anfänge des Königtums
      1. Samuel – Wegbereiter der Könige – 1. Samuel 1–12
        1. Samuels Geburt (1. Sam 1)
        2. Das Lied der Hanna (1. Sam 2)
        3. Samuel in Silo (1. Sam 2)
        4. Samuels Berufung (1. Sam 3)
        5. „Ikabod“ (1. Sam 4)
        6. Die Bundeslade (1. Sam 5f)
        7. Eben-Ezer (1. Sam 7)
        8. „Gib uns einen König!“ (1. Sam 8)
      2. Saul – der erste König – 1. Samuel 9–31
        1. Die Salbung (1. Sam 9f)
        2. Die Wahl (1. Sam 10)
        3. Sauls erster Sieg (1. Sam 11)
        4. Samuels Vermächtnis (1. Sam 12)
        5. Saul und die Philister (1. Sam 13)
        6. Saul und Jonatan (1. Sam 14)
        7. Sauls Fall (1. Sam 15)
      3. David – der künftige König – 1. Samuel 16–30
        1. Die Salbung (1. Sam 16)
        2. David bei Saul (1. Sam 16)
        3. David und Goliat (1. Sam 17)
        4. David am Hof des Königs (1. Sam 18f)
        5. David und Jonatan (1. Sam 20)
        6. David auf der Flucht (1. Sam 21f)
        7. David in der Höhle (1. Sam 24)
        8. David und Abigajil (1. Sam 25)
        9. Letzte Begegnung (1. Sam 26)
        10. Sauls Ende (1. Sam 28–31)
    8. Das Königreich Davids
      1. König David (2. Sam 1–5)
      2. Die Bundeslade (2. Sam 6)
      3. Der Davidbund (2. Sam 7)
      4. David und Mefi-Boschet (2. Sam 8)
      5. David und Batseba (2. Sam 11)
      6. David und Nathan (2. Sam 12)
      7. Amnon und Tamar (2. Sam 13)
      8. Absalom (2. Sam 15)
      9. Absaloms Ende (2. Sam 16–19)
      10. Neuanfang (2. Sam 24)
    9. Die Geschichte der Könige
      1. König Salomo (1. Kön 1–3)
      2. Salomos Weisheit (1. Kön 3,16ff)
      3. Salomos Friedensreich (1. Kön 4f/10)
      4. Der Bau des Tempels (1. Kön 5–8)
      5. Salomos Ende (1. Kön 9/11)
      6. Das geteilte Königreich – 1. Kön 12 – 2. Kön 17
        1. Die Reichsteilung (1. Kön 11f)
        2. Jerobeam (1. Kön 12–14)
        3. Ahab (1. Kön 16/18)
      7. Der Prophet Elia – 1. Kön 17 – 2. Kön 2
        1. „Dein Sohn lebt!“ (1. Kön 17)
        2. „Der Herr ist Gott!“ (1. Kön 18)
        3. In der Wüste (1. Kön 19)
        4. Nabot (1. Kön 21)
        5. Ahabs Ende (1. Kön 22)
      8. Der Prophet Elisa – 2. Könige 4–9
        1. Elisa (2. Kön 2)
        2. Die Witwe (2. Kön 4,1ff)
        3. Die Frau aus Schunem (2. Kön 4,8ff)
        4. Naaman (2. Kön 5)
        5. Das Friedensmahl (2. Kön 6,1ff)
        6. Samaria (2. Kön 6,24ff)
        7. Jehu (2. Kön 9–10)
        8. Das Ende des Königreichs Israel (2. Kön 11–17)
    10. Die Könige Judas – Das 1./2. Buch der Chronik
      1. Abija (2. Chron 13)
      2. Asa (2. Chron 14ff)
      3. Joschafat (2. Chron 17ff)
      4. Atalja und Joasch (2. Chron 22ff)
      5. Hiskia (2. Chron 29ff)
      6. Josia (2. Chron 33ff)
      7. Das Ende des Königreichs Juda (2. Chron 36)
    11. Unter persischer Herrschaft
      1. Das Buch Esra
        1. Heimkehr (Esra 1–2)
        2. Der neue Tempel (Esra 3–5)
        3. Esras Reform (Esra 7–10)
      2. Das Buch Nehemia
        1. Nehemia (Neh 1–2,10)
        2. Die Mauer (Neh 2f)
        3. Widerstand (Neh 4–6)
        4. Das Fest (Neh 8–13)
        5. Das Bußgebet der Gemeinde (Neh 9)
    12. Das Buch Ester
      1. Das Fest des Königs (Est 1)
      2. Ester (Est 2–3)
      3. Esters Bitte (Est 4)
      4. Die Wende (Est 5–7)
      5. Das Purimfest (Est 8–10)
  2. II. Die Botschaft der prophetischen Bücher
    1. Die Propheten im 8. Jahrhundert v.Chr.
      1. Der Prophet Amos
        1. Die Visionen des Amos (Am 7)
        2. Amos in Samaria (Am 1–3)
        3. Amos in Bethel (Am 4–6)
        4. Ausblick (Am 8–9)
      2. Der Prophet Hosea
        1. Hurenkinder (Hos 1–2)
        2. Treuebruch (Hos 2,7ff)
        3. Reuige Rückkehr (Hos 3)
        4. Gottes Klage (Hos 4–10)
        5. „Wie kann ich dich preisgeben?“ (Hos 11ff)
      3. Der Prophet Micha
        1. „Klagen muss ich“ (Mi 1–3)
        2. „Er wird der Friede sein“ (Mi 4–5)
        3. „Es ist dir gesagt, Mensch“ (Mi 6)
        4. „Wo ist ein Gott wie du?“ (Mi 7)
      4. Der Prophet Jesaja 1–39
        1. Texte aus der Frühzeit: Jerusalem und sein König – Jesaja 1–12
          1. „Hört, der Herr redet!“ (Jes 1)
          2. Der Weinberg (Jes 5)
          3. Die Berufung (Jes 6)
          4. „Immanuel“ (Jes 7)
          5. „Uns ist ein Kind geboren“ (Jes 8–9)
          6. Der Friedenskönig (Jes 10–11)
        2. Texte aus der Spätzeit: Jerusalem im Völkersturm – Jesaja 13–39
          1. Barfuß und nackt (Jes 20)
          2. Der Drohbrief (Jes 36–37)
          3. Schonfrist (Jes 38–39)
        3. Visionen der Heilszeit – Jes 2/11/19/25f/35
          1. Das neue Gottesvolk (Jes 2)
          2. Das Friedensreich des Messias (Jes 11)
          3. Heilung der Völker (Jes 19)
          4. Festmahl auf dem Zion (Jes 25f)
          5. Heimkehr nach Zion (Jes 35)
    2. Die Propheten im 7./6. Jahrhundert v.Chr.
      1. Der Prophet Jeremia
        1. Die Berufung (Jer 1)
        2. „Ich denke an deine Liebe“ (Jer 2–4)
        3. Der Prüfer (Jer 5–6)
        4. Die Tempelrede (Jer 7 und 26)
        5. „Was kann mich noch trösten?“ (Jer 7–9)
        6. In Anatot (Jer 11–12)
        7. Der Gürtel (Jer 13–15)
        8. Der Krug (Jer 18–20)
        9. Die Schriftrolle (Jer 36/22f)
        10. Das Joch (Jer 27–28)
        11. Der Brief (Jer 29)
        12. Gefangen (Jer 21/37)
        13. In der Zisterne (Jer 38)
        14. Der Acker (Jer 32/38)
        15. Nach Ägypten (Jer 39–45)
        16. Die künftige Heilszeit – Jeremia 30–33
      2. Die Propheten Zefanja/Nahum/Habakuk/Obadja
        1. Der Prophet Zefanja – Zefanja 1–3
        2. Der Prophet Nahum – Nahum 1–3
        3. Der Prophet Habakuk – Habakuk 1–3
        4. Der Prophet Obadja
      3. Die Klagelieder
        1. „Wie verlassen liegt die Stadt“ (Klgl 1)
        2. „Gottes Güte hat kein Ende“ (Klgl 3/5)
    3. Die Propheten in der Exilszeit
      1. Der Prophet Hesekiel (Ezechiel)
        1. Die Berufung (Hes 1–3)
        2. Der Wächter (Hes 3)
        3. Die Zeichen (Hes 4–5)
        4. „Du sollst leben!“ (Hes 16)
        5. „Kehrt um!“ (Hes 18)
        6. „Ich bin der Herr, euer Gott!“ (Hes 20)
        7. „Ich will das Verlorene suchen“ (Hes 34)
        8. Ein neues Herz (Hes 36)
        9. Neues Leben (Hes 37)
        10. Die neue Stadt (Hes 40–48)
      2. Jesaja 40–55
        1. „Tröstet, tröstet mein Volk!“ (Jes 40,1–11)
        2. „Er gibt dem Müden Kraft“ (Jes 40,12–31)
        3. „Fürchte dich nicht!“ (Jes 41)
        4. „Ich habe dich erlöst“ (Jes 43)
        5. „Ihr seid meine Zeugen“ (Jes 44,1–23)
        6. „Ich, ich bin der Herr“ (Jes 44,24–48,22)
        7. „Der Herr tröstet Zion“ (Jes 49–54)
        8. Ein „ewiger Bund“ (Jes 55)
        9. Die Lieder vom Knecht Gottes
          1. Erwählt (Jes 42)
          2. Berufen (Jes 49)
          3. Angefeindet (Jes 50,4ff)
          4. Erniedrigt und erhöht (Jes 52,13–53,12)
    4. Die Propheten in nachexilischer Zeit
      1. Jesaja 56–66
        1. „Macht Bahn! Macht Bahn!“ (Jes 57)
        2. „Steh auf! Werde licht!“ (Jes 58/60)
        3. „Frohe Botschaft den Armen!“ (Jes 61)
        4. „Reiß den Himmel auf!“ (Jes 62/63)
        5. Ausblick (Jes 65/66)
      2. Die Propheten Haggai und Sacharja
        1. Der Prophet Haggai
          1. „Mein Geist soll unter euch bleiben“ (Hag 1f)
        2. Der Prophet Sacharja – Sacharja 1–8
          1. „Ich will bei dir wohnen“ (Sach 1ff)
          2. Ausblick (Sach 8)
      3. Der Prophet Maleachi
        1. „Ich habe euch lieb“ (Mal 1–2)
        2. „Siehe, er kommt!“ (Mal 3)
        3. Epilog (Mal 3,22ff)
      4. Der Prophet Joel
        1. Der „Tag des Herrn“ (Joel 1–4)
      5. Das Buch Jona
        1. Der Prophet Jona (Jona 1–2)
        2. Jona in Ninive (Jona 3–4)
      6. Das Buch Daniel
        1. Daniel in Babylon (Dan 1)
        2. Der Traum des Königs (Dan 2)
        3. Das Standbild des Königs (Dan 3)
        4. Wahnsinn (Dan 4)
        5. Mene Tekel (Dan 5)
        6. In der Löwengrube (Dan 6)
        7. Visionen der Zukunft
          1. Der Menschensohn (Dan 7)
          2. Daniels Bußgebet (Dan 9)
          3. Ausblick (Dan 11/12)
  3. III. Die Botschaft der Lehrbücher
    1. Das Buch der Sprüche
      1. Wege zur Weisheit (Spr 1–7)
      2. Vom Geheimnis der Weisheit (Spr 8)
      3. Lebensweisheiten (Spr 10–22)
      4. Am Ende (Spr 30/31)
    2. Das Buch des Kohelet (Prediger)
      1. Alles Leben ist nichtig (Koh 1–2)
      2. Alles hat seine Zeit (Koh 3–4)
      3. Was ist Weisheit? (Koh 6–8)
      4. Freue dich am Leben! (Koh 9–12)
    3. Das Hohelied
      1. Hochzeitslied (Hld 4–5)
    4. Das Buch Hiob
      1. Hiob (Hiob 1)
      2. Hiobs Leiden (Hiob 2)
      3. Hiobs Klage (Hiob 3)
      4. Hiob und die Freunde (Hiob 4–19)
      5. Hiobs letzte Rede (Hiob 27–31)
      6. Die Antwort (Hiob 38–42)
    5. Der Psalter
      1. Glückwunsch – Psalm 1
        1. Psalm 1
        2. Glückwunsch
      2. Mein Gott, warum? – Psalm 22
        1. Psalm 22
      3. Der Herr ist mein Licht und mein Heil – Psalm 27
        1. Psalm 27
        2. Mein Trost
      4. Meine Zeit in Deinen Händen – Psalm 31
        1. Psalm 31
        2. Meine Zeit in deinen Händen
      5. Ich will den Herrn loben allezeit – Psalm 34
        1. Psalm 34
        2. Schmeckt und seht!
      6. Wo ist nun dein Gott? – Psalm 42 / 43
        1. Psalm 42 / 43
        2. Gott, wo bist du?
      7. Herr, ich vertraue auf dich! – Psalm 71
        1. Psalm 71
        2. Gebet im Alter
      8. Wie liebe ich deine Wohnung! – Psalm 84
        1. Psalm 84
        2. In Gottes Nähe
      9. Köstlich ist es, dem Herrn zu danken – Psalm 92
        1. Psalm 92
        2. Mein Danklied
      10. Lobe den Herrn, meine Seele! – Psalm 103
        1. Aus voller Kehle
      11. Dankt dem Herrn, denn er ist gut! – Psalm 118
        1. Psalm 118
      12. Reisesegen – Psalm 121
        1. Psalm 121
        2. Der Herr behüte dich!
      13. Du bist da – Psalm 138 / 139
        1. Psalm 138
        2. „Du erhörst mein Gebet“
        3. Psalm 139
        4. „Deine Hand hält mich“
      14. Dich will ich loben immer und ewig – Psalm 145
        1. Psalm 145
      15. Halleluja! – Psalm 150
        1. Halleluja
      16. Ausklang
        1. Freude an Gottes Wort – Psalm 119
  4. Karten
  5. Zeittafel

Psalmenverzeichnis

Psalmen, die den Texten in diesem Buch zugeordnet sind:

  1. Psalm 2
  2. Psalm 8
  3. Psalm 10
  4. Psalm 11
  5. Psalm 14
  6. Psalm 21
  7. Psalm 23
  8. Psalm 48
  9. Psalm 51
  10. Psalm 55
  11. Psalm 56
  12. Psalm 57
  13. Psalm 59
  14. Psalm 69
  15. Psalm 72 (1)
  16. Psalm 72 (2)
  17. Psalm 74
  18. Psalm 75
  19. Psalm 77
  20. Psalm 79
  21. Psalm 81
  22. Psalm 89
  23. Psalm 95
  24. Psalm 100
  25. Psalm 103
  26. Psalm 104
  27. Psalm 105
  28. Psalm 106
  29. Psalm 107
  30. Psalm 111
  31. Psalm 113
  32. Psalm 115
  33. Psalm 116
  34. Psalm 118
  35. Psalm 122
  36. Psalm 124
  37. Psalm 126
  38. Psalm 132
  39. Psalm 139 (1)
  40. Psalm 139 (2)
  41. Psalm 146

I. Die Botschaft der Geschichtsbücher

„Was wir gehört und erfahren haben,

und unsere Vorfahren uns erzählt haben,

das wollen wir ihren Nachkommen

nicht verschweigen.

Wir verkünden ihnen die großen Taten,

die Gott getan hat.“

nach Psalm 78,3ff

Die Geschichtsbücher des Alten Testaments enthalten das vielstimmige Zeugnis von der Geschichte Gottes mit seinem Volk. Sie umfassen einen Zeitraum von über 1000 Jahren, der von den ältesten überlieferten Texten bis zur endgültigen Festlegung der Bücher des Alten Testaments reicht. Ihr verbindendes Thema ist die Geschichte Israels im Horizont der Weltgeschichte. Im Unterschied zu profaner Geschichtsschreibung erfassen die Geschichtsbücher des Alten Testaments nur einen verschwindend kleinen Ausschnitt der Weltgeschichte. Und doch haben ihre Zeugnisse die Geschichte der Menschheit bleibend geprägt, weil in ihnen Gott als der Herr aller Geschichte bezeugt wird.

Das macht die Eigenart der Geschichtsbücher des Alten Testaments aus: Sie sind ganz in der Geschichte verwurzelt – und gehen doch in ihr nicht auf. Sie konzentrieren sich in ihrer Darstellung auf einen begrenzten Raum in der Geschichte – und doch sprengt ihre Geschichte Raum und Zeit, weil sie sich zu dem einen Gott als dem Herrn aller Menschen bekennen, dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft gehören. Sie enthalten Zeugnisse aus vielen Jahrhunderten – und doch wollen sie nicht nur als historische und literarisch wertvolle Zeugnisse wahrgenommen werden, sondern als Gottes Wort, vermittelt durch Menschen, die sein Wort und Wirken in der Geschichte erfahren haben. Sie alle stehen in einer Kette von Zeugen, an deren Anfang nicht nur ein Name steht. Vielmehr sind sie Ausdruck des vielstimmigen Chors der Gemeinde aus vielen Jahrhunderten.

Dies gilt insbesondere für die 5 Bücher Mose, die in den christlichen Bibeln nüchtern als „Pentateuch“ (wörtl. die in fünf Krügen aufbewahrten Schriftrollen) bezeichnet werden. Ganz anders dagegen die Hebräische Bibel: Nach jüdischem Verständnis sind sie nicht nur als Geschichtsbücher zu verstehen. Sie enthalten vielmehr das Herzstück der Bibel, die Tora, Gottes Weisung und Wort, wie sie im Ersten Gebot zusammengefasst ist: „ICH bin der Herr dein Gott. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben“ (Ex 20,1). Dieses Wort bildet die heimliche Mitte der 5 Bücher Mose. Von dieser Mitte aus wird die Geschichte des Volkes Gottes von seinen Anfängen bis zum Einzug ins Land Kanaan entfaltet.

Auf dieser Grundlage bauen auch die folgenden Bücher auf. Sie werden in den christlichen Bibelausgaben, abweichend von der Hebräischen Bibel, als zweiter Teil der Geschichtsbücher bezeichnet. Zu ihnen gehören die Bücher Josua, Richter, das 1. und 2. Buch Samuel und die beiden Bücher der Könige. Alle diese Bücher sind Teil eines großen Geschichtswerks, das den Aufstieg und Niedergang des Königtums in Israel, einschließlich ihrer Vorgeschichte beschreibt. Ihre Leitfrage lautet: Wie hat das Volk Gottes im Lauf seiner Geschichte seinen Glauben in der Auseinandersetzung mit anderen Völkern bewahrt?

Die letzten Geschichtsbücher Esra, Nehemia und Ester. beschreiben die Zeit nach der Heimkehr des Volkes aus dem babylonischen Exil. An ihnen wird die Treue Gottes erkennbar, der trotz Israels Versagen an seinem Volk und an seiner Zusage festhält und seinem Volk im Land der Verheißung einen Neuanfang schenkt.

Das 1. Buch Mose / Genesis

Der Anfang

„Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.“ So vielsagend beginnt das erste Buch der Bibel. Damit bekundet es gleich zu Anfang, von wem in diesem Buch die Rede sein soll. Es ist der Eine Gott, der schon vor allem Anfang an da war, noch ehe die Welt geschaffen war, der Anfang und Ende der Zeit umschließt und der darum auch am Anfang allen Nachdenkens über Gott und die Welt steht. Er ist es, der durch sein Wort alles geschaffen hat und sich in der Geschichte der Menschheit auf vielfache Weise offenbart hat.

Das ist das große Thema, das sich von Anfang bis Ende durch alle Bücher der Bibel zieht. Es ist aber in besonderer Weise das Thema des ersten Buches. Wie schon sein Name „Genesis“ anzeigt (dt. Ursprung, Anfang), erzählt es von den Anfängen der Welt, der Menschheit und des Volkes Gottes, die alle ihren Ursprung in Gott haben. Durch sein Wort ist die Welt und der Mensch geschaffen. Durch dasselbe Wort wurde Gottes Volk ins Leben gerufen und zum Segen für die ganze Menschheit gemacht.

Mit diesem Bekenntnis zu Gott als dem alleinigen Ursprung allen Lebens begegnet das Genesisbuch gleich zu Anfang dem Missverständnis, als enthalte dieses erste Buch nur Mythen und alte Geschichten aus grauer Vorzeit. Vielmehr befasst es sich mit den grundlegenden und bleibend aktuellen Menschheitsfragen: Wer bin ich? Woher komme ich? Wozu lebe ich? Wohin treibt unsere Welt? Das Genesisbuch entfaltet diese Fragen in Form einer fortlaufenden Erzählung. In ihr verdichtet sich eine Fülle menschlicher Erfahrungen, die in ihrer ungeschönten Menschlichkeit alle Höhen und Tiefen des Menschseins ausloten. Aber gerade als solche gibt sie Zeugnis von Gottes offenbarem und verborgenen Wirken in, mit und durch Menschen.

Diese Erzählung ist das Ergebnis eines langen mündlichen und schriftlichen Überlieferungsprozesses. Ursprünglich selbständige Überlieferungen, meist an bestimmte Orte gebunden und dort über Jahrhunderte mündlich überliefert, sind mit frühen schriftlichen Zeugnissen zusammengewachsen und stellen in ihrer Endgestalt eine einzigartige Gesamtkomposition dar, die auf vielfache Weise Gottes Wort und Wirken in der Geschichte bezeugt. Aber alle Geschichten des Genesisbuches kreisen letztlich um das eine große Thema: Gottes Volk im Horizont der Völkerwelt. In den ersten 11 Kapiteln entwirft es zunächst ein umfassendes Bild der Welt- und Menschheitsgeschichte, das mit dem gängigen Begriff „Urgeschichte“ nur unzureichend beschrieben ist. In diesem weiten Horizont beschreibt es im zweiten Teil (12-50) den Anfang der Geschichte des Volkes Gottes, der wiederum mit dem Begriff „Vätergeschichte“ nur unzureichend erfasst ist. Es zeigt vielmehr den Weg auf, den Gott mit Abraham und seinen Nachkommen zum Heil der ganzen Welt begann.