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Buch

Fifty Shades of Grey hat die erotische Fantasie angeheizt und neugierig gemacht auf die Möglichkeiten, die heißer, ungewöhnlicher Sex mit Handschellen und Fesselspielen, Unterwerfung und Dominanz bieten. Doch die Frage nach der praktischen Umsetzung eines solchen Abenteuers bleibt. Deshalb machte sich die zertifizierte Bodyworkerin und Erfolgsautorin Jaiya auf eine Entdeckungsreise zur dunklen Seite der Lust. Sie zeigt, wie Machtspiele, Fesselungen und aufregende Sinneseindrücke ohne großen Aufwand Einzug in jedes Schlafzimmer halten, und gibt Anleitung, mit der man die eigene erotische Psychologie versteht und die geheimsten Wünsche des Partners erkennt. Außerdem stellt sie Hilfsmittel sowie Regeln für alle Arten von »Kinky Sex« vor und beschreibt alle Methoden, mit denen man den Partner nicht nur fesseln, sondern in Ekstase versetzen kann. So kann jedes Paar eine ganz neue Dimension der sexuellen Erregung erleben und gleichzeitig die Verbundenheit in der Beziehung fördern.

Autorin

Jaiya ist zertifizierte sexologische Bodyworkerin, Tantra-Lehrerin sowie ausgebildete Massagetherapeutin. Die renommierte Autorin des Bestsellers »Fass mich an« bietet in den USA Seminare und Workshops zu erotischer Massage und sexuellen Techniken an.

Außerdem von Jaiya im Programm

Fass mich an (mit Jon Hanauer; EBook_Icon_ok_25_Prozent.tif auch als E-Book erhältlich)

Blow each other away (EBook_Icon_ok_25_Prozent.tif auch als E-Book erhältlich)

Jaiya

Erfüll mein geheimes
Verlangen!

Der beste Sex mit aufregenden Fesselspielen
Mit Orgasmusgarantie

Aus dem Amerikanischen
von Annika Tschöpe

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Die Namen der in diesem Buch erwähnten Personen wurden geändert und manche Geschichten miteinander vermischt, um die Anonymität der Dargestellten zu wahren.

1. Auflage

Deutsche Erstausgabe Mai 2015

Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

© 2015 der deutschsprachigen Ausgabe

Wilhelm Goldmann Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

© 2014 Jessica Kinzbach

Originalverlag: Harmony Books, an Imprint of the Crown Publishing Group,
a division of Random House LLC, New York

Originaltitel: Cuffed, Tied & Satisfied

Umschlaggestaltung: Uno Werbeagentur, München

Umschlagmotiv: Getty Images / YouraPechkin

Illustrationen: Stasia Burrington

Fotografien: Sequoia Emmanuelle

Redaktion: Dunja Reulein

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

KW · Herstellung: IH

ISBN 978-3-641-15818-7
V002

www.goldmann-verlag.de

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Für Ian in der Hoffnung, dass unser Leben immer voller Ekstase bleibt.

– Deine Gebieterin Jaiya

Inhalt

Einführung

1
Warum macht mich das an?

2
Definitionen, Mythen
und Wegweiser – ach du meine Güte!

3
Einvernehmen:
Toller Treibstoff für sensationellen Sex – aber immer auf Nummer sicher!

4
Die Entfaltung der Starken
Erotischen Persönlichkeit

5
Macht, Unterwerfung und Ekstase

6
Hingabe an die Sinne

7
Unwiderstehliche Schlagspiele

8
Handschellen, Fesseln
und Glückseligkeit

9
Heiße Szenen, heißer Sex,
heißes Spielzeug

Dank

Weitere Informationen

Register

Einführung

»Ich kann mir selbst nicht erklären, warum ich darauf stehe, gefesselt zu werden. Wahrscheinlich bin ich einfach nicht ganz normal.« Sandy sah nervös hinüber zu ihrem Ehemann, der mir noch immer nicht in die Augen schauen konnte. Die Frau, mit der er seit 20 Jahren verheiratet war, die Mutter seiner drei Kinder, offenbarte gerade ihr geheimes Verlangen, beim Liebesakt gefesselt zu werden. Sex war für die beiden eine absolute Privatangelegenheit, aber Sandy fehlte es im Bett an Würze. In ihren heißesten Fantasien wurde sie gefesselt und dominiert, doch ihr Ehemann Greg war ein sanfter, zärtlicher Typ, dem es nie in den Sinn gekommen wäre, eine Frau zu »verletzen« oder »respektlos« zu behandeln. Sandy sehnte sich danach, »genommen« zu werden, und nach der Lektüre der Fifty Shades of Grey-Trilogie konnte sie dem üblichen »Blümchensex« immer weniger abgewinnen. So kam es, dass sie Greg schließlich mit in meine Praxis geschleppt hatte.

Als Allererstes versicherte ich Sandy, dass ihr Verlangen absolut in Ordnung war und keinesfalls auf psychische Störungen oder eine traumatische Vergangenheit schließen ließ. Greg wiederum musste erfahren, warum seine Frau so erpicht darauf war, gefesselt und dominiert zu werden. Sandy erklärte ihm, dass sie sich dann richtig gehen lassen konnte und ihr die Vorstellung gefiel, dass ein starker Mann ihre Lust beherrschte. Das ist keineswegs ungewöhnlich; beim Sex spielen Schamgefühle eine große Rolle, sodass viele Frauen ihre Lust nur dann hemmungslos genießen können, wenn der Mann die Kontrolle übernimmt. Mir war klar: Wenn Sandy und Greg diesen Weg gemeinsam gehen wollten, würden sie gezielt daran arbeiten müssen. Besonders Greg – wenn er Sandys Leidenschaft dominieren sollte, musste er sich in Sachen Erotik vollkommen wandeln. Die beiden hatten noch viel zu lernen.

Die praktischen Fertigkeiten waren für Greg kein Problem, mit Seilen und Handschellen kam er auf Anhieb gut zurecht. Ungleich schwerer fiel es ihm, eine dominante Rolle zu übernehmen. Das entsprach nicht seiner Wesensart, und er kam sich dabei lächerlich vor. Nach und nach entdeckte Greg jedoch einige dominante Aspekte seiner Persönlichkeit, die er weiter ausbauen konnte, um Sandys Verlangen nach Unterwerfung gerecht zu werden. Er nahm das auf sich, weil er sie sehr liebte und eine lange, erfüllte Beziehung mit ihr führen wollte. Sandy strahlte über das ganze Gesicht, als sie mir überglücklich berichtete: »Ich hatte zum ersten Mal im Leben multiple Orgasmen, und die waren einfach unglaublich!« Greg grinste dabei von einem Ohr zum anderen, und auch ich musste lächeln, denn mir war klar, dass die Reise der beiden gerade erst begann.

Somatische Sexologin?

Ich habe den tollsten Job, den man sich vorstellen kann! Ich bin sexologische Bodyworkerin – das bedeutet, dass ich praxisbezogenen und körperorientierten Unterricht in Sachen Sexualität erteile. Nach dem durchschlagenden Erfolg von Fifty Shades of Grey konnte ich mich vor Anfragen kaum retten: Alle Welt wollte wissen, wie man die Praktiken aus dieser revolutionären Trilogie am besten umsetzt. Da ich meine Partner bislang noch nie gefesselt hatte, beschloss ich, mich eingehend fortzubilden, um meinen Schülern die richtigen Tipps geben zu können. Also tauchte ich so tief wie möglich in die Welt des »Kink« (darunter versteht man die verschiedensten nicht der Norm entsprechenden sexuellen Vorlieben) ein und eignete mir das nötige Fachwissen an.

Früher war ich ungewöhnlichen Sexpraktiken gegenüber nicht so aufgeschlossen. Vor vielen Jahren hatte ich einen Freund/Partner, der auf BDSM stand (BD = Bondage/Discipline, englisch für Fesselung und Disziplinierung, DS = Dominance/Submission, Herrschaft und Unterwerfung, SM = Sadismus und Masochismus). Er kam oft mit blauen Flecken und Striemen nach Hause, wenn er wieder mal einen Abend seiner Leidenschaft gefrönt hatte – nach meiner Vorstellung in düsteren, unheimlichen Verliesen. Ich konnte beim besten Willen nicht verstehen, was er daran fand. Wieso sollte man freiwillig Schmerzen hinnehmen oder einem geliebten Menschen Schmerzen zufügen? Ich hatte große Vorurteile gegenüber dieser furchteinflößenden Welt, über die ich allerdings kaum etwas wusste. Aber ich war mir sicher, dass dieser Mann, den ich eigentlich liebte, nicht ganz normal sein konnte.

Springen wir zehn Jahre weiter: Mittlerweile bin ich viel toleranter. Mein aktueller Partner steht auch auf Kinky Sex. Ich habe selbst »ungewöhnliche« Praktiken ausprobiert, die mein Sexualleben ungemein bereichert haben. Mein Partner und ich haben ein sehr inniges Verhältnis (und unglaublich heißen Sex).

Ich kenne die dominante und devote Rolle aus eigener Erfahrung und habe zudem sowohl in meiner eigenen Praxis als auch online unzählige Stunden Paarberatung geleistet. Ich weiß genau, was auf Männer und Frauen psychisch und körperlich erregend wirkt. Besonders viel Freude macht es mir jedoch, Anfängern die Welt der Machtspiele zu eröffnen – also quasi Kinky Sex aus dem Verborgenen ans Tageslicht zu bringen. Ich biete Orientierung in einem finsteren Wald und beleuchte dabei Dinge, die bislang als unheimliches Tabu galten, obwohl sie eigentlich der goldene Schlüssel zu wunderbar intensiver Lust und inniger Verbundenheit sind.

Ich möchte Ihnen klarmachen, dass es vollkommen in Ordnung ist, wenn man auf Dinge steht, die andere anormal oder abartig finden. Es ist höchste Zeit, dass »Kink« gesellschaftsfähig wird.

So habe ich für dieses Buch recherchiert

Als »praxisorientierte« Sexologin suche ich unermüdlich nach den optimalen Methoden, mit denen sich die bestmöglichen Ergebnisse erzielen lassen – nicht nur für mich selbst, sondern für jedermann.

Natürlich könnte ich dazu Bücher lesen (das habe ich auch zur Genüge getan), wissenschaftliche Abhandlungen studieren (auch erledigt, und zwar alle, die ich finden konnte) und meine Erkenntnisse dann an Sie weitergeben. Ich finde jedoch, dass man nur richtig vermitteln kann, was man aus eigener Erfahrung kennt. Deshalb habe ich mit meinem Partner ein Experiment durchgeführt: Erst war ich 40 Tage lang seine Gebieterin, dann tauschten wir die Rollen, sodass ich 40 Tage lang von ihm dominiert wurde. So konnte ich Erfahrungen als weibliche Dom (dominierender Partner) und als weibliche Sub (sich unterwerfender Partner) sammeln und von Ian wertvolles Feedback bekommen. Dieses 40/40-Experiment hatte ungeahnte Folgen für meine Beziehung, die ich auf den folgenden Seiten erläutern werde. Sie dürfen sogar einen Blick in unsere privaten Tagebücher werfen. Doch damit nicht genug: Ich besuchte auch verschiedenste Sexprofis, um so viel wie möglich »am eigenen Leib« zu erfahren. Am ersten Tag des 40/40-Projekts ging ich bei einer Dominatrix namens Ivy Young in die Lehre, die mir zeigte, wie man seinen Partner richtig dominiert. Einige der faszinierenden Insider, bei denen mein Partner und ich uns weitergebildet haben, werde ich Ihnen in den nächsten Kapiteln vorstellen. Bei der Arbeit an diesem Buch habe ich unglaublich wichtige Dinge gelernt – und zwar nicht nur für meinen Beruf. Mein Sexualleben, meine Beziehung und meine persönliche Psychologie spielen sich seitdem auf einer ganz anderen Ebene ab.

Das erwartet Sie in diesem Buch

Praxiserprobte Techniken mit garantiertem Erfolg

Sie haben sicher schon gemerkt: Ich scheue keine Mühen, um mich gründlich weiterzubilden. Ich lese und forsche gerne, dann setze ich das Gelernte in die Praxis um und gebe meine Erfahrungen weiter. Aus der Arbeit mit meinen Schülern lerne ich jedoch viel mehr als durch sämtliche Recherchen. Und auch Sie können von meinen Klienten lernen, denn Sie werden erfahren, mit welchen Problemen sie zu kämpfen hatten und wie sie diese meistern konnten. Die meisten Namen und manche Einzelheiten in den jeweiligen Berichten habe ich jedoch geändert – das war notwendig, um die Identität meiner Klienten zu schützen.

Eine neue Sichtweise auf Machtdynamiken, BDSM und Kinky Sex

Zu Beginn meiner Entdeckungsreise fand ich die Bilder und Ausdrucksweisen, die in der Welt des BDSM üblich sind, ziemlich verstörend. Das soll nicht heißen, dass diese Form des Kinky Sex falsch oder schlecht ist. Wenn Sie das antörnt – nur zu. Dieses Buch richtet sich jedoch in erster Linie an Personen, die BDSM vielleicht furchteinflößend oder verstörend finden, sich aber dennoch etwas mehr Spannung im Liebesleben wünschen.

Schluss mit den Mythen rund um außergewöhnlichen Sex!

Es ist mir ein großes Anliegen, mit bestimmten Mythen aufzuräumen, die sich um die menschliche Sexualität und insbesondere um sexuelle Tabus ranken. Ich habe eine Reihe von Freunden und Fans – gebildete Menschen, die ich zum Großteil gut kenne – zu ihren Ansichten über Kink und/oder BDSM befragt, und die Antworten haben mich sehr überrascht. Ich bekam fast ausschließlich Gerüchte und falsche Vorstellungen zu hören, sodass reichlich Aufklärungsarbeit vonnöten war. In Kapitel 2: Definitionen, Mythen und Wegweiser – ach du meine Güte! werde ich näher auf diese Mythen eingehen.

Es wird heiß!

Die folgenden Seiten sind prall gefüllt mit Tipps, Hilfsmitteln und Techniken, mit denen Sie künftig ein spannenderes und erfüllteres Sexleben genießen können. Sie sollten es an all Ihre Freunde weitergeben, und zwar mit den Worten: »Hier gibt es die echten Fakten zum Sex à la Fifty Shades of Grey

Dieser Ratgeber zeigt Ihnen, wie Machtspiele, Fesselungen und aufregende Sinneseindrücke sicher und ohne großen Aufwand Einzug in Ihr Schlafzimmer halten können. Das verleiht nicht nur Ihrem Liebesleben mehr Würze, sondern Sie werden eine ganz neue Dimension der sexuellen Ekstase erleben und gleichzeitig Ihre Beziehung und die Verbundenheit zu Ihrem Partner fördern. Ich habe sogar die Erfahrung gemacht, dass jemand, der Kinky Sex praktiziert, auch das Leben außerhalb des Schlafzimmers besser im Griff hat.

Ich erlaube Ihnen etwas, nach dem Sie sich vielleicht schon lange sehnen: Sie dürfen in sexueller Hinsicht über den Tellerrand schauen. Sie dürfen unglaubliche Lust verspüren, Ihr innerstes erotisches Ich erkennen, sich in andere einfühlen, im Bett das fordern, was Sie sich wirklich wünschen, und die inneren Barrieren überwinden, die Sie an der höchsten Erfüllung hindern.

Ihre Gebieterin Jaiya bestimmt, dass Ihre Ausbildung nun beginnen kann.

Hier ein Vorgeschmack auf das, was Sie erwartet:

Anleitungen, wie Sie Ihre erotische Psychologie und Ihre geheimsten Wünsche erkennen können,

Tipps, Hilfsmittel und Regeln für Machtspiele,

Techniken für faszinierende Sinneseindrücke,

Methoden, mit denen Sie Ihren Partner ganz leicht fesseln können!

Und hiermit beginnt die Reise …

1
Warum macht mich das an?

Die letzten drei Stunden hatte ich damit zugebracht, meinen Geliebten genüsslich zu dominieren, ihn zu fesseln, mit ihm zu spielen, ihm süße Lust zu verschaffen und auch ein wenig Schmerz zuzufügen. Jetzt, da sein ekstatischer Orgasmus langsam abebbte, streichelte ich ihm ruhig den Rücken, bedeckte ihn mit zarten Küssen und sanften Bissen. Dann löste ich vorsichtig die Fesseln und massierte meinem Liebsten Handgelenke und Knöchel. Als ich ihm das Halsband abnahm, sah ich ihm tief in die Augen; unsere Sitzung war beendet. Er zog mich fest an sich. Unser Atem ging im Gleichtakt, gemeinsam genossen wir die wohligen Nachwirkungen. Schließlich sah ich zu ihm auf, um mich zu vergewissern, dass bei ihm alles in Ordnung war.

»Das war ganz unglaublich, sehr intensiv«, flüsterte ich leise, um den Bann nicht zu brechen. »Kann ich noch etwas für dich tun?«

Er holte tief Luft, seine Miene wurde etwas ratlos. »Ich kann einfach nicht begreifen, warum ich auf so etwas stehe. Klar, der Sex ist toll und wirklich heiß, aber ich kann mir nicht erklären, warum mich das so unglaublich scharfmacht.«

Diese Ratlosigkeit kenne ich nur zu gut. Nach vielen Gesprächen, nach unseren gemeinsamen Sitzungen und manchmal auch aus heiterem Himmel fragt Ian, mein Partner, mich immer wieder: »Warum macht mich das nur an?« Und genau diese Frage beschäftigte mich auch: Warum? Warum machen ihn bestimmte Dinge so ungeheuer scharf, und warum verspüre ich dabei solche Erregung, obwohl mein Körper gar nicht berührt wird? Warum wirkt es stimulierend, Macht über einen anderen Menschen zu haben, ihn herablassend zu behandeln oder ihm gar Schmerzen zuzufügen? Und wie konnte ich das jemandem »antun«, den ich so sehr liebe?

Als ich so neben Ian lag, neben dem Vater meines Sohnes, dem Mann, der seit fast zehn Jahren an meiner Seite ist und den ich bewundere, liebe und respektiere, dachte ich an das gewagte Abenteuer, mit dem wir dieser hartnäckigen Frage auf den Grund gehen wollten. Wir hatten gerade vereinbart, unser 40/40-Experiment zu starten. Gut möglich, dass sich dadurch manches für immer ändern würde. Vielleicht standen uns Erkenntnisse bevor, die wir lieber gar nicht erlangen wollten. Oder vielleicht würden wir noch heißeren Sex erleben, uns noch näher kommen und unsere eigene Erotik noch besser verstehen. Wir hatten uns vorgenommen, das gemeinsam herauszufinden – das Risiko einzugehen und tief in eine Welt der Erotik einzutauchen, in der wir zum ersten Mal Seite an Seite lernen würden.

Jaiyas Tagebuch: Dominant/Tag 2

Gestern Abend hat Ians Ausbildung begonnen. Ich werde ihn nun 40 Tage lang dominieren. Ich bin sehr gespannt auf dieses Abenteuer und fühle mich schon jetzt ganz anders. Ich kann es kaum in Worte fassen – irgendwie hat sich zwischen Ian und mir bereits jetzt etwas verändert. Ich muss lächeln, wenn ich ihn ansehe, ich spüre eine gewisse Spannung, eine Energie, die sich nur schwer beschreiben lässt. Als wären wir wieder frisch verliebt …

Wir haben mehrere Jahre gebraucht, um so weit zu kommen: dass er sich für seine Fessel- und Unterwerfungsfantasien nicht mehr schämt, sondern sie sich eingesteht und mir anvertraut. Obwohl ich als Sexologin Tag für Tag mit den intimen, geheimen sexuellen Wünschen anderer Menschen zu tun habe, obwohl ich Ian akzeptiere und liebe, obwohl wir einige der intimsten Momente unseres Lebens miteinander geteilt haben, fiel es ihm schwer, mir seine ungewöhnlichen Vorlieben zu gestehen. Ich musste erst ein sicheres Umfeld schaffen, ihn voll und ganz akzeptieren und ihm versichern, dass sich diese Akzeptanz niemals ändern würde, ganz egal, was er mir offenbaren sollte. Wir beide wollten der Sache auf den Grund gehen. Warum findet er Fesselspiele und Unterwerfungsfantasien so erregend?

Viele Menschen müssen erst die Frage nach dem Warum beantworten, bevor sie sich richtig gehen lassen, alle Scham ablegen und ungehemmt Spaß haben können – sie brauchen sozusagen eine Erlaubnis für das, was sie vorhaben. (Wenn das Warum für Sie keine Rolle spielt, können Sie dieses Kapitel gerne überspringen und sich sofort dem nächsten widmen.) Ich habe mich intensiv mit dieser Frage befasst, habe Hunderte von Büchern, Artikeln und Aufsätzen studiert, Forschungsberichte und Studien gelesen, professionelle Dominas, Sadisten und devote Menschen befragt, mit Therapeuten gesprochen und unzählige Male »Warum?« gefragt. Warum finden manche Menschen Sex anregend, der nicht unseren kulturellen Vorstellungen entspricht? Warum ist Unterwerfung ein Aphrodisiakum? Warum werden manche Personen gern gefesselt? Warum tragen einige Männer gern Damenunterwäsche, während andere das Gefühl von Leder auf der Haut lieben? Warum kann Schmerz ein Genuss sein? Warum wirkt eine bestimmte Fantasie auf meinen geliebten Partner so erregend, dass ihn der bloße Gedanke daran ganz heiß macht? Warum blüht er in ungeahnter Weise auf, wenn ich ihn dominiere? Warum, warum, warum …

Was motiviert uns dazu, etwas Ungewöhnliches auszuprobieren?

Ein aufschlussreicher Blick in die Geschichte

Letztendlich geht es darum, bis ins Gehirn vorzudringen und das Bewusstsein maßgeblich zu verändern. Schon im Altertum wusste man, wie sich das erreichen lässt – durch Schmerz, körperliche Veränderungen, chemische Experimente, spirituelle Verzückung. Die »Modern Primitives« halten dieses Wissen am Leben.

– Flagg, The Forked Tongue

Niemand weiß genau, wo das, was man heutzutage als Kinky Sex bezeichnet, seinen Anfang genommen hat. Es steht jedoch außer Frage, dass in allen Kulturen der Welt in jeder Epoche »ungewöhnlichem« Sex gefrönt wurde. In unserer modernen Kultur sind Macht, Fesselung und bestimmte Empfindungen allerdings mit einem tiefen Schamgefühl verknüpft. Dabei sind Lust, Macht und Züchtigung so sehr Teil der menschlichen Erfahrungswelt, dass sie in der Kunst sowie in Texten wie dem Kamasutra verewigt wurden.

Ich finde, es ist höchste Zeit, dass wir unsere außergewöhnlichen Neigungen akzeptieren, sie ausleben und genießen!

Die wohl älteste Darstellung einer erotischen Züchtigung findet sich in einer etruskischen Grabstätte (aus dem Jahr 490 vor unserer Zeitrechnung). Das Bild zeigt eine erotische Szene mit zwei Männern und einer Frau. Einer der Männer züchtigt die Dame mit einem Stock, der andere schlägt sie mit der Hand. Und alle drei scheinen dabei ziemlich viel Spaß zu haben!

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Tomba della Fustigazione

Wenn wir untersuchen, wieso Macht, Fesselung und Züchtigung so anregend wirken, stoßen wir unter Umständen auf früherotische Schlüsselerlebnisse aus der Kindheit. Auch Ihre persönliche sexuelle Vergangenheit kann erklären, wieso Sie auf außergewöhnlichen Sex stehen – vielleicht hat sich diese Vorliebe schon seit Langem abgezeichnet. Was Sie als sexuell erregend empfinden, kann mit bestimmten Ereignissen aus Ihrer Jugend zusammenhängen. Jack Morin, der Verfasser von Erotische Intelligenz, erklärt: »Wenn ein Mensch heranwächst, nimmt seine Sexualität ihre ganz eigene Ausprägung und Form an. Dabei werden besondere Hindernisse unweigerlich mit einer gesteigerten Erwartungshaltung verknüpft.« Die Forschung zeigt übrigens, dass die überwiegende Mehrheit der Menschen, die auf ungewöhnlichen Sex stehen, nie sexuell missbraucht wurde und auch keine psychische Störung aufweist.

Was also veranlasst uns dazu, ungewöhnlichen Sex auszuprobieren oder zu praktizieren oder sogar das ganze Leben danach auszurichten? Sie werden sich wundern: Ich habe nämlich festgestellt, dass die Vorliebe dafür gar nicht so sehr mit Sex an sich, sondern vielmehr mit unserer alltäglichen Psychologie zu tun hat.

Sicher warten Sie schon ungeduldig darauf, dass wir uns endlich mit heißem Sex befassen – nun, das Warten hat ein Ende!

HEISSERER SEX

Die Welt des Kinky Sex beschränkt sich keineswegs auf Geschlechtsverkehr oder andere Formen des sexuellen Kontakts (obgleich ungewöhnliche Praktiken das Sexualleben ungeheuer bereichern können). Wer Kinky Sex praktiziert, nimmt sich dafür in der Regel viel Zeit und weiß genau, wie sich Geist, Körper und auch Seele des Partners am besten stimulieren lassen. Die Partner können in der Regel sehr gut kommunizieren und bemühen sich stets, die Lust noch weiter zu steigern und den anderen noch stärker zu erregen. Forschungen haben bewiesen, dass etwas Ungewöhnliches oder Neues im Schlafzimmer die Erregung erheblich steigert. Mit ihren zahllosen Spielzeugen und Hilfsmitteln bietet die Welt des Kinky Sex ungeahnte Möglichkeiten für sexuelle Experimente jeder Art. Er ist die ultimative Lösung bei Langeweile im Bett!

GRÖSSERE INTIMITÄT UND VERBUNDENHEIT

Intimität! Kaum etwas verspricht so intime Erlebnisse wie ungewöhnlicher Sex – besonders dann, wenn man bereit ist, sich ganz und gar darauf einzulassen (und zwar sowohl als aktiver als auch als passiver Part).

In seinem Buch This Curious Human Phenomenon: An Exploration of Some Uncommonly Explored Aspects of BDSM geht der Autor Peter Masters auf die Penetration ein. Seiner Ansicht nach gibt es neben der offensichtlichen physischen Penetration (Geschlechtsverkehr, Schlagspiele usw.) noch einen weitaus weniger bekannten intimen Akt, nämlich die sogenannte psychologische Penetration. Diese könne von einem anderen Menschen (jemand, der Ihr Herz berührt, nimmt Sie wahr) oder von einer Gruppe ausgehen (das Publikum, das einem Darsteller auf der Bühne zusieht) oder aber im eigenen Kopf ablaufen (wenn man eine tiefe Erkenntnis über sich selbst gewinnt). Ich bin überzeugt davon, dass wir alle uns im Grunde danach sehnen, wahrgenommen zu werden. Obgleich wir Angst davor haben, sehnen wir uns danach. Ungewöhnliche Sexpraktiken öffnen eine Tür, hinter der wir zutiefst intime Aspekte unserer Identität offenbaren, Aspekte, die wir aus Scham vor anderen oder sogar vor unserem eigenen Bewusstsein verbergen. Bei außergewöhnlichem Sex kann die Maske fallen, die Sie im Alltag tragen (der höfliche, fügsame, salonfähige Teil Ihrer Persönlichkeit), sodass verborgene Facetten zutage treten und sich Ihr wahres Ich offenbart. Sicher hatten Sie schon einmal ein Erlebnis, bei dem sich Ihr wahres Ich gezeigt hat. Peter Masters schreibt: »Es gibt sogar eine passende Wendung, die jeder schon einmal gehört hat: alle Hüllen fallen lassen

Schlagspiele (wie Spanking und ähnliche Praktiken, die aktiv oder passiv erlebt werden) rufen ein unvergleichlich intensives Empfinden hervor, bei dem die äußere Maske fallen und das wahre Ich zum Vorschein kommen kann. Falls Schmerzen nicht Ihr Ding sind, kein Problem; die gleiche Wirkung lässt sich auch mit der Dynamik der Macht erzielen. Bei Rollen- und Machtspielen löst sich das falsche Ich in Luft auf, da »wir in einer neuen oder neuartigen Situation oft nicht auf ein bereits vorhandenes falsches Ich zurückgreifen können, sodass das wahre Ich nackt und unverstellt zum Vorschein kommt«, schreibt Masters.

Zu offenbaren, wer man wirklich ist, sich uneingeschränkt zu verwirklichen und dabei von einem Menschen, der einem wichtig ist, akzeptiert zu werden – das schafft eine unglaublich innige Bindung.

Meine Hand lag auf seinem Oberschenkel, während ich aus dem Fenster sah und mich fragte, zu welchem wunderbaren Lokal wir unterwegs sein mochten. Meine Haut kribbelte noch von der Ausbildungsstunde bei Master Dan Eragon. »Weißt du, was mir auffällt? Als ich dich dominiert habe, hatten wir den heißesten Sex aller Zeiten. Einfach toll. Aber jetzt, nach dem Rollentausch, fühle ich eine innige Verbundenheit. Ich offenbare dir Dinge und Wesenszüge, die ich noch niemals jemandem gezeigt habe. Ich finde, dass wir uns in den letzten 20 Tagen unglaublich nahegekommen sind«, sagte ich. Ian legte seine Hand auf meine, ohne den Blick von der Straße zu nehmen. Wir waren unterwegs nach Santa Monica, vielleicht würden wir irgendwo mit Blick aufs Meer essen. »Ja, da hast du recht«, erwiderte er und drückte mir die Hand.

EKSTASE – HOCHGEFÜHLE DURCH GLÜCKSSTOFFE

Haben Sie schon einmal ein »Läuferhoch« erlebt? Schon einmal ein unglaubliches Glücksgefühl oder eine geradezu berauschende Seligkeit verspürt? Oder hatten Sie schon einmal einen Orgasmus, bei dem Ihr ganzer Körper in Ekstase geriet, und würden so etwas gerne noch einmal erleben? Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Männern und Frauen dabei zu helfen, die eigene Sexualität besser zu verstehen und so erotische Ekstase freizusetzen. Natürlich führen viele Wege zur sexuellen Ekstase, doch mit Kinky Sex lässt sich dieses natürliche Hochgefühl besonders gut erreichen.

Verzückung oder Ekstase kann durch verschiedenste Sexpraktiken entstehen und wird von jedem Menschen anders wahrgenommen. Oft resultiert sie aus dem Spiel mit verschiedenen Motivationen. Gibt man sich beispielsweise ganz in die Hand eines anderen und wird so verletzlich, kann das Intimität und Verbundenheit steigern; dies wiederum führt zur psychischen Penetration, die ihrerseits Ekstase hervorruft.

Diese Ekstase ist untrennbar mit Wohlfühlhormonen verknüpft, die durch Sinnesspiele (die alle Sinne stimulieren), Schlagspiele oder verschiedene psychologische Szenarios hervorgerufen werden können. Kinky Sex und Sexspiele können bestimmte neurochemische Veränderungen bewirken, die oft zu unvergleichlichen Hochgefühlen führen (allerdings nur, wenn die Techniken richtig angewandt werden, ansonsten können sie auch schwere Niedergeschlagenheit zur Folge haben).

DEN KOPF ABSCHALTEN

»Ich kann mein Gehirn einfach nicht abstellen. Mein Mann gibt sich solche Mühe, mich zu befriedigen, aber meine Gedanken hören nicht auf zu kreisen. Ich muss ständig an die vielen unerledigten Arbeiten denken oder an ein wichtiges Gespräch, das mir bevorsteht, oder ich überlege, wann ich mich zuletzt rasiert habe – mir kommen immer tausend verschiedene Dinge in den Sinn«, klagte Francis. Ihr Kopf hinderte sie daran, Lust zu empfinden und sich ihrem Mann sexuell hinzugeben. Francis stand ständig unter Strom, sie war eine echte Powerfrau und verdiente den Lebensunterhalt für die Familie. Obwohl sie dringend einen Orgasmus brauchte, konnte sie nicht zum Höhepunkt kommen. Sie wusste nicht einmal mehr, wie lange es schon so ging. Frustriert seufzte sie: »Ich wünschte, ich könnte meinen Kopf irgendwie ausschalten. Dann würde ich vielleicht endlich meinen Mann zwischen meinen Beinen spüren!«

Die Hilfsmittel und Praktiken aus der wunderbaren Welt des Kinky Sex waren Francis noch nie in den Sinn gekommen. Ich riet ihr, einmal auszuprobieren, ob ihr Macht- und Sinnesspiele dabei helfen könnten, ihre Gedanken abzuschalten. Als sinnlich veranlagte Person (mehr dazu in Kapitel 2: Definitionen, Mythen und Wegweiser – ach du meine Güte!) war Francis besonders empfänglich für Sinneswahrnehmungen, mit denen sie bis in den sogenannten Subspace vordringen konnte.

Der Subspace lässt sich nur schwer beschreiben, man muss ihn eigentlich selbst erleben. Stellen Sie sich vor, dass alle Gedanken wie ausgelöscht sind und Sie nur noch Sinneseindrücke wahrnehmen. Sie sind unglaublich entspannt. Jeder Zentimeter Ihrer Haut ist für die leiseste Berührung empfänglich, und dennoch ist Ihr Schmerzempfinden erheblich eingeschränkt. Sie nehmen Schmerzen nicht so stark wahr, weil Ihr Körper schmerzhemmende Glückshormone ausschüttet. Wer den tiefsten Subspace erreicht, kann mitunter nicht einmal mehr sprechen und hat den eigenen Namen vergessen; der denkende Teil des Gehirns ist dann abgeschaltet, Sie befinden sich in einem ursprünglichen Zustand des Fühlens. Ein devoter Partner kann vollkommen darin versinken, doch auch der dominante kann einen solchen Ekstasezustand erreichen. Ich nenne das »intensive Präsenz«. Der dominante Partner erlebt den Subspace durch extreme Konzentration in Verbindung mit körperlicher Betätigung oder Aufmerksamkeit.

Sie wollen sich vorerst noch nicht in den Subspace vorwagen? Kein Problem, nur mit der Ruhe! Ellen Heed, eine geniale sexologische Bodyworkerin, hat mir eine ganz neue Dimension der Sexualität eröffnet: Von ihr habe ich gelernt, wie wichtig es ist, das Nervensystem herunterzuregeln. Was genau das bedeutet? Nun, es bedeutet ganz, ganz tiefe Entspannung. Viele Menschen wissen gar nicht, wie sich richtig tiefe Entspannung anfühlt. Sie leben in einem ständigen Kampf-oder-Flucht-Modus. Eine schöne Massage baut zwar Anspannung ab, doch die Wirkung ist meist nicht von Dauer. Durch einschränkende Fesseln, feste Druckberührungen oder über die sogenannten Knochenpunkte lässt sich oft ein Zustand der Tiefenentspannung erreichen. Mehr dazu erfahren Sie in Kapitel 8: Handschellen, Fesseln und Glückseligkeit.

SCHAM IN LUST VERWANDELN

Möchten Sie Ihre Schamgefühle loswerden? Viele Menschen können sich erst dann richtig gehen lassen, wenn sie gefesselt und/oder dominiert werden, und erleben dann eine ungeahnte Freiheit. Da ihm das »unanständige« Verhalten quasi aufgezwungen wird, kann der devote Partner alle Scham (»Wenn mir so etwas gefällt, muss ich ein schlechter Mensch sein!«) ablegen und Lust und Orgasmen ungehemmt genießen. Wird uns die Lust »aufgezwungen«, wächst der Appetit auf erotische Leckerbissen, die wir uns bislang versagt haben. Wie oft bekomme ich zu hören: »Ich könnte mich niemals zu x überwinden, aber wenn ich gefesselt bin, mache ich x nicht mehr aus freien Stücken, sondern mein Partner ›zwingt‹ mich dazu.«

Darüber hinaus hat die dominante Person beim Kinky Sex die Möglichkeit, ihre herrische oder sadistische Ader ungehemmt auszuleben. Wichtig ist nur, dass beide Partner einverstanden sind!

INTENSIVES EMPFINDEN BEDEUTET OFT LUST

Bei manchen Menschen bedeutet Schmerz gleich Lust. Manchmal hat das seine Ursachen in der Vergangenheit, manchmal auch nicht. Ab und zu überschneiden sich diese körperlichen Empfindungen, manchmal nicht. Manche genießen es, Schmerzen zuzufügen, andere verspüren sie gerne. Warum?

Es gibt psychologische und physiologische Gründe, wieso Schmerzen Lust hervorrufen können. Manchmal ist ein bestimmtes Gefühl oder eine körperliche Wahrnehmung der Auslöser. Endorphine können bewirken, dass Schmerzen einem Menschen höchsten Genuss verschaffen. Zudem gibt es die Theorie, dass sich im Gehirn von Masochisten (also Personen, die gerne Schmerzen erleiden) mehr Lust- als Schmerzrezeptoren finden. Bei den meisten Menschen jedoch setzen Schlagspiele Endorphine frei, die das Schmerzempfinden hemmen. Dann strömt das Wohlfühlhormon Dopamin durch den Körper und ruft einen Rauschzustand hervor. Die Endorphine wirken (genau wie Opiate namens Enkephaline) als natürliche Schmerzhemmer und sind ganz ähnlich aufgebaut wie Morphine. Sie sind nicht nur für das Läuferhoch verantwortlich, sondern sorgen auch dafür, dass die Schmerzen bei natürlichen oder Orgasmusgeburten oder nach einer schweren Verletzung erträglich bleiben. Wenn nun Dopamin und das Liebeshormon Oxytocin zusammentreffen, verspüren Sie ein unglaubliches Hochgefühl.

Bei sadistisch veranlagten Menschen wird das Lustgefühl durch einen anderen Hormoncocktail hervorgerufen, der unter anderem Oxytocin, Adrenalin und Dopamin enthält.

MACHT UND KONTROLLE ERLEBEN

Haben Sie sich schon einmal danach gesehnt, einfach genommen zu werden? Oder vielleicht über Ihren Partner herzufallen? Macht spielt nicht nur bei außergewöhnlichem Sex eine Rolle. Auch wenn wir es uns nicht eingestehen wollen: Insgeheim wünschen wir uns, dass die Macht im Bett ungleich verteilt ist. Geht dieses Ungleichgewicht verloren, so schwindet unsere Leidenschaft. Esther Perel, eine brillante Sextherapeutin und Autorin von Mating in Captivity, teilt diese Auffassung: »Ich bin überzeugt, dass sowohl Männer als auch Frauen gleichberechtigten, respektvollen Sex – ohne jegliche Machtdemonstration, Aggression und Grenzüberschreitung – nicht besonders erotisch finden.« Fehlt die Machtdynamik, wirkt alles schal. Auch wenn wir in allen Bereichen einer Beziehung stets um Gleichberechtigung bemüht sind, ist dabei immer eine unbewusste Machtdynamik im Spiel. Machen wir uns diese Dynamik deutlich, so können wir sie nutzen, um wirklich heißen Sex zu erleben. Perel schreibt: »So problematisch die Dynamik von Macht und Kontrolle in einer emotionalen Beziehung sein kann – in erotischer Hinsicht ist sie äußerst wünschenswert.«

Vorerst noch etwas Geduld, meine Lieben, mit Machtspielen befassen wir uns in Kapitel 5: Macht, Unterwerfung und Ekstase.

GEGENPOLE

Heiße, leidenschaftliche Intimität lässt sich nur erreichen, wenn im Schlafzimmer Gegensätze herrschen. Ein Partner muss die Kontrolle übernehmen, der andere sich fügen. Unabhängig von Geschlecht oder sexuellen Vorlieben braucht man einen maskulinen (aktiven) und einen femininen (rezeptiven) Part. Und unsere sexuelle Identität benötigt helle und dunkle Elemente. Wir brauchen Gegenpole, um ein sexuelles Gleichgewicht herzustellen. Fehlt dieses, so stirbt die Leidenschaft, und das erforderliche Hell oder Dunkel wird dann oft außerhalb der Beziehung gesucht. Mit Kinky Sex lässt sich die dunkle Seite gefahrlos ausleben, und die Macht kommt wieder in Balance.

EMOTIONALE KATHARSIS

Manche Menschen leiden unter einem Kindheitstrauma, das sich mit Gesprächstherapien allein nicht bewältigen lässt. Sie brauchen eine körperliche Erfahrung, um sich davon zu befreien. Kink kann eine solche Erfahrung ermöglichen.

– Ivy Young, Psychotherapeutin und professionelle Dominatrix

Eine Katharsis ist eine überwältigende Befreiung, ein allumfassender emotionaler Orgasmus. Nach einer emotionalen Katharsis ist Sex für mich immer ganz besonders befriedigend, doch die Katharsis kann auch durch sehr intensiven Sex oder einen überwältigenden Orgasmus ausgelöst werden. Katharsis ist eine Reinigung von Gefühlen; sie räumt alle Belastungen aus, alles, was sich im Innern angestaut hat. Das kann eine äußerst heilsame Wirkung haben – sofern Sie darauf achten, dass Sie oder Ihr Partner dabei keine erneute Traumatisierung erleiden. Ich persönlich habe mit der Katharsis nur gute Erfahrungen gemacht und sie in meiner devoten Phase besonders intensiv erlebt.

Jaiyas Tagebuch: Devot/Tag 19

Mir fehlen die Worte. Gerade eine Sitzung hinter mir – wieder eine emotionale Katharsis. Was ist das nur? Mein Gehirn will es rational einordnen, sich orientieren, an etwas festhalten. So ging es los: Ian ordnet an, dass ich atmen soll – tief in Richtung Herz einatmen, langsam und vollständig wieder ausatmen, dann innehalten. Ich darf sprechen, aber die Worte versagen. Erst scheint gar nichts zu geschehen, dann plötzlich Schmerzen – ein brennender Schmerz über die ganze linke Körperhälfte, besonders an Hals und Schultern. Ian sitzt rittlings auf mir, streichelt mich sanft, meine Beine sind unruhig. Sie wollen sich bewegen: Ich stemme mich gegen ihn.

Mein Bewusstsein sagt mir, dass er mich für verrückt halten muss – er glaubt sicher, dass ich den Verstand verloren habe, dass ich spinne, und er wird mich verlassen –, doch dann übernimmt mein Körper das Kommando, mein Gehirn schaltet sich ab, ich lasse vollkommen los, mein Körper windet und wendet sich, in ständiger Bewegung, während ich schluchze, die alten Schmerzen und Ängste – uralt – was ist das nur? Meinem Körper ist es egal. Schluchzer um Schluchzer, so heftige Emotionen, Jammern und leises, ängstliches Wimmern dringen aus meiner Kehle. Dann entspanne ich mich allmählich. Der Schmerz lässt langsam nach. Mein Atem geht ruhiger. Weich, angenehm, als würde ich schweben …

Eine emotionale Katharsis lässt sich mit Macht-, Fessel- und Schlagspielen erreichen. Manchmal fließen dabei Tränen, aber ich habe auch schon Gelächter und Freude erlebt. Es ist, als würden alle aufgestauten Emotionen unkontrolliert hervorbrechen, und das ist einfach wunderbar! Nicht jeder erlebt eine Katharsis, und laut Peter Masters ist die Erfahrung bei jedem Menschen anders. »Sie kann still und im Verborgenen ablaufen oder sich als lautstarke, emotionale Befreiung mit Heulen und Schluchzen äußern. Wichtig ist nur: In jedem Fall ist es eine Befreiung.«

MODE UND SYMBOLIK

Manche Menschen lieben an ungewöhnlichem Sex und BDSM in erster Linie den Look und den Symbolgehalt der Kleidung. Ich persönlich hatte ungeheuren Spaß daran, mir tolle Outfits zu überlegen, sie auf Pinterest zu präsentieren und extravagante Schuhe zu tragen. Ich konnte es kaum erwarten, mit Ian einkaufen zu gehen – und das, obwohl ich Shopping eigentlich hasse! Durch Kinky Sex bin ich zu einem richtigen Modepüppchen geworden.

Wenn Sie Spaß an Mode und Accessoires haben, können Sie Ihrer Fantasie im Rollenspiel freien Lauf lassen! Sicher gibt es bestimmte Kleidungsstücke, in denen Sie sich ganz besonders dominant oder devot vorkommen. Wenn Sie sich unwiderstehlich sexy finden, fördert das Ihre Libido. Wie fühlt es sich an, eine Gerte in der Hand zu halten? Auch wenn Sie sie nie benutzen, ist sie ein Symbol der Macht. Entscheidend ist, welches Gefühl sie in Ihnen hervorruft. Oder tragen Sie ein bestimmtes Schmuckstück als Zeichen Ihrer Dominanz oder Unterwerfung – ein kleines Geheimnis, in das nur Sie und Ihr Partner eingeweiht sind. Ian trug immer eine Designer-Handschelle am Handgelenk, die uns zeigte, dass er mir gehörte. Das Armband wirkte absolut männlich, und ich fand es supersexy, aber insgeheim wussten wir, dass es ihn zum Sklaven seiner Göttin machte!

SPIRITUELLE PRAXIS UND SELBSTVERWANDLUNG

»Kannst du dich öffnen, ihn wichtiger nehmen als dich selbst, dich ihm unterwerfen? Nur für eine Stunde, nur heute Abend – nicht für immer.« Pamela Madsen, Sexualberaterin und Autorin von Shameless, trainierte mich in Sachen Unterwerfung. Für sie ist Unterwerfung eine geistige Übung, die ihre Persönlichkeit weiterentwickelt. »Ich gebe die Kontrolle an eine höhere Macht ab – an meinen Partner – und muss nicht mehr recht behalten, nicht mehr auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten. Unterwerfung ist eine Übung. Es ist meine geistige Übung.« Über diese Worte habe ich lange nachgedacht. Pamela hatte recht – ich hatte diesen Akt der Unterwerfung selbst erlebt und die spirituelle Wirkung gespürt.

VIELLEICHT IST ES GANZ NATÜRLICH

Wir haben uns nun mit der Geschichte des Kinky Sex und Ihrer eigenen Vergangenheit befasst und herausgefunden, wieso manche Menschen gerne ungewöhnlichem Sex frönen. Meiner Ansicht nach neigt der Mensch von Natur aus zum Spiel mit Macht, Empfindungen und außergewöhnlichen Sexpraktiken – und zwar auch beim sogenannten Blümchensex, ganz ohne Peitschen oder Handschellen. Viele Leute frönen Machtspielen und anderen ungewöhnlichen Praktiken, ohne sich darüber im Klaren zu sein. Nach all meinen Forschungen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass Kinky Sex einfach ganz natürlich und normal ist. Es mag sein, dass Sie andere Beweggründe und Vorlieben haben als andere Menschen, aber das ist vollkommen in Ordnung.

Sehen Sie sich noch einmal die oben genannten Gründe an, die manche Menschen zu ungewöhnlichem Sex bewegen. Welche sprechen Sie am meisten an, was würden Sie gerne ausprobieren, wonach sehnen Sie sich? Wenn Ihnen klar ist, warum Sie mit Macht, Unterwerfung und außergewöhnlichem Sex experimentieren möchten, können Sie Ihr Spiel besser gestalten!

Warum das Warum?
Loslassen und Akzeptieren

Ich möchte Ihnen Max vorstellen – er ist der Inbegriff von Männlichkeit, stark und aufmerksam. Ian und ich besuchten ihn im Rahmen unseres 40/40-Projekts (dieser Besuch war ein großer Spaß, mehr dazu später). Man hatte ihn uns wärmstens empfohlen. Max war mit Leib und Seele dominanter Sadist, aber keineswegs ein stereotyper BDSM-Fetischist (ich hatte mir jemanden à la Marilyn Manson vorgestellt, dabei war er eher ein sportlicher Typ). Tagsüber arbeitete er als renommierter Business Coach. Wir hatten viele gemeinsame Bekannte im Kreis der Selbsthilfe-Gurus und bewegten uns in der gleichen Szene. Max’ T-Shirt zierte die Aufschrift Weinen ist kein Safeword – das trug er ganz sicher nicht in geschäftlichen Meetings.

Als wir mit Max zusammensaßen, wollte er von Ian wissen: »Warum interessierst du dich eigentlich so für das Warum?« Damit war er schon der zweite Kink-Fachmann, von dem ich diese Frage hörte. Sogar mein Herausgeber hatte sie mir gestellt, als ich ankündigte, ich wolle ein Buch über das »Warum« im Zusammenhang mit ungewöhnlichem Sex schreiben. Max fuhr fort: »Ganz ehrlich, warum das Warum? Denk doch nicht weiter darüber nach, sondern akzeptiere es einfach.« Dabei sah er Ian äußerst herausfordernd an, und mir wurde klar, dass wir die Frage nach dem Warum nur stellten, weil wir insgeheim voller Scham waren und in gewisser Weise eine Entschuldigung suchten. In diesem Augenblick hörte ich auf, nach dem Warum zu fragen, und beschränkte mich darauf, einfach zu genießen. Nun konnte ich jeden Moment mit dem Mann, den ich liebte, in vollen Zügen auskosten, statt ständig nach einer Antwort zu suchen.

An diesem Abend erlebten wir wunderbare Stunden mit außergewöhnlichem Sex. Ian sagte später, das sei seine schönste Erinnerung an die 40 Nächte. Für mich war der Abend vor allem deshalb so toll, weil ich keine Antwort mehr finden musste, sondern einfach den Augenblick genoss – und Ian ging es genauso. Wir waren wie im Rausch. Wir mussten uns nicht mit irgendwelchen unbekannten, geheimnisvollen Gründen befassen, sondern akzeptierten seine außergewöhnliche Veranlagung einfach.

Ich möchte Sie jetzt auffordern loszulassen. Lassen Sie die Vergangenheit hinter sich, versuchen Sie nicht, etwas zu verstehen oder zu hinterfragen, akzeptieren Sie einfach die Gegenwart. Lassen Sie los und nehmen Sie das Hier und Jetzt so, wie es ist. Holen Sie tief Luft. Bereit? Damit haben wir das »Warum« aus dem Weg geschafft und können uns nun Ihrer Sexualität widmen. Ich gebe Ihnen die uneingeschränkte Erlaubnis. Eine Erlaubnis ohne Wenn und Aber. Ich akzeptiere Sie genau so, wie Sie sind. Wir werden jetzt gemeinsam eine Menge Spaß haben. Ich finde, Sie haben es sich redlich verdient, dass ich Ihnen den Weg zu größerer Lust und Befriedigung zeige!