Impressum
Anschrift der Autoren:
Dr. Claudia Kinnen
Dr. Christiane Rademacher
Univ.-Prof. Dr. Manfred Döpfner
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
des Kindes- und Jugendalters der Uniklinik Köln
Robert-Koch-Str. 10
50 931 Köln
Dieses E-Book ist auch als Printausgabe erhältlich
(ISBN 978-3-621-28190-4)
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1. Auflage 2015
© Beltz Verlag, Weinheim, Basel 2015
Programm PVU Psychologie Verlags Union
http://www.beltz.de
Lektorat: Karin Ohms
Herstellung: Sonja Frank
Illustrationen: Klaus Gehrmann, Freiburg
Reihengestaltung: Federico Luci, Odenthal
Umschlagbild: mauritius images/Photononstop
Satz: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
Gesamtherstellung: Beltz Bad Langensalza GmbH, Bad Langensalza
Printed in Germany
ISBN 978-3-621-28239-0
Inhalt
Vorwort
Kennen Sie das?
Über dieses Buch
Wie ist das Buch aufgebaut?
Wie benutze ich das Buch?
Professionelle Hilfe oder Selbsthilfeprogramm?
IFragen und Antworten
1ADHS-Probleme
1.1Woran erkennt man einen Jugendlichen mit ADHS-Problemen?
1.2Wie wird eine ADHS diagnostiziert?
1.3Was sind die Besonderheiten von ADHS im Jugendalter und wie ist der weitere Verlauf?
1.4Wie häufig sind ADHS-Probleme im Jugendalter?
1.5Was sind die Ursachen von ADHS-Problemen?
2Oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten
2.1Woran erkennt man einen Jugendlichen mit oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten?
2.2Wie wird eine oppositionelle Verhaltensstörung diagnostiziert?
2.3Was sind die Besonderheiten von oppositionellen Verhaltensproblemen im Jugendalter und wie ist der weitere Verlauf?
2.4Wie häufig sind oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten?
2.5Was sind die Ursachen oppositioneller Verhaltensauffälligkeiten?
3Warum werden ADHS-Probleme und oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten in diesem Buch zusammengefasst?
4Was kann man tun?
4.1Was kann man in der Familie tun?
4.2Was kann man in der Schule tun?
4.3Braucht mein Sohn/meine Tochter eine spezielle psychologische Behandlung oder pädagogische Förderung?
4.4Sind Medikamente hilfreich?
5Wer kann helfen?
5.1Internet-Adressen von Fachorganisationen und von Selbsthilfeorganisationen
6Was ist meist weniger hilfreich und was ist zukünftig vielleicht erfolgversprechend?
IIElternleitfaden
Wie benutze ich den Elternleitfaden?
Konflikte analysieren und angehen (Stufe 1 bis 3)
Stufe 1:Verschaffen Sie sich Klarheit über die Hauptkonflikte mit dem Jugendlichen
Stufe 2:Erkennen Sie die Stärken und Schwächen in Ihrer Familie
Stufe 3:Lernen Sie die Konfliktfalle kennen
Miteinander statt gegeneinander (Stufe 4 bis 6)
Stufe 4:Was mögen Sie an dem Jugendlichen?
Stufe 5:Die 1 : 1-Zeit
Stufe 6:Gute Kommunikation in der Familie
Wir regeln das (Stufe 7 bis 9)
Stufe 7:Regeln überdenken
Stufe 8:Gemeinsam verhandeln
Stufe 9:Probleme in 6 Schritten lösen
Geplant konsequent (Stufe 10 bis 12)
Stufe 10:Klare Ansagen machen und positives Feedback geben
Stufe 11:Klare Konsequenzen setzen
Stufe 12:Verhaltensverträge aufsetzen
Auftanken und in die Zukunft schauen (Stufe 13 und 14)
Stufe 13:Im Alltag entspannen
Stufe 14:Die Zukunft planen
Pannenhilfe bei neuen und hartnäckigen Konflikten (Stufe 15 und 16)
Stufe 15:Wenn neue Konflikte auftauchen
Stufe 16:Wenn sich Konflikte nicht lösen lassen
IIIAnwendungsbeispiele
Wie benutze ich die Anwendungsbeispiele?
Anwendungsbeispiel 1: Schul- und Leistungsprobleme
Anwendungsbeispiel 2: Umgang mit Medien
Anwendungsbeispiel 3: Umgang mit Alkohol-, Tabak- und Drogenkonsum
Anwendungsbeispiel 4: Umgang mit Sexualität
IVArbeitsblätter
Verzeichnis der Arbeitsblätter
VMemo-Karten
Verzeichnis der Memo-Karten
Literatur
Hinweise zu den Online-Materialien
Stichwortverzeichnis
Vorwort
Dieses Selbsthilfebuch für Eltern von Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und oppositionellen Verhaltensproblemen publizieren wir, weil wir Jugendlichen mit ADHS-Problemen und oppositionellen Verhaltensproblemen und ihren Bezugspersonen, vor allem den Eltern, helfen möchten, möglichst gut durch diverse Konfliktfelder im Jugendalter zu navigieren: Da sind zum einen die entwicklungsbedingten Konfliktfelder, die sich mit hoher Regelmäßigkeit im Jugendalter auftun. Die enormen körperlichen, seelischen und sozialen Veränderungen, die jeder Jugendliche im Verlauf der Pubertät durchläuft, bringen zwangsläufig Spannungen und Konflikte mit sich, die die Bezugspersonen herausfordern, häufig aber auch gemeinsam gut gelöst werden können. Da sind zweitens die Konfliktfelder, die sich oft verschärft für jene Jugendlichen und ihre Bezugspersonen aufspannen, die bereits als Kinder unter einer starken Unruhe, Impulsivität und Unaufmerksamkeit gelitten haben oder schon als Kinder ein besonders ausgeprägtes oppositionelles und verweigerndes Verhalten an den Tag gelegt haben bzw. es im Rahmen der Pubertät entwickeln. Ziel dieses Buches ist es, Eltern von Jugendlichen, die unter Selbststeuerungsproblemen leiden, dazu anzuleiten, diese vielfältigen Konflikte gemeinsam mit ihren Jugendlichen zumindest zu entschärfen. Wir wissen, dass das eine große Herausforderung ist, und wir hoffen, mit diesem Buch manchen Eltern bei dieser schwierigen Aufgabe behilflich sein zu können.
Dieses Buch hat eine lange Vorgeschichte. Es baut auf der jahrzehntelangen Erfahrung auf, die wir an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters und am Ausbildungsinstitut für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie (AKiP) an der Uniklinik Köln in unserer praktischen und wissenschaftlichen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen (ADHS) und mit oppositionellen Verhaltensstörungen gesammelt haben. In den letzten Jahren haben wir uns dabei verstärkt der Unterstützung der Eltern zugewandt, die sich im ersten Schritt selbst helfen wollten, weil die Selbsthilfe neben der Beratung und Therapie einen wesentlichen Baustein in der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Verhaltensproblemen darstellt. Ausgangspunkt dieser Arbeit war das Selbsthilfebuch für Eltern von Kindern mit ADHS und oppositionellen Verhaltensproblemen mit dem Titel Wackelpeter & Trotzkopf (Döpfner et al., 2011), das mittlerweile in der vierten Auflage erschienen ist. Die Wirksamkeit der angeleiteten Selbsthilfe mit Wackelpeter & Trotzkopf und seinen Weiterentwicklungen für Eltern von Kindern mit ADHS konnte in mehreren wissenschaftlichen Studien belegt werden. Das Selbsthilfebuch Wackelpeter & Trotzkopf in der Pubertät ist das Ergebnis einer Erweiterung dieses Selbsthilfeansatzes für die Eltern von Jugendlichen und beruht auf unseren Erfahrungen mit vielen Eltern von Jugendlichen mit diesen Verhaltensproblemen. Dabei konnten wir auch die Erfahrungen nutzen, die wir im Rahmen der Entwicklung eines Therapieprogramms für Jugendliche mit Selbstwert-, Leistungs- und Beziehungsstörungen (SELBST) (Rademacher & Döpfner, 2014) vor allem mit den Interventionen zur Verminderung von Familien- und Leistungsproblemen gemacht haben. In einer wissenschaftlichen Überprüfung konnten wir zeigen, dass sich die Verhaltensprobleme von Jugendlichen im Verlauf einer telefonisch angeleiteten Selbsthilfe unter Verwendung dieser schriftlichen Materialien deutlich vermindern lassen.
Wir danken allen Jugendlichen und ihren Eltern sowie allen anderen Bezugspersonen, weil es uns erst durch diese Zusammenarbeit möglich war, unsere konkreten Hilfestellungen zu erarbeiten, sie zu überprüfen und weiter zu entwickeln. Bei dieser Arbeit haben uns viele Kolleginnen und Kollegen aus der Schwerpunktambulanz für Kinder mit ADHS sowie aus der Schwerpunktambulanz für Jugendliche unterstützt, stellvertretend für alle bedanken wir uns bei Dr. Stephanie Schürmann (Dipl.-Psych.), Gräfin Dr. Tanja Wolff Metternich-Kaizman (Dipl.-Psych.), Tina Roschmann (Dipl.-Päd.) und PD Dr. Daniel Walter.
Wir hoffen, dass dieses Buch nicht nur Eltern, Erziehern und Lehrern Informationen und Hilfestellungen gibt, sondern dass es auch Psychologen, Psychotherapeuten und Ärzten hilft, den Eltern und allen anderen Bezugspersonen von Jugendlichen mit ADHS-Problemen und oppositionellen Verhaltensproblemen jene Unterstützung zukommen zu lassen, die sie brauchen, um die Konflikte gemeinsam mit ihrem Jugendlichen zu meistern.
Köln, im Oktober 2014
Claudia Kinnen
Christiane Rademacher
Manfred Döpfner
Kennen Sie das?
- Max ist 14 Jahre alt und geht in die 8. Klasse. In der Schule klappt es – wie schon lange – nicht so gut für ihn. Seine Noten sind seit Jahren meistens genau an der Grenze zur Nicht-Versetzung und er kann sich zum Schuljahresende hin immer nur mühsam auf Vieren retten. Nach wie vor bekommen seine Eltern immer wieder Rückmeldungen von den Lehrern, dass Max im Unterricht nicht aufpasse, Aufgaben nicht sorgfältig bearbeite und häufig wegen fehlender Hausarbeiten auffalle. In einigen Fächern störe er massiv den Unterricht und verhalte sich den Lehrern gegenüber respektlos. In den Pausen käme es immer wieder zu Konflikten mit seinen Mitschülern. Er selbst sagt dann, die anderen hätten ihn provoziert und er habe sich nur gewehrt, aber seine Eltern wissen, dass Max sich auch besonders leicht provozieren lässt und die anderen sich vielleicht auch deshalb immer wieder Max aussuchen, um ihn zu ärgern.
- In seiner Freizeit war Max früher ein begeisterter Fußballer. Aber vom Fußballverein hat er sich im letzten Jahr abgemeldet, weil er »keinen Bock« mehr habe, da hinzugehen. Überhaupt hat Max im Moment wenig Lust, etwas aktiv zu machen. Er hängt in seiner Freizeit lieber zu Hause rum, spielt viel mit seinem Handy oder PC. Wenn seine Eltern ihn darauf ansprechen, ob er nicht mal wieder etwas unternehmen wolle, rastet Max manchmal richtiggehend aus, schreit die Eltern an, tritt gegen Möbel und knallt mit den Türen. Die Eltern wissen sich keinen Rat mehr und machen sich große Sorgen um ihn. Sie haben das Gefühl, dass er sich andauernd mit fast allen Menschen um ihn herum streitet und nicht sehr glücklich wirkt. Sie würden ihm gern helfen, aber wenn sie es versuchen, geraten auch sie immer nur in neue Konflikte mit Max.
- Julia besucht die 9. Klasse einer Realschule. Schon ihre gesamte Schulzeit über klagen die Lehrer immer wieder, dass Julia kaum bei der Sache sei und sich von jeder Kleinigkeit ablenken lasse. Das ist mit der Pubertät leider nicht besser geworden. Wenn Julia im Unterricht angesprochen wird, weiß sie häufig nicht, worum es gerade geht, entweder weil sie vor sich hin geträumt, mit der Nachbarin gequatscht oder sich gerade ihre Hand bemalt hat. Wenn es darum geht, eine Aufgabe zu bearbeiten, braucht sie oft mehrere Minuten, um ihr Heft und das Buch in ihrer Tasche zu suchen. Manchmal stellt sie dann auch fest, dass sie es vergessen hat. Klar, dass Julia selten ihre Aufgaben zu Ende bringt.
- Wenn Julia nach Hause kommt, weiß sie häufig nicht, welche Hausaufgaben sie eigentlich auf hat. Kein Wunder: In ihrer Tasche häufen sich lose Blätter und Julia hat keinen Überblick mehr, was in einem Fach zu tun ist oder wann die nächste Klassenarbeit ansteht. Außerdem hat sie immer wieder Besseres zu tun als ihre Hausaufgaben zu machen. So hat sie fast jeden Tag eine wichtige Verabredung oder beschäftigt sich mit ihrem Styling. Wenn sie in ihrem Zimmer am Schreibtisch sitzt, vertrödelt sie häufig ihre Zeit, chattet zwischendurch an ihrem PC, telefoniert oder schreibt SMS. Hausaufgaben laufen eher so nebenbei. Erlaubt sich die Mutter dann einmal, misstrauisch nachzufragen, ob sie denn nicht noch Vokabeln lernen oder für eine Klassenarbeit üben müsse, reagiert Julia sehr abweisend und genervt. Sie will, dass sich die Mutter aus den Schulsachen raushält, ihre Noten sprechen aber dafür, dass Julia sich in der Schule zu wenig bemüht. Dabei müsste Julia doch langsam eigentlich alt genug sein, um selber einzusehen, dass sie sich in der Schule anstrengen muss – schließlich kommt es doch mittlerweile wirklich darauf an! Wenn sie nicht bald die Kurve kriegt und einen halbwegs vernünftigen Schulabschluss schafft, wird sie nachher keinen Ausbildungsplatz finden.
Viele Jugendliche haben solche und ähnliche Verhaltensprobleme und viele Eltern und Lehrer klagen über diese Schwierigkeiten. Mit allen Jugendlichen gibt es hin und wieder Probleme und alle Familien haben mehr oder weniger große Schwierigkeiten. Aber bei manchen Jugendlichen und in manchen Familien sind die Probleme so stark, dass sie Hilfe brauchen. Das Jugendalter entwickelt sich dann zu einem großen Konfliktfeld. Max und Julia aus den oben genannten Beispielen stehen in diesem Buch stellvertretend für alle Jungen und Mädchen, die diese und ähnliche Verhaltensprobleme haben. Die beiden begleiten Sie durch die einzelnen Stufen unseres Elternleitfadens (Teil II) und in den Anwendungsbeispielen (Teil III) und geben Ihnen damit beispielhaft eine Vorstellung davon, welche Probleme Sie in Ihrer Familie und mit Ihrem Jugendlichen mit Hilfe dieses Buches angehen können.
Über dieses Buch
Dieses Buch wendet sich an Eltern von Jugendlichen, die deutliche Probleme damit haben, sich selbst zu steuern. Diese Probleme können sich darin äußern, dass die Jugendlichen oft handeln ohne nachzudenken, dass sie unruhiger sind als Gleichaltrige oder sich schlechter konzentrieren können. Probleme in der Selbststeuerung können sich aber auch in ausgeprägten und häufigen Wutausbrüchen zeigen oder in einem aggressiven und verweigernden Verhalten in der Familie oder auch außerhalb. Sehr viele Jugendliche zeigen ein solches Verhalten. Es ist daher nicht automatisch ein Hinweis auf eine ausgeprägte Verhaltensstörung. Dennoch müssen Eltern mit solchen Schwierigkeiten umgehen und ihren Kindern helfen, damit zurechtzukommen. Bei manchen Jugendlichen treten diese Probleme nach einer weitgehend unproblematischen Kindheit nur im Verlaufe der Pubertät auf; bei anderen Jugendlichen gab es bereits vergleichbare Probleme in der Kindheit. Dieses Buch ist für Eltern geeignet, deren Kinder erst ab dem Jugendalter solche Schwierigkeiten haben; es ist aber vor allem für Eltern geschrieben, deren Kinder schon deutlich vor der Pubertät mit solchen Problemen zu kämpfen hatten.
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Im Wesentlichen lassen sich zwei Problembereiche unterscheiden:
Problembereich 1. Verhaltensprobleme, die im Kern durch mangelnde Konzentration und Ausdauer, starke Impulsivität oder hohe Unruhe gekennzeichnet sind. Wenn solche Probleme in ausgeprägter Form seit der Kindheit bestehen, dann können sie auf eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) hinweisen.
Problembereich 2. Oppositionelle Verhaltensprobleme, die sich durch verweigerndes, oppositionelles Verhalten, durch häufiges Streiten, Grenzüberschreitungen und heftige Wutausbrüche auszeichnen.
Diese Probleme können unabhängig voneinander oder auch gemeinsam auftreten. Sie können das familiäre Zusammenleben und die Entwicklung des Jugendlichen erheblich beeinträchtigen und dazu führen, dass der Jugendliche immer wieder in heftige Konflikte gerät: Zuhause, aber auch in der Schule oder in der Gleichaltrigengruppe. Häufig kommen beide Problembereiche gemeinsam vor. Deshalb werden in diesem Buch auch beide Problemfelder angesprochen.
Ziel dieses Elternbuches ist nicht die problemlose Familie oder der perfekt funktionierende Jugendliche. Das könnten wir gar nicht erreichen. Wir wollen vorhandene Fähigkeiten des Jugendlichen und der Familie aktivieren, um diese Probleme selbst zu lösen oder zumindest zu vermindern. Damit wollen wir Sie, Ihren Sohn bzw. Ihre Tochter und Ihre Familie in die Lage versetzen, Aufgaben, die in den nächsten Jahren vor Ihnen liegen, trotz einiger Schwierigkeiten erfolgreich zu bewältigen.
Die in diesem Buch beschriebenen Empfehlungen basieren auf Methoden, die sich in unserer langjährigen therapeutischen Arbeit mit Eltern von Jugendlichen an der Uniklinik Köln als hilfreich erwiesen haben.
Das Buch ist für Eltern von Jugendlichen vom Beginn der Pubertät bis zum Erreichen der Volljährigkeit geschrieben worden. Es ist ein Buch für Väter und Mütter. Wir wissen, dass dieses Buch mehr Mütter als Väter lesen, deshalb werden in diesem Buch häufiger die Mütter als die Väter direkt angesprochen. Wir möchten aber auch die Väter ausdrücklich einladen, sich mit diesem Buch zu beschäftigen. Schließlich betreffen die Probleme in der Familie sowohl Väter als auch Mütter. Da diese Probleme zudem viel häufiger bei Jungen als bei Mädchen auftreten, haben Väter eine besondere Aufgabe, weil sich pubertierende Jungen in besonderer Weise an ihren Vätern orientieren oder auch von ihnen abgrenzen wollen.
Wie ist das Buch aufgebaut?
Dieses Buch ist in fünf Hauptteile gegliedert:
I Im ersten Teil des Buches finden Sie Antworten auf Fragen, die sich viele Eltern von Jugendlichen mit den genannten Verhaltensproblemen stellen: Was sind die typischen Probleme einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Jugendalter und wie äußern sich oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter? Was sind die Ursachen dieser Probleme? Wie verändern sich die Probleme mit dem Jugendalter? Wie entwickeln sich die Jugendlichen im Erwachsenenalter weiter? Was kann man tun, um diese Problem zu begrenzen und den Jugendlichen zu helfen?Die meisten Jugendlichen mit diesen Verhaltensproblemen hatten auch als Kinder ähnliche Schwierigkeiten, doch entwickeln sich die Probleme im Jugendalter weiter und Jugendliche mit diesen Problemen stellen ihre Eltern vor besondere Herausforderungen. Allerdings gibt es auch deutliche Überschneidungen zwischen den Problemen im Kindes- und im Jugendalter. Die Schwierigkeiten im Kindesalter wurden in dem Buch Wackelpeter & Trotzkopf (Döpfner et al., 2011) ausführlich dargestellt. Falls Sie dieses Buch bereits durchgearbeitet haben, werden Sie vor allem in diesem ersten Teil einige Gemeinsamkeiten finden. Sie können daher einige Passagen überspringen.
II Der zweite Teil enthält einen Elternleitfaden, der Ihnen in 16 Stufen schrittweise Möglichkeiten zur Verminderung solcher Verhaltensprobleme aufzeigt. Sie erhalten wichtige Tipps, die Ihnen helfen können, zunächst die einzelnen Probleme genau zu erfassen, danach Maßnahmen durchzuführen, um die Beziehung zu Ihrem Sohn oder Ihrer Tochter zu verbessern und die tagtäglichen Probleme zu lösen.
III Der dritte Teil ergänzt den Elternleitfaden durch weitere konkrete Anwendungsbeispiele, in denen typische Probleme und ihre Lösungsmöglichkeiten aufgezeigt werden, z. B.: Wie können wir eine Lösung für den täglichen Streit um die Hausaufgaben und die Vorbereitung für die Schule finden? Was mache ich, wenn ich bemerke, dass der Jugendliche raucht, Alkohol oder Drogen konsumiert? Wie kann ich den Jugendlichen darin unterstützen, einen angemessenen Umgang mit seiner Sexualität zu finden?
IV Der vierte Teil dieses Buches enthält Arbeitsblätter, die Sie zur Durchführung konkreter Maßnahmen in Ihrer Familie benötigen. Die Anleitungen zur Anwendung dieser Arbeitsblätter werden in Teil II und Teil III des Buches gegeben.
V Der fünfte Teil dieses Buches enthält sogenannte Memo-Karten. Das sind Erinnerungskarten, die Ihnen ebenfalls bei der Durchführung konkreter Maßnahmen in Ihrer Familie helfen sollen. Die Anleitungen zur Anwendung dieser Memo-Karten finden Sie ebenfalls in Teil II und Teil III des Buches.
Im Text werden an verschiedenen Stellen andere Literaturquellen und Bücher zitiert. Am Ende des Buchs finden Sie eine Aufstellung der entsprechenden Literaturquellen, sodass Sie problemlos den Originaltext finden.
Wie benutze ich das Buch?
Sie können das Buch auf verschiedene Weise nutzen:
(1) Sie können es zur Information über die wichtigsten Erkenntnisse zu Merkmalen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), zu oppositionellen Verhaltensproblemen und über die Möglichkeiten zur Verminderung dieser Probleme benutzen. Diese Übersicht erhalten Sie vor allem im ersten Teil dieses Buches. In den weiteren Teilen finden Sie detaillierte Informationen darüber, wie Sie die Probleme mit Ihrem Jugendlichen vermindern können.
(2) Wenn Sie selbst versuchen wollen, die Probleme in Ihrer Familie anzugehen, dann können Sie dieses Buch als ein Selbsthilfeprogramm einsetzen. In diesem Fall sollten Sie unbedingt folgende Punkte beachten:
- Lesen und bearbeiten Sie das Buch Kapitel für Kapitel. Machen Sie sich zunächst mit den Grundinformationen aus Teil I (Fragen und Antworten) vertraut.
- Arbeiten Sie dann die 16 Schritte des Elternleitfadens in Teil II und die für Sie wichtigen Anwendungsbeispiele in Teil III durch.Für Eltern von Kindern mit ADHS gibt es schon seit längerem ein vergleichbares Selbsthilfebuch (Wackelpeter & Trotzkopf; Döpfner et al., 2011), das sich in Studien als wirksam bei angeleiteter Selbsthilfe erwiesen hat. Eltern von Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten konnten die Verhaltensprobleme ihrer Kinder mit Hilfe dieses Buches deutlich vermindern und sie schätzten das Buch als ausgesprochen hilfreich ein. Ergebnisse einer Pilotstudie, in der eine Vorversion dieses Buchs für Eltern von Jugendlichen mit ADHS verwendet wurde, weisen ebenfalls darauf hin, dass es die Probleme in den Familien wirksam mindern kann.
(3) Sie können das Buch auch im Rahmen einer Behandlung des Jugendlichen bei einem Arzt oder Psychotherapeuten einsetzen. Dabei kann der Therapeut mit Ihnen gemeinsam einige Kapitel aus dem Elternleitfaden und aus den Anwendungsbeispielen durcharbeiten. In diesem Fall sollten Sie das Buch folgendermaßen nutzen:
- Besprechen Sie zusammen mit dem Arzt oder dem Psychotherapeuten, wie Sie dieses Buch verwenden wollen.
- Lesen Sie zunächst die Grundinformationen aus Teil I (Fragen und Antworten) und besprechen Sie dabei auftauchende Fragen mit dem Arzt/Psychotherapeuten.
- Bearbeiten Sie dann in Absprache oder gemeinsam mit dem Arzt/Psychotherapeuten einzelne Schritte aus dem Elternleitfaden (Teil II) und aus den Anwendungsbeispielen (Teil III).
Professionelle Hilfe oder Selbsthilfeprogramm?
Häufig fällt es schwer zu entscheiden, ob man die professionelle Hilfe eines Arztes oder eines Psychotherapeuten in Anspruch nehmen soll oder ob man dieses Buch als ein Selbsthilfeprogramm nutzen kann. Wir können Ihnen hier nur einige allgemeine Hinweise geben, die Ihnen helfen können, diese Frage für sich zu entscheiden.
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Sie sollten sich um eine professionelle Hilfe kümmern, wenn Sie das Selbsthilfeprogramm systematisch durchgeführt haben, ohne dass sich die Probleme deutlich verändert haben, oder wenn einige der folgenden Punkte auf Sie zutreffen:
(1) Die Probleme in der Familie sind sehr stark ausgeprägt und beeinträchtigen das Zusammenleben erheblich.
(2) Die Verhaltensprobleme des Jugendlichen treten nicht nur in der Familie auf, sondern sind auch in der Schule oder in anderen Situationen sehr stark ausgeprägt.
(3) Die Verhaltensprobleme des Jugendlichen bestehen schon sehr lange oder haben sich in letzter Zeit deutlich verstärkt.
(4) Es sind noch andere Probleme, z. B. deutliche Traurigkeit und rückzügiges Verhalten, ängstliches oder selbstschädigendes Verhalten oder heftiger Drogenkonsum beim Jugendlichen hinzugekommen.
(5) In der Familie gibt es noch andere große Probleme, z. B. starke Eheprobleme, psychische Probleme anderer Familienmitglieder (z. B. anderer Kinder oder des Vaters oder der Mutter).
Je mehr von diesen vier Punkten auf Sie, den Jugendlichen und Ihre Familie zutreffen, umso eher sollten Sie sich um eine professionelle Hilfe kümmern. Falls Sie diese Fragen noch nicht beantworten können oder falls Sie sich jetzt noch nicht sicher sind, was Sie tun sollen, dann sollten Sie zunächst Teil I durchlesen. Sie erhalten darin Informationen, die Ihnen bei dieser Entscheidung helfen können. In diesem Teil des Buchs erhalten Sie außerdem Informationen darüber, welche Art von Behandlung hilfreich sein kann und auf welche Weise Sie eine solche Behandlung für den Jugendlichen in Anspruch nehmen können.
In diesem ersten Teil möchten wir Ihnen wichtige Informationen über die Probleme, die im Rahmen einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) auftreten, und über oppositionelle Verhaltensprobleme geben. Wir werden uns dabei auf wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse stützen sowie auf unsere langjährige klinische Erfahrung in der Arbeit mit Jugendlichen, bei denen eine ADHS oder eine oppositionelle Verhaltensstörung diagnostiziert wurde. Im Einzelnen werden wir folgende Punkte thematisieren:
Übersicht
Die Ursachen dafür, dass die Eltern mit ihrem Jugendlichen in einen solchen Teufelskreis geraten, sind sehr vielfältig. Zu den häufigsten Ursachen zählen:
- Was Sie über ADHS-Probleme wissen sollten (Kapitel 1)
- Was Sie über oppositionelle Verhaltensprobleme wissen sollten (Kapitel 2)
- Warum ADHS-Probleme und oppositionelle Verhaltensprobleme in diesem Buch zusammengefasst werden (Kapitel 3)
- Was man als betroffene Familie tun kann (Kapitel 4)
- Wer dabei helfen kann (Kapitel 5)
- Was meist weniger hilfreich ist (Kapitel 6)
Weitere wichtige Informationen über Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit diesen Problemen erhalten Sie auf dem Informationsportal des Zentralen ADHS-Netzes (http://www.adhs.info). Dort gibt es spezielle Informationen für Eltern von Kindern und Jugendlichen mit ADHS, für Lehrer und andere Pädagogen, die solche Kinder und Jugendliche betreuen, und es gibt spezielle Seiten für Jugendliche selbst, die an ADHS leiden. Auch für Erwachsene sind eigene Informationsseiten verfügbar.
1 ADHS-Probleme
1.1 Woran erkennt man einen Jugendlichen mit ADHS-Problemen?
ADHS ist die Abkürzung für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung und bezeichnet eine Verhaltensstörung von Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen, die durch Auffälligkeiten in folgenden drei Kernbereichen gekennzeichnet ist:
(1) starke Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen
(2) starke Impulsivität
(3) ausgeprägte körperliche Unruhe (Hyperaktivität)
Die meisten Fachleute benutzen heutzutage den Begriff ADHS zur Bezeichnung dieser Störung, mitunter werden aber auch andere Begriffe und Abkürzungen benutzt wie Hyperkinetische Störung (HKS) oder auch Aufmerksamkeitsdefizitstörung (ADS).
Jeder Jugendliche ist irgendwann einmal sehr unkonzentriert und lässt sich leicht ablenken, viele sind auch unruhig oder impulsiv. Jugendliche mit ADHS unterscheiden sich jedoch von Jugendlichen mit diesen ganz normalen Entwicklungserscheinungen in Ausmaß und Stärke der Probleme. Jugendliche mit ADHS haben im Vergleich zu anderen Jugendlichen gleichen Alters ausgeprägte Auffälligkeiten in den oben genannten drei Kernbereichen. Allerdings ist bei ihnen eine ausgeprägte körperliche Unruhe seltener, innere Anspannung und Nervosität kommen häufiger vor.
Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwächen
Jugendliche mit ADHS brechen Aufgaben oft vorzeitig ab und beenden ihre Tätigkeiten nicht. Dies wird vor allem bei Beschäftigungen beobachtet, die geistige Anstrengung verlangen. Meist sind die Auffälligkeiten bei jenen Tätigkeiten stärker ausgeprägt, die von anderen vorgegeben sind (z. B. Hausaufgaben oder Aufgaben in der Schule). Zunächst sind die Jugendlichen häufig noch interessiert dabei, sie verlieren jedoch nach kurzer Zeit oftmals das Interesse. Entweder wechseln sie dann zu einer anderen Tätigkeit oder sie ziehen sich in Tagträumereien zurück, werden von den Lehrern als völlig desinteressiert beschrieben. Weil es den Jugendlichen mit ADHS immer schon schwer fiel, sich in der Schule oder bei den Hausaufgaben zu konzentrieren, und sie häufig trotz deutlicher Bemühungen nur gerade befriedigende Ergebnisse erreichen, zeigen die meisten eine geringe Motivation und Anstrengungsbereitschaft gegenüber schulischen Anforderungen.
Beispiel
Seit Max in die Schule geht, klagen die Lehrer über die Unruhe, die er in der Klasse verbreitet. Immerhin läuft er jetzt nicht mehr wie früher in der Klasse herum oder springt vom Stuhl auf, aber er fällt nach wie vor dadurch auf, dass er viel zu viel mit seinem Tischnachbarn quatscht. Außerdem ruft Max häufig noch ungefragt Kommentare in die Klasse und die haben nicht immer etwas mit dem Unterricht zu tun. Unruhe kommt auch dadurch auf, dass Max meistens nach Materialien sucht, die er für den Unterricht braucht. Während die anderen schon eine Aufgabe bearbeiten, sucht Max noch nach dem Arbeitsblatt oder versucht es sich bei anderen zu organisieren. Wenn ihm dann ein Mitschüler das Angebot macht, z. B. Papierkügelchen auf die Mitschülerin in der zweiten Reihe zu schießen, ist Max dabei. Überflüssig zu sagen, dass Max in der Regel auch erwischt wird. Schließlich richtet sich der Blick des Lehrers ganz häufig zuerst auf ihn.
Impulsives Verhalten
Jugendliche mit ADHS neigen deutlich mehr als andere Jugendliche gleichen Alters dazu, plötzlich und unüberlegt zu handeln, und bedenken überhaupt nicht die Folgen ihrer Handlungen. Sie sind kaum in der Lage, abzuwarten oder eine unangenehme Tätigkeit zügig zu erledigen, um später mehr Freizeit zu haben. Wenn sie etwas haben wollen, muss es sofort sein. In dieser Hinsicht benehmen sie sich so, wie es bei jüngeren Kindern eigentlich üblich ist, z. B. geben sie ihr Taschengeld sofort aus, ohne darüber nachzudenken, wann sie das nächste Mal Geld bekommen.
Körperliche Unruhe
Im Kleinkind- und Grundschulalter fallen viele Kinder mit ADHS durch ihre ausgeprägte deutliche Ruhelosigkeit und durch ihr häufiges Zappeln auf, besonders in Situationen, die relative Ruhe verlangen. Im Jugendalter nimmt diese körperliche Unruhe zwar oft ab, einige Jugendliche mit ADHS bleiben aber auch mit steigendem Alter immer noch unruhiger und zappeliger als ihre Altersgenossen. Sie sind ständig in Bewegung, wippen mit den Beinen oder klopfen mit den Fingern, es fällt ihnen schwer, ruhig zu arbeiten oder zu sitzen und sie laufen permanent herum. Viele Jugendliche beschreiben auch selbst einen Zustand der inneren Unruhe, der sie keine Entspannung finden lässt. Diese Unruhe scheint von der Umgebung oder durch Aufforderungen kaum dauerhaft beeinflussbar zu sein. Zuhause ermahnen die Eltern den Jugendlichen, ruhig zu sein; möglicherweise reagiert er auch darauf, aber nach wenigen Sekunden oder Minuten ist die Unruhe wieder da. Und genauso sieht es auch in der Schule aus.
Alle genannten Auffälligkeiten sind üblicherweise in verschiedenen Lebensbereichen zu beobachten – also nicht nur in der Familie, sondern auch in der Schule und bei Freizeitaktivitäten mit Gleichaltrigen. Wenn sich die Jugendlichen ihrer Lieblingsaktivität widmen, zeigen sich diese Symptome oft kaum oder treten in verminderter Form auf, selbst wenn diese Tätigkeit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erfordert (z. B. beim Spiel mit dem Computer oder der Spielkonsole). Allerdings müssen auch in kritischen Situationen nicht alle diese Auffälligkeiten vorhanden sein. Viele Jugendliche haben hauptsächlich Aufmerksamkeitsprobleme, während Hyperaktivität und Impulsivität viel weniger oder gar nicht vorhanden sind.
Darüber hinaus gibt es eine große Variationsbreite im Schweregrad dieser Probleme. Bei manchen Jugendlichen sind die Auffälligkeiten so stark ausgeprägt, dass sie schon nach kürzester Zeit auffallen. Bei der Mehrzahl der Jugendlichen sind die Probleme jedoch weniger stark ausgeprägt. Sie treten nicht in allen Situationen gleichermaßen auf und manchmal können sich diese Jugendlichen auch über einen längeren Zeitraum unauffällig verhalten. Der Übergang zwischen normalem und auffälligem Verhalten ist daher fließend.
Wenn die Aufmerksamkeitsstörungen, die Hyperaktivität oder die Impulsivität sehr stark ausgeprägt sind und den Jugendlichen stark beeinträchtigen, dann sprechen wir von einer ADHS – einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung.
Solche Auffälligkeiten sind bei Jugendlichen kein Einzelfall, sondern ein häufiges Problem: In jeder Schulklasse finden sich laut Statistik mindestens ein bis zwei Jugendliche, die zumindest leichte bis mittlere Symptome aufweisen. Jungen sind dabei häufiger betroffen als Mädchen.
1.2 Wie wird eine ADHS diagnostiziert?
Die Diagnose einer Hyperkinetischen Störung (HKS) bzw. einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) kann nur von einem Fachmann gestellt werden. Meistens sind Kinderärzte oder Hausärzte die ersten Ansprechpartner. Viele verweisen die Kinder und Jugendlichen jedoch an Spezialisten weiter, das können Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psychologische Psychotherapeuten mit spezieller Zusatzausbildung oder Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sein. Die Merkmale, die Fachleute bei der Diagnose einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung berücksichtigen, sind in wissenschaftlichen Klassifikationen festgelegt. In Teil IV dieses Buches finden Sie einen Beurteilungsbogen, dessen erster Teil (Arbeitsblatt 1, Teil A) auf diesen Merkmalen basiert und mit dessen Hilfe Sie für Ihren Sohn oder Ihre Tochter überprüfen können, wie viele dieser Punkte zutreffen. Aus Ihren Antworten in dem Beurteilungsbogen sollten Sie jedoch keine Diagnose ableiten; dazu ist eine Untersuchung bei einem Arzt, Psychologen oder Psychotherapeuten notwendig. Mit der Beantwortung des Beurteilungsbogens sollten Sie noch warten, wir werden ihn im Rahmen des Elternleitfadens (Teil II) einsetzen.
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Für die Diagnose einer Hyperkinetischen Störung bzw. einer Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung ist es notwendig, dass mehrere Merkmale zutreffen und die beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten deutlich stärker ausgeprägt sind als bei Jugendlichen gleichen Alters und gleicher Begabung. Darüber hinaus setzt die Diagnose voraus, dass die Probleme in verschiedenen Lebensbereichen auftreten, also sowohl zu Hause als auch in der Schule oder im Kontakt mit Gleichaltrigen.
Zudem sollten die Verhaltensauffälligkeiten im Kindesalter erstmalig aufgetreten sein und aktuell mindestens seit sechs Monaten konstant bestehen. Die Verhaltensprobleme, die mit einer ADHS einhergehen, treten also in der Regel nicht erst im Jugendalter auf, sondern die betroffenen Jugendlichen hatten zumeist auch in der Grundschulzeit schon Schwierigkeiten aufgrund ihrer großen Unruhe, ihrer Hyperaktivität und Impulsivität. Wenn solche Probleme erst im Jugendalter auftreten und sie sehr stark ausgeprägt sind, kann dies ein Hinweis auf eine andere psychische Störung sein. Diese bedarf dann einer genauen Abklärung durch einen Fachmann. Nähere Informationen hierzu finden Sie in Kapitel 4.
Üblicherweise lassen sich also ähnliche Probleme sowohl in der Familie als auch in der Schule sowie in anderen Situationen beobachten. Um dies zu überprüfen, werden Fachleute nach Rücksprache mit den Eltern auch direkt mit der Lehrerin sprechen. Wenn die Problematik insgesamt weniger stark ausgeprägt ist, kann es durchaus möglich sein, dass die Auffälligkeiten hauptsächlich in der Schule und weniger deutlich in der Familie beobachtbar sind. Wenn Ihnen also die Klassenlehrerin berichtet, dass Ihr Jugendlicher sich schlecht konzentrieren kann oder dass er impulsiv und unruhig ist, dann tun Sie das bitte nicht gleich als ein Hirngespinst ab, nur weil Sie solche Auffälligkeiten selbst gar nicht beobachten können.
Wenn die Probleme nur in einem Lebensbereich auftauchen, ist dies jedoch ein Hinweis darauf, dass die Auffälligkeit nicht so stark ausgeprägt ist wie das üblicherweise bei Jugendlichen mit ADHS der Fall ist.
In den Fachkreisen besteht Uneinigkeit darüber, ob für die Diagnose einer ADHS Auffälligkeiten in allen drei Kernbereichen (Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität, Impulsivität) vorliegen müssen oder ob es verschiedene Unterformen von ADHS gibt, nämlich:
- ADHS mit Auffälligkeiten in allen drei Kernbereichen
- ADHS, die hauptsächlich durch Aufmerksamkeitsschwächen, aber weniger durch Impulsivität und motorische Unruhe gekennzeichnet ist
- ADHS, die hauptsächlich durch Impulsivität und motorische Unruhe und weniger durch Aufmerksamkeitsschwächen gekennzeichnet ist
Vermutlich sind diese Unterschiede auch durch verschiedene Schweregrade der Auffälligkeit erklärbar. Bei Jugendlichen mit hohem Schweregrad sind alle drei Kernbereiche in allen Lebensbereichen auffällig, bei geringerem Schweregrad sind nicht alle drei Bereiche gleichermaßen auffällig und die Probleme treten auch nicht unbedingt in allen Lebensbereichen (Familie, Schule usw.) in gleicher Stärke auf. Außerdem kommt es häufig vor, dass im Kindesalter alle drei Verhaltensbereiche betroffen waren, im Jugendalter aber die Unruhe und manchmal auch die Impulsivität sich vermindern, sodass dann vor allem die Unaufmerksamkeit und Konzentrationsschwäche im Vordergrund stehen.
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Je nach Schwerpunkt der Störung werden auch noch andere Begriffe zur Bezeichnung der Problematik verwendet:
Hyperaktivitätsstörung und Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS-Syndrom) sind die am häufigsten gebrauchten Begriffe.
Unter welchen Bedingungen tritt unaufmerksames, unruhiges und impulsives Verhalten auf, ohne dass eine ADHS vorliegt?
Wenn ein Jugendlicher Unruhe, Konzentrationsschwierigkeiten und impulsives Verhalten zeigt, heißt das nicht automatisch, dass eine ADHS vorliegt. Diese Merkmale können auch passager im Jugendalter oder bei anderen Störungen oder Belastungen auftreten. Beispiele dafür sind:
- altersgemäße Verhaltensweisen im Jugendalter
- Lernbehinderung oder geistige Behinderung
- schulische Überforderung
- schulische Unterforderung
- durch Medikamente bedingte ADHS-Symptome
- oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten
- Unruhe und Konzentrationsprobleme bei Jugendlichen mit Ängsten
- Unruhe und Konzentrationsprobleme bei Jugendlichen mit Depression und mit anderen emotionalen Belastungen
- Unruhe und Konzentrationsprobleme bei Jugendlichen, die Drogen konsumieren
- ADHS-Symptome bei schwereren psychiatrischen/neurologischen Erkrankungen
- ADHS-Symptome bei chronischen, stark ausgeprägten familiären Problemen
Entscheidend für die Diagnose einer ADHS ist, dass sich die Symptome spätestens seit dem Kindesalter, meist seit dem Einschulungsalter oder sogar noch früher, wie ein roter Faden durch das Leben des Jugendlichen ziehen. Konzentrations- und Aufmerksamkeitsprobleme, Impulsivität oder Unruhe, die erst im Jugendalter oder nur phasenweise auftreten, sind ein sicheres Zeichen dafür, dass keine ADHS vorliegt, sondern die Probleme andere Ursachen haben. Diese Störungen und Belastungen werden im Folgenden kurz beschrieben.
Vorübergehende altersgemäße Verhaltensweisen im Jugendalter
Mit dem Eintritt in die Pubertät lassen bei vielen Jugendlichen die schulischen Leistungen nach. Freundschaften und erste Liebesbeziehungen sowie Selbstfindungsprozesse sind den Jugendlichen in der Pubertät oftmals wichtiger als die Erfüllung ihrer Pflichten zu Hause oder die Erledigung ihrer Hausaufgaben. Im Rahmen ihrer Ablösung von den Eltern kommt es vermehrt zu Konflikten und die Jugendlichen reagieren im Konflikt oftmals sehr emotional und impulsiv.
Die Frage, ob diese Verhaltensweisen schon als auffällig zu werten sind oder noch nicht, lässt sich deshalb auch letztendlich nicht eindeutig beantworten. Wenn Sie sich nicht sicher sind, sollten Sie darüber mit anderen Eltern sprechen, die Jugendliche im gleichen Alter und mit gleichem Geschlecht haben.
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Die Hilfen, die wir in unserem Elternleitfaden in Teil II und in den Anwendungsbeispielen in Teil III dieses Buches geben, können auch als allgemeine Erziehungshilfen bei pubertierenden Jugendlichen dienen, die keine eindeutigen Auffälligkeiten haben.
Lernbehinderung oder geistige Behinderung
Wir haben bereits die manchmal schwierige Abgrenzung von ADHS-Symptomen im Rahmen einer Lernbehinderung oder einer geistigen Behinderung erwähnt. Jugendliche mit solchen Intelligenzminderungen zeigen häufig im Vergleich zu normal entwickelten Gleichaltrigen eine verminderte Ausdauer und Konzentrationsfähigkeit oder auch vermehrt impulsives Verhalten und größere Unruhe. Grundsätzlich sollte daher bei Jugendlichen mit einer fraglichen ADHS-Symptomatik immer auch die Begabung des Jugendlichen untersucht werden. Wenn eine entsprechende Intelligenzminderung festzustellen ist, dann muss überprüft werden, ob die beschriebenen Verhaltensauffälligkeiten im Rahmen dieser allgemeinen Intelligenzminderung zu sehen sind, d. h., ob andere Jugendliche mit gleicher Intelligenz typischerweise ähnliche Auffälligkeiten zeigen oder ob die Verhaltensauffälligkeiten des Jugendlichen darüber hinausgehen. Vor allem ist bei diesen Jugendlichen eine angemessene Beschulung wichtig. Allgemeine Überforderungen müssen vermieden werden (siehe unten).
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Treten auch bei angemessener Beschulung noch Verhaltensprobleme weiter auf, können Maßnahmen hilfreich sein, die in Teil II und III dieses Buches beschrieben sind. Dabei müssen aber die generellen Möglichkeiten und Leistungsgrenzen des Jugendlichen im Auge behalten werden.
Schulische Überforderung
Einzelne Merkmale einer ADHS können auch bei normal begabten Jugendlichen auftreten, wenn der Jugendliche den schulischen Anforderungen nicht gewachsen ist. Oft wird bei diesen Jugendlichen beobachtet, dass sie im Unterricht nicht richtig aufpassen, dass sie dazwischenreden, gelangweilt wirken, unruhig auf dem Stuhl herumrutschen und die Hausaufgaben immer wieder unterbrechen oder gar nicht erledigen. Wenn Jugendliche also Leistungsprobleme in der Schule haben, schlechte Noten mit nach Hause bringen und zusätzlich Verhaltensauffälligkeiten zeigen, die hyperkinetischen Auffälligkeiten ähnlich sind, dann muss abgeklärt werden, ob eine schulische Überforderung vorliegt, die den Jugendlichen so sehr belastet, dass er solche Verhaltensauffälligkeiten zeigt. Es ist natürlich auch möglich, dass schulische Leistungsprobleme nicht die Ursache der ADHS-Probleme sind, sondern dass sie eine Folge darstellen oder dass Jugendliche sowohl eine ADHS als auch Schulleistungsprobleme haben (siehe Teil III). Zur genauen Abklärung ist eine psychologische Untersuchung des Jugendlichen mithilfe von Intelligenz- und Leistungstests notwendig. Es gibt aber auch andere Hinweise auf eine schulische Überforderung:
- Die ADHS-Probleme haben mit dem Wechsel von der Grundschule auf die weiterführende Schule begonnen.
- Es waren früher schon Leistungsprobleme in der Schule vorhanden, ohne dass eindeutige ADHS-Probleme bestanden.
- Die ADHS-Probleme sind ausschließlich im Zusammenhang mit der Schule und kaum in schulfreien Phasen zu beobachten.
Bei Jugendlichen, die als Kinder starke ADHS-Probleme zeigten, kommt es allerdings auch häufig vor, dass die Probleme nachgelassen haben und nur noch im Zusammenhang mit der Schule auftreten. Wenn eine schulische Überforderung festgestellt wurde, dann sollte man zunächst eine entsprechende Entlastung vornehmen, beispielsweise durch gezielte schulische Förderung (wenn die Überforderung nicht zu stark ist und sich auf einzelne Schulfächer begrenzt), durch eine Klassenwiederholung oder durch einen Wechsel auf eine Schule mit geringeren Anforderungen.
Schulische Unterforderung
In sehr seltenen Fällen können Konzentrationsprobleme in der Schule, impulsives Verhalten und körperliche Unruhe auch auf eine Unterforderung in der Schule hinweisen. Das ist aber wirklich sehr selten, obwohl viele der betroffenen Eltern hoffen, dass dies die Ursache ist. Wenn Jugendliche sehr begabt (hochbegabt) sind, dann kann es sein, dass sie in der Schule keine für sie interessanten Anregungen finden und sich Langeweile breit macht, die sich dann in entsprechenden Verhaltensauffälligkeiten äußert. Wenn diese Jugendlichen in eine Umgebung kommen, in der sie mehr gefordert und mehr gefördert werden, dann verschwinden die Verhaltensauffälligkeiten sehr schnell. Solche Jugendliche erkennt man daran, dass sie bereits im Kindergarten- und Grundschulalter besondere Fähigkeiten entwickelt haben, beispielsweise sehr gut sprechen konnten oder früh durch eigenes Interesse lesen und schreiben gelernt haben. In einem solchen Verdachtsfall ist ebenfalls eine genaue psychologische Untersuchung erforderlich. Wird eine hohe Begabung mit schulischer Unterforderung bestätigt, müssen entsprechende schulische Maßnahmen eingeleitet werden, z. B. indem man dem Jugendlichen innerhalb des Unterrichtes spezielle Aufgaben stellt, ihn eine Klasse überspringen lässt oder er auf eine Schule wechselt, die eine besondere Förderung ermöglichen kann.
Durch Medikamente bedingte ADHS-Symptome
ADHS-Symptome können auch durch verschiedene Medikamente, z. B. viele Hustensäfte, ausgelöst werden. Die Auffälligkeiten beginnen dann allerdings mit der Einnahme der Medikamente und verschwinden nach ihrem Absetzen wieder. Wenn Ihr Sohn oder Ihre Tochter also ein Medikament nimmt und plötzlich solche Verhaltensauffälligkeiten zeigt, dann lesen Sie bitte im Beipackzettel nach und fragen Sie Ihren Arzt. Schwieriger kann es sein, wenn Jugendliche fortwährend bestimmte Medikamente nehmen müssen, die man nicht so einfach absetzen kann. Dazu gehören Medikamente, die gegen ein Anfallsleiden (eine Epilepsie) oder Asthma verordnet werden. Viele dieser Medikamente können Aufmerksamkeitsschwächen oder auch Unruhe auslösen. Es gibt aber Medikamente, bei denen das weniger stark der Fall ist. Wenn Ihr Jugendlicher ein Anfallsleiden hat, Medikamente gegen solche Anfälle bekommt und ADHS-Symptome zeigt, dann sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. Manchmal ist es nicht möglich, die Medikamente auszutauschen, weil die Anfälle nur mit einem bestimmten Medikament gut unter Kontrolle zu halten sind oder weil die Risiken einer medikamentösen Umstellung zu groß sind. Sie können die Hinweise, die wir in diesem Buch zur Behandlung und zum Umgang mit hyperkinetischen Jugendlichen geben, aber auch dann für Ihren Sohn oder Ihre Tochter umsetzen. Lediglich bei der medikamentösen Behandlung von ADHS müssen bei Jugendlichen mit einem Anfallsleiden manchmal andere Wege gegangen oder besondere Vorsichtsmaßnahmen eingehalten werden.
Oppositionelle Verhaltensauffälligkeiten
Diese Auffälligkeiten werden in Kapitel 2 genauer beschrieben. Jugendliche mit oppositionellen Verhaltensauffälligkeiten leisten Widerstand gegen Aufforderungen und Grenzsetzungen ihrer Eltern oder schulische Aufgaben, die Anstrengung und Aufmerksamkeit verlangen, weil sie sich nicht den Forderungen anderer anpassen wollen. Solche oppositionellen Verhaltensweisen treten bei Jugendlichen mit ADHS häufig auch als zusätzliche Verhaltensprobleme auf, sodass eine Unterscheidung oft schwierig ist. Im Gegensatz zu oppositionellen Verhaltensstörungen zeigen sich ADHS-Probleme auch in Situationen, in denen es nicht um eindeutige Aufgaben geht, die von anderen gestellt werden. Demgegenüber zeigen sie ihr verweigerndes Verhalten häufig nur bestimmten Personen gegenüber (z. B. bei den Eltern), während sie sich bei anderen Personen gut anpassen können.
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Unsere Hilfen im Elternleitfaden in Teil II und in den Anwendungsbeispielen in Teil III des Buches beziehen sich sowohl auf oppositionelle als auch auf ADHS-Probleme. Für diese Hinweise ist die Unterscheidung daher nicht von zentraler Bedeutung.
Unruhe und Konzentrationsprobleme bei Jugendlichen mit Ängsten
Wenn Jugendliche vor bestimmten Situationen Angst haben, reagieren sie oft mit Anspannung und Unruhe und sie können sich in diesen Situationen dann auch schlecht konzentrieren. Das ist vor allem bei Jugendlichen mit Ängsten vor der Schule und besonders vor Klassenarbeiten oder Klausuren der Fall. Die Auffälligkeiten einer ADHS beginnen typischerweise im Kindergarten- oder Grundschulalter und bestehen dann über Jahre hinweg. Unruhe und Konzentrationsprobleme bei Jugendlichen mit Ängsten können dagegen in jedem Alter beginnen und sind in der Regel auf die ängstigende Situation begrenzt. Diese Merkmale treten also dann in anderen Situationen, die keine Angst auslösen, nicht auf, etwa bei den Hausaufgaben. Allerdings haben manche Jugendliche mit ADHS-Problemen zusätzlich Ängste, die zu einer weiteren Zunahme von Konzentrationsschwierigkeiten, beispielsweise bei Klassenarbeiten, beitragen (siehe Teil III).
Unruhe und Konzentrationsprobleme bei Jugendlichen mit Depression und mit anderen emotionalen Belastungen