Kriminalhauptkommissarin Isa Boysen von der Kripo Hamburg wird mit einer scheinbaren Routineuntersuchung betraut: Selbstmord einer überforderten Karrierefrau. Doch sehr schnell muss sie feststellen, dass der angebliche Freitod der Szene-Journalistin Nora Fabian nur vorgetäuscht wurde - oder? Die Kriminalistin gräbt tiefer und stößt auf einen Ex-Freund, der Nora das Leben scheinbar zur Hölle gemacht hat. Doch dieser Mann und sein geheimnisvolles Verschwinden werfen nur weitere Fragen auf. Im Handumdrehen befindet sich Isa Boysen inmitten eines verbrecherischen Ränkespiels, bei dem es um viel Geld geht und Menschenleben nichts zählen.
Nora Fabian, auch „die Nachtigall“ genannt, schrieb die Story ihres Lebens.
Mit vor Erregung geröteten Wangen hockte die junge Journalistin vor ihrem Computer. Die Welt um sie herum war versunken. Nora registrierte nicht, dass es bereits weit nach Mitternacht war. Ihre Finger flogen über die Tasten. Sie hockte in ihrem Büro im Verlagsgebäude der Illustrierten NUMMER EINS. Ihre Kollegen hatten längst Feierabend gemacht.
Auch bemerkte Nora nicht den Neuschnee, der die Fahrbahn der Mönckebergstraße vor ihrem Bürofenster zu bedecken begann. Und sie registrierte ihren Besuch erst, als die Person bereits ihren Arbeitsraum betreten hatte.
Die Journalistin schaute beunruhigt auf. Aber dann erschien ein erleichtertes Lächeln auf ihrem schönen Gesicht.
„Ach, du bist es“, sagte sie. „Das ist ja eine nette Überraschung! Sei mir nicht böse, aber ich habe gerade wirklich überhaupt keine Zeit. Ich schreibe etwas wirklich Umwerfendes.“
„Ja“, lautete die Antwort. „Ich weiß.“
Und dann ging alles ganz schnell. Die Person trat auf Nora Fabian zu. Im nächsten Moment spürte die Frau am Computer einen stechenden Schmerz im Nacken. Sie wollte schreien, etwas sagen, irgendetwas tun. Doch sie war gelähmt. Voller Entsetzen musste Nora mit ansehen, wie ihr Besuch plötzlich eine Rasierklinge in der Hand hielt. Systematisch wurden Noras Pulsadern aufgeschlitzt. An beiden Armen. Das Blut strömte aus ihrem Körper, ergoss sich auf ihr elegantes Yamamoto-Kostüm, auf den Designer-Schreibtisch, den Velours-Teppichboden, die Manuskriptseiten.
Entsetzliche Minuten vergingen, bis Nora durch eine gnädige Ohnmacht erlöst wurde. Die Bewusstlosigkeit, die vor dem Tod kommt.
Während die Journalistin starb, löschte ihr Besuch in aller Ruhe die Datei, mit der Nora Fabian einen Skandal anprangern wollte. Natürlich wurden auch die Sicherungskopien nicht vergessen. Und das Recherchematerial der Toten nahm der ungebetene Besuch mit, als er unerkannt das blutige Büro verließ.