Clive Cussler
Paul Kemprecos
Killeralgen
Roman
Übersetzt von Michael Kubiak
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Die englische Originalausgabe erschien unter dem Titel
»Lost City« bei Putnam, New York.
E-Book-Ausgabe 2015 bei Blanvalet, einem Unternehmen der
Verlagsgruppe Random House GmbH, München.
Copyright © der Originalausgabe 2004 by Sandecker RLLLP
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Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2005 by
Blanvalet Verlag, in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
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Covergestaltung: Johannes Wiebel | punchdesign,
unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com
Redaktion: Rainer Michael Rahn
HK · Herstellung: sam
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN: 978-3-641-15215-4
V003
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Prolog
Französische Alpen, August 1914
Hoch über den majestätischen schneebedeckten Gipfeln kämpfte Jules Fauchard um sein Leben. Minuten zuvor war sein Flugzeug mit einer Wucht, die seine Zähne bis in die Wurzeln erzittern ließ, gegen eine unsichtbare Wand aus Luft gekracht. Jetzt warfen Auf- und Abwinde das leichte Flugzeug hin und her wie einen Drachen an einer Schnur. Fauchard kämpfte gegen die heftigen Turbulenzen, die seinen Magen Purzelbäume schlagen ließen, mit der Geschicklichkeit, die ihm seine strengen französischen Fluglehrer eingebläut hatten. Dann hatte er diesen stürmischen Abschnitt hinter sich, genoss die seidenweiche, ruhige Luft, ohne sich darüber im Klaren zu sein, dass diese beinahe seinen Untergang besiegelte.
Nach dem Stabilisieren seiner Maschine hatte Fauchard einem nur zu menschlichen Impuls nachgegeben. Er schloss die müden Augen. Seine Augenlider flatterten und sackten herab und schlossen sich endgültig, als wären sie mit Bleigewichten beschwert. Sein Geist driftete ab in schattige, von unendlicher Sorglosigkeit erfüllte Gefilde. Sein Kinn sackte auf die Brust. Seine schlaffen Finger lockerten ihren Griff um den Steuerknüppel. Das kleine rote Flugzeug schlingerte wie betrunken durch eine Phase, die von französischen Piloten perte de vitesse genannt wird, Steuerlosigkeit, während es über eine Tragfläche abrutschte, um jeden Moment ins Trudeln zu geraten.
Glücklicherweise nahm Fauchards Innenohr eine Störung des Gleichgewichts wahr, und Alarmsignale ertönten in seinem schlummernden Gehirn. Sein Kopf ruckte hoch, und er erwachte halb benommen und hatte Mühe, seine wirren Gedanken zu ordnen. Sein Nickerchen hatte nur einige Sekunden gedauert, aber in dieser Zeitspanne hatte das Flugzeug einige hundert Fuß an Flughöhe verloren und war im Begriff, in einen Sturzflug überzugehen. Blut pulsierte in Fauchards Schädel. Sein wie wild hämmerndes Herz fühlte sich an, als würde es jeden Moment seine Brust sprengen.
In den französischen Flugschulen wurde den Flugschülern beigebracht, ein Flugzeug mit der gleichen Behutsamkeit zu lenken, wie ein Pianist die Tasten seines Instruments streichelt, und Fauchards endlose Trainingsstunden erwiesen sich jetzt als in jeder Hinsicht wertvoll. Indem er geradezu zärtlich die Kontrollen bediente, achtete er darauf, nicht zu übersteuern, und holte das Flugzeug nahezu unmerklich in eine horizontale Fluglage zurück. Zufrieden, dass die Maschine stabilisiert war, stieß er zischend die angehaltene Luft aus und schickte gleich einen tiefen Atemzug hinterher. Dabei schnitt die eisig kalte Luft wie Glasscherben in seine Lunge.
Der stechende Schmerz riss ihn aus seiner Lethargie. Endlich wieder hellwach, rief Fauchard sich das Mantra ins Gedächtnis zurück, das seine Entschlossenheit während seiner verzweifelten Mission aufrechterhalten hatte. Seine gefrorenen Lippen weigerten sich, die Silben zu bilden, aber die Worte hallten durch sein Gehirn.
Wenn du versagst, müssen Millionen sterben.
Fauchard biss die Zähne erneut zusammen. Er rieb den Raureif von den Gläsern seiner Pilotenbrille und warf einen Blick über die Motorhaube. Die Hochgebirgsluft war so klar wie feiner Kristall, und sogar die entferntesten Details waren in fotografischer Deutlichkeit zu erkennen. Dicht gestaffelte Reihen gezackter Berggipfel reichten bis zum Horizont, und winzige Dörfer klammerten sich an die Abhänge saftig grüner Alpentäler. Aufgeplusterte weiße Wolken erinnerten an Haufen frisch gepflückter Baumwolle. Der Himmel erstrahlte in einem grenzenlosen satten Blau. Der Sommerschnee, der die Bergspitzen bedeckte, schimmerte im violetten Licht der untergehenden Sonne.
Fauchards vom fehlenden Schlaf gerötete Augen fingen all diese erhabene Schönheit ein, während er die Ohren spitzte und dem Auspufflärm lauschte, der vom 80 PS starken Gnome-Sternmotor erzeugt wurde, der die Morane-Saulnier N antrieb. Alles lief gut. Der Motor brummte gleichmäßig wie vor seinem fast tödlich verlaufenen Nickerchen. Fauchard war beruhigt, doch der Beinaheabsturz hatte sein Selbstvertrauen erschüttert. Er begriff zu seiner Verblüffung, dass er soeben eine völlig fremde Gefühlsregung erlebt hatte. Angst. Nicht vor dem Tod, sondern vor dem Versagen. Trotz seiner eisernen Entschlossenheit erinnerten seine schmerzenden Muskeln ihn weiterhin daran, dass er wie jeder andere ein Mensch aus Fleisch und Blut war.
Das offene Cockpit gewährte ihm nur eng begrenzte Bewegungsfreiheit, und sein Körper steckte in einem pelzgefütterten Ledermantel über einem dicken Pullover aus Shetlandwolle, einem Rollkragenpullover und warmer Unterwäsche. Ein Wollschal schützte seinen Hals. Ein Lederhelm bedeckte seinen Kopf und seine Ohren, und seine Hände waren in Lederhandschuhe gehüllt. An seinen Füßen befanden sich pelzgefütterte Bergsteigerstiefel aus allerbestem Leder. Obgleich er für arktische Wetterbedingungen gekleidet war, hatte sich die eisige Kälte bis zu seinen Knochen durchgefressen und seine Wachsamkeit beeinträchtigt. Das war eine gefährliche Entwicklung. Die Morane-Saulnier war schwierig zu lenken und erforderte vom Piloten uneingeschränkte Aufmerksamkeit.
Angesichts der quälenden Erschöpfung klammerte Fauchard sich mit jener zielstrebigen Sturheit an die Durchführung seiner Mission, die aus ihm einen der reichsten Industriellen der Welt gemacht hatte. Unbeugsame Entschlossenheit funkelte noch immer in seinen granitgrauen Augen und drückte sich in der trotzigen Haltung seines markanten Kinns aus. Mit seiner langen Raubvogelnase erinnerte Fauchards Profil an das der Adler, deren Köpfe das Familienwappen auf dem Heck des Flugzeugs zierten.
Er zwang seine Lippen, den Befehlen seines Gehirns zu gehorchen.
Wenn du versagst, müssen Millionen sterben.
Die Stentorstimme, deren Klang in den europäischen Zentren der Macht oft genug nackte Furcht ausgelöst hatte, drang als mühevolles Krächzen aus seinem Mund. Es war ein bemitleidenswerter Laut, überdeckt vom Motorenlärm und vom ohrenbetäubenden Rauschen, mit dem die Luft am Rumpf des Flugzeugs entlangglitt, aber Fauchard entschied, dass er sich eine Belohnung verdient hatte. Er griff in den Schaft eines seiner Stiefel und holte eine schlanke silberne Flasche heraus. Seine dicken Handschuhe erschwerten ihm das Aufschrauben der Flasche, und er trank einen tiefen Schluck. Der hochprozentige Schnaps war aus Trauben gebrannt, die auf seinem Gut wuchsen. Wärme breitete sich in seinem Körper aus.
So gestärkt, schob er sich in seinem Sitz zurecht, bewegte Zehen und Finger und rollte mit den Schultern. Während das Blut in seine Gliedmaßen zurückkehrte, dachte er an die heiße Schweizer Schokolade und das frisch gebackene Brot mit geschmolzenem Käse, das ihn auf der anderen Seite der Berge erwartete. Die kräftigen Lippen unter dem buschigen Schnurrbart verzogen sich zu einem spöttischen Grinsen. Er war einer der reichsten Männer der Welt und konnte sich nichts Köstlicheres vorstellen als eine deftige Bauernmahlzeit. Aber das war ganz recht so.
Fauchard gestattete sich den Luxus, sich selbst zu beglückwünschen. Er war ein akribischer Mensch, und sein Fluchtplan hatte funktioniert wie das Werk einer Schweizer Uhr. Die Familie hatte ihn unter strenge Bewachung gestellt, nachdem er seine unwillkommenen Ansichten vor dem Aufsichtsrat deutlich gemacht hatte. Doch während der Aufsichtsrat noch über sein Schicksal nachdachte und beriet, war er seinen Bewachern mit einer Kombination aus Ablenkungstaktik und Glück entkommen.
Er hatte so getan, als hätte er zu viel getrunken, und seinem Butler, der im Lohn seiner Familie stand, erklärt, er gehe sofort zu Bett. Als im Haus alles still geworden war, hatte er sich aus seinem Schlafzimmer geschlichen, hatte danach das Chateau verlassen und war in den Wald geeilt, wo er ein Fahrrad versteckt hatte. Mit seiner wertvollen Fracht im Rucksack war er durch den Wald zum Flugplatz geradelt. Sein Flugzeug war aufgetankt und startbereit. Im Morgengrauen war er dann gestartet und hatte zweimal an abgelegenen Orten, wo seine loyalsten Gefolgsleute Treibstoffvorräte bereitgestellt hatten, Zwischenlandungen eingelegt.
Er leerte die Flasche und warf einen Blick auf den Kompass und die Uhr. Er befand sich genau auf Kurs und hatte nur wenige Minuten Verspätung gegenüber seinem Zeitplan. Die niedrigeren Gipfel unter ihm zeigten ihm an, dass er sich dem Ende seiner langen Reise näherte. Nicht lange, und er könnte den Landeanflug auf Zürich einleiten.
Er überlegte gerade, was er dem Gesandten des Papstes mitteilen würde, als ein Schwarm aufgeschreckter Vögel von der Steuerbordtragfläche zu starten schien. Er blickte nach rechts und erkannte zu seinem Entsetzen, dass die Vögel in Wirklichkeit Stofffetzen waren, die sich von der Tragfläche abschälten und ein mehrere Zentimeter großes Loch hinterließen. Dafür konnte es nur eine einzige Erklärung geben. Die Tragfläche war von Geschossen getroffen worden, und der Motorenlärm hatte dieses Geräusch überlagert.
Fauchard reagierte instinktiv, legte das Flugzeug in eine Links- und sofort danach in eine Rechtskurve. Während seine Augen den Himmel absuchten, entdeckte er sechs Doppeldecker, die in V-Formation unter ihm flogen. Mit geradezu unheimlicher Gelassenheit schaltete Fauchard den Motor aus, als ob er die Absicht hätte, die Maschine in einem Gleitflug zum Erdboden herunterzubringen.
Die Morane-Saulnier sackte ab wie ein Stein.
Unter normalen Umständen wäre dieses Manöver einem Selbstmord gleichgekommen, da er damit ins Visier seiner Gegner geriet. Aber Fauchard hatte die angreifenden Flugzeuge als Aviatiks identifiziert. Das nach französischen Entwürfen in Deutschland gebaute Flugzeug wurde von einem Mercedes-Reihenmotor angetrieben und war eigentlich für Aufklärungszwecke vorgesehen gewesen. Entscheidend war jedoch, dass das Maschinengewehr, das vor dem Schützen montiert war, nur nach oben schießen konnte.
Nach einem Sturz von ein paar hundert Fuß betätigte er behutsam das Höhenruder, sodass seine Maschine sich von hinten der Aviatik-Staffel näherte.
Er richtete die Nase seiner Maschine auf die nächste Aviatik aus und betätigte den Abzug. Das Hotchkiss-Gewehr ratterte los, und Rauchspurgeschosse bohrten sich in den Schwanz des anvisierten Ziels. Qualm wallte aus dem Flugzeug, und dann hüllte ein Flammenmeer den Rumpf ein.
Die Aviatik ging in einen langen korkenzieherartigen Sturzflug Richtung Erde über. Einige gut gezielte Salven brachten eine weitere Aviatik ebenso leicht zur Strecke wie ein Jäger einen zahmen Fasan erlegte.
Fauchard landete seine Treffer so schnell, dass die anderen Piloten überhaupt nicht bemerkten, dass sie angegriffen wurden, bis sie den fettigen schwarzen Qualm aus den abstürzenden Maschinen ihrer Kameraden aufsteigen sahen. Sofort löste sich die geordnete Formation total auf.
Fauchard brach seinen Angriff ab. Seine Ziele waren jetzt am Himmel verstreut, und das Überraschungsmoment war nicht mehr auf seiner Seite. Stattdessen lenkte er die Morane-Saulnier in einen steilen Steigflug und tauchte nach etwa tausend Fuß gewonnener Höhe in den Bauch einer Quellwolke ein.
Während die grauen Nebelschwaden seine Maschine vor den Blicken seiner Feinde verbargen, ging Fauchard in den Geradeausflug über und prüfte schnell die Schäden. Es war so viel Tragflächenbespannung weggerissen worden, dass die Holzkonstruktion darunter zu sehen war. Fauchard stieß einen halblauten Fluch aus. Er hatte gehofft, aus der Wolke herauszubrechen und die Aviatiks dank der überlegenen Geschwindigkeit seiner Maschine hinter sich zu lassen, doch die beschädigte Tragfläche bremste ihn erheblich.
Da er nicht würde fliehen können, müsste er bleiben und kämpfen.
Waffen- und zahlenmäßig war Fauchard hoffnungslos unterlegen, doch er steuerte eines der bemerkenswertesten Flugzeuge seiner Zeit. Aus einem Rennflugzeug entwickelt, war die Morane-Saulnier, obgleich schwierig zu fliegen, unglaublich empfindlich und reagierte schon auf die geringsten Steuerbefehle. In einer Zeit, in der die meisten Flugzeuge mindestens zwei Tragflügelpaare besaßen, war die Morane-Saulnier ein Mitteldecker. Von der patronenförmigen Propellerkappe bis zu ihrer dreieckigen Schwanzflosse war sie nur knapp sieben Meter fünfzig lang und trotzdem in jeder Hinsicht ein tödliches Insekt, dank einer Einrichtung, die den Luftkrieg revolutionieren sollte.
Saulnier hatte einen Synchronisationsmechanismus entwickelt, der es dem Maschinengewehr erlaubte, durch den Propeller zu feuern. Das System hatte die neumodischen Gewehre überholt, die manchmal unregelmäßig schossen; stählerne Abweiser schützten die Propellerflügel vor Querschlägern.
Sich für den bevorstehenden Kampf wappnend, griff Fauchard unter seinen Sitz, und seine Finger berührten das kalte Metall einer Stahlkassette. Neben der Kassette befand sich ein violetter Samtbeutel, den er hochhob und auf seinen Schoß legte. Während er das Flugzeug mit den Knien lenkte, holte er einen altertümlich wirkenden Stahlhelm aus dem Beutel und strich mit den Fingern über seine mit Gravuren verzierte Oberfläche. Das Metall war eisig kalt, dennoch schien Wärme davon auszustrahlen, die sich in seinem gesamten Körper ausbreitete.
Er setzte den Helm auf. Dieser schmiegte sich wie angegossen um die Lederkappe und war absolut harmonisch gestaltet. Der Helm war von ungewöhnlicher Machart, und zwar dergestalt, dass sein Visier wie ein menschliches Gesicht geformt war, das genau Fauchards Gesicht entsprach. Das Visier engte sein Gesichtsfeld ein, und er schob es über die Stirn nach oben.
Sonnenstrahlen drangen in das Wolkenversteck, dessen Wände nun merklich dünner wurden. Er flog durch die rauchschwadenartigen Fetzen, die die Ränder der Wolke markierten, und gelangte ins helle Tageslicht.
Die Aviatiks kreisten unter ihm wie ein Schwarm hungriger Haifische um ein sinkendes Schiff. Sie machten die Morane aus und begannen zu steigen.
Die führende Aviatik schob sich unter Fauchards Maschine und gelangte in Schussposition. Fauchard zerrte ruckartig an seinem Sitzgurt, um sich zu versichern, dass dieser fest angezogen war und hielt, dann zog er die Nase seiner Maschine hoch und gewann an Höhe, indem er zu einem Rückwärtslooping ansetzte.
Er hing kopfüber im Cockpit und dankte dem französischen Fluglehrer, der ihm dieses Fluchtmanöver beigebracht hatte. Er beendete den Looping, balancierte die Maschine aus und setzte sich hinter die Aviatiks. Sofort eröffnete er das Feuer auf das nächste Flugzeug, doch das schwenkte aus der Formation aus und tauchte steil ab.
Fauchard hängte sich an die Maschine und kostete in vollen Zügen aus, der Jäger und nicht die Beute zu sein. Die Aviatik ging in den Horizontalflug über und beschrieb eine enge Kurve in dem Versuch, sich hinter Fauchard zu setzen. Das kleinere Flugzeug konnte es durchaus mit ihm aufnehmen.
Durch ihr Manöver war die Aviatik in die Öffnung eines breiten Tals geraten. Da Fauchard der Maschine kaum genügend Raum zum Manövrieren ließ, flog sie auf direktem Kurs in das Tal hinein.
Fauchard geizte mit seiner Munition und beschränkte sich auf kurze Feuerstöße aus seinem Hotchkiss-Maschinengewehr. Die Aviatik pendelte nach links und nach rechts, und die Rauchspurgeschosse zischten auf beiden Seiten an der Maschine vorbei. Sie ging in einen kontrollierten Sturzflug und versuchte, unterhalb von Fauchard und seinem tödlichen Maschinengewehr zu bleiben. Abermals konterte Fauchard das Manöver und suchte eine geeignete Schussposition. Und auch diesmal wich die Aviatik nach unten aus.
Die Flugzeuge rasten mit einer Geschwindigkeit von hundert Meilen pro Stunde über die Felder dahin. Ihre Flughöhe betrug kaum fünfzig Fuß über Grund. Herden verängstigter Rinder wurden umhergescheucht wie trockenes Herbstlaub. Die fliehende Aviatik schaffte es, sich außerhalb Fauchards Schussfeld zu halten. Die wellige Beschaffenheit des Geländes unter ihnen erhöhte die Schwierigkeit, einen gezielten Schuss anzubringen.
Die Landschaft erschien wie ein verschwommener Reigen aus wogenden Weiden und adretten Bauernhäusern. Die Bauernhöfe rückten näher zusammen. Fauchard konnte in einiger Entfernung, dort wo das Tal sich zu schließen schien, die Dächer einer Stadt erkennen.
Die Aviatik folgte den Windungen eines Flusses, der sich auf der Talsohle zur Stadt schlängelte. Dabei flog der Pilot so niedrig, dass die Räder seiner Maschine beinahe die Wasseroberfläche berührten. Direkt auf seinem Kurs spannte sich eine alte Steinbrücke über den Fluss.
Fauchards Finger legte sich um den Abzugsbügel, als ein Schatten über ihm seine Konzentration störte. Er blickte nach oben und sah das Fahrwerk und den Rumpf einer anderen Aviatik weniger als fünfzig Fuß über sich. Sie kam weiter herunter und versuchte, ihn nach unten zu drücken. Er schaute zur führenden Aviatik. Diese war bereits in den Steigflug übergangen, um nicht gegen die Brücke zu prallen.
Fußgänger, die die Brücke überquerten, hatten das Trio der heranrasenden Flugzeuge längst bemerkt und rannten um ihr Leben. Der träge alte Ackergaul, der einen Wagen über die Brücke zog, bäumte sich zum ersten Mal nach vielen Jahren wieder auf, während die Aviatik nur wenige Meter über dem Kopf des Kutschers vorbeischoss.
Das obere Flugzeug sackte ein Stück weiter ab, um Fauchard gegen die Brücke zu drücken, doch in der letzten Sekunde zog dieser den Steuerknüppel nach hinten und gab Vollgas. Die Morane-Saulnier sprang regelrecht hoch und trug ihn durch die schmale Lücke zwischen Brücke und feindlicher Aviatik. Heu wurde explosionsartig in einer Wolke hochgewirbelt, als die Räder seiner Maschine die Wagenladung touchierten, doch Fauchard behielt die Maschine unter Kontrolle und lenkte sie sicher über die Dächer der Stadt hinweg.
Das Flugzeug, das an Fauchards Heckleitwerk hing, zog eine Sekunde später hoch.
Zu spät.
Weitaus weniger wendig als der Eindecker, krachte die Aviatik gegen die Brücke und verwandelte sich in einen Feuerball. Ebenso schwerfällig touchierte die führende Aviatik einen Kirchturm, dessen scharfe Spitze ihr den Bauch aufschlitzte. Das Flugzeug zerbrach in unzählige Teile.
»Geht mit Gott!«, brüllte Fauchard heiser, während er sein Flugzeug in einem engen Bogen herumzog und den Talausgang ansteuerte.
Zwei winzige Punkte tauchten in der Ferne auf. Sie kamen schnell auf ihn zu. Es waren die letzten beiden Maschinen der Aviatik-Staffel.
Fauchard lenkte seine Maschine mitten in die Lücke zwischen den sich nähernden Flugzeugen. Sein Mund verzog sich zu einem Grinsen. Er wollte seiner Familie unmissverständlich klarmachen, was er von ihrem Versuch hielt, ihn an seinem Vorhaben zu hindern.
Er kam ihnen nahe genug, um die Beobachter in den Vordersitzen erkennen zu können. Der linke hatte etwas wie einen Stock in der Hand und zielte damit auf ihn. Gleichzeitig beobachtete Fauchard einen Lichtblitz.
Er hörte einen leisen, dumpfen Laut und hatte plötzlich das Gefühl, als würde sein Brustkorb von einem glühenden Schüreisen durchbohrt. Erschrocken begriff er, dass der Beobachter in der Aviatik Zuflucht zu einer simpleren, aber zuverlässigeren Technologie genommen hatte – er hatte mit einem Karabiner auf Fauchard geschossen.
Unwillkürlich zerrte er am Steuerknüppel, und seine Beine streckten sich in einem plötzlichen Krampf. Die gegnerischen Maschinen rasten zu beiden Seiten an ihm vorbei. Seine Hand am Steuerknüppel wurde kraftlos, und das Flugzeug begann zu taumeln. Warmes Blut pulsierte aus seiner Wunde und sammelte sich unter seinem Sitz zu einer Pfütze. Er hatte plötzlich einen Geschmack von Kupfer im Mund, und es fiel ihm zunehmend schwer, seine Umgebung wahrzunehmen.
Er riss sich die Pilotenbrille herunter, löste den Sitzgurt und griff unter den Sitz. Seine erlahmenden Finger fanden den Griff der stählernen Kassette. Er legte sie sich auf den Schoß, nahm das Band, das in den Griff eingefädelt war, und befestigte es an seinem Handgelenk.
Indem er seine letzten Kraftreserven mobilisierte, stemmte er sich hoch und beugte sich aus dem Cockpit. Er wälzte sich über den Rand, sein Körper prallte auf die Tragfläche und wurde weggeschleudert.
Seine Finger zogen automatisch an der Reißleine, das Kissen, auf dem er gesessen hatte, platzte auf, und ein seidener Fallschirm entfaltete sich.
Ein schwarzer Vorhang senkte sich über seine Augen. Schemenhaft nahm er einen eisblauen See und einen Gletscher wahr.
Ich habe versagt.
Er stand zu sehr unter Schock, als dass er den Schmerz wahrnehmen konnte, und empfand eine tiefe und zornige Traurigkeit.
Millionen werden sterben.
Er hustete heftig, als sein Mund sich mit blutigem Schaum füllte, und dann dachte er nichts mehr. Reglos hing er in den Gurten seines Fallschirms, ein leichtes Ziel für eine der Aviatiks, die soeben zu einem weiteren Zielanflug ansetzte.
Die Kugel, die sich durch seinen Helm bohrte und in sein Gehirn drang, spürte er nicht mehr.
Während die Sonnenstrahlen sich funkelnd an seinem Helm brachen, sank er tiefer und tiefer, bis die Berge ihn gnädig in ihren Schoß aufnahmen.
1
Schottland, Orkneyinseln, Gegenwart
Jodie Michaelson schäumte vor Wut.
Kurz zuvor, am Spätnachmittag, hatten sie und die übrig gebliebenen Konkurrenten der TV-Reality-Show Outcasts in ihren schweren Schuhen über ein dickes Seil balancieren müssen, das über einen ein Meter hohen Wall aus Felsbrocken gespannt worden war. Diese Nummer hatte man »Feuerlauf der Wikinger« getauft. Reihenweise Fackeln loderten zu beiden Seiten des Seils und verliehen dem Ganzen eine Atmosphäre von Dramatik und höchstem Risiko, obgleich die Flammen in Wirklichkeit gut zwei Meter von den Feuerläufern entfernt waren. Die Kameras nahmen das Geschehen von der Seite und aus der Froschperspektive auf und ließen den Marsch über das Seil weitaus gefährlicher erscheinen, als er es tatsächlich war.
Kein fauler Zauber war die Art und Weise, wie die Produzenten geplant hatten, die Konkurrenten fast bis zu Gewalttätigkeiten gegeneinander aufzustacheln.
Outcasts war das jüngste Angebot an »Reality«-Shows, die seit dem Erfolg von Survivor und Fear Factor wie Pilze aus dem Boden geschossen waren. Es war eine aufgemotzte Kombination aus beiden Formaten, abgerundet mit einer kräftigen Prise lauthals gebrüllter Unflätigkeiten à la Jerry Springer.
Das Format war herzlich einfach. Zehn Teilnehmer mussten sich in einem Zeitraum von drei Wochen einer Vielzahl von Prüfungen unterziehen. Diejenigen, die dabei versagten oder von ihren Gefährten abgewählt wurden, mussten die Insel verlassen.
Der Sieger gewann am Ende eine Million Dollar und zusätzliche Bonuspunkte, deren Vergabe sich offenbar danach richtete, wie gemein und hinterhältig die Konkurrenten miteinander umgingen.
Die Show wurde als noch mörderischer als ihre Vorgänger beurteilt, und die Produzenten scheuten keine Tricks, um die Spannung noch zu steigern. Während andere Shows von heftigen Konkurrenzkämpfen bestimmt wurden, fanden in Outcasts regelrechte Schlachten statt.
Das Format der Show basierte zum Teil auf dem Outward-Bound-Überlebenstraining, in dessen Verlauf ein Teilnehmer von dem leben muss, was die Natur bereithält. Im Gegensatz zu anderen ähnlichen Serien, als deren Schauplätze vorwiegend tropische Inseln mit türkisblauem Wasser und wogenden Palmen dienten, wurde Outcasts auf den Orkneyinseln vor der schottischen Küste gefilmt. Die Konkurrenten waren dort in der billigen Kopie eines Wikingerschiffs gelandet, begleitet vom Lärm aufgescheuchter Seevögel.
Die Insel war gut dreieinhalb Kilometer lang und knapp zwei Kilometer breit. Sie bestand vorwiegend aus Felsgestein, das vor Ewigkeiten von irgendeiner kosmischen Katastrophe zu bizarren Erhebungen und Schluchten geformt worden war. Hier und da lockerte eine verkrüppelte Baumgruppe das trostlose Bild auf, und es gab einen Strand mit grobem Sand, wo die meisten Filmaufnahmen stattfanden. Das Wetter war einigermaßen milde, außer in den Nächten, und die mit Tierfellen bedeckten Hütten waren als Behausungen erträglich.
Die kleine Felseninsel war derart unbedeutend, dass Einheimische sie nur als »Wee Island« bezeichneten. Dies hatte eine spaßige Diskussion zwischen dem Produzenten, Sy Paris, und seinem Assistenten, Randy Andleman, ausgelöst.
Paris hatte gerade mal wieder einen seiner typischen Wutanfälle. »Wir können wohl kaum eine Abenteuershow auf einem Flecken namens ›Wee Island‹ filmen, um Gottes willen. Wir müssen dem Ding einen anderen Namen verpassen.« Seine Miene hellte sich auf. »Wir nennen sie ›Skull Island.‹«
»Sie sieht aber nicht aus wie ein Schädel«, protestierte Andleman. »Eher wie ein von beiden Seiten gebratenes Spiegelei.«
»Das ist ähnlich genug«, hatte Paris gemeint, ehe er davonrauschte.
Jodie, die das Wortgeplänkel verfolgt hatte, animierte Andleman zu einem freundlichen Lächeln, als sie halblaut meinte: »Ich finde, sie ähnelt eher dem Schädel eines dämlichen Fernsehproduzenten.«
Die Prüfungen bestanden im Wesentlichen aus Ekelnummern wie dem Aufbrechen lebendiger Krabben und ihrem Verzehr im Rohzustand oder dem Sprung in ein Wasserbecken voller Aale, die bei den Zuschauern einen Brechreiz garantierten und sie auf jeden Fall für die nächste Folge wieder vor den Fernseher holten, um sich anzusehen, wie schlimm es noch würde. Einige der Konkurrenten schienen wegen ihrer ausgeprägten Aggressivität und allgemeinen Bösartigkeit ausgewählt worden zu sein.
Der Höhepunkt käme, wenn die letzten beiden Konkurrenten die Nacht damit verbrachten, sich gegenseitig zu jagen, wobei sie Nachtsichtgeräte und Farbkugelpistolen zur Verfügung hatten. Es war eine Nummer, die auf der Kurzgeschichte »Graf Zaroff – Genie des Bösen« basierte. Dem »Überlebenden« winkte eine weitere Million Dollar.
Jodie war eine Fitnesstrainerin aus Orange County in Kalifornien. In einem Bikini hatte sie einen atemberaubenden Körper, obgleich ihre Kurven unter ihrer Daunenkleidung ganz und gar nicht zur Geltung kamen. Hinzu kamen lange blonde Haare und eine wache Intelligenz, die sie hatte kaschieren müssen, um für die Show engagiert zu werden. Jeder Konkurrent stellte einen bestimmten Persönlichkeitstyp dar, doch Jodie wehrte sich dagegen, die Rolle des dämlichen Blondchens zu spielen, für die die Produzenten sie ausgesucht hatten.
In dem letzten Quiz um Plus- und Minuspunkte waren sie und die anderen gefragt worden, ob ein Poncho ein Bekleidungsstück, eine Frucht oder ein Autotyp sei. Als beschränkte Quotenblondine der Show hätte sie mit »Autotyp« antworten müssen.
Du liebe Güte, so etwas würde sie niemals wieder gutmachen können, wenn sie in die Zivilisation zurückkehrte.
Seit dem Quizdebakel hatten die Produzenten unmissverständliche Andeutungen gemacht, dass sie aus der Show aussteigen sollte. Sie hatte ihnen die Chance gegeben, sie hinauswählen zu lassen, als ihr ein Funke ins Auge flog und sie den Feuerlauf nicht geschafft hatte. Die übrigen Angehörigen des Stammes hatten sich mit ernsten Mienen um das Lagerfeuer versammelt, und Sy Paris hatte mit trauerumflorter Stimme den Befehl ausgegeben, sie solle den Clan verlassen und nach Walhalla umziehen. Was für ein hirnverbrannter Blödsinn.
Während sie sich vom Lagerfeuer entfernte, verfluchte sie sich selbst, weil sie die Prüfung nicht geschafft hatte. Aber ihr Gang war noch immer kraftvoll und energisch. Nach ein paar Wochen in Gesellschaft dieser Verrückten war sie froh, die Insel verlassen zu können. Die Gegend war zwar eine wildromantische, eigentlich wunderschöne Kulisse, doch Jodie war die Boshaftigkeiten, die Manipulation und die Hinterhältigkeit leid, die die Konkurrenten an den Tag legen mussten, um der zweifelhaften Ehre willen, gejagt zu werden wie ein tollwütiger Hund.
Hinter dem »Tor nach Walhalla«, einer Art Laubengang aus Plastikwalknochen, stand ein großer Wohnwagen, in dem das Fernsehteam untergebracht war. Während die Angehörigen des Wikingerclans in Lederzelten hausten und sich von Käfern und anderem Kleingetier ernährten, erfreute das Aufnahmeteam sich angenehmer Wärme, bequemer Schlafkojen und üppiger Feinschmeckermenüs. Sobald ein Konkurrent aus dem Spiel ausschied, verbrachte er oder sie eine Nacht im Wohnwagen, bis ein Hubschrauber ihn oder sie am nächsten Tag abholte.
»Das war Pech«, sagte Andleman, der sie an der Tür erwartete. Andleman war ein Schatz und das krasse Gegenteil seines erfolgshungrigen Chefs.
»Ja, und was für ein Pech. Heiße Duschen, warme Mahlzeiten, Mobiltelefone.«
»Verdammt, das alles gibt es hier.«
Sie sah sich in der komfortablen Behausung um. »Das merke ich.«
»Da drüben ist Ihre Koje«, sagte er. »Mixen Sie sich an der Bar einen Drink, und im Kühlschrank steht eine köstliche Pastete, die Ihnen über die Enttäuschung hinweghelfen sollte. Ich muss raus und Sy assistieren. Machen Sie es sich bequem.«
»Danke, das werde ich tun.«
Sie ging zur Bar und genehmigte sich einen großzügigen Beefeater-Martini. Die Pastete war wirklich köstlich. Sie freute sich darauf, nach Hause zurückzukehren. Die Ex-Teilnehmer wurden gewöhnlich von Talkshow zu Talkshow weitergereicht, um sich über die Leute auszulassen, die sie zurückgelassen hatten. Das wäre leicht verdientes Geld. Sie streckte sich in einem bequemen Sessel aus. Schon nach wenigen Minuten sorgte der Alkohol dafür, dass sie einschlief.
Schlagartig wurde sie wach. Im Schlaf hatte sie schrille Schreie wie von Seevögeln oder spielenden Kindern gehört, dazu wildes Gebrüll und aufgeregte Rufe.
Seltsam.
Sie stand auf, ging zur Tür und lauschte.
Sie fragte sich, ob Sy sich wieder eine neue Form der Erniedrigung hatte einfallen lassen. Vielleicht ließ er die anderen einen wilden Beschwörungstanz ums Lagerfeuer veranstalten.
Sie ging eilig über den Pfad, der zum Strand führte. Der Lärm wurde lauter, aufgeregter, verzweifelter. Irgendetwas Schreckliches war im Gange. Das waren Schreie der Angst und des Schmerzes. Das klang nicht nach telegener Ausgelassenheit. Sie beschleunigte ihre Schritte und rannte durch das Walhalla-Tor. Was sie dann erblickte, sah aus wie eine Höllenszene von Hieronymus Bosch.
Die Darsteller und das Fernsehteam wurden von entsetzlichen Kreaturen attackiert, die halb Mensch, halb Tier zu sein schienen. Die wilden Angreifer knurrten und schnaubten, rissen ihre Opfer zu Boden und bearbeiteten sie mit Klauen und Zähnen.
Sie sah Sy stürzen, dann Randy. Sie erkannte mehrere Körper, die blutüberströmt und zerfleischt am Strand lagen.
Im flackernden Feuerschein sah Jodie, dass die Angreifer langes, verfilztes Haar hatten, das ihnen bis auf die Schultern reichte. So etwas wie diese Gesichter hatte sie noch nie erblickt. Es waren entsetzliche, verzerrte Fratzen.
Eine Bestie umklammerte einen abgetrennten Arm, den sie gerade zum Mund führte. Jodie konnte nicht anders, sie musste schreien … und die anderen Kreaturen unterbrachen ihre grässliche Mahlzeit und drehten sich mit rot glühenden Augen zu ihr um.
Sie wollte sich übergeben, doch die Wesen kamen jetzt in einem seltsam gebückten, hüpfenden Lauf auf sie zu.
Sie rannte um ihr Leben.
Ihr erster Gedanke war der Wohnwagen, doch sie war geistesgegenwärtig genug, um zu begreifen, dass sie dort in der Falle sitzen würde.
Sie rannte auf höheres felsiges Gelände, wohin die Kreaturen ihr wie hungrige Bluthunde folgten. Sie stolperte und stürzte in eine Erdspalte, doch ohne dass es ihr in diesem Moment klar wurde, rettete dieser Fehltritt ihr das Leben. Ihre Verfolger verloren ihre Witterung.
Jodie hatte sich bei dem Sturz heftig den Kopf gestoßen. Noch einmal kehrte kurz ihr Bewusstsein zurück, und sie glaubte heisere Stimmen und Gewehrschüsse hören zu können. Dann wurde sie wieder ohnmächtig.
Sie lag noch immer bewusstlos in der Erdspalte, als am nächsten Morgen der Hubschrauber eintraf. Nachdem die Mannschaft die Insel abgesucht und schließlich Jodie gefunden hatte, war sie zu einer erschreckenden Gewissheit gelangt.
Alle anderen waren verschwunden.