Manfred Lafrentz
Blutschwertzeit
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Impressum neobooks
Der Wagen schaukelte mit knarrenden Rädern über den Grasweg und hinterließ tiefe Spuren. Als er vorbeigefahren war, betrachtete Folke die zerquetschten Büschel. Es sah nicht so aus, als ob sie sich jemals wieder aufrichten würden, und einen Augenblick lang fühlte er sich, als wäre der Wagen über ihn selbst hinweggerollt.
„Sie haben schweres Gerät da drin”, sagte Egli, der neben ihm am Wegrand saß. „Der alte Atli hat gesagt, Schmiede seien wie Zauberer.”
Folke glaubte nicht alles, was der alte Atli erzählte, aber die Männer, die hinten aus dem Wagen herausschauten, sahen fremdartig aus mit ihren struppigen Bärten und dem langen, hinten am Kopf zusammengeknoteten Haar. Sie sahen wild aus. Wild und düster, wie Vorboten des Krieges.
Seit dem Frühjahr hatte es Gerüchte über einen bevorstehenden Krieg gegen die Aelfen gegeben. Nun, da der Sommer zu Ende ging, kamen die Schmiede. Der Vogt hatte sie vor einigen Tagen angekündigt, und viele Jungen warteten, so wie Folke und Egli, entlang der Straße neugierig auf die geheimnisvollen Männer, die mit dem Feuer reisten und Dinge aus ihm hervorholten. Alltägliche Gegenstände stellten die Männer des Dorfes mehr schlecht als recht selbst her, aber die Kunst des Waffenschmiedens beherrschte nur die Zunft der wandernden Schmiede.
„Sie sind keine Zauberer”, sagte Folke, obwohl er sich nicht sicher war. „Sie stellen Waffen für den Krieg her. Schwerter, Schilde, Helme, Kettenhemden.” Er sagte es ein wenig verträumt, denn er verspürte ein unbestimmtes Verlangen nach diesen Dingen.
„Sie beschwören das Feuer”, beharrte Egli. „Sie reden mit den Geistern, die darin wohnen. Ich glaube, sie sind Zauberer.”
Folke schwieg. Er wusste nicht, was er glauben sollte.
Der Wagen rollte langsam in Richtung des Dorfes, während der Mann auf dem Kutschbock unentwegt mit der Peitsche schlug. Das Knallen zerschnitt die schläfrige Nachmittagsstille, aber die Pferde reagierten nicht darauf, behielten ihren Trott bei und schüttelten nur ab und zu unwillig die Köpfe. Einer der Männer, die hinten aus dem Wagen herausschauten, grinste den Jungen zu und machte eine obszöne Geste. Sie schauten verlegen weg. Das dröhnende Gelächter der Schmiede wurde nur allmählich leiser.
„Sie bringen Unheil”, sagte Egli, dessen rote Haare ihm bis über die Augen hingen, finster. Er zog die Nase kraus, und seine Sommersprossen traten auf den weißlichen Falten deutlich hervor. „Mein Vater hat es gesagt.” Er zögerte. „Die Männer des Dorfes werden bald weggehen müssen.”
Folke fand, es klang wie eine Frage. Wollte Egli hören, dass er sich irrte?
Egli räusperte sich. „Mein Vater wird gehen.” Folke konnte hören, wie er sich darum bemühte, forsch zu klingen. „Er hat schon früher in Schlachten gekämpft.”
„Die Männer haben alle in Schlachten gekämpft”, sagte Folke. „Was glaubst du, woher mein Vater seine Narbe hat?”
Egli rupfte ein wenig Gras aus. Seine Finger bekamen rote Striemen, und die zerdrückten Halme blieben an seinen Händen kleben.
„Ich würde auch kämpfen”, sagte er verdrossen.
„Wir sind zu jung”, sagte Folke. „Sie werden uns nicht nehmen.”
Er stellte sich vor, wie es wäre, in den Krieg zu ziehen. Der Gedanke war erregend. Ein Schwert schwingen. Kämpfen. Töten. Bislang war ihm der Tod nur beim Schlachten von Tieren begegnet. Einmal hatte er zugesehen, als sein Vater einer Ziege mit einer Axt den Kopf abhackte. Er hatte mehrmals zuschlagen müssen, bis der Hals durchtrennt war, und Blut war nach allen Seiten weggespritzt. Folke versuchte, sich vorzustellen, wie er den Kopf eines Aelfen abschlug, aber es war schwierig, denn er hatte keine richtige Vorstellung davon, wie sie aussahen, nur Geschichten. Geschichten, die der alte Atli erzählte.
Folkes Gedanken verwirrten sich, stoben in graue Nebel davon. Er bemerkte ein unangenehmes Gefühl an den Armen. Wo das Sonnenlicht auf die Haut traf, brannte sie fast schmerzhaft. In den Schatten aber, die das Laub warf, war sie kühl. Heiß. Kühl. Heiß. Seine Arme schienen aus Teilen zusammengesetzt, die nicht zueinandergehörten. Folke schüttelte sie, und einen Augenblick lang fürchtete er, die Teile könnten fortgeschleudert werden. Er erschrak. Es hatte sich angefühlt wie ein heimlicher Irrsinn, der an den Rändern seiner Gedanken nagte.
Der Eindruck, dass mit ihm etwas nicht stimmte, machte ihm seit einer Weile zu schaffen. Seine Einbildungskraft spielte ihm oft Streiche, die er nicht verstand. Mehrmals schon hatte er das Gefühl gehabt, unsichtbar zu sein, nur ganz kurz, wenn die anderen Jungen sich unterhielten, als wäre er nicht dabei. In solchen Momenten verlor er ganz kurz die Orientierung. Die Welt schien sich wie ein schwarzer Sack um ihn zusammenzuziehen und ihn zu ersticken. So wie eben gerade.
Verstohlen betrachtete er Egli, um festzustellen, ob dieser etwas bemerkt hatte. Aber Egli schaute nur versonnen dem Wagen der Schmiede hinterher.
„Sie bringen Unheil”, wiederholte er. „Wenn sie kommen, müssen die Männer gehen.”
„Weil es Krieg gibt”, sagte Folke mürrisch. „Das hat nichts mit den Schmieden zu tun.”
Er war neugierig auf diese Männer, die das Handwerkszeug für den Krieg herstellten. Sie erschienen ihm geheimnisvoll und unheimlich. Sie brachten Veränderungen.
Egli zuckte mit den Achseln. Er sah nicht überzeugt aus.
Sie standen auf und schlenderten in einigem Abstand hinter dem Wagen her ins Dorf. Die Straße, die von Süden her kam, war breiter als alle anderen in dieser Gegend. Auf der linken Seite ertönte jenseits von hohen Büschen das ungeduldige Gebrüll der Kühe auf den Wiesen. Es war Melkzeit, aber die Dorfleute vernachlässigten an diesem Tag ihre Pflichten. Auf der rechten Seite der Straße, in einem kleinen Wald aus Buchen, Eichen und Birken, standen zwischen den Stämmen einzelne Hütten, die aufgegeben worden waren und allmählich verfielen.
Als Folke und Egli den Platz in der Mitte des Dorfes erreichten, hatten sich bereits alle Dorfleute um die alte Eiche versammelt. Der Vogt des Fürsten, der dem Wagen vorausgeritten war, schaute von der Höhe des Pferderückens auf sie herab.
Folke teilte den Hass der Dorfleute gegen den Vogt, dessen Worte und Anordnungen manchmal Hunger und Elend für sie bedeuteten, aber dennoch befolgt werden mussten, da es die Worte und Anordnungen des Fürsten waren. Der Hass war ihm so vertraut wie der Geruch des Viehs oder das Rauschen des Waldes, der das Dorf umgab. Er war ihm selbstverständlich geworden und wurde niemals infrage gestellt. Zu seinen frühesten Erinnerungen gehörten die gehässigen Worte der Frauen, die die Männlichkeit des Vogts anzweifelten. Die Bedeutung dieser Worte verstand Folke erst seit wenigen Jahren, aber schon als kleiner Junge hatte er mit den Frauen darüber gelacht, und sie hatten ihm den Kopf gestreichelt dafür und noch lauter gelacht. Mondkopf nannten die Frauen den Vogt, wegen seines sichelförmig nach innen gebogenen Gesichts und des spitz zulaufenden Kinns. Folke fragte sich manchmal unbehaglich, wie es sein mochte, wenn die Frauen über einen lachten, weil man hässlich war.
Ebenfalls schon lange kannte er die ohnmächtigen Träume der Männer, die davon raunten, den Vogt auf grausame Weise zu töten. Träume, die unerfüllt bleiben mussten, und die deshalb den Hass noch heftiger brennen ließen. „Wenn wir alle zusammenhielten, wäre er machtlos”, murmelten die Männer, wenn sie beieinander saßen, leise in ihre Bierkrüge hinein. Aber Folke hatte schon vor einiger Zeit begriffen, dass niemals alle zusammenhielten. Jedes Dorf suchte seinen Vorteil. Keines würde zögern, sich auf Kosten der anderen zu bereichern. Wenn eines halbherzig gegen die Anordnungen des Fürsten rebellierte, schmeichelte sich das andere um so enger an die Ordnung des Herrn und lachte sich ins Fäustchen, wenn die eigenen Abgaben zur Belohnung für kurze Zeit gesenkt wurden. Widerstand gegen den Fürsten war ohnehin sinnlos. Er unterhielt ein stehendes Heer, das groß genug war, um seine Macht im Land zu sichern.
„Aber”, dachte Folke, „offenbar nicht groß genug, um gegen die Aelfen in den Krieg zu ziehen.”
Das längliche, bartlose Gesicht des Vogts blieb unbewegt, nur seine Finger spielten hektisch mit der Verschlusskette seines Mantels. Es war offensichtlich, dass er sich in dieser Umgebung unwohl fühlte. Die Augen hatte er stets halb zugekniffen, als würden sie an Stelle der spitzen Nase den Geruch des Dorfes wahrnehmen und sich dagegen sperren. Sonnenlicht verfing sich in seinem krausen, rötlichen Haar, entzündete es zu Funken, die im leichten Wind über den Kragen seines vornehmen, dunklen Mantels tanzten. Alle wussten, was kommen würde. Männer, Frauen, Kinder standen schweigend um die Eiche herum und warteten.
„Ich verkünde euch im Namen des Fürsten und seiner Verbündeten, dass der Krieg gegen die Aelfen begonnen hat!”, rief der Vogt. „Alle Männer, die mindestens sechzehn und nicht mehr als sechzig Sommer gesehen haben, werden aufgerufen, sich beim Heer des Fürsten zu melden. So lautet das Gesetz.”
Er machte eine Pause, wahrscheinlich um seine Worte wirken zu lassen, aber die Dorfleute blieben still.
Die Augen des Vogts zwinkerten hektisch, bevor sie sich wieder zusammenzogen. „Die Aelfen bedrohen unsere Siedlungen im Norden”, fuhr er fort. „Immer wieder hat es Angriffe gegeben. Das können wir nicht länger hinnehmen. Würden wir es tun, dränge das Aelfenpack immer weiter nach Süden vor; auch Dörfer wie dieses würden bald angegriffen werden. Die Fürsten haben beschlossen, jetzt zu handeln. Es ist höchste Zeit. Die Aelfen müssen vertrieben, am besten vernichtet, das Land bis weit nach Norden gesichert werden. Alle müssen dazu ihren Beitrag leisten.”
Er drehte sich im Sattel um und wies auf den Wagen, der hinter ihm zum Stehen gekommen war. „Die Schmiede werden im Dorf einquartiert. Das Eisenerz dieser Gegend wird von den Frauen und Kindern gesammelt, damit die Schmiede Waffen für das Heer des Fürsten herstellen können. Das Heer wird das Land verteidigen. Es wird euch verteidigen.”
„Was ist mit unseren Feldern?”, rief Farli, Folkes Vater. „Wer soll sie bestellen, wenn wir in den Krieg ziehen? Wer wird das Vieh versorgen?”
Folke betrachtete das grimmige Gesicht seines Vaters, die leicht gebeugte, aber kräftige Gestalt. Das Haar über seinen Ohren war schon ein bisschen grau, aber seine besorgte, mürrische Miene ließ ihn älter erscheinen als er war.
Die anderen Dorfleute nickten und murmelten ihre Zustimmung
„Die alten Leute werden das tun”, sagte der Vogt knapp. „Der Krieg geht vor.”
Die Leute murrten, aber Folke wusste, keiner würde es wagen, sich gegen das Gesetz des Fürsten aufzulehnen.
Als der Vogt außer Hörweite war, fluchten die Männer.
„Es ist Irrsinn, gegen das Aelfenpack zu ziehen”, brummte Meili, Eglis Vater. „Das wird kein ehrlicher Kampf. Sie werden uns verzaubern, vielleicht sogar in Schweine verwandeln!”
Die Männer lachten, aber es klang angespannt.
„Sie sind wie Schatten”, sagte Atli, der zu alt war, um in den Krieg zu ziehen. „Wer ist so dumm, gegen Schatten zu kämpfen?”
Die Männer schwiegen unbehaglich. Folke stellte sich vor, wie sie mit ihren Schwertern gegen Geister kämpfen würden. Er schauderte und einen Moment lang war er froh, dass er erst fünfzehn Sommer gesehen hatte, einen zu wenig. Aber dann schämte er sich dafür.
„Schatten oder nicht”, sagte Farli, „was wird aus unseren Höfen werden, wenn wir fortgehen?” Er spuckte aus. „Das ist nicht unser Krieg. Uns haben die Aelfen nichts weggenommen.”
Die anderen nickten.
„Ich habe noch niemals Aelfen gesehen”, sagte Meili. „Man sollte sie in Ruhe lassen.”
„Was ist, wenn sie tatsächlich in den Krieg ziehen?”, fragte einer der jüngeren Männer. „Wer weiß schon, was Aelfen denken? Wenn sie nach Süden ziehen und unser Land verwüsten, ist es zu spät. Vielleicht ist es besser, der Fürst zieht ihnen entgegen, bevor es dazu kommt.”
„Wir haben sowieso keine Wahl”, sagte Farli. „Ich bleibe dabei, es ist nicht unser Krieg, aber wir werden am Teuersten dafür bezahlen müssen.”
Die Männer schauten düster zum Vogt hinüber, der auf der anderen Seite des Platzes mit den Schmieden sprach. Folke spürte ihren Hass, ihr Verlangen danach, den Vogt fortzujagen, die Träume, die sie nahezu erstickten.
Schon am nächsten Tag führte der Vogt die Männer des Dorfes, von denen viele nur alte und halb verrostete Waffen besaßen, nach Norden. Die Schmiede würden für Nachschub sorgen, wie überall im Land, und die neuen Schwerter würden den Männern folgen.
Folke sah zu, wie sein Vater mit den anderen über die Waldstraße davonzog. Der Abschied war kurz gewesen. Farli hatte ihm aufgetragen, den Hof so gewissenhaft wie möglich zu versorgen. Die alten Männer würden helfen. Folke hatte die Sorge in seinen Augen gesehen und war wild entschlossen, ihm zu beweisen, dass er sich auf ihn verlassen konnte.
Farli hatte fremd ausgesehen. Hart. Wie ein Krieger. Er hatte schon früher gekämpft, wenn der Fürst von seinen Nachbarn angegriffen wurde. Es waren kurze Kriege gewesen, meist nur eine einzige Schlacht, die schnell entschieden war und nicht viele Leben kostete. Farli hatte eine Narbe unter dem linken Auge davongetragen, eine Kerbe, die immer weiß in seinem braunen Gesicht leuchtete und die Haut von den Rändern faltig nach innen zog. Als kleiner Junge hatte Folke sich immer vorgestellt, dass ein winziger Kobold an dieser Stelle saß und von innen an der Haut zog. Einmal, dachte Folke lange Zeit, einmal, musste der Kobold sie loslassen, wenn sein Arm erlahmte, und er schaute jeden Tag ins Gesicht seines Vaters, um festzustellen, ob der Augenblick gekommen war. Irgendwann erzählte ihm Farli von dem Schwertstreich, der ihn getroffen hatte, von dem Splitterstückchen, das stecken geblieben und nie wieder herausgekommen war. Der Kobold verwandelte sich in ein hartes, kaltes Körnchen Stahl, das Folke noch unheimlicher war. Wie ein wildes, giftiges Tier hatte ein Schwert es in seinen Vater hineingespuckt, und es würde dort bleiben bis er starb. Vielleicht würde es zum Vorschein kommen, wenn man seinen Leichnam verbrannte. Das einzige, was übrig blieb. Folke verscheuchte den Gedanken. Er war wie ein schlechtes Vorzeichen.
Farlis Besorgnis hatte sich deutlich in seiner verschlossenen Miene abgezeichnet, als er loszog. Er war kein großer Mann, aber er hatte breite Schultern und sein untersetzter Körper strotzte vor Kraft und vermittelte den Eindruck einer überwältigenden Masse. Folke dachte immer, er selbst sei ein unvollkommenes, abgestoßenes Teilstück seines Vater, das dieser verschmerzen konnte, weil noch so viel von ihm da war.
„Ein Fels und ein Steinchen”, sagte seine Mutter oft über Vater und Sohn, lachte und strich Folke über das immer wirre Haar. „Ein Steinchen mit einer Nase und Moos oben drauf. Mehr ist von dir nicht zu sehen.”
Ständig fuhr sich Folke mit den Fingern durch die Haare, versuchte sie zu glätten. Die Geste war ihm kaum noch bewusst. Nur manchmal, wenn sie ihm auffiel, war es ihm, als versuchte er verzweifelt, sein Gesicht aus dem Verborgenen zu holen, kein Steinchen mit einer Nase zu sein, kein Splitter seines Vaters. Nicht unsichtbar.
Farli war ein ernster Mann, der nur selten lachte, manchmal, wenn er mit anderen Männern zusammensaß und Bier trank. Er sprach wenig mit Folke. Meistens waren es Anweisungen, so wie gestern, als er ihm aufgetragen hatte, auf den Hof zu achten. Es hätte des Befehls nicht bedurft. Folke liebte den Hof und das Dorf. Es war sein Zuhause, und er hatte immer gern seine Arbeit getan, auf dem Feld, beim Hüten der Schafe, bei der Ernte. Er und die anderen Jungen würden nun die Männer des Dorfes sein und es beschützen und die Höfe führen, wie ihre Väter es getan hatten. Das hatte er stolz zu Farli gesagt, und dieser hatte genickt, auf eine zerstreute, beunruhigte Art, mit zusammengekniffenem Mund, den Blick in eine unbestimmte Ferne gerichtet, als wartete er auf etwas.
Verletzt spürte Folke, dass sein Vater Angst hatte um das, was er besaß. In der Angst war wenig Platz für Vertrauen. Was konnte ein Steinchen schon ausrichten, ein Splitter?, fragte diese Angst. Folke sehnte sich danach, ein Fels zu sein, ein Fels wie sein Vater, in dessen Schutz sich jeder drängen würde.
Aber vielleicht fragte sich Farli auch nur, welcher Art die Narben sein würden, die ihm Schatten beibringen konnten. Folkes Mutter hatte geweint, auf die zähe, harte Art, in der die Frauen dieses Landes weinten, und sich an Folke geklammert, als Farli mit knappem Gruß das Haus verließ. Ihr Griff war schmerzhaft gewesen, aber nicht so schmerzhaft wie der abgewandte Blick und das Schweigen des Vaters, der in den Krieg zog, um gegen Geister zu kämpfen.
Gegen Aelfen.
Es gab immer Gerüchte über sie. In letzter Zeit hieß es oft, sie zögen aus den Wäldern und Bergen des Nordens nach Süden, um sich die Länder zurückzuholen, die sie einst bevölkert hatten. Es war der Grund für den Krieg, so hatte es der Vogt behauptet. Aber niemand im Dorf hatte jemals einen Aelfen gesehen.
Außer Atli vielleicht. Der alte Mann erzählte gern Geschichten von grausamen Geisterkriegern und aelfschönen Nixen. Niemand wusste, ob er jemals so weit im Norden gewesen war. Trotzdem hörten die Jungen des Dorfes ihm zu, wenn er erzählte.
„Wylde Aelfen!”, rief er jedes Mal in seiner altertümlichen Art, die Worte auszusprechen, die so grau war wie seine dünnen Haare, wenn die Jungen ihn um Geschichten baten. „Ihr wollt Geschichten von wylden Aelfen hören? Ihr solltet euch hüten. Ihr Anblick bringt jeden um den Verstand.”
„Hast du jemals welche gesehen?”, fragte immer einer, und alle lachten, auch Atli, und man konnte sehen, dass die wenigen Zähne, die er noch hatte, von den Steinsplittern im Brotmehl abgeschliffen waren, wie bei allen alten Leuten.
„Ich war schlau genug, nicht hinzuschauen. Und das solltet ihr auch tun, falls euch einmal Aelfen über den Weg laufen.”
„Wie sehen sie aus?”, war die nächste Frage des Rituals.
„Manche sind wunderschön”, pflegte Atli verträumt zu sagen. Immer wenn er nachdenklich wurde, rieb er sich die linke Seite seiner großen Hakennase. Eine rote Stelle hatte sich dort gebildet, die nie mehr wegging. Ohne sie kannte Folke Atli gar nicht. „Sie tragen Kränze aus Zweigen von Eiche und Efeu und sie tanzen auf dem Wasser oder im Mondschein, nackt oder in Silber gekleidet. Sie singen bezaubernde Lieder, denen kein Sterblicher widerstehen kann. Sie singen und locken, aber es ist nicht ratsam, ihnen nachzugeben.” Er kicherte, und sein schütterer Bart zitterte. „Eure Schwänze werden abfaulen, wenn ihr es tut.”
Die Jungen grinsten unbehaglich.
„Manche Mondscheintänzerinnen verschwinden schon, wenn man sie küsst. Sie können die Wärme menschlicher Seelen nicht ertragen und zerfallen zu Staub. Denn das sind sie eigentlich, nur Staub, der vom kalten Mondlicht in eine Form gebacken wird.”
So und ähnlich lauteten die Geschichten. Alle kannten sie. Sie waren unheimlich, aber Folke verstand nicht, wie man Krieg gegen diese Aelfen führen konnte. Mondlichttänzer. Wandelnder Staub, der im Wind verwehte. Es konnte nicht alles sein. Es konnten nur die wundersamen Reste von Geschichten sein, die, nachdem sie von Dorf zu Dorf, von Mensch zu Mensch gewandert und immer märchenhafter geworden waren, bei jemandem wie dem alten Atli landeten. Spukgeschichten für Kinder, die nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Wenn die Aelfen nicht mehr waren als in diesen Geschichten, warum zogen dann die Fürsten gegen sie, ließen Waffen schmieden, die töten sollten? Wie konnten Sänger und Tänzer die Siedlungen der Menschen im Norden angreifen und Schrecken verbreiten? Warum hatten die Männer Angst vor ihnen? Warum hatte sein Vater Angst vor ihnen? Folke spürte, dass etwas anderes hinter den Geschichten steckte, dass grausige Schatten dahinter lauerten, die alles verschlangen, was ihnen zu nahe kam. Als er sah, wie Farli Frekissohn, ohne ein einziges Mal zurückzublicken, mit den anderen Männern über die Waldstraße nach Norden davonzog, jenen fremdartigen, grausamen Schatten und den vielleicht seltsamen Narben entgegen, die sie schlagen konnten, wusste Folke plötzlich, dass alle diese Kindergeschichten gelogen waren.
Am Ende der Straße wartete der Tod auf sie, und wenn er auch eine schöne Gestalt hatte und wenn er auch im Mondlicht tanzte und sang, so war es doch der Tod.
Die Schmiede zogen in die leer stehenden Häuser am Rande des Dorfes. Folke und die anderen Jungen beobachteten von weitem, wie sie in eines der Häuser Gerät aus dem Wagen trugen und Steine herbeischleppten.
„Das wird die Schmiede”, sagte Egli.
Atli war bei ihnen und kommentierte alles.
„Verfluchtes Eisen”, sagte er. „Eisen verleiht Macht, daher verdirbt es die Menschen, die damit umgehen. Wozu brauchen wir Eisen? Wir haben Häuser aus Holz, Pflüge aus Holz, Becher und Krüge aus Ton. Und das, was unsere Väter aus Knochen, Steinen und Hirschgeweihen gemacht haben, ist auch noch besser als das, was diese Zauberer in ihren Öfen zusammenbrauen.”
„Waffen”, sagte Folke. „Wir können nicht mit Waffen aus Holz oder Knochen kämpfen.”
„Du willst kämpfen?”, fragte Biarki Gautissohn spöttisch, ein großer, kräftiger Bursche in Folkes Alter, mit hellem Haar. Er war immer der Anführer, bei allem, und alle hörten auf ihn. Manchmal hasste ihn Folke dafür, hasste ihn, weil er gerne so gewesen wäre wie er. Ein großer, kräftiger Anführer. Immer wenn er Biarki sah, fragte er sich unwillkürlich, wie Farli der Fels so ein Steinchen wie ihn, Folke, gezeugt haben konnte. Er hatte das Gefühl, betrogen worden zu sein. Folke Farlissohn hätte eigentlich sein sollen wie Biarki Gautissohn, denn Gauti war ein Mann wie Farli. Manchmal quälte ihn der Gedanke, dass es seine eigene Schuld war. Er hatte etwas versäumt, etwas ungetan gelassen, ohne zu wissen, was, und nun würde er niemals ein Mann wie sein Vater werden. Und noch schlimmer war die Vorstellung, dass alle es wussten und ihn heimlich dafür verachteten, auch Farli.
„Irgendwann werden wir alle kämpfen müssen”, antwortete er mürrisch auf Biarkis Frage.
Biarki grinste. „Vielleicht bist du der Richtige, um gegen die Aelfen zu kämpfen. Wenn der Wind sie fortträgt, wirst du hinterhergeweht, während alle anderen am Boden bleiben müssen.”
Die Jungen lachten. Folke biss die Zähne zusammen.
„Auf jeden Fall ist er schnell wie der Wind”, sagte Egli zu Folkes Verteidigung. „Er läuft einmal um das Dorf herum bevor du zwei Häuser hinter dir gelassen hast, Biarki.”
Einige Jungen nickten. Folke war nicht so kräftig wie die meisten, aber er war der Gewandteste. Bei den gelegentlichen Raufereien unter den Dorfjungen machte er fehlende Stärke durch Geschicklichkeit und Schnelligkeit wett. Er war kein Feigling, ging keinem Kampf aus dem Weg.
„Kann sein”, sagte Biarki gutmütig, und Folke hasste ihn für diese Gutmütigkeit. Er vergaß keinen dieser Momente, in denen der Spott ihn traf, auch wenn sie für alle anderen ohne Bedeutung waren. Sie lagen in seinen Gedanken herum und scheuerten sie wund. Biarki hatte bestimmt keine wunden Gedanken. Sie mussten groß und kräftig sein wie er selbst, und sie hatten sicher helle Haare und waren die Anführer aller anderen Gedanken.
Atli grunzte unwillig. „Diese Schmiede haben keine Heimat”, fuhr er unbeirrt fort. „Wenn kein Erz mehr in der Gegend gefunden wird und die Wälder abgeholzt sind, ziehen sie weiter und hinterlassen Ruinen, über die das Gestrüpp wächst. Die Häuser, in denen sie gearbeitet haben, kann keiner mehr benutzen. Böse Feuergeister gehen darin um.”
„Sind sie wirklich Zauberer?”, fragte Egli. „Wieso lässt man sie gewähren?”
Atli spuckte aus. „Wenn die Fürsten sie nicht schützen würden, könnten sie sich nirgendwo sehen lassen. Eine schwarze Kunst ist das Schmieden! Man kann ihnen nicht trauen. Sie haben ihr Wissen von den Dunkelaelfen gelernt.”
„Aber sie stellen die Waffen her, die für den Krieg gebraucht werden”, beharrte Folke.
Atli spuckte nochmal aus. „Sie sind Zauberer”, sagte er und wandte sich ab.
Bald forderten die Schmiedegesellen Folke und die anderen Jungen auf, Eisenerz heranzuschaffen. Es gab viele Senken in der Umgebung, in denen eisenhaltiges Wasser zusammengespült wurde und an die Oberfläche trat. Wenn es mit Luft in Berührung kam, bildete sich Erz. Die Jungen sammelten es und schleppten es zur Schmiede. Doch bald mussten die Frauen das Erzsammeln übernehmen, denn die Schmiede schrien nach Holz, und die Jungen mussten Bäume fällen.
„Warum brauchen sie so viel Holz?”, fragte Egli Folke unzufrieden.
Sie stapelten Holzscheite, die sie nach dem Spalten der Stämme zur Schmiede tragen mussten. Trotz des Waldesschattens schwitzten sie in der Wärme des Spätsommers bei ihrer Arbeit. Die Schmiede hatten ihnen neue Äxte gegeben, die gierig wie Raubtiere an den Stämmen nagten. Wenn man sie ins Holz schlug, spritzten die Späne weithin. Ein kleiner Teil des Waldes neben dem Dorf war schon abgeholzt. Es sah hässlich aus. „Kriegswunden”, dachte Folke.
Hier hatte er oft mit Egli und den anderen Jungen gespielt, und es war ihm nie in den Sinn gekommen, dass der Wald so zerbrechlich, so leicht zu zerstören war. Er dachte an Atlis Warnungen vor den Ruinen, die die Schmiede hinter sich zurückließen. Aber auch dort, wo das Dorf stand, war früher Wald gewesen. Selbst die Felder und Weiden waren ihm abgetrotzt worden. Das Holz der vielen abgeschlagenen Bäume steckte in den Häusern, in den Zäunen und den Wagen. Doch das Holz der Stämme, die sie nun abschlugen, verschwand in den Öfen der Schmiede, die Stahl ausspuckten. Der Krieg veränderte alles. Die Männer verschwanden, die Bäume verschwanden. Es war traurig und doch auch erregend. Mit dem Wald verschwand Folkes Kindheit. Er war nicht mehr weit davon entfernt, ein Mann zu sein. Ein Mann, der Stahl in die Hand nahm und kämpfte, wie sein Vater. Holz und Stahl, Kind und Mann. Er spürte die Veränderung. Sie wehte wie ein kratziger staubiger Wind durch seine Gedanken, ein Wind, von dem er noch nicht wusste, wohin er ihn tragen würde. Er fürchtete die Veränderung ein wenig und sehnte sie doch auch herbei. Wenn er kämpfte, wie sein Vater, dachte er, würde er sich vielleicht in einen Mann wie Farli verwandeln. In einen Fels.
„Die Öfen”, sagte er. „Sie müssen Tag und Nacht brennen. Es ist schon eine Wagenladung mit Schwertern und Schilden nach Norden geschickt worden.”
Egli nahm eine Ladung Scheite hoch. „Krieg bedeutet einfach nur mehr Arbeit”, brummte er. „Meine Arme schmerzen, meine Hände sind voller Blasen. Ich wünschte, die Schmiede würden bald wieder abziehen.”
Folke lachte. Er war nicht weniger erschöpft von der Arbeit als der Freund.
„Was glaubst du”, fragte Egli nachdenklich, „ob die Aelfen Zauberei gegen die Männer einsetzen, gegen die sie kämpfen?” Der Gedanke schien ihn zu beunruhigen. Folke juckte es, ihn zu necken.
„Glaubst du, du wirst deinen Vater wiedererkennen, wenn er als Schwein zurückkommt?”
Egli knallte einen Stapel Holzscheite auf einen anderen. „Das ist nicht witzig.” Er zögerte. „Machst du dir keine Sorgen um deinen Vater?”
Folke zuckte mit den Achseln. „Er hat schon früher in Schlachten gekämpft. Er ist ein erfahrener Krieger.”
„Mag sein”, sagte Egli. „Aber was ist mit Zauberei?”
„Warum denkst du so viel über Zauberei nach?”
Egli sah ihn überrascht an. „Es ist das Schlimmste. Es nimmt dir deine Seele. Du wirst wie sie, wie die Aelfen.”
Folke dachte darüber nach. „Vielleicht hast du Recht. Aber was kann man dagegen tun?”
„Dieser Krieg bringt Unheil”, sagte Egli düster. „Ich wünsche nicht mehr, dass die Schmiede bald abziehen, ich wünschte, sie wären nie gekommen.” Er sah Folke missmutig an. „Du bist oft bei der Schmiede.”
„Und?” Folke wusste nicht, worauf sein Freund hinauswollte.
„Was hast du da zu suchen? Die anderen Jungen reden über dich.”
„Was sagen sie?”
„Nichts Gutes. Sie sagen, die Zauberei zieht dich an.”
„Blödsinn!”
„Geh nicht mehr zur Schmiede, das ist ein guter Rat.” Egli wandte sich ab und wollte nichts mehr sagen.
Folke ärgerte sich, aber vor sich selbst musste er zugeben, dass Egli Recht hatte. Insgeheim zog die Schmiede ihn an. Wenn er das Holz ablieferte, stand er oft an ihrem Eingang und beobachtete die Arbeit der muskulösen Männer, folgte mit den Blicken den Funken, die bis zum Gebälk des Daches aufstiegen, lauschte dem Gesang der Hammerschläge, auch wenn er ihm in den Ohren wehtat. Es war etwas Wildes um das Schmiedehaus, etwas Gewalttätiges. Es war wie das Herz des Krieges, verwandelte Holz und Erz in Waffen, in Macht. Es war wie ein Tor in die Welt der Männer, der Krieger. Folke wagte nicht, sie zu betreten, verharrte unschlüssig draußen, wo er ein Junge bleiben konnte, aber er war unzufrieden damit und kam sich feige vor.
Einmal bemerkte einer der Schmiede, wie Folke an der Tür herumlungerte, und kam zu ihm herüber. Der Mann war fast zwei Köpfe größer als er. Schweiß verklebte ihm die Haare und glänzte auf der Haut seiner nackten dicken Arme. Er stank fürchterlich, und Folke wich unwillkürlich einen Schritt zurück. Dann aber kam er sich albern vor und blieb verlegen stehen.
„Wie heißt du, Junge?”, fragte der Schmied mit dröhnender Stimme. Sein schwarzer Bart reichte hinab bis zu dem Seil, mit dem er seinen Kittel um die Hüften gegürtet hatte. Alles an ihm war schwarz oder glänzend. So konnte man sich einen Zauberer vorstellen.
„Folke Farlissohn.”
„Willst du vielleicht Schmied werden, Folke Farlissohn?”
Folke schüttelte den Kopf und wurde rot, als der Schmied lachte. Die Aufmerksamkeit des Mannes schmeichelte ihm, aber er fühlte sich, als ob er bei etwas Verbotenem ertappt worden wäre, etwas, das ihm nicht zustand.
„Warum nicht? Es ist etwas für richtige Männer.” Der Schmied schlug ihm auf die Schulter. „Willst du wirklich lieber dein ganzes Leben lang ein Viehhirte sein?” Er packte Folke am Arm und zog ihn in die Schmiede. „Komm her, sieh es dir an! Das Holz, das ihr uns bringt, brauchen wir für die Holzkohle. Sechzehn Teile Holzkohle für ein Teil Eisen. Deshalb brauchen wir so viel.”
Sein Griff war hart und schmerzte, aber Folke ließ sich nichts anmerken. Die Kraft des Mannes musste enorm sein, und er bewegte sich in der Schmiede wie ein Vertrauter oder sogar Bruder des Feuers. Folke konnte sich nicht vorstellen, wie man es den ganzen Tag in diesem verrauchten, zischenden, dampfenden und brodelnden Höllenloch aushalten konnte, in dem die Hitze wie eine riesige Fackel war, die ihm dicht vors Gesicht gehalten wurde.
„Mein Name ist Brokk”, sagte der Schmied. Seine kleinen schwarzen Augen unter den buschigen Brauen, die über der Nase zusammengewachsen waren, bohrten sich wie Widerhaken in Folkes.
„Sieh her, Folke Farlissohn, das ist der Ofen!” Er zeigte auf ein zylindrisches Gebilde aus Lehm und Steinen, das offenbar hastig und ohne Kunstfertigkeit errichtet worden war. Es gab mehrere davon. In allen loderte das Feuer und sie strahlten diese unglaubliche Hitze aus.
„Das Eisenerz, mit Holzkohle vermischt,
wird geschmolzen bis es zischt!”, sang Brokk mit tiefer Stimme.
Er zeigte Folke einen grauen Barren. Obwohl er entsetzlich schwitzte und die Schläge der schweren Hämmer auf die Ambosse um ihn herum seine Ohren fast betäubten, sah Folke interessiert zu. Brokks Schmiedelied klang wie ein Zaubergesang, eintönig und dröhnend, wie eine Beschwörung. Folke lief es kalt über den Rücken, aber er lauschte gebannt.
„Roheisenbrocken mit der Schlacke, der groben,
werden ans reine Eisen gewoben.
Ein Tuch drum gewickelt und Lehm drauf geziegelt,
so wird das Eisen vor der Luft versiegelt.
Die Brocken, verlobt in der Glut zum Barren,
gefaltet wie Teig, und bevor sie erstarren,
drauf gehämmert an die zwanzig Mal,
bis die Schlacke verweht, so entsteht der Stahl!”
Während er sang, führte Brokk Folke alles an dem Stück vor, das er gerade bearbeitete. Fasziniert beobachtete der Junge, wie sich unter den Schlägen des Schmiedehammers eine flache Klinge ausbildete.
„Siehst du, Junge?”, schrie Brokk begeistert. „Jetzt kann man den Stahl zu Schwertern verarbeiten. Oder zu Kettenhemden oder Helmen.” Mit einer Zange hielt er die halbfertige Klinge in die Höhe. Sein Mund stand offen, als hungerte ihn nach dem Stahl. „Das ist etwas für ganze Männer!”, rief er und lachte. „Schmied oder Krieger, für etwas anderes taugt ein Mann nicht. Alles andere ist Weiberarbeit!”
Folke lachte. Er fühlte die Wahrheit der Worte. Hier in der Schmiede konnte man ein Mann werden. Hier waren die Waffen. Hier war die Macht. Es tat gut, ihr nahe zu sein.
Die anderen Dorfjungen verfolgten Folke mit bösen Blicken, und es schien sich etwas zusammmenzubrauen. Er hatte Eglis Warnung nicht ernst genommen, merkte aber nun, dass die Jungen ihn genau beobachteten. Es scherte ihn nicht. In der Schmiede träumte er vom Kämpfen; inmitten der Schwerter, Schilde und Helme fühlte er sich wie ein Krieger, weit weg von Egli, Biarki und den anderen. Vielleicht merkten sie, dass Männer wie Brokk Folke als ihresgleichen behandelten, und waren neidisch.
Wenn er konnte, beobachtete Folke weiterhin die Arbeit der Schmiede. Immer wieder trieb es ihn dorthin, trotz der Hitze, trotz des ohrenbetäubenden Gehämmers. Im flackernden Licht des Feuers und im Halbdunkel der Schmiede erschienen ihm die Männer manchmal wie Schwarzzauberer aus einem aelfischen Schattenreich. Folke dachte an Atlis Geschichten und schauderte, aber es hielt ihn nicht fern. Das Entstehen von Schwertern aus einem grauen Klumpen war vielleicht Zauberei, aber es war auch harte Arbeit. Folke versuchte herauszufinden, ob die Schmiede Feuergeister beschworen, aber es schien, als läge ihre ganze Macht in den Schlägen der schweren Hämmer.
Brokk sprach Folke oft an. Einmal hielt er ihm lachend eine frisch geschmiedete Schwertklinge hin, von der noch der Dampf des kühlenden Wassers aufstieg.
„Na, Junge! Bekommst du nicht Lust zu kämpfen, wenn du das siehst? Was lungerst du noch hier im Dorf herum? Geh zum Heer des Fürsten! Zeig, dass du ein Mann bist!”
Folke verlangte es danach, das Schwert zu nehmen, aber er schüttelte verlegen den Kopf. „Ich habe erst fünfzehn Sommer gesehen.”
„Ach was!”, rief Brokk wegwerfend. „Fünfzehn Sommer sind genug!”
Folke überlegte. Vielleicht hatte Brokk Recht. Ein Schwert würde ihn zum Mann machen. Der Krieg war weit weg, ein Abenteuer voller Schatten, aber hier, im Dorf, würde ein Schwert ihm Macht verleihen. Niemand könnte dann bezweifeln, dass er in der Lage war, sein Heim zu verteidigen, nicht einmal sein Vater. Er könnte der Anführer bei den Jungen sein. Keiner von ihnen hatte ein Schwert. Selbst Biarki müsste ihm folgen.
Er streckte die Hand nach dem Schwert aus, aber dann fiel sein Blick auf Brokks Gesicht, und er schrak zurück. Etwas Lauerndes, Gieriges war in den Augen des Schmieds, wie ein Tier, das kurz davor war, seine Beute zu reißen.
„Zauberer!”, dachte Folke und fürchtete sich plötzlich. Der Krieg schien auf einmal ganz nah, eine Armeslänge entfernt. Das Töten und Getötetwerden. Es prallte ihm entgegen, kalt und fremd, rätselhaft und beängstigend.
Folke wandte sich ab und lief aus der Schmiede. Brokks dröhnendes Lachen folgte ihm wie ein Schatten.
Nicht lange danach kam es zur Konfrontation mit den anderen Jungen des Dorfes. Als Folke mit Egli vom Holzfällen zurückkam, stellten sie sich ihm in den Weg, sechs oder sieben Burschen, alle in seinem Alter oder etwas jünger. Er kannte jeden von ihnen gut, aber sie sahen ihn an wie einen Fremden.
„Was wollt ihr?”, fragte Folke, als sie ihn nicht vorbeiließen.
„Was lungerst du immer bei der Schmiede herum?”, fragte Biarki Gautissohn.
„Was geht´s dich an?”, fragte Folke zurück. Er sah Egli an, aber der schaute verlegen weg.
„Die Schmiede sind Zauberer”, sagte Biarki. „Was hast du mit denen zu schaffen? Hast du nicht gehört, was der alte Atli gesagt hat?”
„Sie machen einfach nur Waffen”, brummte Folke.
„Sie gehören nicht zum Dorf. Sie bringen Unheil. Sie pflanzen das Unheil in dich, und wenn sie weggehen, wird das Unheil bei uns bleiben.”
„Lass mich in Ruhe”, sagte Folke und wollte sich an Biarki vorbeidrängen.
Da fielen sie über ihn her, schlugen und traten ihn, alle außer Egli, der aber nichts dagegen unternahm. Er wehrte sich, aber es waren zu viele. Sie schlugen nicht besonders hart zu, wollten ihm offenbar nur eine Lektion erteilen. Bald gab Biarki das Zeichen zum Aufhören.
„Halt dich von der Schmiede fern, Folke Farlissohn”, sagte er. „Das ist zu deinem eigenen Besten.”
Dann gingen sie fort, und Egli mit ihnen.
Fluchend rieb sich Folke seine schmerzenden Stellen. Die Träume in der Schmiede hatten ihn betrogen. Er war kein Krieger, auch inmitten all der Waffen nicht, weil er sich nicht getraut hatte, nach ihnen zu greifen. Er war ein Steinchen unter den anderen Jungen, die wie Felsen waren, und sie konnten ihn verprügeln, wenn sie Lust dazu hatten, ihn demütigen und bevormunden. Sie konnten verbieten und ermahnen, wie sein Vater, und er konnte nichts dagegen tun.
Unheil! Er spuckte aus. Sie wollten nicht, dass er mehr war als sie, darum ging es. Sie wollten verhindern, dass er ein Krieger wurde, ein Anführer.
Ohnmächtige Wut ergriff ihn. Und auf einmal war es wieder da, das Kalte, Fremde, das von dem Schwert in Brokks Händen ausgegangen war. Es war wieder da, aber diesmal schrak Folke nicht zurück. Jetzt, in diesem Augenblick, hätte er danach gegriffen, nach der Waffe, nach der Macht, die sie verlieh, der Furcht, die sie verbreitete.
Er ahnte plötzlich, wie sie war, die Lust zu töten, die ihn zum Krieger machen konnte.
In allen Schlachten werden zuerst die Augen besiegt.
Iri glaubte fest an diese alte Binsenweisheit. Er sah es an den Soldaten, die mit ihm zogen. Wenn man sie überhaupt so nennen konnte. Die meisten waren einfache Bauern, dem Kriegshandwerk fremd wie Weiber. Ihre Köpfe zuckten unbehaglich hin und her. Sie sahen nur Schatten, immer nur Schatten. In den verlassenen Bauernhütten am Wegrand. Zwischen den Bäumen. Im Unterholz der Wälder, durch die sie marschierten. Schatten waren überall, und alle Bauernsoldaten sahen darin nichts als Aelfen. Nichts als Tod.
Es waren etwa zweihundert Mann, auf dem Weg nach Norden, wo sie auf ein größeres Heer des Fürsten treffen sollten. Iri und die drei Blutschwertmänner, die seinen Trupp bildeten, hatten den Befehl bekommen, sich ihnen anzuschließen. Im Norden wartete ihr eigentlicher Auftrag auf sie.
Sie ritten am Ende der Kolonne, achteten darauf, den Soldaten nicht zu nahe zu kommen. Trotzdem gab es immer wieder verstohlene, unbehagliche Blicke auf ihre Schwerter.
„Ich glaube, wenn ich nur die Hand an mein Schwert lege, wird ihnen die Scheiße an den Beinen herablaufen”, sagte Kert, der neben ihm ritt.
Iri lachte.
„Ich wette, einige von ihnen sind schon einmal einem Blutschwertmann begegnet”, sagte Gymir. Er und Grani ritten hinter Iri. „Sie haben diesen Blick. Ich kenne diesen Blick. Ich habe ihn oft gesehen.”
„Wir alle haben ihn oft gesehen”, sagte Iri. „Selbst wenn sie noch nie einen Blutschwertmann gesehen haben, haben sie von uns gehört.”
Kert schnaubte verächtlich. „Sie wissen nicht, ob sie mehr Angst vor uns oder vor den Aelfen haben.”
„Sie sollten mehr Angst vor uns haben”, sagte Grani trocken.
Die anderen drei lachten. Einige der vor ihnen marschierenden Soldaten drehten sich um und schauten misstrauisch.
„Wenn sie es tun”, sagte Iri, „sind sie verrückt. Keiner von diesen Bauern hat jemals Aelfen gesehen. Sie wissen nicht, was ihnen bevorsteht. Sie halten ihre Äxte, als ob sie Bäume fällen wollten. Sie werden es gar nicht merken, wenn die Schatten über sie kommen.”
Kert spuckte aus. „Die Soldaten des Fürsten sind auch nicht besser.” Er lachte grimmig. „Krieg gegen die Aelfen! Sie glauben, sie können sie schlagen wie ein Heer ihrer Nachbarn. Eine Schlacht und dann ist alles vorbei. Was glauben sie, was sie gewinnen werden?”
„Ist mir egal, was sie gewinnen wollen”, sagte Iri kühl. „Es geht nur darum, so viele Aelfen zu töten wie möglich.”
Die anderen schwiegen. Sie teilten seinen Hass nicht, aber sie waren Blutschwertmänner und würden jeden töten, wenn die Schwerter erwachten. Eigentlich war die Angst der Bauern vor ihnen berechtigt. Iri lächelte. Noch schliefen die Schwerter. Sie würden sie später wecken.
Die Soldaten marschierten auf einem staubigen Sandweg, der an einem Fluss entlangführte. Iri kannte seinen Namen nicht und machte sich nicht die Mühe zu fragen. Es war flaches Land. Auf ihrer Seite des Flusses gab es nur hier und da Bäume, am anderen Ufer standen sie dichter. Aber dazwischen, über dem Wasser, konnte man weit in die Ferne sehen. Weiße Wolken am blauen Himmel. Das Gras zwischen Weg und Fluss leuchtete hellgrün im Sonnenlicht. Es war ein idyllischer Anblick. Schaute man aber in die Gesichter der Soldaten, hätte man meinen können, sie seien auf dem Weg in die Hölle.
Der Staub des Weges legte sich wie ein Schleier auf Iris Stiefel und Hose. Er betrachtete es unwillig, beugte sich immer wieder hinab und wischte und klopfte, bis die Sachen wieder einigermaßen sauber aussahen. Seine Gefährten sagten nichts dazu. Sie hätten nicht einmal etwas gesagt, wenn er auf seinem Pferd getanzt und wie ein Hahn gekräht hätte. Man sagte nichts zu Iri, das ihn verärgern konnte. Nicht, wenn man bei Verstand war.
Gelegentlich kam der Zug an einem Gehöft vorbei. Fast alle waren verlassen, aber hier und da gab es einige Standhafte, die sich weigerten, ihr Heim aufzugeben. Der Hauptmann des kleinen Heeres riet ihnen, sich nach Süden zu begeben, aber sie schüttelten nur verstockt die Köpfe. Die Bauernsoldaten verstanden sie nicht. Wenn sie die Wahl gehabt hätten, wären sie sofort umgekehrt.
Bauern! Iri verachtete sie. Sie waren das Schlachtenfutter der Fürsten, und er verschwendete kaum Gedanken an sie. Ihm ging es nur um den Tod. So viel Tod wie möglich. Aelfentod.
Das dichter werdende Dickicht am Ufer des Flusses machte es notwendig, sich nach Osten zu halten. Sie erreichten leicht welliges Grasland und marschierten auf eine lichte Gruppe von etwa zwanzig weit ausladenden Buchen zu. Einige der weiter außen stehenden Bäume waren von Blitzen gespalten. Es sah aus, als hätten sie tiefe schwarze Wunden.
Iri kannte die abergläubische Furcht der Bauern vor solchen vom Blitz getroffenen Bäumen. „Aelfenzauber”, hörte er sie raunen, als sie zwischen den Bäumen dahingingen. Ihre Augen waren ihre Schwäche, neben ihrem Verstand. „Man sollte sie ihnen verbinden”, dachte er. „Oder ausstechen. Sie würden viel besser kämpfen.”
Die Schatten auf dem Gras unter den Bäumen zitterten wie ein Spinnennetz im Wind. Manche Äste hingen schwer vom Laub bis auf den Boden herab und sie zischten hässlich, als ein plötzlicher heftiger Windstoß sie peitschte. Etliche Soldaten fingen an zu laufen, auf das freie Feld jenseits der Bäume zu, das im hellen Sonnenlicht lag. Aber der Rand des nächsten Waldes war nicht weit entfernt.
Der Hauptmann ließ sich zurückfallen und ritt neben Iri.
„Die Männer haben Angst”, sagte er. Es klang, als erwartete er Vorschläge, was er dagegen unternehmen sollte.
„Das ist Euer Problem”, sagte Iri. „Hier gibt es nirgendwo Aelfen. Unsere Schwerter können nicht gegen die Schatten auf dem Gras kämpfen.” Wie sollten diese Soldaten einen Krieg gewinnen, wenn schon Schatten sie ängstigten? Er konnte spüren, dass keine Aelfen in der Nähe waren. Es waren nur Gerüchte, die besagten, sie seien so weit in den Süden vorgestoßen. Gerüchte, die den Krieg ausgelöst hatten. Er wusste es, aber es war ihm egal. Es war nicht seine Entscheidung, aber er begrüßte sie, hatte ihre Entstehung sogar befördert. Der Krieg hatte kommen müssen, wenn er auch aus den falschen Gründen begonnen hatte.
„Ihr habt gesagt, Ihr wart schon oft im Norden”, beharrte der Hauptmann. Die Haut seines breiten, groben Gesichts hatte Flecken. Seine Hängebacken zitterten vor unterdrücktem Ärger, und die großen schwarzen Warzen auf ihnen zitterten mit. Iri betrachtete es interessiert. Vielleicht fielen die Warzen ab, wenn ihr Besitzer nur heftig genug zitterte.
Der Hauptmann nahm seinen Helm ab und rieb sich den haarlosen Schädel. Er hatte große hässliche Ohren, die einen entzündeten Eindruck machten. Fliegen schwirrten um sie herum.
„Könnt Ihr den Männern nicht sagen, dass sie hier noch nichts zu befürchten haben?”, fragte er mürrisch.
Iri sah ihn belustigt an. „Ihr wollt, dass ich mit ihnen rede? Sie werden kein Wort von dem glauben, was ich sage. Sie werden auf mein Schwert starren und sich fragen, ob ich es ziehen werde.”
Der Hauptmann fluchte. Sein linkes Auge stand höher als das andere. Es verlieh seinem Gesicht einen ewigen Ausdruck von Gehetztheit und Unruhe. „Was werden sie erst tun, wenn wir ins Aelfengebiet kommen?” Er trieb sein Pferd an und ritt wieder nach vorne, wo er Befehle schrie und versuchte, die Reihen zu ordnen.
Iri sah ihm nachdenklich dabei zu. Er sehnte die Zeit herbei, in der er nicht mehr mit dem Heer ziehen musste. Wenn die Soldaten kämpften, wenn sie starben, falls es überhaupt dazu kam, würde er nicht dabei sein. Die Blutschwertmänner kämpften allein. Sie duften nur allein kämpfen.
Gegen Abend schlugen sie auf einer Wiese ein Lager auf. Iri ging herum und amüsierte sich darüber, wie die Männer seinen Blicken auswichen, wenn er an ihnen vorbeikam. Manchmal glaubte er die düstere Wolke zu sehen, die ihn in ihren Augen umgab.
Einer aber schlug die Augen nicht nieder, sah ihn fast herausfordernd an.
„Was glotzt du, Mann?”, fragte Iri, halb belustigt, halb ärgerlich. „Hast du mich schon mal gesehen?”
Der Mann schüttelte den Kopf. Er hatte eine Narbe unter dem linken Auge. Sie leuchtete weiß in seinem braunen Gesicht und sah aus wie ein Krater. „Aber ich kenne Leute wie dich.”
„Leute wie mich?”, fragte Iri barsch. „Wo bist du Leuten wie mir begegnet?”
Die Soldaten, die in der Nähe des Mannes saßen, erhoben sich und zogen sich unauffällig zurück.
„In der Schlacht am weißen Fluss. Die Blutschwertmänner haben auf der Gegenseite gekämpft und viele von uns getötet. Meine Narbe habe ich bekommen, als ich den Mann, der in meinem Dorf neben mir wohnt, aus dem Getümmel gezogen habe und mit ihm weggelaufen bin.”
Iri betrachtete den Mann aufmerksam. Er war massig und untersetzt, ein kräftiger Bauer, der in einer Schlacht furchteinflößend wirken mochte. „Eine Narbe aus einem Kampf ist mehr als die meisten hier haben. Wie heißt du?”
„Farli Frekissohn.”
„Wir kämpfen nicht in Schlachten, Farli Frekissohn.”
„Damals schon. Ihr habt auch Eure eigenen Leute getötet.”
Iri lachte. „Das hätten die Fürsten wissen müssen.”
Farli zuckte mit den Achseln. „Sie haben es gewusst. Es war ihnen egal.”
„Wer hat gewonnen?”
„Unsere Seite. Die Blutschwertmänner haben mehr von den eigenen getötet als von uns.”
Iri lachte lauthals. „Du gefällst mir, Farli Frekissohn. Es stimmt, manchmal befehlen die Fürsten uns, in ihren Schlachten zu kämpfen. Es ist ein Glücksspiel.”
„Die Spielschulden müssen die Soldaten bezahlen”, brummte Farli. „Für uns gibt es im Krieg kein Glück.”
Iri sah ihn nachdenklich an. „Was hältst du von diesem Krieg, in den wir ziehen?”
Farli winkte ab. „Ich glaube nicht an einen Angriff der Aelfen. Die Fürsten wollen einfach mehr Land. Mehr Land, das wir für sie bestellen können, damit sie mehr Abgaben eintreiben können. Damit sie mehr Macht bekommen. Wir sollten die Aelfen in Ruhe lassen. Es ist gut, dass sie ihr eigenes Land haben.”
„Die Aelfen sind eine Gefahr”, sagte Iri kühl. „Es hat Überfälle gegeben.”
Farli lachte. „Glaubt Ihr das wirklich? Niemand hier hat je Aelfen gesehen.”
„Ich habe sie gesehen.” Iris Stimme war dumpf. „Und ich kann dir versichern, es sind Kreaturen, die dem Menschen feind sind. Wir können nicht nebeneinander leben.”
„Sie leben nicht da, wo ich zu Hause bin”, sagte Farli störrisch. „Warum müssen wir so weit nach Norden ziehen, um gegen sie zu kämpfen? Wo sind ihre Heere? Warum stoßen wir nicht auf sie, wenn sie dabei sind, unser Land zu erobern?”
„Du bist scharfsinniger als gut für dich ist, Bauer.”
„Mag sein. Ich bin nicht so scharfsinnig wie Ihr denkt, aber ich bin nicht dumm. Es gibt da oben im Norden viele Wälder, die gerodet werden können. Viel Platz für Felder und um Vieh zu weiden. Ihr habt mich gefragt, was ich von dem Krieg halte. Ich glaube, es geht nur um die Gier der Fürsten.”
„Hast du keine Angst, so mit mir zu reden?”, fragte Iri eisig. „Mit einem Blutschwertmann?”
Farli zuckte die Achseln. „Ihr habt mich gefragt. Was hättet Ihr davon, wenn ich mich dumm stellte?”
Iri lächelte grimmig. „Du hast Recht. Auch mit dem Krieg, aber das spielt keine Rolle.”
„Für mich schon”, sagte Farli. „Ich sollte zu Hause sein, meine Felder bestellen, mein Vieh versorgen. Alles liegt nun in der Hand meines Sohnes. Er hat erst fünfzehn Sommer gesehen. Wie wird es dort aussehen, wenn ich zurückkomme? Dem Fürsten ist es egal; er verlangt trotzdem seine Abgaben. Wenn er Krieg führen will, soll er es mit seinen Soldaten tun. Und mit Leuten wie Euch. Das Kämpfen ist Euer Geschäft. Ich will nur ein Bauer sein.”
Iri schwieg. Der Mann war tatsächlich nicht dumm. Wahrscheinlich dachten viele wie er, waren aber zu feige, es auszusprechen. Er stimmte ihm zu, was den Grund für den Krieg anging. Die Fürsten wollten ihren Machtbereich vergrößßüü