Epub cover

Chaim Noll

Der Schmuggel über die Zeitgrenze

Erinnerungen


»Der Kluge schweigt zu dieser Zeit« – Danksagung

Während eines Seminars an einer englischen Universität sprachen wir über eine Passage meines Buches »Nachtgedanken über Deutschland«. Einige Studenten fanden meine heftige Kritik an Deutschland, das Leitmotiv des Essaybandes, »überzogen«. Andere kritisierten meine langen Sätze: Man schreibe heute kürzere. Besonders im Englischen. Sie würde, sagte ein Mädchen, wenn sie mein Buch zu übersetzen hätte, aus manchem Satz zwei oder drei machen. Es kam, was heute an europäischen Universitäten selten ist, zu einer lebhaften Diskussion. In deren Verlauf ein Student erklärte: »Und überhaupt, eine Autobiografie brauchen Sie nicht mehr zu schreiben. Sie haben sich genug mit Ihrem Leben beschäftigt, finde ich. Vor allem mit Ihrem Leben in Deutschland.«

Eine Autobiografie zu schreiben, schien mir lange Zeit das abwegigste Unternehmen der Welt. Erstens hat ein Schriftsteller die Möglichkeit, seinen Blick auf die Welt in seinen Romanen, Gedichten, Erzählungen zum Ausdruck zu bringen. Dann las ich das Bonmot eines deutschen Historikers: Eine Autobiografie schreibe man erst, wenn man sonst nichts mehr zu sagen hätte. So weit, hoffe ich, ist es noch nicht. Und drittens habe ich wirklich schon, wie der englische Student feststellte, mehrere Texte, ganze Bücher mit stark autobiografischem Charakter geschrieben. Mein erstes, »Der Abschied«, über das Weggehen aus Ost-Berlin, ein weiteres über meine Russland-Reisen, auch das erste Kapitel meines Essaybandes »Nachtgedanken über Deutschland« ist autobiografisch und mancher Abschnitt in dem Band »Meine Sprache wohnt woanders«.

Und dann dachte ich an den berühmten Satz des biblischen Propheten Amos: »Der Kluge schweigt zu dieser Zeit«. Eine öffentliche Äußerung über Tages- und Zeitgeschehen, auch über jüngste, kaum vergangene Geschichte, bringt stets Ärger mit sich, Gegenstimmen, Angriffe, Anfeindungen. Was immer jemand darüber sagt oder schreibt – es gibt einen verbreiteten Reflex, ihn dafür anzugreifen. Aus den unterschiedlichsten Motiven. Die Hierarchien der Meinungsäußerung sind weitgehend aufgelöst, die Hemmnisse aus Respekt vor Alter, Kenntnis, Verdiensten, auch eigene Hemmungen aufgrund fehlender Kompetenz oder Ausdrucksfähigkeit. Jeder fühlt sich aufgerufen, zu jedem denkbaren Tatbestand Stellung zu nehmen. Und jeder andere darf ihn dafür attackieren. Deshalb versuche ich, mich nur zu solchen Angelegenheiten zu äußern, von denen ich etwas verstehe. Wozu mein eigenes Leben zweifellos gehört. Aber auch die Zeit, in der ich lebte, die Verhältnisse, die mich umgaben, die großen politischen Ereignisse? Meine Sicht der Dinge ist subjektiv, trägt Züge von Voreingenommenheit, einer unbewussten zumindest, gegen die niemand immun ist. Widerspruch ist vorprogrammiert, auch öffentlich geäußerter Argwohn, Bezweiflung meiner Verstandeskräfte, meiner Redlichkeit. Wäre es angesichts dessen nicht klüger, »zu dieser Zeit zu schweigen«?

Trotz all dieser Gegengründe gab es Menschen, die mich dazu aufforderten, Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend in Berlin aufzuschreiben. Wegen der besonderen Perspektive, die ich hätte, wegen der besonderen Einblicke, die ich – und sei es unfreiwillig – genommen habe. Der Erste war der Schriftsteller Lutz Rathenow. Er schlug mir bereits 2002 in einer E-Mail vor, ich sollte meine »Lebensgeschichte schreiben«. Damals sah ich nicht ein, wozu. Ich war noch keine fünfzig, lebte in Israel, in der Wüste, war mit ganz anderen Fragen beschäftigt als mit meiner deutschen Vergangenheit. Zu viel Beschäftigung mit Vergangenem behindert unseren Wagemut beim nächsten Schritt. Inzwischen habe ich die sechzig hinter mir und sehe die Sache anders. Viele, die ich kannte und die von jener Zeit berichten könnten, sind nicht mehr am Leben. Manches, was ich mit angesehen, gehört und erfahren habe, kann nur noch ich bezeugen. Um ein Beispiel zu nennen: das schattenhafte Dasein der Juden in der DDR, ihre Überwachung, ihr von der Partei verordnetes Aussterben. Ein weiterer Versuch, jüdisches Leben zu verhindern. Ein stilles, verschwiegenes Geschehen, das die meisten Deutschen kaum bemerkt haben, weder im Osten noch im Westen. Inmitten ständiger Beteuerungen vom »Antifaschismus«, vom »Neubeginn«, von der »Überwindung der Vergangenheit« wurde ein weiteres Mal eine jüdische Bevölkerung in Deutschland dezimiert. Nicht, indem man die einzelnen Exemplare umbrachte, wie es die Nazis getan hatten, sondern indem man die Gemeinschaft als solche am Fortleben hinderte, jeden Nachwuchs unterdrückte, sie aussterben ließ. Ein vom Vergessen bedrohtes Detail deutscher und jüdischer Geschichte, von dem ich denke, es sollte festgehalten werden.

Ohnehin habe ich es nicht lassen können, Notizen über meine Kindheit zu machen. Wenn mir eine Erinnerung kam, die mir bemerkenswert schien. Oder amüsant. Der portable Computer, den ich auf Lesereisen mitnehme, der selbst im Hotelbett neben mir Platz findet, im Bahnabteil, auf dem Klapptisch im Flieger, erleichtert den Vorgang. Weil mein Leben aufregend war, weil wir viel gesehen haben, weil ich bei dieser oder jener Erinnerung dachte, es wäre schade, wenn sie verloren ginge. Weil Kinder und Enkel, wenn ich ihnen gelegentlich, auf einer Autofahrt, beim Spazieren in der Wüste oder beim Pflanzen im Garten eine Geschichte erzählte, die mir zugestoßen ist, spontan ausgerufen haben: Das musst du aufschreiben. So entstand dieser Band, der unsere Kindheit in Berlin umfasst, eine lang gezogene Kindheit, wie es vorkommt bei besonders behüteten, bewachten Kindern. Vielleicht finde ich eines Tages die Zeit und Kraft der Erinnerung, auch das Weitere zu Papier zu bringen, unsere Jahre im Westen Deutschlands, in Italien, schließlich in Israel.

Dass ich mich überhaupt an das Projekt gewagt habe, ist vor allem einem Mann zu danken, der es nicht aus den Augen verlor, mich immer wieder daran erinnerte und meine Chronistenpflicht anmahnte: meinem kürzlich verstorbenen Berliner Agenten Uwe Heldt. Er fand, ich müsse meine Lebensgeschichte festhalten, weil sie »besonders« sei, weil sie in historischen Kulissen spielte, die sich aufgelöst haben, in einer Welt, die so nicht mehr existiert. Im Berlin zur Zeit der Mauer, des Kalten Krieges, in einer Zeit täglicher Absurditäten, Übergriffe, Verrücktheiten, gedankenloser Mittätern und stiller, vergessener Helden. An sie sollte ich erinnern, die nicht mehr sind, deren Leben aber wert ist, erinnert zu werden. Der Gedanke leuchtete mir ein. Nicht wenige Menschen, an die ich denke, die in meinem Leben eine wichtige Rolle spielten, die ich gut kannte, um deren menschliche Vorzüge und Verdienste ich weiß, sind unbekannt geblieben, ungenannt, vom großen Vergessen bedroht. Solange ich noch dazu imstande bin, kann ich versuchen, an sie zu erinnern.

Immer wenn ich nach Berlin kam, traf ich Uwe Heldt, und im­mer wollte er wissen, ob ich anderen Sinnes geworden sei, bereit, das Buch zu schreiben. Er nahm Kontakt zu Verlagen auf. Auf seine Bitte verfasste ich ein Exposé. Dann schrieb ich tatsächlich ein Stück Text, das er als Probekapitel verschickte. Mehrere große Verlage signalisierten Interesse, die üblichen Verhandlungen begannen. Irgendwann begriff ich, dass die Zeit drängte. Was mich an den ersten sechzig Jahren meines Lebens am meisten verwundert: Wie schnell sie vergangen sind. Eben war ich ein kleiner Junge in Berlin und fühle mich eigentlich immer noch so – nichts auf der Welt ist so trügerisch wie unser Selbstgefühl. Wir brauchen deutliche Zeichen, um uns unseres Alters bewusst zu werden. Neulich zeigte mir Enkelin Sarah, sechs Jahre alt, in Israel geboren, einen Gartenzwerg, der sich in unseren Ort in der Wüste verirrt hat, und fragte, wie ich ihn fände. Ich erklärte ihr, dass ein Gartenzwerg für mein Gefühl kitschig, geschmacklos und überaus hässlich sei und war im Begriff, ihr die Geschichte zu erzählen, wie ich als Junge einen Gartenzwerg mit der Luftdruckpistole beschossen hatte. Doch sie fragte verständnislos: »Du findest ihn nicht süß?« Worauf sie mich von der Seite ansah und erklärte: »Tja, Großpapa, du bist alt.«

Also habe ich mich hingesetzt und das Buch geschrieben. Und als ich zu schreiben begann, kamen die Erinnerungen von selbst. Sie stellten sich ein, als hätten sie darauf gewartet. Und oft, wenn ich daran dachte, jemanden um Rat und Meinung zu fragen, um einen korrigierenden Hinweis zu dem, was mir retrospektiv in den Sinn kam, stellte sich heraus: Die oder der Betreffende war inzwischen tot. Auch diese Erfahrung bestärkte mich in dem aufregenden, mental anstrengenden Projekt.

Ich danke allen, die mich ermutigt und mir zur Seite gestanden haben. Besonders meiner Frau, die mich über Wochen geistesabwesend, mit Vergangenem beschäftigt, im Dialog mit Verstorbenen, wenig ansprechbar für die Angelegenheiten des Tages erlebt hat. Die mir trotzdem mit ihren Erinnerungen half, als Erste den Text las und vieles berichtigte. Meiner Mutter in Berlin, die ich anrufen und fragen konnte. Meiner zweiten Mutter, Monika Noll, die mir zu manchem Einblick verhalf, auch wenn sie dem Projekt skeptisch gegenüberstand. Einigen alten Bekannten, die auf meine aus der Ferne kommenden E-Mails, diese oder jene Einzelheit betreffend, geantwortet haben, besonders Bob Sondermeijer, der mir Material über seinen Großvater John Heartfield schickte. Mein Dank gilt Vera Lengsfeld, Katharina Hüter-Jung und Viola Sandberg für entscheidende Details. Ralph Schock für eine Inspiration im letzten Augenblick. Kristina Wengorz für ihr wie immer gründliches, feinfühliges Lektorat. Meinem Schulfreund Andreas Püschel und seinem phänomenalen Gedächtnis. Nicht zuletzt meinem Schöpfer, der mir Inspiration und Gesundheit gab, auch dieses Buch zu ­beenden.

Meitar, Israel, Februar 2015

Impressum und Copyright

Erste Auflage
Verbrecher Verlag Berlin 2015
www.verbrecherei.de


© Verbrecher Verlag 2015

Einband: Christian Walter
Lektorat: Kristina Wengorz
Satz und Ebookerstellung: Christian Walter

ISBN Print: 978-3-95732-085-8
ISBN EPub: 9783957321039
ISBN Mobipocket: 9783957321046

Der Schmuggel über die Zeitgrenze

In meiner Kindheit war viel von Polen die Rede – von dort stammen die meisten meiner Urgroßeltern. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts müssen sie eingewandert sein. Viel konnte ich nicht darüber in Erfahrung bringen, in der Familie herrschte ein Hang zum Verschleiern des Vergangenen.

Die Eltern meiner Berliner Großmutter kamen als junge Leute nach Berlin, die Stadt verkörperte damals Hoffnung und Zukunft, wie das ganze Deutsche Reich der siebziger, achtziger Jahre, eben durch einen sensationellen Sieg über Frankreich zustande gekommen, im wirtschaftlichen Aufschwung, eine kommende europäische Macht. Erst damals fand Berlin seine eigentliche Gestalt. Die neue Reichshauptstadt erlebte einen »Bauboom«, dehnte sich aus, es gab Arbeit, von überall strömten junge Menschen herbei, um ihr persönliches Glück auf das der Stadt zu gründen.

Die meisten Berliner waren von »auswärts«, noch heute erinnern viele Berliner Familiennamen an die polnische, schlesische, tschechische, jüdische Herkunft. Meine Urgroßeltern, wie viele andere, lösten sich aus ihrer früheren Identität, um in eine neue zu schlüpfen. Sie bemühten sich darum, »richtige Berliner« zu werden, Deutsche von der neuen, aufsteigenden Art. In ihren Kreisen betrug man sich »anständig«, das hieß zurückhaltend und dezent. Der Erwerb höherer Bildung war mühsamer als heute und galt als Ideal. Über bestimmte Dinge wurde einfach nicht gesprochen, zum Beispiel über Sex oder darüber, wie viel oder wenig Geld man hatte. Man erzählte auch nicht jedem, woher man kam, und Polen gehörte nicht zu den Herkunftsländern, die viel Eindruck machten.

Meine Großmutter wurde schon in Berlin geboren, genau zur Jahrhundertwende. Der junge Mann, den sie in Berlin kennenlernte, mein Großvater, war Schweizer, in ihren Augen »eine gute Partie«. Er kam aus Basel und arbeitete als Ingenieur für eine im Aufstieg befindliche deutsche Firma. Die Schweizer Staatsbürgerschaft, die Schweizer Beziehungen erwiesen sich später als lebensrettend. In das brünette Fräulein »mit den sprechenden Augen«, wie meine Berliner Großmutter sich selbst als junge Frau beschrieb, verliebte er sich bei den allmorgendlichen Begegnungen auf einer Brücke über die Spree – eine »Straßenbekanntschaft«, wie seine Schweizer Schwestern, Cousinen und Tanten mit spürbarer Missbilligung anmerkten. Meine Großmutter lachte darüber. Sie war ihrem angehenden Ehemann nur deshalb jeden Morgen auf der Brücke begegnet, weil sie schon als junge Frau »tüchtig«, das heißt berufstätig war. Sie arbeitete in Wolffs Telegraphischem Büro als Dolmetscherin für Englisch und Französisch, und war darauf sehr stolz.

Die Familie meines Vaters stammt aus Sachsen und Schlesien. Die väterlichen Großeltern, nach Verfolgung und mehrfachen Umzügen, lebten in Chemnitz. Mein Vater wurde etwa zwei Jahre vor meiner Geburt von der Universität Jena nach Berlin geholt, um Redakteur der Zeitschrift Aufbau zu werden. In der Redaktion lernte er meine Mutter kennen, die dort nach dem Abitur als Volontärin arbeitete. Als ich geboren wurde, war meine Mutter zwanzig, mein Vater siebenundzwanzig Jahre alt – für heutige Verhältnisse junge Eltern. Ich war ihr erstes Kind und wurde an einem heiteren Sommertag, dem 13. Juli 1954, gegen neun Uhr morgens im Krankenhaus Friedrichshain in Berlin geboren. Nach Auskunft meiner Mutter wog ich achteinhalb Pfund und maß vierundfünfzig Zentimeter, ein großes, kräftiges Baby. Fotos zeigen mich fast immer guter Laune. Ich hatte allen Grund dazu: Seit dem ersten Tag umgaben mich Liebe und Wohlwollen – jetzt, wo ich da war. Vor meiner Geburt hatte es Kämpfe in der Familie gegeben, ob ich überhaupt zur Welt kommen sollte. Doch davon erfuhr ich erst später. Mein Vater fuhr mit der S-Bahn in den Westen der Stadt, um Alete Babykost für mich zu kaufen, Bananen, Orangen und alles, was es im Osten nicht gab.

Berlin lag damals in Trümmern. Schutthaufen säumten die Straßen, viele Häuser waren Ruinen. Kinderaugen erschienen diese Straßen unendlich lang und leer. Auch die Erinnerung an Staub ist sehr deutlich, an hellen, kalkigen Staub, der die dunklen Schuhe, die wir meist trugen, mit einem Film überzog. Nur langsam erholte sich die Stadt von ihrem Untergang als »Reichshauptstadt« einige Jahre zuvor. Berlin war die deutsche Stadt, der die meisten alliierten Luftangriffe gegolten hatten, der letzte am 19. April 1945. Insgesamt über dreihundert Angriffe, bei denen Zehntausende Tonnen Bomben abgeworfen wurden. Schon das Wegräumen der Trümmer war eine gigantische Arbeit. Man klopfte den Mörtel von Hunderttausenden Ziegelsteinen, um sie erneut verwenden zu können. Die Ziegel wurden in langen Menschenketten von Hand zu Hand durch die Trümmer gereicht und am Straßenrand aufgestapelt. Wie immer nach Kriegen waren die Männer rar, da­her mussten Frauen schwere körperliche Arbeit verrichten. Viele Berlinerinnen bekannten zeitlebens mit Stolz, »Trümmerfrau« gewesen zu sein.

Im Wirrwarr der Stimmungen dieser Jahre überwog der Über­lebenswille. Über die Katastrophe wurde ungern gesprochen, allenfalls in Andeutungen. Zuerst müsse man, sagten die Erwachsenen, schnell »wieder auf die Beine kommen«. Die politischen Verhältnisse standen dem in gewisser Weise entgegen: Deutschland war ein von fremden Armeen besetztes Land, das einen Krieg verloren hatte. Was immer geschehen sollte, musste von den vier Besatzungsmächten genehmigt werden, die Berlin, die gefallene Hauptstadt, unter sich aufgeteilt hatten, in vier Sektoren.

Wir lebten im Stadtteil Prenzlauer Berg, im sowjetischen Sektor. Die Wohnung lag in einem Viertel relativ neuer Häuser, gebaut in Form eines mehrfach geöffneten, einen Park umschließenden Rechtecks zwischen Grell-, Gubitz-, Hosemann- und Erich-Weinert-Straße, nahe der Greifswalder, der großen Magistrale nach Norden. Bis auf wenige Narben im Putz waren die Häuser un­be­schädigt, anders als die in der benachbarten Naugarder oder Rietze­straße, deren Bausubstanz die für Prenzlauer Berg typische war: der Raum zwischen den Straßenfassaden mit Hinter- und Quergebäuden zugebaut, einst ein dichtes steinernes Netz. In dem nun große Lücken klafften. Heute, so zeigen mir Satellitenbilder im Inter­net, ist ein Großteil dieser Innenflächen begrünt. Damals wa­ren es Trümmerhaufen, gesperrte Gelände mit verschütteten Kellern, ausgebrannte Hinterhäuser mit hohlen Fenster­öffnun­gen, Brandmauern, geschwärzt von den Feuerlohen der Bombennächte.

Der Geruch nach Feuer und Asche hatte sich in die Gemäuer eingefressen. Wir Kinder kletterten trotz der Verbotsschilder auf Schutthaufen und wagten Exkursionen in vom Feuer ausgehöhlte Gebäude. Zum Brandgeruch kam, je mehr wir uns den Ruinen ­näherten, der penetrante Gestank von Kalkstaub und feuchtem Mörtel, von Moder, Urin und dem Unsäglichen, das sich in den düsteren Gemäuern verbergen mochte. Immer wieder entdeckte man Skelette in den früheren Luftschutzkellern, denn oft waren die Keller, Zuflucht der Bombennächte, zu Gräbern geworden. Schaurige Geschichten wurden erzählt: Beim Öffnen oder Sprengen einer stählernen Eisentür hätte man Erstickte gefunden, Keller voller Leichen, gespenstisch gebleicht durch herabfallenden Kalk und Schimmel. Die Leichen, hieß es, »zerfielen« in dem Augenblick, in dem sie mit frischer Luft in Berührung kamen. Manchmal war es gelungen, vorher ein Foto zu schießen, mit Blitzlicht, im undurchdringlichen Dunkel der unterirdischen Räume. Da saßen sie auf Bänken entlang der Wände, Frauen, Kinder, alte Leute, nahe der Tür der Luftschutzwart mit der Hakenkreuzbinde am Arm, alle in Mäntel und dicke Wolle gehüllt, die Frauen mit Kopftüchern, die Kinder mit Mützen, vermummt, in sich zusammengesunken, und waren allesamt erstickt.

Derlei packte meine Fantasie. Ich hatte nie in einem Luftschutzkeller gesessen und stellte es mir grauenhaft vor. Wegen der Enge, der Unentrinnbarkeit. Wenn man es geschickt anstellte, konnte man die Erwachsenen zum Reden bringen, über die Bombennächte und Luftschutzkeller, die gegen Ende des Krieges eine alltäglich aufgesuchte Einrichtung waren. Die Kinder, hörte ich, ­hätten dort gespielt. Die Frauen Neuigkeiten und Klatsch ausgetauscht, zwischen Halbwüchsigen sei es zu verstohlenen Berührungen, ersten Küssen im Kellerdunkel gekommen. Und immer wären dort Menschen »verschüttet« worden, mit unterschiedlichem Ausgang. Die Geretteten litten oft für den Rest ihres Lebens unter Angst, Albträumen und Panikattacken. Wenn sich jemand sonderbar benahm, zu unkontrollierten Zuckungen, hysterischen Zuständen neigte, hieß es entschuldigend: Er oder sie »war ­verschüttet«. Die spärlichen Erzählungen, die vor dem Hintergrund der Schuttberge, der ragenden Brandmauern, Ruinen und mit Stahltüren versehenen Kellergänge suggestiv und vollkommen realistisch wirkten, haben bei mir tiefen Eindruck hinterlassen. Bis heute meide ich enge Räume, Partys, Einkaufszentren, überhaupt Menschenansammlungen, sitze nicht gern in Flugzeugen, Schnellzügen, lebe in der Wüste, in Weite und Wärme, möglichst bei geöffneten Fenstern und Türen.

Die Trümmergrundstücke waren auch deshalb zu meiden, weil man dort in die Tiefe stürzen und verunglücken konnte. Selbst im weniger schlimmen Fall, wenn man den Sturz überlebte und verletzt in einem dunklen Loch liegen blieb, würde den um Hilfe ­Rufenden wahrscheinlich niemand hören – auch das eine albtraumhafte Vorstellung. Und dann hieß es, dort trieben Sittlichkeitsverbrecher und Mörder ihr Unwesen, lockten ahnungslose Kinder in zerbombte Häuser und Keller. Zweierlei wurde mir früh eingeschärft: nicht mit »Fundmunition« zu spielen – womit die vielen herumliegenden Patronen und Sprengkörper gemeint waren – und niemals, unter keinen Umständen »mit fremden Männern« mitzugehen. In Hamburg hatte sich einige Jahre vor meiner Geburt eine Serie rätselhafter Morde ereignet, die Leichen wurden in Ruinen gefunden. Man fahndete nach dem Mörder in Bahnhofsgaststätten, Wartesälen, Bunkern und anderen unheimlichen Stätten, an denen sich Obdachlose aufhielten. Millionen Deutsche lebten ohne festen Wohnsitz, bewegten sich als Flüchtlinge oder »Ausgebombte« durch die vier Besatzungszonen. Als besonders gefährlich galten die unterirdischen Teile der Trümmerwelt. In einem damals verbreiteten Rundschreiben der Polizei wurde geraten, »auf der Straßenmitte zu gehen, um nicht aus einem Kellerloch angesprungen zu werden.«

Viele Menschen galten als »vermisst«. Ich ließ mir von den Eltern erklären, was das hieß: Man wusste nicht, ob sie noch lebten oder »umgekommen waren«. Man sagte in diesem Fall »umgekommen«, nicht »gestorben«, um anzudeuten, dass ihre Todesart – falls sie tot waren – eine tragische, vielleicht gewaltsame war. Das Wort »vermisst« kannte ich aus dem Radio, wo der Suchdienst des Roten Kreuzes täglich von unbeteiligten Sprecherstimmen lange Listen verlesen ließ, Namen von Menschen, die als »vermisst« gemeldet wurden. Diese Sendungen überfielen uns überraschend, mitten im Programm, nach einem Musikstück oder einer heiteren Plauderei, und wirkten deshalb umso gruseliger. Besonders schrecklich fand ich, dass unter den Vermissten viele Kinder waren. Auch Bauersfrauen, zum letzten Aufgebot geholte Hitlerjungen, Volkssturm-Männer. Die Stimme las den Namen vor, dann die Mitteilung: »Zuletzt gesehen am …«, es folgten Zeit und Ort. Manchmal Besonderheiten, auffallende Kennzeichen, sichtbare Anomalien, Behinderungen – auch das wirkte in diesem Zusammenhang bedrückend. Der Zeitpunkt, zu dem sie das letzte Mal gesehen worden waren, lag irgendwann in den letzten Jahren des Krieges oder des großen Durcheinanders, das darauf folgte. Die Orte meist in Deutschlands verlorenen Ostgebieten, aus denen Hunderttausende in Panik vor der anrückenden Roten Armee geflohen oder gewaltsam vertrieben worden waren. Manchmal auch in Gegenden, deren bloßer Name beim Zuhören Gruseln erregte wie »Skagerrak« oder »Kattegat«.

Die Ängste meiner Kinderzeit waren zu einem Gutteil Ängste der Erwachsenen, die an uns weitergegeben wurden. Es waren ­lebhafte Ängste, sie fanden Ausdruck in drastischen Worten. Lässt sich ein Ort denken, der tiefer verstört, mehr von Angst beherrscht wäre, als ein Land, das eben einen Krieg verloren hat? Noch dazu einen Krieg, den man selbst begonnen hatte … Warum eigentlich? Darüber wollte niemand sprechen. Über die ganze Hitler-Zeit wurde ungern gesprochen. Wie in manchen Familien ein Onkel oder Schwager nicht erwähnt wird, weil er Trinker ist oder kriminell oder aus anderen Gründen beschämend. Die Bombennächte wurden dargestellt wie eine schicksalhafte Katastrophe, ihre Vorgeschichte, der Weg, der dorthin geführt hatten, blieben möglichst unerwähnt.

Es war, als lebten wir auf einem Tell, einem Hügel über einer zerstörten Stadt, voller Trümmer, die über das Geschehene Aufschluss zu geben vermochten und die dennoch – oder gerade deswegen – niemand ausgraben wollte. Auf diesem brüchigen Untergrund verbrachte ich eine behütete, fast idyllische Kindheit. Unser »Karree« – so sagte man damals in Berlin zu einem Häusergeviert – war von Bombentreffern verschont geblieben, auch die parkähnliche Grünanlage, die es umschloss. Die Anlage spannte sich weit genug, um mir die Illusion von Landleben zu vermitteln, von Wiese, Obstgarten und Gehölz. Ich erinnere mich an Sommernachmittage, die ich liegend im Gras verbrachte, zwischen wilden, duftenden Blumen, mit Blick in den Himmel, an dem silberblasse Cumuli trieben, mit der Beobachtung von Bienen, Hummeln, Käfern, Schmetterlingen beschäftigt, ein kleiner, für sich bestehender Kosmos, der sich für das lärmende Leben der Menschen, für ihre Häuser, Bahnen, Autos nicht interessierte. Er glich den Zeichnungen im »Ameisen-Ferdl«, einem tschechischen Kinderbuch, dessen Autor und Illustrator Ondřej Sekora erklärtermaßen ein Pendant zu Micky Maus schaffen wollte, eine sozialistische Alternative zu der im Westen der Stadt beliebten, im Osten als Ausbund des Amerikanismus verrufenen Welt der Disney-Comics. Womöglich war die Ameise Metapher für das menschliche Dasein in zerstörten Städten. Sie war dünn, drahtig, ein Arbeitstier, mit schweren körperlichen Arbeiten beschäftigt wie viele Menschen dieser Tage. Sekoras Kinderbücher wirkten sympathisch und mitfühlend, wir liebten sie sehr. Der Autor war Kommunist geworden, nachdem er und seine Frau die Konzentrationslager der Nazis überlebt hatten.

Einige Nachbarn pflanzten gleich hinter den Häusern in umzäunten Gärten – von der »Kommunalen Wohnungsverwaltung« an sie verpachtet – Obstbäume, Johannis- und Stachelbeersträucher, Blumen, Rhabarber, Spinat. Man handelte damit. Körbe voller Gurken, Möhren, Salatköpfe wechselten den Besitzer, auch das erinnerte an Dorfleben. In den Jahren des Mangels hielten viele Berliner Hühner oder Kaninchen. Fotos zeigen mich in einem der Gärten, in einer Kinderbadewanne sitzend, mit hölzernen Schiffen spielend. Bäume spenden Schatten an diesem heißen Tag, um mich Rasen, Blumenbeete. Alles mitten in der Stadt. Wir spielten dort im Grünen oder vorn auf der Straße – damals keine große Gefahr, wenig befahren, und wenn, von langsamen Autos und Pferdefuhrwerken.

Der größte Teil unserer Anlage war öffentlich, mit langen Wegen zwischen Büschen und Bäumen. Auf offenen Plätzen hatte man Wippen und Schaukeln aufgestellt, auch »Kloppstangen«, eiserne Gestelle, an denen die Teppiche aufgehängt und ausgeklopft wurden (elektrische Staubsauger galten als unerhörter Luxus), mit einem Instrument aus Rohr, elastisch, kompliziert geflochten, überaus haltbar, das »Ausklopfer« hieß, in Berlin »Ausklopper«. Manche Erwachsene benutzten ihn auch zur Erziehung ihrer Kinder – so wurde erzählt. Ich versuche mich zu erinnern, ob ich es je mit eigenen Augen gesehen habe. Da meine Eltern modern und aufgeschlossen waren, Anhänger des berühmten sowjetischen Pädagogen Makarenko, wurden wir, mein zwei Jahre jüngerer Bruder und ich, selbstverständlich nie »verkloppt«.

Mein Bruder war zwei Jahre nach mir geboren worden. Ich nahm ihn erst richtig zur Kenntnis, als ich mit ihm spielen konnte. Seit er da war, hieß es »teilen«, jede Süßigkeit, jede Banane – die Eltern legten großen Wert auf diesen Vorgang. »Gib ihm etwas davon ab«, hieß es, wann immer ich etwas geschenkt bekam. Ein Mensch, der alles für sich behalten wolle, lernte ich, sei dumm, er könnte niemals Freunde haben und verurteile sich selbst zur Einsamkeit. Bald entdeckte ich im Abgeben und Teilen ein Vergnügen, das den Verlust aufwog: Es machte mehr Spaß zu zweit. Wenn wir eine Süßigkeit teilten und zusammen aßen, konnten wir uns darüber austauschen, wie gut sie schmeckte. Erst durch Blicke, Gesten und Geräusche, später durch Worte. »Meckt«, erklärte mein Bruder, und auch mir schmeckte die Schokolade dann irgendwie noch besser. Je mehr er Sprechen lernte, umso größer das gemeinsame Vergnügen, Mein Bruder und ich haben bis heute eine gemeinsame Sprache. Trotz großer Unterschiede, Meinungsverschiedenheiten, fast entgegengesetzter Lebensweisen können wir immer miteinander reden.

Der kleine Bruder ging mit mir zum Spielen, mir wurde eingeschärft, auf ihn aufzupassen, und später, als er dazu halbwegs selbst imstande war, mit ihm »zusammenzuhalten«. Das gehöre sich so unter Brüdern. Falls es Ärger mit anderen Kindern gab, an der »Kloppstange« und anderswo, hieß es summarisch: »Wenn andere euch angreifen, haltet zusammen.«

Die »Kloppstange« war ein primitives Turngerät, Treffpunkt der Kinder des Häuserblocks. Man hing dort kopfüber und schaukelte, dieses Kunststück wurde »Schweinebammel« genannt, angeregt von den Schweinehälften, die im Schlächterladen »bammelten«, auf eiserne Haken gespießt, und mein kindliches Entsetzen erregten. Die Leute um uns aßen viel Schweinefleisch, als Wurst, Kotelett, Schnitzel oder Gehacktes, als Eisbein oder Schweinebauch mit Grünkohl, sie aßen es bedenkenlos, wollten nach den Hungerjahren des Krieges schnell Gewicht zulegen, das köstliche Gefühl der Sättigung erleben.

Wenn Mädchen an der Kloppstange bammelten, fielen ihnen die Röcke über die Köpfe, man sah ihre Schlüpfer und nackten Beine, eine Attraktion für die Jungs, die um das Gerät herumstanden und Witze rissen. Wir trugen damals Lederhosen, es war noch vor dem Siegeszug der Jeans. Lederhosen galten als praktisch, da sie schwerer zu zerreißen und zu durchlöchern waren als Tuchhosen. Man wirtschaftete sparsam: Eine Hose wurde auf Zuwachs gekauft und musste ein paar Jahre halten. Oft wurde sie, grau, abgeschabt, voller Narben, an jüngere Geschwister vererbt.

Während sich die größeren Kinder an der Kloppstange trafen, dort turnten, redeten, stritten und die grausamen, schmerzhaften Kabalen der Kinderzeit austrugen, war der Treffpunkt der kleineren Kinder der Buddelkasten, ein flacher Verschlag aus Brettern, grob gezimmert, zwischen die feiner weißer Sand geschüttet wurde, Sand wie am Meer, das die meisten von uns noch nicht kannten. Reisen, auch Ferienreisen, kamen erst allmählich wieder auf. Nach Jahren der Kriegswirren, Flüchtlingsströme, Völkerwanderungen war man fürs Erste froh, an einem festen Ort zu sein. Auch im Buddelkasten spielten Jungs und Mädchen getrennt, die Mädchen »Einkaufsladen«, »Puppendoktor« und Ähnliches, die Jungs Kämpferisches. Offenes Kriegsspielzeug war in diesen Jahren verpönt, galt geradezu als anstößig. Daher kam das Indianerspielen in Mode, eine vergleichsweise unverfängliche Sphäre, obwohl auch sie ins Kriegerische überging. Aus den Westzonen der Stadt wurden amerikanische Trommelrevolver (»mit Knallplätzchen«) mitgebracht, Indianerkostüme, Trapperhüte und Federschmuck. Zum Spielen im Buddelkasten oder zu Hause gab es aus Pappmaché, später aus Plastik hergestellte kleine Indianer, manche auf Pferden, dazu Zelte, Totempfähle, Palisaden, Grenzfestungen aus Holz, auch Squaws und Cowboys, mit denen wir Kampfspiele austragen konnten, ohne dass richtige Soldaten zu sehen waren oder gar Panzer und Kanonen. Solches Spielzeug fand erst einige Jahre später Verbreitung, unwiderstehlich, sowohl im Osten wie im Westen der Stadt. Zuerst löste sein Erscheinen noch moralische Entrüstung bei den Älteren aus, dann sah man es überall.

Der Buddelkasten war das erste gesellschaftliche Zentrum, das ich kennenlernte. An die frühen Spiele, das Herumschaufeln im Sand und Bauen von Burgen, kann ich mich kaum erinnern. Sie waren durchweg konstruktiv, fast ohne Spannung, ohne innere Ambivalenz. Als wir größer wurden, kam es zu gemischten Spielen, Jungs und Mädchen gemeinsam, zunächst »Vater-Mutter-Kind«. Die Initiative ging meist von den Mädchen aus. Oft endete das Spiel damit, dass der einbezogene Junge, sobald seine Freunde auftauchten, die fiktive Familie sitzenließ und sich mit der Jungsbande zu interessanteren Unternehmungen aufmachte. Die Mädchen waren auch sonst mit den Vätern des Spiels unzufrieden: Diese verschmutzten die auf den Sandboden gezeichnete Wohnung, erwiesen sich als »trampelig«, »machten kaputt« und »stellten sich blöd an«, was häusliche Verrichtungen oder den Umgang mit Puppen betraf. Nicht selten führte das Spiel zu Krach und Geschrei. Wir Jungs spielten es ungern, meist einem Mädchen zuliebe, dem wir gefallen wollten. Denn bei aller selbstverständlichen, elementaren Verachtung gegenüber Mädchen (»doof«, »zickig«, »Petze«, »Heulsuse«) ging von diesen Wesen ein seltsamer Zauber aus, der uns zwang, sie immer im Auge zu behalten, mit ihnen, sobald sie uns ansprachen, zu reden, gelegentlich sogar zu tun, was sie verlangten.

Eine frühe Erinnerung ist der Besuch meiner Chemnitzer Großmutter, die mit mir zu einem der Buddelkästen ging. Während ich buddelte, saß sie auf einer Parkbank, rauchte Zigaretten und plauderte mit vorüber kommenden Nachbarn oder mit meiner Mutter. Die Chemnitzer Großmutter war eine dominierende Persönlichkeit. Sie hatte in den zwanziger Jahren als eine der ersten Frauen in Deutschland studiert und ein Lehrerinnenexamen abgelegt. Mit meiner Mutter verstand sie sich gut, zu ihrer Beruhigung war meine Mutter nicht blond, sondern schwarzhaarig und dunkeläugig – die Großmutter mochte blonde Mädchen nicht. »Gott sei Dank kein blonder Zischer«, soll sie nach der ersten Begegnung zu ihrer Tochter, meiner Tante, gesagt haben. Der Chemnitzer Großmutter galt allgemeiner Respekt, weil sie »Verfolgte des Nazi-Regimes« war, abgekürzt VdN, ein Status, der im Osten Deutschlands mit Privilegien verbunden war (etwa bei der »Vergabe von Wohnraum«), außerdem mit einer hohen Rente. Es gab sogar einen Ausweis für die vordem »Verfolgten«, in graues Leinen gebunden, von der Größe eines Reisepasses, mit roter Schrift: »Deutsche Demokratische Republik – VdN«. Die sowjetische Besatzungsmacht und später die Verwaltung der DDR wollten Menschen, die gegen die Nazis gekämpft hatten, betont bevorzugen und aus der Masse der übrigen Bevölkerung herausheben. Mir wird erst heute bewusst, dass mein Vater als Sohn einer »Verfolgten« von Anfang an gute Startbedingungen in diesem Staat gehabt haben muss.

Die Geschichte meiner Chemnitzer Großmutter wurde mir lange vorenthalten. Ein Kommunikationsproblem über drei Generationen. Durch beharrliches Fragen konnte ich den Eltern Andeutungen entlocken, doch keine zusammenhängende Erzählung. Auch die Großmutter verlor kaum ein Wort über das, was mit ihr geschehen war. Erst Jahrzehnte nach ihrem Tod erfuhr ich ihr Schicksal, aus einem Buch »Literarisches Chemnitz«, veröffentlicht im Jahre 2008 zur Erinnerung an die Schriftsteller dieser Stadt, in dem ein Kapitel meinem Vater gewidmet ist, ein weiteres seiner jüdischen Mutter, gestützt auf Material aus Archiven der Stadt.

Meine Großeltern hatten sich 1938 scheiden lassen, worauf mein Großvater seine Apotheke weiterführen konnte – als Ehemann einer Jüdin wäre er enteignet worden. Mein Vater und seine Schwester lebten zuerst als »Mischlinge« bei ihrem als arisch geltenden Vater (er konnte jedenfalls die geforderten drei Generationen christlicher Vorfahren nachweisen), bis mein Großvater, der weiter mit seiner geschiedenen Frau verkehrte, wegen »Rassenschande« und »Scheinscheidung« angezeigt und von der Gestapo vorgeladen wurde. Die Behörden zwangen ihn, seine Kinder »in arische Hände« zu geben, zu nichtjüdischen Verwandten. Mein Vater wurde in der Schule schikaniert und von den anderen Jungen mit dem Ruf »Halbblut!« über den Schulhof gejagt und verprügelt. Erst kurz vor seinem Tod sprach er mit mir über diese Zeit. Es kostete ihn sichtlich Mühe. Der Grausamkeit der Hitlerjungen stand das Mitgefühl einiger Mädchen aus christlichen Familien gegenüber, die den »Mischling« beschützt hatten. Einer ihrer Väter unterwies ihn in Selbstverteidigung: Er sollte sich genagelte Schuhe anziehen und den anderen Jungen, wenn sie näher kämen, gegen die Schienbeine treten, immer gleich gegen die Schienbeine.

Währenddessen war seine Mutter in der böhmischen Kleinstadt Leitmeritz in einer Spedition »zwangsverpflichtet«, wo sie die »Kohlenkartei« führte und – korrekt, wie sie war – die Schiebereien einiger Nazi-Bonzen mit der für die Bevölkerung bestimmten Kohle beanstandete. In der folgenden Untersuchung des Falles durch die »Reichsstelle Reichenberg« schob man jedoch ihr, der zwangsverpflichteten Jüdin, die Schuld am Verschwinden von »zwei ganzen Waggons Kohle« zu und verhaftete sie. Über die Verhöre durch die Gestapo verlor sie uns Kindern gegenüber nie ein Wort. Doch offenbar hatte sie früher, gleich nach dem Krieg, darüber gesprochen, mit der einen oder anderen Freundin, sodass mir viele Jahre später von Bekannten aus dieser Zeit erzählt wurde, sie sei geschlagen und gefoltert worden. Den größten Teil des Jahres 1943 verbrachte sie in Untersuchungshaft.

So schrecklich diese Zeit im Gefängnis gewesen sein mag, sie ersparte ihr das Schicksal der anderen Juden ihrer Stadt: die Deportation in ein Vernichtungslager. Nach deutschem Rechtsverständnis durfte in ein schwebendes Ermittlungsverfahren nicht durch Entfernung der Angeklagten eingegriffen werden. Ein Rechtsanwalt, den sie noch aus früheren, gutbürgerlichen Tagen kannte, verteidigte sie vor Gericht, und da ihr in der Kohlen-Affäre keine Schuld nachgewiesen werden konnte, wurde sie im Sommer 1944 aus der Haft entlassen. Und wenige Wochen später erneut verhaftet. Sie soll despektierliche Bemerkungen über Hitler gemacht haben, angeblich nannte sie ihn »der braune Lump«. Eine Nachbarin denunzierte sie bei der Gestapo. Im Herbst 1944 wurde sie zum zweiten Mal aus ihrer Wohnung geholt. Diesmal machte man sich nicht die Mühe eines Verfahrens, sondern überstellte sie bald nach der Verhaftung ins KZ Theresienstadt. Dort traf sie jedoch so spät ein, dass sie nicht mehr nach Auschwitz deportiert werden konnte. Sie war unter den dreitausend Häftlingen, die das Lager Theresienstadt überlebten. Überstand auch die Typhus-Epidemie, die nach der Befreiung das Lager heimsuchte, mein Großvater hatte sie kurz vor ihrer zweiten Verhaftung gegen diesen Erreger geimpft. Ihr Mangel an Zurückhaltung, ihr für eine Jüdin und »Sternträgerin« atypisches Verhalten, warf sie aus den organisierten Abläufen der Vernichtung, verzögerte ihre Deportation, rettete ihr vermutlich das Leben. Im Sommer 1945 kehrte sie aus dem KZ zurück, abgemagert, schwer krank, mit Anfang vierzig vollständig ergraut, aber lebendig, und heiratete zum zweiten Mal ihren geschiedenen Mann.

In frühen Interviews der Nachkriegszeit hat mein Vater seine Mutter stets erwähnt. Etwa 1953, als Fünfundzwanzigjähriger, in einem Gespräch mit dem Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel anlässlich der Veröffentlichung seines zweiten Buches. In dem Interview, das mir ein West-Berliner Archivar rund vierzig Jahre später fotokopierte, sagt mein Vater über seine Kindheit: »Meine Mutter hatte schwer unter der Nazi-Herrschaft zu leiden; auch wir Kinder wurden gequält.«

Nach dem Krieg fühlte er sich stark zum Judentum hingezogen, vermutlich gehörte er in den fünfziger Jahren zur Jüdischen Gemeinde in Ost-Berlin. Er war mit Peter Kirchner befreundet, dem langjährigen Gemeindevorsitzenden und Informellen Mitarbeiter der Staatssicherheit (»IM Burg«). Auch Kirchner war Sohn einer jüdischen Mutter und eines nichtjüdischen Vaters. Auf einem Kachel­ofen, offenbar beiseitegelegt, fand ich als kleiner Junge ein Porträt meiner Mutter, in Pastellkreiden gezeichnet von der Malerin Eva von Brück, die gleichfalls zu diesem Kreis gehörte: meine Mutter als junges Mädchen mit offenem, dunklen Haar und großen braunen Augen, sichtlich – vielleicht absichtlich – so dargestellt, wie man sich eine junge Jüdin vorstellte. Auch dieses Bild verschwand wie die Brücks selbst aus unserem Leben. Evas Mann soll gleichfalls für die Staatssicherheit gearbeitet haben. Bald wollte mein Vater mit den Bekannten der frühen Jahre nichts mehr zu tun haben. Er hörte auf, von seiner Mutter und ihrem Schicksal zu sprechen, auch von seinen eigenen Leiden während der Nazizeit, und betonte stattdessen das »Normale« seiner Biografie. Ihm lag daran, als typischer Vertreter der »Flakhelfer-Generation« zu gelten. Ein Dokument dieses Übergangs ist das Nachwort zu seinem 1952 erschienenen ersten Buch, einem Band mit literarischen Reportagen, in dem Günter Caspar, Cheflektor des Aufbau-Verlags, über ihn schrieb: »Als Dieter Noll sechs Jahre alt war, musste sein Großvater nach Palästina emigrieren. Den Vierzehnjährigen nahm man der Mutter, weil sie ihre »halbarischen« Kinder nicht erziehen sollte. Der Junge verwilderte, wurde Flakhelfer, später Soldat.« Das Buch fiel mir als Kind in die Hände. Ich lief damit zu den Eltern und stellte Fragen. Sie wurden nicht beantwortet. Das war auffallend, da meine Eltern sonst auf alle meine Fragen eine Antwort gaben. Mein Vater behauptete, seine Großeltern nicht zu kennen. Vielleicht trifft es zu: Meine Urgroßmutter starb als junge Frau, ihr Mann verließ Deutschland, als die Nazis an die Macht kamen – seinen Namen habe ich nie erfahren. Sein Schritt, ins damalige britische Mandatsgebiet Palästina, das heutige Israel zu emigrieren, wurde von den Zurückbleibenden mit der damnatio memoriae bestraft – ansatzweise ist mir sechs Jahrzehnte später, als ich mich selbst dazu entschloss, Ähnliches widerfahren. Nach Israel zu gehen, war schon damals so etwas wie die Überquerung des Rubikon: die Transformation eines als Makel und Schicksal empfundenen Judentums in ein bewusstes, vitales. Angenommen, mein Urgroßvater, damals noch keine vierzig, hatte in Israel erneut Frau und Kinder, so leben heute im selben Land wie ich, vielleicht in meiner Nähe, Verwandte, von denen ich nicht mal den Namen weiß.

Die Geschichte meiner Chemnitzer Großeltern bereitete mir noch ein anderes Problem. Ich fand es lange dubios, sogar verachtenswert, dass sie sich 1938 hatten scheiden lassen. Mir schien, sie hätten es getan, um ihren Besitz zu retten, ihre Apotheke, die Möbel, das Silber. Davon blieb bei mir ein lebenslanges Misstrauen gegenüber festen Besitztümern: Die Vorstellung, an einem lebensgefährlichen Ort hängen zu bleiben, weil man sich nicht von Hab und Gut trennen kann, war lange ein Albtraum für mich.

Dass ich meine Chemnitzer Großeltern heute besser verstehe, verdanke ich Erwin Leiser, dem aus Berlin stammenden Filmregisseur. Als ich Leiser im Herbst 1995 in Berlin kennenlernte – beide, er aus Zürich, ich aus Israel, zu einer kurzen Visite in unsere gemeinsame Geburtsstadt gekommen –, besuchten wir am Freitagabend die Synagoge am Fraenkelufer in Kreuzberg, um den Shabat-Beginn zu feiern. Leiser war damals zweiundsiebzig Jahre alt und durch seine präzisen, lakonischen Filme über das NS-Regime weltbekannt. Er beschäftigte sich unablässig mit Hitler-Deutschland, wusste alles über diese Zeit. Kannte auch Ost-Berlin, hatte jahrelang in den Filmarchiven der DDR nach Material für seine Filme gesucht. Wir fuhren im Auto unseres gemeinsamen Freundes Roger David Servais, des belgischen Malers, in dessen Wohnung nahe Kurfürstendamm wir Tee getrunken hatten, als ich von meinen Chemnitzer Großeltern zu erzählen begann und von ihrer Scheidung, die ich nicht verstand. Wodurch mein Vater, wie ich es nannte, »schizophren« aufgewachsen sei: als Sohn einer jüdischen Mutter, die verfolgt und misshandelt wurde, an einem deutschen Gymnasium, der NS-Erziehung ausgesetzt, später sogar zum Reichsarbeitsdienst eingezogen.

»Du musst es so sehen«, erwiderte Leiser, »dass sie dadurch die Kinder retten wollten. Die Kinder solcher ›Mischehen‹ waren bedroht. Blieben die Eltern zusammen, wurde meist die ganze Familie verfolgt. Wenn die Kinder dagegen bei dem sogenannten arischen Elternteil lebten, blieben sie relativ unbehelligt. Jedenfalls bis kurz vor Schluss. Wer weiß, vielleicht ist dein Vater deshalb am Leben geblieben. Und damit deine Geburt möglich geworden. Es stimmt zwar, was du sagst: Deine Großmutter wurde durch die Scheidung der Verfolgung preisgegeben. Aber die Kinder waren fürs Erste geschützt. Sie hat sich geopfert. Was tut eine jüdische Mutter nicht alles für ihre Kinder?«

Ein regnerischer Herbsttag. Wir fuhren in Rogers Auto auf dem Mehringdamm über den Landwehrkanal, unter dem U-Bahnbogen durch, das Eisen der Brücken und Bögen schimmerte kalt und feucht im Dämmerlicht des Spätnachmittags. Wie immer, wenn ich aus dem Süden nach Berlin zu Besuch kam, war ich zu dünn angezogen und fror. Leiser schien behaglicher in seinem hellen Wollpullover und dem karierten, flauschigen Jackett. Was er sagte, leuchtete mir ein. Ich atmete innerlich auf, als ich meine Großeltern gerechtfertigt fand. Er hatte gerade seinen Film »Feindbilder« gedreht, eine Dokumentation über die Propaganda der Nazis. Ein Jahr später, 1996, ist Erwin Leiser in Zürich gestorben.

Es gibt so etwas wie das Glück der Nachkriegszeit. Niemals sind Menschen friedlicher, Kinder nie willkommener. Berlin in den fünfziger Jahren war ein kinderfreundlicher Ort. Die Erwachsenen gaben sich Mühe mit uns, weil wir die erste Generation nach dem Inferno waren, unser munterer Lärm eine Erlösung nach dem Geheul der Sirenen, unser buntes Treiben das erste Farbenspiel in der immer noch grauen, rauchgeschwärzten Stadt. Eine Zeichnung meines späteren Schwiegervaters Werner Klemke, abgedruckt in einem seiner Kinderbücher, hat diese Situation festgehalten: kleine Mädchen in roten und hellblauen Kleidern spielen Hopse vor der schwarzen Brandmauer eines ausgebombten Hauses.

Auch in unserer Straße waren die bunten Kreidestriche auf dem grauen Straßenpflaster, die Roller und Fahrräder aus farbigem Blech, die Puppen und bunten Spielzeugautos, der Wirrwarr unseres Hin- und Herlaufens, die heilsame Unordnung, die wir verbreiteten, das Leben schlechthin. Die meisten Erwachsenen dieser Jahre wirkten unfroh, blass, verhärmt, ihre Gesichter waren von Gram gezeichnet, von Sorgen, überstandenen Schrecken, von kürzlich überwundenem Hunger. Ich denke, die Zeit der Lebensmittelkarten war gerade vorüber. Noch immer war alles, verglichen mit heute, schlicht und dürftig. Kann sich heute jemand eine Welt fast ohne elektrische Geräte vorstellen, ohne Lichteffekte, Geflimmer, angestrahlte Gebäude? Die bunten Farben der Kunststoffe fehlten, wagten sich erst allmählich hervor, galten als geschmacklos, wurden, ehe sie sich wenige Jahre später vehement durchsetzten, möglichst gemieden: kein Rosa, Violett, Schrillgelb oder Papageiengrün im Stadtbild.

Wenn ich auf der Straße stand und dem Leben der Leute zuschaute, blieb alles im schmalen Spektrum gedämpfter Töne: Putz oder Ziegelstein, verwittertes Holz, Emaille, matt lackiertes Blech. Hölzerne Fässer, bauchig, prall, gehalten von leicht angerosteten Reifen, rollten von einem Wagen, vor den dicke, mit klingelnden Schellen geschmückte Pferde gespannt waren, die aus Hafersäcken fraßen. Die Fässer fielen weich, mit gedämpftem Plumps auf ein Kissen aus Hanf. Dort fasste sie ein Mann mit zwei eisernen Haken und rollte sie in ein Kellerfenster. Diese Männer, groß, vierschrötig, in braunem Lederschurz und Ledermütze, hießen Bierkutscher. Sie belieferten die Eckkneipe, wichtigste Institution im sozialen Gefüge der Straße. Die Männer der Nachbarschaft gingen Abend für Abend dorthin, so selbstverständlich, wie sie sich wenige Jahre später allabendlich vor den Fernseher setzten. Sie hockten lange Stunden an hölzernen Tischen, tranken Bier und Korn, rauchten, spielten Karten, politisierten.

Gelegentlich gab es »Krach«, eine Schlägerei (berlinisch: »Klopperei«), dann kam der Funkstreifenwagen, die »Grüne Minna«, in schlimmeren Fällen das »Überfallkommando«, ein großer, offener Mannschaftswagen voller Polizisten. Sie trugen grasgrüne Uniformen und schwarze Tschakos, eine Art steifen Hut, bekannt seit den Napoleonischen Kriegen, aus Leder oder Vulkanfiber, vorn geschmückt mit dem Emblem der Polizei. Es gab mehr Polizisten als heute, sie waren meist zu Fuß unterwegs, hatten Gummiknüppel und Pistolen in schwarzen Ledertaschen am Hintern, standen manchmal auch nur herum, als »Schutzmann« in einem Park, an der Straßenecke oder auf einer Kreuzung. Bei uns, Hosemann- Ecke Erich-Weinert-Straße, stand oft ein beleibter, älterer Wachtmeister, er plauderte gern mit den Vorüberkommenden und hieß bei Jung und Alt familiär »der dicke Polizist«.

Ein paar Schritte weiter, in der Naugarder Straße, war der Milchladen. Dort bildete sich morgens, wenn frische Milch verkauft wurde, eine lange Schlange. Die Milch war im Umland Berlins in den frühen Morgenstunden gemolken, in großen Blechkannen zur »Milchrampe« gebracht, von einem Lastwagen eingesammelt und in die Stadt gefahren worden. Sie wurde per Hand ausgeschenkt, mit Schöpfkellen, von Frauen in weißen Schürzen, mit gestärkten Häubchen. Gelbe Käse lagen auf Holzbrettern, man schnitt mit Messern große Stücke davon ab. Aus hölzernen Bottichen schöpfte man weißen Quark. In der Bäckerei, ein paar Häuser weiter, gab es frische Brötchen, helle »Schrippen« und »Schusterjungen« aus Roggenmehl. Eine Schrippe kostete fünf Pfennige. Dazu ein Sortiment duftender Kuchen vom Blech, Spritzkuchen, Streuselschnecken, ein rundes Gebäckstück namens »Amerikaner«. Für ein paar Pfennige oder umsonst bekamen wir die Kuchenränder in einer Tüte aus Papier.