Eckhard Seipelt
Wunderbares Afrika
Von Lalibela nach Kapstadt
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Kapitel 1 Das Abenteuer beginnt
Kapitel 2 Von Addis Abeba nach Bahir Dar
Kapitel 3 Bosnische Pyramiden
Kapitel 4 Tana-See und Tis Isat
Kapitel 5 Gondar am Fuße der Simien Mountains
Kapitel 6 Die heilige Stadt Aksum
Kapitel 7 Die Felsenkirchen von Lalibela
Kapitel 8 Quantenheilung
Kapitel 9 Dar es Salaam am Indischen Ozean
Kapitel 10 Am Malawisee
Kapitel 11 Die Victoriafälle
Kapitel 12 Freie Energie
Kapitel 13 Riskante Grenzüberquerung
Kapitel 14 Abschied von Jenny
Kapitel 15 Kapstadt
Kapitel 16 Nachwort - Die Erde spricht
Impressum neobooks
I never knew of a morning in Africa when I woke up that I was not happy.
Ernest Hemingway
Seit meiner Kindheit hat es mich hinaus in die weite Welt gezogen. Bereits im Grundschulalter habe ich ständig über meinem Atlas gehockt. Ich kannte die Namen aller Hauptstädte auf unserem Globus auswendig. Später habe ich mir die alten, nicht mehr benötigten Reiseprospekte aus den Reisebüros geholt und sie von vorne bis hinten studiert. Seit meinem 16. Lebensjahr bin ich dann, wann immer es ging, mit meinem Rucksack in die Ferne gezogen. Der einzige Kontinent, um den ich weitestgehend einen großen Bogen gemacht habe, war Afrika. Ich hatte Respekt vor diesem Kontinent. Er wird in unseren Medien oftmals düster, ungastlich und kriminell dargestellt. Umso mehr hat mich Afrika mit zunehmendem Zeitablauf angezogen. Es war wie ein Ruf, dem ich irgendwann nachgeben musste. Im September 2014 war es endlich so weit. Meine zehnwöchige Reise durch den "schwarzen Kontinent" hat mir einmal mehr gezeigt, dass man alle Vorurteile über Bord werfen und sich stets ein eigenes Bild vom Leben machen sollte. Ich habe während meiner Reise ausschließlich liebenswerte Menschen getroffen. Zu keinem Zeitpunkt musste ich Angst haben, außer gelegentlich vor der Obrigkeit, insbesondere vor Polizisten. Es drängt sich mir der Eindruck auf, dass Polizei und Militär in vielen Ländern der Welt nicht dazu da sind, um die Bürger voreinander zu schützen, sondern um ein ungerechtes System aufrecht zu erhalten. Möglicherweise ist das zum Teil auch der Sinn und Zweck bei uns. Ich hoffe, dass sich unsere Staatsdiener daran erinnern, wer ihre wahren Brüder und Schwestern sind, wenn es demnächst zu einem großen "Knall" kommen sollte. Meines Erachtens wird er kommen, wir steuern ungebremst auf eine riesige Mauer zu. Unser Finanz- und Wirtschaftssystem ist todkrank. Wenn man die Augen nicht krampfhaft zukneift, kann man das deutlich erkennen. Auf einem begrenzten Planeten kann man nicht unbegrenzt Wachstum schaffen, ohne Mutter Erde nachhaltig zu schädigen, auch wenn uns Politik und Wirtschaft etwas anderes vorgaukeln wollen. In Bezug auf den Staat Südafrika möchte ich noch hinzufügen, dass ich mich dort außerhalb der Touristenviertel nicht immer sicher gefühlt habe. Persönlich bedroht worden bin ich auch dort nicht. Die Gewaltbereitschaft hat in meinen Augen jedoch nichts mit Rassismus gegenüber Weißen zu tun. Die hohe Kriminalität ist meines Erachtens in den offenkundig höchst ungerechten Verhältnissen und der großen Kluft zwischen arm und reich begründet.
Auch an den innerafrikanischen Grenzen war es manchmal ein wenig unangenehm. Grenzen wurden in meinen Augen errichtet, um uns zu teilen, nicht um uns zu schützen. Unsere Mitmenschen in der ganzen Welt sind zum ganz überwiegenden Teil herzlich und gastfreundlich. Jeder, der einmal mit dem Rucksack um die Welt gezogen ist, wird das bestätigen können. Florent, ein Urlaubsbekannter aus Frankreich, der sein Leben lang um die Welt gereist ist, hat mir in Malawi gesagt, dass er die gastfreundlichsten Menschen im Iran angetroffen hat. Was für ein Bild haben wir vom Iran? Wer sagt die Wahrheit? Menschen, die die Welt erkundet haben, oder Agitatoren die uns vor eben diesen angeblich fanatischen Menschen warnen? Ich brauche nicht vor meinen Brüdern und Schwestern beschützt zu werden. Das kann ich ganz alleine. Indem ich mein Herz für sie öffne. Uns wird unnötigerweise Angst voreinander gemacht, gemäß dem seit Jahrtausenden bewährten Motto "teile und herrsche". Immer mehr Menschen wird bewusst, wie stark wir von Staatsmännern, Religionsführern, Militär und Medien manipuliert werden, um ein menschen- und umweltverachtendes System aufrecht zu erhalten. Ein Bruchteil der jährlichen Militärausgaben würde ausreichen, um dem Hunger auf der Welt ein für alle Mal Einhalt zu gebieten. Warum machen wir es dann nicht? Warum lassen wir uns von denen bevormunden, die an Krieg, Hass und Missgunst verdienen? Es ist allerhöchste Zeit für einen weltumfassenden Gesinnungswandel.
Ich wurde auf meiner Reise durch Afrika regelmäßig als "Bruder" bezeichnet und auch so behandelt. Afrika hat mir die Augen noch ein kleines bisschen weiter geöffnet.
Danke Afrika !
Reisewege sind Pfade ins Ungewisse. Sie stärken unseren Mut und unser Vertrauen, uns auf Neues einzulassen und Neuem zu begegnen. Reisewege sind Begegnungspfade.
Vera Elisa Eilers
17. September 2014, 16:35 Uhr. Ich sitze im Zug von Haan nach Köln. In der gegenüberliegenden Sitzgruppe beobachte ich eine Frau mit einem Mischlingshund, der sich gerade heftig übergibt. Eine goldgelbe Flüssigkeit mit etwas Mageninhalt bahnt sich ihren Weg durch das Abteil. Ich habe keine Ahnung, ob dies ein Omen ist, und wie man es deuten könnte.
Fast ein Jahr lang habe ich diesem Augenblick entgegen gefiebert. Ich meine nicht den Anblick des "seekranken" Hundes, sondern meiner Reise durch den "Schwarzen Kontinent". Ich habe lediglich einen Flug nach Addis Abeba und einen Rückflug von Kapstadt gebucht. Ein Zeitraum von 10 Wochen steht mir zwischen diesen beiden Flügen zur Verfügung, in denen ich mich von den Wogen des Lebens treiben lassen möchte. Nach meinen Erfahrungen führt einen der Zufall stets zur richtigen Zeit an den richtigen Ort. Wenn man sein Leben vollkommen durchplant, entzieht man dem Leben die Möglichkeit, sich voll und ganz zu entfalten. Ich glaube fest daran, dass das Leben ungeahnte Überraschungen bereit hält, wenn man der kosmischen Intelligenz, die für mein Empfinden alles koordiniert, Gelegenheit gibt, sich zu manifestieren.
Sämtliche Freunde und Bekannte sind begeistert von meinem Vorhaben. Nur meine Mutter ist ein wenig gekränkt, weil sie so lange ohne mich auskommen soll. Sie ist so erzogen worden, dass man zuerst an alle anderen denken soll und seine eigenen Wünsche und Träume dem unterzuordnen hat. Das ist meines Erachtens eines der Grundprobleme unserer Gesellschaft. Meine Lebensphilosophie lautet, dass wir einen Planeten voller glücklicher Menschen hätten, wenn jeder dafür sorgen würde, dass er selbst glücklich ist. Wenn man selbst glücklich ist, fällt es einem daraufhin leicht, seine Mitmenschen zu unterstützen.
Ich reise nicht gerne allein. Ich hatte immer wieder einmal überlegt, mir einen Mitreisenden über eine Mitreisebörse im Internet zu suchen. Stets hielt mich meine innere Stimme davon ab. Ich habe gelernt, auf meine innere Stimme zu hören. Unsere Intuition führt uns sicher durch das Leben, unser Verstand nicht immer. Ich habe mich einmal mehr auf meine Intuition verlassen können. In zwei Stunden treffe ich mich mit Vera Elisa am Flughafen in Frankfurt. Sie wurde mir vom Schicksal zur Seite gestellt, eine ausgezeichnete Fügung des Schicksals, wie sich während meiner Reise herausstellen wird. Ich habe Vera Elisa vor zwei Monaten als Volontär an den Pyramiden in Bosnien kennengelernt. Ja, Ihr habt richtig gelesen, an den bosnischen Pyramiden, das war kein Schreibfehler. Und da so wenige Menschen bisher davon erfahren haben, werde ich im 3. Kapitel näher darauf eingehen. Erst vor kurzem hat Vera Elisa von meinen Reiseplänen erfahren, und sich entschieden, mich eine Zeit lang zu begleiten. Tatsächlich haben wir noch kurzfristig einen Platz im gleichen Flugzeug buchen können. Der Zufall überlässt nichts dem Zufall.
Der Name Lalibela hatte mich in seinen Bann gezogen. Als ich ihn zum ersten Mal gelesen habe, hat eine Gänsehaut meinen ganzen Körper überzogen. Ein sicheres Zeichen, dass mich irgendetwas dorthin ziehen will. Vera Elisa ist es genauso ergangen, als ich ihr von meinen Plänen berichtet hatte, Lalibela zu besuchen. Lalibela war vor ewigen Zeiten geistiges und kulturelles Zentrum Äthiopiens. Aus dieser Zeit zeugen noch elf wunderschöne Kirchen, die mit uns unbekannter Technik von oben nach unten in die Erde hinein errichtet worden sind. Teilweise wurden diese Felsenkirchen in einen einzigen Steinblock hinein gewölbt. Der Legende nach sollen Engel oder Außerirdische an dem Bau beteiligt gewesen sein. Der Name Lalibela hat mich sofort tief berührt, so als ob in meinen Zellen irgendetwas im Zusammenhang mit diesem heiligen Ort gespeichert wäre, Erinnerungen an ein goldenes Zeitalter.
Felsenkirche in Lalibela
Vera Elisa und ich werden gleich gemeinsam nach Äthiopien fliegen, unter anderem um herauszufinden, was uns wie ein Magnet in dieses Land zieht.
Inzwischen haben wir den 18. September 2014, 7:30 Uhr. Landeanflug auf Addis Abeba? Weit gefehlt. Wir sitzen im Steigenberger Hotel von Bad Neuenahr, nachdem wir uns am reichhaltigen Frühstücksbuffet bedient haben. Immerhin, so weit sind wir schon gekommen, ca. 150 Kilometer, allerdings in die falsche Richtung. Unser Flug wird wegen technischer Probleme mit 16 Stunden Verspätung starten. Da in Frankfurt zurzeit eine große Messe stattfindet, waren alle Hotels im weiten Umkreis von Frankfurt belegt. Man hat uns daher mit einem Bus nach Bad Neuenahr gebracht, in Kürze werden wir zum Frankfurter Flughafen zurückgefahren. Der Flug entschädigt uns, er ist sehr angenehm. Wir werden von bildhübschen, aufmerksamen Stewardessen betreut. Als das Mittagessen serviert wird, bringen wir die Damen ein wenig in Verlegenheit, da sie nicht auf Vegetarier eingestellt sind. Es ist nur Fleisch im Angebot. Unter mehrmaligen Entschuldigungen wird kurzerhand das komplette Hauptmenü entfernt. Unser Essen besteht daraufhin aus einem kleinen Salat, einem Stück Kuchen, einem kleinen Brötchen und zwei Crackern. Mit einem Lachen nehmen wir den Diätimbiss zu uns. Später erhalten wir als Entschädigung unter einer nochmaligen Entschuldigung ein zusätzliches Stück Kuchen.
Die Maschine ist nur zur Hälfte belegt. Viele Passagiere wurden auf andere Flüge verteilt, da ein großer Teil der Fluggäste Addis Abeba lediglich als Sprungbrett zu den Nationalparks in Kenia und Tansania benutzt. Auch unter den verbliebenen Fluggästen sind noch etliche Reisende, die in Äthiopien nur zum Transit landen wollen. Unser Flugzeug trägt den Namen "Lucy". Der Name Lucy wurde den ältesten jemals gefundenen Gebeinen eines weiblichen Hominiden gegeben. Als diese in Äthiopien entdeckt wurden, lief angeblich gerade das Lied "Lucy in the Sky with Diamonds" von den Beatles auf einem Kassettenrekorder. Die Skelettteile werden auf ein Alter von 3,2 Millionen Jahren geschätzt und im Nationalmuseum von Addis Abeba aufbewahrt..
Bis zur Landung verläuft alles reibungslos. Etliche Fluggäste müssen auf Grund der nunmehr sehr späten Ankunftszeit (22:10 Uhr) außerplanmäßig in Addis Abeba übernachten, bevor es am nächsten Morgen weiter in die Nachbarländer geht. Bedienstete der Fluggesellschaft stehen mit den Transitvisa für diese Reisenden bereit. Alles wurde gut organisiert. Spätestens jetzt sind wir für's Erste mit Ethiopian Airlines versöhnt.
Unsere Wege sollten uns eigentlich nunmehr von Ethiopian Airlines trennen. Nach der Passkontrolle begeben wir uns zum Gepäckband. Wir sind die letzten, die am Gepäckband ankommen. Wir mussten uns zunächst ein Einreisevisum beschaffen. Dies war recht zeitaufwändig. Man kann das Visum zwar vorab bereits in Deutschland beantragen, dann ist es aber teurer als hier in Äthiopien. Außerdem haben wir uns bereits vor der Passkontrolle mit äthiopischen Birr eingedeckt. Mehrere Quellen wiesen darauf hin, dass man am Flughafen ungewöhnlicherweise den besten Umtauschkurs im Land erhält. Der Kurs ist tatsächlich sehr gut. Für 700 Euro erhalte ich einen halben Aktenkoffer Geldscheine, ca. 20.000 Birr. Als wir am Gepäckband ankommen, drehen ein Rucksack und drei Koffer einsam ihre Runden. Es handelt sich um meinen Rucksack. Vera Elisas Rucksack ist verschollen. Wir geben eine "Vermisstenanzeige" bei der zuständigen Mitarbeiterin auf und erhalten eine Referenznummer und zwei Telefonnummern, um uns am nächsten Tag zu erkundigen, ob der Rucksack aufgetaucht ist. Mit leichtem Handgepäck schreitet Vera Elisa an meiner Seite hinaus in die dunkle Nacht. Es ist kaum noch Betrieb am Flughafen, dennoch findet sich schnell ein Taxi. Zu einem vollkommen überhöhten Preis werden wir zu unserer Unterkunft gefahren. Handeln war zwecklos. Man weiß, dass wir jetzt schnellstmöglichst ein Obdach haben wollen, der Wucherpreis ist unter den Taxifahrern zweifellos abgesprochen worden. Unser Guest House ist in der Dunkelheit nur schwer in der 3,5-Millionen-Metropole zu finden. Zum Glück haben wir einen Taxifahrer erwischt, der immerhin ungefähr weiß, wo sich die Straße befindet, in der das Hostel liegt. Dies ist nicht immer eine Selbstverständlichkeit, wie wir später erfahren werden. Wir erreichen das Atelefugne Guest House weit nach Mitternacht. Es wird mit einem schweren Tor gesichert. Nach mehrmaligem Hupen öffnet ein Nachtportier die schweren, knarrenden Türen.
Das Leben ist bezaubernd, man muss es nur durch die richtige Brille betrachten.
Alexandre Dumas
Das Atelefugne Guest House ist eine einfache aber überaus stilvolle Herberge. Die Zimmer liegen um einen Innenhof herum, den wir auf dem Weg zum Frühstück überqueren. Intuitiv richten wir den Blick nach oben. Der Himmel ist schwarz vor Adlern. Etwa 70 bis 80 dieser majestätischen Vögel kreisen über uns. Was für ein Begrüßungsspektakel. Nach kurzer Zeit ist das Schauspiel vorbei. Tagsüber sieht man immer wieder vereinzelt Adler am Himmel, das massenhafte Auftreten bleibt aber exklusiv unserem ersten Blick in den äthiopischen Himmel vorbehalten. Zum Frühstück gibt es Shero Tegabino, das sind Sauerteigfladen mit Gemüse, und Ferfer-Brot, einem Brot mit scharfer Sosse. Dazu wird ein sehr aromatischer Ingwertee gereicht. Wir leben in den Tag hinein und erkunden die nähere Umgebung des Hostels. Addis Abeba ist hektisch, fast chaotisch. Selbst dicht am Zentrum sind die meisten Straßen unbefestigt. Die Menschen sind sehr angenehm, wir werden in keiner Weise bedrängt. Nachmittags rufen wir am Flughafen an. Der Rucksack bleibt verschollen. Vera Elisa nimmt es gelassen. Afrika lehrt uns schon sehr frühzeitig Gelassenheit zu üben.
Abends meditieren Vera Elisa und ich gemeinsam. Wer sich mit Meditation befasst, weiß um die positive Wirkung. Ich habe über ein halbes Jahrhundert gebraucht, um mich darauf einzulassen. Ich kann jedem, der demgegenüber Vorbehalte hat, nur empfehlen, sich dafür zu öffnen. Meditation ist nach meiner Interpretation nichts anderes, als seinen Verstand zu kontrollieren, indem man ihn bewusst für einige Zeit abschaltet. Sehr schnell begreift man dann, dass wir viel mehr als unsere Gedanken sind. Unser Gehirn wurde uns in die Wiege gelegt, damit wir es sinnvoll nutzen, und nicht damit wir ihm die alleinige Führung über unser Leben gestatten. Jede einzelne Körperzelle verhält sich intelligent. Wir sollten wieder lernen, ganzheitlich zu leben und mehr auf unser Herz zu hören.
Während der Meditation erhält Vera Elisa die Information, dass die Adler in der Tat zu unserer Begrüßung am Himmel erschienen sind. Wir mögen es als Hinweis verstehen, dass unsere Reise unter einem ganz besonderen Schutz steht. Vera Elisa hat außergewöhnliche mediale Fähigkeiten, die Botschaften, die sie erhält, ergeben immer einen Sinn für mich.
Afrikanische Kunst
Am nächsten Tag machen wir einen Ausflug mit dem Minibus nach Debre Zeyt. Für 12 Birr, umgerechnet 50 Cent, bekommen wir zwei Stunden lang einen ersten Eindruck für Reisen in Äthiopen geboten. Trotz des sehr beengten Platzangebots macht es viel Spaß. Die Fenster des Minibusses sind mit hübschen Vorhängen dekoriert, bei melodischer äthiopischer Musik herrscht eine entspannte Atmosphäre. Nach kurzen Verhandlungen mit einigen "Schleppern" am Busbahnhof von Debre Zeyt werden wir zu einem Fahrer geführt, der uns mit seinem Minibus in die umgebenden Berge fährt. Wir reisen durch malerische Landschaft auf schwer befahrbaren Pisten mit durchschnittlich 10 km/h.
Unterwegs bitten wir den Fahrer eine ältere Frau mit viel Gepäck, die vor uns am Straßenrand entlang geht, mitzunehmen. Der Fahrer ist sehr erfreut über diese kleine Geste der Menschlichkeit. Platz genug ist vorhanden, immerhin reisen wir in einem Minibus der bequem Platz für 12 Personen bietet. Im Linienverkehr ist es vollkommen üblich, die doppelte Anzahl an Passagieren in solch einem Bus zu transportieren. Zur Freude des Fahrers nehmen wir immer mehr Einheimische mit. Es sind oftmals Frauen mit einem Säugling oder einem Kleinkind auf dem Rücken und schweren Lasten auf dem Kopf, die bei sengender Hitze weite Strecken zu Fuß, z. B. zum nächsten Markt, zurücklegen müssen. Bei uns in Deutschland kann sich wohl kaum jemand ein Bild davon machen, welche Strapazen diese Menschen in ihrem Alltag auf sich nehmen, um ihr Leben zu organisieren. Sie sind sehr herzlich und jedes Mal ausgesprochen dankbar für die Mitfahrgelegenheit. Der Abschied ist stets sehr inniglich, wenn sie den Bus verlassen. Ihr warmer Gesichtsausdruck und ihre herzlichen Gesten berühren mich sehr. Sie sind zweifellos bitterarm, haben sich aber ihre Würde und ihre Menschlichkeit bewahrt, wovon ich bei manchen Mitmenschen in unserer zivilisierten Welt nicht immer ganz überzeugt bin.
Nachdem wir 2 1/2 Stunden durchgeschaukelt worden sind, müssen wir zu unserer Ernüchterung feststellen, dass der Weg zu unserem Hauptziel, der Kirche Zuqualla Maryam, unpassierbar ist. Unsere Fahrt endet vorzeitig mitten in den Bergen. Ein junger Hirte kommt auf uns zu und bietet an, uns für 20 Birr, ca. 80 Cent, weiter hinauf ins Gebirge zu führen. Wir nehmen seine Dienste gerne in Anspruch. Hier herrscht absoluter Frieden. Die sanften Hügelketten sind in ein beruhigendes Grün getaucht. Über Trampelpfade geht es bergauf, ich fühle mich immer wieder an biblische Zeiten erinnert. Die schmalen Pfade werden häufig von Schafen, Ziegen und Buckelrindern versperrt. In der Regel weichen sie aus, sobald wir uns ihnen nähern. Hin und wieder muss unser Begleiter die Rinder mit einem leichten Stockschlag zur Seite bitten. Dennoch bleibt es uns oft nicht erspart, uns mit Körperkontakt an ihnen vorbei zu zwängen. Ich habe großen Respekt vor den weit ausladenden Hörnern. Wie es sich aber für ein echtes Paradiese gehört, sind die Huftiere ausgesprochen sanftmütig. Wunderschöne Blumen zieren unseren Weg. Farbenfrohe Vögel und Schmetterlinge machen die Bergidylle perfekt.
Auf der Rückfahrt nach Debre Zeyt wählen wir einen anderen Weg. Im Schritttempo schleichen wir über die ausgespülten, lehmigen Pisten. In einer Mulde bleiben wir schon bald stecken. Nachdem wir den Boden der Vertiefung unter großer Kraftanstrengung mit riesigen Gesteinsbrocken ausgelegt haben, gelingt es im vierten Versuch der Falle zu entkommen. Kurz darauf stellt sich uns die nächste Herausforderung im kaum befahrbaren Gelände. In einer weiteren Mulde hängt der rechte Hinterreifen ca. 30 cm über dem Boden in der Luft. Auf drei Rädern ist es unmöglich die tiefe Bodensenke zu durchqueren. Immerhin schaffen wir es mit vereinten Kräften, den Bus im Rückwärtsgang aus der aussichtslosen Situation zu befreien. Mit viel Geschick und Glück schafft es unser Fahrer, die nicht passierbare Stelle weiträumig zu umfahren.
Später kommen wir auf einer vergleichsweise guten Piste gut voran, bis unser Fahrer auf einmal scharf abbremst. Er hat gerade noch rechtzeitig erkannt, dass der Fahrweg über mehrere Meter hinweg einige Meter tief komplett weggebrochen ist. Da die Stelle hinter einem Anstieg liegt, war sie kaum einzusehen und nur der Erfahrung unseres Fahrers haben wir es zu verdanken, dass wir nicht hineingestürzt sind. Es wird verständlich, warum man auf vielen äthiopischen Straßen dringend davon abrät, nachts zu fahren.In einem sehr gewagten Manöver gelingt es, die Abbruchstelle seitlich zu umfahren. Die Regenzeit ist gerade vorüber. Das Straßennetz hat unter den Regenfällen erheblich gelitten. Am späten Nachmittag erreichen wir Debre Zeyt dennoch ohne weitere Zwischenfälle.
Nach einem Essen in einem guten, zu einem Hotel gehörigen Restaurant fahren mit einem öffentlichen Minibus zurück nach Addis Abeba. In strömenden Regen kommen wir in der Hauptstadt an. Neben den lehmigen Straßen bilden sich kleine Bäche. Am Busbahnhof waten wir durch tiefen Matsch zu einem anderen Minibus, der uns für 15 Birr quer durch die Metropole in die Nähe des Flughafens bringen soll. Die wie immer sehr freundlichen Mitreisenden helfen uns, den richtigen Bus zu finden. Wir wollen vor Ort herausfinden, ob Vera Elisas Rucksack inzwischen angekommen ist. Ist er aber nicht. Immerhin handelt sie 75 Dollar heraus, um sich mit den notwendigsten Utensilien einzudecken. Vera Elisa möchte nicht noch länger auf ihr Gepäck warten, wir beschließen daher, uns am nächsten Morgen ins Ungewisse aufzumachen und unsere Rundreise durch den Norden Äthiopiens zu beginnen.
Am nächsten Morgen sitzen wir daraufhin um 8 Uhr in einem Taxi. Um 9 Uhr soll ein direkter Bus nach Bahir Dar am Tana-See verkehren. Wir gehen davon aus, dass wir in einer Stunde mühelos vom Hotel zum Busbahnhof gelangen werden. Falls nicht, gibt es gewiss Minibusse nach Bahir Dar. Die Strecke soll gut frequentiert sein. Bahir Dar ist eine wichtige Stadt, die laut Reiseführer gute Verkehrsanbindungen hat. Zunächst kommen wir mühelos voran. Es ist Sonntag, die Straßen sind verhältnismäßig wenig befahren. Wir fahren eine Tankstelle an, müssen aber feststellen, dass es dort kein Benzin mehr gibt. Dies scheint nicht ungewöhnlich zu sein. Nach einigem Suchen entdecken wir eine Tankstelle, aus deren Zapfsäulen man noch "schwarzes Gold" entlocken kann. Man erkennt sie an der endlos langen Schlange vor dem Tankwart. Nachdem wir einige Liter "Sprit" ergattern konnten, kriechen wir von einem Stau in den nächsten. Der Verkehr hat inzwischen beträchtlich zugenommen. Mehrmals müssen wir große Baustellen auf abenteuerlichen Pisten umfahren. Schaf- und Rinderherden werden mitten durch die Metropole getrieben. Zwischendurch gibt es Abschnitte, die man mit normaler Geschwindigkeit befahren kann, Im schnell dahinfließenden Verkehr spielen häufig Jugendliche auf offener Straße Fußball. Keine gute Basis für Äthiopiens Fußball. Wie viele Peles, Maradonas und Zidanes mögen ihre Karriere im Krankenhaus vorzeitig beenden? Um 9.30 Uhr erreichen wir den Busbahnhof. Der Bus nach Bahir Dar ist fort, Minibusse nach Bahir Dar gibt es nicht.
Wir werden umringt von laut diskutierenden "Schleppern", die auf amharisch, der Hauptsprache in diesem Teil Äthiopiens, und mit Händen und Füßen versuchen uns zu erklären, wie wir am besten nach Bahir Dar weiterreisen können. Mit Hilfe unseres ein wenig englisch sprechenden Taxifahrers finden wir in dem für Europäer absolut undurchsichtigen Chaos aus unzähligen Minibussen eine Fahrgelegenheit nach Debre Markos. Debre Markos liegt ungefähr auf halbem Weg nach Bahir Dar.
Geschafft, mein Rucksack wird auf dem Dach des Kleinbusses verstaut, Vera Elisas Gepäck dreht ja bekanntlich noch seine Runden auf einem Gepäckband irgendwo nördlich des Äquators. Wir besetzen die Plätze 8 und 9 der insgesamt 15 Sitzplätze. "Schlepper" bringen nach und nach weitere Mitreisende, aber beim 15. Fahrgast ist noch lange nicht Schluss. In jede Reihe passt durchaus noch ein weiterer zierlicher Äthiopier, darüber hinaus werden zusätzliche Fahrgäste im Mittelgang auf einem leeren Bierkasten und einem leeren Benzinkanister platziert. Um ca. 11 Uhr verlassen wir Addis Abeba im Schrittempo. Nachdem die Ölsardinendose auf Rädern die Stadtgrenzen von Addis Abeba passiert hat, geht es zügiger weiter. Die Stimmung im Bus ist trotz der bedrückenden Enge ausgelassen und heiter. Die Äthiopier sind sehr herzliche Menschen. Eine junge Frau, die die Ausstrahlung eines Engels hat, kauft uns beim nächsten kurzen Stopp eine Tüte mit schmackhaften Nüssen und Getreidekörnern. Wir sind ein ums andere Mal sehr berührt von der Gastfreundschaft dieser nicht gerade wohlhabenden Menschen.
Nach ca. 3 Stunden wird zur Mittagspause angehalten. Eine weitere hübsche Frau, die nur ein paar Worte englisch spricht, bittet uns zu sich an den Tisch. Wir verstehen uns auch ohne Worte. Wir essen gemeinsam von einem Teller. Grundlage des Essens ist fast immer ein riesiger, kreisförmiger Fladen aus Teff, einer Getreideart. Darüber werden verschiedene Sossen, Gemüse und Fleisch verteilt. Da wir Vegetarier sind, bestellen wir ein zusätzliches Injera (das ist der Name des Gerichts) ohne Fleisch. Unsere Schönheitskönigin, die unterwegs die Nüsse spendiert hatte, gesellt sich ebenfalls dazu. Sie vollbringt das Kunststück, trotz ihrer offensichtlichen Wirkung auf Männer, vollkommen natürlich geblieben zu sein.
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