Vor nicht allzu langer Zeit hätten wir uns noch nicht vorstellen können, dieses Buch zu schreiben. Alles deutete darauf hin, dass die Zeit für einen »Mineralwasser-Guide« noch nicht reif war. Doch dann überschlugen sich die Ereignisse, wobei es vor allem die Medien waren, die das Thema Mineralwasser dankend aufgegriffen, ein gutes Stück mythisiert und letztlich einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht hatten. Für den Wasser-Liebhaber ist diese Entwicklung natürlich wünschenswert und gerechtfertigt, aber ist dieses Thema auch massentauglich? Muss man wirklich mehr wissen über die »natürlichste Sache der Welt«?
Beim Stöbern in gut sortierten Buchhandlungen unter »Kochen & Lifestyle«, in der Rubrik Getränke, findet man reihenweise zielgruppenorientierte Werke über Wein und diverse Spirituosen in allen Variationen. »Schnaps-brennen als Hobby«, »500 rumänische Weine unter 5 Euro«, »Erotische Cocktails mit Niveau«, »Cognacs für Heteros mit schwulen Eigenschaften«, »99 Tricks eine Bierdose zu öffnen«, »Sekt aus Deutschland für den täglichen Genuss, Band 173« – solche und ähnliche Titel sind offenbar bedeutsame Herausforderungen für Liebhaber von Kurzgeschichten. Ob nun massentauglich oder nicht, in diesem alkohollastigen Angebot, das wohlgemerkt global dominiert, stellt ein Buch über Wasser eines in jedem Fall dar: etwas Außergewöhnliches. Und etwas Neues.
Aber war Mineralwasser nicht immer dieser langweilige, kraftlose, angeblich gesunde Durstlöscher? Ein Verzicht, der vom Arzt oder verkehrspolizeilich verordnet wurde? Mit der Zielgruppe Autofahrer, Kalorienzähler, alternative Antialkoholiker, Freizeitsportler und Kinder? Ja, Mineralwasser wurde über Generationen hinweg stiefmütterlich und als alltägliches Opfer zur Flüssigkeitsaufnahme behandelt. Seit ein paar Jahren ist jedoch auch, und vor allem in Deutschland und Österreich, ein neuer Trend zu spüren, der sich besonders bei jungen Menschen manifestiert: Mineralwasser ist zunehmend en vogue geworden – und zwar auf der Überholspur: Der Pro-Kopf-Verbrauch von Mineral- und Heilwasser in Deutschland lag im Jahr 2004 bei 125,2 Liter. Mineralwasser ist damit das beliebteste alkoholfreie Getränk der Deutschen. 1990 lag der Verbrauch noch bei 83 Litern, 1980 bei 40 Litern und 1970 gar nur bei 12,5 Litern.
Eine wahrlich dynamische Entwicklung also. In den Restaurants sind die Zeiten längst vorbei, in denen man sich bei der Bestellung von Mineralwasser den mitleidigen Blick des Kellners einhandelte. Die Biertrinker-nation verwässert. In Zeiten der Wasser-Renaissance findet auch in der Gastronomie ein Wandel statt: Mit einem minimalistischen Wasserangebot kann man heutzutage den Gast nicht mehr befriedigen. Wer den Trend erkannt hat und etwas auf sich hält, bietet seinen Kunden wenigstens fünf verschiedene Wässer an. Allein durch ein Angebot mit unterschiedlichem Kohlensäuregehalt kann man schon zahlreiche Gäste glücklich machen.
In Restaurants der gehobenen Klasse kommt es sogar immer häufiger vor, dass Sie der Sommelier fragt: »Darf ich Ihnen unsere Wasserkarte bringen?« Da und dort wird schon ein wahrer Kult getrieben und man kredenzt seinen Gästen eine Vielzahl von Wässerchen aus der ganzen Welt. Nach der Lektüre dieses Buches werden Sie in der Lage sein, mit dem Sommelier darüber zu fachsimpeln, ob das italienische Coralba oder das deutsche Peterstaler aus dem Schwabenland besser geeignet ist, Ihr Neugeborenes zufrieden zu stellen. Oder prahlen Sie mit mystischen Geschichten über die einzelnen Quellen der Wässer. Zum Beispiel warum die Veilchenquelle nicht Steinpilzquelle heißt und warum der Zeller See auch Jungfernsee genannt wird. Geben Sie bei der Bestellung einer Flasche Voss so ganz nebenbei Ihr Wissen preis, dass auch Madonna immer ein paar Flaschen dieses »Gletscherwassers« auf dem Tisch hat, oder verraten Sie dem Kellner, wie Sie aromatisierte Wässer selbst herstellen.
Als was kann man dieses Buch nun bezeichnen? Eine Fibel? Ein Guide? Ein kulinarischer Streifzug? Gar ein Lexikon? Eine Spaßlektüre? Eine Anleitung zum täglichen Gebrauch von Wasser? Tipps zum Verführen? Ein Nachschlagewerk? Ein Wasserknigge? Eine späte Hommage an das Naturprodukt Wasser? Es ist wohl von allem etwas, hierbei aber von allem nicht zu viel. Es ist eine ernst gemeinte, eine ernst zu nehmende und in Teilen eine durchaus ernste Lektüre. Aber dennoch soll es Spaß machen, in die Welt des Wassers einzutauchen.
Vor Ihnen liegt ein ehrliches Buch über das Kult- und Trendgetränk Mineralwasser. Vergessen Sie also die schon etwas angestaubte Poesie über Rebsäfte, Getreidebrände und Malzgetränke und werfen Sie einen Blick auf ein neues Zeitalter: das Zeitalter des Wassers.
Unsere Gesellschaft ist weitgehend von materiellen Werten geprägt. Dabei wird manchmal vergessen, auch über die elementaren, aber lebensnotwendigen Güter nachzudenken. Wasser ist eines davon.
In den reichen Ländern unserer Erde ist es normal, dass Wasser aus dem Wasserhahn kommt, wenn man ihn öffnet. Und natürlich in Trinkwasserqualität. Doch das ist nicht überall so, denn nicht überall gibt es Wasser in solch einem Überfluss wie bei uns. In heute schon mehr als 30 Ländern der Erde ist Wasser Mangelware. Mehr als eine Milliarde Menschen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, fast zweieinhalb Milliarden Menschen leben ohne Abwasserversorgung. Und nach einer Schätzung der Weltgesundheitsorganisation gehen 80 Prozent aller Krankheiten in den Entwicklungsländern ursächlich auf die Nutzung verschmutzten Wassers zurück. Dagegen muss sich die Bevölkerung der Industrienationen kaum Gedanken machen, woher sie reichlich sauberes Wasser bekommt.
Eigentlich gibt es auf der Welt mehr als ausreichend Flüssigkeit, denn unsere Erde besteht zu etwa drei Vierteln aus Wasser und nur etwa zu einem Viertel aus Festland und Inseln. Doch der Großteil allen Wassers, nämlich gut 97 Prozent, ist Salzwasser und daher für Menschen ungenießbar. Der menschliche Körper ist nicht in der Lage, Meerwasser zu verarbeiten, und er verdurstet, selbst wenn er es trinkt. Denn Salz entzieht dem Körper Wasser, so dass man zwar Flüssigkeit aufnimmt, dafür aber noch mehr Wasser aus dem Körper heraus-spült und somit eine ständige Verschlechterung des Zustandes herbeiführt. Der Körper trocknet regelrecht von innen aus!
Größere Bedeutung wird in Zukunft sicherlich die industrielle Meerwasserentsalzung gewinnen. Im Nahen Osten ist diese Form der Trinkwassergewinnung bereits weit verbreitet.
Wie teilt sich jetzt das wenige Süßwasser auf? Über zwei Prozent binden die Gletscher und das Polareis. Der verbleibende winzige Rest verteilt sich als Süßwasser auf Seen, Flüsse, Quellen, Sümpfe sowie auf das Grundwasser und ist als Wasser in der Atmosphäre, in Reservoiren und in der Kanalisation zu finden. Es sind nur etwa 0,3 Prozent der weltweiten Wasservorräte, die uns als Trinkwasser zur Verfügung stehen. Nach wissenschaftlichen Erkenntnissen wird die Menge an trinkfähigem Wasser auf der Erde auch nicht zunehmen, sondern schlimmstenfalls abnehmen.
Wasser ist also, auch vor dem Hintergrund ständig steigender Zahlen bei der Weltbevölkerung, eigentlich ein Luxusgut. Und zudem unentbehrlich: Der menschliche Körper ist ein Gebilde, das zu 20 Prozent aus Proteinen, zu 15 Prozent aus Fetten, zu 5 Prozent aus Mineralien, aber zu 60 bis 70 Prozent aus Wasser besteht. Wasser hat für den Menschen eine absolut wesentliche ernährungsphysiologische Bedeutung.
Dennoch: Viele unterschätzen die vielfältige Wirkung von Wasser und insbesondere von natürlichem Mineralwasser. Zum einen benötigt der Körper Süßwasser, um seinen Wasserhaushalt zu regulieren. Nicht nur die Verdunstung und die Bildung von Schweiß, sondern auch die Entsorgung von Ablagerungen und Abfallprodukten durch unseren Stoffwechsel müssen ausgeglichen werden. Unser Organismus erledigt diese Arbeit durch die Nieren. Hier werden alle Köperflüssigkeiten gereinigt und die Abfälle abgesondert und ausgeschieden.
Zum anderen benötigt unser Körper Spurenelemente und Mineralstoffe, die er selbst nicht herstellen kann und die somit von außen zugeführt werden müssen. Diese Stoffe sind lebensnotwendig, damit alle Organe und Zellen optimal versorgt werden und sie ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen können. Wenn all unsere Körperfunktionen ausreichend mit den notwendigen Stoffen versorgt sind, arbeitet unser Körper optimal und ist weniger anfällig für Unregelmäßigkeiten, sprich Krankheiten. Durch die Versorgung mit qualitativ hochwertigem Wasser erfrischt man sich nicht nur bestens, sondern gibt dem Körper zudem wichtige Mineralstoffe. Schadstoffe, die zu einer Unterversorgung oder Fehlversorgung unseres Organismus führen können, werden bei höherem Wasserkonsum auch besser aus dem Körper ausgespült.
Und noch eines tut Wasser: Besonders natürliches Mineralwasser stimuliert und belebt den Geist und leistet damit einen Beitrag für unser allgemeines Wohlbefinden, den man nicht unterschätzen sollte.