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Einsamkeit fühlt der Intellektuelle islamischer Kultur, der den Spagat machen muss zwischen der in Frankreich gewährten Gedankenfreiheit und der Zugehörigkeit zur Umma Islamiya, die ihn diese Freiheit nicht ausüben lässt.

I

Sieben Worte

Am liebsten hätte ich eine Zeichnung gemacht, ein paar Striche, die im Himmel enden, einen ausgerissenen Baum gemalt, dessen Wurzeln gen Himmel ragen, einen Baum oder einen ganzen Wald, in ein paar Minuten zerstört und aus dem Dasein gerissen, doch heute Morgen kann ich nicht mehr zeichnen, ich sitze hier, nicht resigniert, jedoch erschlagen von Worten, die von überall her auf mich einstürzen und auf meinen Schultern lasten. Ich bin besessen von diesen Worten, sie lassen mich seit jenem Mittwochmorgen, dem Morgen des 7. Januar, nicht mehr los. Es sind Worte, wie sie auf uns eindringen, wenn uns Kummer und Sorge überrollen, wenn sich Trauer in den Augen einnistet und schmerzt. Worte, die man hört und deren Bedeutung sich auflöst und manchmal zerschellt wie eine blinde Fliege an einer Fensterscheibe.

Das erste Wort, das sich mir aufdrängte: Freiheit

Um sie wiederzuerlangen, hatte ich 1971 Marokko verlassen. Das Land war »im Notstand«. Die Polizei war allmächtig. Willkür. Unterdrückung. Keinerlei Freiraum mehr. Die Flucht, das Exil.

Jene, die die Redaktion von Charlie Hebdo ausgemerzt haben, hatten zugleich zum Ziel, der Freiheit im Land Voltaires den Garaus zu machen. Zum Glück trägt die Freiheit seit einiger Zeit eine schützende kugelsichere Weste. Nein, die Freiheit wurde nicht ermordet, wie es eine Tageszeitung als Überschrift verbreitete. Sie wird vom aufrecht stehenden französischen Volk verkörpert, das am Mittwochabend spontan auf die Straßen geströmt ist, mit einer Kerze oder einem Stift in der Hand, um zu verkünden »Je suis Charlie«.

Das zweite Wort: Wut

Ja, meine Wut ist rot, blau, tiefschwarz. Sie ist ruhelos, roh, undifferenziert. Sie streift durch mein Gedächtnis und holt ein paar Erinnerungen hervor, an Kinder, die vor ihren Schulen hingerichtet werden, oder an andere Kinder in Homs, deren Haut vom Giftgas des Herrn al-Assad verbrannt ist.

Es ist eine lange Liste. Ich wende mich ab und betrachte aufmerksam die letzte Zeichnung von Charb, auf der er einen Terroristen fragt: »Wie, kein Anschlag?« – »Man kann noch den ganzen Januar über seine Neujahrswünsche anbringen.« Neujahrswünsche, die das Blut von Künstlern vergossen haben, von Dichtern, Erzählern, Zeichnern ohne Hass, ohne Vorurteile, von Unschuldigen, die Farbe und Humor auf unsere Probleme aufgetragen haben. Sie hatten Spaß daran, die Wirklichkeit unverfroren, treffsicher und klug zu entziffern.

Das dritte Wort: Islam

Wie am Tag nach dem 11. September 2001 habe ich sofort gedacht: Der Islam landet auf der Anklagebank. Die Muslime werden die Rechnung für diesen Terror, diese ruchlosen Verbrechen bezahlen. Bescheidene Menschen, gewissenhafte Arbeiter, Familien, die zu Geiseln der Agenten des Bösen geworden sind. Menschen, ausgebildet im Irak oder Jemen, haben gelernt, mit einer Brutalität und Eiseskälte zu töten, die sie hinter dem Schleier einer Religion zu verbergen suchen.

Islam, Salam, Frieden, Ausgeglichenheit … in tiefer Trauer.

Das vierte Wort ist ein Lächeln 

… das von Cabu. Wie der Schriftsteller Daniel Pennac in der Sendung »La Grande Librairie« sagte: »Wie kann man eine Maschinengewehrsalve auf das Engelsgesicht von Cabu abfeuern?« Unbegreiflich. Ein Lächeln ermorden, eine unendliche Freundlichkeit, einen ewigen Jugendlichen, einen so leichtfüßigen Tänzer, dass er über unseren Köpfen schwebt, einen Stern, der im Sauseflug von uns ging … Dieses Lächeln lässt mich nicht los; es ist sein Presseausweis und sein Markenzeichen als Witzbold.

Das fünfte Wort: Rache

Sie haben behauptet: »Wir haben den Propheten gerächt.« Sein Geist hat sie niemals um etwas gebeten. Wenn der Prophet Mohammed vor einer Schlacht zu seinen Soldaten sprach, empfahl er ihnen ausdrücklich, »keine Frauen, Kinder oder Greise zu töten; keine Palme und keinen Baum auszureißen; keine Häuser zu zerstören; und sollten sie Mönche in ihren Zellen antreffen, sie in Frieden zu lassen« (vgl. Al-Sira von Mahmoud Hussein, Band 2, Paris 2007, S. 510).

Das sechste Wort: Unwissenheit

Denn Unwissenheit und Angst verursachen, beschwören und begründen Rassismus und Intoleranz. Auch wer nie zur Schule ging, kann großherzig, gut und menschlich sein. Doch das Schlimmste ist der völlige Mangel an Erziehung. Mehr als je zuvor sollten nun Schriftsteller, Künstler, Intellektuelle, Handwerker, alle, die können, in die Schulen gehen, mit den Kindern sprechen, ihnen die Lust auf Poesie, den Willen vermitteln, durch Reisen in die geschriebenen, gemalten oder gefilmten Werke ihr Leben zu gestalten.

Von den Schulen müssen wir in die Gefängnisse ziehen. Auch dort gibt es wichtige Arbeit zu tun, denn wir müssen jungen Menschen zeigen, deren Leben bisher im Unglück gestrandet ist, dass es andere Wege gibt, dass Religion Privatsache ist, dass Spiritualität wesentlicher ist als ein bestimmtes Zurschaustellen der Religiosität, das mit dem Vergießen unschuldigen Blutes endet.

Das siebte Wort: Widerstand

In letzter Zeit verströmte ein in sich gekehrtes Frankreich übelriechende Gedanken. Frankreich verlor nach und nach seine Seele, verleugnete sein kulturelles und soziales Erbe, seine Traditionen. Engstirnige Krämerseelen besetzten die Medien und verkündeten unter der Last ihrer Armseligkeit oder ihrer dumpfen Eigensucht, wie sehr sich das Land habe »überschwemmen« lassen, wie sehr seine Identität verwischt, durch Infektion unglücklich gemacht worden sei, wie schnell es sein Wesen und seine Größe wiederfinden könne, wenn man es von all jenen Dahergelaufenen befreite, die nicht ihre Arbeitskraft verkaufen, sondern seine Güte ausnutzen wollten. So verbreitete manche Talkrunde Gerüchte und Launen; grobe Unterstellungen ließen einen entkoffeinierten Rassismus durchscheinen, das heißt einen scheinbaren »Rassismus light«, der jedoch das gleiche Unheil, die gleichen Katastrophen verursacht wie der Rassismus der offenen Arroganz.

So war der 7. Januar »ein Schlag in die Fresse«, wie Cabu gesagt hätte, einer Fresse, die nicht länger schweigen will, nicht länger das Gerede jener Mistkerle zulassen will, die schlau genug sind, die Register der Freiheit und der Demokratie zu ziehen, um Wehrlose zu vernichten. Wir müssen uns nicht nur dem Terror widersetzen, den die Feinde der Demokratie planen, sondern auch den Reden und Programmen jener, die Frankreich in den Schmutz, die Angst und den Hass hinunterziehen wollen.

II

Der Islam, der uns Angst macht

Vorwort

Alles, was mit dem Islam zu tun hat, ist zur Tragödie geworden. Sollte dieser Islam so verletzlich sein? Eine nichtige Kränkung treibt fanatisierte, hysterische Massen auf die Straßen, die Fahnen und Abbildungen europäischer Staatschefs verbrennen.

Man möchte ihnen zurufen: »Beruhigt euch! Es ist doch nur eine Zeichnung! Und der Prophet steckt nicht in dieser Karikatur, denn der Prophet ist ein Geist, überlegen, man kann ihn nicht erfassen, man kann ihn in seiner Schönheit und seinem Humor nicht wiedergeben. Daher solltet ihr den Propheten nicht auf diese platte Ebene herabwürdigen.«

Doch solche Worte können kein Gehör finden. Die Umma umschließt die Gesamtheit der Muslime, die Guten wie die Bösen. Man kann sie nicht verlassen. Man wird als Muslim geboren und stirbt als Muslim. Aus dem Islam auszutreten ist ein Bruch mit schwerwiegenden Folgen. Am Ende des Weges steht die Apostasie, der Abfall vom Islam. Gott bestraft den Abtrünnigen. Auf Erden ist jedoch keine Strafe vorgesehen, was Staaten nicht daran hindert, Todesurteile zu fällen oder den Verlust der Staatsbürgerschaft zu beschließen.

Menschenmassen sind per se mit Taubheit und Blindheit geschlagen.

Eines Tages erhob sich am Ende eines Vortrags an der Universität Fès ein Student und fragte mich geradeheraus:

»Glauben Sie an Gott?«

Ich hielt einen Moment inne und antwortete dann:

»Das ist eine indiskrete Frage; die muss ich nicht beantworten.«

Im Hörsaal raunte und wisperte es, ich begriff, dass ich mich vor einem improvisierten Standgericht befand.

Ich erklärte ihnen das Prinzip der Gedankenfreiheit, das Recht, seinen Glauben oder Nichtglauben privat zu leben, die Freiheit, sein Leben und seine Einsamkeit zu wählen.

Verlorene Liebesmühe. Meine Worte stießen auf zahlreiche undurchdringliche Mauern. Unzulässig. Unannehmbar.

Jemand schrie: »Du bist ein Atheist und wagst nicht es zuzugeben!«

»Ihr werdet mich nicht in diese Falle treiben. Ich bestehe auf meiner Freiheit, meinen Glauben für mich zu behalten und nicht öffentlich zu machen.«

Schreie und Pfiffe im Saal. Für mich war es das Ende. Der Dekan leitete mich durch eine versteckte Tür hinaus und sorgte dafür, dass ich meine Heimatstadt Fès noch am gleichen Abend verließ.

Dieser Zwischenfall ist lange her. Ich sehe ihn als ersten Ausdruck religiöser Intoleranz in Marokko an. Wir schrieben das Jahr 1977!

Seither habe ich nie aufgehört, über den Islam nachzudenken, ihn zu hinterfragen, seine Texte und die Kommentare dazu zu studieren. Einerseits berührt und erschüttert mich die Schönheit des Korantexts, andererseits zittere ich vor Angst, wenn ich manche Verse zu den Strafen für Ungläubige, Zweifler und Polytheisten lese.

Es war mein Vater, der mich von diesen Ängsten befreite: Er war sich im Klaren, dass ich die Vorschriften dieses allgegenwärtigen Islam nicht kontinuierlich befolgte.

Er sagte mir: Du bist niemandem auf Erden Rechenschaft schuldig. Du bist vor Gott verantwortlich für deine Taten. Wenn du Böses tust, wird dir Böses widerfahren, wenn du Gutes tust, wird dir Gutes getan. Achte darauf, würdig, ehrlich, gerecht zu sein, das gegebene Wort einzuhalten, deine Eltern und Lehrer zu achten, aufrichtig, solidarisch, brüderlich zu sein. Im Übrigen wirst du sehen: Gott ist sehr groß in seiner Barmherzigkeit.

Allerdings ist der Islam in den letzten dreißig Jahren zu einem wichtigen Element des politischen und sozialen Lebens in Frankreich und zugleich in Europa geworden.

Die Trennung von Staat und Religion, wie sie in der französischen Laizität besonders konsequent durchgeführt ist, gewährt der Freiheit einen Raum, den es in keinem islamischen Land gibt (selbst nicht in der Türkei, die zwar formal ein laizistischer Staat ist, das aber immer weniger umsetzt).

Das der Laizität zugrunde liegende Prinzip ist ein Zeichen für Zivilisation. Die Trennung von Kirche und Staat, von Synagoge und Staat, von Moschee und Staat ist nichts Negatives. Im Gegenteil, es ist ein Zeichen von Respekt gegenüber den Religionen.

Der Islam tut sich schwer mit der Laizität. Manche Muslime richten sich damit ein, andere verstehen den Sinn einer solchen Trennung nicht.

Die Laizität beinhaltet Ausdrucksfreiheit. Aufgrund dieses Postulats gibt es keine Grenzen für das, was man ausdrücken darf. Ob es uns gefällt oder erzürnt, wir müssen zulassen, dass jene, die sich mit Worten, Sprache, Zeichnungen, Karikaturen, Gedichten ausdrücken, frei sind, ganz und gar frei.

Es ist schwer, dieses Postulat durchzusetzen: Die Ausdrucksfreiheit ist total. Die Millionen von Einwanderern, die in Europa arbeiten, sind nicht gewohnt, Gotteslästerung zu sehen und zu hören. Das ist nicht Teil ihrer Kultur. Solange die Gotteslästerung Christen oder Juden trifft, achten sie nicht darauf. Vielleicht denken sie, die Gotteslästerung gegen den Islam sei schlimmer, da die Christen und Juden an die Freiheiten der Laizität gewöhnt sind. Es gibt auf beiden Seiten wenig Empathie.

Als am 30. September 2005 die dänische Tageszeitung Jyllands-Posten ein Dutzend Illustratoren bat, Zeichnungen vom Propheten der Muslime anzufertigen – Karikaturen, die nicht nur zum Ziel hatten, heftige Reaktionen auszulösen, sondern vor allem die Vorherrschaft jener Freiheit verkünden sollten, die den europäischen Völkern am Herzen liegt –, war dies der Augenblick, von dem ab die große Mehrheit der muslimischen Bevölkerung am eigenen Leib die wüsten Auswirkungen der Ausdrucksfreiheit entdeckte. Die Zeichnungen stellen Mohammed auf unanständige, furchtbare Weise dar. Für die islamische Welt sind dies Beleidigungen, Angriffe auf die Würde einer heiligen Persönlichkeit. Das ist unannehmbar. Die Europäer konnten sich kaum vorstellen, was diese Initiative an Reaktionen in der islamischen Welt auslösen würde. Viele Demonstrationen, viel Gewalt, viel Unverständnis.

Da ist meine Einsamkeit zutage getreten; ich habe mich in keiner Weise in jenen hysterischen Menschenmassen wiedererkannt; ich war gegen die Veröffentlichung der Karikaturen, auch wenn ich ihren Autoren das Recht zugestand, sie zu zeichnen und publik zu machen. Aus meiner Sicht hätte man dem Ganzen mit Gleichgültigkeit begegnen müssen. Ich wiederhole: Der Prophet Mohammed ist nicht in diesen Zeichnungen dargestellt; er ist ein Geist, der Geist eines einfachen Mannes, der zu einer außergewöhnlichen Gestalt wurde. Der Prophet lässt sich in einer Abbildung nicht festhalten. Was bleibt, ist die Vorstellung, die wir uns von ihm machen. Da kann sich jeder ausmalen, was er möchte. Man wird nicht Polizei spielen und kontrollieren, was sich jeder Zeichner oder Journalist vorstellen darf.

Nach den tragischen Ereignissen vom 7. und 9. Januar 2015 können wir nicht länger schweigen oder uns weiter damit begnügen, zu sagen: »Das ist nicht der Islam.« Natürlich kann jeder diesem Satz zustimmen. Aber woher kommt dieser Islam, der Angst macht, der bedroht, tötet, köpft und Terror sät? Diese Barbarei beschmutzt den Islam, das ist wahr. Aber die Frage, die mich quält, lautet: Wie konnten Hass und Grausamkeit kübelweise in die Köpfe jener drei Individuen gegossen werden, während man sie dabei glauben machte, das sei der Islam? In der Geschichte dieser Religion muss es Zeiten gegeben haben, zu denen der Prophet Krieg führen musste, Zeiten und Bedingungen, als der Dschihad der Verteidigung diente, bevor er zum Eroberungsfeldzug wurde. In der Sure »Die Frauen« (Sure 4, Vers 74) heißt es: »Und wenn einer um Allahs willen kämpft, und er wird getötet – oder er siegt –, werden wir ihm (im Jenseits) gewaltigen Lohn geben.«

Dieser Vers, buchstäblich verstanden und mit einer gewissen Feierlichkeit gelesen, könnte manche überzeugen, die zögern, den Weg des bewaffneten Kampfes zu beschreiten. Ein Kampf worum, für wen? Das bleibt ein Rätsel.

Muss man Angst vor dem Islam haben?

Papa, ich will dir eine Frage stellen, die dich ärgern wird, denn ich weiß, dass dich viele Leute das fragen: Sag mir, muss man Angst vor dem Islam haben? Oder warum haben hier in Europa immer mehr Leute Angst vor dem Islam?

Zuerst einmal: Von welchem Islam redest du?

Gibt es denn mehr als einen Islam?

Nein, doch es gibt mehrere Interpretationen der Texte, auf denen diese Religion gründet, die jüngste der Offenbarungsreligionen. Wie du weißt, ist es eine monotheistische Religion – ein einziger Gott namens Allah –, inspiriert von den beiden anderen monotheistischen Religionen, dem Judentum und dem Christentum. Wie auf alle Religionen wirken auf den Islam ständig unterschiedliche und sogar widersprüchliche Interpretationen. Folglich gibt es den Islam und dann gibt es jene, die ihn zur Gewalt hinzerren, weil ihre Lesart die Feinheiten und die Tiefe des islamischen Denkens nicht erfasst. Sie lassen ihn sagen, was er nicht sagt.

Aber die Leute unterscheiden nicht zwischen dieser und jener Interpretation der Texte. Ihnen macht der Islam Angst, denn sie sehen, wie manche Individuen Muslime und Nichtmuslime, die sie Ungläubige nennen, töten, morden und enthaupten. Da kann man schon Angst und Wut verspüren.

Man kann den Islam nicht auf diese furchtbaren Bilder reduzieren, wo Verbrecher im Namen der Religion Mohammeds Schandtaten begehen. Dein Zorn ist berechtigt. Doch du sollst auch wissen, dass seit etwa dreißig Jahren an erster Stelle die Muslime unter diesem gewaltsamen Islamismus leiden.

Was geschieht in der Welt? Sind wir im Krieg?

In gewisser Weise ist es ein Krieg neuer Art. Die Kontrahenten stehen sich nicht gegenüber. Der Krieg wird auch über das Internet und die sozialen Netzwerke geführt.

Warum wehren sich die muslimischen Führer dann nicht und verurteilen diese Mörder?

Weil es im sunnitischen Islam keine Hierarchie gibt, keine Priester, keine Bischöfe, keinen Papst. Der Gläubige ist Gott direkt rechenschaftspflichtig. Daher kann niemand im Namen aller Muslime sprechen. Die Schiiten (die Anhänger Alis, des würdigen Imam und Kalifen, des Nachfolgers von Mohammed), der andere Zweig des Islam, hat eine Hierarchie eingerichtet; sie haben Mullahs, Ajatollahs, Muftis etc. Nichtsdestotrotz ist die Mehrzahl der Muslime nach den Anschlägen vom 7. Januar 2015 entsetzt, sie können sich nicht vorstellen, dass man im Namen des Islam Massaker begeht. Da der Einzelne sich direkt vor Gott verantworten muss, kann er töten und muss gegenüber der Gesellschaft keinerlei Rechenschaft ablegen. Das ist eine perverse Interpretation der Schriften des Islam. Wonach die Mörder suchen, ist Zugehörigkeit, zu einer Sache oder – wie in einer Sekte