Die rote Zora und ihre Bande

Kurt Held

Die rote Zora und ihre Bande

FISCHER E-Books

Inhalt

Über Kurt Held

Kurt Held wurde am 1897 in Jena geboren. Er war verheiratet mit der bekannten Kinderbuchautorin Lisa Tetzner (u.a. ›Die Kinder aus Nr. 67‹). Sie lebten nach dem Zweiten Weltkrieg in Carona bei Lugano. Kurt Held starb am 9.12.1959. ›Die rote Zora und ihre Bande‹ ist sein Hauptwerk.

 

Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage, auch zu E-Book-Ausgaben, gibt es bei www.blubberfisch.de undwww.fischerverlage.de

Impressum

Erschienen bei FISCHER E-Books

 

›Die rote Zora‹ erschien erstmals 1941 bei Sauerländer

© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2013

Covergestaltung: Suse Kopp, Hamburg

Coverillustration: Jonas Lauströer

 

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.

ISBN 978-3-7336-0216-1

Für Barbara Rüedi

1 Der Knabe auf der Klippe am Meer

»Branko! Branko!«

Eine heisere Frauenstimme rief den Namen immer wieder durch die enge Gasse, die in Senj, einer kleinen kroatischen Stadt, vom Markt hinunter zum Hafen führte.

»Branko! Branko!«

Die Frau, die so laut rief, war die alte Stojana, eine hochgewachsene, zaundürre Person mit einem faltigen, ausgedörrten, aber gutmütigen Gesicht. Weiße Haare lohten wie ein wilder Kranz um den schmalen Kopf.

»Branko! Branko!« Sie rief den Namen schon wieder. Branko, dem der Ruf galt, war ein großer, zwölfjähriger Junge. Er spielte im Hinterhof eines zerfallenen Palazzo mit einigen Kameraden ein Murmelspiel.

Er hörte das Rufen, war es aber schon so gewohnt, dass er ruhig weiterspielte.

»Branko! Branko!« Die Stimme kam näher, und auf einmal stand die alte Stojana vor ihm.

»Branko«, sagte sie wieder und dann mit einem weichen, beinahe wehmütigen Klang: »Es ist so weit.«

Das hatte die alte Stojana während der letzten Tage auch mehrere Male gesagt. Branko stand trotzdem auf und ging der Alten, die sich, nachdem sie ihn gesehen, schroff umdrehte, nach.

Branko war ein schöner Knabe. Er hatte schwarzes, struppiges Haar und das längliche, kühne Gesicht seines Vaters, in dem besonders die spitze, vorspringende Nase auffiel. Seine Augen waren auch schwarz, aber sie hatten einen hellen Schimmer, der seinem Gesicht etwas Fröhliches gab.

Er war für seine zwölf Jahre übermäßig groß, aber sein schlanker Körper war eher gelenkig als kräftig. Alles war braun an ihm: die Hände, die Füße, der Hals, das Gesicht und auch der Rücken, der hie und da aus den Hemdlöchern hervorsah.

Branko musste zu den ärmsten Kindern der Stadt gehören, denn außer einem bläulichen, zerrissenen und geflickten Hemd hatte er nur noch eine zerschlissene Hose an.

Sein Vater war Geiger. Er hieß Milan und galt sogar als einer der besten Geiger an der Küste. Alle in Senj liebten ihn wegen seines Violinspiels. Meistens war er aber unterwegs und fiedelte in den großen Seebädern und den kleinen Küstenstädten. Er verdiente einen guten Batzen Geld dabei, es kam aber nie etwas davon nach Senj; er schickte auch nie eine Nachricht, und niemand wusste, wann er wiederkam.

Die alte Stojana schob ihre langen Beine schneller vorwärts, und Branko musste sich gleichfalls beeilen. Sie ging durch den Hof in die schmale, knapp zwei Meter breite Gasse zurück, bog in einen der noch lichtlosen Schlupfe ein, die alle zwei, drei Häuser nach rechts oder links führten, und blieb vor einer kleinen Tür, die halb angelehnt war, stehen.

Hier wartete sie, bis Branko herankam, und schob ihn mit einem leichten Stoß in die Öffnung hinein.

Die Tür mündete unmittelbar in eine Kammer, die durch ein Loch spärliches Licht bekam. Im Halbdunkel sah man zwei Bettlager, einen Tisch, einen Stuhl, eine alte Kiste, auf der ein Spirituskocher stand, und einen Kleiderrechen.

Auf dem rechten Lager, unmittelbar bei der Tür, ruhte eine Frau. Sie hatte ein weißes, spitzes Gesicht, große, offene Augen und starrte in die Höhe.

»Es ist so weit«, klagte die alte Stojana, die hinter Branko in die Kammer getreten war, zum zweiten Mal.

Branko wollte es noch immer nicht glauben. Die alte Stojana hatte ihm schon unzählige Male, wenn die Mutter einen ihrer schweren Hustenanfälle bekam und wie tot auf ihr Lager sank, das Gleiche gesagt, und stets, wenn er atemlos ankeuchte, schlug die Kranke die Augen auf, sagte »Branko« und lächelte ihn an.

Er blickte in ihr Gesicht. Auch diesmal würde sie es wohl wieder sagen. Die Mutter blieb aber seltsam still. Ihre Augen starrten an die Decke, und sie rührte sich auch nicht, als eine große Fliege über ihr eingefallenes Gesicht kroch.

»Mutter«, sagte er leise und scheuchte die Fliege fort, aber die Frau regte sich noch immer nicht.

Brankos Augen wurden groß, und er fasste nach einer der weißen, durchsichtigen Hände, die auf der bunten Decke lagen.

Die Hand war nicht mehr heiß und feucht wie sonst, sondern kalt und steif.

»Diesmal ist es wirklich so weit.« Die Alte trat von der anderen Seite zur Toten und drückte ihr die Augen zu.

Branko spürte, wie seine Knie einsanken, sein Körper vornüberstürzte, und im gleichen Augenblick lag er neben dem Lager und weinte.

»Armer Junge, armer Junge«, murmelte die Alte, »nun hast du nur noch deinen Vater.«

Der Knabe hob sein Gesicht wieder. Die Augen der Mutter waren geschlossen. Die alte Stojana hatte ihr die dünnen Hände über der Brust gekreuzt. Um die schwarzen Haare lag ein buntes Tuch. Das Gesicht war noch weißer als vorher, aber es sah friedlicher aus, so friedlich und ruhig, als wäre es schon längst nicht mehr von dieser Welt. Branko schluchzte lauter.

Die alte Stojana hatte sich unterdessen auf der anderen Seite des Lagers auf die Knie gelassen, betete, schlug das Kreuz, dann fasste sie Branko fest bei der Hand.

»Hör auf zu weinen«, sagte sie. »Deine Mutter war tapfer bis zuletzt und du sollst es auch sein.«

Branko stand gehorsam auf und fuhr sich mit beiden Händen über das Gesicht. Die alte Stojana hatte recht, die Mutter war tapfer gewesen und er wollte es auch sein. Er sah zu der alten Frau auf. »Was machen wir nun?«

»Wir gehen zum alten Jossip, dem Mesner der Kirche des heiligen Franziskus«, antwortete die Alte. »Er soll die Glocken läuten, damit auch die anderen wissen, dass deine Mutter gestorben ist, und dann müssen wir mit ihm über das Begräbnis sprechen.«

Die hohe, alte Kirche war kaum zweihundert Meter entfernt. Sie schritten durch das große Hauptportal. Der alte Jossip hantierte am Altar. Sie gingen auf ihn zu.

»Jossip«, sagte die alte Stojana, »Brankos Mutter ist gestorben.« Der Alte, den die Jahre schon recht gebeugt hatten, sah Branko aus seinen guten, freundlichen Augen an und strich sich dabei über seinen weißen Bart. »Die schöne Anka. Ach«, krächzte er, »dass Gott immer die Jungen holt. Uns sollte er holen, Stojana, uns.« Er kicherte, dann schlurfte er hinüber zur Sakristei. »Kommt, wir wollen es dem Herrn Pfarrer sagen.«

Hochwürden Paulus Lasinovic stand vor einem Pult und las. Als er die Schritte hörte, hob er sein rundes, von Hängebacken und einem Paar freundlicher Augen verziertes Gesicht und sah auf. Hochwürden Paulus Lasinovic war trotz seines jugendlichen Aussehens uralt. Ja, es gab wohl kaum einen Menschen in der Stadt, den er nicht getauft oder verheiratet hatte und von dessen Leid, Glück, Kummer und Freuden er nicht unterrichtet war.

Branko hatte auf einmal ein schlechtes Gewissen, als die Augen des Pfarrers auf ihm ruhten. Wie lange war es her, dass er nicht in der Kirche gewesen war? Vielleicht ein Jahr, vielleicht auch zwei oder noch länger. Der Pfarrer fasste ihn aber nur unter das Kinn. »Armer Junge, du hast deine Mutter verloren. Nun weine nicht. Ich habe die meine auch mit elf Jahren verloren. Gott wird sich deiner annehmen, wie er sich meiner angenommen hat.«

Dann nahm er den alten Jossip auf die Seite, und sie gingen zusammen in dem schmalen Raum, der von bunten Glasfenstern in allen Farben erhellt wurde, auf und ab und sprachen miteinander.

Nach einer Weile führte Jossip sie wieder aus der Sakristei hinaus. »Wir wollen sie übermorgen begraben, Mutter Stojana. Passt das? Um zwei.«

»Für mich schon. Für den Buben auch«, antwortete die Alte, »und sonst ist ja niemand da.«

»Wo ist der Milan?«

»Ich weiß nicht. Irgendwo in der Welt.«

»Also übermorgen. Ich gehe jetzt die Glocken läuten. Habt ihr übrigens schon mit jemandem wegen des Sarges gesprochen?«

Die Alte schüttelte den Kopf, dass die weißen Haare nach allen Seiten flogen. »Ich wüsste auch nicht, mit wem. Es ist kein Dinar im Haus. Wisst ihr vielleicht jemanden, der einen Sarg umsonst macht?«

Der alte Jossip nahm eine Prise und blinzelte sie mit kleinen, geröteten Augen an. »Ich, nein. In Senj wird es niemanden geben, der einer armen Tabakarbeiterin einen Sarg schenkt.«

Die alte Stojana nahm Branko wieder an der Hand. »Dann werden wir sie eben in ihrem Betttuch auf den Friedhof tragen.«

Als sie auf der Straße standen, hörten sie bereits die Totenglocke. »Bim, bam, bim, bam.« Jossip zog mit allen seinen Kräften an dem schweren Strang.

Es hatte sich schon herumgesprochen, dass die schöne Anka gestorben war. Vor der Türe standen einige alte Frauen; der dicke Pletnic lief, breit und aufgedunsen, aufgeregt hin und her; die große Elena war da, eine Freundin Ankas, die mit ihr die kleine Kammer bewohnte, und noch ein Dutzend andere Tabakarbeiterinnen hatten sich eingefunden.

Branko stürzte gleich auf die große Elena zu.

Elena bog ihr breites Pferdegesicht zu ihm, nahm seinen Kopf in ihre derben Hände, strich ihm über das Haar und sagte: »Armer Junge«, aber gleich darauf wandte sie sich an die alte Stojana: »Wart Ihr schon beim Pfarrer?«

Die alte Stojana nickte. »Wir kommen gerade von ihm. Hört Ihr es nicht? Jossip läutet schon die Glocke.«

»Und wann ist das Begräbnis?«

»Übermorgen um zwei.«

Auch die andern Tabakarbeiterinnen umringten die alte Stojana. »Das passt gut. Da können wir alle mitkommen.«

Die Alte betrachtete die bunten, herausgeputzten Mädchen eine Weile, dann sagte sie: »Wir können sie aber nicht so auf den Friedhof tragen.«

Die Mädchen sahen die Alte erstaunt an. »Wie meint Ihr das, Mutter?«

»Es ist kein Geld für den Sarg da.«

Elena strich sich über das mächtige Kinn. »Wisst Ihr’s genau?«

»Nicht ein Dinar.«

»Was machen wir da?«

Die Alte sah sich um. »Wir wollen einmal Pletnic fragen.« Der dicke Pletnic, der dem Gespräch interessiert zugehört hatte, zog seine Hände erschrocken aus den Taschen seines großen Rockes. »Mich, mich!«, rief er. »Bin ich etwa schuld, dass sie gestorben ist? Zwei Monate Miete ist sie mir auch noch schuldig.« Die alte Stojana betrachtete den unförmigen Mann, der in seinen Kleidern wie in einem Sack steckte, eine Weile. »Du hast doch immer gesagt: ›Für Anka tue ich alles.‹«

»Ja«, bestätigte Pletnic und rieb sich verlegen das Gesicht. »Solange sie mir nicht auf der Tasche lag.«

Die große Elena fuhr Pletnic über den Mund. »So, so, dann hört deine Freundschaft auf. Nun, wir werden das Geld auch ohne dich zusammenbringen.«

»Da hast du fünf Dinar«, sagte eine andere. »Lass den Geizhals auf seinem Gold sitzen.«

»Wer hat gesagt, dass ich gar nichts geben will? Etwas gebe ich gern.« Pletnic nestelte an seinem Geldbeutel.

Als sie alles Geld zusammenschütteten, hatten sie siebenundneunzig Dinar.

»Ob das für einen Sarg langt?«, fragte Elena kläglich.

»Geh zu Pacic«, meinte die alte Stojana.

»Warum gerade zu dem Hungerleider?«, wollte Pletnic wissen.

»Der ist genauso arm, wie Anka war, und arme Leute haben eher ein Herz als reiche.«

Branko war inzwischen wieder in die Kammer gegangen. Der kleine Raum war voll von Menschen. Ein paar ältere Frauen, die Branko gar nicht kannte, saßen an dem winzigen Tisch und auf Elenas Bett und beteten. Auf dem Spirituskocher dampfte Wasser. Mutter Stojana schüttete Kaffee hinein und reichte ihn herum. Nach einer halben Stunde schob sich Doktor Skalec durch die Tür. Er war ein schwerer Mann mit einem breiten Gesicht, dicken Backen und großen Froschaugen. Er trug wie immer seine weiße Weste, an der ihn alle erkannten, und kaute Kandis.

»Was höre ich«, sagte er. »Anka ist tot?«

Die alte Stojana nickte, und die Frauen beteten leiser.

Der Doktor trat an das Bett, fasste nach Ankas Hand und sah ihr ins Gesicht.

»Ja, ja«, murmelte er. »Tabakstaub und eine kaputte Lunge, das verträgt niemand lange.«

Da stolperte auch schon der dürre Pacic mit seinen schweren Holzschuhen ins Zimmer. »Ich soll hier Maß nehmen«, stotterte er und brachte einen Zollstock aus der Tasche.

»Viel wird da nicht mehr zu nehmen sein«, meinte der Doktor. »Ich glaube, sie wiegt nur achtzig Pfund.«

Etwas später kamen wie ein Vogelschwarm neue Mädchen aus der Tabakfabrik.

Branko kannte die meisten. Sie brachten Blumen mit. Kleine, ärmliche Sträuße. Aber es waren alles Blumen, die Anka gerngehabt hatte, Rosen, Lilien, Jasminblüten, Zinnien und Mohn. Der Knabe saß in der äußersten Ecke der Kammer und sah alles wie in einem Nebel. Er konnte noch immer nicht glauben, dass die Mutter tot war. Aber da lag sie, wenige Meter von ihm entfernt, und ihr schmales Gesicht verschwand beinahe unter den Blumen. Am Abend gingen die Mädchen, und nur die alten Frauen blieben da. Auch Elena hängte ihr Tuch um und ging. »Ich kann heute doch nicht hier schlafen«, sagte sie und wickelte sich noch fester in das Tuch.

Sie war schon eine Weile fort, da kam sie noch einmal zurück. »Hat niemand Branko gesehen?«, fragte sie.

Die alten Frauen drehten sich um. Da saß er. »Komm!«, rief sie. »Du musst auch irgendwo schlafen.«

Sie gingen in Pletnics Café.

Pletnic stand breit und massig hinter seinem Schanktisch. Außer ihm waren noch der alte Jossip und ein junger Fischer da.

Branko kannte den stämmigen jungen Mann, auf dessen Brust lustige bunte Figuren tätowiert waren. Er hieß Rista, und die große Elena war seine Braut.

Elena schob Branko vor den Schanktisch. »Der Junge kann heute nicht bei der Toten schlafen. Steckt ihn in eine Eurer Kammern.«

Pletnic kratzte sich erst und verzog seinen Mund. »Ich«, knurrte er, »immer nur ich.«

Rista lachte. »Knurrt nicht. Ihr habt doch sicher eine frei, und Eure Wanzen freuen sich, wenn sie wieder etwas zu fressen haben.«

»Ich, Wanzen!« Pletnic wurde böse, aber dann packte er Branko an der Schulter. »Na, meinetwegen, bleib.«

Er brachte ihn auf den Speicher, wo Pletnic sonst seine Kellner schlafen ließ.

Der dicke Mann schloss eine Kammer auf und schob Branko hinein. Er zeigte auf eine Matratze, die in einer Ecke lag. »Da kannst du dich hinlegen.«

Branko legte sich auch gleich nieder und schlief ein, und es war ziemlich spät am andern Morgen, als er durch ein Schütteln wieder wach wurde.

Es war die alte Pletnic, die ihn an der Schulter gepackt hatte. »Komm«, sagte sie, »wenn du deine Mutter noch einmal sehen willst. Gleich legen sie sie in den Sarg.«

Branko wusste einen Augenblick nicht, was geschehen war. »Wen?«, fragte er.

»Dummer Junge«, krächzte die dürre Frau, »deine Mutter.«

Branko stöhnte auf. Ach ja, das hatte er in der Nacht wieder vergessen, seine Mutter war gestorben und sollte begraben werden. Die Mutter lag schon zwischen den schwarzen Brettern. Ihr Gesicht schien nicht mehr so durchsichtig wie all die Tage vorher. Ein helles Rot lag auf ihren Wangen, und sie sah dadurch voller, ja beinahe lebendig aus.

Pacic hatte seinen Gesellen mitgebracht, der genauso mager wie der Tischler schien. Sie hoben gerade den Deckel über Ankas Gesicht.

»Aber sie lebt ja wieder!«, schrie Branko und stieß die Männer zur Seite.

Die alte Stojana packte ihn fest an den Händen, schüttelte den Kopf und sagte: »Das Rot haben ihr die Mädchen auf die Backen gemalt. Sie wollten, dass sie so schön in den Himmel kommt, wie sie auf der Erde war.«

Da lag der Deckel auch bereits über der Mutter. Pacic und sein Geselle schlugen die Nägel hinein und brachten den Sarg in die Kirche.

Die alte Stojana räumte nun auf, spülte die Tassen, kehrte den Boden, brachte die Lagerstatt wieder in Ordnung und Branko half ihr.

Am Mittag kam Elena mit allerlei Tüten und kochte eine Suppe, auch am Abend kochte sie eine, dann brachte sie Branko ins Bett. Heute durfte er wieder in der Kammer schlafen.

»Fürchtest du dich?«, fragte sie ihn, als sie die Decke über ihn legte. Branko schüttelte den Kopf. Er fürchtete sich nicht. Am nächsten Morgen sorgte die alte Stojana für ihn. Sie wusch sein Gesicht, auch Arme und Beine. »Komm«, sagte sie, als es Mittag schlug, »du musst mit.«

Elena und ihre Freundinnen hatten sich schon eingefunden. Sie warteten vor dem Haus.

Elena sah Branko an. Sie zeigte auf sein zerschlissenes Hemd und seine geflickte Hose. »So können wir dich nicht mitnehmen.«

Die alte Stojana hob die Hände. »Ich habe alles durchgesehen. Er hat nichts anderes.«

Da sie sich nicht zu helfen wussten, gingen sie wieder zum alten Pletnic. Elena stellte den Jungen vor ihn hin. »So kann der Junge nicht mit in die Kirche.«

Pletnic nahm eine Prise, drehte Branko zweimal um sich selber, schob seine Lippen vor und meinte: »Das kann er tatsächlich nicht.« Und nach einer Pause, in der er mehrere Male nieste: »Dann muss er eben zu Hause bleiben.«

»Du Bestie«, sagte Elena und zeigte ihr Pferdegebiss. »Du kommst sicher einmal in die Hölle.«

»Ja«, riefen die anderen, »und ins Fegefeuer!«

Pletnic lachte schmerzlich auf. »Ich bin ja schon drin. Ich bin ja schon drin. Und die Teufel sitzen auf mir und zwicken mich. Aber was wollt ihr eigentlich von mir?«

»Der Bub muss wenigstens eine anständige Hose haben.«

Pletnic sah Branko wieder an. »Ein Hemd wäre nötiger.«

Seine Frau, die neben dem dicken Mann noch dürrer als sonst aussah und ein Gesicht wie eine vertrocknete Birne hatte, meinte: »Auch eine Jacke.«

»Habt Ihr gar nichts?«, fragte Elena dringender.

Pletnic nahm wieder eine Prise. »Wir können ja einmal nachsehen.«

Das Hemd, das Branko bekam, hatte ein Gast anstelle der Bezahlung dagelassen.

Jacke und Hose waren von Pletnic selber.

Es war sein Firmungsanzug. Er hatte ihn aufgehoben.

»Dass du mir die Sachen gleich nach dem Begräbnis wiederbringst!«, sagte er noch und drohte mit dem Finger.

Sie mussten sich beeilen. Als sie an die Kirche kamen, schwenkte der Zug mit der Mutter schon aus dem hohen Portal heraus. Elena drängte Branko mit der alten Stojana zwischen den Sarg und den Pfarrer, sie selber ging nach hinten zu den Tabakarbeiterinnen.

Die alte Stojana fasste nach Brankos Hand. Branko machte sich aber wieder los. Nein, er war stark genug. Er brauchte keine Hand. Er konnte allein hinter dem Sarg seiner Mutter gehen.

»Bim, bam, bim, bam«, schwangen im Augenblick die Glocken über die weißlichen Häuser und Dächer der Stadt.

»Bim, bam, bim, bam.« Die eine Glocke schwang einen Ton tiefer als die andere. Er kam wie aus einem Loch und der andere jagte, als müsse er ihn einholen, dem ersten nach.

Es war leer in den Straßen; die Sonne lag wie ein glühendes Feuer über der Stadt und hatte alle Menschen vertrieben. Auf dem großen Markt standen nur einige Maultiere, und ein Hund irrte über den Platz.

»Bim, bam, bim, bam.« Das Läuten der Glocken trieb doch ein paar Menschen aus den Häusern.

Der dicke Curcin, die weißen Ärmel hochgestreift, um die Beine eine schlampige, graue Hose, über dem runden, gutmütigen Gesicht eine kleine Kappe, trat aus seiner Bäckerei.

Er legte die Hand vor die Augen und sah zum Turm der Kirche des heiligen Franziskus hinauf, wo die Glocken wie kleine Birnen hin- und hersprangen.

Der winzige Brozovic, die Daumen in den Westenausschnitten, steckte sein spitzes Gesicht aus seinem Gemischtwarenladen und starrte auch nach oben.

»Wer ist wohl gestorben?« Curcin rückte sein Käppchen nach hinten.

Brozovic machte ein unwissendes Gesicht. Im gleichen Augenblick stieß er sein Gesicht wieder vor, dass es so spitz wie eine Hechtschnauze wurde. Man hörte Schritte. Curcin hatte sie auch gehört. Einige Sekunden später kam der Gendarm Begovic aus einer der kleinen Gassen, die schmal und hoch, wie ein Gewirr von Kanälen, die Stadt Senj durchzogen.

Curcin und Brozovic sahen zuerst seine mächtigen Beine, die er immer vor sich herschob, als wären sie zu schwer für ihn. Dann kam der breite Gürtel, an dem der Revolver hing, zwischendurch baumelten seine Hände hin und her. In der Rechten hielt er den dicken Gummiknüppel, der prall und schwarz wie eine überräucherte Wurst war. Danach kam die speckige Jacke, auf der jeder sehen konnte, was Begovic gegessen hatte. Oben war sie offen, und man blickte auf seine braune, behaarte Brust wie in einen Urwald.

Erst wenn man das alles gesehen hatte, kam Begovics Gesicht. Es war rund und so rot wie eine Tomate. Die Nase war platt gedrückt, als hätte sie jemand eingeschlagen. Darunter hing nach beiden Seiten ein schwarzer Schnauz. Sonst war wenig in dem breiten Gesicht zu sehen. Die Augen lagen ganz versteckt hinter buschigen Brauen, um die Ohren schossen die Borsten in die Höhe wie bei einem Uhu, außerdem wischte sich Begovic gerade mit seinen Wurstfingern den Schweiß ab, der in kleinen, grauen Bächen unter der braunen, steifen Mütze über die Stirn lief.

Curcin trat vor. »Wer ist gestorben, Begovic?«

Begovic blieb stehen und sah sich den Mann an, der es wagte, ihn anzusprechen. Der Bäcker war es. Nun, dem konnte man antworten. Er ließ den Gummiknüppel nach unten baumeln. »Die schöne Anka. Die Frau vom Babitsch. Eine Tabakarbeiterin«, knurrte er.

»Von Milan Babitsch?«

Begovic nickte. »Von dem. Gleich kommen sie.«

Man hörte sie schon. Den leisen Singsang von einigen hohen Stimmen und dazwischen eine tiefe Stimme, wohl die Stimme des Pfarrers. Darüber schwangen noch immer die Töne der beiden Glocken. Die kleinere hatte die größere beinahe eingeholt. Die Schläge folgten immer dichter aufeinander.

»Eine Tabakarbeiterin.« Brozovic, der die Antwort auch hörte, trat wieder in seinen Laden. Wegen einer Tabakarbeiterin wollte er sich nicht länger in die glühende Sonne stellen.

Da bog der Zug aus der Gasse, aus der Begovic gekommen war, heraus. Es war wohl der ärmlichste Leichenzug, den das alte Senj je gesehen hatte.

An der Spitze ging ein Knabe, einen weißen Kittel über der schwarzen Hose, mit dem Totenbanner, auf dem der heilige Georg einen Drachen tötete. Hinter ihm kamen die vier Männer, die den Sarg trugen.

Der Bäcker kannte sie alle, wie man hier jeden kannte. Der Erste war der alte Gorian, ein Fischer, der ein kleines Haus in einer Bucht etwas abseits von Senj hatte. Sein von einem Kranz grauer Haare umrahmtes Gesicht war streng, aber nicht unsympathisch. Neben ihm ging der junge Rista in seinem Fischeranzug, einer blauen Hose, einer ebenso gefärbten Jacke, und seine Füße staken in hohen Stiefeln. Der Dritte und Vierte waren der dürre Pacic und sein Geselle. Sie glichen einander wie Brüder. Pacics Hose war so kurz, dass man seine nackten Beine sah, die auch heute ohne Strümpfe in schweren Holzschuhen staken. Der Geselle schien noch magerer als sein Meister. Er zog das rechte Bein nach. Es war länger als das linke.

Über den vieren, direkt auf ihren Schultern, schwebte der Sarg. Er sah aus wie ein geschwärzter Balken, und es lag nicht einmal eine Decke oder ein Kranz auf den schweren Brettern.

Gleich nach dem Sarg kam Hochwürden Lasinovic. Das schwere, bestickte Gewand, das er heute trug, hing steif wie eine große, goldene Glocke unter seinem rundlichen Gesicht. Er ging langsam und gemessen und sang die Litanei so laut und wohltönend, dass alle sie verstehen konnten.

Nach ihm kamen Branko, die alte Stojana und der alte Jossip. Die beiden Alten hatten den Knaben in ihre Mitte genommen.

Stojana trug einen langen, faltigen Rock und eine dunkle Bluse, und ihr einziger Schmuck war das lange, weiße Haar, das bis auf ihre Schultern fiel. Jossip trug seinen Mesnerrock. Er ging recht langsam, und sein langer Bart zitterte, so strengte ihn das Gehen in der heißen Sonne an.

Curcin kannte Branko auch. Das war doch einer der Buben, die immer durch die Gassen tobten und vor dem man gleich wie vor vielen anderen seine Brote schützen musste. Der Junge trug sonst ein zerschlissenes Hemd und eine zerschlissene Hose; heute sah er so komisch aus, dass Curcin ein Lachen unterdrücken musste. Brankos schmales, jungenhaftes Gesicht war von dem übergroßen, gelben Hemdkragen umrahmt, darunter hing Pletnics schwarze Jacke, deren Schöße bis zu seinen Knien und deren Ärmel sogar über die Fingerspitzen gingen. Unter ihr sah, genauso groß, Pletnics Hose hervor, die Pletnics Frau mit zwei Sicherheitsnadeln hochgesteckt hatte.

Die beiden Gymnasiasten, die hinter Brozovic standen, den die Neugier doch wieder aus seinem Laden getrieben hatte, lachten auch, als sie Branko sahen, aber der große Junge, der ihnen sonst mit einem wütenden Blick oder mit seinen Fäusten gedroht hätte, hörte ihr Lachen gar nicht, sondern sah wie versteinert vor sich hin.

Begovic hatte sich ein paar Meter weiter oben aufgestellt, wo die kleine Gasse auf den Fischmarkt mündete. Er stand da, als stünden Hunderte hinter ihm, die er zurückhalten müsste. Er hatte dazu sein Begräbnisgesicht aufgesetzt. Die Augen waren groß, geradeaus gerichtet, der Schnurrbart glatt gestrichen und stach in zwei Nadelspitzen nach links und rechts. Die Mütze hatte er nach hinten geschoben, und der Arm mit dem Gummiknüppel hing steif nach unten.

Branko und Begovic wechselten keinen Blick, obwohl die beiden sonst immer einander ansahen. Branko mit einer gewissen listigen, spitzbübischen Überlegenheit, Begovic mit leichtem Zorn im Gesicht, wobei er seinen Knüppel schwang.

Branko sah und hörte nicht einmal die Mädchen, die in breiten Reihen hinter ihm gingen. Es waren alles Tabakarbeiterinnen und Freundinnen seiner Mutter. Sie hatten noch ihre hellen, meistens mit Blumen bedruckten Kleider an und nur zum Zeichen der Trauer einen schwarzen Schleier darüber gebunden, der bis zu den Füßen hinunterreichte. Es waren hübsche Mädchen mit braunen oder roten und meist rundlichen Gesichtern. Einige weinten, die andern stießen sich an oder flüsterten miteinander.

Nein, Branko sah und hörte nichts. Sein Gesicht war verhangen, und seine Augen, groß und weit geöffnet, blickten starr auf den schwarzen Sarg und manchmal auf die breiten Rücken der Männer, die ihn trugen. Dabei dachte er immer nur darüber nach, wie es kam, dass er jetzt hinter einem Sarg ging, in dem seine Mutter liegen sollte.

Der Zug überquerte den großen Hafenplatz. Rechts stand die Bude Radics, des Fischhändlers, der am Morgen und am Abend hier Fische verkaufte, aber jetzt, gegen Mittag, war der Stand leer.

Branko spürte eine Schwäche in den Knien, die gleiche, die vorgestern über ihn gekommen war, als er am Lager seiner Mutter niedersank, und er hätte sich am liebsten auf das Pflaster geworfen. Wie damals liefen ihm wieder die Tränen über das Gesicht.

Die alte Stojana, die groß und gespenstisch neben ihm ging, griff diesmal fester nach seiner Hand, packte sie derb über dem Gelenk und drückte sie.

So hatte sie ihn auch vorgestern angefasst. Hatte er dabei nicht gelobt, so tapfer wie seine Mutter zu sein? Branko unterdrückte sein Schluchzen. Im selben Augenblick wurden seine Knie wieder fester.

Der Zug bog vom Wasser ab. Der Weg stieg leicht zum Friedhof hinauf. Branko hörte, wie der alte Gorian stöhnte, auch Pacic schnaufte und wischte sich den Schweiß von Stirn und Nacken. Vor dem Friedhof war ein kleiner Platz. Es war heiß hier oben wie in einem Backofen. Die Luft war dick und staubig. Man konnte sie beinahe greifen, und sie legte sich wie eine Last auf Schultern und Rücken.

Hochwürden Lasinovic machte eine Pause in der Litanei, die Mädchen schwiegen und fuhren mit ihren Tüchern über die geschminkten Gesichter, nur der alten Stojana war keine Müdigkeit anzumerken.

Das Tor war offen, und sie traten ein.

»Dahinten«, sagte ein Mann, der einen Spaten in der Hand trug. »Wir haben sie in die Nähe der Mauer gelegt.«

Die Hitze war auf dem Friedhof noch drückender, und die Männer beeilten sich. Sie stellten den Sarg auf einen schmalen Steintisch. Der Pfarrer segnete ihn ein. Dann wurde der Sarg wieder in die Höhe gestemmt, und die Träger brachten ihn dorthin, wo der Mann mit dem Spaten die Grube ausgehoben hatte.

Es war der äußerste Winkel des kleinen Friedhofes. Thymian blühte überall. Eidechsen huschten fort, zwei schöne Schmetterlinge spielten miteinander, aber Branko sah auch das kaum.

Der alte Gorian und Pacic, Rista und der Geselle des Tischlers nahmen den Sarg vorsichtig wieder herunter. Der Mann mit dem Spaten legte zwei Stricke darum, den einen um das Kopfende, den anderen um das Fußende des Sarges, und langsam sank die schöne Anka in die Grube.

Als der Sarg unten aufstieß – Branko spürte es wie einen Schlag – , traten die Mädchen an die Grube und warfen Blumen und Erde hinab. Auch der Pfarrer grüßte noch einmal hinunter, dann ging er mit Jossip und dem alten Gorian wieder fort.

Alle verließen den Friedhof. Die Mädchen banden sich vor dem Tor die Schleier ab, wischten sich die Tränen vom Gesicht und steckten die Nasen in ihre Puderdosen. Auch Elena, Rista, Pacic und sein Geselle gingen. Nur die alte Stojana war noch da und Branko.

Branko, der während der ganzen Zeit seine Tränen tapfer unterdrückt hatte, sah und hörte noch immer nichts und wollte auch nichts hören. Erst als die schweren Schollen auf den Sarg polterten, kam er etwas zu sich. Jetzt lag seine Mutter also da unten in der Grube. Er fühlte, wie das Weinen erneut aus seinem Herzen in die Augen stieg, und schon schluchzte er wieder.

Die alte Stojana fasste nach seiner Hand. »Komm«, sagte sie, »wir sind die Letzten.«

Am Tor bog die Alte in die Straße zur Stadt ein. Branko blieb aber stehen. Er wollte jetzt nicht in die Stadt. »Ich gehe ans Meer«, sagte er.

Mutter Stojana legte ihre Hand vor die Augen und sah ihm nach. »Komm aber dann zum alten Pletnic«, schrie sie hinter ihm her. »Er will seinen Anzug wiederhaben.«

Der Knabe nickte. Einen Augenblick später war er hinter der Friedhofsmauer verschwunden.

Branko lief über einen winzigen, steinigen, eingezäunten Acker, auf dem Weizen und duftender Lavendel standen, kletterte durch eine Dornhecke und gelangte auf die breite, tief ausgefahrene, staubige Straße, die von Senj in vielen Windungen die Küste entlang bis nach Fiume führt.

Er überquerte die Straße, deren Staub sich wie Mehl um seine Füße legte, sprang noch hundert Meter weiter und stand auf einer Klippe am Meer.

Es war ein hoher, von Ginster und Wacholderbüschen bewachsener Felsen, der zwischen großen Feigenbäumen aufragte. Von dem ausgewaschenen Stein ging es unmittelbar ins Wasser. Man konnte bis auf den Grund sehen, so klar und hell war das Meer hier. Branko setzte sich auf den Stein, schlug die Beine übereinander, stützte den Kopf in die Hände und blickte über das Wasser.

Rechts lag die Insel Krk. Von dieser Seite war die Insel ein felsiger, lang ausgestreckter, unbewachsener Steinhaufen, der von Senj bis hinauf nach Fiume reichte. Vom Meer her ein liebliches Eiland mit vielen kleinen Dörfern, Oliven-, Pfirsich- und Aprikosenbäumen, Fischerhütten, Villen und einem herrlichen Strand.

Links lag die Insel Rab, grauer, kleiner und unscheinbarer als die Insel Krk, und dazwischen war das Meer. Ein leichter Wind erhob sich. Er kam von den Inseln und kräuselte die blaue Fläche, dass sie auf einmal Hunderte von kleinen, weißen Schaumkronen bekam. Ein Seeadler flog über das Meer. Er stieß auf das Wasser herab, und gleich danach schraubte er sich wieder in die Höhe. Dann blieb er wie ein großer, aufgespannter Schmetterling in der Himmelsbläue stehen.

Branko blickte zu ihm hinauf. Wie allein der Vogel da oben stand! Genauso allein wie er. Und auf einmal kamen ihm wieder die Tränen.

Ja, Branko hatte zurzeit nicht einmal einen Vater.

Es dauerte oft ein oder zwei Jahre, bis man den großen, schlanken Milan mit seinem lohenden, schwarzen Haarschopf und seinen blitzenden Augen wieder am Hafen auftauchen sah. Er kam gewöhnlich mit dem Schiff, er war aber auch schon zu Fuß die alte Straße von Fiume oder die Allee, die sich in Serpentinen von den Bergen schlängelte, gekommen. Aber selbst wenn er auftauchte, kam er nicht für lange.

Vom Meer wehte ein heftiger Wind und traf den weinenden Jungen. Branko unterbrach sein Schluchzen, fuhr sich mit der Hand über das verweinte Gesicht und überlegte.

Er hatte seinen Vater nur fünfmal gesehen. Das erste Mal, als er zwei Jahre alt war, dann mit drei, mit sechs, mit neun Jahren, und das letzte Mal war er gerade zu seinem Geburtstag gekommen.

Milan Babitsch trat immer zuerst in das kleine Café des dicken Pletnic, spielte ein Lied und ließ sich einen Roten geben.

»Der Milan ist wieder da! Der Milan ist wieder da! Er spielt beim dicken Pletnic die Geige!«, verbreitete es sich dann wie ein Lauffeuer in der ganzen Stadt.

Curcin ließ seinen Teig stehen und kam angelaufen, Brozovic entschuldigte sich bei seinen Käufern, um Milan zu hören, der Schuster warf den Stiefel, an dem er gerade hämmerte, in die Ecke und rannte zu Pletnic. Tomislav, der Schmied, kam mit seinen Gesellen, der alte Jossip blieb vor der Tür stehen, auch der Pfarrer oder Doktor Skalec, wenn sie gerade vorübergingen, und alle hörten Milan zu.

Die Kaufleute erzählten es ihren Kunden, die Marktfrauen den Mägden, und bevor es noch von allen Kirchen Mittag läutete, wusste man es auch in der Tabakfabrik, dass Milan wieder da war, und erzählte es der schönen Anka.

Die Mutter schob den feingeschnittenen Tabak, der in großen Bergen vor ihr lag, auf die Seite, warf ihren Arbeitskittel ab, riss ein paar Rosen von einem Zaun und suchte Milan. Nein – auf Brankos Gesicht erschien trotz der Tränen ein Lächeln –, zuerst suchte sie ihn.

Branko entsann sich sehr genau, seine Mutter zog ihn aus dem Winkel, in dem er gerade spielte, rieb ihm das Gesicht, den Hals und die Hände sauber, dann bekam er ein Hemd übergezogen, und nun suchten sie beide den Vater.

Milan war aber längst nicht mehr bei Pletnic. Er spielte sich durch die Straßen von Senj, fiedelte im Hotel »Adria« Marculin etwas vor, im Kaffeehaus »Nehaj« den Gästen, dem Bürgermeister, Doktor Ivekovic, im Hotel »Zagreb« der Witwe oder in einer der winzigen Weinstuben hinter der Kathedrale den Bauern und Holzarbeitern. Jedem musste er etwas vorspielen, jeder trank danach mit ihm ein Glas Wein oder einen Schnaps und hieß ihn wie einen verlorenen Sohn herzlich willkommen.

»Milan!«, rief die Mutter, wenn sie ihn endlich fand.

»Anka!«, antwortete der Vater und nahm sie in seine großen, starken Arme, in denen die kleine Anka beinahe verschwand.

Nun wurde Branko gezeigt und bewundert.

»So«, sagte der Vater, »du bist Branko. Ein ordentlicher Kerl wird er. Die Haare, die Hände, die Augen, ganz wie ich, ganz wie ich.« Er riss ihn hoch und küsste ihn auf Mund und Backen.

Branko ängstigte dieser große, schwarzbärtige Mann immer erst, wenn er, von ihm hochgehoben, in der Luft schwebte. Das erste Mal hatte er auch geweint, aber der Vater fuhr ihm mit dem stachligen Bart ins Gesicht, kitzelte ihn, lachte ihn an und Branko musste mitlachen.

Das letzte Mal hatte er ihn gefragt: »Kannst du schon eine Geige halten?«, und ihm die seine vorsichtig in die Hände gedrückt.

Halten konnte er sie, auch an den dünnen Saiten zupfen oder mit dem Bogen darüberfahren, aber sonst konnte er noch nichts.

»Das andere wirst du schon noch lernen«, tröstete ihn der Vater. »Komm jetzt.«

Sie gingen alle drei in ein Café, und Branko bekam süßen, öligen Wein, klebriges Sirupgebäck, zuckrige Kugeln und hie und da wieder einen Kuss. Dann gingen sie zu Brozovic, und der fuchsige, kleine Mann, der sonst Branko nicht sehen konnte, ohne hinter ihm herzuschimpfen, dienerte vor Milan, und Branko durfte sein altes Hemd vom Leibe reißen und bekam ein neues, und seine dreckige, zu eng gewordene Hose durfte er ausziehen, und Brozovic suchte eine größere und schönere aus, das letzte Mal bekam er auch eine bunte Kappe, ein Messer und einen Gürtel.

Branko wusste für ein paar Stunden, wie schön es war, einen Vater zu haben, noch dazu einen Vater, den alle bewunderten und der mit jedem ein Glas Wein trinken musste.

Länger als ein paar Stunden dauerte aber die Freude nicht, und bald sah Branko auch seine Mutter nicht mehr. Sie war weder in der Tabakfabrik noch bei der Freundin. Nein, wo er auch suchte und nach ihr fragte, sie war verschwunden, als hätte sie der Wind verweht.

Für ein paar Wochen war sie mit dem Vater unterwegs und teilte sein unbekümmertes, freies Leben. Der Vater spielte in einem Café oder in einer Tanzdiele und dann wanderten sie weiter, schliefen in den Büschen, nährten sich von dem, was sie fanden oder was man ihnen schenkte, und badeten im Meer.

Branko suchte nie lange nach seiner Mutter. Er vergaß auch, dass er eine Mutter hatte, ging wieder zu seinen Freunden, prahlte mit seinen neuen Sachen und mit dem, was ihm sein Vater geschenkt hatte.

Anstatt der Mutter gab ihm Elena ein Stück Brot, getrockneten Fisch oder einen Teller Suppe, und wenn er noch hungerte, fand sich immer etwas in Senj, was sich essen ließ, eine Gurke, Tomaten, ein Apfel. Man durfte sich nur nicht von Begovic erwischen lassen.

Das letzte Mal war die Mutter sehr müde zurückgekommen, sah blass aus und hustete.

Elena fragte: »Was hast du, Anka?«

Sie lachte. »Ach, nichts. Es war kalt unter den Bäumen. Das vergeht wieder.«

Es ging nicht vorbei. Der spaßige Doktor Skalec, der immer Kandis kaute, spitzte die Lippen und machte ein bedenkliches Gesicht. Die Mutter durfte nicht mehr in die Tabakfabrik gehen und musste im Bett bleiben.

Auch im Bett wurde es nicht besser. Die Mutter hustete immer mehr, und eines Tages hustete sie Blut.

Nun war sie tot und lag auf dem kleinen Friedhof in dem schwarzen Sarg. Die Mädchen hatten Erde auf sie geworfen, und der Vater wusste nichts davon.

Wo er wohl war?

Wahrscheinlich fiedelte er irgendwo in der Welt, lachte und war fröhlich und ahnte nicht einmal, dass Anka gestorben war und Branko allein auf dem Felsen am Meer saß.

Der Knabe schlug die Hände vor die Augen, warf sich auf den weißen Stein und weinte.

Da sah er auf einmal seinen Vater, er hörte auch seine Geige, hörte jeden Ton. War das nicht auch seine Mutter, die hinter ihm herschritt? Natürlich war sie es. Sie ging schnell und immer schneller. Sie holte den Vater ein, schlang die Hände um seinen Hals und nun gingen sie gemeinsam durch den Tag.

Sie wanderten durch ein breites Tal. Die Mandelbäume blühten, und es roch nach Thymian und Lavendel. Branko blickte ihnen nach. Die Mutter streckte ihre Hände in die Höhe, wie sie es manchmal tat, wenn sie besonders glücklich war, und der Vater spielte Brankos Lieblingsmarsch.

Branko freute sich. Aller Schmerz und alle Traurigkeit fielen von ihm ab. Die Mutter sah auch nicht mehr krank aus, sie war ganz die schöne Anka, die er liebte, die alle liebten, und nicht die weiße, blasse, die ihn zum Weinen brachte.

Den Knaben fröstelte. Er fuhr sich über die Augen. Hatte er geschlafen? War alles nur ein Traum gewesen? Er setzte sich auf und sah über das Wasser. Es war inzwischen dunkler geworden. Die Wellen hatten eine grünlich schwarze Farbe bekommen. Tief im Süden waren sie rot, denn der Schein der Sonne, die eben hinter den Bergen verschwand, lag noch wie eine leichte Feuersglut über den Schaumkronen. Branko hatte das noch nie gesehen. Das Wasser brannte.

Ein Schiff kam näher. Es sah aus wie ein riesiger Fisch, der mit seinen großen, leuchtenden Augen aus der glühenden Tiefe gestiegen war und nun langsam und vorsichtig über das brennende Wasser schwamm.

Branko fröstelte stärker. Es war die Bora, ein kalter, harter, trockener und böser Wind, der oft wie ein Sturm über das Land brauste, alles ausdörrte, die Blumen und die Bäume knickte und vor dem sich alle fürchteten, die Bauern, die Holzarbeiter und die Fischer. Er sprang auf. Er hatte auch der alten Stojana versprochen, noch einmal zu dem dicken Pletnic zu kommen. Ja, er musste Abschied nehmen von seiner Klippe, vom Meer, vom Gesicht seiner Mutter und von der Gestalt des Vaters.

Er ging wieder an dem kleinen Friedhof vorbei. Einige Kreuze ragten über die Mauer, auch eine Madonna, aber er ging nicht noch einmal hinein. Nein, er hatte da nichts mehr zu suchen. In der dunklen Grube zwischen den schwarzen Brettern lag seine Mutter nicht. Sie hatte es einfach in der kleinen Kammer nicht mehr ausgehalten, war ihrem Milan entgegengegangen und wanderte noch immer irgendwo mit ihm durch die Welt.

Diesmal kam er von den Feldern in die Stadt, tauchte an der alten Stadtmauer durch eine enge Pforte in die Gassen hinein, die hier noch schmaler waren als unten am Wasser, und einen Augenblick später war er an der Kirche des heiligen Franziskus. Ein paar Schritte weiter lag Pletnics Café.

In dem langen, schmalen und nicht sehr hohen Raum brannte eine helle Lampe. Branko trat ein.

Pletnic schlürfte einen Schnaps, auch seine Frau trank einen. Der alte Jossip und zwei andere alte Leute waren da, und hinter ihnen an der kalkigen, feuchten Wand hockten die alte Stojana und Elena an einem Tisch.

»Guten Abend«, grüßte Branko.

»Da ist er ja, der Ausreißer. Ist die Jacke noch ganz?« Pletnic trat hinter seinem Schanktisch hervor, zog die Jacke Branko über die Schulter und hielt sie gegen das Licht.

»Ich habe nichts damit gemacht«, antwortete Branko.

»Das wollte ich dir auch nicht geraten haben. Ich habe sie fünfzig Jahre gehütet wie meinen Augapfel.«

»Wo bleibt der Junge nur?«, fragte der alte Jossip.

Pletnic sah auf. Er spürte wohl, dass die Frage an ihn gerichtet war.

»Weiß ich es?«, brummte er.

»He«, der Mesner strich sich über den Bart. »Er hatte doch bis heute ein Bett bei seiner Mutter.«

Pletnic machte einen Buckel wie ein Kater. »Bis heute, aber von heute an nicht mehr. Die Anka ist mir sowieso zwei Monate für sich und ihn die Miete schuldig geblieben.«

»Das Bett ist aber doch sicher noch frei?«, fragte der Mesner hartnäckig weiter.

»Schon heute Nachmittag war es wieder besetzt«, maulte der Dicke. »Eine Freundin von Elena ist eingezogen.«

Elena bestätigte es: »Ich habe sie mit hineingenommen. Ich habe sonst Angst in der Kammer.«

»Der Junge muss aber doch irgendwo wohnen?« Der alte Jossip nippte an seinem Glas.

Es blieb eine Weile still in dem kleinen Café. Alle sahen auf Branko, und Branko sah sie an. Er hatte noch gar nicht daran gedacht, wo er heute bleiben konnte. Ja, seit Mutters Fortgang besaß er kein Zuhause mehr. Sein Blick blieb auf dem dicken Pletnic haften.

Pletnic krümmte sich unter diesem Blick. »Sieh mich nicht so an«, knurrte er laut. »Ich habe nichts zu verschenken.«

Dann wandte er sich an die anderen. »Soll doch dieser Filou, der Milan, für seinen Buben sorgen.«

»So«, krächzte die alte Stojana aus ihrer Ecke. »Ein Filou ist Milan plötzlich, und gestern war er noch dein bester Freund.«

»Gestern«, brummte Pletnic kurz, »hat mir auch sein Sohn noch nicht auf der Tasche gelegen.«

»Ist denn die Kammer nicht mehr frei, in der er vorgestern geschlafen hat?«, fragte Elena.

Pletnic schüttelte den Kopf. »Heute Morgen ist dort ein Holzarbeiter eingezogen.«

»Er hat doch noch eine Großmutter«, meinte da die alte Frau Pletnic und schob ihren Kopf über den Schanktisch.

Pletnic knallte sich auf die schweren Schenkel. »Die alte Kata! Die alte Kata!« Er war richtig glücklich, dass seiner Frau dies eingefallen war.

»Dort wird der Junge auch nicht gerade ins Paradies kommen«, wandte Jossip ein.

»Ein Dach über dem Kopf ist besser als gar nichts.« Pletnic beugte sich über Branko. »Weißt du, wo deine Großmutter wohnt?«

Branko schüttelte den Kopf.

Pletnic erklärte es ihm. »Du musst über den Markt gehen und die Allee hinauf. Wo der zweite Weg nach links abbiegt, noch dreihundert bis vierhundert Meter, da stößt du auf ihre Hütte. Aber geh gleich, bevor es ganz dunkel wird.«

Pletnic kam nach seiner langen Rede hinter dem Schanktisch hervor, nahm Branko an der Hand, und ehe sich Branko versah, ja noch bevor er sich von Elena oder einem der anderen Gäste verabschieden konnte, hatte ihn der Dicke auf die Straße gebracht.

Pletnic gab ihm noch einen leichten Stoß. »Nun lauf«, sagte er, »damit du nicht zu spät kommst und die Alte dich noch hineinlässt.«

2 Die alte Kata und ihre Hütte

Branko spürte noch einen Augenblick das wärmende Licht der Lampen, dann schlug die Tür mit einem Knall zu. Es war schon dunkel. Von links fiel der Schein einer Laterne. Über ihm standen ein paar Sterne.

Branko trottete vorwärts. Zu der alten Kata sollte er gehen? Er hörte es Pletnic wieder sagen.

Er hatte die Alte einmal flüchtig gesehen. Groß und gespenstisch war sie unten am Hafen aufgetaucht, als er mit seiner Mutter zum Fischmarkt ging.

Anka war stehen geblieben. »Siehst du dort die große alte Frau?« Branko nickte.

»Das ist deine Großmutter.«

Seine Augen waren wie Kreise geworden. »Die sieht ja so schwarz und bös aus.«

Anka hatte ihn an sich gedrückt. »Das ist sie auch. Die Leute sagen, sie sei eine Hexe.«

Er blickte zu ihr hinauf. »Was ist das?«

»Eine, die allen anderen Schlechtes wünscht.«

»Uns auch?«

Anka hatte gelacht, es klang aber nicht so hell wie sonst. »Uns besonders.«

Zu dieser Hexe sollte er gehen. Er schlich langsam zum Quai hinunter. Hier war es heller. Alle Lampen brannten, und ein buntes Gewimmel herrschte am Wasser.

Ganz Senj drängte sich zusammen. Ein paar Holzarbeiter sprachen miteinander. Vor den kleinen Kneipen lungerten Matrosen. Bauern aus den Dörfern standen herum. Einige Fischer schoben sich durch die Menge. Gymnasiasten flanierten auf und ab. Einige Mädchen kicherten laut. Tabakarbeiterinnen zogen Arm in Arm vorüber. Bürger kamen aus den Häusern, ein paar Soldaten stellten sich auf.

Ein Pfiff ertönte. Der Postdampfer von Fiume kam. Das Fallreep wurde heruntergelassen und einige Reisende und Arbeiter bahnten sich einen Weg durch die Menge.

An der Spitze ging ein Engländer mit einer karierten Mütze. Dahinter kamen zwei Italiener, man erkannte sie an ihrem lauten Sprechen. Die Nächsten mussten Deutsche sein. Die Arbeiter waren recht zerlumpt angezogen. Über ihren zerschlissenen Hemden hingen die Jacken. Die Bauern trugen kleine, rote Kappen, von denen schwarze, schweifartige Bommeln nach unten fielen.

Die Portiers der kleinen Hotels stürzten den Reisenden entgegen, schwenkten ihre Mützen und riefen: »Hotel ›Adria‹!« – »Hotel ›Zagreb‹!« – »Hotel ›Nehaj‹!«

Branko blieb stehen. Den Portier vom Hotel »Zagreb« in seiner weißen Matrosenhose und seiner blauen Jacke kannte er. Er war ein Wiener, hieß Ringelnatz und sah aus wie ein Nussknacker.

Die Italiener gingen ins Hotel »Adria«, die Deutschen ins Hotel »Nehaj«.

Ringelnatz nahm dem Engländer die Koffer ab und stiefelte vor ihm her.

Hinter den Reisenden schloss sich die Menge wieder. Branko sah noch einmal nach dem Schiff. Das Fallreep wurde wieder eingezogen, und der kleine Dampfer schraubte sich hinüber nach der Insel Rab.

Branko drehte sich nach links und ging Ringelnatz nach.

Am Fischplatz räumten zwei Frauen die Stände zusammen. Radic, der Fischer, schleppte alles auf einen Wagen. Vor der Apotheke stand der alte Homolic, zeigte seinen Bauch und nickte allen zu, die er kannte.

Im Hotel »Adria« spielte eine Kapelle. Sie spielte laut und lärmend, und der erste Geiger warf seine Locken hin und her, als spiele er nicht mit dem Bogen, sondern mit ihnen.

Die Menschen stauten sich hier noch dichter als am Wasser. Branko sah zwei Tabakarbeiterinnen, die mit auf dem Friedhof gewesen waren. Am Mittag hatten sie noch geweint, jetzt sahen sie rot und wie Puppen aus. Ja, im weißen Licht der elektrischen Lampen glänzten ihre bemalten Gesichter, als wären sie mit Wachs überstrichen.