Markus Nägele
planlos!?
Eine kurze Geschichte meines Lebens
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Inhaltsverzeichnis
Titel
Vorwort
Wusst ich´s doch.
Ein anderer Blickwinkel.
Die Aufgabe wächst.
Herausforderungen XXL.
Alles vorbei?
Jugendarbeit.
Jeder Einzelne.
Konsequenzen tragen.
Manches braucht etwas länger.
Ausgebremst.
Was geht?
Gewissheit.
Wieder aufstehen!?
Erstkontakt.
Endgültig?
Vorbereitung.
Routinesache.
Begegnung der besonderen Art.
Am Ende...
Liebe Menschen.
Von Gefühlen überrollt.
Nach Hause.
Zurück ins Leben!?
Nicht allein!
Nochmal.
Was kommt?
Rück- und Ausblick.
Impressum neobooks
Planlos - mit diesem Wort beschreibt Markus Nägele im Rückblick auf neun Jahre seines Lebens, was ihm begegnet ist - ihm, seiner Frau Urse, seinen Kindern Philip, Marit und Chris. Sie alle haben je ihren eigenen Anteil an dieser Geschichte, in der vieles zunächst so willkürlich, vielleicht sinnlos scheinen mag. Und doch zieht sich ein roter Faden hindurch.
Wer beginnt zu lesen, erhält zunächst Einblick auch in eine spannende Phase der Jugendarbeit in der Kirchengemeinde Hessigheim, die durch die Jahrzehnte gewachsen ist.
Es ist ein Einblick aber viel weitergehend dahin, wie Gott im Leben mit ganz normalen Menschen unterwegs sein kann. Wir verstehen oft nur bruchstückhaft Gottes Gedanken. Man spürt beim Lesen, wie vieles bruchstückhaft bleiben mag – auch im Rückblick und in einem gewissen Abstand. Und doch gibt es diese Linie, dass Gott seine Leute spüren lässt: Du bist nicht allein! Du gehst nicht allein!
Und da stehen Erfahrungen, die über unser normales Denken hinaus reichen – hinein in eine unsichtbare Welt, eine Welt, die Gott vielleicht gerade denen manchmal einen Spalt öffnen mag, die an ihre eigenen Grenzen kommen.
Als einen Mann, der im wahrsten Sinne des Wortes Bäume ausreißen kann – so habe ich Markus Nägele kennen gelernt, als ich 2004 zum ersten Mal den Pfarrgarten in Hessigheim betreten habe. Was bedeutet es für einen solchen „Macher“ – wie er sich im Buch einmal selbst beschreibt, wenn er es dann aushalten muss, sich sozusagen im besten Alter zunehmend seiner Schwachheit zu stellen – an Leib und Seele!
Der Einblick, den er uns beim Lesen seiner Erfahrungen gibt, wird viele nachdenklich machen und berühren. Viele werden zweimal lesen. Er kann zum Geschenk werden für Menschen, die Markus nahe stehen und für Menschen, die ihn bisher gar nicht kennen gelernt haben.
Er mag hinführen auf das, was die Jahreslosung 2012 uns auf den Weg gibt:
„Lass dir an meiner Gnade genügen,
denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig!“
2. Korinther 12,9
Im Oktober 2011
M.W.
Es war kurz vor 18.00 Uhr, als ich meinen Van auf einem der Parkplätze vor unserem Gemeindehaus parkte. Vor ein paar Tagen war ich gefragt worden, ob ich nicht ein- bis zweimal im Monat einen Dienst im Bistro tun könnte. Das Bistro war erst im letzten Jahr im Obergeschoss des Gemeindehauses ausgebaut worden, um für die Jugendarbeit genügend Räume zu schaffen. Es bestand aus einem großen Gemeinschaftsraum, in dem ein Billardtisch, ein Airhockey und ein Tischkicker standen. Es gab quadratische Bistrotische mit blauen Stühlen und eine Chill-Ecke, die mit bequemen Sofas bestückt war. Gleich am Eingang war eine halbrunde Theke eingebaut worden, die direkt an die Küche anschloss. Der Raum selbst hatte eine wohnliche Atmosphäre, welche teilweise durch die schräg in den Raum ragenden, verkleideten Holzbalken verstärkt wurde.
Hier war ich nun, um mir von einem Mitarbeiter die verschiedenen Arbeitsabläufe erklären zu lassen: Fritteuse bedienen, Pommes machen, Kühlschrank mit Getränken auffüllen und Getränke ausschenken – dazu noch die Preisliste und wie die Kasse funktioniert.
Kurz vor Bistro-Öffnung um 18.30 Uhr wurde mir und meinem Mitarbeiter noch ans Herz gelegt, dass es auch bei unserem Thekendienst darum gehe, den Jugendlichen herzlich und offen zu begegnen. Mit einem etwas lauen Gefühl in der Magengegend blickte ich dem Verlauf des Abends entgegen. Immerhin war ich schon 36 Jahre alt und bekam es hier mit Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren zu tun. Nicht dass ich Angst vor den Jugendlichen gehabt hätte, schließlich habe ich selbst zwei Kinder in diesem Alter, aber wie würde es sein, wenn junge Menschen in dieser Masse zusammen wären? Im besten Fall konnte ich ja davon ausgehen, dass nur Jugendliche aus christlichen Familien kommen würden – denn die sind ja dann normalerweise hoffentlich bestens erzogen! Nur hier lag der Fall etwas anders, denn ich stand in der Herausforderung einer offenen Jugendarbeit!
Als die Tür dann pünktlich um 18.30 Uhr geöffnet wurde, warteten draußen schon ein paar Jugendliche, die auch sofort den Billardtisch stürmten. Im weiteren Verlauf des Abends kamen immer mehr Jugendliche, die meisten in kleinen Gruppen. Je mehr Besucher kamen, desto mehr stieg der Geräuschpegel. Es wurde gespielt, und in der Chill-Ecke fand sich eine bunte Gruppe Jugendlicher, die sich lautstark austauschten. Wer Hunger oder Durst hatte, kam zu uns an die Theke und bestellte sich das Gewünschte. Was mich bei meinem Dienst sehr herausforderte, war der Ton, mit dem einige der Jugendlichen an die Theke kamen: „Ne Cola, aber schnell!“ „Das Glas ist nicht ganz voll!“ „Ich war zuerst da!“ „Wie lang dauert das denn noch?“ „Mehr Ketchup!“ Ich versuchte mir einzureden, dass dies heute ja bestimmt eine Ausnahme sei und die Bistrobesucher normalerweise den erwachsenen Mitarbeitern in einem anderen Ton und mit etwas mehr Respekt begegnen würden.
So vergingen die vier Stunden in einer ziemlichen Hektik und ich war nicht unglücklich, als die Türen des Bistros um 22.30 Uhr geschlossen wurden. Nachdem mein Mitarbeiter und ich das Bistro gefegt, den herumliegenden Müll entsorgt und die Stühle und Tische wieder ordentlich hingestellt hatten, war endlich Feierabend! Müde und ziemlich frustriert ging ich nach Hause – aber ich hatte jetzt ja zwei Wochen Pause bis zu meinem nächsten Dienst.
Vielleicht schneller, als mir lieb war, waren die zwei Wochen vergangen und mein nächster Bistrodienst stand an. Der Abend verlief ähnlich wie der erste im Bistro. Die Jugendlichen passten mit ihrem Verhalten haargenau in mein Denkmuster – sie waren aufsässig, rüpelhaft und unverschämt. An diesem Abend beschloss ich, dass dies mein zweiter und letzter Einsatz im Bistro gewesen sein sollte. Schließlich konnte ich mir Besseres für meinen Samstagabend vorstellen, als mich von ein paar Jugendlichen dafür blöd anmachen zu lassen, dass ich ihnen – „ehrenamtlich“ – Essen und Trinken machte. Mit dieser Erkenntnis und dem festen Entschluss ging ich nach Bistroschließung heim.
Es sollte alles ganz anders kommen als gedacht.
In der darauffolgenden Woche besuchte mich der Hauptverantwortliche der Jugendarbeit und stellte mir doch tatsächlich die Frage, ob ich nicht als Streetworker im Team der Jugendarbeit mitmachen wolle. Ich traute meinen Ohren kaum, weil ich ihm in den Tagen zuvor meinen Entschluss, im Bistro nicht mehr mitzuarbeiten, klar und deutlich mitgeteilt hatte. Diese Anfrage empfand ich fast als Witz, denn die Arbeit eines Streetworkers bestand darin, sich mit den Jugendlichen direkt zu befassen – sie zu begrüßen, mit ihnen zu kickern, zu spielen, zu reden und auch für Ordnung zu sorgen. Zum wiederholten Mal machte ich ihm meinen Standpunkt deutlich. Als er dann gegangen war, wollte ich diese Sache endgültig abschließen und aus dem Kopf bekommen.
Ich war wieder „frei“, ging arbeiten und konnte mein Wochenende wieder planen, wie ich wollte – der ganz normale Alltag hatte mich wieder.
Es fällt mir nicht ganz leicht zu beschreiben, was in mir war und mich trotz meiner Entscheidung nicht in Ruhe ließ. Immer wieder hatte ich das Gefühl, eine innere Stimme zu hören, die mir zurief: „Markus, du läufst in die falsche Richtung. Du läufst vor etwas weg, das dir unbequem scheint!“ „Welche falsche Richtung?“, fragte ich immer wieder. „Ich lebe doch ein normales Leben, ich arbeite, ich habe eine Beziehung zu Gott und liebe meine Frau und meine Kinder.“
Diese Selbstrechtfertigung half mir aber nicht lange. Immer wieder meldete sich diese Stimme. Im Verlauf der nächsten Wochen erwischte ich mich immer wieder dabei, wie ich diesem Gedanken Raum zur Verfügung stellte, vielleicht doch noch Streetworker zu werden.
Nach drei Wochen war es dann passiert: Ich saß in einer Teambesprechung für Bistromitarbeiter. Nur mal so zum Zuhören, vööäö