Cover

Die Autorin

Ina May Gaskin, geboren 1940, ist Hebamme und zählt zu den Pionierinnen der natürlichen Geburt. Als anerkannte Expertin auch in der Medizin entwickelte sie auch für schwierige Geburten praktikable Lösungen. 2011 wurde sie mit dem alternativen Nobelpreis in Stockholm ausgezeichnet und 2013 in die Women’s Hall of Fame aufgenommen. Die »Mutter der authentischen Geburtshilfe« lebt in den USA in der Lebensgemeinschaft »Tennessee Farm«.

Weitere Informationen unter www.inamay.com.

Das Buch

Das umfassende Handbuch zur Vorbereitung auf die selbstbestimmte Geburt, mit dem kompakten Wissen und der Erfahrung einer Pionierin der natürlichen Geburt – komplett überarbeitet und aktualisiert: Mit vielen neuen Informationen zu Geburtslagen im Mutterleib, zur körperlichen Betätigung während der Geburtsvorbereitung, zu Kaiserschnittentbindungen und zur ersten Zeit nach der Geburt bestärkt die renommierte Hebamme Ina May Gaskin Frauen darin, der faszinierenden Kraft ihres Körper zu vertrauen, mit der sie ihr Kind möglichst ohne technische Eingriffe zur Welt bringen – in der Klinik, im Geburtshaus oder zu Hause. Bewegende Erzählungen von Frauen, die eine selbstbestimmte Geburt erlebten, ermutigen dazu, auf sich selbst zu vertrauen und den eigenen Weg zu gehen.

Ina May Gaskin

Die selbstbestimmte

GEBURT

Handbuch für werdende Eltern

Mit Erfahrungsberichten

Aus dem Amerikanischen von Ursula Fassbender

Kösel

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Die Originalausgabe erschien unter dem Titel

Ina May’s Guide to Childbirth bei Bantam Books, New York.

Bildquelle:

Jackie Aher, Line art: Bild 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 (Illustrationen nach Motiven aus Georg Engelmann: Die Geburt bei den Urvölkern. Wien 1884)

Copyright © 2003, 2019 by Ina May Gaskin

This translation is published by arrangement with Bantam Books, an imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC

Copyright © 2004, 2021 für die deutsche Ausgabe Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Weiss Werkstatt München

Umschlagmotiv: © Tatyana Tomsickova Photography/Moment/Getty Images

Redaktion der deutschen Erstausgabe: Petra Kunze, Eichenau

Redaktion der überarbeiteten Neuausgabe: Cordula Hubert, Olching

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN 9978-3-641-13742-7
V003

www.koesel.de

Für alle Frauen und Ärzte,

die mir geholfen haben,

Hebamme zu werden.

Inhalt

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Einladung

Teil 1 Geburtsgeschichten

Teil 2 Die Grundlagen der Geburt

Kapitel 1 Die mächtige Verbindung von Körper und Psyche

Kapitel 2 Was passiert während der Wehentätigkeit?

Kapitel 3 Der Zusammenhang von Schmerz und Lust

Kapitel 4 Das Gesetz der Schließmuskeln

Kapitel 5 Was Sie über Schwangerenvorsorge wissen sollten

Kapitel 6 Beginn der Wehentätigkeit

Kapitel 7 Gebärhaltungen

Kapitel 8 Die vergessenen Kräfte der Vagina

Kapitel 9 Die Nachgeburtsperiode

Kapitel 10 Geburtsrisiken – womit Sie am wenigsten rechnen

Kapitel 11 Vaginale Geburt nach einem Kaiserschnitt

Kapitel 12 Wie Sie die richtigen Geburtsbegleiter*innen finden

Kapitel 13 Eine Vision für Hebammenhilfe und Mütter im 21. Jahrhundert

Anhang

Die Farm: Ergebnisse bei 2844 Schwangerschaften 1970 bis 2010

Eine mütterfreundliche Geburtsinitiative

Glossar

Anmerkungen

Literatur

Dank

Adressen / Informationen

Register

Über die Autorin

Vorwort zur deutschen Ausgabe

Einer der Menschen, die eigentlich viel berühmter sein sollten – vor allem in den deutschsprachigen Ländern –, ist Dr. Alfred Rockenschaub. Ich habe von diesem großartigen Geburtshelfer zum ersten Mal zu Beginn der 1990er-Jahre gehört, und zwar in Zusammenhang mit der äußerst niedrigen Kaiserschnitt-Rate an der Wiener Semmelweis-Frauenklinik, deren Direktor er zwanzig Jahre lang gewesen war. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die 44.500 Geburten, die in diese Statistik eingingen, im Krankenhaus stattfanden und zu keinerlei Gefährdung von Müttern oder Säuglingen führten. Um dieses Ergebnis zu erzielen, sorgte Dr. Rockenschaub dafür, dass den Gebärenden stets eine ausreichende Anzahl von Hebammen zur Verfügung stand. Außerdem widerstand er dem Druck, bei jeder Geburt routinemäßig auf die Überwachung durch Ultraschall zurückzugreifen. Die amerikanische Geburtshelferin Heidi Rinehart bemerkt hierzu: »Diese Arbeit ist weder spektakulär noch teuer, erfordert aber einen hohen Personalaufwand.«

Ein solches Ergebnis ist nur möglich, wenn zwischen einem oder zwei engagierten Geburtshelfern und einer Gruppe von Hebammen eine enge Arbeitsbeziehung besteht, die von gegenseitigem Respekt geprägt ist. Das von mir 1971 gegründete Zentrum für Geburtshilfe hatte eine solche Beziehung zu einer Reihe von Ärzten und konnte eine vergleichbare Kaiserschnittrate erreichen. Mir sind weitere Ärzte-Hebammen-Partnerschaften bekannt, die ähnliche Ergebnisse erzielten. Genannt seien in diesem Zusammenhang Dr. John Stevenson aus Victoria, Australien, der mit seinem Team von Geburtshelfern bei insgesamt 1.190 Geburten eine Kaiserschnitt-Rate von 1,6 Prozent erzielte, sowie Dr. Tadashi Yoshimura aus Japan.

Diese vier Beispiele basieren alle auf folgenden Voraussetzungen:

Maßgeblich für Dr. Rockenschaub waren vor allem die Hebammen mit einem reichen Erfahrungsschatz an Hausgeburten, ihre Einstellung sowie konkrete Techniken und Praktiken, die sich auf die Geburt im Krankenhaus übertragen ließen. Gerade in der heutigen Zeit, in der viele Menschen einen übersteigerten, fast religiösen Glauben an die Macht der Geburtstechnologie haben, geht es Dr. Rockenschaub stets darum, diese Technologie maßvoll zu nutzen und mit dem traditionellen Wissen der klassischen Geburtshilfe in Einklang zu bringen. Ein Weg, der auch in den deutschsprachigen Ländern dazu führen könnte, die rasant steigende Kaiserschnitt-Rate auf ein sinnvolles Niveau zu senken.

Ich freue mich sehr über die Resonanz, die meine Bücher in den deutschsprachigen Ländern gefunden haben. Mögen sie all jenen, die selbst Kinder gebären, zu einem vertieften Verständnis der eigenen Möglichkeiten und der Faktoren verhelfen, die diesen Prozess erleichtern oder behindern. Ich hoffe, dass Sie sich frei von äußeren Zwängen zwischen folgenden drei Möglichkeiten entscheiden können: der Klinik, dem Geburtshaus und der Hausgeburt.

Ina May Gaskin, 26. Januar 2015

Einladung

Aus welchem Grund auch immer Sie zu diesem Buch gegriffen haben, begrüße ich Ihre Neugierde und Ihren Wunsch, mehr über die wichtige Aufgabe zu erfahren, Kinder zu bekommen. An diejenigen Frauen, die gerade schwanger sind, habe ich ganz besonders gedacht, als ich dieses Buch schrieb.

Betrachten Sie es als eine Einladung, die wahre Kompetenz des weiblichen Körpers während der Wehen und der Geburt kennenzulernen. Mein Buch ist keine populärwissenschaftliche Zusammenfassung des gegenwärtigen medizinischen Wissens. Davon gibt es in Buchläden bereits mehr als genug. Was ich mit der wahren Kompetenz des weiblichen Körpers meine, sind die tatsächlichen Erfahrungen von Frauen, egal, ob diese nun medizinisch anerkannt sind oder nicht. Meiner Ansicht nach sind jene Aussagen über den weiblichen Körper am glaubwürdigsten, die medizinische Erkenntnisse aus den vergangenen hundert Jahren mit dem Wissen verbinden, das Frauen schon immer hatten, bevor die Geburt ein Fall fürs Krankenhaus wurde. Dieses Buch beabsichtigt, Ihnen die besten und aktuellsten Informationen über die wahren Fähigkeiten von Frauen in den Wehen und bei der Geburt zu liefern und Ihnen zu zeigen, wie Sie diese im Zusammenhang mit dem bestmöglichen Einsatz moderner Geburtstechnologien anwenden können. Ich möchte Sie ermutigen und informieren.

Seit 45 Jahren arbeite ich als Hebamme. Die meiste Zeit wohnte ich in einer ländlichen Gegend in den Vereinigten Staaten, wo Frauen und Mädchen wenig oder gar keine Angst vor der Geburt eines Kindes haben. Dort eröffnete ich im Jahr 1971 eine Hebammen-Praxis und vergrößerte mit den Jahren mein Hebammen-Team. Von 1971 bis Mitte 2013 brachten wir über 3000 Babys mit auf die Welt, die meisten zu Hause oder in unserem Geburtshaus. Unsere Arbeitsmethode half mir zu Erkenntnissen über Frauen, die in der medizinischen Ausbildung nicht vorkommen. Es ist schwer zu sagen, ob die Frauen aus unserem Dorf weniger Angst vor einer Geburt haben, weil sie wissen, dass unsere weiblichen Fähigkeiten weit über das medizinische Verständnis hinausgehen, oder ob unsere Fähigkeiten besser zur Entfaltung kommen, wenn wir keine Angst haben. Tatsächlich stimmt beides.

Unser Dorf heißt »Die Farm« und liegt im Süden des US-Bundesstaates Tennessee in der Nähe von Summertown. Mein Mann und ich gründeten es 1971 mit ein paar Hundert anderen Pionieren. Mit den Jahren veränderte sich die Gemeinschaft in vielerlei Hinsicht, und mein Mann und ich zogen fort. Dies änderte jedoch nichts daran, was ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und den dort lebenden Frauen über die Geburt lernen konnte. Eine der einzigartigen Besonderheiten war, dass ich eine Selbsthilfeorganisation für Mütter ins Leben rufen konnte, die von einigen Geburtsmedizinerinnen und -medizinern und einem Arzt mit einer Praxis für Geburtshilfe unterstützt wurde, der seit Langem eine nahe gelegene Gemeinde der Amish betreute.

Lassen Sie mich noch einmal auf die Angst vor der Geburt zurückkommen. Ich behaupte nicht, dass die Frauen, die auf der Farm gebären, nicht auch Momente der Angst erleben, wenn die Geburt ihres Kindes kurz bevorsteht, und dass sie anzweifeln, ob sie diese schier unmögliche Leistung vollbringen können. Ich bin sicher, dass jede Frau hin und wieder diese Zweifel in sich hegte. Schließlich ist es nicht für jeden Menschen, der in einer zivilisierten Gesellschaft vor allem ohne Tiere aufgewachsen ist, offensichtlich, wie eine Geburt vor sich geht. Wenn bei den Frauen in unserem Dorf diese Zweifel auftauchen, können sie sich auf die Sicherheit stützen, dass ihre engsten Freundinnen, Schwestern und Mütter es auch geschafft haben. Diese Gewissheit lässt sie daran glauben, dass auch sie dazu fähig sind, egal, ob sie bereits einmal einer Geburt beigewohnt haben oder nicht. Die Frauen auf der Farm haben weibliche Verhaltensweisen wiederentdeckt und mit großem Erfolg angewandt, deren Vorteile Frauen aus der sogenannten Zivilisationsgesellschaft nicht bekannt sind und die weit über den herkömmlichen medizinischen Kenntnisstand des weiblichen Körpers und der Geburt hinausgehen.

Aus meiner Erfahrung als Hebamme kann ich sagen, dass der Körper einer Frau immer noch funktioniert. Nun haben Sie die Chance, sich altes Wissen wieder anzueignen und es all den bisherigen Informationen über die Geburt hinzuzufügen. Wo und auf welche Weise auch immer Sie gebären wollen, wird das Geburtserlebnis Ihre Gefühle, Ihre Denkweise, Ihren Körper und Ihre Seele für den Rest Ihres Lebens prägen.

Die Frauen, die ich betreue, sehen einer vaginalen Spontangeburt entgegen, denn auf diese Weise bringt jede Frau ihr Kind zur Welt, mit einer oder zwei Ausnahmen pro Hundert. Natürlich müssen wir hin und wieder eine Frau ins Krankenhaus bringen, um einen Kaiserschnitt oder eine Instrumentengeburt durchzuführen, aber diese Eingriffe sind bei den Frauen vergleichsweise selten. (Unsere Kaiserschnittrate lag bis zum Jahr 2010 bei 1,7 %, die Rate der Zangen- und Saugglockengeburten bei 0,05 %. Die amerikanische Kaiserschnittrate dagegen lag im Jahr 2016 bei 31,9 %, wobei sie in den einzelnen Krankenhäusern zwischen 7 und 70 % schwanken kann.) Die Frauen, die wir betreuen, wissen, dass die Wehen schmerzhaft sein können, aber viele von ihnen sind sich auch bewusst, dass die Wehen und die Geburt ein ekstatisches – ja sogar orgastisches – Erlebnis sein können. Aber vor allem sind die Wehen und die Geburt für diese Frauen eine Erfahrung, die ihnen ungeheure Kräfte verleiht, egal, ob sie die Wehen als schmerzhaft erleben oder nicht.

Haben Sie noch nie zuvor gehört, dass jemand positiv über die Wehen und die Geburt sprach? Falls dem so ist, sind Sie nicht allein. Dass eine Geburt ein ekstatisches Erlebnis sein und ungeahnte Kräfte verleihen kann, ist eines der bestgehüteten Geheimnisse der westlichen Kultur. Eine Frau, die ihre Geburt ekstatisch erlebt, gewinnt an innerer Stärke und Weisheit, wie Sie anhand der nachfolgenden Geburtsgeschichten erfahren werden. Selbst wenn die Frauen in meinem Dorf schmerzhafte Wehen haben, wissen sie, wie man die Wehen und die Geburt erträglich machen kann, ohne die Sinneswahrnehmung durch Medikamente zu beeinträchtigen. Wenn Sie die wahre Weisheit und Kraft spüren wollen, die im Erleben der Wehen und der Geburt verborgen sind, sollten Ihre Sinne hellwach bleiben.

In Teil I dieses Buches erzählen Frauen von ihrem Geburtserlebnis. Einige Berichte stammen aus der Generation, die in unserem Dorf Pionierarbeit in der Geburtskultur geleistet hat. In anderen kommen die Töchter und Schwiegertöchter dieser Frauen zu Wort, die bereits selbst – oder deren Partner – in dieser Kultur aufgewachsen sind. Es befinden sich auch Geschichten von Frauen darunter, die zu Hause geboren wurden und in unserer Geburtskultur aufwuchsen und die ihre Kinder wiederum mithilfe einer Hebamme zur Welt gebracht haben. Wieder andere Frauen wollten unsere erfolgreiche Geburtshilfe in Anspruch nehmen und kamen in unser Geburtshaus, um dort zu gebären. Wenn Sie gerade schwanger sind oder in naher Zukunft ein Kind planen, werden Sie diese Berichte vielleicht immer wieder einmal nachlesen wollen, um sich während der Vorbereitung auf Ihre eigene Geburt seelisch zu stärken.

Als mein erstes Buch Spiritual Midwifery 1975 (deutsche Ausgabe Spirituelle Hebammen. Faszinierende Geburtserlebnisse, München: Hugendubel 1989) erschien, gehörte es zu den ersten nordamerikanischen Geburtshilfe-Büchern, die veröffentlicht wurden. In kurzer Zeit wurden mehr als eine halbe Million Exemplare davon verkauft und es wurde in mehrere Sprachen übersetzt, sodass ich nicht nur bei einer ganzen Generation von werdenden Müttern und deren Partnern bekannt wurde, sondern auch bei einer erstaunlich großen Anzahl von Ärzten und anderen Geburtshelfern. In einigen Ländern wurde das Buch in den Lehrplan von Hebammen-Schulen aufgenommen. Manche Ärzte berichteten mir, dass ihnen mein Buch half, so manche Ängste hinsichtlich der Entbindung zu überwinden, die sie während ihrer Ausbildung aufgebaut hatten. Ich machte die Bekanntschaft mit einer Schar von Ärzten, die sich selbst als »MDs« bezeichneten (»Midwives in Disguise«; dtsch. »Verkappte Hebammen«).

Aufgrund meines Buches und der darin veröffentlichten Geburtsstatistiken wurde ich überall auf der Welt eingeladen, um über die Arbeit von meinen Kolleginnen und mir mit Geburtshelfern und Frauen aus unterschiedlichen Ländern und Kulturen zu berichten. Durch diesen multikulturellen Austausch erhielt ich einen großen Überblick über Geburts- und Nachsorgemethoden und konnte unsere Entbindungsmethode mit anderen vergleichen. Auf diese Weise stellte ich fest, dass die Entbindungsmethoden in manchen Ländern der bestmöglichen Funktion des weiblichen Körpers entgegenwirkten. Die Erfahrung hat mir auch gezeigt, welch wichtige Rolle die Hebamme in jeder Gesellschaft spielt und wie wichtig es ist, dass Hebamme ein eigenständiger Beruf bleibt – unabhängig von der schulmedizinischen Geburtshilfe, wobei Hebammen in den seltenen Fällen, wo es notwendig ist, jederzeit mit Geburtshelfern, also auf Geburtshilfe spezialisierten Ärztinnen und Ärzten, zusammenarbeiten können sollten.

Vor nicht allzu langer Zeit sagte ein mit mir bekannter Geburtshelfer, die letzten beiden Seiten meines Buches Spiritual Midwifery seien am interessantesten. Er meinte damit die darin veröffentlichte Geburtsstatistik unserer Hebammenpraxis und sagte: »Sie müssen mir erklären, wie Sie diesen Erfolg geschafft haben, sodass alle Geburtshelfer in Krankenhäusern Ihr Wissen in ihre Arbeit integrieren können.«

In Teil II dieses Buches komme ich seiner Bitte nach. Darin erkläre ich, warum die Geburtskultur unserer und anderer Hebammenpraxen, die eine ähnliche Philosophie verfolgen, ein so großer Erfolg geworden ist. Ich schildere die Richtlinien unserer Arbeit und empfehle Methoden der Hausgeburt, die sich auf Krankenhausgeburten übertragen lassen. Dabei beschäftige ich mich ausführlich mit der Frage, warum aus den Körperfunktionen der Frau bei der Geburt ein solches Geheimnis gemacht wird und wie wir auf der Farm dieses Geheimnis lüften und das darin verborgene Wissen jeder Frau in unserer Gemeinschaft zugänglich machen konnten. Ich erkläre auch, warum es so viele unterschiedliche Geburtserlebnisse gibt und die Meinungen darüber, was beim Gebären sicher und was riskant ist, so stark voneinander abweichen. Für alles gibt es eine logische Erklärung. Dasselbe gilt für schmerzhafte Wehen.

In Teil II befasse ich mich auch eingehend damit, wie es kommt, dass eine Geburt als schmerzfrei – ja sogar orgastisch – erlebt werden kann oder als mit den stärksten Schmerzen überhaupt verbunden wird, wie es in den von Technik geprägten Völkern üblich ist. Sie erfahren, dass sich die Gebärmutter einer Frau während der Wehentätigkeit schließen oder öffnen kann und wie die Wehen den Geburtsvorgang voranbringen oder behindern können. Sie lernen auch einige praktische Möglichkeiten kennen, wie Sie die Sexualität der Geburt für sich und nicht gegen sich arbeiten lassen können.

Darüber hinaus gibt Ihnen Teil II des Buches einen Überblick über die üblichen Entbindungsmethoden in einer Klinik und informiert Sie darüber, welche dieser Methoden wissenschaftlich untermauert sind und welche nicht.

Gebären ist ein so wesentlicher Bestandteil des Lebens – und ein so natürlicher Vorgang –, dass man die damit verbundenen Wahlmöglichkeiten oftmals dem Zufall überlässt. Wir neigen dazu, das zu tun, was alle anderen auch machen, in der Annahme, das sei das Beste. In einer Technologiegesellschaft glauben wir, das Teuerste sei am besten. Vielleicht trifft das auf Telefone, Kameras, Autos oder Computer zu. Aber was die Geburt anbelangt, muss das nicht unbedingt stimmen.

Ina May Gaskin

Teil 1

Geburtsgeschichten