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Das Buch

21. Dezember 2026: Die ersten hundert Kolonisten brechen zum Mars auf. Fünfzig Männer und fünfzig Frauen aus verschiedenen Ländern stellen sich der größten Herausforderung der Menschheitsgeschichte. Sie sollen aus einer leblosen, kalten Felswüste einen grünen, lebendigen Planeten wie die Erde machen. Doch schon auf dem neunmonatigen Flug wird klar: Nicht jeder ist mit diesem Plan einverstanden. Die Siedler zerfallen in verschiedene Fraktionen. Die einen wollen den Mars terraformen, die anderen ihn so bewahren, wie er ist. Wieder andere plädieren für eine gänzlich neue politische Ordnung, unabhängig von der Erde, während einige eng mit großen Firmenkonsortien zusammenarbeiten, die an der Ausbeutung der Mars-Rohstoffe interessiert sind. Und eine weitere Gruppe hat eigene, geheime Pläne. Im Laufe der ersten Jahre spitzen sich diese Konflikte immer weiter zu, bis der Mars am Ende ein gewaltiges Pulverfass ist, das jeden Moment zu explodieren droht …

Der Autor

Kim Stanley Robinson wurde 1952 in Illinois geboren, studierte Literatur an der University of California in San Diego und promovierte über die Romane von Philip K. Dick. Mitte der Siebzigerjahre veröffentlichte er seine ersten Science-Fiction-Kurzgeschichten, 1984 seinen ersten Roman. 1992 erschien mit Roter Mars der Auftakt der Mars-Trilogie, die ihn weltberühmt machte und für die er mehrfach mit dem Hugo, dem Nebula und dem Locus Award ausgezeichnet wurde. Kim Stanley Robinson lebt mit seiner Familie in Kalifornien. Im Wilhelm Heyne Verlag sind zuletzt seine Romane 2312 und Schamane erschienen.

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KIM STANLEY

ROBINSON

ROTER MARS

ROMAN

WILHELM HEYNE VERLAG
MÜNCHEN

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

RED MARS

Deutsche Übersetzung von Winfried Petri

Durchgesehen und überarbeitet von Elisabeth Bösl

Für Lisa

Vollständige Neuausgabe 11/2015

Copyright © 1992 by Kim Stanley Robinson

Copyright © 2015 der deutschen Ausgabe und der Übersetzung
by Wilhelm Heyne Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: DAS ILLUSTRAT, München

Satz: Schaber Datentechnik, Wels

ISBN: 978-3-641-11640-8

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INHALT

ERSTER TEIL – DAS FEST

ZWEITER TEIL – DIE REISE

DRITTER TEIL – SCHMELZTIEGEL

VIERTER TEILHEIMWEH

FÜNFTER TEILGESCHICHTE MACHEN

SECHSTER TEILWAFFEN UNTER DEM TISCH

SIEBTER TEIL – SENZENI NA

ACHTER TEILSHIKATA GA NAI

ANHANGUNSER WEG ZUM MARS

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ERSTER TEIL

DAS FEST

Der Mars war leer, ehe wir kamen.

Das soll nicht heißen, dort wäre niemals etwas geschehen. Der Planet hatte sich zusammengeballt, war geschmolzen, aufgewühlt und abgekühlt. Das hatte eine Oberfläche hinterlassen, die durch gewaltige geologische – oder besser: areologische – Besonderheiten geprägt war: Krater, Schluchten, Vulkane. Aber all das war in mineralischer Bewusstseinslosigkeit geschehen und wurde von niemandem beobachtet. Es gab keine Zeugen – mit Ausnahme von uns, die wir von dem benachbarten Planeten aus zuschauten, und das erst im letzten Moment seiner langen Geschichte. Wir sind das ganze Bewusstsein, das der Planet je besaß.

Jeder kennt die Bedeutung des Mars für die Menschheit. Dass er für alle vorgeschichtlichen Generationen einer der wichtigsten Sterne am Himmel war wegen seiner roten Farbe und schwankenden Helligkeit sowie der Art, wie er auf seiner Wanderung über den Himmel manchmal anhielt und bisweilen sogar die Richtung änderte. Es war, als wollte er uns mit alldem etwas sagen. So ist es vielleicht nicht überraschend, dass gerade die ältesten Namen für den Mars besonders gewichtig wirken: Nirgal, Mangala, Auqakuh, Harmakhis. Sie klingen so, als wären sie noch älter als die uralten Sprachen, in denen sie vorkommen, als wären es fossile Wörter aus der Eiszeit oder noch früher. Ja, im Laufe von Jahrtausenden war der Mars in den Augen der Menschen eine heilige Macht; und seine Farbe machte ihn zu einer gefährlichen Kraft, weil sie für Blut, Zorn, Krieg und das Herz stand.

Dann erlaubten uns die ersten Fernrohre einen genaueren Anblick. Wir sahen die kleine orangefarbene Scheibe mit ihren weißen Polen und dunklen Flecken, die sich im Verlauf der langen Jahreszeiten des Planeten ausdehnten und zusammenzogen. Selbst die fortschrittlichsten Teleskope ließen uns niemals mehr sehen als das. Aber die besten von der Erde aus gewonnenen Bilder gaben Percival Lowell genügend undeutliche Hinweise für die Erfindung einer Geschichte, die wir alle kennen: der Geschichte von einer sterbenden Welt und einem heldenhaften Volk, das in seiner Verzweiflung Kanäle baute, um das letzte tödliche Vordringen der Wüste zu verhindern.

Das war eine großartige Geschichte. Aber dann schickten die Sonden Mariner und Viking ihre Fotos, und alles änderte sich. Unser Wissen über den Mars erweiterte sich schlagartig, und wir erfuhren buchstäblich millionenfach mehr über ihn als je zuvor. Und so entfaltete sich vor unseren Augen eine neue Welt, eine Welt, die niemand auch nur erahnt hatte.

Doch sie schien eine Welt ohne Leben zu sein. Die Forscher suchten nach Anzeichen früheren oder gegenwärtigen Lebens auf dem Mars, von Mikroben bis hin zu den unglückseligen Erbauern der Kanäle und sogar nach Besuchern von außerhalb. Wie Sie wissen, wurden niemals irgendwelche Beweise dafür gefunden. Und so sind natürlich Geschichten aufgeblüht, um die Lücke zu füllen – genauso wie zu Lowells oder Homers Zeiten oder der der Höhlenmenschen und Bewohnern der Savannen. Geschichten von Mikrofossilien, die durch unsere Bio-Organismen vernichtet wurden, oder von Ruinen, die von Staubstürmen freigelegt wurden und dann für immer verloren gingen, vom Großen Mann und seinen Abenteuern sowie den nur schwer zu fassenden kleinen roten Männchen, die man immer nur aus dem Augenwinkel zu sehen bekommt. Diese Geschichten werden erzählt, um einen lebenden Mars zu schaffen oder ihn wieder mit Leben zu erfüllen. Denn wir sind immer noch die Wesen, die die Eiszeit überlebt haben, die voll Staunen zum Nachthimmel aufgeschaut und sich Geschichten erzählt haben. Und der Mars hat nie aufgehört, das zu sein, was er für uns von Anbeginn an gewesen ist – ein großes Zeichen, ein großes Symbol, eine große Macht.

Und so sind wir hierhergekommen. Er war eine Macht, jetzt ist er ein Ort.