Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Sollte dieses E-Book Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung dieses E-Books verweisen.

Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Verlagsgruppe Random House
Mit besonderem Dank an Michael Maar für die Zusammenarbeit
1. Auflage 2015
© 2015 für die Originalausgabe:
cbj Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Verlagsgruppe Random House, München
Alle Rechte vorbehalten
Umschlagillustration: Ute Krause
Umschlaggestaltung: Anette Beckmann, Berlin
Lektorat: Hjördis Fremgen
hf · Herstellung: UK
Satz und Innengestaltung: Anette Beckmann, Berlin
Repro: Lorenz & Zeller, Inning a.A.
ISBN 978-3-641-16284-9
www.cbj-verlag.de
Inhalt
1 Ziemlich schlechte Zeiten
2 Auf einen letzten Müllsack
3 Ein böses Erwachen
4 Schiff Ahoi!
5 Gruyère in Not
6 In der Höhle
7 Claus mit C traut seinen Augen nicht
8 Rattila tobt
9 Immer dieser Matrosenanzug!
10 Ratterich hat Pläne
11 Frau Bredekamps Geheimnis
12 Ein Zauberer bekommt Botschaften
13 Höhlenarrest
14 Der Schöne Heribert
15 Nächtlicher Besuch
16 Was heckt der Graf aus?
17 Der fremde Vater
18 Darf ich vorstellen?
19 Kleine, blaue Schnipsel
20 Man kann’s ja mal versuchen!
21 Pomme de Terre hat eine Idee
22 IsJaNichtZuFassen!
23 Der wiedergefundene Brief
24 Taxifahrt ins Blaue
25 Das rote Äpfelchen
26 Nuria
27 Endlich Pyramiden!
28 Und endlich wieder daheim
Worterklärungen
Über die Autorin
Kapitel 1
Ziemlich schlechte Zeiten
Ein kühler erster Sonnenstrahl hatte die Mäusehöhle unter der Treppe in Fröhlichs Feinkostgeschäft gerade erreicht und kitzelte den Goldhamster Bertram von Backenbart an der Nasenspitze. Der Hamster gähnte genüsslich und streckte seine zartrosa Krällchen von sich. Er lag auf einem alten Schwamm, der ihm als Bett diente. Er griff nach dem Degen, der neben ihm lag, und spießte damit ein Tomatenstückchen vom Boden auf.
Picandou, der dicke graue Mäuserich, lag in seiner Sardinenbüchsen-Couch. Er genoss es, noch liegen zu bleiben, und überlegte gerade, was der Müllsack von Frau Fröhlich wohl heute als besondere Überraschung bieten würde, als die Ratte Gruyère in die Höhle stürzte.
»Ich hab Neuigkeiten!«, rief sie. »Große Neuigkeiten!«
Picandou setzte sich verschlafen auf. Nun traf auch ihn der Sonnenstrahl an der Nase. »Hatschi«, machte er.
»Stellt euch nur vor!«, rief Gruyère. »Frau Fröhlich und Margarethe machen eine Kreuzfahrt.«
Picandou war plötzlich hellwach. Besorgt schaute er die weiße Ratte an. Gruyère war noch ganz außer Atem und ihre Schnurrhaare zitterten.
»Ich hab gerade einen kleinen Morgenspaziergang gemacht«, fuhr sie fort. »Als die Klingel der Ladentür bimmelte. Erst dachte ich, das sei nur ein Kunde, der ein paar Leckereien kaufen wollte. Aber nein, es war der Postbote mit einem Eilbrief …«
»Postbote mit Eilbrief. Wat schnackst du denn da?«, näselte es auf Hamburgerisch aus der zweiten Sardinendose, die auch zur Couchgarnitur gehörte. Vier drahtige braune Mäusepfoten reckten sich über den Dosenrand. Pomme de Terre gähnte: »Wat’n los, Jongchens?« Die braune Kneipenmaus öffnete vorsichtig das rechte Auge und richtete es auf die Ratte.
»Frau Fröhlich und Margarethe – sie haben eine Einladung bekommen – auf das ›Schiff meiner Träume‹, auf die Traviata!«
Gruyères Stimme überschlug sich.
»Auf die Traviata?«, wiederholte Picandou. Die Traviata war das wunderschöne Schiff, das die Muskeltiere vor einiger Zeit vor Brandstiftern gerettet hatten.
»Wie bitte? Was, bitte schön, die Herren ...?« Der Hamster Bertram setzte sich mit so viel Schwung auf, dass er dabei vom Schwammbett rutschte. Auch sein Degen klirrte zu Boden. »Und meine Dame, natürlich.«
Bertram lächelte Gruyère zu, die nochmals erzählte, was geschehen war.
»Wie gesagt, ich mache also gerade einen kleinen Spaziergang die Treppe hinauf, als der Postbote klingelt und Margarethe einen Brief übergibt. ‚Für die beiden Damen vom Feinkostgeschäft’ hat er dabei gesagt. ‚Sieht sehr wichtig aus.’ Margarethe hat ihn gleich aufgemacht und nach Frau Fröhlich gerufen … Dann hat sie vorgelesen. Der Brief war von diesem Schiffsbesitzer, dem die Traviata gehört. Er hat den beiden geschrieben, wie dankbar er dem Schicksal ist, dass sein Schiff gerettet wurde …«
»Pah – von wegen Schicksal«, unterbrach Picandou. »Wenn der wüsste, wer hier Schicksal gespielt hat.«
Die anderen Muskeltiere nickten stolz.
»Außerdem stand dort«, fuhr Gruyère fort, »dass der unbekannte Retter ja damals wollte, dass die beiden Damen die Belohnung bekommen. Und ein Teil dieser Belohnung ist eine kostenlose Kreuzfahrt nach – Ägypten!«
»Ägypten?!«, rief Picandou. »Noch nie gehört. Da haben die beiden hoffentlich abgelehnt.«
»Eben nicht!« Gruyère schüttelte heftig den Kopf. »Sie fahren mit! Gerade sitzen sie oben und schreiben ihre Zusage.«
»Und wer kümmert sich solange um den Laden?«, fragte Pomme de Terre.
»Der wird geschlossen«, sagte Gruyère.
Picandou wurde blaß unter seinem grauen Fell. Das Ganze gefiel ihm immer weniger.
»Sie haben gerade alles besprochen. Margarethe ist ganz aufgeregt, weil sie schon immer die Pyromanen sehen wollte, und die gibt es wohl nur in Ägypten.«
»In der Tat – von diesen Pyro … Pyramiden habe ich auch schon gehört«, lispelte Bertram. »Wir hatten damals eine Hör-CD – ›Der Fluch des Pharao‹ – ziemlich spannende Geschichte. Fast so spannend wie ›Die drei Muskeltiere‹.«
Picandou unterbrach ihn: »Und wie lang soll diese Reise dauern?«
»Ich glaube, zwei bis drei Wochen«, antwortete Gruyère.
»Zwei bis drei Wochen?!« Picandous Stimme überschlug sich. »Und wovon sollen wir so lange leben? Und überhaupt, was heißt hier verreisen? So ein Quatsch! Das bedeutet doch nur, dass man sich von einem Ort zum anderen bewegt und am anderen Ort so ziemlich das Gleiche tut wie da, wo man gerade hergekommen ist. Und das nennen sie dann Urlaub – pah!«
»Tja, da müssen wir uns wohl für die Zeit eine andere Bleibe suchen«, sagte Pomme de Terre. »Es gibt ja noch andere Geschäfte in der Deichstraße, wo wir …«
»Sonst noch was!« Picandou schnaubte entrüstet. »Ihr wisst ja gar nicht, wie gut wir es hier haben. Viele Ladenbesitzer legen vergiftete Köder aus …«
»Ja, das stimmt, jetzt wo du’s sagst, da fällt mir mein Cousin zweiten Grades ein«, sagte Pomme de Terre. »Der ist ein paar Häuser weiter an so ’nem Gift elendig zugrunde gegangen.«
»Auf ein Wort, meine Herren und meine Dame.« Bertram räusperte sich. »Es gäbe da noch eine weitere Lösung.« Er lächelte in die Runde. »Wir fahren einfach mit!«
»Was für eine Schnapsidee!«, rief Picandou. »Was sollen wir denn auf einem Schiff? Wir sind Stadtmäuse und keine Wasserratten!«
»Also – wir könnten doch zum Beispiel Rattussi, Rattila und ihre Rattenbande besuchen«, sagte Pomme de Terre, der Bertrams Vorschlag gar nicht so schlecht fand.
Die Ratten waren alte Freunde, die ihnen damals geholfen hatten, das Schiff zu retten, und dann gleich an Bord geblieben waren.
»Ja, das ist eine gute Idee!«, sagte Gruyère. »Und außerdem können wir gleichzeitig ein Auge auf Frau Fröhlich und Margarethe haben. Schließlich wollen wir ja, dass die beiden wieder gut nach Hause kommen. Ich für mein Teil hätte jedenfalls nichts dagegen, auf dem ›Schiff meiner Träume‹ ein paar schöne Wochen zu verleben. Im Fernsehen sah das immer ganz toll aus. Vor allem das Essen!«
»Im Fernsehen, im Fernsehen! Das ist doch nicht die Wirklichkeit!«, rief Picandou aufgebracht.
»Außerdem gibt es in Ägypten eine Wüste«, sagte Bertram. »Meine Vorfahren haben schon in der Wüste gelebt – oder zumindest in der Steppe, das ist so ähnlich. Insofern wäre Ägypten praktisch Heimat für mich.«
»Ja, wir gehen einfach wieder zum Passagierhafen und dann an Bord«, sagte Pomme de Terre. »Den Weg dahin kennen wir ja schon.«
»Wie bitte?«
Picandous Blick verfinsterte sich. Nur allzu gut erinnerte er sich noch an ihren letzten Versuch, zum Passagierhafen zu kommen. Fast hätten sie dabei ihr Leben verloren. So etwas wollte er ganz bestimmt nicht noch einmal durchmachen.
»Ich wüsste, wie wir ohne Probleme an Bord kommen«, sagte die Ratte Gruyère, die die Briefmarke über dem Schwammbett betrachtet hatte.
Auf der Marke war die Traviata abgebildet. »In der Fernsehserie wird das Gepäck immer zu Hause abgeholt und direkt in die Schiffskabine gebracht. Wir verstecken uns einfach in den Koffern, und wenn wir an Bord sind, steigen wir wieder aus. Das ist vollkommen ungefährlich.«
»Dat is man ,ne schnieke Idee«, sagte Pomme de Terre. »Und viel weniger gefährlich, als hier in der Deichstraße zu verhungern.«
»Also, das ist doch ein Plan«, entschied Bertram. »Wer ist dafür?«
Drei Pfoten schnellten in die Höhe.
Picandou, der als Einziger die Pfote unten gelassen hatte, blickte düster in die Runde. So etwas Dummes aber auch. Die anderen Muskeltiere hatten ihn überstimmt.