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Über das Buch

Ein ganzheitlicher Ansatz zur Traumaheilung.

Es braucht Mut, Geduld und Entschlossenheit, die Folgen eines Traumas zu verarbeiten. Die ausgebildete Trauma-Therapeutin Jasmin Lee Cori weiß das aus eigener Erfahrung. Mit großem Einfühlungsvermögen beschreibt sie, wie herausfordernd der Heilungsweg ist. Gleichzeitig bietet sie konkrete Unterstützung: Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten, Übungen zur Selbstfürsorge und ermutigende Geschichten. Auf der Basis aktueller Erkenntnisse aus der Forschung hilft Ihnen dieses Buch, zu verstehen, was ein Trauma ist und welche langwierigen Folgen es haben kann, klassische Traumasymptome zu erkennen, mit traumatischen Reaktionen und Erinnerungen gut umzugehen, Ihre Lebensumstände so zu gestalten, dass sie Ihren Heilungsweg unterstützen, die für Sie richtige Behandlungsmethode zu finden.

Ein wertvoller Begleiter für alle, die nach einem Trauma wieder ins Leben zurückfinden möchten.

Jasmin Lee Cori

Das große Trauma-Selbsthilfebuch

Symptome verstehen und zurück
ins Leben finden

Kösel

Aus dem Amerikanischen von Silvia Autenrieth, Aachen

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Die Originalausgabe erschien unter dem Titel »Healing from Trauma. A Survivor’s Guide to Understanding Your Symptoms and Reclaiming Your Life« bei Da Capo Press, A Member of the Perseus Books Group, New York.

Copyright © 2008 by Jasmin Lee Cori, MS, LPC

Foreword copyright © 2008 by Robert C. Scaer, MD

Auszüge aus Terrys Geschichte in Kapitel 10: Copyright © 2008 by Terry Ray

Copyright © 2015 Kösel-Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlag: Weiss Werkstatt, München

Umschlagmotiv: shutterstock/miumiu

Lektorat: Imke Oldenburg, Bremen

ISBN 978-3-641-16669-4
V002

Weitere Informationen zu diesem Buch und unserem gesamten
lieferbaren Programm finden Sie unter

www.koesel.de

Für diejenigen, die sich Zentimeter für Zentimeter
aus Traumen herausziehen –
und für die, die es nicht schaffen.
Dieses Buch ist euch gewidmet
für das, was ihr durchgemacht habt.

Haftungsausschluss

Die Informationen in diesem Buch sollen Leserinnen und Lesern helfen, fundierte Entscheidungen rund um ihre eigene Gesundheit und die ihrer Lieben zu treffen. Sie sind nicht dazu gedacht, eine Behandlung durch Angehörige der Gesundheitsberufe oder deren Beratung und Betreuung zu ersetzen. Sowohl die Verfasserin als auch der Verlag haben sich nach bestem Wissen und Gewissen bemüht, sicherzustellen, dass die angegebenen Informationen zutreffend und aktuell sind, haften jedoch nicht für eventuelle nachteilige Wirkungen oder Folgen bei Personen, die dieses Buch benutzen.

Danksagungen

Zunächst einmal möchte ich Marlow & Company dafür würdigen, dass sie dieses Werk übernommen haben. Ich danke meiner Lektorin, Renée Sedliar, mit deren Hilfe dieses Buch entstehen konnte und weiß ihre so gute Zusammenarbeit mit mir sehr zu schätzen. Mit ihrer Hilfe ist ein besseres Buch entstanden.

Ich stehe in der Schuld von allen, die mich an ihren Traumen teilhaben ließen, ob als KlientInnen oder im Freundeskreis. Ihr habt das Vertrauen aufgebracht, mich an eure wundesten Punkte heranzulassen, und dafür gilt euch meine Hochachtung. Außerdem schulde ich all den Autoren und Autorinnen eine Menge, die zu meinem Wissen über Traumen beigetragen haben und hoffe, dass ich wahrheitsgemäß weitergegeben habe, was ich durch sie gelernt habe. Auf die meisten von ihnen verweise ich in diesem Buch mit Anmerkungen, wenn auch nicht unbedingt an jeder einzelnen Stelle, an der sie zu meinem unablässig wachsenden Verständnis beitrugen.

Zudem möchte ich die Großzügigkeit derer würdigen, die sich die Zeit genommen haben, mir Feedback zu dem Material dieses Buches zu geben, oder die sich mit mir trafen und mich an ihrer Weisheit teilhaben ließen. Ich danke Willow Arlenea, Anupam Barlow, Sara Benson, Jody Berman, Michael Broas, Anna Chitty, Alan Cogen, Cathee Courter, Andy Dorsey, Lynn Grasberg, Susann Hannah, Betsy Kabrick, Teddie Keller, Debbie Mihal, Christine Palafox, Terry Ray, Salila Shen, Jane Sinclair, Sara Swift, Mary Timmons und Lois VanderKooi. Danke auch an Robert C. Scaer für seine Unterstützung im Hinblick auf das Buch.

Vor allem danke ich meiner Therapeutin, Konstanze Hacker, für die vielen Weisen, auf die sie zu diesem Projekt beitrug. Ohne sie gäbe es dieses Buch nicht. Danke, dass Sie mir geholfen haben, meinem inneren Ruf treu zu bleiben. Danke, dass Sie mir immer wieder eine helfende Hand gereicht und mich aus dieser Hölle herausgeleitet haben. Das folgende Gedicht ist für Sie:

»Du hast überlebt!«, riefst du mir zu,

während ich benommen dalag, mit Blutspritzern übersät.

»Du hast überlebt!«, sagtest du noch einmal,

dieses Mal leiser, nahe bei mir.

Da regte ich mich, wachgeküsst durch die Zärtlichkeit in deiner Stimme.

Als ich mich umschaute, sah ich die wunderbarsten Farben

und wusste, dass deine Worte wahr waren.

Irgendwie war über allem, was mich am Boden zerstört zurückließ,

etwas bestehen geblieben und konnte wieder wachsen.

Aus tiefstem Herzen danke dafür.

Wenn dir jemand hilft, durch die Hölle zu gehen,

begreifst du, was ›Himmel‹ bedeutet.

Inhalt

Vorwort

Einleitung: Ein Traumabuch für jene an vorderster Front

1 Shit happens

Was bedeutet Trauma?

Warum manche mehr leiden und manche weniger

Im Verborgenen stattfindende Traumen

Übung: Identifikation Ihrer Traumen

Bleibt das für immer so?

Zwei Formen von Leid

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

2 Es ist etwas Körperliches

Was geschieht bei einem Trauma?

Gefangen in den unteren Regionen des Gehirns

Betrunken von Emotionen

Die Wiedererlangung des Kommandos

Resilienz

Durchdrehende Räder wieder freibekommen

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

3 Die Fußabdrücke des Traumas

Spuren im Körper

Empfindlichkeiten

Trigger, überall Trigger

Der feige Löwe, die Vogelscheuche und der Blechmann

Nicht ganz da (Dissoziation)

Ich kann nicht klar denken!

Versteinerung (Betäubung)

Amnesie, Flashbacks und fragmentarische Erinnerungen

Schlafstörungen

Intrusive Gedanken und Bilder

Selbstverletzendes Verhalten

Schuldig ohne Anklage

Ein Leben in der Besenkammer

Verletzte Grenzen

Beziehungsmuster

Gebrochen sein

Allein in einer gleichgültigen Welt

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

4 Traumabedingte Störungen

Posttraumatische Belastungsstörung

Mitverursacher einer PTBS

PTBS als Diagnose

Traumatische Stressoren

Symptome einer PTBS

Eine PTBS kommt selten allein

PTBS als physiologisches Reaktionsmuster

Akute Belastungsstörung

Depression

Angststörungen

Panikattacken

Zwangsmuster

Suchterkrankungen

Essstörungen

Dissoziative Störungen

Dissoziative Identitätsstörung (ehemals Multiple Persönlichkeitsstörung)

Amnesie und psychogene Fugue-Zustände

Depersonalisierung und Derealisierung (Gefühl der Unwirklichkeit)

Borderline-Persönlichkeit

Traumabedingte körperliche Erkrankungen

Traumabetroffene

Zwei Kokons

Der Wattekokon (Vermeidung)

Der Kokon aus Stein (Betäubung)

Die Kokon-Strategien als versuchte Regulierung von Erregung

Welche Hilfswerkzeuge brauchen Sie?

Übung: Erkunden Sie Ihren Kokon

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

5 Der Weg zur Heilung

Kellys Geschichte: Ein schwer erarbeitetes Ich

Grundvoraussetzungen für den Aufbruch

Ein wohldurchdachter Lehrplan

Die Aufgaben der Heilung

Persönliche Ressourcen

Hilfreiche Fähigkeiten auf dem Weg zur Heilung

Übung: Einschätzung Ihrer Ressourcen

Die Heilungsspirale

Janas Geschichte: Tief in sich hineinhören

Der Vervollständigungstrieb

Rückkehr zum Heil- und Ganzsein

Jeder Weg ist einzigartig

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

6 Die Wahl der richtigen professionellen Begleitung

Traumen in Ihrer Geschichte mit anderen teilen

Heikle Punkte bei der Arbeit mit Gesundheitsfachkräften

Ist Psychotherapie etwas für mich? Wie lange wird sie dauern?

Die Wahl des richtigen Therapeuten

Private und therapeutische Beziehung gleichzeitig

Kontaktaufnahme

Verwundete und verwundende Heiler

Wann ist ein Therapeutenwechsel angezeigt?

Kann ich auch ohne Psychotherapie Heilung finden?

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

7 Die Wahl der richtigen Interventionen

Containment versus Katharsis

EMDR und alternierende bilaterale Stimulation (ABS)

Punkttherapien

Das TARA-Verfahren zur Auflösung von Schock und Traumen

Somatische Therapien (Somatic Experiencing und sensomotorische Psychotherapie)

Manuelle Traumatherapien

Bildbasierte Traumatherapien

Korrektive Erfahrungen

Kognitive Verhaltenstherapie (KVT)

Veränderung von Erfahrungen durch Musterdurchbrechung

Hilfe von Gleichgesinnten

Co-Counseling/Re-evaluation Counseling

Selbsthilfegruppen

Stationäre Behandlungsprogramme

Medikamente und natürliche Alternativen

Überwachung der medikamentösen Behandlung

Nahrungsergänzungen

Komplementäre und alternative Medizin (CAM)

Sie entscheiden

Konfrontation mit denen, die Ihnen Schaden zugefügt haben

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

8 Tools für den Umgang mit Traumen

Das Tempo des Prozesses drosseln

Mit einem Fuß auf sicherem Boden bleiben

Erden

Ihren Fels in der Brandung finden

Ihren Erregungspegel steuern

Selbstberuhigung erlernen

Sich von anderen trösten lassen

Verschiedene Optionen sehen

Innehalten, beruhigen und unterstützen (ein Gegenmittel zu Übererregung)

Wiederherstellung des Fokus, Wiederherstellung des Kontakts und Wiedereintritt (ein Gegenmittel zu Dissoziation)

Der Kontrollknopf

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

9 Tools für den Alltag

Ihre Aufgabe als Lebensmanager

Wie Sie zum energischen Beschützer und Fürsprecher Ihrer selbst werden

Unterstützende feste Strukturen im Leben

Wissen, was für Sie die beste Medizin ist

Nährende Selbstgespräche

Ihre Gedanken unter Kontrolle bekommen

Objektivität

Fragen, was wahr ist

Beweise sichten und sich mit den Konsequenzen auseinandersetzen

Einen anderen Blickwinkel einnehmen

Stärkung der eigenen Grenzen

Kultivieren einer freundlichen Beziehung zu Ihrem Körper

Humor

Tagebuch schreiben

Die Gefahr einer emotionalen Überflutung

Kreativität und Selbstausdruck

Die Gaben der Natur

Auf Kuschelkurs mit der Welt

Die beste Rache ist ein glückliches Leben

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

10 Spirituelle Fragen

Warum hat Gott das zugelassen?

Eine ernsthafte Suche

Verborgene Geschenke

Was das spirituelle Leben zu bieten hat

Die Transzendenzfalle

Expansion und Kontraktion

Was hat Leid hiermit zu tun?

Das Leben nehmen, wie es ist

Eine integrierte Spiritualität

Terrys Geschichte: Der Weg zu einer integrierten Spiritualität

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

11 Nicht länger innerlich kaputt

Bloß überleben oder wachsen?

Zeichen der Heilung

Zeichen von Ganzheit

Ein neues Ich

Nach Hause kommen

Roberts Geschichte: Nicht mehr Krieg

Es ist nie zu spät für ein wenig Glück

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

12 Meine Geschichte

Zehn Punkte, die Sie sich merken sollten

Anhang

Verfahren der Körperarbeit

Anmerkungen

Glossar

Ressourcen

Die Autorin

Vorwort

Unsere Reaktion auf ein Trauma hängt sehr spezifisch und konkret von der Frage ab, ob wir das Ereignis steuern können. Es kommt nicht wirklich darauf an, wie schwerwiegend oder heftig das traumatische Erlebnis ist. Wenn wir durch wirksamen Selbstschutz oder durch Flucht erfolgreich eine Kontrolle über die traumatische Erfahrung ausüben können, verarbeitet unser Gehirn sie so, dass sie dem Fundus wichtiger Lebenserfahrungen hinzugefügt wird, die mit erhöhter emotionaler Erregung einhergingen.

Ist jedoch unser Leben in Gefahr, ohne dass wir irgendeinen Einfluss haben – ein Zustand, den wir als Hilflosigkeit wahrnehmen –, verarbeitet unser Gehirn die Erfahrung von Grund auf anders. Heilung von den Auswirkungen dieses Erlebnisses finden wir dann, wenn wir die Wahrnehmung unseres Überlebensgehirns verändern: von einem Zustand anhaltender Hilflosigkeit zu dem solider und dauerhafter Kontrolle. Wir müssen die Erinnerungen an das Trauma verändern, samt allem, was sie auslösen. Aus einer für uns ansonsten noch immer bestehenden Gefahr wird auf diese Weise etwas, das nur eine alte Geschichte ist, die weit zurückliegt – ein zugegebenermaßen emotionales, heute aber harmloses Ereignis, das zwar vielleicht zu der Person beiträgt, die wir geworden sind, uns aber heute nicht mehr bestimmt. Vielleicht durchleben wir von Zeit zu Zeit noch die körperlichen Empfindungen und Gefühle, die mit jenem Ereignis verbunden waren, heute warnen sie aber nicht mehr vor drohender Gefahr. Sie sagen uns nur, dass der Stresspegel in unserem derzeitigen Leben ein paar unserer alten Selbstschutzreflexe an die Oberfläche gebracht hat. Heute können wir dieses Erkennen körperlicher Zustände als etwas einsetzen, das nützliche Botschaften für uns bereithält, statt Hinweise auf aktuelle Bedrohungen. Und aus diesem ganzen Prozess entsteht schließlich Lebensklugheit – eine Integration von Emotionen, körperlichen Empfindungen und unseren unablässig ablaufenden bewussten Wahrnehmungen und Gedanken. Wenn wir diesen Punkt erreicht haben, haben wir einen Fortschritt gemacht. Aus Traumaopfern sind Traumaüberlebende geworden.

Ganz schön viel verlangt, das alles, und so haben AutorInnen, SchriftstellerInnen und ReferentInnen, die sich mit traumatischen Belastungen beschäftigt haben, Tausende von Büchern und Artikeln zum Thema Traumaheilung herausgebracht. Nur einige wenige jedoch sind aus der Perspektive von Traumaopfern oder Traumaüberlebenden an das Thema herangegangen. In Das große Trauma-Selbsthilfebuch hat Jasmin Lee Cori genau das getan – klar, scharfsinnig und von tiefen Erkenntnissen durchdrungen. Sie hat sich dieser Aufgabe von einem Standpunkt aus genähert, der bislang sträflich vernachlässigt wurde: dem der physischen (somatischen) Komponente traumatischer Erlebnisse. Cori geht gerade eben genug auf die physiologischen Kennzeichen von Traumen ein, um eine überzeugende Grundlage für ihre Beobachtungen und ihre Empfehlungen, die sich an Nichtfachleute wenden, zu schaffen.

Sehr wenige Bücher zum Thema Trauma beschreiben das, was die Betroffenen brauchen, aus deren eigener Sicht, der Sicht der KlientInnen. Cori tut es mit pragmatischer Einfachheit: Wie wählt man einen Therapeuten? Woher weiß man, dass die ausgewählte Person der richtige für einen ist? Woran merkt man, dass man die Therapie beenden kann – aus der eigenen Warte? Das sind praktische Fragen, die TherapeutInnen nicht wirklich beantworten können. Nie ist die Chemie zwischen KlientIn und TherapeutIn spannungsreicher oder entscheidender als bei komplexen Traumen. Und nur der Klient kann entscheiden, ob die unvermeidbaren traumatischen Erinnerungen, die durch einen bestimmten Therapeuten getriggert werden, überwindbar sind oder nicht.

Dieses Buch ist relativ kurz – ein Segen für das Traumaopfer, dem die Auseinandersetzung mit komplexer Lektüre und Konzentration oft schwerfallen. Und dennoch umfasst es eine bemerkenswert breite Palette wichtiger Überlegungen im Hinblick auf das Erleben und die Heilung von Traumen. Cori legt Wert auf eine ganzheitliche Herangehensweise an das Verständnis von Traumen und an die zur Verfügung stehenden Heilungsmöglichkeiten, darunter viele der neueren und zugegebenermaßen kontrovers diskutierten somatisch basierten Traumatherapien. Einer ihrer Schwerpunkte ist die Einnahme von Nahrungsergänzungspräparaten und pflanzlichen Heilmitteln für Menschen, die Psychopharmaka schlecht vertragen. Informiert wird hierüber weniger, um für bestimmte Behandlungsmethoden zu werben, als vielmehr, um die Möglichkeiten aufzuzeigen, die neben den standardmäßigen kognitiv-verhaltenstherapeutischen Ansätzen zur Verfügung stehen.

Der zentrale Bestandteil all dieser Ausführungen ist vielleicht die Botschaft der Hoffnung, die dieses Buch in sich trägt. Sie steckt in der Art, wie Cori mutig einen ganz eigenen Nutzen aus ihrer persönlichen Traumaerfahrung zieht und ihre eigene Reise von der Hilflosigkeit zur Meisterschaft unternimmt. Dieses Buch können Opfer komplexer Lebenstraumen als Spiegel für Erfahrungen in ihrem eigenen Leben heranziehen. Sie können sich so den Sinn ihres chaotischen Innenlebens erschließen, ohne von seinen Inhalten traumatisiert zu werden, und die Botschaft der Hoffnung, Heilung und Transformation in sich aufnehmen.

Robert C. Scaer, MD

Robert C. Scaer, MD, schrieb The Trauma Spectrum: Hidden Wounds and Human Resiliency sowie The Body Bears the Burden: Trauma, Dissociation, and Disease.

Einleitung:
Ein Traumabuch für jene an vorderster Front

Ich verbrachte meine Kindheit in einem traumatisierten Zustand, obwohl ich mich erst im Alter von fast 40 Jahren überhaupt an traumatisierende Ereignisse oder meine wahren Gefühle zu erinnern begann, und heilen konnte ich diese Wunden erst mit Mitte 50. Im Laufe der Suche nach etwas, das mir dabei helfen würde, las ich etliche Bücher über Traumen. Einige davon enthielten hie und da ein paar Bröckchen an nützlichen Informationen, die meisten jedoch ließen mich unbefriedigt zurück. Sie mögen von meinen Symptomen gesprochen haben, aber sie sprachen mich nicht an.

Als Schriftstellerin, die das Gefühl hatte, dass Traumaüberlebende Informationen benötigen, die gezielt auf das zugeschnitten sind, was sie brauchen, beschloss ich, selbst ein Buch zu schreiben. Ich wollte die Berge von Informationen sichten und mehr oder weniger das Wissenswerteste in einer Kurzfassung zusammentragen. Auch wenn ich zugelassene Psychotherapeutin bin, schreibe ich ebenso viel von der anderen Seite des Schreibtischs, aus einer Position, aus der heraus ich mich persönlicher äußern kann. Ich weiß, wie es ist, verletzlich zu sein. Ich weiß, wie es ist, Hilfe zu brauchen. Ich weiß etwas über diese Reise – nicht aus der sicher(er)en Distanz der Therapeutenrolle, sondern aus der Perspektive, mittendrin zu sein.

Das große Trauma-Selbsthilfebuch wurde in erster Linie für Menschen geschrieben, die bedeutende Lebenstraumen durchgemacht haben und Hilfe in Anspruch nehmen möchten, um Traumen besser zu verstehen und zu erfahren, was sie zur Förderung ihrer eigenen Heilung tun können. Natürlich werden auch PartnerInnen der Betroffenen sowie TherapeutInnen verschiedener Art von diesem Buch profitieren. Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich mitunter aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur die männliche Form von Begriffen wie Therapeut, Partner und so weiter verwende – selbstverständlich sind damit stets auch Therapeutinnen, Partnerinnen und so fort gemeint.

Der ganzheitlich orientierte Führer, den Sie hier in der Hand halten, kann Ihnen helfen, mit auftretenden störenden Auswirkungen eines Traumas umzugehen und einen umfassenderen Plan für eine vollständige Heilung aufzustellen. Dieses Buch wird

Den Mechanismus von Traumen zu verstehen, ist eine hilfreiche Sache. Es hilft, das zu normalisieren, was Überlebende durchmachen und sich einiges von dem zu erklären, was derart verwirrende und destabilisierende Gefühle auslöst. Ich weiß von Traumaüberlebenden, die die Erinnerung an den Hergang des Traumas noch nicht wiedererlangt haben, und doch zieht sich der Fußabdruck des Traumas durch ihr ganzes Leben. Diese Fußabdrücke zu verstehen und mehr über den Heilungsprozess in Erfahrung zu bringen, kann selbst dann helfen, wenn die Betreffenden nichts Konkretes über die von ihnen erlebten traumatischen Ereignisse wissen.

Sich Traumen anderer anzuhören ist besonders schwierig, wenn man selbst viel Traumatisierendes erlebt hat. Ihr Nervensystem als Betroffene(r) ist kein unbeschriebenes Blatt, und Sie haben vielleicht nicht die Robustheit von Menschen, an denen es scheinbar komplett abperlt, wenn sie von solchen Vorfällen hören. Vor diesem Hintergrund habe ich im Hinblick auf den Inhalt dieses Buches zwei Entscheidungen getroffen.

Die erste lautet, dass ich keine Traumageschichten erzählen werde. Viele Bücher über Traumen sind voll von solchen Charakterskizzen – wer so etwas sucht, dem bietet sich eine breite Auswahl. Ich glaube, allein schon etwas über die Mechanismen bei Traumen zu lesen, ist eine solche Herausforderung, dass ich Sie nicht auch noch mit persönlichen Geschichten überfluten muss. Der Haupttext enthält durchaus gewisse Episoden und ein paar ausführlichere Heilungsprofile, ohne Sie jedoch in traumatische Ereignisse hineinzuführen. In einem Kapitel beziehe ich auch meine eigene Geschichte mit ein, die Sie selbstverständlich überblättern können, ohne dass es dem grundlegenden aufklärerischen Ansatz dieses Buches etwas nehmen würde. Mein Bericht konzentriert sich primär auf meinen Heilungsweg, und nicht auf eine nochmalige detaillierte drastische Schilderung traumatischer Ereignisse, die ich unnötig aufwühlend finde.

Selbst bei einer derart »abgespeckten« Herangehensweise werden Sie eventuell merken, wie Sie etwas aufwühlt oder wie Sie dichtmachen, woraufhin es vielleicht Ihr Lesetempo entsprechend abzustimmen gilt. Das können Sie erreichen, indem Sie für eine Weile bewusst an etwas anderes denken und etwas Beruhigendes tun oder indem Sie durch Gespräche und Tagebuchschreiben verarbeiten, was bislang bei Ihnen angekommen ist.

Meine zweite Entscheidung war die, mich möglichst kurz zu fassen. Wenn Sie gerade dabei sind, sich von einem Trauma zu erholen, haben Sie nun wahrlich schon genug zu tun und wahrscheinlich weder die Zeit noch die persönlichen Kapazitäten, um einen dicken Theoriewälzer auf etwas zu durchforsten, was Sie praktisch anwenden können. Meine Intention ist die, immer dafür zu sorgen, dass das Buch praxisbezogen bleibt. Ich bemühe mich, die zu diesem Thema greifbaren Informationen so zu verschlanken, dass ein sozusagen mundgerechtes Stück zurückbleibt, mit dem sich die Heilung unterstützen lässt. Dies ist ein Buch für diejenigen von uns, die selbst im Schützengraben liegen, nicht für das Publikum, das man an Universitäten oder in Fachkonferenzen findet. Dieser Idee folgend habe ich den entsprechenden Fachjargon so weit wie möglich vermieden. Ein Glossar hinten im Buch liefert Definitionen einiger der Begriffe, die Sie vielleicht erklärt haben oder schnell nachschlagen möchten. Alle Begriffe, die in das Glossar aufgenommen wurden, tauchen bei der ersten Erwähnung im Text (nach dieser Einleitung) in Kursivschrift auf. Außerdem wurden Textpassagen von mir mit Endnoten versehen, die Sie vielleicht überfliegen möchten.

In den ersten vier Kapiteln wird das Terrain von Traumen dargelegt, bevor wir uns mit den Aufgaben der Traumaheilung befassen. Kapitel 1 beginnt mit einigen grundlegenden Fakten darüber, was Trauma bedeutet und warum Traumen sich so sehr auf uns auswirken. Kapitel 2 skizziert die physiologische Grundlage von Traumen. Diese physiologische Komponente zu verstehen, hilft uns, die Symptome oder »Fußabdrücke« von Traumen zu erfassen, die in Kapitel 3 beschrieben werden. Das letzte Kapitel dieses Teils gibt uns einen Überblick über Störungen, die oft mit Traumen einhergehen und umreißt kurz die kollektiven Kosten von Traumen.

Kapitel 5 beschreibt den Weg zur Heilung, welche Aufgaben er beinhaltet und welche Ressourcen hierzu erforderlich sind. Kapitel 6 hilft Ihnen, die bestmöglichen Personen auszusuchen, die Sie auf Ihrem Weg unterstützen sollen, und Kapitel 7 enthält Kurzbeschreibungen bestimmter Interventionen. Ob Sie mit einem Psychotherapeuten arbeiten oder allein – Sie werden Hilfsmittel brauchen, um mit Traumasymptomen umzugehen, vor allem mit Zuständen der Aktivierung und Dissoziation. Genau das bietet Kapitel 8. Kapitel 9 ist mit »Tools für den Alltag« überschrieben und zeichnet ein umfassenderes Bild von Strategien, sich ein Leben aufzubauen, dass Ihnen bei der Stabilisierung hilft, als Gegengewicht zu den Auswirkungen des Traumas und damit es Sie möglichst wenig im Griff hat.

Für Traumaüberlebende kann Spiritualität sowohl eine unvergleichlich wertvolle Ressource darstellen als auch nicht ganz unproblematisch sein – manchmal auch beides. Kapitel 10 befasst sich mit genau diesen beiden Facetten und entwirft Ansätze einer integrierten Spiritualität, die Teil unseres Unterstützungssystems ist, ohne gleichzeitig zu einem Element unseres Abwehrsystems zu werden.

Kapitel 11 wirft einen Blick auf das Leben nach der Heilung des Traumas und legt dar, was es bedeutet, Traumen zu meistern. Danach kommt meine eigene Geschichte (Kapitel 12), gefolgt von einigen nützlichen Hinweisen, einer Aufstellung weiterer Ressourcen und einem Anhang mit einer Kurzdarstellung von diversen Ansätzen therapeutischer Körperarbeit.

Es gibt eine Reihe von Übungen in diesem Buch, bei denen es Ihnen überlassen ist, ob Sie sie durchführen oder nicht. Zudem gibt es immer wieder Stellen im Text, die dazu einladen, erst einmal innezuhalten, das Gelesene sacken zu lassen und über Ihre eigene Situation zu reflektieren. Diese sind mit einer besonderen Art von Aufzählungssymbol gekennzeichnet und meist als Frage formuliert. Ich möchte Sie anregen, diese einen Moment auf sich wirken zu lassen und in sich hineinzuhorchen, um festzustellen, was Ihnen beim Lesen in den Sinn kommt, selbst wenn Sie nicht so weit gehen, jede Frage zu beantworten (vielleicht schriftlich), was auch eine Möglichkeit wäre. Auf dem Weg durch ein Trauma absolvieren Sie quasi ein Studium über Traumen. Ich bin der entschiedenen Auffassung, dass die besten Absolventen dieses Studiums nicht unbedingt diejenigen sind, die die meisten Informationen durchgeackert haben, sondern diejenigen, die Informationen integriert haben und sie nutzen. Die genannten Fragen können bei dieser Aufgabe helfen.

Im Zuge des Entwicklungsprozesses, den das Buch, ausgehend von seinem ursprünglichen Kern, durchlief, ergänzte ich es um zusätzliche Informationen, bei denen mir klar war, dass nicht alle sich davon angesprochen fühlen werden. Dennoch sollten sie der Vollständigkeit halber dabei sein. Überblättern Sie bestimmte Informationen gerne, wenn sie in Ihren Augen für Sie nicht relevant sind oder gerade keine Priorität für Sie haben. Sie können später ja immer noch auf sie zurückkommen.

Ich habe es schon erlebt, dass Traumaüberlebende mir berichteten, sie hätten das Material mehr als einmal lesen müssen, bis es »Klick« machte und ihnen klar wurde, in welchen Elementen sie sich wiederfanden. Das ist absolut nachvollziehbar. Wir gehen unsere traumatische Vorgeschichte nach dem Zwiebelprinzip an, Schicht für Schicht abschälend. Es kann gut sein, dass die Verdrängung und die Dissoziation, die uns ja ursprünglich geholfen haben, weiterwirken, wenn wir mehr von einem Trauma erfahren. Verdrängung und Dissoziation versuchen uns vor schmerzhaften Wahrheiten zu schützen. Das tun sie entweder, indem sie diese abblocken oder indem wir nicht präsent bleiben und das, was gerade geschieht, nicht an uns herankommt. Wenn Sie sich bestimmte Abschnitte zu unterschiedlichen Zeitpunkten vornehmen, werden Sie den Inhalt wahrscheinlich jedes Mal etwas anders aufnehmen. Dieser allmähliche Prozess macht das Herz der Heilung aus – hacken Sie also nicht auf sich herum, wenn Sie beim ersten Durchgang nicht gleich alles mitbekommen. Genau das hat die Natur sogar vorgesehen, wenn es darum geht, Schwieriges zu integrieren.

Leider gibt es kein allgemeingültiges Punkteprogramm, das bei allen Wirkung zeigt. Jede Auseinandersetzung verläuft individuell und auf ihre einzigartige Weise. Was dieses Buch tun kann: Es kann Ihnen jeden erdenklichen Vorsprung geben, damit Sie absehen können, wie das Terrain beschaffen ist, was Sie brauchen, wo Sie die Orientierung verlieren könnten und welcher Lohn Ihnen winken könnte, wenn Sie durchhalten. Dieses Buch ist Ihre Landkarte und Ihr Kompass. Nutzen Sie es mit Bedacht. Mögen Sie auf dieser überaus heiligen Entdeckungsreise gesegnet sein!