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Brigitte Sommer

Tiger sind so fies....

Geschichten von Lena und Robin


Dieses Buch widme ich meinen beiden Enkelkindern Lena und Robin.


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Vorwort

Drei Kinder habe ich zur Welt gebracht, zuerst Stefanie, 5 Jahre später die Zwillinge Jan-Christof und Janina.

Drei Kinder habe ich die ersten Jahre zu Hause betreut, durch die Kindergartenzeit gebracht – und dann, als bereits wieder berufstätige Mutti, durch die Schulzeit geschleust. Als die Kinder 17 und 12 Jahre alt waren, ging die Ehe mit meinem ersten Mann in die Brüche – von dem Zeitpunkt an war ich dann alleinerziehend. Ich habe, glaube ich, alle Höhen und Tiefen der Kindererziehung durch.

Schwere und schöne Zeiten haben wir durchlebt, und sicher ganze Buchlängen von Kindermund-Geschichten sind passiert. Aber wie das so ist, einige, wenige davon bleiben im Kopf, der Rest verschwindet in der Versenkung. Immer wieder nimmt man sich vor, diese Geschichten aufzuschreiben – und nie ist eigentlich so wirklich Zeit dafür – und so bleibt es bei dem Vorhaben.

Die Kinder wachsen heran, verlassen das Haus – oder auch nicht, gehen ihren Berufen nach, heiraten – oder auch nicht. Auf einmal hält man ein kleines Würmchen im Arm und die Gefühle schlagen einem über dem Kopf zusammen. Gefühle, die so ganz anders sind, als die, die man bei der Geburt der eigenen Kinder empfunden hatte. Dieses kleine Kind darf man einfach nur lieben – ohne die Angst, etwas falsch zu machen und ohne die Erziehungsbürde tragen zu müssen. Dieses Kind darf man ganz ungestraft und hemmungslos verwöhnen.

Lena war ein bildhübsches Baby und ich bin heute noch glücklich, an ihrem Leben teilhaben und eine ziemlich wichtige Rolle spielen zu dürfen.

Lena fing gerade an, zu laufen, als mein Sohn Jan mir die freudige Nachricht überbrachte, dass sich ein weiteres Enkelkind angekündigt hatte.

Robin kam ziemlich genau zwei Jahre nach Lena zur Welt und war genauso ein Wonneproppen. Bald darauf richtete sich die kleine Familie bei mir im Haus die kleine Dachwohnung ein.

Was ich bei meinen Kindern nicht fertig gebracht hatte, bei meinen Enkelkindern habe ich es geschafft, ein paar Geschichten aufzuschreiben.

Ich sollte noch mehr Enkelkinder bekommen, zunächst Simon und Leon, die beiden Söhne von Stefanie, die uns schon verlassen mussten, bevor sie auf die Welt kamen. Später bekam Janina ihren Sohn Felix, Jan bekam mit seiner zweiten Frau Söhnchen Vincent. Aufgrund des Zerwürfnisses mit meinen Zwillingen habe ich diese beiden nie kennen gelernt.

Robin hält einen lockeren Kontakt zu mir, Lena wohnt mit ihrer Mama und deren Lebensgefährten Michael bei mir im Haus.

Das ist der Grund, warum diese Geschichten nur von Lena und Robin erzählen.

Kapitel 1

Frohe Ostern

 

Wir sind begeisterte Camper. Nicht, weil wir das vielleicht aus unseren Elternhäusern kannten, im Gegenteil. Wir sind ganz freiwillig und aus eigener Überzeugung Camper geworden. Den Ausschlag gaben zwei Probeurlaube im geliehenen Wohnmobil, danach kam ein Zeltanhänger, später war es dann ein feststehender Wohnwagen in Nordseenähe. Macht auch Sinn, mit zwei großen Hunden. Und vor allen Dingen, es macht Spaß.

Auch Stefanie und Michael hatten ihr Herz für das Campen entdeckt. Lena konnte sich frei auf dem Gelände bewegen, zum Spielplatz gehen oder später ins platzeigene Schwimmbad. Zum Glück hatte sie schwimmen gelernt, bevor sie lesen oder schreiben konnte.

Die Parzelle gegenüber unserer war frei geworden – und dort stellten Steffi und Michael ihren Wohnwagen ab.

Wir versuchen immer, gemeinsam Urlaub zu machen und häufig klappt das auch. So war es auch diesmal.

 

 

Wie war das noch mit dem Jesus?

 

Es ist Ostern und wir sind in Hahn in den Wohnwagen. Lena ist 5 Jahre alt.

Ancampen ist angesagt, also Wohnwagen vom Winterdreck befreien, Laub auffegen, alles putzen und wienern, eventuelle Reste von Mäusepartys aus dem Vorzelt entfernen. Der Pavillon bekommt wieder sein Dach, die Gartenstühle müssen aus dem Winterlager geholt und geputzt werden. Wir haben gut zu tun.

Von Lena ist relativ wenig zu sehen, sie ist mit ihrer Freundin vom Nachbarwohnwagen fast den ganzen Tag unterwegs. Ab und zu steht sie mal mit roten Bäckchen am Gartentor, holt sich etwas zu trinken – und weg ist sie wieder. Ganz schön anstrengend für ein Stadtkind. Entsprechend müde fällt sie dann auch abends in ihr Bett.

Die Gutenacht-Geschichten sind im Urlaub Omisache, die Mama darf zuhören, aber mehr auch nicht – und wehe, es ist eine Geschichte aus dem Buch, nix da, eine von Omi muss es sein, eine wahre Geschichte oder eine ausgedachte, oder eine aus unseren selbst erlebten Tiergeschichten. Ein Gedicht geht notfalls auch noch.

Zapfenstreich am Ostersamstag. Lena liegt frisch gewaschen (was nach ihren Tagesausflügen auch dringend nötig ist) in ihrem Bett und harret der Geschichte, die da kommt. Nur Großmutter ist in Panik, an Phantasie mangelt es ihr nicht, aber heute hat sie sich beim besten Willen noch nichts ausgedacht.

Auf dem Weg zu Steffis Wohnwagen überlege ich krampfhaft, was ich ihr denn heute erzählen soll. Klar - Ostern – was liegt da näher, als mit dem Kind doch einfach mal durchzusprechen, warum wir eigentlich Ostern feiern.

Voll motiviert und hochpädagogisch frage ich Lena, ob denn im Kindergarten auch schon mal über Ostern gesprochen wurde und was dieses Fest bedeutet. Ich erhoffte mir so einen verständlichen Einstieg in die Ostergeschichte und einen ausführlicheren Aufbau auf bereits Bekanntes.

Ja klar doch, Lena weiß Bescheid.

„Und“, frage ich sie, „warum feiern wir Ostern?“

„Weil sie da den Jesus an den Zaun gehängt haben!!!“

Ich hätte laut losprusten können, aber das Kind ist mit so viel Ernst und überzeugt bei der Sache, dass ich mich mühsam beherrsche.

Ich kriege es so gerade noch hin, die Sache mit dem Zaun und dem Kreuz richtig zu stellen und schwenke dann doch lieber wieder auf die Hasen und die Eier um.

Ich weiß nicht mehr, was ich ihr an dem Abend von der Ostereierfabrik erzählt habe, ich weiß nur, dass vor meinem geistigen Auge ständig der arme Jesus am Jägerzaun hing. Kopfkino vom Feinsten!

Nach dem Gutenacht-Quietscheküsschen stolpere ich aus Steffis Wohnwagen und kriege mich nicht mehr ein.

Seitdem hängt „unser“ Jesus in meiner Vorstellung immer noch am Jägerzaun und ich weiß beim besten Willen nicht, wie ich das Bild jemals wieder loswerden soll.