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Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
Das E-Book ist in folgenden Formaten erhältlich:
E-Pub: 978-3-7797-6008-5
1. digitale Auflage: Zeilenwert GmbH 2015
© 2015 Verlag Junge Gemeinde, Leinfelden-Echterdingen
Titelbild und Umschlag: Gerd Ulmer, Hemmingen
Typografie: Dieter Kani, Stuttgart
Christa Gerold/Wolfgang Loos
Schulanfangsgottesdienste
zum Anfassen
Verlag Junge Gemeinde
Cover
Impressum
Titel
Vorwort
Einführung
Theologie des Erzählens
Die Bedeutung religiöser Symbole in der religionspädagogischen Arbeit
Rituale im Schulanfangsgottesdienst
Die Gottesdienstmodelle
Hände spüren
Dein Stecken und Stab trösten mich
Leben unterm Regenbogen
Gott dein guter Segen ist wie ein großes Zelt
Fürchte dich nicht – gemeinsam sind wir stark
Unter dem Baum des Lebens
Alles muss klein beginnen
Gott trägt uns wie in einem Tuch
Kleines Lebensbuch zum Schulanfang
Kommt, ihr seid gerufen
Worte, die das Leben bunt und warm machen
Gott sagt zu dir: »Ich hab dich lieb, ich wär so gern dein Freund!«
Jesus ist mit im Boot
Segenskraft ist Lebenskraft
Bibelstellenregister
In den Gottesdiensten verwendete Symbole
Abkürzungen:
DS | Dir sing ich mein Lied. Das Kinder- und Familiengesangbuch, Schwabenverlag, Ostfildern |
EG | Evangelisches Gesangbuch |
GL | Katholisches Gesangbuch Gotteslob |
KG | Das Kindergesangbuch, Claudius Verlag, München |
KiGoLo | Weil du da bist, Kinder-Gotteslob, Lahn Verlag, Kevelaer |
LJ | Liederbuch für die Jugend, Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh |
Lieder, die in diesen Liederbüchern nicht zu finden sind, stehen aus urheberrechtlichen Gründen mit Text und Noten nur in der gedruckten Ausgabe zur Verfügung.
Der Beginn der Schulzeit, der Schulanfang, ist im Leben eines jeden Kindes, aber auch im Leben der Mütter und Väter und der sehr unterschiedlich geprägten Familien ein besonderer Einschnitt. Etwas Neues, was traditionell mit dem »Ernst des Lebens« ausgedrückt wurde, beginnt. Ein Kind, das in die Schule kommt, wird fast ein Jahr auf dieses Ereignis vorbereitet.
Im Kindergarten hat es früher zu den Kleinsten gehört, jetzt gehört es schon zu den Vorschulkindern, und damit zu den »Großen«. Damit sind sowohl Erwartungen als auch Privilegien im Sinne von »das dürfen nur die Vorschulkinder machen« verbunden.
Der Anmeldung in der Schule geht eine Phase der Überlegungen der Eltern voraus, in welche Schule sie ihr Kind schicken werden. Die Untersuchungen durch den Arzt, der Besuch in der Schule mit ersten Eindrücken, dies alles sind aufregende Ereignisse in der Vorbereitung auf die beginnende Schulzeit. Dazu kommen die privaten und familiären Gespräche und Vorbereitungen: Der Ranzen und die Grundausstattung fürs Lernen werden ausgewählt und gekauft. Die Planung für die Gestaltung des ersten Schultages hat in fast allen Familien einen hohen Stellenwert bekommen.
Der Tag der Einschulung ist ein besonderer und aufregender Tag: Die Überraschung mit der oft selbst gebastelten Schultüte und das erste »echte« Tragen des Ranzen. Der erste Gang zur Schule an der Hand von Mutter und Vater oder in der Gruppe von Freundinnen und Freunden, die auch in die Schule kommen, haben einen hohen Erinnerungswert.
Die Gestaltung dieses Tages hat sich in den letzten 20 Jahren zu einem hervorgehobenen Familienfest entwickelt. Sowohl das Kind als auch die Eltern erfahren eine eigene Würdigung für die Zeit, die zu Ende geht und für das Neue, das beginnt. Diese besondere Situation von dem einen in den anderen Lebensabschnitt wird auch von der Schule in der sorgfältig und liebevoll vorbereiteten Feierstunde deutlich. Dazu gehört auch der Gang in die Kirche zum Schulanfangsgottesdienst. Dieser Gottesdienstbesuch ist für viele Kinder die erste direkt erfahrbare Begegnung mit Kirche und Gemeinde und prägt oft die Einstellung zu dieser Institution. Auch für die Eltern, die selbst wenig oder gar keine Kontakte zu ihrer Kirchengemeinde haben, gehört dieser Gottesdienstbesuch dazu, selbst wenn das Kind noch gar nicht getauft ist. Auch für sie kann dieser Gottesdienst eine erneute Kontaktaufnahme zu ihrer Kirche sein.
In einer niedersächsischen Kleinstadt sind die hier zusammengefassten Schulanfangsgottesdienste entstanden, aus der Praxis einer vierzehnjährigen Zusammenarbeit von Schule und Kirche in einer ganz normalen Gemeinschaftsschule für Kinder aller Konfessionen und Nationen. Es sollten Gottesdienste sein mit einem bewusst ökumenisch-theologischen Profil, als offenes Angebot an alle Kinder und Eltern, in Wort und Tat kindgerecht gestaltet, verständlich für die Kinder, aber auch für die begleitenden Erwachsenen, die oft wenig oder keine Gottesdiensterfahrung haben. Die Erfahrungen mit Kirche und Gemeinde sind bei Kindern und begleitenden Erwachsenen unterschiedlich und weit gespannt.
In einer offenen, angstfreien und menschenfreundlichen Atmosphäre sollten Gottesdienst, Gemeinde und kirchliche Rituale (begrüßen, beten, singen, segnen, Worte der Bibel usw.) erfahrbar werden.
Aus diesen Überlegungen ergab sich eine Grundstruktur für jeden Gottesdienst:
Der Gottesdienst sollte einladend, aber nicht vereinnahmend sein. Ermutigend, akzeptierend, aber auch durchaus kritisch wollten wir eine Begleitung in den neuen Lebensabschnitt ermöglichen.
Die Gottesdienste zum Schulanfang sollten von Gottes Liebe, Fürsorge und uneingeschränkter persönlicher Annahme erzählen: Du bist mein geliebtes Kind, ich habe dich bei deinem Namen gerufen.
Die Gestaltung sollte alle Sinne ansprechen, wobei immer eine Aktion, die die Kinder aktiv einbezog, im Mittelpunkt stand.
Aus dem Gottesdienst sollte etwas mitgenommen werden – durchaus gegenständlich verstanden –, was in Erinnerung blieb. Deshalb stand jeweils ein religiöses Symbol im Zentrum. Texte, Lieder, Aktionen und Gebete waren diesen Zeichen zugeordnet. Sie standen in Zusammenhang mit dem christlichen Glauben, der biblischen Botschaft und dem Leben der Kinder.
In die Vorbereitung und Durchführung des Gottesdienstes wurden möglichst viele Personen und Gruppen einbezogen: Vertreter der verschiedenen christlichen Gemeinden, aus denen die Kinder kamen, Lehrer aus der Schule und ältere Schulkinder, die bei den Bastelarbeiten halfen oder durch Bilder und Texte den Gottesdienst mitgestalteten. Erzieherinnen aus den Kindergärten, aus denen die Kinder kamen, übten schon vorher die Lieder für den Gottesdienst ein und natürlich waren auch Eltern bei praktischen Vorbereitungen und beim Vortrag von Gottesdienstelementen (Fürbittgebet, Lesungen etc.) aktiv.
Christa Gerold und Wolfgang Loos
Erzählt wird, seit es Menschen gibt. Es ist einer unserer Wege zur Verständigung. Erlebnisse und Erfahrungen werden in Worte gefasst und weitergegeben. Damit vermitteln wir Botschaften, Nachrichten, Geschichten.
»Im Netz seiner Geschichten fängt der Erzähler alles ein: Die Kunde von vergangenen Geschehen, Wahrheit, Heldentum, Religion, Philosophie, Moral, Liebe.«. (Barry Sanders)
Das Netz der biblischen Geschichten beider Testamente der Bibel fängt die Geschichten Gottes mit den Menschen und die Geschichten der Menschen mit Gott ein. Theologie hat es immer mit diesen Geschichten zu tun. Die Lehre von Gott, dem Schöpfer und Erhalter, von Jesus, dem Wanderprediger, vom Heiligen Geist, der lebendigen Kraft Gottes, lebt in den Erfahrungen der Menschen über Jahrtausende. Aber am Anfang war nicht die Dogmatik, sondern die Geschichte. Die großen Erfahrungen und Gefühle der Menschen haben durch die Zeiten immer neue Storys bekommen. In ihnen melden sich die großen Themen der Menschen, wie Liebe und Hass, Angst und Mut, Sorge und Zuverlässigkeit, Zeit und Ewigkeit, Zweifel und Gewissheit, zu Wort.
Nico ter Linden, der holländische Theologe und Journalist, begann 1995 die Geschichten der Bibel neu zu erzählen. Er wollte keine weitere, neue Übersetzung, sondern nach- und neu erzählen.
Er ist überzeugt, dass die Schönheit und der Tiefgang des Menschlichen in den Texten der Bibel selbst verborgen sind. Sie wollen neu entdeckt und entschlüsselt werden. Ter Linden formuliert treffend den Sinn des Erzählens, wenn er im Vorwort zu seinem ersten Band schreibt:
»Ich erzähle eine uralte Geschichte, die andere vor langer Zeit erzählt haben, und seitdem – von damals bis heute, über zwei Jahrtausende – erzählt und weitererzählt wurde. Es ist eine Geschichte, die vielen Menschen rätselhaft, dunkel und fremd geworden ist, eine Geschichte, die vielerorts ihre Sprache verloren hat. Und doch: Viele haben von ihr gehört, einem Gerücht gleich, das die Runde macht. Es ist, als riefe eine leise Stimme, von weit her; als werde etwas erzählt, über das man munkelt, dass es bedeutend sei. Ganz so, als erzähle man sich etwas hinter vorgehaltener Hand, vorsichtig, schüchtern und leise. Etwas, das vielleicht doch der Mühe wert sein könnte: »Hast du gehört …? Es wird erzählt …« (Linden, Nico ter: Es wird erzählt …: von der Schöpfung bis zum Gelobten Land, Gütersloh 1998)
Der unauflösbare Zusammenhang von Erzählen und Zuhören wird deutlich. Die Erzählenden brauchen die Zuhörenden. Jede Gemeinschaft braucht Geschichtenerzähler.
In den vorliegenden Schulanfangsgottesdiensten wird in den Verkündigungsteilen versucht, mit verschiedenen Stilmitteln dem Erzählen der biblischen Geschichten Raum zu geben.
In dem Gottesdienst mit dem Thema »Hände spüren« gibt das Symbol »Hände« den Ton für die Erzählung an. Anhand des Symbols werden Alltagsgeschichten entwickelt, die dicht an der Erfahrungswelt der Zuhörenden liegen. Sie können während der Verkündigung unmittelbar mit Aktionen gestaltet werden. Das biblischen Bild aus Psalm 139,5 »Von allen Seiten umgibst du (Gott) mich und hältst deine Hand über mir …« und aus Markus 10,16 »… und er (Jesus) herzte sie (die Kinder) und legte die Hände auf sie und segnete sie.« wird mit den Geschichten vernetzt und in Aktionen der Teilnehmenden inszeniert. Das Symbol wird in der Geschichte lebendig und sofort nachvollziehbar.
Unsere Tradition gebietet, die Hand der Mutter, der Lehrerin und die Hand Gottes zu unterscheiden. Darum bleibt der biblische Bezug bedeutsam. Diese Bezüge wollen in die Erfahrungen der Hörenden hinein buchstabiert werden. Sie locken die Erfindungskunst, Geschichten zu erfinden. Die Erzählenden können dabei offen gestehen: »Ich habe mir ausgedacht …«
Die Erzählung im Gottesdienst unter dem Thema: »Ein kleines Lebensbuch zum Schulanfang« nimmt eine ähnliche Struktur auf. Psalm 139,5 +16 (Vers 5: »Von allen Seiten umgibst du (Gott) mich und hältst deine Hand über mir«. Vers 16: »Deine (Gottes) Augen sahen mich, als ich noch nicht bereitet war, und alle Tage waren in dein Buch geschrieben, die noch werden sollten und von denen keiner da war«.) geben die Symbole »Seiten« und »Buch« an.
Um das sichtbare Zeichen eines Lebensbuches rankt sich die Erzählung, in der die gestalteten Seiten des Lebensbuches aufgenommen werden.
Im Gottesdienst unter dem Thema »Kommt, ihr seid geladen« wird der umgekehrte Weg beschritten. Aus dem biblischen Text heraus wird ein Symbol entwickelt. Die Szene Matthäus 18,1 – 3 lautet: »Zu derselben Stunde traten die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist doch der Größte im Himmelreich? Jesus rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.«
In der Szene kommt das Symbol »Glocke« überhaupt nicht vor. Erst im Gestaltungsprozess, in dem aus dieser kleinen Szene eine Geschichte wird, zeigt sich das ausdrucksstarke Symbol der Glocke. Die Erzählung bleibt dicht an der biblischen Szene. Aber die Bibel will weiter gesponnen und weiter erzählt werden.
Diese Struktur wird auch im Gottesdienst »Segenskraft ist Lebenskraft« nachvollziehbar. Ausgehend von der Verheißung des Segens an Abram 1. Mose 12,2 (Gen 12,2) »… ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein« wird mit dem Symbol des »Segenskästchens« die Erzählung von den beiden Schulanfangskindern Paula und Friedemann »erfunden«. Die Geschichte nimmt die unterschiedlichen Gefühle von Spannung und Furcht der Kinder beim Schulanfang auf. Sie öffnet Raum für das Mysterium des Segens.
Der Gottesdienst »Dein Stecken und Stab trösten mich« orientiert sich an dem vertrauten Psalm 23. Der Psalm wird mit fünf Bildern dargestellt, die der Grundlage der Geschichten dienen. Das Stilmittel der Begehung (Prozession) vertieft das Zuhören. Das Erzählen geschieht in einem Prozess der körperlichen und geistigen Bewegung. Der Weg von einem Bild zum anderen beteiligt die Zuhörenden verstärkt an der Geschichte. Ein Weg, der begangen wurde, kann man zurück gehen. Er kann aber nicht rückgängig gemacht werden. Eine Theologie des Erzählens lebt von der Bewegung und Begegnung. Gute Geschichten wollen gehört und inszeniert werden, möglichst von Erzählenden und Zuhörenden.
In dem Gottesdienst »Leben unterm Regenbogen« wird das biblische Symbol selbst zum Erzähler. »Der Regenbogen weiß eine uralte Geschichte …« und er erzählt. Der/die Erzählende braucht für diese Struktur eine Bereitschaft zur Verwandlung, d. h. er/sie denkt und fühlt sich in das Symbol hinein und spricht sich selbst mit seiner/ihrer übernommenen oder ausgedachten Geschichte als Symbol aus. In der hier vorliegenden Erzählung wird die Noah-Geschichte mit dem Regenbogen verknüpft.
Die Erzählung in dem Gottesdienst unter dem Thema »Gott, dein guter Segen ist wie ein großes Zelt« ist ein klassisches Beispiel der Nach- und Neuerzählung einer biblischen Geschichte. In 1. Mose 12,1 – 3 (Gen 12,1 – 3) werden die Symbole des Aufbruchs in ein neues Land und die Zusage der Segnung in der Erzählung aufgenommen und entwickelt.
Ähnlich wird im Gottesdienst »Fürchte dich nicht, ich bin mit dir …« die biblische Geschichte (Lukas 5,1 – 11) erzählt. Das Thema wird mit dem Symbol des Bootes, in das die Schulanfangskinder real einsteigen können, erfahrbar gemacht. Die Zusage an Simon Petrus »Fürchte dich nicht …«. (Lukas 5,10b) wird zum Mittelpunkt der Erzählung und mit der Situation des Schulanfangs verbunden.
Beim Thema »Gott trägt uns wie in einem Tuch« bleibt das direkte Bibelwort eher im Hintergrund. Die Erzählung wird an der außerbiblischen Geschichte vom »Meister Eder und seinem Freund Pumuckel« entwickelt. Inhaltlich wird die Vorstellung aus Jesaja 61,10 (»Ich freue mich im Herrn und meine Seele ist fröhlich in meinem Gott; denn er hat mir die Kleider des Heils angezogen und mich mit dem Mantel der Gerechtigkeit gekleidet …«) als Tuch-Geschichte entfaltet. Die Symbole »Kleider des Heils« und »Mantel der Gerechtigkeit« spielen in der Erzählung eine zentrale Rolle.
Eine vergleichbare Struktur wird mit der Fabel »Swimmy« angewandt. Auch hier bleibt das biblische Wort (Jesaja 43,1+ 2) im Hintergrund, findet aber in der Erzählung ihren inhaltlichen Ausdruck.
Der Fisch mit Namen »Swimmy« wird furchtlos gegen das Bedrohliche.
Der Bibeltext »Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein! Wenn du durch Wasser gehst, will ich bei dir sein, dass dich die Ströme nicht ersäufen sollen; und wenn du ins Feuer gehst, sollst du nicht brennen, und die Flamme soll dich nicht versengen …« geht zunächst in der Fabel unter und taucht dann wieder erkennbar auf.
Bei der Nacherzählung der Fabel »Frederick« unter dem Thema: »Worte, die das Leben warm und bunt machen«, wird auf den biblischen Bezug verzichtet. Nur am Schluss wird an Psalm 139,5 erinnert. Diese Form stellt ein Wagnis dar und will in einem christlichen Gottesdienst verantwortet werden. Wie bei jeder Erzählung, ist in dieser Struktur besonders auf die Gefühle, Stimmungen, Atmosphäre und den Kontext zu achten. Was sagen die Lieder, die Gebete, die Lesungen zu dem Thema und dem Symbol eines Gottesdienstes authentisch über den christlichen Glauben aus? Wie wäre die Fabel theologisch-systematisch zu interpretieren?
Anstelle einer außerbiblischen Geschichte wird im Gottesdienst »Gott sagt zu dir, ich hab dich lieb und wär so gern dein Freund! …« das bekannte Kindermutmachlied als theologische Grundlage für die Erzählung angewendet. Die Erzählung wird mit einer kleinen Inszenierung des Theaterstückes »Vom Ernst des Lebens« eröffnet und dann mit dem Symbol des Freundschaftsbandes weiter entwickelt. Bei dieser Form ist wichtig, auf den inhaltlichen roten Faden zu achten. Die Geschichte muss das Theaterstück aufnehmen und die einzelnen Teile für die Zuhörenden nachvollziehbar miteinander in Verbindung bringen.
Abweichend von klassischen Erzählungen finden wir im Gottesdienst »Alles muss klein beginnen« eine »meditative Erzählung« nach Markus 4,30 – 32. In dieser Stilform werden die Zuhörenden ganzheitlich beteiligt. Sie werden in der meditativen Erzählung selbst zur Identifikation mit dem Symbol »Samenkorn« geführt. Für die Struktur eines größeren Schulanfangsgottesdienstes mit mehr als 50 Kindern kann diese Form schwierig werden, weil sie ein hohes Maß an Ruhe und Konzentration benötigt.
Entscheidend für die Entwicklung einer »Theologie des Erzählens« ist die Bereitschaft, sich in die Lebenswelt der Zuhörenden hinein zu denken und zu fühlen. Die Erzählenden brauchen geistliche Freiheit, biblische Geschichten weiter zu spinnen. Sie brauchen Mut, außerbiblisches Textmaterial theologisch zu bestimmen. Wer vom christlichen Glauben erzählt, braucht die Überzeugung, von einem wahren Geheimnis beseelt zu sein. Und schließlich lebt eine »Theologie des Erzählens« von der Begeisterung, der Geschichte Gottes mit den Menschen eigene Worte zu geben und diese zu inszenieren.
Wolfgang Loos
Die Sprache der Bibel als Grundlage des christlichen Glaubens steckt voller Symbole in Worten und Zeichen. Diese Sprache religiöser Erfahrungen, wie sie uns in den Texten der Bibel, in liturgischen Texten und oft auch in Kirchenliedern begegnet, weist auf eine Wirklichkeit hin, die nicht unmittelbar erfasst werden kann. Hier bedarf es der Sprache des Symbols, symbolischer Handlungen und konkreter Erfahrungen im Umgang mit dem Symbol, um das Dahinterliegende zu entschlüsseln und durchsichtig zu machen.
Freundschaft oder Liebe ist schwer durch Worte allein zu vermitteln. Sie kann nur erfahren werden. Im Gottesdienst zum Thema »Freundschaft« wird z. B. die Geschichte vom »Ernst des Lebens« erzählt. Sie berichtet von einer beginnenden Schulfreundschaft, die dann durch das Symbol des Freundschaftsbandes eine sichtbare Ausformung erhält. Dieses Symbol, das im Gottesdienst allen Schulanfängern mitgegeben wird, damit sie es am Handgelenk tragen können, erinnert einmal an die Freundschaft von Ernst und Annette in der Geschichte, ist gleichzeitig aber ein Zeichen für Freundschaft schlechthin und lässt in der Situation des Schulanfangs die Möglichkeit (Wahrscheinlichkeit) von Freundschaftserfahrungen in der neuen Lebenssituation Schule zu.
Ein Symbol ist niemals eindimensional, es hat keine klar umrissene Gültigkeit, sondern ist offen für die je eigenen Erfahrungen. Die Aussage »Gott sagt zu dir, ich hab dich lieb, ich wär so gern dein Freund …« kann durch das Symbol durchsichtig und verständlich gemacht werden. Immer verbindet es etwas Konkretes, Gegenständliches mit einer ungegenständlichen Wirklichkeit, die nicht durch Belehrung und Wissen, sondern durch Erfahrung und Tun verinnerlicht wird. Die Wirkung der Symbole reicht in die Gefühlswelt, d. h. in die Tiefe der Seele (vgl. Hubertus Halbfas, Religionsunterricht in der Grundschule, Lehrerhandbuch Bd. 1, S. 257).
Die in den Gottesdiensten verwendeten Symbole stammen alle aus dem kindlichen Erfahrungsbereich. Hier werden sie zusammengefügt (Symbol stammt vom griechischen Wort symbàllein = zusammenwerfen, -fügen, -flechten) mit dem Tun der Kinder. Deshalb ist es wichtig, dass man den Weg, der zum 23. Psalm im Gottesdienst »Dein Stecken und Stab trösten mich« beschrieben wird, auch geht, dass man in das Boot einsteigt, sich unter dem Zelt versammelt und den Samen in den Blumentopf einpflanzt, damit man das Wachsen beobachten kann. Mit dem Tun verbunden ist die Sprache. Im Boot, unter dem Zelt, werden die Geschichten aus der Bibel erfahrbar. Die aufgeschriebenen Erfahrungen aus alten Zeiten verbinden sich mit den eigenen Erfahrungen und können vielleicht zu eigenen religiösen Erfahrungen werden.