Johann Wolfgang von Goethe
Die Wahlverwandtschaften
Impressum
Covergestaltung: Olga Repp
Bearbeitung: Johannes Krüger
Digitalisierung: Gunter Pirntke
Herausgeber: BROKATBOOK Verlag Gunter Pirntke
ISBN: 9783955018139
2015 andersseitig
andersseitig Verlag
Dresden
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Die Wahlverwandtschaften ist ein Roman aus dem Jahr 1809. Er beschreibt die Geschichte zweier Paare, die sich ‚über Kreuz‘ verlieben. Der Konflikt zwischen Leidenschaft und Vernunft führt ins Chaos und schließlich zu einem tragischen Ende.
Der Roman, der oft als Goethes bester und zugleich als sein rätselhaftester bezeichnet wird, ist keiner literarischen Epoche zuzuordnen. Einerseits findet man Elemente, die ihn zu einem Werk der Weimarer Klassik machen, wie beispielsweise die Anlage der Handlung als naturwissenschaftliches Gleichnis. Aber auch gegenläufige Tendenzen sind vorhanden, denkt man an die Figur der christlichen Märtyrerin am Ende des Romans. Der Begriff „Wahlverwandtschaft“ stammt aus der Chemie, wo er das anziehende und abstoßende Verhalten von chemischen Verbindungen beschreibt, indem die stärkere Säure die schwächere aus ihren Salzen verdrängt. Diese Gesetzmäßigkeit wird von Goethe den Schicksalen der beiden Paare unterlegt.
Titelblatt des Erstdrucks
Nach dem Tod ihrer ersten Ehepartner konnten Eduard und seine Jugendliebe Charlotte heiraten. Das reiche, adelige Paar lebt zurückgezogen auf einem Landgut Eduards. Dort widmet es sich seinen Liebhabereien, vor allem der Ausgestaltung des Landschaftsparks. Die Beziehung der beiden ist eher von Vertrautheit geprägt als von Liebe oder Leidenschaft. Das beschauliche Miteinander wird unterbrochen, als – nach anfänglichen Bedenken Charlottes – jeder einen Gast ins Haus aufnimmt: Eduard seinen Freund, den unverschuldet in Not geratenen Hauptmann Otto, Charlotte ihre eltern- und mittellose Nichte Ottilie.
Der Hauptmann zeichnet sich durch Kenntnisse und Tatkraft aus. Auf seine Initiative hin werden auf dem Gut diverse Verbesserungen durchgeführt. Vor allem aber übernimmt er die Leitung der landschaftsarchitektonischen Arbeiten; Charlotte unterstützt ihn dabei. Der jungen Ottilie mangelt es an den Eigenschaften, die zu gesellschaftlichem Erfolg verhelfen. Sie spricht wenig, ist uneigennützig und bescheiden, besitzt viel Einfühlungsvermögen und ruht in sich selbst. Charlotte weist sie in die Leitung des Haushalts ein, die sie bald ganz übernimmt. Zunächst unbewusst, dann uneingestanden, fühlen sich Eduard und Ottilie auf der einen, Charlotte und der Hauptmann auf der anderen Seite immer stärker zueinander hingezogen. Schließlich finden sich die Ehegatten in einer Liebesnacht, während der sich beide in die Arme der jeweils geliebten Person fantasieren.
Am nächsten Tag gestehen Charlotte und der Hauptmann sich ihre Gefühle. Aus Achtung vor dem ehelichen Treueversprechen verlangt Charlotte jedoch von ihm, ihrer Liebe zu entsagen. Auch zwischen Eduard und Ottilie kommt es zu einer leidenschaftlichen Szene; im Gegensatz zu dem anderen Paar gibt Eduard sich ganz und gar seiner Liebe hin, die er auch vor anderen nicht verbergen kann.
Charlotte meint, die Gewalt, die sie sich selber angetan hat, auch von Eduard verlangen zu können. Sie schlägt vor, Ottilie zu entfernen und das ursprüngliche Verhältnis wieder herzustellen. Eduard ist tief betroffen. Er hatte mit der Möglichkeit einer Scheidung gerechnet, zumal er seine Frau mit dem Hauptmann verbunden glaubte. Um eine Entscheidung hinauszuzögern, zieht er auf ein anderes Anwesen. Kurz zuvor hat auch der Hauptmann das Haus verlassen, um eine Anstellung anzutreten.
Allein zurückgeblieben, versuchen die beiden Frauen, das gewohnte Leben weiterzuführen. Ein junger Architekt übernimmt die Aufgaben des Hauptmanns. Äußerlich gefasst, ist Ottilie verzweifelt wegen Eduards Abwesenheit. Charlotte stellt fest, dass sie schwanger ist und hofft, dass Eduard nun zu ihr zurückkehren wird. Dieser reagiert verstört auf die Nachricht. Das Dasein scheint ihm unerträglich geworden; er flüchtet in den Krieg. Ottilie sieht durch Charlottes Schwangerschaft jede Hoffnung für sich zerstört. Sie zieht sich in sich selbst zurück.
Die Verschönerungsarbeiten erstrecken sich nun auch auf den Friedhof des Dorfes und die zugehörige Kirche. Ottilie hilft dem Architekten eigenhändig beim Ausmalen einer Seitenkapelle. Charlotte bringt einen Sohn zur Welt. Er ähnelt auf verblüffende Weise Ottilie und dem Hauptmann – Ergebnis des doppelten ‚geistigen Ehebruchs‘, aus dem er entstanden ist. Ottilie übernimmt die Pflege des Kindes.
Ein Besucher erzählt von Personen, die sich in einem Konflikt ähnlich dem vorliegenden befanden, der jedoch in diesem Fall mit einer glücklichen Heirat endete. Seine Erzählung ist als die Novelle Die wunderlichen Nachbarskinder in den Roman eingefügt.
Nach etwa einjähriger Abwesenheit kehrt Eduard mit Auszeichnungen aus dem Krieg zurück. Er lädt den inzwischen zum Major beförderten Hauptmann zu sich und beauftragt ihn, Charlotte um die Scheidung zu bitten. Sein Plan sieht vor, dass Charlotte mit dem Major und dem Kind auf dem Landgut leben soll, während er selbst mit der Geliebten auf Reisen geht. Trotz mancherlei Einwände macht der Major sich auf den Weg zum Gut. Eduard kann seine Ungeduld nicht bezwingen und folgt ihm unmittelbar nach. Am Ufer des vom Architekten angelegten Sees trifft er auf Ottilie mit dem Kind; sie fallen sich in die Arme. Der Scheidung gewiss, trägt Eduard der Geliebten seine Pläne vor. Ottilie überlässt Charlotte die Entscheidung. Aus Zeitnot will sie über den See nach Hause rudern. Vom Zusammentreffen mit Eduard erregt, lässt sie beim Besteigen des Kahns das Kind ins Wasser fallen; sie kann es nur noch tot bergen.
Illustration von Wilhelm von Kaulbach zu Goethes Wahlverwandtschaften Ottilie mit dem Sohn Charlottes
Charlotte gibt sich und ihrem Zögern die Schuld an dem Unglücksfall. Sie willigt in die Scheidung. Als der Major für sich selber wirbt, erhält er eine unbestimmte Antwort. Eduard sieht mit dem Tod des Kindes das letzte Hindernis einer Verbindung mit Ottilie beseitigt. Diese wiederum begreift sich selbst als die Schuldige und merkt zudem, dass sie in den zurückliegenden Wirrnissen ihrer Natur untreu geworden ist. Sie will für ihr ‚Verbrechen‘ büßen, indem sie ihrer Liebe entsagt. Nachdem aber Eduard gegen ihren Willen ein weiteres Treffen herbeigeführt hat, erkennt sie, dass die beiderseitige Anziehungskraft unüberwindlich ist. Sie stellt das Sprechen sowie das Essen ein und stirbt. Ihr Grab in der von ihr selbst ausgemalten Kapelle wird schon bald zur Wallfahrtsstätte Hilfesuchender. Wenig später stirbt auch Eduard, der seinen Lebenswillen verloren hat. Charlotte lässt ihn an der Seite der Geliebten beisetzen.
Eine erste Anregung zur Gestalt der Ottilie ging, wie Goethe im Nachhinein in seiner Autobiografie Dichtung und Wahrheit berichtet, auf das Jahr 1770 zurück. Er besuchte damals das Kloster der heiligen Ottilie auf dem Odilienberg: „Das Bild, das ich mir von ihr machte, und ihr Name prägte sich tief bei mir ein. Beide trug ich lang mit mir herum, bis ich endlich eine meiner zwar spätern, aber darum nicht minder geliebten Töchter damit ausstattete […]“. Mit den Wahlverwandtschaften beschäftigte Goethe sich erstmals 1807. Sie waren damals noch als Novelleneinlage für den Roman Wilhelm Meisters Wanderjahre geplant, mit dem sie das Entsagungsmotiv gemeinsam haben. Der Stoff erwies sich aber als zu umfangreich für die kurze Form. Den Roman verfasste Goethe von Ende Mai bis Ende Juni sowie im August 1808 und vom 15. April bis 4. Oktober 1809. Er erschien Ende Oktober 1809.
Die Entstehung der Wahlverwandtschaften fiel in die Zeit des Krieges gegen Napoleon, der auch Goethes Heimatstadt Weimar und seine private Existenz unmittelbar erschütterte. Das zeitgeschichtliche Chaos findet, „verwandelt in wilde Leidenschaften“, seinen Widerhall im Roman. Auch die Liebes- und Ehe-Thematik berührte den Autor persönlich. 1806 hatte Goethe seine langjährige Lebensgefährtin und Mutter seines Sohnes, Christiane Vulpius, geheiratet. Das hinderte ihn nicht, in den Folgejahren eine leidenschaftliche Zuneigung zu zwei sehr jungen Frauen, Minna Herzlieb und Sylvie von Ziegesar, zu entwickeln; in beiden Fällen übte er Entsagung. Wenn auch der Roman nicht aus diesen Erlebnissen heraus interpretiert werden kann, so klingen sie doch darin nach, und in der Gestalt der Ottilie finden sich Züge der geliebten Frauen. Goethe selber wies im Gespräch mit Eckermann auf den biografischen Bezug hin, indem er sagte, „dass darin kein Strich enthalten, der nicht erlebt, aber kein Strich so, wie er erlebt worden“ sei.
Ein Jahr nach dem Erscheinen der Wahlverwandtschaften gestaltete Goethe den Themenkreis Ehe, Liebe und Entsagung nochmals auf derbere Art in dem Gedicht Das Tagebuch.
Der Roman markiert den Übergang hin zu Goethes Alterswerk. Er lässt sich keiner literarischen Epoche eindeutig zuordnen. Einzelne Motive, vor allem die Unerbittlichkeit, mit der das Schicksal die Protagonisten in die Tragödie führt, stellen einen Rückgriff auf die griechische Tragödie und damit auf die Weimarer Klassik dar.
Standbild der heiligen Ottilie auf dem Odilienberg
Dagegen sind die mystischen Elemente, die vor allem Ottilie umgeben (ihre Handschrift gleicht sich der Eduards an (1,12), das Gehen über eine Kohlenlagerstätte verursacht ihr Kopfschmerzen (2,11), mehrere Personen fühlen sich von ihr unwillkürlich angezogen) ein Merkmal der Romantik, der Goethe eigentlich ablehnend gegenüberstand. Gleiches gilt für den zum Ende des Romans hin immer stärker thematisierten Katholizismus, bis hin zu den Schlussworten: „[…] und welch ein freundlicher Augenblick wird es sein, wenn sie dereinst wieder zusammen erwachen.“ Dies wurde von der Kritik als Übernahme aus der Romantik, zum Teil aber auch als Kritik und Parodie der romantischen Literatur ausgelegt.
Der Romantitel verweist auf Goethes Beschäftigung mit den Naturwissenschaften. Der Begriff ‚Wahlverwandtschaften‘ ist der Chemie der Zeit entlehnt. Er beschreibt einen Vorgang, der eintreten kann, wenn zwei chemische Verbindungen zusammentreffen. Bei ausreichend starker Affinität lösen sich die Bestandteile dieser Verbindungen voneinander, um sich mit einem freigewordenen Partner der anderen Verbindung aufs Neue zu vereinigen. Im vierten Kapitel des ersten Teils diskutieren Eduard, Charlotte und der Hauptmann diesen Sachverhalt und übertragen ihn scherzend auf ihre eigene Situation. Damit verweisen sie darauf, dass auch der Titel im übertragenen Sinn zu verstehen ist: Der Roman untersucht, inwieweit seine vier Hauptpersonen aufgrund naturgesetzlicher Notwendigkeiten oder aus freien Willensentscheidungen heraus handeln. Die aus heutiger Sicht etwas gewaltsam erscheinende Verbindung von Chemie mit den menschlichen Verhaltensweisen erklärt sich zum einen aus dem damaligen Stand der Wissenschaft, die zwischen Chemie und Alchemie noch nicht klar unterschied, zum anderen aus Goethes persönlicher Weltsicht. Er war überzeugt, dass alle Erscheinungen der belebten Natur miteinander in Verbindung stünden.
Nach Goethes Aussage war der Roman das einzige größere Werk, das er „nach Darstellung einer durchgreifenden Idee“ gearbeitet habe. Entsprechend weisen Die Wahlverwandtschaften ein hohes Maß an Gestaltungsdichte und formaler Konstruktion auf. Thomas Mann lobte ihn als „ein Wunderding an Geglücktheit und Reinheit der Komposition, an Reichtum der Beziehungen, Verknüpftheit, Geschlossenheit.“
Tempel des Amor. Auf einem Steinhügel in einem griechischen Holztempel stand früher das gusseiserne Standbild. Der geflügelte Liebesgott schwingt zwei Sanduhren in den Händen. Die rätselhafte Darstellung deutet der Spruch auf einer Steinplatte darunter. Die Inschrift folgt dem Epigramm "Zeitmaß" von Johann Wolfgang von Goethe.
Der Roman ist durchzogen von einem Netz von Symbolen und Verweisen. Als Beispiele aus der Fülle der Symbole seien die Platanen am See genannt, seit alters Symbol des Einsseins von Leben und Tod, die das Geschehen begleiten: Eduard hat sie am Tag von Ottilies Geburt gepflanzt, bei den Platanen gestehen Charlotte und der Hauptmann sich ihre Liebe (I,12), hier betrachten Eduard und Ottilie gemeinsam das „rauschende blitzende Entstehen und Verschwinden“ des Feuerwerks (seinerseits ein Symbol für Eduards Leidenschaft) (I,15), gegenüber den Platanen lässt Ottilie das Kind in den See fallen (II,14). Der von Eduard geschenkte Koffer, den Ottilie erst auspackt, als ihr Todesentschluss feststeht (II,18), wird in unterschiedlichen Bezügen als Symbol der sexuellen Liebeserfüllung und -verweigerung genutzt. Symbolhaft für die Verbundenheit der Figuren stehen ihre Namen.
Denn nicht nur der Hauptmann, auch Eduard heißt in Wirklichkeit Otto (I,3), die Silbe ‚ott‘ ist sowohl in ‚Charlotte‘ als auch in ‚Ottilie‘ enthalten, und folgerichtig wird auch das Kind nach seinen vier Eltern Otto genannt – dagegen bleiben die meisten übrigen Personen namenlos und werden mit ihren Berufen oder Titeln bezeichnet (der Gehülfe, der Graf, die Baronesse, der Architekt, der Geistliche, bei Mittler fallen Name und Beruf zusammen).
An zahlreichen Stellen verweist der Roman in verschlüsselter Form auf später stattfindende Ereignisse. So wird Ottilies Hungertod bereits im dritten Kapitel des ersten Teils vorbereitet, als auf „ihre große Mäßigkeit im Essen und Trinken“ hingewiesen wird. Dieser Hinweis wird später noch einmal wiederholt (I,6); in Kapitel II,16 lehnt sie das Frühstück ab. Voller Verweise steckt das zentrale Kapitel I,4. Im Gespräche nehmen Eduard, Charlotte und der Hauptmann hier, ohne es selbst zu wissen, die spätere Entwicklung vorweg. So beschließt man, „Geräte zur Rettung der Ertrunkenen“ anzuschaffen, da „bei der Nähe so mancher Teiche, Gewässer und Wasserwerke, öfters ein und der andere Unfall dieser Art vorkam.“ Auch möchte Charlotte „alles Schädliche, alles Tödliche“ aus dem Haushalt entfernen, denn „die Bleiglasur der Töpferwaren, der Grünspan kupferner Gefäße hatte ihr schon manche Sorge gemacht.“ Anschließend übertragen die Diskutanten die chemischen Wahlverwandtschaften auf sich selbst und ahnen nicht, wie nah sie damit der künftigen Wirklichkeit kommen. „[…] die Verwandtschaften werden erst interessant, wenn sie Scheidungen bewirken“, sagt Eduard, worauf Charlotte sich über das „traurige Wort“ beklagt, „das man leider in der Welt jetzt so oft hört.“ „Gelegenheit macht Verhältnisse“, meint sie und fährt fort: „[…] sind sie [die chemischen Stoffe] aber einmal beisammen, dann gnade ihnen Gott!“ Schließlich führt das Gespräch zu dem Entschluss, Ottilie einzuladen. Damit wird Charlottes ursprüngliche fürsorgliche Absicht in ihr Gegenteil verkehrt, ist doch mit Ottilies Ankunft der Weg in die Tragödie bereitet. Verweise dieser Art erschließen sich nur demjenigen Leser, der die spätere Entwicklung bereits kennt. Deshalb empfahl Goethe, den Roman mehrmals zu lesen, denn es stehe darin mehr, „als irgend jemand bei einmaligem Lesen aufzunehmen im Stande wäre“.
Als Parallelgeschichte ist die Novelle Die wunderlichen Nachbarskinder in den Roman eingefügt (II,10). Sie bietet eine Lösungsmöglichkeit für das Wahlverwandtschaften-Problem an, deren Märchenhaftigkeit darauf hinweist, dass eine Lösung des Konflikts in der Realität nicht möglich ist.
Die Romanhandlung wird von einem allwissenden Erzähler vorgetragen, der das Geschehen ebenso wie die Gefühle und Gedanken der Personen wiedergibt und kommentiert. Er bedient sich dazu einer „Sprache von äußerster Präzision und Klarheit, die durch souveräne Überschau und Weltkenntnis gesichert zu sein scheint.“ Das Romangeschehen berichtet er aus einer Distanz, die ihn von den tragischen Verwicklungen und dem Leid der Personen unberührt bleiben lässt; er notiert seine Beobachtungen sachlich-nüchtern wie ein auf Erkenntnis bedachter Wissenschaftler.
Schon der erste Satz des Romans: „Eduard – so nennen wir einen reichen Baron im besten Mannesalter […]“ macht deutlich, dass die Person Eduard reine Erfindung ist. Der Erzähler gibt nicht vor, ein reales Geschehen mitzuteilen. Vielmehr präsentiert sich die Romanhandlung als Protokoll eines gedanklichen Experiments, die Menschen darin erweisen sich als „[…] Symbole, ebenmäßig angeordnete und durcheinander bewegte Schachfiguren einer hohen Gedankenpartie.“
Exakte Zeitangaben werden im Roman fast völlig vermieden. Lediglich der erste Satz informiert den Leser, dass das Geschehen im April einsetzt. Nur an den Veränderungen der Natur und den wiederkehrenden Festen lässt sich ablesen, dass die Handlung sich über eineinhalb Jahre bis zum Herbst des Folgejahres erstreckt. Äußere Ereignisse, die eine zeitliche Einordnung ermöglichen würden, finden nur einmal Erwähnung: Es herrscht Krieg. Jedoch bleibt ungesagt, in welchen der Koalitionskriege (da das Geschehen offensichtlich zeitgenössisch ist) Eduard zieht. Die Romanfiguren bleiben vom Zeitgeschehen unberührt, sie leben in ihrem eigenen Zeitkosmos. Das geht soweit, dass der Hauptmann nach wenigen Wochen des Aufenthalts „[…] vergessen hatte seine chronometrische Sekundenuhr aufzuziehen, das erste Mal seit vielen Jahren; und sie schienen, wo nicht zu empfinden, doch zu ahnen, dass die Zeit anfange ihnen gleichgültig zu werden.“ (I,7)
Goethe um 1775. Gemälde von Georg Melchior Kraus
Ähnlich unbestimmt wie die Zeit ist auch der Ort der Handlung; nirgends wird ein Hinweis auf die Lage des Landguts gegeben. Wie in zeitlicher, so leben die Personen auch in räumlicher Abgeschlossenheit. Das Geschehen beschränkt sich fast völlig auf den engen Bereich von Schloss, Landgut und Dorf. Zwar verlassen der Hauptmann und Eduard vorübergehend diesen Bereich, werden aber vom Erzähler für die Dauer ihrer Abwesenheit ignoriert. Ein einziges Mal, bei Ottilies Abreise zur Pension (II,16), tritt der Erzähler aus der kleinen Welt des Romans hinaus.
Der fehlende Bezug zur Realität „erschafft eine künstliche Welt, die losgelöst von Zeit und Raum existieren kann.“
Er liebt mich von Illustrationen von Gustav Schlick. Gestochen von Adolf Hohneck (1834)
Der Begriff Wahlverwandtschaft zeigt sich in der Beziehung zwischen Eduard und Charlotte, die sich lieben und zusammen leben. Kaum aber kommen Ottilie und Otto zu Besuch, denkt jeder der beiden, dass Ottilie/Otto besser zu ihm/ihr passe. Bei Eduard wird es sehr deutlich gezeigt, er bemüht sich darum, Ottilie für sich zu gewinnen. Es herrscht nur „eine Natur“, so schreibt Goethe, da „auch durch das Reich der heiteren Vernunftfreiheit die Spuren trüber leidenschaftlicher Notwendigkeiten sich unaufhaltsam hindurchziehen, die nur durch eine höhere Hand, und vielleicht auch nicht in diesem Leben völlig auszulöschen sind“. Goethe will damit zeigen, dass die Gesellschaftsordnung zu dieser Zeit bereits total veraltet sei, und kritisiert die Gesellschaft, doch der Roman stieß bei Goethes Zeitgenossen auf nur wenig Verständnis.
Eduard ist von der Idee der Wahlverwandtschaften überzeugt und glaubt, sie auf zwischenmenschliche Beziehungen übertragen zu können. Dass dies am Ende nicht gelingt, verdeutlicht die gesellschaftlichen Zwänge, die in jener Zeit vorherrschten. Vorlage für die Parkanlage könnte die Eremitage in Arlesheim gewesen sein. Pläne des um 1785 angelegten englischen Gartens kursierten in Gelehrtenkreisen. Goethe selbst kam allerdings auf keiner seiner Schweizreisen in Arlesheim vorbei. Gemeinhin bekannt ist jedoch, dass Goethe durch mehrfache Reisen das sogenannte "Gartenreich", das Fürstentum Anhalt-Dessau, genauestens kannte, welches vielfache Bezüge zu den in den Wahlverwandtschaften zitierten Charakteristika des romantischen Landschaftsparks erkennen lässt. Am deutlichsten wird dies in der von Goethe geschilderten Neuordnung des Begräbnisplatzes durch Charlotte. Hierfür diente offenbar der gegen Ende des 18. Jahrhunderts neu angelegte Friedhof von Dessau als direktes Vorbild. Bei dem Architekten handelt es sich um Daniel Engelhard, einen befreundeten Architekten des Klassizismus.
Außer durch den Erzähler und die direkte Rede erfährt der Leser vieles aus Ottiliens Tagebuche. Die zunächst scheinbar lose Aneinanderreihung von Gedanken entbehrt dennoch nicht eines übergeordneten Zusammenhanges: So wie den Tauen der britischen Marine ein roter Faden eingewoben ist, „den man nicht herauswinden kann ohne alles aufzulösen“, „eben so zieht sich durch Ottiliens Tagebuch ein Faden der Neigung und Anhänglichkeit, der alles verbindet und das Ganze bezeichnet. Dadurch werden diese Bemerkungen, Betrachtungen, ausgezogenen Sinnsprüche und was sonst vorkommen mag, der Schreibenden ganz besonders eigen und für sie von Bedeutung.“ (II; Kap. 2). Der Erzähler weist den Leser gleichsam darauf hin, dass etliche der Aphorismen wohl kaum von Ottilie selbst stammen können: „Um diese Zeit finden sich in Ottiliens Tagebuch Ereignisse seltner angemerkt, dagegen häufiger auf das Leben bezügliche und vom Leben abgezogene Maximen und Sentenzen. Weil aber die meisten derselben wohl nicht durch ihre eigene Reflexion entstanden sein können; so ist es wahrscheinlich, dass man ihr irgend einen (sic!) Heft mitgeteilt, aus dem sie sich was ihr gemütlich war, ausgeschrieben.“ (II, Kap. 4)
„Sich mitzuteilen ist Natur; Mitgeteiltes aufzunehmen, wie es gegeben wird, ist Bildung.“ (2. Teil, 4. Kapitel)„Niemand ist mehr Sklave, als der sich für frei hält, ohne es zu sein.“ (2. Teil, 5. Kapitel)„Es gibt keinen größeren Trost für die Mittelmäßigkeit, als dass das Genie nicht unsterblich sei.“ (2. Teil, 5. Kapitel)
Durch Ottiliens Mund nimmt Goethe teilweise die Handlung vorweg. Dass sie am Ende sterben muss, resultiert aus der inneren Notwendigkeit der Romanhandlung. Das Experiment scheitert, weil die Gesellschaft nicht jene Bindungsfreiheit zulässt, die für chemische Wahlverwandtschaften notwendig ist.
Eduard – so nennen wir einen reichen Baron im besten Mannesalter – Eduard hatte in seiner Baumschule die schönste Stunde eines Aprilnachmittags zugebracht, um frisch erhaltene Pfropfreiser auf junge Stämme zu bringen. Sein Geschäft war eben vollendet; er legte die Gerätschaften in das Futteral zusammen und betrachtete seine Arbeit mit Vergnügen, als der Gärtner hinzutrat und sich an dem teilnehmenden Fleiße des Herrn ergetzte.
»Hast du meine Frau nicht gesehen?« fragte Eduard, indem er sich weiterzugehen anschickte.
»Drüben in den neuen Anlagen«, versetzte der Gärtner. »Die Mooshütte wird heute fertig, die sie an der Felswand, dem Schlosse gegenüber, gebaut hat. Alles ist recht schön geworden und muß Euer Gnaden gefallen. Man hat einen vortrefflichen Anblick: unten das Dorf, ein wenig rechter Hand die Kirche, über deren Turmspitze man fast hinwegsieht, gegenüber das Schloß und die Gärten.«
»Ganz recht,« versetzte Eduard; »einige Schritte von hier konnte ich die Leute arbeiten sehen.«
»Dann«, fuhr der Gärtner fort, »öffnet sich rechts das Tal, und man sieht über die reichen Baumwiesen in eine heitere Ferne. Der Stieg die Felsen hinauf ist gar hübsch angelegt. Die gnädige Frau versteht es; man arbeitet unter ihr mit Vergnügen.«
»Geh zu ihr«, sagte Eduard, »und ersuche sie, auf mich zu warten. Sage ihr, ich wünsche die neue Schöpfung zu sehen und mich daran zu erfreuen.«
Der Gärtner entfernte sich eilig, und Eduard folgte bald.
Dieser stieg nun die Terrassen hinunter, musterte im Vorbeigehen Gewächshäuser und Treibebeete, bis er ans Wasser, dann über einen Steg an den Ort kam, wo sich der Pfad nach den neuen Anlagen in zwei Arme teilte. Den einen, der über den Kirchhof ziemlich gerade nach der Felswand hinging, ließ er liegen, um den andern einzuschlagen, der sich links etwas weiter durch anmutiges Gebüsch sachte hinaufwand; da, wo beide zusammentrafen, setzte er sich für einen Augenblick auf einer wohlangebrachten Bank nieder, betrat sodann den eigentlichen Stieg und sah sich durch allerlei Treppen und Absätze auf dem schmalen, bald mehr bald weniger steilen Wege endlich zur Mooshütte geleitet.
An der Türe empfing Charlotte ihren Gemahl und ließ ihn dergestalt niedersitzen, daß er durch Tür und Fenster die verschiedenen Bilder, welche die Landschaft gleichsam im Rahmen zeigten, auf einen Blick übersehen konnte. Er freute sich daran in Hoffnung, daß der Frühling bald alles noch reichlicher beleben würde. »Nur eines habe ich zu erinnern,« setzte er hinzu, »die Hütte scheint mir etwas zu eng.«
»Für uns beide doch geräumig genug,« versetzte Charlotte.
»Nun freilich,« sagte Eduard, »für einen Dritten ist auch wohl noch Platz.«
»Warum nicht?« versetzte Charlotte, »und auch für ein Viertes. Für größere Gesellschaft wollen wir schon andere Stellen bereiten.«
»Da wir denn ungestört hier allein sind«, sagte Eduard, »und ganz ruhigen, heiteren Sinnes, so muß ich dir gestehen, daß ich schon einige Zeit etwas auf dem Herzen habe, was ich dir vertrauen muß und möchte, und nicht dazu kommen kann.«
»Ich habe dir so etwas angemerkt,« versetzte Charlotte.
»Und ich will nur gestehen,« fuhr Eduard fort, »wenn mich der Postbote morgen früh nicht drängte, wenn wir uns nicht heut entschließen müßten, ich hätte vielleicht noch länger geschwiegen.«
»Was ist es denn?« fragte Charlotte freundlich entgegenkommend.
»Es betrifft unsern Freund, den Hauptmann,« antwortete Eduard. »Du kennst die traurige Lage, in die er, wie so mancher andere, ohne sein Verschulden gesetzt ist. Wie schmerzlich muß es einem Manne von seinen Kenntnissen, seinen Talenten und Fertigkeiten sein, sich außer Tätigkeit zu sehen und – ich will nicht lange zurückhalten mit dem, was ich für ihn wünsche: ich möchte, daß wir ihn auf einige Zeit zu uns nähmen.«
»Das ist wohl zu überlegen und von mehr als einer Seite zu betrachten,« versetzte Charlotte.
»Meine Ansichten bin ich bereit dir mitzuteilen,« entgegnete ihr Eduard. »In seinem letzten Briefe herrscht ein stiller Ausdruck des tiefsten Mißmutes; nicht daß es ihm an irgendeinem Bedürfnis fehle, denn er weiß sich durchaus zu beschränken, und für das Notwendige habe ich gesorgt; auch drückt es ihn nicht, etwas von mir anzunehmen, denn wir sind unsre Lebzeit über einander wechselseitig uns so viel schuldig geworden, daß wir nicht berechnen können, wie unser Kredit und Debet sich gegeneinander verhalte – daß er geschäftlos ist, das ist eigentlich seine Qual. Das Vielfache, was er an sich ausgebildet hat, zu andrer Nutzen täglich und stündlich zu gebrauchen, ist ganz allein sein Vergnügen, ja seine Leidenschaft. Und nun die Hände in den Schoß zu legen oder noch weiter zu studieren, sich weitere Geschicklichkeit zu verschaffen, da er das nicht brauchen kann, was er in vollem Maße besitzt – genug, liebes Kind, es ist eine peinliche Lage, deren Qual er doppelt und dreifach in seiner Einsamkeit empfindet.«
»Ich dachte doch,« sagte Charlotte, »ihm wären von verschiedenen Orten Anerbietungen geschehen. Ich hatte selbst um seinetwillen an manche tätige Freunde und Freundinnen geschrieben, und soviel ich weiß, blieb dies auch nicht ohne Wirkung.«
»Ganz recht,« versetzte Eduard; »aber selbst diese verschiedenen Gelegenheiten, diese Anerbietungen machen ihm neue Qual, neue Unruhe. Keines von den Verhältnissen ist ihm gemäß. Er soll nicht wirken; er soll sich aufopfern, seine Zeit, seine Gesinnungen, seine Art zu sein, und das ist ihm unmöglich. Je mehr ich das alles betrachte, je mehr ich es fühle, desto lebhafter wird der Wunsch, ihn bei uns zu sehen.«
»Es ist recht schön und liebenswürdig von dir,« versetzte Charlotte, »daß du des Freundes Zustand mit soviel Teilnahme bedenkst; allein erlaube mir, dich aufzufordern, auch deiner, auch unser zu gedenken.«
»Das habe ich getan,« entgegnete ihr Eduard. »Wir können von seiner Nähe uns nur Vorteil und Annehmlichkeit versprechen. Von dem Aufwande will ich nicht reden, der auf alle Fälle gering für mich wird, wenn er zu uns zieht, besonders wenn ich zugleich bedenke, daß uns seine Gegenwart nicht die mindeste Unbequemlichkeit verursacht. Auf dem rechten Flügel des Schlosses kann er wohnen, und alles andere findet sich. Wieviel wird ihm dadurch geleistet, und wie manches Angenehme wird uns durch seinen Umgang, ja wie mancher Vorteil! Ich hätte längst eine Ausmessung des Gutes und der Gegend gewünscht; er wird sie besorgen und leiten. Deine Absicht ist, selbst die Güter künftig zu verwalten, sobald die Jahre der gegenwärtigen Pächter verflossen sind. Wie bedenklich ist ein solches Unternehmen! Zu wie manchen Vorkenntnissen kann er uns nicht verhelfen! Ich fühle nur zu sehr, daß mir ein Mann dieser Art abgeht. Die Landleute haben die rechten Kenntnisse; ihre Mitteilungen aber sind konfus und nicht ehrlich. Die Studierten aus der Stadt und von den Akademien sind wohl klar und ordentlich, aber es fehlt an der unmittelbaren Einsicht in die Sache. Vom Freunde kann ich mir beides versprechen; und dann entspringen noch hundert andere Verhältnisse daraus, die ich mir alle gern vorstellen mag, die auch auf dich Bezug haben und wovon ich viel Gutes voraussehe. Nun danke ich dir, daß du mich freundlich angehört hast; jetzt sprich aber auch recht frei und umständlich und sage mir alles, was du zu sagen hast; ich will dich nicht unterbrechen.«
»Recht gut,« versetzte Charlotte; »so will ich gleich mit einer allgemeinen Bemerkung anfangen. Die Männer denken mehr auf das Einzelne, auf das Gegenwärtige, und das mit Recht, weil sie zu tun, zu wirken berufen sind, die Weiber hingegen mehr auf das, was im Leben zusammenhängt, und das mit gleichem Rechte, weil ihr Schicksal, das Schicksal ihrer Familien an diesen Zusammenhang geknüpft ist und auch gerade dieses Zusammenhängende von ihnen gefordert wird. Laß uns deswegen einen Blick auf unser gegenwärtiges, auf unser vergangenes Leben werfen, und du wirst mir eingestehen, daß die Berufung des Hauptmannes nicht so ganz mit unsern Vorsätzen, unsern Planen, unsern Einrichtungen zusammentrifft.
Mag ich doch so gern unserer frühsten Verhältnisse gedenken! Wir liebten einander als junge Leute recht herzlich; wir wurden getrennt; du von mir, weil dein Vater, aus nie zu sättigender Begierde des Besitzes, dich mit einer ziemlich älteren, reichen Frau verband; ich von dir, weil ich, ohne sonderliche Aussichten, einem wohlhabenden, nicht geliebten, aber geehrten Manne meine Hand reichen mußte. Wir wurden wieder frei; du früher, indem dich dein Mütterchen im Besitz eines großen Vermögens ließ; ich später, eben zu der Zeit, da du von Reisen zurückkamst. So fanden wir uns wieder. Wir freuten uns der Erinnerung, wir liebten die Erinnerung, wir konnten ungestört zusammenleben. Du drangst auf eine Verbindung; ich willigte nicht gleich ein, denn da wir ungefähr von denselben Jahren sind, so bin ich als Frau wohl älter geworden, du nicht als Mann. Zuletzt wollte ich dir nicht versagen, was du für dein einziges Glück zu halten schienst. Du wolltest von allen Unruhen, die du bei Hof, im Militär, auf Reisen erlebt hattest, dich an meiner Seite erholen, zur Besinnung kommen, des Lebens genießen; aber auch nur mit mir allein. Meine einzige Tochter tat ich in Pension, wo sie sich freilich mannigfaltiger ausbildet, als bei einem ländlichen Aufenthalte geschehen könnte; und nicht sie allein, auch Ottilien, meine liebe Nichte, tat ich dorthin, die vielleicht zur häuslichen Gehülfin unter meiner Anleitung am besten herangewachsen wäre. Das alles geschah mit deiner Einstimmung, bloß damit wir uns selbst leben, bloß damit wir das früh so sehnlich gewünschte, endlich spät erlangte Glück ungestört genießen möchten. So haben wir unsern ländlichen Aufenthalt angetreten. Ich übernahm das Innere, du das Äußere und was ins Ganze geht. Meine Einrichtung ist gemacht, dir in allem entgegenzukommen, nur für dich allein zu leben; laß uns wenigstens eine Zeitlang versuchen, inwiefern wir auf diese Weise miteinander ausreichen.«
»Da das Zusammenhängende, wie du sagst, eigentlich euer Element ist,« versetzte Eduard, »so muß man euch freilich nicht in einer Folge reden hören oder sich entschließen, euch recht zu geben; und du sollst auch recht haben bis auf den heutigen Tag. Die Anlage, die wir bis jetzt zu unserm Dasein gemacht haben, ist von guter Art; sollen wir aber nichts weiter darauf bauen, und soll sich nichts weiter daraus entwickeln? Was ich im Garten leiste, du im Park, soll das nur für Einsiedler getan sein?«
»Recht gut!« versetzte Charlotte, »recht wohl! Nur daß wir nichts Hinderndes, Fremdes hereinbringen! Bedenke, daß unsre Vorsätze, auch was die Unterhaltung betrifft, sich gewissermaßen nur auf unser beiderseitiges Zusammensein bezogen. Du wolltest zuerst die Tagebücher deiner Reise mir in ordentlicher Folge mitteilen, bei dieser Gelegenheit so manches dahin Gehörige von Papieren in Ordnung bringen und unter meiner Teilnahme, mit meiner Beihülfe aus diesen unschätzbaren, aber verworrenen Heften und Blättern ein für uns und andere erfreuliches Ganze zusammenstellen. Ich versprach, dir an der Abschrift zu helfen, und wir dachten es uns so bequem, so artig, so gemütlich und heimlich, die Welt, die wir zusammen nicht sehen sollten, in der Erinnerung zu durchreisen. Ja, der Anfang ist schon gemacht. Dann hast du die Abende deine Flöte wieder vorgenommen, begleitest mich am Klavier; und an Besuchen aus der Nachbarschaft und in die Nachbarschaft fehlt es uns nicht. Ich wenigstens habe mir aus allem diesem den ersten wahrhaft fröhlichen Sommer zusammengebaut, den ich in meinem Leben zu genießen dachte.«
»Wenn mir nur nicht«, versetzte Eduard, indem er sich die Stirne rieb, »bei alle dem, was du mir so liebevoll und verständig wiederholst, immer der Gedanke beiginge, durch die Gegenwart des Hauptmanns würde nichts gestört, ja vielmehr alles beschleunigt und neu belebt. Auch er hat einen Teil meiner Wanderungen mitgemacht; auch er hat manches, und in verschiedenem Sinne, sich angemerkt: wir benutzten das zusammen, und alsdann würde es erst ein hübsches Ganze werden.«
»So laß mich denn dir aufrichtig gestehen,« entgegnete Charlotte mit einiger Ungeduld, »daß diesem Vorhaben mein Gefühl widerspricht, daß eine Ahnung mir nichts Gutes weissagt.«
»Auf diese Weise wäret ihr Frauen wohl unüberwindlich,« versetzte Eduard, »erst verständig, daß man nicht widersprechen kann, liebevoll, daß man sich gern hingibt, gefühlvoll, daß man euch nicht weh tun mag, ahnungsvoll, daß man erschrickt.«
»Ich bin nicht abergläubisch«, versetzte Charlotte, »und gebe nichts auf diese dunklen Anregungen, insofern sie nur solche wären; aber es sind meistenteils unbewußte Erinnerungen glücklicher und unglücklicher Folgen, die wir an eigenen oder fremden Handlungen erlebt haben. Nichts ist bedeutender in jedem Zustande als die Dazwischenkunft eines Dritten. Ich habe Freunde gesehen, Geschwister, Liebende, Gatten, deren Verhältnis durch den zufälligen oder gewählten Hinzutritt einer neuen Person ganz und gar verändert, deren Lage völlig umgekehrt wurde.«
»Das kann wohl geschehen«, versetzte Eduard, »bei Menschen, die nur dunkel vor sich hinleben, nicht bei solchen, die, schon durch Erfahrung aufgeklärt, sich mehr bewußt sind.«
»Das Bewußtsein, mein Liebster,« entgegnete Charlotte, »ist keine hinlängliche Waffe, ja manchmal eine gefährliche für den, der sie führt; und aus diesem allen tritt wenigstens soviel hervor, daß wir uns ja nicht übereilen sollen. Gönne mir noch einige Tage, entscheide nicht!«
»Wie die Sache steht,« erwiderte Eduard, »werden wir uns auch nach mehreren Tagen immer übereilen. Die Gründe für und dagegen haben wir wechselsweise vorgebracht; es kommt auf den Entschluß an, und da wär es wirklich das Beste, wir gäben ihn dem Los anheim.«
»Ich weiß,« versetzte Charlotte, »daß du in zweifelhaften Fällen gerne wettest oder würfelst; bei einer so ernsthaften Sache hingegen würde ich dies für einen Frevel halten.«
»Was soll ich aber dem Hauptmann schreiben?« rief Eduard aus; »denn ich muß mich gleich hinsetzen.«
»Einen ruhigen, vernünftigen, tröstlichen Brief,« sagte Charlotte.
»Das heißt soviel wie keinen,« versetzte Eduard.
»Und doch ist es in manchen Fällen«, versetzte Charlotte, »notwendig und freundlich, lieber nichts zu schreiben, als nicht zu schreiben.«
Eduard fand sich allein auf seinem Zimmer, und wirklich hatte die Wiederholung seiner Lebensschicksale aus dem Munde Charlottens, die Vergegenwärtigung ihres beiderseitigen Zustandes, ihrer Vorsätze sein lebhaftes Gemüt angenehm aufgeregt. Er hatte sich in ihrer Nähe, in ihrer Gesellschaft so glücklich gefühlt, daß er sich einen freundlichen, teilnehmenden, aber ruhigen und auf nichts hindeutenden Brief an den Hauptmann ausdachte. Als er aber zum Schreibtisch ging und den Brief des Freundes aufnahm, um ihn nochmals durchzulesen, trat ihm sogleich wieder der traurige Zustand des trefflichen Mannes entgegen; alle Empfindungen, die ihn diese Tage gepeinigt hatten, wachten wieder auf, und es schien ihm unmöglich, seinen Freund einer so ängstlichen Lage zu überlassen.
Sich etwas zu versagen, war Eduard nicht gewohnt. Von Jugend auf das einzige, verzogene Kind reicher Eltern, die ihn zu einer seltsamen, aber höchst vorteilhaften Heirat mit einer viel älteren Frau zu bereden wußten, von dieser auch auf alle Weise verzärtelt, indem sie sein gutes Betragen gegen sie durch die größte Freigebigkeit zu erwidern suchte, nach ihrem baldigen Tode sein eigner Herr, auf Reisen unabhängig, jeder Abwechslung, jeder Veränderung mächtig, nichts Übertriebenes wollend, aber viel und vielerlei wollend, freimütig, wohltätig, brav, ja tapfer im Fall – was konnte in der Welt seinen Wünschen entgegenstehen!
Bisher war alles nach seinem Sinne gegangen, auch zum Besitz Charlottens war er gelangt, den er sich durch eine hartnäckige, ja romanenhafte Treue doch zuletzt erworben hatte; und nun fühlte er sich zum erstenmal widersprochen, zum erstenmal gehindert, eben da er seinen Jugendfreund an sich heranziehen, da er sein ganzes Dasein gleichsam abschließen wollte. Er war verdrießlich, ungeduldig, nahm einigemal die Feder und legte sie nieder, weil er nicht einig mit sich werden konnte, was er schreiben sollte. Gegen die Wünsche seiner Frau wollte er nicht, nach ihrem Verlangen konnte er nicht; unruhig wie er war, sollte er einen ruhigen Brief schreiben; es wäre ihm ganz unmöglich gewesen. Das Natürlichste war, daß er Aufschub suchte. Mit wenig Worten bat er seinen Freund um Verzeihung, daß er diese Tage nicht geschrieben, daß er heut nicht umständlich schreibe, und versprach für nächstens ein bedeutenderes, ein beruhigendes Blatt.
Charlotte benutzte des andern Tags auf einem Spaziergang nach derselben Stelle die Gelegenheit, das Gespräch wieder anzuknüpfen, vielleicht in der Überzeugung, daß man einen Vorsatz nicht sicherer abstumpfen kann, als wenn man ihn öfters durchspricht.
Eduarden war diese Wiederholung erwünscht. Er äußerte sich nach seiner Weise freundlich und angenehm; denn wenn er, empfänglich wie er war, leicht aufloderte, wenn sein lebhaftes Begehren zudringlich ward, wenn seine Hartnäckigkeit ungeduldig machen konnte, so waren doch alle seine Äußerungen durch eine vollkommene Schonung des andern dergestalt gemildert, daß man ihn immer noch liebenswürdig finden mußte, wenn man ihn auch beschwerlich fand.
Auf eine solche Weise brachte er Charlotten diesen Morgen erst in die heiterste Laune, dann durch anmutige Gesprächswendungen ganz aus der Fassung, so daß sie zuletzt ausrief: »Du willst gewiß, daß ich das, was ich dem Ehemann versagte, dem Liebhaber zugestehen soll.
Wenigstens, mein Lieber,« fuhr sie fort, »sollst du gewahr werden, daß deine Wünsche, die freundliche Lebhaftigkeit, womit du sie ausdrückst, mich nicht ungerührt, mich nicht unbewegt lassen. Sie nötigen mich zu einem Geständnis. Ich habe dir bisher auch etwas verborgen. Ich befinde mich in einer ähnlichen Lage wie du und habe mir schon eben die Gewalt angetan, die ich dir nun über dich selbst zumute.«
»Das hör ich gern,« sagte Eduard; »ich merke wohl, im Ehestand muß man sich manchmal streiten, denn dadurch erfährt man was voneinander.«
»Nun sollst du also erfahren,« sagte Charlotte, »daß es mir mit Ottilien geht, wie dir mit dem Hauptmann. Höchst ungern weiß ich das liebe Kind in der Pension, wo sie sich in sehr drückenden Verhältnissen befindet. Wenn Luciane, meine Tochter, die für die Welt geboren ist, sich dort für die Welt bildet, wenn sie Sprachen, Geschichtliches und was sonst von Kenntnissen ihr mitgeteilt wird, so wie ihre Noten und Variationen vom Blatte wegspielt; wenn bei einer lebhaften Natur und bei einem glücklichen Gedächtnis sie, man möchte wohl sagen, alles vergißt und im Augenblicke sich an alles erinnert; wenn sie durch Freiheit des Betragens, Anmut im Tanze, schickliche Bequemlichkeit des Gesprächs sich vor allen auszeichnet und durch ein angebornes herrschendes Wesen sich zur Königin des kleinen Kreises macht, wenn die Vorsteherin dieser Anstalt sie als kleine Gottheit ansieht, die nun erst unter ihren Händen recht gedeiht, die ihr Ehre machen, Zutrauen erwerben und einen Zufluß von andern jungen Personen verschaffen wird, wenn die ersten Seiten ihrer Briefe und Monatsberichte immer nur Hymnen sind über die Vortrefflichkeit eines solchen Kindes, die ich denn recht gut in meine Prose zu übersetzen weiß: so ist dagegen, was sie schließlich von Ottilien erwähnt, nur immer Entschuldigung auf Entschuldigung, daß ein übrigens so schön heranwachsendes Mädchen sich nicht entwickeln, keine Fähigkeiten und keine Fertigkeiten zeigen wolle. Das wenige, was sie sonst noch hinzufügt, ist gleichfalls für mich kein Rätsel, weil ich in diesem lieben Kinde den ganzen Charakter ihrer Mutter, meiner wertesten Freundin, gewahr werde, die sich neben mir entwickelt hat und deren Tochter ich gewiß, wenn ich Erzieherin oder Aufseherin sein könnte, zu einem herrlichen Geschöpf heraufbilden wollte.
Da es aber einmal nicht in unsern Plan geht und man an seinen Lebensverhältnissen nicht soviel zupfen und zerren, nicht immer was Neues an sie heranziehen soll, so trag ich das lieber, ja ich überwinde die unangenehme Empfindung, wenn meine Tochter, welche recht gut weiß, daß die arme Ottilie ganz von uns abhängt, sich ihrer Vorteile übermütig gegen sie bedient und unsre Wohltat dadurch gewissermaßen vernichtet.
Doch wer ist so gebildet, daß er nicht seine Vorzüge gegen andre manchmal auf eine grausame Weise geltend machte! Wer steht so hoch, daß er unter einem solchen Druck nicht manchmal leiden müßte! Durch diese Prüfungen wächst Ottiliens Wert; aber seitdem ich den peinlichen Zustand recht deutlich einsehe, habe ich mir Mühe gegeben, sie anderwärts unterzubringen. Stündlich soll mir eine Antwort kommen, und alsdann will ich nicht zaudern. So steht es mit mir, mein Bester. Du siehst, wir tragen beiderseits dieselben Sorgen in einem treuen, freundschaftlichen Herzen. Laß sie uns gemeinsam tragen, da sie sich nicht gegeneinander aufheben!«
»Wir sind wunderliche Menschen,« sagte Eduard lächelnd. »Wenn wir nur etwas, das uns Sorge macht, aus unserer Gegenwart verbannen können, da glauben wir schon, nun sei es abgetan. Im ganzen können wir vieles aufopfern, aber uns im einzelnen herzugeben, ist eine Forderung, der wir selten gewachsen sind. So war meine Mutter. Solange ich als Knabe oder Jüngling bei ihr lebte, konnte sie der augenblicklichen Besorgnisse nicht los werden. Verspätete ich mich bei einem Ausritt, so mußte mir ein Unglück begegnet sein; durchnetzte mich ein Regenschauer, so war das Fieber mir gewiß. Ich verreiste, ich entfernte mich von ihr, und nun schien ich ihr kaum anzugehören.«
»Betrachten wir es genauer,« fuhr er fort, »so handeln wir beide töricht und unverantwortlich, zwei der edelsten Naturen, die unser Herz so nahe angehen, im Kummer und im Druck zu lassen, nur um uns keiner Gefahr auszusetzen. Wenn dies nicht selbstsüchtig genannt werden soll, was will man so nennen! Nimm Ottilien, laß mir den Hauptmann, und in Gottes Namen sei der Versuch gemacht!«
»Es möchte noch zu wagen sein,« sagte Charlotte bedenklich, »wenn die Gefahr für uns allein wäre. Glaubst du denn aber, daß es rätlich sei, den Hauptmann mit Ottilien als Hausgenossen zu sehen, einen Mann ohngefähr in deinen Jahren, in den Jahren – daß ich dir dieses Schmeichelhafte nur gerade unter die Augen sage –, wo der Mann erst liebefähig und erst der Liebe wert wird, und ein Mädchen von Ottiliens Vorzügen?«
»Ich weiß doch auch nicht,« versetzte Eduard, »wie du Ottilien so hoch stellen kannst! Nur dadurch erkläre ich mir's, daß sie deine Neigung zu ihrer Mutter geerbt hat. Hübsch ist sie, das ist wahr, und ich erinnere mich, daß der Hauptmann mich auf sie aufmerksam machte, als wir vor einem Jahre zurückkamen und sie mit dir bei deiner Tante trafen. Hübsch ist sie, besonders hat sie schöne Augen; aber ich wüßte doch nicht, daß sie den mindesten Eindruck auf mich gemacht hätte.«
»Das ist löblich an dir,« sagte Charlotte, »denn ich war ja gegenwärtig; und ob sie gleich viel jünger ist als ich, so hatte doch die Gegenwart der ältern Freundin so viele Reize für dich, daß du über die aufblühende, versprechende Schönheit hinaussahest. Es gehört auch dies zu deiner Art zu sein, deshalb ich so gern das Leben mit dir teile.«
Charlotte, so aufrichtig sie zu sprechen schien, verhehlte doch etwas. Sie hatte nämlich damals dem von Reisen zurückkehrenden Eduard Ottilien absichtlich vorgeführt, um dieser geliebten Pflegetochter eine so große Partie zuzuwenden; denn an sich selbst in bezug auf Eduard dachte sie nicht mehr. Der Hauptmann war auch angestiftet, Eduarden aufmerksam zu machen; aber dieser, der seine frühe Liebe zu Charlotten hartnäckig im Sinne behielt, sah weder rechts noch links und war nur glücklich in dem Gefühl, daß es möglich sei, eines so lebhaft gewünschten und durch eine Reihe von Ereignissen scheinbar auf immer versagten Gutes endlich doch teilhaft zu werden.
Eben stand das Ehepaar im Begriff, die neuen Anlagen herunter nach dem Schlosse zu gehen, als ein Bedienter ihnen hastig entgegenstieg und mit lachendem Munde sich schon von unten herauf vernehmen ließ: »Kommen Euer Gnaden doch ja schnell herüber! Herr Mittler ist in den Schloßhof gesprengt. Er hat uns alle zusammengeschrieen, wir sollen sie aufsuchen, wir sollen Sie fragen, ob es not tue.
›Ob es not tut‹, rief er uns nach, ›hört ihr? aber geschwind, geschwind!‹«
»Der drollige Mann!« rief Eduard aus; »kommt er nicht gerade zur rechten Zeit, Charlotte? – Geschwind zurück!« befahl er dem Bedienten; »sage ihm, es tue not, sehr not! Er soll nur absteigen. Versorgt sein Pferd; führt ihn in den Saal, setzt ihm ein Frühstück vor! Wir kommen gleich.
Laß uns den nächsten Weg nehmen!« sagte er zu seiner Frau und schlug den Pfad über den Kirchhof ein, den er sonst zu vermeiden pflegte. Aber wie verwundert war er, als er fand, daß Charlotte auch hier für das Gefühl gesorgt habe. Mit möglichster Schonung der alten Denkmäler hatte sie alles so zu vergleichen und zu ordnen gewußt, daß es ein angenehmer Raum erschien, auf dem das Auge und die Einbildungskraft gerne verweilten.
Auch dem ältesten Stein hatte sie seine Ehre gegönnt. Den Jahren nach waren sie an der Mauer aufgerichtet, eingefügt oder sonst angebracht; der hohe Sockel der Kirche selbst war damit vermannigfaltigt und geziert. Eduard fühlte sich sonderbar überrascht, wie er durch die kleine Pforte hereintrat: er drückte Charlotten die Hand, und im Auge stand ihm eine Träne.
Aber der närrische Gast verscheuchte sie gleich. Denn dieser hatte keine Ruh im Schloß gehabt, war spornstreichs durchs Dorf bis an das Kirchhoftor geritten, wo er still hielt und seinen Freunden entgegenrief: »Ihr habt mich doch nicht zum besten? Tuts wirklich not, so bleibe ich zu Mittage hier. Haltet mich nicht auf! Ich habe heute noch viel zu tun.«
»Da Ihr Euch so weit bemüht habt,« rief ihm Eduard entgegen, »so reitet noch vollends herein; wir kommen an einem ernsthaften Orte zusammen; und seht, wie schön Charlotte diese Trauer ausgeschmückt hat!«
»Hier herein«, rief der Reiter, »komm ich weder zu Pferde, noch zu Wagen, noch zu Fuße. Diese da ruhen in Frieden, mit ihnen habe ich nichts zu schaffen. Gefallen muß ich mirs lassen, wenn man mich einmal, die Füße voran, hereinschleppt. Also ists Ernst?«
»Ja,« rief Charlotte, »recht Ernst! Es ist das erstemal, daß wir neuen Gatten in Not und Verwirrung sind, woraus wir uns nicht zu helfen wissen.«