„Charlotte Green“, die legendäre schwarze Köchin von Bent’s Old Fort (Colorado), dargestellt von einer Rangerin des Nationalpark Service.
Als ich 1999 den Band „Auf alten Trails nach Westen“ veröffentlichte, wurde ich vom Erfolg dieses kombinierten Geschichts- und Reisebuches überrascht. (Es hat inzwischen mehrere Auflagen erreicht.) Die große Nachfrage, mehr aber noch die begeisterten Reaktionen der Leser ermutigten mich, über eine Fortsetzung nachzudenken; denn ich hatte in diesem Buch bei Weitem nicht alle Plätze beschrieben, die ich bis dahin gesehen hatte. Zudem bin ich seitdem fast 100.000 km mehr durch den amerikanischen Westen gereist und habe zahlreiche weitere bedeutende historische Orte besucht.
Der Wunsch, ausgetretene Pfade zu verlassen und die interessanten, aber häufig vernachlässigten Sehenswürdigkeiten Amerikas anzusteuern, die den amerikanischen Volkscharakter spiegeln und die zudem fundamentale Einflüsse auf den Gang der amerikanischen Geschichte bei der Inbesitznahme der westlichen Regionen gehabt haben, scheint weitaus größer zu sein, als ich angenommen hatte. Insofern hat das erste Buch bereits seinen Hauptzweck erfüllt, nämlich Mut zu machen, die Neue Welt auf eigene Faust kennenzulernen. Die geschichtlichen Beschreibungen bieten dazu das Hintergrundwissen; denn nur, wenn man das Gesehene richtig einzuordnen weiß, kann man ganz und gar in die Atmosphäre dieser Plätze eintauchen.
Ich gebe bewusst keine Routen-Vorschläge vor – sonst würde ich mich in die Tradition konventioneller Reiseführer und in die Rolle von Reisebüros begeben. Meine Absicht ist die Präsentation von Reisezielen. Die Routen sollte sich jeder selbst ausarbeiten; denn niemand kann Ihnen die Entscheidung abnehmen, welche Gegend der USA für Sie besonders wichtig ist, für welche geschichtlichen Ereignisse Sie sich besonders interessieren und – fast noch wichtiger – wieviel Zeit Sie für Ihre Reise haben und wie viel Geld Sie investieren wollen. (Mit der richtigen Planung können Sie schon bei einem Kurzurlaub von 8 bis 10 Tagen die historischen Plätze eines bestimmten Gebiets „abgrasen“ und einmalige Erfahrungen sammeln.)
Daher folge ich dem bewährten Konzept auch mit diesem Band: Ich stelle die Ereignisse einer Region in kompakter Form dar und beschreibe, wie man zu diesen Orten gelangt und wie sie sich dem Besucher heute präsentieren. Damit versuche ich allen, die eine Reise planen, eine sichere Orientierung in die Hand zu geben und ihnen die Vorbereitung zu erleichtern. Aber auch die, die nur „im Geiste“ über den Atlantik schweifen, sollen den alten Trails folgen können. Und wer noch unschlüssig ist, dem bieten meine Beschreibungen vielleicht eine Entscheidungshilfe.
Das Wichtigste an diesem wie an meinem ersten Buch aber ist: Die meisten beschriebenen Orte finden sich in keinem herkömmlichen Reiseführer und werden in der Regel von keiner organisierten Gruppenreise berücksichtigt. (Es gibt inzwischen einige wenige Ausnahmen.) Es sind Ziele, die die Sehnsucht nach dem alten amerikanischen Westen mit seinen Legenden und Mythen stillen und die Träume von endlosen Prärien, von Freiheit und Abenteuer in einen realistischen Rahmen stellen, ohne ihnen den Zauber zu nehmen, der die Schauplätze dieser aufregenden Ereignisse noch immer umfängt.
Machen Sie sich auf die Suche nach den „Western-Legenden“: Dieses Buch soll – so wie der erste Band – Ihr Wegweiser sein. Es bringt Sie nicht nur zurück in Amerikas Pioniergeschichte, es zeigt Ihnen ganz nebenbei auch ein Amerika, das von den Medien meist vernachlässigt wird: Lernen Sie das ländliche, das echte Amerika kennen. Das Land, in dem der Geist der Pioniere noch lebendig ist, in dem selbstverständliche Tugenden, mit denen die Vorfahren der heutigen Amerikaner den Weg nach Westen antraten, noch nicht verloren gegangen sind. Hier treffen Sie mit einfachen, gastfreundlichen, hilfsbereiten, bescheidenen Menschen zusammen, weit entfernt von den gigantischen Wolkenkratzern, der Dollar-Hysterie und den Entertainment-Maschinerien, die weltweit ein Image der USA geprägt haben, das nur eine oberflächliche Teilwahrheit darstellt. Diese Menschen mögen gelegentlich etwas altmodisch erscheinen – trotz Satellitenschüssel vor dem Haus und eigener Internetadresse –, aber sie strahlen die Tradition der Pionierzeit aus. Dieser scheinbare Gegensatz von moderner Technologie und altväterlichem Denken gehört zu den charakteristischen Eigenarten des amerikanischen Westens. So war es hier schon im 19. Jahrhundert: Festhalten am Bewährten und mutiges Nutzen neuer Möglichkeiten. Sie werden auf Menschen treffen, die mit Hingabe und Begeisterung ihr historisches Erbe pflegen und den Besucher mit großer Dankbarkeit in die Geheimnisse der Plätze einweihen, an denen Geschichte gemacht und Amerika geformt wurde.
Also lassen Sie uns aufbrechen, auf die Highways, die über den Horizont hinausreichen, die sich scheinbar in Prärien und Rockies verlieren. Die grauen Asphaltbänder führen noch immer in die Unendlichkeit und lassen Grenzen vergessen. Sie weisen die Richtung – auf ihnen folgen wir den „Western-Legenden“ …
Dietmar Kuegler
Western-Legenden
Auf alten Trails 2 - Reisehandbuch in die Pionierzeit Amerikas
Semitarius Verlag
Autor: Dietmar Kuegler
Titel: Western-Legenden
Auf alten Trails - Reisehandbuch in die Pionierzeit Amerikas 2. Teil
ISBN: 978-3-945248-16-4
Erschienen im:
Semitarius Verlag - Inh. Andreas Schumann
Rudolf-Dietz-Straße 38
65232 Taunusstein
© 2015 - Alle Rechte vorbehalten
Weitere Print und eBook-Varianten finden Sie unter www.semitarius.com
Dieses Buch ist die eBook-Version des gleichnamigen Buchs aus dem Jahr 2001,
erschienen im:
Copyright © 1999 VERLAG FÜR AMERIKANISTIK D. Kuegler
P. O. Box 1332
D-25931 Wyk auf Foehr
Bildquellen:
Sämtliche Fotos: © Dietmar Kuegler
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Der furchtbare Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten (1861/65) war ein halbes Jahr vorbei. Während im amerikanischen Osten noch die Wunden geleckt wurden, brachen viele heimgekehrte Soldaten nach Westen auf, dessen unberührte Weiten voller Verheißung waren und dessen endlose Prärien und majestätische Rockies Dreck, Elend und Blut der Schlachtfelder vergessen ließen. In Colorado gab es Gold, in Kansas und Nebraska freies Siedlungsland. Der Schienenstrang der Eisenbahn schob sich unaufhaltsam nach Westen vor. Die neuen Postkutschenlinien und Frachtrouten brauchten militärischen Schutz.
Am 11. Oktober 1865 gründete Lieutenant Colonel William Tamblyn mit 3 Kompanien US Volunteers im Mündungsgebiet von Big Creek und Smoky Hill River einen Militärposten, den er zunächst „Fort Fletcher“ nannte, zu Ehren des Gouverneurs von Missouri. Die „Freiwilligen“-Infanterie des Oberstleutnants bestand aus ehemaligen konföderierten Kriegsgefangenen, die sich zum Dienst an der Indianergrenze gemeldet hatten, um rascher wieder in Freiheit zu gelangen.
Die Postkutschenlinie, die das neue Fort passierte, wurde immer wieder von Cheyenne und Arapaho angegriffen. Am 20. November 1865 hatten die US-Truppen einen ersten Zusammenstoß mit Indianern und töteten 7 Krieger.
Es gelang den Soldaten nicht, die Kutschenroute sicherer zu machen. Ständige Ausfälle des Fahrplans, unkalkulierbare Gefahren für Leben und Besitz der Passagiere trieben David Butterfield, den Inhaber der Transportfirma, schließlich in den Bankrott. Nach 7 Monaten wurde auch der kleine Armeeposten zunächst aufgegeben, aber im Oktober 1866 rückten erneut Soldaten ein, Angehörige der regulären 3. Infanterie unter Lieutenant G. W. H. Stouch. Später folgte eine Kompanie der 7. US-Kavallerie.
Im November wurde Camp Fletcher in „Fort Hays“ umbenannt, zu Ehren von General Alexander Hays, der im Bürgerkrieg während des Wilderness-Feldzuges gefallen war.
Im Juni 1867 kam es zu einer Katastrophe: Der Big Creek trat über die Ufer, überflutete die Fortanlage mit solcher Gewalt, dass Hütten zerstört und Material weggeschwemmt wurde. Mehrere Soldaten ertranken. Fort Hays wurde danach wieder aufgebaut, allerdings etwas näher an der Bahnlinie. Die Besatzung wurde verstärkt, auch durch Kompanien der legendären „Buffalo Soldiers“ – schwarze Soldaten der 38. Infanterie und 10. Kavallerie.
Fort Hays wurde Ausgangspunkt zahlreicher großer Indianerkampagnen. George A. Custer bereitete hier seine Feldzüge mit der 7. Kavallerie gegen Cheyenne und Kiowa vor. Der Departmentskommandeur General Phil Sheridan kam persönlich.
Im August 1867 kämpfte die 10. Kavallerie nördlich von Fort Hays gegen Cheyenne, Arapaho und Kiowa unter Führung des berühmten Häuptlings Satanta in den Schlachten von Saline River und Prairie Dog Creek. Angehörige der 9. und 10. schwarzen Kavallerie waren zwischen 1867 und 1869 und dann wieder zwischen 1881 und 1885 in Fort Hays stationiert, insgesamt fast 500 Mann.
Unweit des Forts entstand die wilde Kleinstadt Hays, in der die Soldaten ihre knappe Freizeit verbrachten. Zeitweilig amtierte hier der berüchtigte Revolverheld „Wild Bill“ Hickok als County Sheriff – ernannt vom Vigilanz-Komitee der Stadt, aber nie vom Gouverneur von Kansas bestätigt. Die Anwesenheit der schwarzen Soldaten führte mehrfach zu Rassismus-Problemen, die 1867 darin gipfelten, dass 3 schwarze Kavalleristen von einem Mob an einer Eisenbahnbrücke aufgehängt wurden.
Fort Hays blieb bis August 1889 einer der Schlüsselposten in Kansas, dann zog die Armee sich zurück. Das Land galt als „befriedet“. Die Indianer waren verdrängt, Weizenfarmen beherrschten die Kansas-Prärie.
Armeefrachtwagen vor Offiziersgebäude in Fort Hays, Kansas.
Das Gelände wurde dem Staat Kansas übertragen, der zeitweilig eine Landwirtschaftsschule in den Mannschaftsbaracken einrichtete. Danach dienten die Gebäude, die die Zeiten überdauerten, als Grundschule. Schließlich wurde das Gelände zum öffentlichen Park.
Heute steht Fort Hays unter Denkmalsschutz des Staates Kansas. Mehrere der Originalgebäude sind erhalten, unter anderem zwei Offiziershäuser, die liebevoll mit altem Mobiliar eingerichtet sind. Auch das Guardhouse mit den Arrestzellen ist noch vorhanden.
Fort Hays liegt südlich der Stadt Hays an einer Umgehungsstraße des US Highway 183. Von Westen oder Osten kommend, erreicht man Hays über Interstate 70. Benutzt man Exit 157, entert man sofort die Umgehungsstraße und erreicht nach 2 – 3 Meilen das Fort (es liegt dann auf der rechten Seite). Exit 159 führt südwärts durch die geschäftige Hauptstraße der Stadt Hays. Nach ca. 2 Meilen biegt man links in die Umgehungsstraße ein und hat die Einfahrt zum Fort links vor sich. Die Entfernung ist von beiden Exits aus gleich.
Von der sogenannten „Altstadt“ von Hays – dem Ortskern, der um 1867 entstand – ist nicht viel geblieben, allerdings stehen noch einige Gebäude aus dem 19. Jahrhundert und Hinweistafeln erläutern, wo beispielsweise das erste Gefängnis oder „Wild Bill“ Hickoks Sheriff’s Office gestanden hat. Ferner gibt es noch Reste des alten Friedhofs – vermutlich der erste seiner Art, der in Kansas als „Boot Hill“ bezeichnet wurde, weil die gewaltsam gestorbenen Männer hier in den Stiefeln beerdigt wurden.
Offizierswohnstube in Fort Hays, Kansas
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gab es zeitweise um die 190 Militärposten westlich der Missouri-Mississippi-Linie. Den meisten war nur eine kurze Existenz beschieden. Ihre Gründung folgte den Siedlerströmen nach Westen, um Sicherheit für Treckwege, Transportrouten und Eisenbahnlinien zu schaffen. War ihre Aufgabe erfüllt, wurden sie unverzüglich geräumt; denn die amerikanische Armee zwischen 1866 und 1890 war klein, das Land groß und die Aufgaben übermächtig.
Fort Larned in der Kansas-Prärie erreichte immerhin eine Lebensdauer von fast 20 Jahren – manch andere Forts wurden schon nach einem oder zwei Jahren wieder verlassen.
Mit Ende des Krieges gegen Mexiko 1848 wuchs der Handelsverkehr auf dem Santa Fe Trail, der das Herzland von Kansas durchschnitt. Zugleich stießen neue Siedler in die Plains vor, und die Entdeckung von Gold und Silber in Colorado schwemmte weitere Menschen nach Westen, die auf ihrem Weg Kansas durchqueren mussten. Besonders die Goldfunde in Colorado verursachten Konflikte mit den südlichen Plainsindianern. Cheyenne, Kiowa, Arapaho und Comanchen reagierten zunehmend gereizt auf den unablässigen Strom der Eindringlinge, die ihren Lebensraum in Besitz nahmen. Im Herbst 1859 riet kein Geringerer als William Bent – Gründer von „Bent’s Fort“ am Oberen Arkansas –, der vielleicht beste Kenner der Plainsstämme dieser Region und zudem in jenen Jahren Indianeragent der Regierung, zu einer zusätzlichen militärischen Absicherung des Santa Fe Trails. Er wies darauf hin, dass das aggressive Verhalten der weißen Pioniere und die Vernichtung der indianischen Nahrungsreserven durch die Abschlachtung der Bisons langfristig zu schweren Unruhen führen würde. Schon im Winter 1859 richtete die US-Armee am Pawnee Creek einen kleinen Stützpunkt aus Zelten und Erdhütten unter dem Namen „Camp Alert“ ein. Die wenigen Soldaten eskortierten Postkutschen und Frachttransporte. Im Mai 1860 rückte ein größeres Kontingent unter Captain Henry W. Wessells an. Wessells wählte ein neues Gelände mehrere Meilen oberhalb der Pawnee-Gabelung aus und begann den Bau eines permanenten Forts unter dem Namen „Fort Larned“ – benannt nach dem General-Zahlmeister der US-Armee, Colonel Benjamin F. Larned. Die ersten Gebäude wurden in aller Eile aus Brettern und Adobeziegeln errichtet. Frühe Berichte nannten sie „ständig schmutzig, feucht und ungesund“. Der Ausbruch des Amerikanischen Bürgerkrieges verhinderte eine Verbesserung der Situation; die militärische Aufmerksamkeit wandte sich dem Osten zu. Erst ab 1865 wurden die Lehmziegelquartiere durch feste Steingebäude ersetzt. Da war Fort Larned bereits einer der wichtigsten Militärposten am Santa Fe Trail.
Fort Larned, Kansas.
Ab 1864 tobte Krieg auf den südlichen Plains, verursacht durch die rücksichtslose Missachtung indianischer Rechte durch die Goldsucher. Im Juli 1864 begann der Krieg der Kiowa in Fort Larned, als der berühmte Häuptling Satanta mit seinen Kriegern versuchte, den Posten einzunehmen. Es kam zu einem Schusswechsel, bei dem Satanta selbst einen der Wachtposten mit zwei Pfeilen verletzte. Einen großen Angriff scheute er wegen der offensichtlich massiven Feuerkraft der Besatzung. Dafür stahlen die Indianer die Pferdeherde des Postens – 172 Tiere.
Im Spätherbst 1864 schlachteten Colorado Volunteers unter Colonel Chivington ein friedliches Cheyennelager am Sand Creek (Süd-Colorado) ab. Die Folge war eine Ausweitung des Indianerkrieges. Kiowa, Comanche und Arapaho vereinigten sich mit den Cheyenne.
Im September attackierte eine Armeepatrouille ein Camp der Kiowa, Cheyenne und Arapaho 75 Meilen von Fort Larned entfernt, aber im Grunde blieben die kleinen Militäreinheiten machtlos gegen die hochmobilen, flexiblen Kriegergruppen, die blitzschnell aus den Plains auftauchten, zuschlugen, Transporte und Wagenzüge attackierten und sich ebenso schnell wieder zurückzogen. Ab 1865 konnte kein Treck mehr den Santa Fe Trail ziehen, ohne militärisch eskortiert zu werden. Üblicherweise sammelten sich die Karawanen in Fort Larned und zogen von hier unter Truppenbedeckung bis nach Fort Union in New Mexico. Gleichzeitig patrouillierten Kavallerietrupps durch die Plains, um die Auseinandersetzung mit den indianischen Gruppen zu suchen. Die Fortbesatzung bestand zu dieser Zeit vorwiegend aus „galvanisierten Yankees“ – ehemaligen Angehörigen der Konföderierten Armee, die sich aus der Kriegsgefangenschaft in die US-Armee gemeldet hatten, um den Gefangenenlagern zu entgehen. Ihre Aufgabe war es nun, die Frachtrouten nach Westen zu sichern und offenzuhalten.
Blick in ein Infanteriequartier von Fort Larned, Kansas. Beachtenswert die Betten, jeweils für 4 Soldaten.
Im Oktober 1865 gelang es William Bent und Kit Carson an einer Furt des Little Arkansas, wo später die Stadt Wichita entstehen sollte, Häuptlinge der Cheyenne, Kiowa, Comanche und Arapaho zusammenzubringen und Friedensverträge mit den Stämmen auszuhandeln. Diese Abmachungen brachten allerdings nur eine kurze Atempause in den Auseinandersetzungen auf den Prärien.
Fort Larned wandelte sich ab 1867 zu einem Handelsplatz, wo zivile Wagentrecks ihre Vorräte ergänzen und Reparaturen durchführen, und wo Indianer die versprochenen Vertragsleistungen der Regierung in Empfang nehmen konnten. Der Posten wurde allerdings auch die Basis für neue Indianerkampagnen, die ab 1867 von Offizieren wie Winfield Scott Hancock und George A. Custer durchgeführt wurden, um die Reste der noch frei umherstreifenden Cheyenne zu unterwerfen. Diese Offiziere wollten keinen Frieden, sie wollten kämpfen, um sich für ihre weitere Karriere zu profilieren. Gleichwohl kam es noch im selben Jahr zum Vertrag von Medicine Lodge: Eine Regierungskommission – eskortiert von Truppen aus Fort Larned – traf sich mit 5.000 Indianern der südlichen Plains. Dieser Frieden hielt kaum ein Jahr, aber die Auseinandersetzungen verlagerten sich nun zunehmend südwestwärts. Fort Larneds Bedeutung als Posten in der Mitte von Kansas sank. Am 28.Oktober 1878 kam der Befehl zur Räumung. Die Besatzung wurde nach Fort Dodge abkommandiert. Die Armee verkaufte das Fort an einen Viehzuchtbetrieb. 1902 erwarb es der Rancher E. E. Frizell, der die noch existierenden Gebäude als Ställe und Lagerhäuser nutzte und auf dem umliegenden Gelände und dem Exerzierplatz Picknickgäste empfing. Er erkannte aber auch die historische Bedeutung des Platzes und öffnete das Gelände für interessierte Besucher. 1957 entstand die „Fort Larned Historical Society“ mit dem Zweck, das alte Fort zu erhalten. 1961 wurde Fort Larned unter Denkmalsschutz gestellt, und 1964 übernahm der Nationalpark Service die Verwaltung. Umfangreiche Renovierungs- und Restaurierungsarbeiten haben dazu geführt, dass heute über 40 Räumlichkeiten im Fort – komplett eingerichtet – den Besuchern ein detailliertes Bild vom Leben in einem Armeeposten am Santa Fe Trail demonstrieren. Reenactors in den Uniformen der Zeit tragen dazu bei, Fort Larned als lebendiges Monument einer der dramatischsten Perioden der Geschichte von Kansas zu erhalten.
Fort Larned ist heute einer der besterhaltensten Posten der Indianerkriegszeit. Seine Lage – weitab von Städten und Durchgangsstraßen, in weitgehend unbesiedelter Prärie am Pawnee River – trägt dazu bei, dass die historische Aura für den Besucher noch immer spürbar ist. Der Posten liegt südlich vom Kansas-Highway 156. Von Interstate 70 im Norden kommend fährt man über Hays auf US Highway 183 südwärts und biegt kurz vor der Gemeinde Sanford auf Nr. 156 ein. Nach ca. 6 Meilen erreicht man die Zufahrt zum Fort. Die Beschilderung ist ausreichend und klar.
Infanterie-Quartiere in Fort Larned, Kansas.
Etwas abseits der Durchgangsrouten, im nördlichen Zentralkansas, befindet sich unweit der Nebraska-Grenze ein kleines, äußerst eindrucksvolles und architektonisch einzigartiges Museum, das zum Pflichtprogramm eines jeden gehören sollte, der sich ernsthaft mit indianischer Geschichte beschäftigt. Es handelt sich um die archäologische Ausgrabungsstätte eines im frühen 19. Jahrhundert bedeutenden Dorfes der Pawnee. Am Kithkehahki (Republican River) gelegen, bestand es in den 1820er Jahren aus 30 – 40 Erdhäusern mit über 1.000 Bewohnern. 1826 wurde es von dem berühmten Mountain Man und Entdecker Jedediah Smith, der sich mit einer Trapperbrigade auf dem Weg nach Westen befand, besucht. Man vermutet, dass es aufgrund von kriegerischen Bedrohungen durch benachbarte Stämme und durch Krankheiten, die von Weißen eingeschleppt wurden, zugrunde ging. Es wird angenommen, dass der Platz für 10.000, möglicherweise für 20.000 Jahre von indianischen Völkern besiedelt war.
Auf dem eingezäunten Gelände von ca. 2,4 ha sind die runden Einbuchtungen von 22 Erdhäusern erkennbar. Das ursprüngliche Dorf wurde von einem Schutzwall aus Grassoden und Baumstämmen umgeben, da die Pawnee mit fast allen anderen Plainsstämmen im Krieg lagen. Die meisten der Erdhäuser hatten einen Durchmesser von 9 – 12 m; zwei jedoch waren erheblich größer. 1967 wurde die Grundfläche der größten Lodge – vermutlich das Heim einer bedeutenden Familie – zum Mittelpunkt des Museumsgebäudes: Das Museum wurde um die archäologische Ausgrabung herumgebaut. Höhe und Konstruktion der Decke entsprechen dem ursprünglichen Erdhaus. Der Originalfußboden der Lodge bildet die zentrale Ausstellung; er misst 15 m im Durchmesser.
So, wie die Archäologen die Lodge vorfanden, stellt sie sich heute dar: Auf dem Fußboden liegen die Reste verbrannten Holzes von den eingestürzten Wänden, man sieht die Pfostenlöcher, in denen die Dach- und Wandpfähle gestanden haben. In der Kochstelle befindet sich noch die Asche des letzten Feuers. An der Westseite liegt ein schwer vom Feuer beschädigter Bisonschädel. Er wurde von dem Altar des benachbarten Hauses geborgen und dort platziert, wo sich der Altar befunden haben muss.
Der südliche Teil weist im Fußboden eine große Vorratsgrube auf. Vermutlich war sie mit Schilfgras oder Rinde ausgekleidet und enthielt Mais, Kürbisse, getrocknetes Fleisch und andere Lebensmittel. Auf dem Boden liegen genau dort, wo sie bei den Ausgrabungen gefunden wurden, die Reste von Stein –, Knochen- und Metallwerkzeugen, die in der Lodge zurückgelassen wurden, als sie verlassen wurde, darunter die Knochenklinge für eine Hacke aus dem Schulterblatt eines Bisons, Pfeilschaftbegradiger aus Sandstein, sowie metallene Handelswaren wie eine Axt, eine Hackenklinge, Messerklingen und Pfeilspitzen.
Pawnee Indian Village-Museum und Zebulon-Pike-Gedenkstein, Kansas.
Auf ein interessantes Detail sollte bei einer Wanderung über das ursprüngliche Dorfgelände geachtet werden: Im Gras blühen wunderschöne rote und lilafarbene Blumen. Diese Pflanzen waren bereits den einstigen Bewohnern der Region bekannt. Es handelt sich um die „Purple Poppy Mallow“ (Calirhoe involucrata), deren Wurzeln von den Pawnee wie Kartoffeln gekocht und verspeist wurden.
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Im 16. Jh. waren spanische und französische Entdecker auf die Pawnee im Gebiet der heutigen Staaten Kansas und Nebraska gestoßen. Tausende von Pawnee verteilten sich auf 4 unabhängige Gruppen: Die Chaui (Grand), die Pitahauerat (Tappage), die Kitkehahki (Republican) und die Skidi (Wolf). Sie hatten seit Hunderten von Jahren am Platte und dem unteren Loup River in Nebraska und an den Flüssen Blue und Republican im südlichen Nebraska und nördlichen Kansas gelebt.
Angeblich nannten die Franzosen sie Republican, weil sie irrtümlich annahmen, die Pawnee hätten eine republikanische Regierungsform. Der Fluss, an dem sie lebten, wurde nach ihnen benannt. Ihre Erdhäuserdörfer lagen terrassenartig oder auf Hügeln oberhalb der Flusstäler. In den Flussniederungen hatten sie Gärten angelegt, in denen die Frauen Mais, Bohnen und Kürbis zogen. Mindestens zweimal im Jahr, üblicherweise im Sommer und Winter, zog die gesamte Gruppe nach Süden und Westen in die High Plains zur Bisonjagd. Während der Jagd lebten sie in Tipis.
Die meisten täglichen Verrichtungen leisteten die Frauen. Ihr Leben war hart, aber sie nahmen einen respektierten Platz in der Pawnee-Gesellschaft ein. Die Führerschaft einer Gruppe wurde oft durch die Schwester eines Häuptlings vererbt, indem ihr Sohn der nächste Häuptling wurde.
Das Pawnee Indian Village Museum wird über US Highway 36 erreicht. Von hier zweigt Kansas-Highway K-266 nach Norden ab. Nach ca. 7 Meilen sieht man das runde Museumsgebäude auf einem Hügel aus der einsamen Landschaft auftauchen. Auf dem Gelände erinnert ferner ein Monument an die Expedition des jungen Zebulon Pike, der 1806 die amerikanische Fahne in diesem Teil des Landes hisste, auf das zu jener Zeit Spanien Ansprüche erhob.
Das Museum wird von der Kansas State Historical Society betrieben. Es ist jeweils von Mittwoch bis Sonntag geöffnet (Montag und Dienstag geschlossen!), sonntags nur am Nachmittag. Die nächste größere Stadt mit einem Motel ist Belleville am Kreuzungspunkt der Highways 36 und 81.
US Highway 36 folgt – von St. Joseph, Missouri, kommend – zum Teil der alten Pony Express Route. Hier befindet sich ein Juwel der Geschichte dieses abenteuerlichen Postdienstes, der in der Pionierzeit der USA eine bahnbrechende Rolle spielte. Hollenberg Station bei der kleinen Siedlung Hanover – von dem deutschen Emigranten Gerat H. Hollenberg gegründet –, ist die vermutlich einzige noch existierende, vollständig erhaltene Station des Pony Express auf dem Originalstandort. (Gothenburg-Station in Nebraska befindet sich nicht mehr am Originalplatz.)
Pony-Express-Reiter: Statue am US Highway 36, Nord-Kansas.
Hollenberg wanderte Ende der 1840er Jahre in die USA ein und zog zunächst weiter nach Südamerika und sogar nach Australien, um Gold zu suchen. Der kalifornische Goldrausch 1849 brachte ihn zurück in die USA. Angeblich ging das Schiff, mit dem Hollenberg Kalifornien verließ, vor der Küste Floridas unter, und Hollenberg konnte nur sein Leben retten. 1854 ließ er sich am Black Vermillion River nahe des Oregon-California Trails in Kansas nieder und gründete eine kleine Handelsstation. Der Siedlerstrom nach Westen brachte ihm Tag für Tag die Kunden vor die Haustür seiner kleinen Blockhütte. 1858 schließlich zog er mit seiner frisch angetrauten Frau Sophia zum Cottonwood Creek und errichtete das heute noch existierende Haus – zunächst als Blockhütte mit einem Raum. Im Laufe der Jahre wurde das Gebäude ständig erweitert und zur gegenwärtigen Größe ausgebaut. Hollenberg Station lag an der Hauptroute nach Westen, die in St. Joseph begann. Während Hollenberg einen schwunghaften Handel mit Lebensmitteln und Werkzeugen betrieb, kochte seine Frau Mahlzeiten für Reisende; denn der Posten diente auch als Station für die Überlandkutschen. 1860 wurde Hollenbergs Ranch Rastplatz für den Pony Express.
Hollenberg Pony-Express-Station, Kansas.
Trotz der allgemeinen Popularität war das Unternehmen finanziell zum Scheitern verurteilt. Für Hollenberg wurde die Beteiligung zum Verlustgeschäft; die Firma „Russell, Majors & Waddell“, die den Expressdienst gegründet hatte, bezahlte nie ihre Rechnungen.
Hollenberg sah frühzeitig den Siegeszug der Eisenbahn voraus, die das Ende der Planwagentrecks bedeutete, und begann nach 1865, seine Station schrittweise zu einer erfolgreichen Farm umzuformen. Er legte Kornfelder an und züchtete Vieh, außerdem betätigte er sich erfolgreich als Landmakler und gründete die noch heute bestehende Kleinstadt Hanover. Auf einer Reise in seine deutsche Heimat 1874 starb er.
Die alte Pony Express Station blieb bis ins 20. Jahrhundert im Besitz von Hollenbergs Nachkommen, die sie wahlweise als Wohnhaus oder Scheune vermieteten. Schließlich stand sie leer, bis sie 1941 von der Kansas Historical Society erworben wurde. Die Station und ein hervorragendes Visitor Center mit Museum und ausgezeichnetem Videoprogramm über die Geschichte der Region liegen am Kansas Highway K-243 unweit von Hanover. Die Straße zweigt nach Norden von US Highway 36 ab. Geöffnet ist das Museum von Mittwoch bis Sonntag, wobei die Öffnungszeiten am Sonntag auf den Nachmittag beschränkt sind.
In der kleinen Präriestadt Colby (Nordost-Kansas), direkt an der Interstate 70 gelegen, befindet sich das bemerkenswerte Prairie Museum of Art & History der „Thomas County Historical Society“, die 1959 gegründet wurde und heute über mehr als 1.100 Mitglieder verfügt. Wie die meisten lokalen oder regionalen historischen Gesellschaften in den USA, sind die Mitglieder auch hier außerordentlich aktiv und opfern Freizeit und Geld, um ihre Heimatgeschichte in der bestmöglichen Form zu erhalten. Hinzu kommen finanzstarke Sponsoren der Region, sodass in Colby ein Museum entstehen konnte, dass in Kansas seinesgleichen sucht. Eröffnet wurde es 1988.
Neben einem eindrucksvollen Bauwerk in Pyramidenform, umgeben von einem hohen Erdwall mit Büffelgras, befindet sich auf dem weitläufigen Gelände ein Museumsdorf, das zahlreiche alte Gebäude der Region aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert präsentiert, z. B. ein Grassoden-Haus der frühen Heimstättensiedler, eine komplette Farm von 1918, eine Prärie-Kirche von 1915, eine Ein-Raum-Schule (The Nicol School), von deren Art es einst 94 im Thomas County gab und die bis in die 1930er Jahre genutzt wurde, und die größte Scheune des Staates Kansas, die ursprünglich 1936 auf einer Farm nordöstlich von Colby gestanden hat.
Die historischen Bauten können alle betreten werden und sind mit Originalmobiliar ausgestattet.
Die verschiedenen Sammlungen, die im Museumsgebäude präsentiert werden, geben einen hervorragenden Überblick über die Farmregion von Kansas und deren Entwicklung.
Ein Besuch des Prairie Museum of Art & History in Colby, South Franklin Road, ist sehr empfehlenswert und durch die ideale Lage in unmittelbarer Nähe der Interstate 70 (erreichbar über die Exits 53 oder 54) leicht in jede Reiseplanung einzubeziehen.
Charakteristische Prärie-Kirche der Pionierzeit im Plainsmuseum von Colby, Kansas.
Die größte Scheune von Kansas in der typischen „Brotbüchsenform“ in Colby.
1867 wurde ein weltvergessenes, aus wenigen windschiefen Hütten bestehendes Nest in der Kansas-Prärie die Wiege der Cowboy-Legende: Abilene , 10 Jahre vorher von dem bibelfesten Farmer Tim Hersey gegründet, wurde von der Kansas-Pacific-Eisenbahn als Haltepunkt ausersehen. Im selben Jahr tauchte der Viehhändler Joseph McCoy aus Illinois hier auf und erkannte mit sicherem Blick die Möglichkeiten: Es gab gutes Grasland in Fülle, ausreichend Wasser, viel Platz, und es gab die Eisenbahn. Glänzende Voraussetzungen für die Entwicklung eines großen Marktes für texanische Rinder. Zudem führte hier ein alter Indianer- und Händlerpfad vorbei, der „Chisholm Trail“, der von Texas bis Zentral-Kansas alles zu bieten hatte, was Rinderherden benötigten, um auf dem langen Weg bei Kräften zu bleiben. Entscheidend war zudem: Der Norden der USA brauchte Schlachtvieh, und in Texas standen 5 Millionen Longhorns nutzlos auf den Weiden.
McCoy ließ Verladegatter und das riesige „Drovers Cottage“- Hotel bauen. Es entstanden Saloons, Spielhallen, Hotels und Geschäfte. Dann schickte er Werber nach Texas und ließ unter den verzweifelten Viehzüchtern, die nicht wussten, wohin mit ihren Rindern, und die von Steuern gedrückt wurden, Handzettel verteilen. Im Sommer 1867 gingen die ersten Longhornherden auf den Trail nach Norden und trafen nach über 1.000 Meilen Hitze, Sturm und Staub, getrieben von lederhäutigen Cowboys in der Stadt in Kansas ein. Zehntausende knochiger Longhorns drängten sich auf den Weiden; ein Millionengeschäft. Allerdings verwandelten die ausgelaugten Cowboys Abilene während der Viehsaison in ein wahres Sündenbabel mit wildem Rotlichtdistrikt.
Hektoliterweise floss der Brandy. Nacht für Nacht krachten die Revolver, flogen die Fäuste. Die Ernennung des couragierten „Bear River“ Tom Smith zum Marshal brachte etwas Ruhe; doch nach wenigen Monaten wurde der mutige Mann kaltblütig ermordet. Ab April 1871 amtierte der berüchtigte Gunman „Wild Bill“ Hickok als Polizeichef. Die Texaner hassten ihn. Als er in einem persönlichen Streit einen Salooner und versehentlich seinen eigenen Deputy Marshal erschoss, wurde er entlassen. 1872 waren die wilden Jahre Abilenes vorbei: Die Eisenbahn war weiter nach Süden und Westen gebaut worden. Die Wege nach Wichita und Dodge City waren für die Longhorn-Herden kürzer. Abilene wurde zu einer biederen Farmerstadt und erlebte durch den Weizenanbau einen neuen Boom.
Die Bahnlinie durchschneidet die Stadt noch immer wie in alten Tagen. Unmittelbar daneben liegt heute „Old Abilene“, eine Rekonstruktion der alten Cattle Town . Im „ Alamo Saloon“ finden Can-Can-Shows statt, eine der ältesten Kirchen von Kansas ist zu sehen, sowie das Marshal Office von „Wild Bill“ Hickok.
Alamo-Saloon in Old Abilene, Kansas.
Eine der ältesten Kirchen in Kansas, die Reformed Church on Turkey Creek, Old Abilene.
Leider befindet sich dieses Freilichtmuseum in keinem guten Zustand, seit sein Gründer vor Jahren verstorben ist. Ein verheerender Brand im Jahr 2000 hat der Substanz von „Old Abilene“ weiteren Schaden zugefügt. Dennoch ist ein Besuch durchaus noch lohnenswert, zumal Abilene als Stadt sich den Charakter einer Pionier-Town bewahrt hat. Viele alte Gebäude säumen die Hauptstraße, und auch das Eisenhower Center ist es wert, beachtet zu werden – direkt daneben steht das Geburtshaus des amerikanischen Generals und Präsidenten. Auch wenn „Old Abilene“ nicht mehr die Ausstrahlung besitzt wie Dodge City oder Wichita, wird die Stadt die Aura, die erste „Cattle Town“ gewesen zu sein, nie verlieren.
Wenn man von Süden auf Highway 15 in die Stadt fährt – auf der gleichen Route, auf der die Rinderherden heranzogen –, stößt man unmittelbar vor der Bahnlinie auf die rechte Abzweigung nach „Old Abilene“. Stark verblichene Schilder weisen den Weg. Wer über Interstate 70 kommt (von Norden), benutzt Exit 275 und fährt geradeaus nach Süden durch die Stadt bis zum Bahnübergang.
Wie so häufig bei Städten im amerikanischen Westen, begann es auch hier mit einem indianischen Handelsposten: An einer Gabelung des Arkansas und des Little Arkansas River, einem Siedlungsgebiet der Wichita-Indianer, hatten sich um 1860 die Händler James R. Mead und William Greiffenstein niedergelassen und die Stämme der Region mit den begehrten Waren des weißen Mannes – Metallwerkzeugen, Waffen, Decken und Perlen – versorgt. Da der Chisholm Trail hier vorbeiführte, zogen ab 1866/67 die ersten Texas-Longhorns von Süden heran und wurden ins nördlich gelegene Abilene getrieben; denn hier gab es den notwendigen Eisenbahnanschluss.
Die Mainstreet von Old Cowtown Wichita, Kansas.
1868 gründeten einige visionäre Geschäftsleute den Ort „Wichita“ und hofften, ebenfalls von dem texanischen Viehhandel zu profitieren. Da Wichita südlich von Abilene lag, war der Weg hierher kürzer. Allerdings fehlte noch immer der Gleisanschluss. Erst 1872 rückte die Eisenbahn bis nach Wichita vor. Damit kam der Erfolg: Im selben Jahr entschied sich der Großrancher Abel „Shanghai“ Pierce, seine Herden künftig nach Wichita zu treiben. 1872 wurden bereits 70.000 Longhorns verladen. Die Einwohnerzahl stieg auf über 2.500. Ein Rotlichtbezirk entstand, in dem der berüchtigte „Rowdy“ Joe Lowe eine Tanzhalle eröffnete. Mike Meagher, ein bekannter Revolvermann, wurde zum Townmarshal ernannt. Kein Geringerer als Wyatt Earp gehörte zur Stadtpolizei. Mit Waffenverboten und hartem Durchgreifen wurde für eine gewisse Ordnung gesorgt. Binnen eines Jahres wurde Wichita zur wichtigsten Cattle Town in Kansas. Es war aber nur ein kurzer Boom, denn im östlichen Kansas siedelten sich immer mehr Farmer an, die sich von den Rinderherden belästigt fühlten. Die Texas-Longhorns wurden als Träger von Viehseuchen – vor allem das „Texas-Fieber“ – angesehen, die eine große Gefahr für andere Rinderrassen darstellten. Die Farmer verlangten scharfe Quarantäne-Gesetze und bauten Zäune auf dem Chisholm Trail.
Daraufhin wandten sich die Texaner westwärts nach Dodge City und trieben ihre Herden über den „Great Western Trail“ (auch „Dodge City Trail“). 1875/76 war Wichitas Zeit als Cattle Town