Der erfüllte Traum …
Auf meiner vierjährigen Reise durfte ich viel erleben, ich sammelte schöne und auch weniger schöne Erfahrungen. Selbst wenn diese Erfahrungen im Augenblick des Erlebens nicht von allzu großer Bedeutung waren, so bin ich doch froh, sie gemacht zu haben.
Sei es die anstrengende Tour auf 4.800 Meter Höhe, die Durchquerung der Salzwüste in Bolivien, die bitterkalten Nächte auf dem Altiplano, der böige Wind in Patagonien, die Durchquerung des Outbacks, die vielen Diebstähle oder meine Einsätze als Erntehelfer.
All das und die Begegnungen mit Menschen aus den vielen Ländern, die ich besuchen konnte, haben für mich eine große Bedeutung. Ich bin stolz auf mich, ich habe es tatsächlich durchgestanden – ich erfüllte mir meinen Lebenstraum!
Ich stellte in diesen vier Jahren fest, dass Erlebnisse, die mit Entbehrungen und Herausforderungen verbunden sind, zu meinem persönlichen Wachstum beigetragen haben. Ja: Auch als Rentner, als gestandener Mann, ist es möglich, an solchen Erlebnissen weiter zu wachsen – wenn man den Mut hat, sich auf den Weg zu begeben.
Ich habe etwas geschafft, das mir Glück und Befriedigung brachte und woran ich mich mein ganzes restliches Leben gerne erinnern werde.
Fritz Kratzeisen
… und dann machte ich
mich auf den Weg …
77815 Bühl/Baden • www.ikotes.com
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© 2012 ikotes Verlag, Postfach 1651, D-77806 Bühl
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Ungekürzte eBook-Ausgabe: ISBN 978-3-941626-13-3
Lektorat: Martina Leiber, Karlsruhe
Herstellung: ikotes Verlag, 77815 Bühl
Inhalt
Ein Traum wird wahr
Prolog
Martinique
Das Organisationstalent
Ein Sklaventraum
Unser erster Segeltörn
Von Martinique nach Dominica
Fort Napoléon
Besuch bei Waltraut
Auf den Spuren der Vergangenheit
Der zweite Törn
Santa Lucia
Bequia
Von Union Island zu den Tobago Cays
Mustique und St. Vincent
Von St. Vincent nach Santa Lucia
Trois Ilets
Der Abschied naht
Karibik-Flair
Kuba
Verluste
Bekanntschaften
Havanna
Mehr Bekanntschaften
Voodoo-Zauber
Mit Juli auf großer Tour
Von Varadero nach Santa Clara
Von Santa Clara nach Trinidad
Gastfreundschaft
Trinidad
Hilfsbereitschaft
Bekannte Gesichter
Zurück nach Havanna
Mit dem Oldtimer durch die Stadt
Eine geheimnisvolle Verabredung
Kubanische Nacht
Mexiko
Mexico City
Der maskierte Mythos
Von Mexico City nach Puebla
Cholula
Auf dem Weg nach Orizaba
Eine Unterkunft der besonderen Art
Veracruz
Auf dem Weg nach Yucatán
Eine olmekische Familie
Regen und Wind
Ein ernstes Wort
Agaven
Mérida
Auf den Spuren der Maya
Cancún – eine Idee wird zur Goldgrube
Unangenehme Begegnung
Übernachtungspech
Tulum, Chetumal und Belize
Eine tierische Tour
Pannenserie
Von Palenque nach San Cristóbal
Die längste Abfahrt meines Lebens
Mexikanische Impressionen
USA
San Diego
Versorgungsengpass
Mit Phil durch die Wüste nach Las Vegas
Grand Canyon, Zion Canyon und Bryce Canyon
Ein Wochenende mit Marianne
Von San Francisco nach Bellingham
Was für ein Tag!
Eine Seefahrt nach Alaska
Soldatna und Anchorage
Denali-Nationalpark – Mount McKinley
Flugalarm im Zelt
Fairbanks
Ein Schwarzwälder in der Wildnis Alaskas
Alaska-Pipeline
Kälteeinbruch
Kanada
Nordlicht
Der Yukon
Tierische Begegnungen
Versuchung
Whitehorse
Vancouver, das Tor nach Asien
Von Vancouver nach Toronto
Von Toronto nach Trenton
USA
Back in the USA
Von Nanuet nach Houston
Baltimore
Washington D. C.
Gute und ungute Begegnungen
Sportasse
Cowboys ohne Pferd
Von Nashville nach Memphis
Villa Melrose
Herrenhaus Rosalie
Longwood
Baton Rouge
New Orleans
Weihnachten in Las Vegas
Guatemala
Gastfreundschaft
Honduras und Nicaragua
Costa Rica
Panama und Kolumbien
Ecuador
Peru
Lima
Linien im Wüstensand
Cusco
Aufstieg mit Hindernissen
Ollantaytambo, Choquequirao und Tipon
Auf den schwimmenden Inseln der Uros
Bolivien
Copacabana
Isla del Sol
Von Copacabana nach El Alto
Regierungssitz La Paz
Die gefährlichste Straße der Welt
Oruro und Uyuni
Die größte Salzwüste der Welt
Autotour zu den Flamingos und zum Geysir Sol de Mañana
Bei den Mineros in Potosí
Sucre
Argentinien
Auf nach Córdoba
Kalebasse, Bombilla und Mate
Von Mendoza nach Santiago
Chile
Santiago in Sicht
Ausflug nach Calama
Fast auf Kurs
Geschafft!
Besuch aus Deutschland
Von Puerto Varas nach Bariloche
Isla Chiloé
Ausflüge mit Freunden
Vier Tage in Puerto Natales
Von Puerto Natales nach Punta Arenas
Argentinien
Feuerland
Buenos Aires
Uruguay
Colonia, Montevideo und Cabo Polonio
Die argentinischen Iguazu-Wasserfälle
Brasilien
Deutsche Wurzeln
São Paulo
Santos
Rio de Janeiro
Santos
Südafrika
Mit dem Schiff von Santos nach Durban
Von Durban nach Johannesburg
Von Johannesburg nach Windhuk
Botswana
Diamanten
Namibia
Auf den Spuren der Ureinwohner
Etosha-Wildnationalpark
Swakopmund
Von Windhuk nach Kapstadt
Südafrika
Robben Island
Von Kapstadt nach Johannesburg
Soweto (South Western Townships)
Australien
Anlaufschwierigkeiten
Historisches
Von Sydney nach Canberra
Weltrekord
Durchs Outback
An der heiligen Stätte der Aborigines
School of the Air
Eine herrliche Begegnung
Tennant Creek und weitere Tage im Outback
Krokodile und Kakadus
Neuseeland
Das Land der langen weißen Wolke
Die Südinsel
Die Nordinsel
Singapur und Malaysia
Thailand
Bangkok
Kambodscha
Angkor Wat
Phnom Penh
Vietnam
Versuchungen und Erinnerungen
Hanoi und Umgebung
China
Xian und Peking
Die Chinesische Mauer
Shanghai
Fahrt nach Lhasa/Tibet
Mongolei
Einsamkeit
Ulan Bator
Abschied
Russland
Vier Tage in der Transsibirischen Eisenbahn
Datscha-Freuden
Moskau
Von Moskau nach Tula
Von Tula nach Kiew
Endspurt
Rumänien, Ungarn, Österreich
Zurück in Deutschland
Der erfüllte Traum …
Ein Traum wird wahr
Ich fahre, trete in die Pedale, trete weiter.
Ungelebte Gefühle, Gedanken und Träume,
endlich sind sie Wirklichkeit,
endlich bin ich vogelfrei!
Ich fahre, trete weiter.
Ich fahre, trete in die Pedale, trete weiter,
voller Euphorie, Freude und Hoffnung
auf das Kommende.
Was erwartet mich auf meiner Reise?
Ich fahre, trete weiter.
Ich fahre, trete in die Pedale, trete weiter.
Die Grenzen sind offen, vor mir die weite Welt,
der Alltag liegt weit hinter mir,
das gibt mir Rückenwind.
Ich fahre, trete weiter.
Ich fahre, trete in die Pedale, trete weiter.
Mein neues Leben liegt vor mir,
voller Erwartungen, aber auch Ängste.
Werde ich euch je wiedersehn?
Ich fahre, trete weiter.
Ich fahre, trete in die Pedale, trete weiter,
schließe Bekanntschaft mit Menschen aus aller Welt,
wir tauschen uns aus,
begleiten einander ein Stück.
Ich fahre, trete weiter.
Ich fahre, trete in die Pedale, trete weiter,
kämpfe gegen Wind, Kälte, Regen und Hitze,
sehe Armut und Reichtum, Glück und Schmerz.
Hilflosigkeit überfällt mich.
Ich fahre, trete weiter.
Ich fahre, trete in die Pedale,
trete und schiebe weiter,
steil hinauf und immer den Abgrund vor Augen.
Was tun, wenn die Bremsen versagen?
Ich fahre, schiebe und trete weiter.
Ich fahre, trete in die Pedale, trete weiter,
werde überfallen und fast zu Tode gewürgt,
ein Scheinwerferlicht rettet mich.
Werde ich zurückkehren?
Ich fahre, trete weiter.
Ich fahre, trete in die Pedale, trete weiter,
bin ausgebrannt und ausgelaugt,
die Schmerzen sind übermächtig,
doch ich gebe nicht auf.
Ich fahre, trete weiter.
Prolog
Mit 16 Jahren machte ich mit meinem Bruder Erwin, der ein Jahr jünger ist als ich, eine Radtour von Kehl/Straßburg nach Italien, Südfrankreich und wieder zurück. In drei Wochen legten wir rund 2.000 Kilometer zurück, mit ganz einfachen Rädern ohne Gangschaltung. Am ersten Tag radelten wir bis Basel. In Zürich übernachteten wir auf einem Campingplatz, und als wir am frühen Morgen unsere Köpfe aus dem Zelt streckten, sahen wir die schneebedeckten schweizerischen Berge. Die Straße über den Gotthardpass war noch gesperrt, so fuhren wir von Göschenen bis Airolo mit dem Zug. Auf der anderen Seite erwartete uns eine tolle Abfahrt. Auf dem Weg durch die Po-Ebene in Richtung Genua trafen wir einen 12-jährigen Jungen, der dem damaligen Radsportidol Italiens, Fausto Coppi, nacheiferte und auf seinem Rad täglich 80 Kilometer radelte. Was wohl aus ihm geworden ist?
Der erste Weg in Genua führte uns zum Hafen, wo mich angesichts der riesigen Schiffe das Fernweh packte und die Idee geboren wurde, einmal eine Weltreise mit dem Rad zu machen.
So sammelte ich jahrelang Reiseberichte aus Zeitschriften und heftete sie schön ordentlich nach Ländern und Kontinenten sortiert in Ordnern ab. Da ich nur in warmen Regionen fahren würde, setzte ich mich auch mit den klimatischen Verhältnissen in den Ländern auseinander. Das war später die Basis für meine Routenplanung, an die ich mich übrigens mit geringen Abweichungen auch gehalten habe.
Als Lehrer habe ich in meiner Schule 25 Jahre lang in den großen Ferien Radtouren für Schüler und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren an. Meist suchten wir uns eine europäische Hauptstadt aus, waren dann 14 Tage mit dem Rad unterwegs, schauten uns ein paar Tage in der Stadt um und fuhren mit der Bahn nach Hause. Für diese Touren waren immer mal wieder Anschaffungen notwendig – schon dabei achtete ich darauf, dass diese auch für eine Weltreise taugten.
Beim Fahrradkauf ließ ich mich von Joachim Lutz, einem immer noch aktiven Radrennfahrer beraten. Er betreibt ein Fahrradgeschäft in Zierolshofen bei Kehl und war während meiner Reise über das Internet mein technischer Berater. Ersatzteile, die ich in den besuchten Ländern nicht erhielt, wurden von ihm per Luftfracht auf die Reise geschickt. Grundmaterial wie Speichen, Ketten, Schläuche, Fahrradmäntel und Flickzeug hatte ich stets bei mir. Ein einfaches Zelt und eine Isomatte komplettierten meine Ausrüstung.
Zu Beginn meiner Reise hatte ich noch einen guten alten Fotoapparat, den ich später (mehrfach) durch eine digitale Kamera ersetzte.
Um meine Reise zu finanzieren, ließ ich meine private Krankenversicherung ruhen und schloss eine Auslandskrankenversicherung ab. Mit dem Differenzbetrag konnte ich schon 50 Prozent finanzieren. Den Rest bezahlte ich mit meiner Rente.
Auf der Reise wurde mir hier und da auch Geld oder meine Visakarte gestohlen. Da war ich auf schnelle Geldbeschaffung angewiesen. Die Western Union Bank leistete gute Dienste, je nach Zeitzone hatte ich innerhalb von ein bis zwei Stunden das benötigte Geld.
Vor der Reise hatte ich mich ein Jahr vorher schon gegen alle Krankheiten, für die das notwendig erschien, impfen lassen. Außer Pflastern und einer Wundsalbe hatte ich keine Medikamente bei mir.
Als Sportlehrer hatte ich immer selbst am Unterricht aktiv teilgenommen und als Leichtathletiktrainer wurde ich darüber hinaus gefordert – eine weitere sportliche Betätigung zur Vorbereitung war daher nicht notwendig.
Ich spreche keine Fremdsprachen, nur ein klein wenig Englisch. So ließ ich auf der Reise mein Herz, meine Hände und Füße sprechen. Und es hat wunderbar funktioniert!
Als ich in Hongkong einen ehemaligen Sportler besuchte, der in einer großen Computerfirma arbeitete, nahm ich ein DIN A4-Blatt und schrieb mir die wichtigsten Dinge auf. „Wo gibt es ein Internet-Café?“ war beispielsweise wichtig, um die Kommunikation mit zuhause aufrechtzuerhalten. „Wo gibt es ein Hostel? Wo ist der Bahnhof?“ waren weitere Sätze, die mein ehemaliger Sportler in seiner Firma ins Chinesische übersetzen ließ. Auch das funktionierte später hervorragend.
Ein Handy lehnte ich ab. Wo sollte ich anrufen, wenn mir etwas passieren würde? Und um angerufen zu werden … – darauf konnte ich verzichten.
Von Haus aus bin ich ein sehr umtriebiger Mensch, für Neues aufgeschlossen und begeisterungsfähig, ein typischer Widder. Mit 50 Jahren stellte ich an meiner Schule den ersten Antrag für eine vierjährige Dienstbefreiung. Dieser und auch die drei folgenden wurden abgelehnt. Ein- oder zweijährige Befreiungen wären genehmigt worden. Also musste ich bis zu meiner Pensionierung warten, um mir diesen Traum zu erfüllen.
Dann kommen mir Zweifel, ob ich das mit 64 Jahren körperlich noch schaffe. Als ich meine Wohnung kündige, beschleichen mich Ängste, Altes, Liebgewonnenes und Vertrautes aufzugeben. Während ich meine Zelte abbreche, ahne ich noch nicht, was mich da draußen in der weiten Welt so alles erwartet. Ich breche auf in eine ungewisse Zukunft. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!