Christine Meszar
Wie komme ich
schneller zu meinem Geld?
Christine Meszar
WIE KOMME ICH
SCHNELLER
ZU MEINEM GELD?
Richtig mahnen, liquide bleiben,
Existenz sichern:
Forderungsmanagement
für KMU und Freiberufler
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Nachdruck 2012
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ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-378-6
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86414-810-1
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INHALT
Vorwort: Zu Anfang eine kleine Geschichte
Einleitung: Definition Forderungsmanagement
Teil A: Präventivmaßnahmen im Forderungsmanagement
1 Wer ist mein zukünftiger Geschäftspartner/Kunde?
Prüfung der firmenrechtlichen Struktur
Wo kann man sich noch informieren?
Wirtschaftsauskünfte – Prüfung der Bonität
Informationen über Insolvenzen
Absicherung bei Geschäften mit Privatpersonen
Vorsprung durch Information
2 Die schriftliche Beauftragung
Falle: Die Handschlagqualität
Die unterschiedliche Wahrnehmung
„Eine schriftliche Beauftragung ist nicht üblich“
„Für eine schriftliche Beauftragung ist keine Zeit“
Falle: Geschäfte im Freundes- und Bekanntenkreis
Formen schriftlicher Beauftragungen
Der Auftraggeber/Geschäftspartner/Kunde
Inhalte der schriftlichen Beauftragung/des Geschäftsabschlusses
Durchführung und Abwicklung der Beauftragung
3 Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
Inhalte der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)
4 Eigentumsvorbehalt
5 Akontozahlungen und Teilzahlungen
6 Die Auftragserfüllung
7 Rechnungslegung
8 Verzugszinsen
Präventivmaßnahmen – Zusammenfassung
Teil B: Forderungsabsicherung
1 Einführung
2 Kreditversicherung
3 Bankgarantie
4 Wechsel
5 Bürgschaft
6 Zession
7 Depotzahlungen
8 Bankeinzug
9 Weitere Maßnahmen zur Forderungsabsicherung
Eigentumsvorbehalt
Kaution
Haftrücklass
Pönale (Vertragsstrafe)
10 Schutz vor Forderungsausfällen bei Privatpersonen
Barzahlung
Nachnahme
Vorauszahlung
Anzahlung
Zahlschein vorbereiten!
Alle Daten aufnehmen
Einkommensnachweis verlangen
Teil C: Externe Forderungsbetreibung
1 Einführung
2 Factoring
3 Wenn nichts mehr geht …
4 Inkasso
5 Anwalt
6 Gerichtliches Mahnverfahren ohne Anwalt
Gerichtliche Zuständigkeit
Der Ablauf des gerichtlichen Mahnverfahrens
7 Der Kunde ist insolvent
Wie erfahre ich von der Insolvenz meines Kunden?
Was ist zu tun, wenn der Kunde zahlungsunfähig wird?
Teil D: Das Mahnwesen
1 Die Rolle eines effizienten Mahnwesens
2 Warum wird nicht gemahnt?
Die Hemmschwellen beim Mahnen
3 Die Struktur im Mahnwesen
Die Offene-Posten-Liste (OP-Liste)
Häufig gestellte Fragen im Bezug auf das Mahnwesen
Checkliste Mahnwesen
4 Mahnformen
Die schriftliche Mahnung
Die mündliche Mahnung
Die Potenziale im Mahngespräch
5 Schnittstellenkoordination im Unternehmen
6 Die erzieherische Wirkung des Mahnwesens
7 Die Außenstandsdauer verringern
Abschluss: Die Rolle eines effizienten Forderungsmanagements
Websites
VORWORT:
ZU ANFANG EINE KLEINE
GESCHICHTE
Lassen Sie mich kurz erzählen, wie es mit meinem Zugang zum umfassenden Thema Forderungsmanagement begann und warum ich bereits vor vielen Jahren, als die Zahlungsmoral in Österreich noch weit besser war als heute, erkannte, welche Konsequenzen bei Vernachlässigung desselben auftreten bzw. welche Potenziale damit verbunden sind.
Ich arbeitete damals in einem mittelgroßen Unternehmen mit ca. 20 Mitarbeitern im Bereich Dienstleistung – noch nicht im Forderungsmanagement und auch nicht mit dem Mahnwesen. Vielmehr war ich im Management mit den Schwerpunkten Organisation, Strukturierung, Leitung und Personalwesen beschäftigt und auch mehr als ausgelastet.
UND SO BEGANN ES
Mein Chef plante, eine Woche auf Schiurlaub zu fahren. Wir besprachen alle Eventualitäten für die kommende Woche. So ganz nebenbei übergab er mir einen EDV-Ausdruck unserer Offene-Posten-Liste und meinte, ich möge diesen während seiner Abwesenheit „in einer stillen Stunde“ durchsehen und mir eventuell dazu etwas überlegen.
Es war ein geflügelter Ausdruck meines Chefs, „in einer stillen Stunde“ anstehende Arbeiten zu erledigen. Nur, wir waren ein aufstrebendes und expandierendes Unternehmen und es gab nie „eine stille Stunde“. Doch ich nahm mir die Offene-Posten-Liste gleich zu Beginn der Woche zur Hand.
Damals waren die EDV-Ausdrucke im Format noch viel größer, umso bedrohlicher wirkte diese Liste auf mich, zumal die Außenstände, sprich die offenen, also nicht bezahlten, Rechnungen unserer Kunden ein erhebliches Ausmaß angenommen hatten.
Zu Beginn der Neunzigerjahre war die Zahlungsmoral bei Weitem nicht so schlecht wie heute. Dennoch bezahlte immer nur ein bestimmter Prozentsatz unserer Kunden die Rechnungen innerhalb der Zahlungsfrist bzw. unaufgefordert. Doch der Bereich „Mahnwesen“ war in diesem und in den meisten anderen Unternehmen weder strukturiert noch gewartet. In der Praxis sah das so aus, dass alle paar Monate, das heißt, wenn gerade irgendwie und irgendwann Zeit blieb, von einer Mitarbeiterin einzelne Positionen der Offene-Posten-Liste kopiert und an die jeweiligen Kunden „zur Info“ übermittelt wurden. Richtig zu mahnen getraute man sich nicht. Man hatte zu viele Bedenken, die Kunden würden darüber verärgert sein, und man wollte ja keinesfalls die positive Geschäftsbeziehung gefährden.
DIE ERSTE AKTION
In Ausübung meiner Aktivitäten in Unternehmen, in denen ich häufig strukturelle Veränderungen in Form von Verbesserungen, Prozessoptimierungen usw. vornehmen musste, war ich gewohnt, immer wieder auf Widerstände zu stoßen. Doch waren Widerstände für mich noch nie ein Problem gewesen. Mit der notwendigen Mischung aus Fingerspitzengefühl, Diplomatie und Konsequenz, verbunden mit entsprechender Durchsetzungsfähigkeit, ist es mir immer gelungen, Widerstände aufzulösen und dabei positive Ergebnisse zu erzielen.
Also sah ich diese Offene-Posten-Liste als Herausforderung für mich an. Herausforderung deshalb, da ich diese erst einmal „sanieren“ wollte, ohne die Geschäftsbeziehung mit den Kunden zu gefährden. Und für die Zukunft wollte ich die Kunden zu schnelleren Zahlungen bewegen bzw. „erziehen“. Und natürlich musste ich davon ausgehen, bei der Bearbeitung der Liste – sprich Hereinbringung der Forderungen – auf Widerstände im Hinblick auf die beabsichtigte Veränderung der mittlerweile zum Teil sehr schlechten Zahlungsmoral der Kunden zu stoßen.
Dem Unternehmen ging es grundsätzlich wirtschaftlich sehr gut. Da wir auf expandierendem Wege waren, wurde entsprechendes Kapital für laufende betriebliche Veränderungen benötigt.
Und gerade dieses Kapital lag in den immensen Außenständen!
Ich ging also die einzelnen Positionen der Offene-Posten-Liste durch und suchte mir zu Anfang jene Kunden heraus, zu denen ich persönlich den besten Kontakt hatte, bzw. jene, bei denen die meisten Rechnungen offen waren. Und genau diese Kunden rief ich einfach an, begann ein Gespräch und lenkte dieses mit entsprechendem Fingerspitzengefühl auf das Eigentliche, nämlich konkret auf die offenen und überfälligen Rechnungen.
Als erste Maßnahme traf ich mit diesen Kunden Lösungen zur Reduzierung der Außenstände, indem kurzfristige Zahlungstermine vereinbart wurden, nahm Wechsel an – diese waren damals noch eine durchaus übliche Zahlungsform – und schmiedete weitere Zahlungspläne im besten Einvernehmen mit den Kunden.
Denn erstaunlicherweise hatten bereits damals jene Kunden die schlechteste Zahlungsmoral, zu denen mein Chef die beste Kundenbeziehung zu haben glaubte.
Ich weiß es noch sehr genau: Am Ende der Urlaubswoche meines Chefs hatte ich auf Grund meiner ersten Maßnahmen bereits knapp 500.000 Schilling – heute rund 36.300 Euro – an zusätzlichen Zahlungseingängen auf unserem Firmenkonto. Und da waren noch eine Menge Potenziale offen.
Auch während der Urlaube meines Chefs telefonierten wir täglich, um zum einen aktuelle Infos auszutauschen und zum anderen die täglichen Zahlungseingänge zu besprechen. Erst am Ende dieser Woche erzählte ich ihm von meinen ersten Aktivitäten im Hinblick auf die Einbringung von Außenständen und nannte ihm die dadurch zusätzlich von mir erwirkten Zahlungseingänge. Seine Stimmung schwankte daraufhin zwischen Freude, Erstaunen und Verwunderung und gipfelte in der Aussage: „Wie haben Sie das gemacht? Darüber müssen wir uns gleich am Montag nach meiner Rückkehr unterhalten!“
DER AUFBAU EINES FUNKTIONIERENDEN FORDERUNGSMANAGEMENTS
An besagtem Montag unterhielten wir uns sehr ausführlich und von da ab laufend bei regelmäßig angesetzten Terminen ausschließlich über die Potenziale im Forderungsmanagement, wie
Mein Chef übertrug zu diesem Zeitpunkt ausschließlich mir diesen Bereich im Unternehmen zusätzlich zu meiner bisherigen Arbeit. Ich begann sofort mit der praktischen und weitreichenden Umsetzung von Prozessoptimierungen in den organisatorischen und EDV-mäßigen Abläufen und baute ein funktionierendes Mahnwesen auf. Wobei die Erlangung einer Kontinuität in den Zahlungseingängen unter Beibehaltung der positiven Geschäftsbeziehung im Vordergrund stand.
DIE ENTWICKLUNG
Im Laufe der Jahre wuchs das Unternehmen auf 45 Mitarbeiter und entsprechende Umsatzgröße an. Und natürlich wuchsen auch die Maßnahmen und der dafür aufzuwendende Zeitrahmen im Forderungsmanagement mit, welches von mir jahrelang weiter auf- und ausgebaut wurde und das ich unter Hinzuziehung von Mitarbeitern des Unternehmens sehr erfolgreich führte.
Genügte es zu Beginn der Neunzigerjahre, monatlich zu mahnen – natürlich immer mit dem entsprechenden Fingerspitzengefühl –, veränderten sich auf Grund der zunehmend schlechter und schwieriger werdenden Zahlungsmoral die anzuwendenden Methoden zur Erlangung bzw. Beibehaltung der Kontinuität in den Zahlungseingängen. Auch der hiefür erforderliche Zeitaufwand explodierte förmlich. Im Laufe der Jahre steigerte sich der Zeitaufwand umgelegt auf die Unternehmensgröße dermaßen, dass die Bearbeitung und erfolgreiche Umsetzung bereits ein kontinuierlich wachsender Bestandteil meines Tagesgeschäfts war.
Mit dem Mehr an Arbeit wuchs auch die Unterstützung der Mitarbeiter.
Der ständig wachsende Aufwand für den Bereich Forderungsmanagement bzw. die damit im Zusammenhang stehenden betrieblichen Aktivitäten im Unternehmen resultierten aus verschiedenen Faktoren:
FORDERUNGSMANAGEMENT UND KUNDENBINDUNG
Aus all diesen Gründen und durch die allgemeine Entwicklung und Verschlechterung der Zahlungsmoral gewann das Forderungsmanagement immer mehr an Bedeutung. Allein damit, offene Rechnungen auf herkömmliche Weise zu betreiben bzw. einzutreiben, ist für den wirtschaftlichen Erfolg im Unternehmen allerdings zu wenig getan. Um die Liquidität im Unternehmen zu steigern, ist ein vorausschauendes und effektives Forderungsmanagement unter Ausschöpfung aller Potenziale unerlässlich.
Untrennbar damit verbunden ist die Festigung der Kundenbeziehung – denn im Marketing heißt es: „Ein verlorener Kunde bedeutet, sieben potenzielle Kunden nicht zu bekommen!“
Mit einem professionell geführten Forderungsmanagement und dem erforderlichen Maß an Fingerspitzengefühl kann die Existenz gesichert sowie die Liquidität gesteigert werden, und dies unter Beibehaltung einer positiven Geschäftsbeziehung mit dem Kunden.
Meine jahrelangen Erfahrungen in der Praxis und das Erkennen des Bedarfs zu diesem umfassenden und für jedes Unternehmen gewichtigen Thema motivierten mich zu meiner nachfolgenden Selbstständigkeit. Mein Wissen und meine Praxiserfahrungen wende ich mittlerweile in den nach Branche und Größe unterschiedlichsten Unternehmen an, halte auch Seminare zu den einzelnen Themen bzw. fungiere als Trainerin für Jungunternehmerinnen und Jungunternehmer.
Das vorliegende Buch entstand aus der Intention, die umfassende Struktur im Forderungsmanagement zu beleuchten und mit meinen Erfahrungen und meinem Wissen die Wichtigkeit eines effizienten Forderungsmanagements zu unterstreichen und die Unternehmen zum aktiven Tun und zur Veränderung zu motivieren.
Daher ist es zu meinem Motto geworden:
„… DENN DIE KUNDEN SOLLEN GERNE ZAHLEN!“
Ich wünsche Ihnen eine gewinnbringende Lektüre, viel Erfolg beim Aufbau Ihres Forderungsmanagements und viele gute, zufriedene Kunden, Klienten und Geschäftspartner!
Ihre Christine Meszar
Wien, im August 2006
Danke
an meinen Mentor Herrn Dkfm. Dr. Josef Reisinger, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in Wien. Durch meine Arbeit bei und mit ihm entstand das Fundament und die Motivation für meine nachfolgende Selbstständigkeit.
EINLEITUNG:
DEFINITION
FORDERUNGSMANAGEMENT
IST FORDERUNGSMANAGEMENT DASSELBE WIE MAHNWESEN?
Als ich mich im Bereich Forderungsmanagement selbstständig machte und immer wieder auf meine Tätigkeit angesprochen wurde, versuchte ich häufig, diesen umfassenden Bereich in kurzen Worten zu erläutern. Daraufhin meinten einige wissend: „Aha, ach so, früher sagte man dazu einfach Mahnwesen!“ Doch so einfach ist das nicht: Forderungsmanagement umfasst nämlich nicht nur den Bereich Mahnwesen, sondern ist wesentlich umfangreicher.
WANN BEGINNT FORDERUNGSMANAGEMENT?
Ein professionell und im Unternehmen umfassend angewendetes Forderungsmanagement beginnt bereits im Zuge der Akquisition bzw. vor Geschäftsabschluss, indem man sich optimal auf den zukünftigen Geschäftspartner bzw. potenziellen Kunden vorbereitet, um spätere mögliche Uneinbringlichkeiten zu vermeiden und Forderungsausfälle niedrig zu halten. Diese Vorbereitungen auf den zukünftigen Geschäftspartner bzw. potenziellen Kunden können im Business-to-Business-Bereich (B2B) eine Vielzahl von Informationen beinhalten, wie zum Beispiel:
ACHTUNG | |
Es genügt nicht, lediglich die Homepage des zukünftigen Geschäftspartners oder Kunden zu besuchen, da diese mit Sicherheit keine Information über die wirtschaftliche Stellung bzw. auch keine verbindliche rechtliche Auskunft beinhaltet, sondern grundsätzlich als – wenn auch sehr wichtiger – Marktauftritt zu werten ist. |
Zur Sicherung der Existenz und Steigerung der Liquidität ist ein umfassendes Forderungsmanagement in jedem Unternehmen, unabhängig von Branche und Größe, wichtig und wesentlich. Ein umfassendes Forderungsmanagement
WARUM IST FORDERUNGSMANAGEMENT WICHTIG?
In einer Pressemeldung vom September 2005 hieß es: „Laut Information des Kreditschutzverbandes von 1870 (KSV) stieg in den ersten drei Quartalen des Jahres 2005 die Zahl der Firmenpleiten um 18,1% auf 5.365 Unternehmenszusammenbrüche. Damit ging, auf eine Arbeitswoche von 40 Stunden berechnet, alle 17 Minuten ein Unternehmen pleite, so KSV-Insolvenzspezialist Dr. Hans-Georg Kantner.“
Die Ursachen der steigenden Unternehmensinsolvenzen sind vielfältig, doch es lässt sich vermuten – und ich kann es aus meiner Praxis beobachten –, dass ein großer Teil der damit verbundenen Liquiditätsprobleme in den Unternehmen auch auf zu hohe Außenstände und ein mangelhaftes Forderungsmanagement zurückzuführen ist. Wenn eine große Forderung in einem Unternehmen ausfällt, bedeutet dies daher nicht nur einen großen Umsatzverlust, sondern kann unter Umständen für manche Unternehmen durchaus existenzbedrohend sein.
Auch die Vernachlässigung eines straffen Mahnwesens – aus welchen Gründen auch immer dies geschieht – führt häufig zu großen Liquiditätsproblemen in den Unternehmen. Denn mit jedem Tag des Zuwartens wird die Einbringlichkeit einer Forderung schwieriger. Auf Grund der derzeit allgemein herrschenden schleppenden Zahlungsmoral ist daher ein umfassendes Forderungsmanagement für jedes Unternehmen zur Sicherung und Steigerung der eigenen Liquidität unerlässlich.
PRÄVENTIVMASSNAHMEN IM FORDERUNGSMANAGEMENT
1
WER IST MEIN
ZUKÜNFTIGER
GESCHÄFTSPARTNER/KUNDE?
PRÜFUNG DER FIRMENRECHTLICHEN STRUKTUR
Im Business-to-Business sollte es für ein Unternehmen Grundvoraussetzung sein, spätestens vor dem Geschäftsabschluss verbindliche Informationen über die rechtliche Struktur des zukünftigen Geschäftspartners oder potenziellen Kunden einzuholen, um mögliche spätere negative Überraschungen bzw. später mögliche Uneinbringlichkeiten oder schwer einbringliche Forderungen zu vermeiden.
FIRMENBUCHABFRAGEN
Verbindliche und aktuelle Informationen über die rechtliche Struktur eines Unternehmens können über das öffentlich zugängliche Firmenbuch eingeholt werden. Das Firmenbuch ist die offizielle Datenbank des Bundesministeriums für Justiz. Die Abfrage der Firmenbuchdatenbank ist für jedermann freigegeben, jedoch mit einer Gebühr verbunden.
Die Firmenbuchabfragen können problemlos über das Internet durchgeführt werden. Der Firmenbuchzugang wird allerdings nur von bestimmten Providern angeboten. Informationen über die Auswahl der zur Verfügung stehenden Anbieter des Firmenbuchzugangs finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Justiz unter
www.justiz.gv.at/firmenbuch – Menüpunkt „Zugang und Verrechnung“.
Unabhängig davon, für welchen Anbieter Sie sich entscheiden, ist dieser Dienst für jedes Unternehmen leistbar. In der Regel bezahlen Sie eine einmalige Gebühr im geringfügigen Bereich und in der Folge einige Euro pro Firmenbuchabfrage.
Der Einwand des Zeitmangels, den ich in der Praxis öfter höre, ist unbegründet, da der Firmenbuchzugang online ist und die jeweilige Abfrage binnen weniger Sekunden bis Minuten vorliegt. Auch die Handhabung von Firmenbuchabfragen gestaltet sich einfach und problemlos.
WELCHE UNTERNEHMEN SIND IM FIRMENBUCH EINGETRAGEN?
Im Firmenbuch sind Vollkaufleute und Erwerbsgesellschaften registriert. Bei den im Firmenbuch eingetragenen Unternehmen handelt sich nicht nur um Körperschaften (also GmbH, KG etc.), sondern auch gegebenenfalls um so genannte protokollierte Einzelunternehmen, also im Firmenbuch eingetragene Einzelunternehmen, die sich nicht aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung, sondern freiwillig eintragen lassen. Die Eintragung erfolgt über die Firmenbuchgerichte.
WAS BEINHALTET EIN FIRMENBUCHAUSZUG?
Der Firmenbuchauszug enthält aktuelle Informationen über Firmensitz, Geschäftsführer, Kapital einer Gesellschaft, Prokura, Gesellschafter, Umwandlung, Verschmelzung, Spaltung, Satzungen und vieles mehr. Auch inzwischen gelöschte Daten – also eventuelle vorhergehende firmenrechtliche Strukturen – können abgefragt und ausgegeben werden.
Der Firmenbuchauszug informiert
WARUM IST DIE EINHOLUNG EINER FIRMENBUCHABFRAGE WICHTIG?
Die Firmenbuchauskunft gibt Ihnen die Sicherheit, mit einem rechtlich existenten Unternehmen zu verhandeln. Sie gibt Ihnen weiters Aufschluss darüber, welche Personen des Unternehmens zu einem nachfolgenden Geschäftsabschluss mit Ihnen aus rechtlicher Hinsicht befugt sind. Zum Beispiel:
Tätigen Sie einen Geschäftsabschluss – in Form von schriftlicher Beauftragung, Abschluss einer Vereinbarung, eines Vertrags etc. – mit Personen eines Unternehmens, die laut aktuellem Firmenbuchauszug nach außen hin rechtlich nicht autorisiert sind, so gefährden Sie unter Umständen die rechtliche Gültigkeit des Geschäfts bzw. müssen in der Folge mit Schwierigkeiten im Hinblick auf die Bezahlung Ihrer Forderung rechnen.
Eine Möglichkeit besteht natürlich auch darin, sich von einem rechtlich autorisierten Vertreter des Unternehmens (Geschäftsführer, Prokurist) zu Ihrer Absicherung die innerbetriebliche Bevollmächtigung (Zeichnungs- und Handlungsbevollmächtigung) nachweisen zu lassen. So sehen Sie, ob dieser Mitarbeiter zum Abschluss jenes Geschäfts berechtigt ist, welches Sie mit diesem Unternehmen anstreben. – Zu beachten sind dabei natürlich kurzfristige innerbetriebliche Änderungen in diesem Unternehmen.
TIPP | |
Empfehlenswert – z. B. bei Abschluss von Rahmenverträgen – ist die Einholung der Unterschrift/en der firmenrechtlich zeichnungsberechtigten Person/en! Aus meinen Erfahrungswerten aus der Praxis empfehle ich, nach Möglichkeit immer die Unterschrift des rechtlich autorisierten Vertreters des Unternehmens einzuholen. Es beruhigt, eine rechtsgültige Unterschrift vorliegen zu haben. Wie man dies in der Praxis – auch wenn im Zuge der Beauftragung kein direktes Gespräch mit der Geschäftsführung abläuft – handhaben kann, darauf komme ich noch später zurück. |
Zu WELCHEM ZEITPUNKT IST EINE FIRMENBUCHABFRAGE SINNVOLL?
Weder das Briefpapier noch der Firmenstempel und auch nicht die Homepage geben Aufschluss über die verbindliche rechtliche Struktur des Unternehmens. Daher ist es wichtig, die Firmenbuchabfrage auf jeden Fall vor Abschluss des jeweiligen Geschäfts, also vor der Beauftragung durchzuführen. Das heißt dann, wenn Sie beispielsweise die Vereinbarung oder den Vertrag für den Geschäftsabschluss vorbereiten.
Eine Firmenbuchabfrage bereits im Zuge der Akquisition durchzuführen, ist auf jeden Fall auch dann empfehlenswert, bevor Sie konkret in das erste (Verkaufs-)Gespräch gehen. Der Vorteil besteht darin, dass Sie schon beim ersten Gesprächstermin genau wissen, welche Position und Handlungsfreiheit Ihr Gesprächspartner im Unternehmen hat, und Sie das Verkaufsgespräch entsprechend steuern können. Eventuell gelingt Ihnen bereits beim Erstgespräch ein entsprechender Abschluss oder Sie können das Verhalten Ihres Verhandlungspartners insgesamt besser beurteilen.
ACHTUNG | |
Der Firmenbuchauszug gibt Ihnen keine Auskunft oder Sicherheit über die wirtschaftliche Situation (z. B. drohende Insolvenz) – mehr dazu im Abschnitt über Bonitätsauskünfte. |
Wie wichtig es ist, sich vorab die nötigen Informationen zu holen, möchte ich Ihnen anhand eines Falles aus meiner Praxis näherbringen:
Fallbeispiel
Eine Kundin, die in der Immobilienbranche tätig ist, rief mich auf dem Weg zu einem Termin an und ersuchte sehr eilig um meinen Rat: Sie hätte gleich eine Besprechung mit einem Immobilienunternehmen. Im Vorfeld hätte sie sehr wohl – wie mit ihr vorab des Öfteren besprochen – noch schnell eine Firmenbuchabfrage getätigt. Aus diesem Auszug wäre nun ersichtlich, dass sich dieses Immobilienunternehmen in Liquidation, also in Auflösung befände. Sie hätte nun eine Besprechung mit dem Herrn N., der ihr bereits am Telefon eine zukünftige geschäftliche Zusammenarbeit schmackhaft gemacht hätte. Herr N. hätte zwar kurz erwähnt, dass er plane, ein neues Unternehmen zu gründen, jedoch stünde seiner Meinung nach einer Zusammenarbeit für die Abwicklung des angekündigten Projekts nichts im Wege, auch wenn das neue Unternehmen noch gar nicht existiere.
Auf die Frage meiner Kundin, ob sie nun bereits eine Vereinbarung mit diesem Immobilienunternehmen abschließen könne, riet ich ihr spontan ab, zumal für dieses gemeinsame Projekt mit Herrn N. auch Investitionen seitens meiner Kundin zu tätigen gewesen wären.
Auf ihren Einwand, dass dieses Projekt für sie eine lukrative Chance sei und sie Herrn N. mit der Bürokratie nicht abschrecken möchte, fragte sie mich, ob sie nicht doch eine Vereinbarung mit dem Unternehmen eingehen könne, zumal Herr N. sowieso ein neues Unternehmen gründen würde.
Ich klärte meine Kundin über die damit verbundenen Konsequenzen – kein rechtsgültiger Geschäftsabschluss, solange das alte Unternehmen liquidiert und das neue noch nicht gegründet sei – auf und riet ihr von einem Geschäftsabschluss unter diesen Umständen dringend ab. Ich empfahl ihr, abzuwarten, bis Herr N. die neue Gesellschaft gegründet hätte und diese im Firmenbuch eingetragen sei. Dann sollte sie die Situation nochmals prüfen und sehen, ob und in welcher Form sie eine Geschäftsbeziehung mit Herrn N. bzw. dessen Unternehmen eingehen könne bzw. unter welchen Bedingungen diese für sie dann sinnvoll erscheine.
Die Verhaltensweise meiner Klientin ist leider keine Seltenheit. Zum einen befürchtet man natürlich die Risiken, zum anderen möchte man auf keinen Fall ein gutes Geschäft verpassen. Ein „gutes Geschäft“ ist allerdings erst jenes, welches bereits zu Anfang ein gutes Gefühl vermittelt und bei dem auch in rechtlicher Hinsicht einwandfreie Voraussetzungen gegeben sind, um in der Folge zur Sicherung der eigenen Liquidität einen schnellen Zahlungseingang für die Leistung oder Lieferung verbuchen zu können. Einen Geschäftsabschluss lediglich zu tätigen, weil die Sache gut klingt und man die Gelegenheit nicht verpassen möchte, wobei man genau weiß – jedoch auch manchmal gerne verdrängt –, dass es sich um ein Risikogeschäft handelt, ist keine gute Entscheidung.
WO KANN MAN SICH NOCH INFORMIEREN?
Ist Ihr potenzieller Geschäftspartner bzw. Kunde nicht im Firmenbuch protokolliert, können Sie auch an anderer Stelle Informationen einholen, zum Beispiel
WIRTSCHAFTSAUSKÜNFTE - PRÜFUNG DER BONITÄT
Bonität ist ein Synonym für die Liquidität, die Zahlungsfähigkeit, den wirtschaftlichen Wert, das geschäftliche Ansehen eines Unternehmens.
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