Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Einleitung
2 Geologische Vorerkundung
2.1 Geologische Begriffe
2.2 Problem- und Störzonen im Tunnelbau
2.3 Phasen der Gebirgsvorerkundung
2.4 Bohrerkundungen
2.5 Geophysikalische Gebirgsvorerkundung
2.6 Flachwasserseismik
2.7 Hydrologische Vorerkundung
2.8 Beschreibung der geologischen und hydrologischen Ergebnisse
3 Beurteilung des Gebirges/Gebirgs- und Ausbruchklassifizierung
3.1 Klassifizierungssysteme
3.2 Klassifizierung nach dem Phänomen des Gebirgsverhaltens
3.3 Klassifizierung nach der Stehzeit des Gebirges
3.4 Klassifizierung nach Ausbruch- bzw. Vortriebsklassen
3.5 Interdisziplinäre Zusammenarbeit
4 Untertagebauwerke und ihre Ausbrucharten
4.1 Arten von Untertagebauwerken
4.2 Wahl der Ausbrucharten
4.3 Vollausbruch
4.4 Teilausbruch
5 Vortriebsmethoden
6 Ausbruch durch Sprengvortrieb
6.1 Allgemeines
6.2 Bohren
6.3 Sprengen
6.4 Schuttern
6.5 Hochleistungsvortrieb im Tunnelbau – Industrialisierungstendenz im Sprengvortrieb [6-26]
7 Mechanischer Vortrieb mittels Bagger, Rippergeräten und Teilschnittmaschinen (TSM)
7.1 Ausbruch durch Bagger
7.2 Rippern
7.3 Aufbau einer TSM
7.4 TSM – Einsatzbereich
7.5 TSM – Längs- und Querschneidkopf
7.6 TSM – Schrämkopfmeissel
7.7 TSM – Schrämarm mit Schwenkwerk
7.8 TSM – Ladevorrichtungen
7.9 TSM – Trägergerät
7.10 TSM – Sonderausführung
7.11 TSM – Vortriebssequenzen und Baustellenlogistik
7.12 TSM – Entstaubungsmassnahmen
7.13 Automatisierte Steuerung der Teilschnittmaschinen
7.14 Leistungsberechnung von TSM
7.15 Neueste Entwicklungen bei TSM
7.16 TSM – Vor- und Nachteile
8 Sicherungsmassnahmen
8.1 Allgemeines
8.2 Spritzbeton
8.3 Anker
8.4 Einbaubogenversetz- und Betonstahlmattenverlegegeräte
8.5 Ausbaubögen bzw. Einbaubögen
9 Vortrieb mittels Schirmgewölbesicherungen
9.1 Arten der vorauseilenden Gewölbesicherungen
9.2 Vorpfändung mittels Verzugsblechen und Kanaldielen
9.3 Sicherung mittels Spiessen
9.4 Rohrschirmgewölbe
9.5 Injektionstechnik im Tunnelbau
9.6 Injektionsstabilisierung
9.7 Gefrierschirme
10 Transport des Ausbruchmaterials aus dem Tunnel
10.1 Transportsysteme
10.2 Stetigförderer
10.3 Gleisbetrieb
10.4 Pneu-Radgebundener Transport
10.5 Entwicklungen in der Schuttertechnik
11 Temporäre Entwässerungs- und Absperrmassnahmen
11.1 Wasserhaltung der Baustelle
11.2 Injektionsverfahren zur temporären und permanenten Absperrung von Grundwasser
11.3 Gefrierverfahren
12 Industrialisierung des konventionellen Vortriebs
12.1 Industrialisierung in der Vortriebszone
12.2 Parallelisierungsziele und Lösungsansätze für den rückwärtigen Bereich
12.3 Das Nachläufersystem als aufgehängte Plattform
12.4 Innovation
12.5 Entwicklungstendenzen beim Hochleistungssprengvortrieb
12.6 Zusammenfassung und Ausblick
13 Leistungsermittlung und Bauprogramm des konventionellen Vortriebs
14 Permanente Hauptabdichtung von Tunnelbauwerken
14.1 Hauptabdichtungsarten
14.2 Einflussfaktoren auf Art und Anordnung der Abdichtung
14.3 Anforderungen an Tunnelabdichtungen
14.4 Dichtungskonzepte
14.5 Dichtungselemente und Dichtungsmaterialien
14.6 Drainage
14.7 Verlegetechnik von Abdichtungsfolien bei bergmänischen Tunneln
14.8 Material- und Leistungskennwerte
14.9 Sicherheit / Brandschutz
15 Hohlraumauskleidung
15.1 Problemstellung
15.2 Stollenauskleidungen
15.3 Tunnelauskleidungen
15.4 Erforderliche Schalungslänge
15.5 Kavernenauskleidung
15.6 Bemessung der Schalungen
15.7 Schalungskosten
16 Arten von Tunnelvortriebsmaschinen
16.1 Einsatzbereiche
16.2 Einteilung der Tunnelvortriebsmaschinen
16.3 Tunnelbohrmaschinen (TBM)
16.4 Schildmaschinen
16.5 Sonderformen von Schildmaschinen
17 Tunnelbohrmaschinen (TBM)
17.1 Einsatz von Tunnelbohrmaschinen
17.2 Gripper-TBM
17.3 Aufweitungs-TBM
17.4 Schild-TBM
17.5 Teleskopschild-TBM
17.6 Berechnung der Vorschubpressenkräfte während des Vortriebszyklus
17.7 Abbauwerkzeuge
17.8 Die Berechnung der Nettovortriebsleistung
17.9 Berechnungsbeispiel – Leistungsermittlung und Bauprogramm eines TBM-Vortriebs mit Ausbruchssicherung
17.10 Nachläufer
17.11 Schutterung
17.12 Steuerung
17.13 TBM-Planungsaspekte sowie Vor- und Nachteile
18 Tunnelvortrieb mittels Hinterschneidtechnik
18.1 Einsatzbereich und Leistungen
18.2 Wirkprinzip
18.3 Maschinenkonzept
19 Wiederverwendung von Tunnelausbruchmaterial
19.1 Tunnelausbruchmaterial als Baustoff
19.2 Technische Einflüsse auf die Qualität des Ausbruchmaterials
19.3 Beurteilung des Ausbruchmaterials
19.4 Aufbereitung von geeignetem TBM-Ausbruchmaterial
20 Schildvortriebsmaschinen
20.1 Einsatz und Arten von Schildmaschinen
20.2 Abbaueinrichtungen von Schildmaschinen
20.3 Schild
20.4 Vorschub- und Steuerpressen
20.5 Erddruckschilde
20.6 Flüssigkeitsschilde
20.7 Druckluftschilde
20.8 Fördertechnik
20.9 Tübbingerektor
20.10 Bohrtechnik für die punktuelle Vorauserkundung und zur Herstellung von Injektionsschirmen
20.11 Nachläufersysteme
20.12 Spezialschildkonstruktionen
20.13 Start-, Ziel- und Zwischenbaugrube
20.14 Sicherheitsanforderungen
20.15 Entwicklungstendenzen
20.16 Fehlerquellen beim Tunnelvortrieb mittels Schildmaschine
21 Tübbingauskleidung
21.1 Berechnung von Tunnelröhren mit Tübbingauskleidung
21.2 Konstruktive Ausbildung der Tübbinge
21.3 Herstellung von Tübbingen
21.4 Versetzen der Tübbinge im Tunnel
22 Steuerung von Vorschubpressenkräften und Setzungen sowie Vortriebsrichtung
22.1 Nachweis der Ortsbruststabilität
22.2 Ermittlung der erforderlichen Vorpresskräfte
22.3 Berechnungsbeispiel – Hydroschildvortrieb
22.4 Setzungen und Hebungen
22.5 Vermessung und Steuerung
23 Baulüftungen von Untertagebauwerken
23.1 Allgemeines
23.2 Lüftungssysteme
23.3 Lüftungs- und Entstaubungsmassnahmen beim Einsatz von TSM und TBM
23.4 Installation in der Vortriebszone
23.5 Installation der Baulüftung im Portalbereich
23.6 Lutten
23.7 Ventilatoren
23.8 Dimensionierung der Lutte und des Ventilators
23.9 Instandhaltung
24 Vorbereitung und Logistik einer Tunnelbaustelle
24.1 Arbeitsvorbereitung
24.2 Einrichtung einer Baustelle
24.3 Energieumsetzung auf der Baustelle
24.4 Baustelleneinrichtungen des konventionellen Vortriebs
24.5 Baustelleneinrichtungen des TBM-Vortriebs
24.6 Gesamtinstallationen beim Schildvortrieb
24.7 Zusammenfassung
25 Sicherheitsmanagement im Untertagebau
25.1 Baustellenumfeld
25.2 Der Integrale Sicherheitsplan der Schweizer Bauindustrie
25.3 Der SIGEPLAN der deutschen Bau-Berufsgenossenschaften
25.4 Zusammenfassung
26 Projektabwicklungsformen als Schlüssel zu Innovation, Risikomanagement sowie Kostenoptimierung
26.1 Bauwirtschaftliche Veränderungen
26.2 Einflüsse und Grundvoraussetzungen für die richtige Wahl der Vertragsform zur schnellen und kostenoptimalen Realisierung von Projekten
26.3 Gestaltung der Ausschreibung und Risikomanagement als Schlüssel zur konfliktarmen Abwicklung von Projekten
26.4 Kooperationen zur Entfaltung von Innovation und Synergien zwischen Planung und Ausführung zwecks Kostenoptimierung des Projekts
26.5 Zusammenfassung
Literaturverzeichnis
Stichwortverzeichnis
Prof. Dr.-Ing. Gerhard Girmscheid
ETH Zürich
IBI – Institut für Bau- und Infrastrukturmanagement
Wolfgang-Pauli-Str. 15
8093 Zürich
Switzerland
Titelbild:
Oberes Bild: Streckenausbaumaschine für den Sprengvortrieb des Gotthard-Basistunnels beim Zwischenangriff Sedrun (Quelle: Rowa Tunnelling Logistics AG und GTA Maschinensysteme GmbH)
Unteres Bild: Einfachschild-Tunnelbohrmaschine S-139 des Zimmerberg-Basistunnels (Quelle: Herrenknecht AG)
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Bindung: Strauss GmbH
3. überarbeitete und erweiterte Auflage
Print ISBN: 978-3-433-03047-9
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ePub ISBN: 978-3-433-60315-4
eMob ISBN: 978-3-433-60314-7
oBook ISBN: 978-3-433-60312-3
Meiner Tochter Géradine gewidmet
Die vorliegende dritte Auflage wurde durch wesentliche Praxisbeispiele zur Planung von Tunnelvortrieben ergänzt. Ferner wurden die Kapitel Sprengvortrieb, TBM-Vortrieb im Fels sowie Schildvortrieb im Lockergestein wesentlich ergänzt. Ferner wurden neueste Erkenntnisse für die Tunnellogistik und Industrialisierung der konventionellen Vortriebe eingefügt. Dadurch ist das Buch dieses Buch über den Baubetrieb des Tunnelbaus auf dem letzten Stand der internationalen Baukunst. Sowohl für Studenten im Vertiefungsbereich Tunnelbau als auch für Praktiker in Ingenieurbüros und Bauunternehmen steht ein Werk bereit, dass einerseits das baubetriebliche Grundwissen über die verschiedenen modernen Verfahren des Tunnelbaus und der Logistik vermittelt sowie andererseits auch die praktische Umsetzung dieses Wissens an Beispielen aufzeigt.
Eine übersichtliche Gliederung und ausführliche Darstellung der einzelnen Themenbereiche sollen dem Leser ein rasches, gezieltes Auffinden bestimmter Einzelaspekte ermöglichen. Hauptanliegen ist jedoch, das Buch als umfangreiches Grundlagen- und Nachschlagewerk nutzen zu können.
Systematisch wird der Nutzer von den geologischen, hydrologischen und petrographischen Gegebenheiten und den daraus abgeleiteten Gefährdungsbildern zu den spezifischen Bauverfahren des Vortriebs, der Sicherungstechnik und des Ausbaus geführt. Besonderer Wert liegt dabei auf der Beziehung Ursache – Wirkung – Lösung. Es wird versucht, den Baubetrieb und die Bauverfahren interaktiv in die Nachbardisziplinen wie Geologie, Geotechnik, Maschinenbau und Materialtechnologie einzubinden und deren interdisziplinäres Zusammenwirken zur Lösung komplexer Bauaufgaben aufzuzeigen. Dazu wurden neben praktischen Erfahrungen auch die neusten Veröffentlichungen berücksichtigt.
Nichts ist perfekt – konstruktive Anregungen zur Weiterentwicklung nehme ich sehr gern entgegen.
Bedanken möchte ich mich bei den Tunnelbauunternehmen, Ingenieurbüros, Maschinenherstellern und Baustoffunternehmen für die breite Unterstützung. Danken möchte ich ebenfalls meinen Mitarbeitern und Hilfsassistenten des Instituts für Bau- und Infrastrukturmanagement der ETH Zürich für die Herstellung von Bildern und Grafiken sowie das Korrekturlesen.
April 2013
Gerhard Girmscheid
Die Angaben in diesem Buch wurden nach bestem Wissen und Gewissen erstellt, allerdings übernimmt der Autor keine Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder sonstige Qualität der bereitgestellten Informationen. Haftungsansprüche gegen den Autor, die sich auf Schäden materieller oder ideeller Art beziehen, die durch die Nutzung oder Nichtnutzung fehlerhafter und/oder unvollständiger Informationen verursacht wurden, sind grundsätzlich ausgeschlossen, sofern seitens des Autors kein nachweislich vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verschulden vorliegt.
Der Tunnelbau gehört zu den faszinierendsten, interessantesten, aber auch schwierigsten Aufgaben des Bauingenieurs. Im Tunnelbau bestehen zwischen Gebirge, Konstruktion und Bauvorgang direkte Beziehungen.
Das Gebirge wirkt als tragendes Element und als Belastung; gleichzeitig dient es als Baustoff. Durch zahlreiche Einflüsse und Wechselwirkungen zwischen Gebirge und Hohlraumbauwerk unterscheidet sich der Tunnelbau massgeblich von anderen Baukonstruktionen.
Im Tunnelbau sind die Kenntnisse über Belastung und Materialparameter weiten statistischen Streuungen unterworfen. Meist gibt es nur wenig Aufschlüsse entlang der zukünftigen Tunnelachse. Mit Hilfe dieser Aufschlüsse sowie geologischen und heute zum Teil geophysikalischen Voruntersuchungen wird dann die Klassifizierung des Gebirges vorgenommen.
Da die meisten Gebirgsformationen, bedingt durch ihre tektonische Entstehungsgeschichte, heterogen geschichtet und gefaltet sind, sollte man bei Vorberechnungen die Streuung der geologischen und gebirgsmechanischen Parameter berücksichtigen. Damit kann die Bandbreite der Bauverfahren, Sicherungs- und Ausbaumassnahmen anschaulich für den Bauleiter und den Geologen unter klarer Definition der hydrologischen wie auch der petrographischen Annahmen vor Ort festgelegt werden. Besonders klar sollte dargelegt werden, wie sich die ändernden geologischen Verhältnisse auf die Berechnungsergebnisse und somit auf die zu treffenden Massnahmen auswirken.
Die Bauverfahren und Sicherungsmassnahmen müssen den weiten Variationsbreiten der geologischen und petrographischen Parameter des Projektes Rechnung tragen. Die Adaptionsfähigkeit der jeweiligen Bauverfahren wie auch der Sicherungsmassnahmen ist für den wirtschaftlichen Erfolg der Projektabwicklung entscheidend.
Das Risikopotential bezüglich der Arbeitssicherheit und der bauverfahrenstechnischen Konsequenzen aus den geologischen und petrographischen Parametern, die man aufgrund der wechselnden Gebirgsverhältnisse antrifft, ist sehr hoch. Damit sind erhebliche Projektrisiken in bezug auf Termin-und Kostentreue verbunden. Für jeden Tunnelbauer ist die richtige Wahl des Bauverfahrens auf der Grundlage der Streubreite der geologischen und petrographischen Parameter sowie des Querschnittes Voraussetzung für den technischen und wirtschaftlichen Erfolg.
Durch diese Merkmale unterscheidet sich der Tunnelbau von den anderen anspruchsvollen Bauingenieurdisziplinen wie Brücken-, Tief-, Industrie- und allgemeinem Hochbau. Die materialtechnischen Parameter wie auch die probabilistischen Werte für die Belastungen unterliegen hier nur engen statistischen Streuungen. Das liegt daran, dass die künstlich hergestellten Baumaterialien strengen Qualitätssicherungsmassnahmen unterliegen und die Belastungen, z. B. im Brückenbau, aufgrund der Maximalgewichte pro Fahrzeug und der statistischen Verteilung sehr genau bekannt sind. Das sieht beim Gebirge, das durch natürliche geologische und tektonische Vorgänge entstanden ist, ganz anders aus. Noch immer gilt der Ausspruch der Tunnelbauer: „Vor der Ortsbrust ist es schwarz“.
Prof. Maidl formuliert kurz und treffend [1-2] die Bedeutung des Tunnelbaus wie folgt: „Der Tunnelbau vereinigt Theorie und Praxis zu einer eigenen Ingenieurbaukunst. Bei Wichtung der vielen Einflüsse steht je nach dem Stand der eigenen Kenntnisse einmal die Praxis, das andere Mal mehr die Theorie im Vordergrund. Der Ingenieurtunnelbau wird heute weitgehend von Bauingenieuren betrieben, doch sollte sich jeder bewusst sein, dass Statik- und Massivbaukenntnisse allein nicht ausreichen. Geologie, Geomechanik, Maschinentechnik und insbesondere Bauverfahrenstechnik gehören gleichwertig dazu.“
Die Bauverfahrenstechnik im Tunnelbau ist ein interaktives Fach, das die Einflüsse der Ausführung auf die Konstruktion mit der Erfassung der Bauzustände berücksichtigen muss.
Der Untertagebau ist eng mit der Entwicklung der Kulturvölker verbunden (Bild 1-3). Schon in der Vergangenheit wurden unterirdische Stollen und Verteidigungssysteme gebaut. Ferner wurde von alters her Bergbau betrieben. Der Tunnelbau hat seine Wurzeln im Bergbau. Die Abbautechnik, Maschinentechnik und Sicherungsmassnahmen des Hohlraums waren lange Zeit dem Bergbau entliehen. Noch heute ist das Abbauvolumen im Bergbau um Zehnerpotenzen höher als im Ingenieurverkehrstunnelbau. Zwischen beiden besteht eine technologische Wechselbeziehung, die auch in Zukunft im Rahmen des Know-how-Transfers intensiv genutzt werden sollte. Der Untertagebau ist jedoch erst in neuer Zeit eine Ingenieurdisziplin geworden.
Nachfolgend sollen chronologisch die wichtigsten Untertagebauwerke aufgelistet werden.
2500 v. Chr. | Die Königin Semiramis soll in Babylon unter dem Euphrat einen 1 km langen Tunnel vom Königspalast zum Baalstempel errichtet haben |
1200 v. Chr. | Mykene: Stollen von der Quelle in die Stadt |
1000 v. Chr. | Jubsiter leiten die Quelle von Gihon unter die Stadt Jerusalem |
700 v. Chr. | Wasserversorgungsstollen in Jerusalem; Länge 540 m, Volumen 20’000 m3 (mit Schlägel und Eisen gelöst!) |
600 v. Chr. | 1.6 km langer Trinkwasserstollen auf Samos |
700 – 550 v. Chr. | Die Etrusker bauen unter ihren Städten ganze Stollensysteme zur Wasserversorgung und Kanalisation, aber auch Bergwerke |
36 v. Chr. | Vom römischen Kaiser Octavian werden die ersten Strassentunnel bei Cumae und zwischen Neapel und Puteoli (Pozzuoli) durch Felsrücken, die bis zum Meer reichen, gebaut (690 m lang, 9 m breit und 25 m hoch; sie können heute noch benutzt werden) |
Nach Chr. | Katakombenbauten in Rom |
Im Mittelalter | Stollen für Verteidigungszwecke und Bergwerke zur Salz- und Metallgewinnung; in der Schweiz z. B. das Silberbergwerk in Obersaxen |
1679 | Tunnel am Languedoc-Kanal, wo zum ersten Mal Schiesspulver im Tunnelbau angewendet wurde (im Bergbau schon 1627) |
1708 | Tunnel Urner Loch bei Andermatt: Pietro Morettini hatte die Felswand mit dem Meissel durchschlagen, um die schwankende Brücke durch einen sicheren Weg zu ersetzen. Damit begann die Durchbohrung des Gotthards |
Der Tunnelbau erlebte als Verkehrstunnelbau seine erste grosse Blüte in der Neuzeit durch den Beginn des Eisenbahnbaus. In Europa und der Schweiz entstanden bis heute die folgenden wichtigen Bauwerke:
1826 | Erster Eisenbahntunnel auf der Strecke Liverpool-Manchester |
1857 – 1870 | Mont-Cenis-Tunnel: Eisenbahntunnel durch die Alpen zwischen Frankreich und Italien. Zuerst wurden noch Bohrlöcher in Handarbeit hergestellt, dann wurden hydraulische und zuletzt pneumatische Bohrmaschinen verwendet. Sprengung mit Schwarzpulver |
1864 | Erfindung des Dynamits (Nobel) |
1872 – 1878 | St. Gotthard-Eisenbahntunnel, Länge 14990 m, Ausbruch 1110000 m3 |
1898 – 1905 | Simplon-Tunnel I, mit Parallelstollen, Länge: 19110 m |
1908 – 1913 | Lötschberg-Tunnel, Länge 14605 m |
1912 – 1921 | Simplon-Tunnel II, Länge 19110 m |
Dies setzt sich durch die neuen Eisenbahntechniken bis in die Gegenwart fort: Bahn 2000, Hochgeschwindigkeitsverbindungen zwischen Städten usw.
Das Arbeitsfeld des Bauingenieurs im Tunnelbau ist nicht auf den Eisenbahnbau beschränkt, sondern zu seinen Untertageaufgaben gehören auch Stollen und Kavernen beim Bau von Wasserkraftanlagen, besonders nach dem 2. Weltkrieg, wie z. B.:
1955 – 1960 | Kraftwerk Grande Dixance, 150 km Stollenlänge, 1500000 m3 Ausbruch |
1950 – 1958 | Kraftwerk Niagara-Fälle, 3350000 m3 Ausbruch |
1961 – 1964 | Pumpspeicherwerk Vianden, Luxemburg, Kavernenzentrale, 160000 m3 Ausbruch |
und einige Strassentunnel:
1961 – 1967 | San Bernardino-Tunnel, 6600 m |
1969 – 1980 | St. Gotthard-Strassentunnel, 16322 m |
1974 – 1978 | Arlberg-Strassentunnel, 13972 m, 1450000 m3 Ausbruch |
Das Zusammenwachsen Europas zu einem gemeinsamen Wirtschaftsraum erfordert die Verknüpfung der nationalen Verkehrsnetze zu einem transkontinentalen Netz (West-Ost und Nord-Süd). Für diese Netze der Strassen und Schnellbahnen sind in den nächsten zwanzig Jahren Investitionen in Höhe von 350 bis 600 Milliarden sFr. (ca. 220 bis 375 Milliarden €) vorgesehen. Bei den Hochgeschwindigkeitsstrecken der Bahnen sind nur geringe Steigungen und grosse Kurvenradien möglich. Das erfordert auch in den Mittelgebirgsregionen sehr viele Tunnelbauwerke. Zur Verbesserung des Güter- und Personentransports werden im Rahmen des Ausbaus der europäischen Nord- und Südverbindungen wie auch zur Verminderung der Umweltbelastung zahlreiche Tunnelbauwerke in der Schweiz realisiert bzw. projektiert.
Der bergmännische Tunnelbau wird weltweit, besonders in den sich entwickelnden Ländern Asiens und Südamerikas, im Rahmen der Verbesserung der Infrastruktur ein sehr grosses Volumen einnehmen. Für die Städte Bangkok, Taipeh, Manila, Kuala Lumpur sowie die Städte Indiens und Chinas wird dies von zentraler Bedeutung sein, um die gewaltigen Verkehrsprobleme wirtschaftlich zu lösen. Möglicherweise wird der Personenverkehr (Pendler, Geschäftsbesprechungen) mittelfristig durch die neuen zentrumslosen Informations- und Kommunikationsmittel sowie die mögliche Telearbeit in virtuellen Unternehmen abnehmen und sich damit umwelt- und energieschonend entwickeln.
Dieses Fachbuch befasst sich mit der Planung des Herstellungsprozesses von Tunnelbauwerken in Locker- und Festgestein unter Beachtung folgender Aspekte:
Diese oben genannten Aspekte dienen gleichzeitig als Grundlage zur Ermittlung der Kosten der Untertagebauwerke.
Der Tunnel wird wie kein anderes Ingenieurbauwerk in seiner Bauvorbereitung, -ausführung und -überwachung durch das Gebirge bestimmt. Um diese komplexe Aufgabe unter dem Gesichtspunkt der Risikominimierung in bezug auf eine technisch und wirtschaftlich erfolgreiche Projektumsetzung zu lösen, ist eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Planenden (Projektverfassern, Geologen, Geotechnikern, Geophysikern, Messtechnikern etc.) und Ausführenden (Bauunternehmern, Maschinenherstellern, Materialherstellern) unumgänglich. Der Projektverfasser muss die Ergebnisse dieser interdisziplinären Zusammenarbeit zusammenfassen.
Die Kenntnisse der Geologie sind ganz entscheidend für die Klassifizierung des Gebirges und die Bestimmung der Ausbruchklassen. Der Bauingenieur sollte die Entstehung des Gebirges und deren Auswirkung auf petrographische Eigenschaften kennen. Dies ist Voraussetzung für eine Kommunikation mit den Geologen sowie für die eigene phänomenologische Deutung.
Die Gesteine unterscheidet man nach den gebirgsbildenden Vorgängen [2-1] wie folgt:
Sedimente bedecken rund 75 % der Erdoberfläche, und nur 25 % sind Magmatite und metamorphe Gesteine, obwohl die Erdkruste insgesamt nur zu 5 % aus Sedimenten besteht (unverfestigt ≈ Lokkergestein, verfestigt ≈ Sedimentgestein).
Die Geologie befasst sich mit dem Aufbau der Erdkruste. Die Petrographie befasst sich mit dem Aufbau, der Zusammensetzung und der Klassifikation der Gesteine.
Die wichtigsten gesteinsbildenden Mineralien sowie deren Anteile in der Erdkruste sind die folgenden (Bild 2.1-1):
Durch gebirgsbildende Prozesse und Erosion gelangen Sedimentgesteine, Metamorphite und Magmatite wieder an die Erdoberfläche. Dadurch verändern sich die Gesteine bzw. ihre Eigenschaften [2-2], die sich durch:
ausgebildet haben. Dabei besitzen einige Gesteine problematische Eigenschaften für den Tunnelbau (Tabelle 2.2-1). Geologische Problemzonen im Tunnelbau lassen sich jedoch nicht nur auf die Gesteine mit kritischen primären und sekundären Eigenschaften zurückführen, sondern folgende Faktoren sind zudem ausschlaggebend:
Im Gebirgstunnelbau haben Lockergesteinszonen oft nur eine untergeordnete Bedeutung. Ausnahmen bilden glazial übertiefe quartäre Erosionsrillen.
Störzonen sind durch Deformationen des Gebirges entstanden (Bild 2.2-1). Die Gesteine in den Störzonen sind durch die tektonischen Deformationen zerbrochen und zerschert. Die Gesteinsfragmentierung kann so weit gehen, bis nur noch feinkörniges Gesteinsmehl vorliegt. Man bezeichnet solche Gesteinsfragmente in den Störzonen als:
Diese Störzonen können eine Mächtigkeit von einigen Dezimetern bis zu 100 Metern aufweisen. Aus der Mächtigkeit, dem Einfallwinkels zur Tunnelachse, der Häufigkeit und Art der Gesteinsfragmente und deren Verkittung sowie den hydrologischen Verhältnissen ergibt sich die Problematik für den Tunnelbau.
Die ingenieurgeologischen, fels- und bodenmechanischen Erkundungen [2-3] sind um so umfangreicher und sorgfältiger durchzuführen,
Die Aufgabenbereiche der geotechnischen Untersuchungen sind in Tabelle 2.3-1 zusammengestellt; Tabelle 2.3-2 zeigt die verschiedenen ingenieurgeologischen Untersuchungsmethoden. Im Rahmen des Risikomanagements muss je nach Projektumfang die interdisziplinäre Zusammenarbeit der Fachleute in den verschiedenen Projektphasen erfolgen.
In der Vorprojektphase ist eine technische und wirtschaftliche Prognose abzugeben, ob der Tunnelbau machbar ist. Sie besteht aus folgenden Teilen:
Dabei sind insbesondere die geomorphologischen, petrographischen, stratigraphischen, tektonischen und hydrologischen Verhältnisse im Bereich und dem näheren Umfeld der Tunnelachse zu untersuchen. Es ist wichtig, die Lagerungsverhältnisse, die Wasserführung, die Aggressivität des Wassers, den geologischen Bau, die Gebirgsklassen, die chemischen und dynamischen Prozesse, die Schichtung, die Klüftigkeit, die Gesteinseigenschaften etc. zu bestimmen. Ferner sollten Rutschgebiete und Erdbebengefährdung erkannt werden.
Für die Machbarkeitsprognose im Rahmen der Vorprojektphase werden oft ausgewertet.
Bearbeitungsphase | Aufgabenbereich der geotechnischen Untersuchungen |
Vorprojektphase | Interpretation der geotechnischen Situation hauptsächlich aus Karten etc., als Voraussetzung für Variantenuntersuchungen und prognostische Darstellung der
|
Bauprojektphase / Tunnelentwurf | Detaillierte Untersuchungen zur Vertiefung der geotechnischen Erkenntnisse, Ergänzung der Tunnelvorhersage durch Erhöhung des Untersuchungsaufwandes:
|
Ausführungsphase | Bestimmung der örtlich vorgefundenen Gesteins- und Gebirgsverhältnisse und Vergleiche mit den Annahmen aus der Entwurfsphase, ggf. Korrektur und Anpassung des Vortriebs an die Gebirgssituation. Dokumentation und Bewertung der geotechnischen Verhältnisse:
|
Heute werden die ergänzenden geotechnischen Voruntersuchungen meist grossräumig mit den modernen Methoden der Geophysik durchgeführt, um ein grobes, möglichst räumliches Baugrundmodell im Projektgebiet zu erhalten. Dabei muss darauf hingewiesen werden, dass die geophysikalischen Verfahren (Elektromagnetik, Seismik etc.) aus der Sicht des Bauingenieurs verbessert werden müssen, und zwar hinsichtlich der Kalibrierung an bodenmechanischen Aufschlüssen sowie der ingenieurmässigen Darstellung.
Die geophysikalischen Untersuchungen müssen durch relevante Aufschlussbohrungen ergänzt werden, um die geophysikalischen an den boden- und felsmechanischen Parametern zu kalibrieren. Die Bohrungen müssen so gewählt werden, dass die wichtigen Gesteinsformationen für die Baumassnahmen angeschnitten werden.
Den Umfang der Voruntersuchungen sollten wirtschaftliche Gründe bestimmen, wobei Risikoüberlegungen jedoch im Vordergrund stehen müssen. Ergebnis des Untersuchungsaufwands sollte ein Gesamtkostenminimum sein. Es ist im allgemeinen wirtschaftlich günstiger, die Vorerkundungen etwas umfangreicher zu gestalten und so möglichst zuverlässige und aussagefähige Daten zu erhalten. Jede nicht erkannte Anomalie oder Störzone kann Störfälle im Bauablauf verursachen bzw. Änderungen der Bauverfahrenstechnik erzwingen. Die daraus resultierenden Termin- und Kostenüberschreitungen sind meist weit teurer als zusätzliche Erkundungen. Daher sollte eine solide, dem Projekt angepasste, ausreichende Vorerkundung vorausgehen.
Durch diese Voruntersuchung kann man feststellen, ob das geplante Tunnelbauwerk am vorgesehenen Standort unter Beachtung der technischen und wirtschaftlichen Belange erstellt werden kann. Weiterhin sollen die Voruntersuchungen Hinweise darauf geben, welche Baugrundeigenschaften besondere Bedeutung besitzen und in welcher Art und welchem Umfang die weiteren Aufschlüsse in der folgenden Projektphase erfolgen sollen. Zudem muss geklärt werden, welche Wechselwirkung zwischen Gebirge und Bauwerk besteht (z. B. Grundwasserbeeinflussung, Aggressivität des Bergwassers, etc.).
Auf die mögliche Aggressivität des Bergwassers wird im Abschnitt 2.7 hingewiesen. Diese Aggressivität kann die Dauerhaftigkeit der Sicherungs- und Ausbaumassnahmen stark beeinflussen. In diesem Fall sind besondere konstruktive und materialtechnische Massnahmen notwendig.
Einen wesentlichen Teil des Vorprojektes bilden die Variantenstudien über Trassen- und Gradientenverlauf sowie Querschnittsform und -grösse.
In der Projektphase sind während des Entwurfs- und Ausführungsstadiums die Vorerkundungen zu ergänzen. Die wichtigsten Untersuchungsverfahren sind:
Durch die oben genannten „in situ“-Versuche können die Eigenschaften und das Verhalten der Gesteine als Gebirge ermittelt sowie das gewählte Bauverfahren auf seine Zweckmässigkeit geprüft werden.
Bei der Durchführung der „in situ“-Prüfung ist u. a. auf folgendes zu achten:
Zudem sollte das geophysikalische Erkundungsnetz unter dem Gesichtspunkt der Risikominimierung verdichtet und detailliert an den „in situ“-Aufschlüssen kalibriert werden, um das räumliche Baugrundmodell im Projektgebiet zu gestalten. Je besser die Kenntnisse darüber sind, um so gezielter und wirtschaftlicher können Bauverfahrenstechnik, Sicherungsmassnahmen und Ausbau geplant werden. Zudem können zu erwartende Störfälle in die oben geschilderten Massnahmen einbezogen werden. Damit lassen sich die Projekte termingerecht und innerhalb des geplanten Budgets verwirklichen.
Leider ist das im Tunnelbau jedoch noch nicht der Regelfall. Dies muss in Zukunft gezielt verbessert werden. Eine durchdachte, stufenweise verdichtete, systemanalytische Vorgehensweise, in der die Erfahrungen der Praxis berücksichtigt werden, ist notwendig.
Die geologischen, hydrogeologischen und geotechnischen Abklärungen sind in jeder Projektphase stufengerecht vorzunehmen und auf die Ausführung und Nutzung des Bauwerks auszurichten.
Anzahl der Schläge pro 20 cm Eindringung | Lagerungsdichte bzw. Konsistenz |
< 8 | sehr locker (sehr weich) |
8 - 16 | locker (weich) |
16 - 33 | mitteldicht (mittelhart) |
33 - 83 | dicht (hart) |
> 83 | sehr dicht (sehr hart) |
Die Sondierung erfolgt durch Einrammen eines mit einer konischen Spitze versehenen Gestänges in den Boden (dynamische Eindringung). Man unterscheidet Geräte ohne und mit Verrohrung (Mantelrohr). Der Eindringungswiderstand wird an der Arbeit des Fallbärs gemessen. Bei Verwendung einer Verrohrung können der Spitzenwiderstand und die seitliche Reibung getrennt gemessen werden. In der Schweiz ist die unverrohrte VAWERAMMSONDE gebräuchlich. Eine Eisenstange (∅ 2,2 cm) mit einer konischen Spitze (∅ 3,56 cm = 10 cm2 Querschnitt) wird mit einem Rammbär (Gewicht 30 kg, Fallhöhe 20 cm) in den Boden getrieben. Es wird die Anzahl der Schläge für 20 cm Eindringung gezählt.
Die Anwendung ist auf Lockergestein ohne Blöcke oder verkittete Schichten beschränkt. Die übliche Tiefe für die gebräuchlichen Geräte beträgt 10 – 15 m. Es ist empfehlenswert und oft sogar unumgänglich, eine Anzahl Rammsondierungen mit Bohrungen zu kombinieren, besonders wenn man über eine grössere Fläche die Abgrenzung von Schichten mit unterschiedlichen Lagerungsdichten feststellen will. Rammsondierungen allein sagen nicht viel aus; man sollte sich davor hüten, eine Baugrundbeurteilung nur aufgrund von Rammsondierungen vorzunehmen.
Das Grundwasser hat einen Einfluss auf die Sondierergebnisse. In nicht bindigen Böden ergeben die Sondierungen unter dem Wasserspiegel einen geringeren Eindringungswiderstand. Bei bindigen Böden ist der Einfluss des Grundwassers nur selten zu erkennen, da diese Böden auch oberhalb nahezu wassergesättigt sind. Bei ausgetrockneten, bindigen Böden macht sich dagegen eine starke Zunahme des Eindringungswiderstandes bemerkbar.
Es handelt sich um ein rasches Verfahren zum Lokalisieren von Schichten mit unterschiedlichem Eindringungswiderstand.
Rammsondierungen ergeben keine Proben und keine Auskunft über die Art des Bodens. Es besteht die Gefahr der falschen Interpretation im Hinblick auf das Vorhandensein von Steinen und Blöcken und von Grundwasser.
Die Bohrerkundung ist die traditionelle Erkundung des Baugrundes, die in bezug auf Aussagefähigkeit und Kosten von keinem anderen Verfahren übertroffen wird; erfolgt sie vertikal, stellt sie einen singulären Untersuchungspunkt innerhalb einer Tunnelstrecke dar. Daher müssen die Bohrpunkte sehr sorgfältig durch Vorstudien aufgrund von geologischen Karten und Feldaufnahmen sowie geophysikalischen Voruntersuchungen bestimmt werden.
Bei der Bohrtechnik im Lockergestein kann man folgende Bohrverfahren unterscheiden:
Die Anwendungsbereiche sowie die Eignung der Bohrverfahren in bezug auf die Bodenarten sind in [2-4] sowie in DIN 4020 und 4021 [2-5, 2-6] dargestellt.
Im folgenden soll nur das Rammkernbohrverfahren für Lockergestein erläutert werden. Der Kern wird durch Einrammen eines rohrförmigen Entnahmegerätes mit Schneide (Rammkernrohr) gewonnen. Nach diesem Prinzip arbeitet z. B. die Schlagschlappe, welche vor allem in Kies, Sand und Silt eine besonders hohe Bohrqualität ermöglicht. Rammkernbohrungen können bis zu einer Tiefe von 40 m wirtschaftlich abgeteuft werden. Die üblichen Bohrdurchmesser liegen zwischen 100 und 300 mm. Die eingesetzten Bohrgeräte sind mit einer pneumatischen Schlagvorrichtung versehen. Die Futter- und Kernrohre müssen grössere Wandstärken aufweisen als beim Rotationskernbohrverfahren. Dies ergibt sich aus der grösseren Beanspruchung des Rohres durch den Rammvorgang. Das Rammkernbohrverfahren liefert in Kies- und Sandschichten gute und lückenlose Ergebnisse. Zudem kann es unter diesen Bedingungen seine Wirtschaftlichkeit entfalten.
Bei der Bohrtechnik im Festgestein kann man folgende Bohrverfahren unterscheiden:
Ferner muss man zwischen unverrohrten und verrohrten Bohrungen unterscheiden.
Bei den Zertrümmerungsbohrverfahren, z. B. Rotary-Spülbohrungen, wird das Bohrloch mittels einer Vollbohrkrone hergestellt. Dabei wird das Gestein in seiner Lagerungsstruktur zerstört und das Bohrklein meist durch Wasserspülung gefördert. Durch diese Bohrtechnik können nur indirekte Parameter von hauptsächlich maschinentechnischer Art gewonnen werden, die approximative Werte ergeben und nur in Verbindung mit der Bohrleistung und dem Verschleiss der Bohrwerkzeuge zu interpretieren sind. Man kann Rückschlüsse auf die Abbaufähigkeit und Bohrbarkeit des Gesteins ziehen, jedoch keine boden- oder felsmechanischen Parameter für die Bemessung gewinnen. Zudem kann man meist keine Aussagen über den Durchtrennungsgrad des Gebirges machen oder Schichtgrenzen feststellen. Die Kernzertrümmerungsbohrungen sind die einfachsten und kostengünstigsten Verfahren, mit denen sich jedoch keine ungestörten Bodenproben gewinnen lassen. Diese Verfahren eignen sich, um:
Das standsichere Bohrloch kann mittels Puls-Echo-Ultraschallmessungen (ultrasonic borehole imaging) kostengünstig nach folgenden Aspekten untersucht werden:
Dieses Verfahren erzeugt ein Image der Bohrlochwand. In das Bohrloch wird ein rotierender Ultraschallsender mit Empfänger eingeführt. Die Reflexionszeit der ausgesandten Wellen wird an jedem Punkt gemessen. Aus der Reflexionszeit und der Amplitude der Reflexion kann man über repräsentative Kalibrierungen Rückschlüsse auf die Gesteinsparameter ableiten.
Diese Daten lassen meist nur phänomenologische Deutungen zu. Man kann diese relativ kostengünstigen Zertrümmerungsbohrverfahren einsetzen, um Kernbohrungen in einem Erkundungsbereich zu verdichten.
Damit eine Sondierbohrung mit allen vorgesehenen Bohrlochversuchen ohne Verzögerungen und vom Bohrmeister selbständig ausgeführt werden kann, ist es notwendig, vor Beginn der Bohrarbeiten das Bohrprogramm, d. h. den Umfang der Bohrung und der Bohrlochversuche, festzulegen. Ein ausführliches Bohrprogramm, welches die Pflicht des begleitenden Geologen/Geotechnikers ist, sollte möglichst frühzeitig vorliegen, um das erforderliche Material bereitstellen zu können. Das Bohrprogramm sollte dabei folgende Angaben enthalten:
Die folgenden Kernbohrverfahren sind die wesentlichen Erkundungsbohrverfahren zur Gewinung von ungestörten Proben im Festgestein:
Das Rotationsbohrverfahren mit Einfachrohr und Vollkerngewinnung wird bis zu Tiefen von ca. 50 – 100 m angewendet. Das Bohrrohr ist mit einer Kernbohrkrone ausgerüstet. Bei Rotationskernbohrungen wird durch ein rotierendes Werkzeug (Bohrkrone) ein ringförmiger Schlitz aus dem Erdmaterial gefräst. Der dadurch entstehende zylinderförmige Kern gleitet in ein Rohr, das sogenannte Kernrohr. Das Kernrohr wird von der Maschine aus über ein Bohrgestänge angetrieben.
Der im Kernrohr befindliche Bohrkern wird durch das Ausbauen des Kernrohres zutage gefördert. Während dieses Vorgangs wird das Rohr gemäss den Abschnittslängen zurückgezogen und vom Bohrgestänge abgeschraubt. Dabei wird abschnittsweise der Bohrkern gewonnen. Das Fixieren des Bohrkerns während des Zurückziehens erfolgt durch ein Federsystem im Rohr, das den Kern im Rohr gegen Herauslösen sichert.
Im Gegensatz zu anderen Bohrverfahren erhält man bei Rotationskernbohrungen lückenlosen Aufschluss über das vorhandene Material, d. h. alle Korngrössen sind noch vorhanden. Heute zählt das Rotationskernbohrverfahren zu den meistangewandten Bohrverfahren sowohl im Locker- als auch im Felsgestein.
Bei Rotationskernbohrungen im Lockergestein wird das Bohrloch immer verrohrt. Die Futterrohre (Bild 2.4-1) sind ebenfalls mit einer Bohrkrone versehen und werden durch Nachbohren eingebracht. Bei tiefen Bohrungen müssen die Futterrohre teleskopiert werden.
Die heute üblichen Bohrdurchmesser bewegen sich zwischen 65 und 250 mm. Damit der aus Lockergestein bestehende Bohrkern im Kernrohr bleibt, muss „trocken“, d. h. ohne Spülwasser gebohrt werden. Oft muss sogar zur Kerngewinnung die Bohrkrone durch längeres Drehen „an Ort“ erhitzt werden, womit sich im Kernrohr ein Zapfen bildet, der das Herausfallen des Kerns erschwert.
Kerntouren sind im Lockergestein kürzer als im Fels, der Bohrfortschritt ist kleiner und es müssen mehr Futterrohre gesetzt werden. Deshalb sind Kernbohrungen im Lockergestein in der Regel teurer als im Fels.
Bei Blöcken oder verkitteten Böden muss die Bohrkrone mit Spülwasser gekühlt werden. Dabei werden aber Feinanteile ausgewaschen. Die Verwendung eines Doppelkernrohrs reduziert die Gefahr des Auswaschens. Als Alternative kann eine Kombination von Rotation und Perkussion mit Aussenhammer den Spülbedarf wesentlich reduzieren.
Die meisten Kernbohrkronen sind entweder mit Hartmetall-Prismen oder aber mit Diamanten bestückt. Im Lockergestein werden vorwiegend Hartmetallkronen eingesetzt, Blöcke müssen allerdings mit Diamantkronen durchbohrt werden, die ca. fünfmal mehr als Hartmetallkronen kosten.
Das Doppelkernrohr wird wie das Einfachkernrohr von der Maschine aus über das Bohrgestänge angetrieben. Um den Bohrkern vor der Drehbewegung und dem Spülwasser zu schützen, werden zwei voneinander unabhängig drehbare Rohre zu einem Doppelkernrohr zusammengefügt. Am äusseren Rohr, das beim Bohren dreht, ist die Bohrkrone befestigt. Das innere Rohr dreht während des Bohrens nicht und schützt somit den Bohrkern. Das Spülwasser wird der Bohrkrone zwischen dem inneren und äusseren Rohr zugeführt.
Das Seilkernbohrverfahren (Bild 2.42) wird in Tiefen von ca. 100 – 2000 m und mehr eingesetzt und erlaubt eine diskontinuierliche Entnahme von Kernen fast über die gesamte Bohrstrecke. Das Seilkernbohrsystem [2-8] besteht aus einem Aussenrohr, dem eigentlichen Bohrstrang mit Bohrkrone und einem Innenrohrsystem von ca. 9 m Länge, das verlängert werden kann. Das Innenrohrsystem setzt sich aus einem Innenkernrohr mit Kernfanghülse und Kernfangfeder zusammen. Oberhalb des Innenkernrohrs befindet sich ein Ventilstück zur Leitung des Spülmittels während der Kernentnahmephase. Zwischen der unteren Kernfangeinrichtung und der oberen Arretierungseinrichtung ist ein achsiales Drehgelenk angeordnet. Die Aufgabe des Drehgelenkes ist es, die Rotation der Arretierungseinrichtung mit dem Aussenrohr zu ermöglichen, ohne die Kernfanghülse mit dem Kern zu drehen. Dies erlaubt, relativ ungestörte Kerne zu entnehmen.
Oberhalb des Drehgelenkes am oberen Ende des Innenrohrsystems befindet sich die Arretierungseinrichtung des Innenrohrsystems an der Innenseite des Aussenrohres sowie ein Drehkopf (Swifel) zur Befestigung des Führungs- und Zugseiles. Die Arretierungseinrichtung besteht aus einer Arretierschere, die an dem entsprechenden Arretierring an der Innenseite des Aussenrohres einrastet. Ferner ist unterhalb der Arretierschere der Landering (auch Landenocke genannt) angebracht. Im Aussenrohr befindet sich eine entsprechende Ringnocke. Der Aussenbohrstrang ist neben der Bohrkrone mit zwei Spezialrohrstücken für die Führung und Arretierung des Innenrohrsystems ausgestattet.
Zudem werden zur räumlichen Orientierung der Bohrprobe Hochgeschwindigkeits-Kreiselkompass-systeme oder Magnetkompasse mit antimagnetischen Innen- und Aussenrohrelementen mit digitaler Datenübertragung verwendet [2-9, 2-10]. Um die Kernorientierung mit den Messsystemen auch nach der Entnahme zu gewährleisten, befinden sich in der Kernfanghülse drei Ritzmesser, die mit dem Kreiselkompasssystem starr verbunden sind. Somit lässt sich die Probe nach dem Ziehen durch das Aussenbohrrohr im Koordinatensystem orientieren, obwohl sich das Innenrohr während des Ziehvorgangs beliebig um die eigene Achse dreht.
Der Aussenbohrstrang bleibt während des Bohrvorgangs bis zum Wechsel der Bohrkrone in der Bohrung. Nur das mit dem Kern gefüllte Innenrohr wird mit Hilfe einer an einem Seil befindlichen Fangvorrichtung ausgebaut. Als Spülmedium während des Bohrvorgangs werden Bentonitsuspension, Wasser und/oder Luft verwendet. Die Flüssigkeit kann auch beim Rückzug des Bohrstrangs zum Wechseln der Krone als Stützmittel dienen. Bei einer Standardlänge des Innenrohrs von ca. 9 m lassen sich je nach Gebirgsverhältnissen Kerne bis zu 6 m gewinnen.
Die Bohrkrone schneidet den Bohrkern aus dem Gebirge, wobei ihr Innendurchmesser so konstruiert ist, dass der Bohrkern vom Innenrohr aufgenommen werden kann. Nach dem Abbohren des Kerns, der sich in die Kernfanghülse schiebt, wird dieser gezogen. Er wird mit Hilfe einer konisch gearbeiteten, aus Kernfangring und Kernfanghülse bestehenden Kombination mit Sitz am unteren Ende des Innenrohrs durch Ziehen aus dem Gebirgsverbund gelöst und während des Transports vom Bohrlochtiefsten nach oben gegen Herausfallen gesichert.
Das auch als Bohrgestänge bezeichnete Aussenbohrrohr muss aus einem Spezialstahl wie z. B. API-Grad E bestehen und mit einem verschleissarmen, robusten, konischen Gewinde ausgerüstet sein, um den extremen Beanspruchungen während des Bohrvorgangs standzuhalten. Je nach Bohrrohrdurchmesser und Tiefe der Bohrung werden Rohrwandstärken zwischen 6,4 und 25,4 mm verwendet.
Das Seilkernsystem lässt sich auch für fast horizontale Bohrungen einsetzen. Dann kann jedoch das Innenrohrsystem zur Gewinnung des Kerns am Bohrkopf nicht mehr mit der Schwerkraft abgesenkt werden. Das Innenrohrsystem muss mit Spülmanschetten ausgerüstet werden, damit es mit dem Spülmedium mit hohem Druck zum Bohrkopf getrieben werden kann. Es wurden bereits Horizontalbohrungen bis zu 1700 m durchgeführt.
Die Ausbildung der Bohrkrone mit Kernfang-Innenrohrsystem ist in Bild 2.4-3 dargestellt. Die kritischen, qualitätsbestimmenden Grössen bei der Kerngewinnung sind: