Anna Stothard
Pink Hotel
Roman
Aus dem Englischen
von Hans M. Herzog und
Astrid Arz
Titel der 2011 bei Alma Books LTD., London,
erschienenen Originalausgabe: ›The Pink Hotel‹
Copyright © 2011 Anna Stothard
Die deutsche Erstausgabe erschien 2012 im Diogenes Verlag
Covermotiv: Foto von Susan Fox (Ausschnitt)
© Susan Fox/Trevillion Images
Für Sally
Alle deutschen Rechte vorbehalten
Copyright © 2016
Diogenes Verlag AG Zürich
www.diogenes.ch
ISBN Buchausgabe 978 3 257 24272 0 (2. Auflage)
ISBN E-Book 978 3 257 60188 6
Die grauen Zahlen im Text entsprechen den Seitenzahlen der im Impressum genannten Buchausgabe.
[5] 1
Die Luft in ihrem Schlafzimmer roch abgestanden nach Zigaretten und Parfüm. Zwei Aschenbecher quollen über mit Filtern voller Lippenstiftspuren, als wäre sie nur mal eben weggegangen, ein neues Päckchen holen. An einer Kommode hing ein Strapsgürtel, eine Nerzstola lag zusammengerollt wie ein überfahrenes Tier neben dem Bett auf dem Boden. Ein Spiegel an der Wand gegenüber warf mein Bild zurück, angezogen auf den zerknitterten Laken liegend, irgendwie fehl am Platz. Mein Haarschnitt und mein Körper hätten der eines Jungen sein können, doch mit meinen großen Augen glich ich eher einer mittelalterlichen Madonna auf einer Kunstpostkarte. Ich trug dunkelblaue Jogginghosen und ein verschwitztes T-Shirt. Meine Haut roch noch immer schwach nach Kaffee und dem Dunst der Fritteuse aus Dads Café in London, mittlerweile überlagert von verbrauchter Flugzeugluft und dem Smog von Los Angeles.
Lily blickte mich von überall her aus gerahmten Fotos an. Auf einem stand sie in Lederjacke neben einem Motorrad, auf einem anderen hockte sie in weißem T-Shirt und Bikini im Schneidersitz unter einem Baum in der Sonne und lachte in die Kamera. Auf einem [6] dritten war sie nackt bis auf den knallroten Lippenstift und einen breitkrempigen Sonnenhut; ihre Haut war albinoweiß, genau wie meine, mit vier runden dunklen Flecken: große Augen und dunkelbraune Brustwarzen. Allerdings hatte sie auf dem Foto schwarze Haare, während meine von Natur aus blond sind.
Ich stand von ihrem Bett auf und schnappte mir vom Schminktisch neben der Tür eine Whiskeyflasche. Gläser waren keine da, also nahm ich einen Schluck aus der Flasche und tappte barfuß am Bett entlang Richtung Bad. Neben der Toilette lag ein Spitzenhöschen, und ich achtete darauf, dass es meine bloßen Füße nicht streifte, als ich mich zum Pinkeln hinhockte. Ihr Schlafzimmer befand sich ganz oben in einem pinkfarbenen Hotel in Venice Beach, Los Angeles. Die Beerdigung war am Vormittag gewesen, aber ich hatte es nicht mehr rechtzeitig ins Krematorium geschafft. Zu der Zeit, als ich in Venice Beach eintraf, war Lilys Totenwache bereits in eine Art Orgie ausgeartet, mit über zweihundert Leuten, die im ganzen Hotel verteilt tanzten und redeten und koksten und tranken. Niemand wusste, wer ich war, also wanderte ich herum, mein abgegriffenes Basecap tief im Gesicht, wie ein Kind auf einer Cocktailparty. Ich sah lange Fingernägel und feuchtglänzende Lippen, geweitete Pupillen und knochige Schultern; ab und zu blitzten unwirklich weiße Zähne auf. Aus einer eisgefüllten Badewanne nahm ich mir ein Bier, lief damit ziellos durch alle fünf Etagen und beobachtete die Leute: Ein unrasierter Riese nahm gerade einen tiefen Schluck aus einer Wodkaflasche, während eine abgemagerte, nicht mehr ganz junge Frau [7] mit geschlossenen Augen mitten im Raum tanzte. Etwas abseits stand ein rothaariger Mann mit spitzen Schlangenlederschuhen, das weiße Hemd halb aufgeknöpft. Um ihn herum hatten sich ein paar Leute geschart, und seine sommersprossigen Hände ballten sich zu Fäusten, während er mit ihnen sprach.
»Ich glaub’s einfach nicht«, sagte eine Frau zu dem Rothaarigen.
»Und ich denke dauernd, sie ist einfach nur spät dran«, antwortete er und presste die Finger erneut zu einer gesprenkelten Faust zusammen.
»Ach, Schätzchen.« Wieder die Frau. »Sie war immer zu spät, stimmt’s? Selbst ihre eigene Beerdigung hätte sie verpasst.«
»Zu unserer Hochzeit kam sie jedenfalls zu spät«, sagte der Mann. »Angeblich hatte sie keine passende Unterwäsche gefunden.« Er rang sich ein gequältes Lächeln ab, und einige der Umstehenden schmunzelten traurig. Der Rothaarige näselte wie Bugs Bunny, wohl ein New Yorker Akzent.
»Ihr wart so’n tolles Team«, sagte jemand zu ihm.
Ich blieb noch einen Moment stehen und sah zu dem verschwitzten Rothaarigen hinüber. Als er sich von mir abwandte, konnte ich dem Gespräch nicht länger folgen, und so setzte ich meinen Weg durch den bunten Trubel Trauernder fort, stieg Etage um Etage höher, bis ich schließlich ganz oben vor einer Tür mit dem Schild »Privat« stand. Durch das Schlüsselloch konnte ich ein Fahrrad und ein Paar Inlineskates erkennen. Ich hatte erwartet, dass abgeschlossen sei, aber die Tür klemmte [8] nur ein wenig und öffnete sich mit einem langgezogenen Quietschen auf die kahlen Holzdielen eines engen Flurs, in dem es ungelüftet und nach Raumspray roch. Trotzdem atmete ich auf, als die Tür hinter mir ins Schloss fiel und die Geräusche von unten dämpfte. Über mir hing eine staubige nackte Glühbirne von der Decke, in den Dielenritzen hatte sich Sand gesammelt. Die Wände waren in der Farbe von gekochtem Lachs gestrichen, viel blasser als die leuchtend pinkfarbene Fassade des Strandhotels. Durch einen Türrahmen links von mir sah ich in die Küche, leer bis auf einen blauen Resopaltisch und zwei gepolsterte Holzstühle. Der Tisch war mit schmutzigen Gläsern und heruntergebrannten Duftkerzen übersät, in der Spüle stapelte sich dreckiges Geschirr. Ich ging an weiteren offenen Türen auf beiden Seiten des Flurs vorbei – ein Wohnzimmer mit Flachbildfernseher, ein WC, ein kleines Arbeitszimmer mit einem Schreibtisch, auf dem sich Papiere türmten. Die einzige geschlossene Tür war die ganz am Ende.
Wenn man Sehnsucht nach etwas haben kann, das man nie gekannt hat, dann war es diese Sehnsucht und ein wenig Neugier, warum ich mich erst auf ihr Bett legte und mir dann nebenan in der Wanne ein Bad einlaufen ließ. Ein Schmutzrand, gesprenkelt mit millimeterlangen Haarstoppeln, zeugte vom letzten Mal, als sie oder ihr Mann darin gebadet hatten. Von unten hörte man immer noch Partylärm, und ich schloss die Badezimmertür ab, um mich auszuziehen, wie sie es bestimmt unzählige Male getan hatte, wenn auch vermutlich weitaus eleganter. Kein Taumeln, weil sich ihre Knöchel im Gummibund [9] der Jogginghose verfingen, und wahrscheinlich auch keine Kratzer und Schnitte, die brannten, wenn sie sich ins heiße Wasser sinken ließ. Nirgendwo wäre Grind aufgequollen und hätte sich schließlich abgelöst wie bei mir. Bestimmt war ihre Haut makellos. Ich schlürfte aus meinen hohlen Händen Badewasser und ließ es langsam über die Unterlippe rinnen. In der Wanne zusammengekauert, die Arme um die Knie geschlungen und die Nase knapp über den Schaumbläschen, roch ich nichts als das Badewasser. Eine Motte sah vom Fenstersims über der Wanne zu und ließ sich die Flügel bedampfen. Vor dem Fenster strahlend blauer Himmel und Palmen. Ich bespritzte meine Mottenzuschauerin mit Wasser, und sie flatterte zur Lampe über dem Spiegel.
Ich überlegte, was Dad wohl gerade tat, und stellte mir vor, wie er nägelkauend an unserem schmierigen Küchentisch saß, während seine Frau Daphne in der Küche auf und ab lief. Auch wenn Daphne sich bestimmt größte Mühe gab, wegen der gestohlenen Kreditkarte nicht laut zu werden, würde sich ihre Stimme immer wieder schrill überschlagen, nur um dann an der eigenen Wut zu ersticken. Mit knochigen Fingern würde sie sich unablässig durch das glanzlose Haar fahren, während ihre Gummisohlen auf den Plastikfliesen quietschten. Dad würde stumm seinen Gedanken nachhängen und vorgeben, Daphne zuzuhören, wie sie dieselben wütenden Vorwürfe nur unwesentlich abgewandelt wiederholte, bis sie heiser war. Nur dass sich diese Szene schon vor Stunden abgespielt haben musste. In Lilys Schlafzimmer war es Mitternacht, also musste es zu Hause bereits früh [10] am nächsten Tag sein. Nachdem sie sich die ganze Nacht angeschrien hatten, würden sie sich jetzt in allmorgendlicher Übellaunigkeit anziehen, Instantkaffee aufgießen und das Café öffnen. Daphne mit fest zusammengekniffenem Mund, weil sie samstags nicht gern arbeitete, während Dad Geschirr und Besteck auf Tischplatten knallte. Dad war ein völlig anderer Typ als der Rothaarige unten. Während der etwas Schlangenhaftes an sich hatte, wie seine Schuhe, bewegte Dad sich nur, wenn es unbedingt sein musste. Das Gesicht des Rothaarigen war hager und voller Lachfältchen. Dad hatte rundliche rosa Wangen und tiefe Sorgenfalten.
Ich blinzelte, um Dads Bild aus meinem Kopf zu verscheuchen, und tauchte langsam noch ein wenig tiefer in das Badewasser ein. Gerade wollte ich mir eine von Lilys Zigaretten anzünden – sie lagen in einer mit Schmucksteinen besetzten Kiste mit Einwegrasierern und Badezusätzen neben der Wanne –, als im Flur vor dem Schlafzimmer eine Diele knarrte. Die Luft im Bad war ganz von Dampfschwaden vernebelt, und es gelang mir gerade noch, mich aus dem Wasser hochzustemmen und ein Fenster über dem Klo zu öffnen, ehe das Knarren in Lilys Schlafzimmer ankam. Der Dampf verzog sich. Fast wäre ich auf den weißen Fliesen ausgerutscht, zerrte die Jogginghose über die nassen Beine, hielt den Atem an und ging vor dem Schlüsselloch langsam in die Hocke. Ich kniff ein Auge zu und spähte hindurch.
Ein unwahrscheinlich großer Mann saß auf dem Fußende von Lilys Bett, genau vor dem Schlüsselloch, den Kopf in die Hände gestützt. Es war der Mann, den ich [11] unten schon mal gesehen hatte, als er in einer Ecke der Lobby Wodka aus der Flasche trank, wie einem Märchen über Riesen oder Monster entsprungen. Er war etwa Mitte dreißig und trug ein gestreiftes Hemd, einen ausgebeulten schwarzen Pullover und eine blaue maßgeschneiderte Hose mit Löchern, die wie Satzzeichen auf seinen Oberschenkeln aussahen. Auf seinem Kopf, das dunkle Haar kaum länger als die Bartstoppeln, saß eine alberne Sonnenbrille mit Goldrand. Seine Hose mochte einmal teuer gewesen sein, doch inzwischen war der Saum ausgefranst, als trüge er Designer-Secondhand zusammen mit Sachen, die er im Suff auf eBay bestellt hatte. Reglos, mit hängenden Schultern, hockte er auf Lilys Bett.
Nach einer Weile sah sich der Riese im Zimmer um und nahm ein Foto vom Nachttisch. Es war das von der lachenden Lily im Schneidersitz unter einem Baum. Unbeholfen wollte er es mit seinen Pranken aus dem Rahmen lösen. Dabei klemmte er sich den Daumen ein, den er wie ein Kleinkind in den Mund steckte. Ich war froh, dass der Mann das Bild von der lachenden Lily im weißen T-Shirt klaute und nicht das daneben, auf dem sie nackt war. Vorsichtig zog er das Foto unter dem Glas hervor, und als er es in die Tasche steckte, drang aus dem Flur vor dem Zimmer wieder ein Geräusch. Der Riese spielte offenbar kurz mit dem Gedanken, sich im Bad zu verstecken. Ein Blick aus seinen grünen Augen schoss in meine Richtung, und er stützte beide Hände auf die Knie, als wäre er drauf und dran, seinen schwankenden Körper nach oben zu stemmen. Ich hielt den [12] Atem an und wartete, dass ich entdeckt würde – unentschuldbar nackt und klatschnass im Badezimmer einer Toten –, doch der Körper des Riesen war schwerfällig vom Alkohol, und ehe er vom Bett hochkam, ging Lilys Zimmertür auf.
»Was soll der Scheiß?«, nuschelte die Bugs-Bunny-Stimme des Rothaarigen. Durch das Schlüsselloch konnte ich ihn nicht sehen, nur seinen schweren Atem hören.
»Tut mir leid«, sagte der Riese, erhob sich vom Bett, ging in die Richtung, wo der Rothaarige stehen musste, und verschwand so aus meinem Blickfeld. Es hörte sich an wie Gerangel und dann, als ob Haut auf Haut klatschte. Der Rothaarige fluchte, der Riese gab einen Laut von sich, der sowohl Schmerz als auch Anstrengung wie bei einem Faustschlag bedeuten konnte. Was genau passierte, sah ich nicht, aber dann taumelte der Riese rückwärts und fiel beinahe hin. Wieder ein Klatschen, und dann brach auf einmal der Rothaarige auf Lilys Bett zusammen. Alles schien stillzustehen, nur die Motte an der Badezimmerdecke bewegte sich noch. Der rothaarige Mann blieb wie gefällt liegen, aber seine blutunterlaufenen Augen starrten den Riesen ausdruckslos an.
»Verpiss dich«, nuschelte er. Er drehte den Kopf auf Lilys Kissen zur Seite.
»Es tut mir so leid«, sagte der Riese.
»Dann verpiss dich einfach aus meiner Wohnung. Hier gibt es nichts zu holen. Haut doch einfach alle ab.«
»Es tut mir so leid«, wiederholte der Riese. »So schrecklich leid.«
[13] 2
Der Rothaarige lag völlig weggetreten auf dem Bett. Selbst als ich ihn zudeckte, bewegte er sich zwar kurz, schlug aber weder die Augen auf, noch sagte er etwas. In seinen Nasenhaaren klebten Reste weißen Pulvers, die Haut glänzte wie frisch gestrichen. Offensichtlich hatte er sich am Morgen sorgfältig eingekleidet; beide Schlangenlederschuhe waren akkurat geschnürt, die Socken farblich auf den Wildledergürtel abgestimmt. Doch jetzt hatte er Erbrochenes auf der Hose, und Bierdunst ging von ihm aus.
Behutsam hob ich ein paillettenbesetztes Kleid vom Boden auf und hielt es mir an, aber es sah albern aus. Ich war fast achtzehn und hatte noch immer keine Kleiderfigur. Sie standen mir einfach nicht. Ich ließ es wieder fallen und setzte mir einen Männerhut auf, eine Melone. Auf dem Boden herrschte ein einziges Chaos, ein Meer aus Seide, Leder, Kaschmir und Baumwolle, und inmitten der übermächtigen Weiblichkeit ein paar zerknitterte Männerhemden, Krawatten, Slipper und Turnschuhe wie Inseln. Bei der Schlägerei hatte auch der Schrank etwas abbekommen, und die Kleiderstange war heruntergerutscht. Jetzt sah das Zimmer noch wüster aus als zuvor. Mein Blick blieb an einem Paar roten [14] Lackstilettos und an grauen Ballerinas hängen. Ich hob die Nerzstola auf und legte sie mir um den Hals. Sie fühlte sich schwer und tot an. Zu Hause in London hatte ich eine weiße Kunststoffkommode voller Jogginganzüge, unförmiger Oberteile und schräger T-Shirts, über die Jahre in der Schule aus Fundsachen oder aus Sportumkleiden zusammengesucht. An den Schubladen klebten die verblichenen Reste roter Arsenal-Fußballsticker, obendrauf standen drei Fußballpokale und ein Schwimmpokal. Irgendwann mal war ich auf diese Trophäen stolz gewesen, bis sie immer mehr mit dem dunklen Magenta meiner Zimmerwände verschmolzen.
In meiner Wohnung zu Hause fühlte sich nichts weich an. Weil Dad eine Schwäche für »Fundstücke« hatte, lagen auf sämtlichen Betten diese Pseudosteppdecken aus Polyester, nach und nach in Frühstückspensionen zusammengeklaut. Nicht dass wir oft verreist wären, aber wenn, dann fuhren wir nie ein zweites Mal an denselben Ort. Meine Decke hatte ein Blumenmuster in wässrigen Pastellfarben, die von Daphne und Dad zierten bräunliche Brombeerranken. Wir besaßen noch zwei tolle Badehandtücher aus dem Hilton in Brighton, wo Daphne und Dad ihre Flitterwochen verbracht hatten, und fünf fadenscheinige grüne aus dem Fitnessstudio, wo Daphne mal am Tresen gearbeitet hatte. Obwohl wir keine größeren Geldprobleme hatten, machte Dad nichts glücklicher, als Dinge gratis zu bekommen. Eines Tages kam er mit Unmengen ausrangierter Farbdosen an, die vor dem Baumarkt am anderen Ende unserer Straße gestanden hatten. Es war Ausschuss, weil die Farben falsch [15] gemischt worden waren. Dad bestand darauf, dass wir meine Herbstferien damit verbrachten, einen Regenbogen aus verschmähten Farben an unsere vergilbten, ehemals weißen Wände zu malen. Das »Kanariengelb« unserer Badezimmerwände sah im Sonnenlicht grün aus, das »Rum-Karamell« unserer Küchenschränke war nichts als ein wässriger Überzug, das »Palastsamt« meiner Zimmerwände wirkte eher morastig als majestätisch, und die »Rubinfontäne« an unseren Wohnzimmerwänden erinnerte an aufgeschürfte Knie. Dad ließ sich auch nicht davon abbringen, den Fußboden im Wohnzimmer neu zu lackieren, auch wenn der geklaute Lack sandig war, weil er eigentlich dazu diente, Fabrikböden rutschfest zu machen.
Ich warf einen Blick zum Bett und auf den Rothaarigen, der jetzt zu schnarchen begonnen hatte. Auf dem Nachttisch stand ein Foto seiner Hochzeit mit Lily, daneben lag die Hochglanz-Taschenbuchausgabe eines Romans. Schwer zu sagen, wie alt Lily auf dem Foto sein mochte; ihr Kleid jedenfalls war schlicht und weiß, ihre großen braunen Augen verdeckt von einem Schleier. Der Bräutigam sah wesentlich attraktiver aus als so, wie er da auf dem Bett lag. Er stand hinter seiner Frau, im Gesicht einen Ausdruck belustigt-verblüffter Ergebenheit, als könne er sein Glück kaum fassen. Das Hochzeitskleid entdeckte ich auch tatsächlich auf dem Schrankboden, wo es in der Plastikhülle einer Reinigung wohl seit der Prügelei zerknautschte.
Ich besaß nur ein Foto von Lily, aus der Zeit, bevor sie uns verließ. Ich hatte es in Dads [16] Schreibtischschublade neben verschütteter Tinte, alten Stromrechnungen und einem Wust Staubflusen gefunden. Sie war siebzehn, als sie verschwand, drei Jahre nach meiner Geburt. Auf dem Foto hocken sie und Dad mit mir in einem Fotoautomaten. Dad hat Pickel, Lily pinkes Haar. Sie färbte es immer wieder anders. Dad sieht Lily an, die sich schon von uns abgewandt hat; ihr Blick verliert sich im Ungewissen. Ich schaue als Einzige in die Kamera. Ein paar Monate nach dieser Aufnahme muss sie gegangen sein. Sie sieht aus, als verflüchtige sie sich bereits aus dem Fotoautomaten in der U-Bahn-Station, als verwandle sie sich durch den Blitz der Kamera in eine Elfe oder einen Poltergeist. Ich konnte sie mir in unserem Café auch gar nicht vorstellen, oder wie sie mir bei den Hausaufgaben half. Sie war immer nur ein unbestimmter Gedanke in meinem Kopf, wie ein Schemen, kurz davor, sich am Rand meines Gesichtsfelds zu materialisieren, was jedoch nie geschah. Niemand hörte mehr etwas von ihr, nachdem sie weg war. Wir wussten nicht einmal, dass sie nach Amerika ausgewandert war. Als ich von ihrem Tod erfuhr, kam sie mir das erste Mal halbwegs real vor. Das war wenigstens etwas Konkretes. Nicht so wie die vage Erinnerung an ihren Geruch oder Geschichten darüber, wie sie Geld aus Omas Portemonnaie geklaut oder sich bei ihrem ersten Date mit Dad in einem Aquarium getroffen hatte. Das hier war eine Tatsache. Sie war tot. Mit zweiunddreißig. Der Unfall war auf einer Straße namens Laguna Highway passiert, irgendwo außerhalb von Los Angeles, in der Wüste. Sie war zu schnell Motorrad gefahren, hatte keinen Helm [17] getragen. Ohne das Bewusstsein wiederzuerlangen, starb sie zwanzig Minuten später im Krankenwagen. All das teilte mir eine Mitarbeiterin des Krankenhauses am Telefon mit, während ich stocksteif in unserem Wohnzimmer mit den Rubinfontänen an den Wänden an der Londoner Finchley Road stand. Die Frau aus der Krankenhausverwaltung fand, ich solle wissen, dass meine Mutter tot ist, da ich ihre einzige Blutsverwandte sei, was sie wiederum nur durch einen Eintrag in einer alten Krankenakte herausbekommen hatte.
»Es war nicht leicht, Sie ausfindig zu machen, aber ich habe bereits vor vier Tagen eine Nachricht auf Ihrem Anrufbeantworter hinterlassen«, sagte sie. Ich runzelte die Stirn. Dad hasste es, über meine Mutter zu sprechen, seine erste Freundin. Die paar Male in meinem Leben, die er sie erwähnt hatte, konnte ich an einer Hand abzählen; all die anderen bruchstückhaften Informationen hatte ich von meiner Großmutter oder von Freunden der Familie: Lily war feige, eine Schlampe, eine miserable Mutter.
»Sind Sie noch dran?«, fragte die Frauenstimme am Telefon, nachdem ich eine Weile den Atem angehalten hatte.
»Bin ich«, sagte ich und atmete aus. Im Erdgeschoss, unter der Wohnung, putzten Daphne und Dad die Küche des Cafés. Ich kannte jedes Geräusch so gut, dass ich ihre aufeinander eingespielten Schlängellinien zwischen feuchtem Metall und Plastik fast vor mir sah.
»Also, es tut mir leid, dass ich Ihnen schlechte Nachrichten überbracht habe«, sagte die Frau.
[18] »Ich hab sie nicht gekannt«, sagte ich, während ich an der Haut um meine Nägel knabberte und die dabei entstehenden winzigen Blutstropfen aufsaugte. »Gibt es eine Beerdigung?«
»Sie hatte mit ihrem Mann zusammen ein Hotel in Los Angeles. Die Beerdigung ist in Venice Beach, danach findet eine Totenwache im Hotel statt. Nur leider ist das alles schon diesen Freitag. Es tut mir wirklich sehr leid; ich hatte ja schon vor ein paar Tagen eine Nachricht hinterlassen.«
»Davon hat mir niemand was gesagt. Glauben Sie, sie würde wollen, dass ich komme? Wussten ihre Freunde, dass sie eine Tochter hatte?«
»Ich arbeite nur in dem Krankenhaus, in dem Ihre Mutter gestorben ist. Ich bin ihr nie begegnet«, erwiderte die Frau.
»Hatte sie noch mehr Kinder?«
»In ihren Papieren sind keine weiteren Nachkommen erwähnt«, sagte die Stimme.
Falls Dad mir gesagt hätte, ich solle mich setzen, um mir dann zu erzählen, dass Lily gestorben war, hätte ich vielleicht mit den Schultern gezuckt und weiter ferngesehen oder mein Buch gelesen – schließlich kannte ich sie wirklich nicht. Aber er hatte nichts gesagt, und statt mit den Schultern zu zucken, schnappte ich mir das, was ich mir mit der Arbeit im Café zusammengespart hatte, und klaute Daphnes Kreditkarte aus ihrer Handtasche, die auf dem Sofa vor dem Fernseher lag. Die Nummer kannte ich, weil Daphne sie wegen ihres lausigen Gedächtnisses zusammen mit Dads Handynummer auf [19] einer Karteikarte in der Besteckschublade notiert hatte. Es kostete mich zehn Minuten, um online ein Ticket für einen Flug zeitig am nächsten Morgen zu buchen, und so stand ich, gute zwanzig Stunden später, im Schlafzimmer meiner Mutter ganz oben in einem weiträumigen pinkfarbenen Hotel in Venice Beach und hielt mir ein Hochzeitskleid an. Nach einem verstohlenen Blick auf ihren weggetretenen Gatten zog ich mein feuchtes T-Shirt aus, um in das Kleid zu schlüpfen.
Wäre der Rothaarige in dieser Sekunde aufgewacht, hätte er unter der milchweißen Gischt aus Seide und Spitzen, unter dem Hochzeitskleid seiner toten Frau, eine verschlissene Jogginghose hervorlugen sehen. Ich verhedderte mich kurz in der Wolke parfümierter Seide. Unter meinen Füßen wurde die Musik leiser, die Party kam endlich zum Erliegen. Mittlerweile musste es fünf oder sechs Uhr morgens sein. Ich hätte das alberne Kleid ausziehen und mich davonstehlen können. Niemand hätte je gemerkt, dass ich da war, aber ich konnte mich von meinem Anblick im Spiegel nicht losreißen. Ich sah überhaupt nicht wie Lily aus. Kaum jemand hätte den Zusammenhang herstellen können. Vielleicht wusste ja weder ihr Mann noch sonst wer, dass sie eine Tochter hatte. Ich hätte ebenso unbemerkt verschwinden können, wie ich gekommen war, hätte nach Hause fliegen und im Café die Kreditkartenschulden abarbeiten können. Ich hätte Lilys Ehemann bäuchlings dort auf dem Bett liegen lassen und abhauen können, doch stattdessen hob ich einen von Lilys roten Stilettos auf. Ich wollte die Dinger haben, obwohl sie komisch an mir [20] aussehen würden und ich wahrscheinlich nie im Leben darin gehen konnte. Dann dachte ich, es könnte eigentlich nichts schaden, wenn ich mir ein paar Kleider nahm, ein paar Schuhe. Vielleicht hätte Lily es sogar so gewollt.
Ich ging auf Zehenspitzen zum Schrank rüber, um nach einer Tasche oder einem Koffer oder irgendwas zu suchen, weil ich außer meinem vollgekritzelten Schulrucksack nichts dabeihatte. Ohne die Augen von dem Roten abzuwenden, kniete ich mich hin, um unter das Bett zu fassen, wo Dad und Daphne zu Hause ihre Koffer aufbewahren. Und wirklich, zwischen alten Papiertaschentüchern, kaputten Sonnenbrillen und zerknüllten Quittungen zog ich einen ramponierten roten Koffer hervor. Er maß etwa neunzig mal sechzig Zentimeter und schien wie aus alter roter Knete gemacht. Ein wenig roch er auch danach, kreidig und trocken, aber irgendwie tröstlich. Ich fand Papiere und Ansichtskarten, und in einigen der kleinen Innentaschen steckten Fotos. »Meinem Liebling Lily«, begann einer der mit Maschine geschriebenen Briefe, doch da bewegte sich der Rothaarige. Er stöhnte auf dem Bett, und in seinem Mundwinkel erschienen weißliche Spuckeblasen.
Hastig fing ich an, Klamotten auf die Briefe im Koffer zu werfen, wobei ich mich alle zwei Sekunden versicherte, dass der Rothaarige noch immer bewusstlos war: eine lederne Bikerjacke, eine Jeans, ein purpurrotes Seidenkleid, ein tailliertes schwarzes, ein weißes Baumwollkleid mit schwarzer Knopfleiste vorne, vier Tops, einige Sonnenbrillen, ein Paar kleine silberne [21] Ohrringe in Tropfenform, ein bisschen Unterwäsche, roten Lippenstift, eine Handtasche aus beigem Wildleder, zwei Päckchen Zigaretten und ein grünes Plastikfeuerzeug. Ich nahm das Hochglanz-Taschenbuch vom Nachttisch und sah auf Lilys Mann hinunter. Die Spitze eines seiner Schlangenlederschuhe baumelte seitlich neben dem Bett, und sein goldenes Halskettchen war mit den Brusthaaren regelrecht verfilzt. Früher mochte er einmal gut ausgesehen haben, doch jetzt waren seine Wangen hohl und die Haut teigig. Mit rasselndem Atem, als hätte er den Mund voller Sand, stöhnte er noch einmal auf, regte sich aber nicht, und ich wandte mich ab, um den Kofferdeckel über Röcken, Kleidern, schwarzen Stiefeln, nicht mehr ganz sauberen roten Stilettos und den grauen Ballerinas zu schließen. In Lilys Wäscheschublade steckte ein Bündel Zwanzigdollarscheine, die ich schlechten Gewissens auch noch in meinen Rucksack stopfte.
Als ich die Kofferschnalle zuschnappen ließ, kam wieder ein Geräusch vom Bett, und diesmal ging das Rasseln in ein Husten über, das ihn aus der Umnachtung zu reißen schien. Er richtete sich auf, die Augen noch geschlossen. Neuerliches Husten, das seine Hemdknöpfe spannte und die Halsadern anschwellen ließ. Als ich mit Lilys Koffer in der Hand auf die Zimmertür zusteuerte, riss der Rote die Augen auf und sah mich an.
»Was zum Teufel…«, brachte er mühsam hervor.
Statt den Koffer abzustellen, zog ich die Tür mit der freien Hand hinter mir zu, gerade als der Rothaarige [22] einen unkoordinierten Satz vom Bett aus in meine Richtung machte. Die Zimmertür knallte zu, und ich sah nicht noch einmal nach, ob mit ihm alles in Ordnung war, sondern machte, dass ich wegkam.
[23] 3
Unter normalen Umständen bin ich ziemlich gut darin, mich unsichtbar zu machen. Zu Hause in London hat mir mein Freund Laurence beigebracht, dass man nur dann beim Klauen erfolgreich ist, wenn man es schafft, seine eigene Persönlichkeit vollkommen auszuschalten und trotzdem alles um sich herum genau wahrzunehmen. Er war auf Ladendiebstahl spezialisiert, und manchmal begleitete ich ihn, doch vor Lilys Totenwache hatte ich eigentlich schon seit Jahren nichts mehr mitgehen lassen. Laurence predigte gern, dass die meisten der Millionen Gespenster, die in jeder Großstadt der Welt stumpfsinnig von A nach B gehen, deshalb so unauffällig sind, weil sie sich selbst nicht wahrnehmen, ein arroganter oder verängstigter Mensch aber auffällt, weil er sich seiner selbst so bewusst ist. Den gleichen Effekt haben spitze, hochhackige Schuhe und Push-up-BHs: Sie zwingen die Frau, sich auf sich selbst zu konzentrieren, und so wird sie auch für ihre Umwelt »sichtbar«. Laurence sagte immer, ich hätte den »kleptomanischen Chic« perfektioniert, was offenbar heißen sollte, dass ich mich anzog wie jemand, der sich der eigenen Existenz unsicher ist. Schon als Kind wurde ich übersehen. Laut meinem Dad habe ich bis zum [24] Alter von fünf Jahren weder gelächelt noch gesprochen, weswegen alle glaubten, ich wäre taubstumm oder autistisch oder beides. Er sagte, ich sei das »personifizierte Schulterzucken« gewesen, ein Kind, in dessen Miene sich Angst, Wut, Freude oder Liebe auf die gleiche Weise spiegelten – den Kopf schräggelegt und ein leerer Blick aus ungeheuer weit aufgerissenen Augen.
Ich versuchte unsichtbar zu sein, als ich fluchtartig die Wohnung ganz oben im Pink Hotel verließ, aber wenn man Angst hat, ist das keine leichte Übung. Ich schleppte Lilys Koffer durch die Reste der Party und fürchtete, der Rothaarige würde sich vom Boden aufrappeln und an meine Fersen heften. Dauernd sah ich mich um, aber er kam nicht. Allerdings schienen sich einige andere Leute für mich zu interessieren, darunter eine Frau in einem Leder-Minikleid und ein Mann mit einem goldenen Stecker in der Nase, dessen Äußeres aggressiv wirkte bis auf die akkurat gescheitelten schwarzen Haare. Ich registrierte ihn in jener ersten Nacht im Hotel nur am Rande, doch dank der Kombination aus Schuljungenfrisur und Schlägervisage erkannte ich ihn später wieder. Die Mischung aus Techno und Elektro war inzwischen verstummt, möglich, dass jemand Geräusche von oben gehört hatte. Hier und da lagen Leute in den Zimmern und schliefen, einzelne tanzten noch auf den Fluren selbstvergessen vor sich hin. Eine Frau übergab sich in eine Toilettenschüssel, und ich hätte schwören können, sie schaute auf und lächelte mich schief an, als ich vorüberging. Irgendjemand weinte. Ich lief die Treppe hinunter und aus dem Hotel auf die [25] Strandpromenade, wo hinter Straßenlaternen und Palmen das Licht gerade erst bläulich wurde. Der Koffer war nicht schwer, nur sperrig, dauernd stieß er mir gegen das Schienbein.
Ich sah mich um, ob mir auch niemand folgte. Auf der Vortreppe saßen Leute und rauchten, ein Paar küsste sich, an die rosa Fassade gelehnt, sonst sah ich niemanden. Eine Querstraße weiter schliefen Obdachlose auf Lumpenbündeln und Wellpappe. Einer von ihnen warf mir einen Blick aus tiefliegenden, vom Rausch vernebelten Augen zu, aber der Rest lag zusammengerollt da, die staubigen Augenlider geschlossen. Ich hielt den Koffer ein bisschen fester und ging weiter, bis ich weder die Obdachlosen noch die pinkfarbenen Hotelmauern mehr erkennen konnte. Dann setzte ich mich auf eine Bank am Rand des immer noch nachtschwarzen Strandes, um in Lilys Koffer nach einem Pullover oder einer Jacke zu wühlen, die ich bis zum Sonnenaufgang überziehen konnte. Aus dem Chaos meiner Beute fischte ich die Motorradjacke heraus, die Lily auf dem Foto mit ihrer Maschine getragen hatte. Ich dachte kurz daran, Dad anzurufen und ihm zu sagen, dass es mir gutging, beschloss aber, mich vor diesem Kampf erst einmal zu beruhigen. Ich zog den Reißverschluss der Lederjacke bis unters Kinn.
Erst sah es nicht so aus, als würde ich auf einer Bank vor einem solchen Postkartenklischee von Strand einschlafen können, aber bald ging die Sonne auf, und das Adrenalin in mir pochte nicht mehr ganz so stark. Mit dem Koffer als Kopfkissen legte ich mich hin. Das Licht [26] war wunderschön, irgendwie frostig. Seit sechs Jahren hatte ich das Meer nicht gesehen, seit einem Campingurlaub in Cornwall. Ich liebe das Meer nicht in irgendeinem kosmischen Sinn, aber ich mag es wirklich sehr. Wenn man sie mit Tieren verglich, dann war der Atlantik ein geifernder, bissiger Rottweiler, und der Pazifik ein schläfriger Gecko in der Sonne. In diesem seltsamen Sommer träumte ich immer wieder den gleichen Traum, immer war er zuerst ein Gedanke, während ich einzuschlafen versuchte, und stets endete er in dumpfer Panik. Es begann mit einem verlassenen Strand, alles fühlte sich warm und wunderbar an. In meinem Traum war ich nackt und aus irgendeinem Grund schwanger, und sanfte Wellen berührten meine weißen Oberschenkel und dann meinen Bauch, während ich weiter ins Meer hinauswatete. In meinem Traum war der Himmel immer voller blauer Möwen und ich nicht imstande, den Blick von einem münzgroßen roten Fleck abzuwenden, der am Horizont auftauchte und größer wurde. Es sah aus wie ein Sonnenuntergang, der im Meer angefangen hatte und nun auf den Himmel traf, und ich konnte weder wegsehen noch dieses Gefühl von Panik unterdrücken, als würde dort draußen jemand sterben. Dann ging ich an den Strand zurück, setzte mich auf den körnigen Sand und sah in diesen Anfang eines kopfstehenden Sonnenuntergangs, bis schließlich tatsächlich die Wehen einsetzten, und an der Stelle versuchte ich immer, meine Gedanken anzuhalten. Ich wollte zurückkommen zu dem Gefühl von feuchtem Sand zwischen meinen Zehen, ich stellte mir vor, ich sei blind, ich sei [27] eingeschlafen, aber mein Gedanken-Ich hörte einfach nicht auf zu keuchen, und unter Schmerzen brachte ich das Kind am Strand zu Welt. Danach stellte sich immer ein Augenblick unglaublicher Ruhe ein, wie das Ausatmen, wenn man gekommen ist oder gerade die Beherrschung verloren hat. Ich war wieder im Wasser und wusch alles Blut von dem Baby ab. Ich steckte ihm meine Finger in den Mund, um den roten Schleimball daraus zu entfernen, und sein Mund war ein Widerschein des Blutes am Horizont.
[28] 4
Guten Morgen«, sagte eine Stimme. Ich konnte nicht allzu lange geschlafen haben, weil das Licht am Strand noch immer so milchig war, als ich von einem Kamerablitz geweckt wurde. Ich zuckte zusammen, und als mein Blick sich klärte, erkannte ich den Riesen, der so unbeholfen versucht hatte, das Foto der lachenden Lily aus ihrem Zimmer zu stehlen. Jetzt ragte er über mir auf, so dass sich seine Silhouette vom nahezu menschenleeren Strand im Hintergrund abhob, und richtete eine Kamera auf mich.
Meine Finger umklammerten Lilys Koffer. Im ersten Tageslicht strahlten die Augen des Riesen in einem intensiven Grün, und sein schiefer Mund ließ eines kleiner erscheinen als das andere. Die Lippen hatte er leicht nach vorn geschoben, vielleicht verärgert. Ich rührte mich nicht.
»Ich heiße David Reed«, sagte er. Dann machte er noch ein Bild. »Ich hab gesehen, wie du mit dem Koffer aus dem Hotel gegangen bist«, fuhr er fort. »Diebin«, nuschelte er noch, betrunken. »Ich hatte nicht vor, irgendwas deswegen zu unternehmen. Geht mich nichts an. Und dann lauf ich am Strand lang und denk mir nichts dabei – zack – bist du schon wieder da. Und fotogen siehst du auch noch aus.«
[29] »Hättest du dich mal besser weiter um deinen eigenen Kram gekümmert«, sagte ich und stand von der Bank auf, den Koffergriff fest in einer Hand. Er drückte wieder auf den Auslöser.
Ich musste plötzlich an den Mann denken, der sich einmal in London nachts im Bus vor mir einen runtergeholt hatte, sein Gesicht und sein Mund verkrampften sich, während seine Hand immer schneller wurde. Es war faszinierend, grotesk und erniedrigend zugleich, als hätte er versucht, mich aus der Distanz zu begrapschen. Dieselbe Intensität meinte ich im Blick des Riesen zu spüren, der mich ansah, als wolle er sich jeden meiner Gesichtszüge für später einprägen. Merkwürdig, wie Männer sich Frauen aneignen können, indem sie sie nur ansehen. Sie können die Frau mit nach Hause nehmen und in ihrem Kopf mit anderen Frauen verschmelzen, die Länge ihrer Beine und die Nachgiebigkeit ihres Mundes so lange verändern, bis eine völlig neue Version der ursprünglichen Person verführerisch im Kopf eines Fremden herumtanzt. Wie gesagt, es war noch nie meine Stärke, mit Aufmerksamkeit umzugehen. Ich reagiere empfindlich, wenn ich die Blicke anderer auf mir spüre, es fühlt sich an, als würden sie mich tatsächlich berühren, sogar von weitem. Zum Glück sahen mich selten Leute so an, wie der Riese an diesem frühen Morgen am Strand oder wie der Mann in dem Bus mich angesehen hatte.
»Nein, nein, nein, bleib sitzen«, sagte David. »Ich bin harmlos. Keine Angst.«
Der Riese war eindeutig ziemlich betrunken, wenn auch vielleicht nicht ganz so schlimm wie der Rothaarige. [30] Er hörte einen Moment lang auf zu reden und machte noch ein Foto. Und noch eins.
»Ist das aus ihrem Zimmer?«, fragte er mit einem Nicken Richtung roter Koffer.
»Wie kommst du denn darauf?«, antwortete ich. »Das ist mein Koffer. Ich mach Urlaub.«
Wir konnten hören, wie die Wellen zweihundert Meter von der Bank entfernt über den Sand rollten, und ich roch die Salzluft und den Geruch des Riesen nach Bier, Nikotin und Alkoholschweiß. In seinem Gesicht sah ich verblasste alte Narben – eine über der Augenbraue, eine unter dem rechten Auge, und eine schmale Linie entlang der Nase. Um die Augen zog sich ein Spinnennetz aus kleinen Fältchen, die ihn aber irgendwie nicht alt aussehen ließen. Er wirkte wie ein Junge.
»Ich bin schon neugierig, was für eine Person das ist, die auf einer Totenwache stiehlt«, sagte er und zuckte die breiten Schultern.
»Sah ja auch nicht gerade nach einer Totenwache aus«, murmelte ich. »Mehr nach ’ner Art Rave.«
»Hast du sie nicht gekannt?«, fragte er, den Kopf schräggelegt.
»Ich hab gedacht, es wär einfach ’ne Party«, log ich.
»Du bist also zufällig reingeschneit?«, fragte er.
»Mein Freund ist heute Morgen mit unserem Mietwagen abgehauen. Da war mein ganzes Geld drin, meine Klamotten, alles«, antwortete ich. »Zeigst du mich jetzt an oder so?«
Er überlegte kurz und sagte dann nachdenklich: »Nein.«
Die Lippen vorgeschoben, setzte er sich neben mich [31] auf die Bank. Vor lauter Nervosität stellten sich mir die Härchen im Nacken auf. Die Strandpromenade hinter uns füllte sich allmählich mit Joggern und Straßenverkäufern. Ich langte in Lilys Koffer und zog ein halbleeres Zigarettenpäckchen und ihr grünes Plastikfeuerzeug heraus.
»Sind das ihre oder deine?«, fragte er.
»Ihre«, antwortete ich, ehe ich mir eine in den Mund steckte und ihm die Packung hinhielt.
»Das nenn ich dreist, erst ihre Zigaretten klauen und dann mir auch noch welche anbieten. Ich könnte ihr Mann gewesen sein, oder ihr Bruder.«
»Und, bist du’s?«, fragte ich und sah ihn von der Seite an.
»Nein«, erwiderte er, hielt sich das Päckchen an den Mund und zupfte mit den Lippen eine Zigarette raus. Er musterte kurz Lilys Feuerzeug, ehe er das lädierte Metallrädchen anschlug, um erst mir, dann sich Feuer zu geben. Mein Herzschlag setzte kurz aus, als er mich unter dem Schirm meines roten Basecaps prüfend musterte, doch er schien keine Ähnlichkeiten zwischen meinem und Lilys Gesicht zu bemerken. Meines ist oval mit gleichmäßigen Zügen und großen braunen Augen. Ich habe Dads Mund, seine etwas aufwärtsgebogene Nase, seinen blassen Teint und die hohe Stirn. Ich nahm an, auf irgendeiner unbewussten Ebene sei ich David aufgefallen, weil er etwas von Lily in meinen Augen wiederfand. So musste es wohl sein, auch wenn er sich nichts anmerken ließ. Ich ähnelte meiner Mutter kein bisschen. Eine Zeitlang saßen wir schweigend da.
[32] »Woher kennst du sie denn?«, fragte ich ihn dann.
»Ich war mal Modefotograf«, sagte er. »Sie – Lily – die Tote – war früher mal Model. Wir hatten zusammen ein Shooting, vor Jahren in L.A.«
»Model?«, wiederholte ich.
»Ja, du hast da die Klamotten von ’nem Model«, sagte er.
»Hast du sie geliebt?«, fragte ich, während ich daran dachte, wie getrieben er gewirkt hatte, als er Lilys Foto an sich genommen hatte. Noch während ich die Worte aussprach, fand ich es kindisch, doch sein Blick blieb ernst.
»Sie war damals eines von vielen Models«, sagte er. »Ich hab allerdings ein Spitzenfoto von ihr gemacht. Da führt sie ein paar Hunde an der Leine. Auf dem Foto sieht sie wunderschön aus. Danach hab ich sie Jahre nicht mehr gesehen.«
»Bist du immer noch Modefotograf?«
»Nee«, sagte er. »Ich mach jetzt mehr so Paparazzi-Sachen. Wie alt bist du?«
»Zweiundzwanzig«, flunkerte ich, und David gähnte. Sein ganzer Körper bog sich dabei durch, und er riss seinen Mund so weit auf, als wolle er sein Innerstes nach außen kehren.
Ich hatte immer das Gefühl, mein Körper würde nicht zu mir gehören, aber bei David schien das ganz anders zu sein. Sein Lächeln stand mit seinen Schultern in Verbindung, seine Hände mit seinen Augen. Ich fragte mich, woher er wohl seine Narben hatte. Von ihm ging eine Energie aus, bei der ich zuerst an Schlägereien denken [33] musste, dann an den Fußballplatz in Swiss Cottage, wo ich mich immer rumgetrieben hatte. Den Asphalt umgaben graffitibeschmierte Mauern, und wir stießen uns von einem großen gelben Container ab, um Fußabdrücke in die Ziegel zu stampfen, ehe wir auf dem stoppligen Gras landeten. Die meisten Mädchen machten mit den Jungs rum. Manche hatten Sex, gingen eine Beziehung nach der anderen ein, hatten Dates, kicherten, schmissen sich ran, grinsten und verknallten sich, aber von mir bekam kein Einziger hinter dem Fahrradschuppen einen Blowjob. Ich hatte mich mit einem Mädchen namens Mary angefreundet, und wir hockten zusammen vor den Mauern rum, als würden wir uns mit den Graffiti unterhalten, und zogen unsere Daumen über die Backsteine, um herauszufinden, wer es am längsten aushielt. Ich gewann immer, mit einer durchgängigen Linie aufgeschrammter Haut wie ein Kuss, dessen Prickeln ich an den Innenseiten meiner Knie spürte.
Es lässt sich schwer erklären, weshalb ich einen Adrenalinschub bekam, wenn mir jemand den Turnschuh in die Schulter rammte oder wenn ich mir das Knie aufschürfte und Blut auf kurzgeschorenem Rasen roch. Ich mochte das befreiende Gefühl, wenn kalte Luft stechend in meine Lunge drang, und das Innehalten, wenn ich Schmerz auf meiner Haut spürte. Es war mir lieber als das flüchtige, unsichtbare Gefühl von Lust, das Liebe oder Zuwendung offenbar mit sich bringt. Es heißt zwar, Mädchen seien subtiler, wenn sie sich für Gewalt entscheiden, aber ich brauchte sehr lange, um Sex und Anziehungskraft zu entdecken. Stattdessen zerschrammte [34] ich mir die Knie, spuckte Jungs an, bis sie sich auf dem Fußballplatz mit mir prügelten, zog mir blaue Augen und zerbissene Lippen zu und begab mich zur Mutprobe ins Brombeergestrüpp – mitten in der Nacht liefen wir darin barfuß auf Freunde zu, bis unsere Knöchel blutige Schrammen hatten.
Wenn man sich eine Nadel in die Haut sticht, erreicht das Schmerzsignal mit einer Geschwindigkeit von dreißig Metern pro Sekunde das Hirn. Das hab ich in Bio gelernt. Verbrennungen und andere Schmerzen bewegen sich mit nur knapp zwei Metern pro Sekunde fort. Schmerz kam mir so viel berechenbarer vor als Lust und war längst nicht so beängstigend, wie gar nichts zu spüren. Mit fünfzehn war mein Körper eine von Narben übersäte Landkarte, mit der ich die jeweilige Schlägerei oder den Sturz nachvollziehen konnte, die jene bleibenden Male auf meinen Knien und Ellbogen verursacht hatten, die Schnitte quer über Augenbrauen und Schlüsselbein, die unregelmäßig gepunkteten Linien auf meinen Knöcheln. Eine Narbe auf meinem Po rührte daher, dass ein Junge mich in einen Müllcontainer gestoßen und ein Stück Metall meine Jeans aufgerissen hatte, der Schnitt an meinem Handgelenk war entstanden, als ich während einer Fußballrauferei auf eine Glasscherbe gefallen war und genäht werden musste, ein anderer an meinem Arm, als mich jemand vom Skateboard geschubst hatte. Auch wenn ich mich manchmal kneife und mir geistesabwesend auf der Unterlippe herumbeiße, habe ich mich nur einmal bewusst »selbst verletzt«: eine zehn Zentimeter lange Messerwunde an der Innenseite [35] eines Oberschenkels. Ich war zwölf und hatte mich zu diesem Zweck auf den Badewannenrand gesetzt. Es tat nicht mal richtig weh. Ich bereute es. Es war eher interessant als aufregend. Aufzuhören fiel mir schwerer, als weiterzumachen. Ich empfand keinen Nervenkitzel, keine Befriedigung; jemand anderes musste es tun, damit ich zur Ruhe kam.
Während David und ich auf der Holzbank Lilys Zigaretten rauchten, löste sich meine Nervosität auf wie die Dunkelheit. Ein hagerer Mann mit Ghettoblaster auf der Schulter glitt auf Inlinern an uns vorbei. Etwa hundert Meter von der Bank setzte er ihn ab, rief: »Here we go! Here we go!«, und drehte auf seinen glitzernden Inlinern Pirouetten. Eine Szene wie aus einem Fantasia-Cartoon der Hip-Hop-Generation. Es dauerte nicht lange, und nackte Kleinkinder wurden in Einkaufswagen über die Promenade geschoben. Sie tranken Milchshakes aus Bechern, so groß wie sie selbst. Auf dem Gehweg wurden DJ-Decks aufgebaut, und ferngesteuerte Spielzeugtrucks rammten unsere Bank, angekläfft von winzigen Hündchen mit albernen T-Shirts.
»Tut mir leid, dass deine Freundin gestorben ist«, sagte ich zu David.
»Mir auch«, erwiderte er achselzuckend und schob sich seine lächerlich neongelbe Sonnenbrille über die Augen. »Aber das mit deinem Freund, der dein Auto geklaut hat, ist auch so was von scheiße«, fügte er noch hinzu. Ich verspürte den Drang, ihn zu berühren. Im Sonnenlicht sah er verstört, blass und betrunken aus.
[36] »Was hast du jetzt vor?«, fragte er, ohne zu lächeln.
»Wahrscheinlich irgendwelchen Touristenkram machen, und dann nach Hause.«
»England?«
»London.«
»Dein Exfreund ist Engländer?«
»Ja«, sagte ich. Ich fragte mich, ob meine Herkunft David an Lily erinnerte, aber auch diesmal hatte es nicht den Anschein.
»Hattest du Streit mit ihm, bevor er dein Auto gestohlen hat?«, fragte David.
»Er ist mit ’ner Kellnerin aus irgend ’nem Diner abgehauen. Vor ein paar Tagen haben sie Telefonnummern getauscht, während ich auf dem Klo war. Er hat schon so schuldbewusst geguckt, als ich wiederkam. Und sie ist meinem Blick ausgewichen, als sie mir meine Pancakes serviert hat, aber ihm hat sie verstohlen zugelächelt. Du weißt, was ich meine?«, sagte ich und befingerte zitternd den Schirm meiner Mütze. Ich war noch nie im Leben in einem Diner gewesen, kannte sie nur aus dem Kino und aus Büchern.
»Ich muss mich übergeben«, sagte David plötzlich wie zu sich selbst. »Ich hab schon lange nicht mehr geschlafen.«
»Kann ich irgendwas für dich tun?«
»Normalerweise warte ich, bis ich eine Frau besser kenne, ehe ich vor ihren Augen kotze und umkippe«, sagte er und versuchte, beim Aufstehen zu lächeln. Er machte auf seinen übergroßen Füßen keinen standfesten Eindruck.
[37] »Ist auch wirklich alles klar mit dir? Kann ich dich irgendwo hinbringen?«
»Für eine Grabräuberin bist du sehr höflich«, sagte er.
»Ganz sicher alles in Ordnung?«, wiederholte ich, weil ich ihm helfen wollte.
»Ich komm klar«, sagte er. »Hat mich gefreut.«
»Schlaf gut«, sagte ich stirnrunzelnd. Kaum merklich hinkend, was ihm etwas von einem dieser Möchtegerngangster gab, wankte er die inzwischen übervölkerte Strandpromenade entlang, ehe er abbog, um sich in einer Seitengasse zu übergeben.
[38] 5
Ich trug Lilys Koffer zu einem Hostel etwas abseits der Strandpromenade. In dem Zimmer, das ich bekam, gab es zwei Betten mit quietschenden Sprungfedern, und in den Mückengittern hatten sich Fliegen verfangen. Jedes Mal, wenn unten ein Auto vorbeifuhr, leuchteten die Wände gelb. Ich kam mir vor wie in einer Glühbirne, die gerade den Geist aufgab. Es stellte sich heraus, dass ich Lilys Portemonnaie gleich mitgestohlen hatte, als ich mir ihre Handtasche schnappte, mit weiteren hundert Dollar, ein paar Kreditkarten und ihrem Führerschein. Das Führerscheinfoto starrte mich böse an. Vermutlich fällt es den meisten Leute nicht schwer, sich daran zu erinnern, wie ihre Mutter ausgesehen hat, doch alles, was ich hatte, waren ein paar Fotos oder Eindrücke rein körperlicher Art, schemenhafte Bruchstücke: wie sie einmal in einem Supermarkt meine Hand zu fest hielt, wie ihre Beine sich anfühlten, wenn ich sie umklammerte, und wie unwahrscheinlich tröstlich meine Seidendecke war, die mir die ältere Schwester meines Vaters kurz nach der Geburt geschenkt hatte und in die Lily mich oft einwickelte. Manchmal, wenn ich nervös bin, spannt die weiche Haut zwischen meinen Fingern und beginnt zu kribbeln, weil sie sich an diese seidene [39] Kuscheldecke erinnert, die ich als Baby zwischen meinen Fingern knautschte. Es sind zuweilen seltsame Dinge, die mich an Lily erinnern, allerdings passiert das nicht sehr oft. Zum Beispiel gibt es eine bestimmte billige Haartönung, von der mir immer schlecht wurde, obwohl ich mich unmöglich an den Geruch von Henna und Peroxid erinnern dürfte, schließlich war ich damals noch keine drei. Auch bin ich davon überzeugt, dass wir zu der Zeit, als Lily uns verließ, von einer Marienkäferplage heimgesucht wurden, aber Dad erinnert sich an nichts dergleichen.