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IMPRESSUM

DIE LILIE UND DAS SCHWERT erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
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© 1998 by Jacqueline Navin
Originaltitel: „The Flower And The Sword“
erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe HISTORICAL
Band 163 - 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Holger Hanowell

Abbildungen: Hot Damn Stock

Veröffentlicht im ePub Format in 09/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783954460410

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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PROLOG

Cornwall, England, Februar 1197

Lily saß reglos in ihrer Kammer. Ihr Rücken war gestrafft, und ihre Hände ruhten gefaltet in ihrem Schoß. Schatten krochen in den Raum und tauchten ihn mehr und mehr in tiefe Dunkelheit. Teilnahmslos starrte Lily ins Leere. Sie schien in dieser Welt nichts mehr wahrzunehmen.

Keine Träne rann über ihre Wangen, und ihr abwesender Blick täuschte nur scheinbar über den tiefen Schmerz hinweg, der sie hatte erstarren lassen.

Morgen würde sie einen Mann heiraten, den sie erst ein Mal gesehen hatte. Ein zuvorkommender Mann mit einem freundlichen Lächeln, aber ein Mann, den sie niemals lieben würde, denn all ihre Liebe war erloschen.

Noch hatte sie nicht verstanden, wie ihr ganzes Glück zu Asche zerfallen konnte. Oder warum. Sie war sich nicht einmal sicher, ob sie selbst dafür verantwortlich war, aber die Schuld nagte an ihrer Seele und drängte sich in ihr gebrochenes Herz.

Der Mann, den sie liebte, war gegangen und all ihre Träume mit ihm …

1. KAPITEL

„Bei Gott, schaut doch“, sagte Andrew zu seinem Bruder. Rogan St. Cyr sah blinzelnd zum Horizont.

Die Burg von Charolais ragte am Rande einer Klippe empor, wie ein finsterer Riese, der die Wacht über die tosende Brandung hielt. Genau wie die berüchtigte Nachbarburg Tintagel war Charolais aus grobem grauen Stein zusammengefügt. Sie wirkte eher schlicht und keinesfalls bizarr. Die Ehrfurcht gebietende Gegenwart der Burg war vielmehr auf die wilde Umgebung zurückzuführen: die unruhige See, dahinjagende Wolken und die graue, öde Moorlandschaft, die sich so weit erstreckte, wie das Auge reichte.

Rogan verspürte ein flaues Gefühl in der Magengegend. Es war lange her, dass er derart unruhig gewesen war. Zwar war er immer noch vor jedem Kampf angespannt, aber diese nervenaufreibende Beklemmung war ihm unbekannt.

Nicht zum ersten Mal machte er sich bewusst, dass er nicht der Mann für jene Pflicht war, die ihn erwartete. Er besaß kein großes Verhandlungsgeschick, und er war nicht so zungenfertig, dass er geschliffene Worte vorzubringen wusste oder gar sein Gegenüber mit falschem Lob für sich einzunehmen verstand. Er war ein Krieger – er war nie etwas anderes gewesen –, aber er war auch ein Ehrenmann, und aus diesem Grund war er gekommen.

„Das macht mich wahrlich wütend“, murmelte Andrew, als sie näher kamen.

Rogan brummte und trieb sein Pferd weiter. Seine breitschultrige Gestalt bewegte sich im Einklang mit dem schwarzen Hengst. Rogan wirkte vollkommen gelassen, seinen Augen entging jedoch nichts, als er und seine Mannen durch das Tor ritten und den unteren Burghof erreichten.

Da Rogan sich weiterhin in Schweigen hüllte, sagte Andrew: „Ich weiß, diese Pflicht lastet schwer auf Euren Schultern.“

Endlich sprach Rogan. „Nicht einmal Ihr macht Euch bewusst, wie schwer, Bruder.“

Als sie durch das innere Torhaus ritten, tauchte der Bergfried steil vor ihnen auf. Er war schlicht und ohne Verzierungen gebaut und wirkte wie ein großer Grabstein. Dieser Gedanke ließ Rogan erschauern.

Die Reiter hielten an und stiegen von ihren Pferden. Andrew sah seinen Bruder durchdringend an. „Warum, zum Teufel, starrt Ihr mich derart an?“ fragte Rogan in barschem Ton.

„Es ist eine Sünde zu fluchen“, erwiderte Andrew mit einem Lächeln. Rogan blickte seinen jüngeren Bruder erstaunt an. Der nahm selten etwas ernst, schon gar nicht eine Sünde – und das, obwohl er ein Priester war.

Rogan übergab die Zügel einem seiner Männer und schaute sich voller Unbehagen um. „Garven, bleibt mit den anderen draußen. Andrew, Ihr kommt mit mir.“

Ein Wachmann stand vor der mächtigen, eisenbeschlagenen Tür des Bergfrieds und betrachtete die Männer mit neugierigen Blicken. Rogan stellte sich dem Mann vor. Als der seinen vollen Namen vernahm, weiteten sich seine Augen vor Erstaunen. Dann lief er hastig hinein und verschwand in einem Gang. Rogan betrat mit seinem Bruder den Bergfried.

Die schweren Stiefel dröhnten auf dem steinernen Fußboden, und der Widerhall brach sich geisterhaft am hohen Deckengewölbe. Sie schritten an einer Reihe von kunstvoll gewölbten Fenstern vorbei, die man wegen der Hitze des Spätnachmittags geschlossen hatte. Waffen hingen an den Wänden aus Kalkstein. Die Wappenfarben der Familie schmückten Schilde und leuchteten stolz auf zahlreichen Bannern. Szenen aus unzähligen Schlachten zierten die Wandbehänge, die Generationen von Frauen aus dem Geschlecht der Marshand mit geschickter Hand gewebt hatten, um die Erinnerung an die Kampfesstärke ihrer Gemahle und Söhne wach zu halten.

Rogan seufzte und rieb sich nachdenklich den Nacken. „Er ist wohlhabend“, meinte er leise. „Es wird ihm keine Schwierigkeiten bereiten, ein Heer zusammenzustellen.“

„Wir sind hier, um sicherzustellen, dass er keines braucht“, erwiderte Andrew ruhig. „Wir werden, wie es sich gehört, zu Kreuze kriechen und mit beschwichtigenden Worten seinen Stolz nähren, und schon wird er uns vergeben. Obgleich ich immer noch der Meinung bin, dass Alexander hier sein sollte, um sich selbst zu entschuldigen. Lasst ihn doch um Verzeihung bitten …“

Er wurde von Rogans spöttischen Worten unterbrochen. „Der Narr würde alles nur noch schlimmer machen und fortwährend von Liebe schwafeln.“

Andrew lächelte hintergründig. „Wie ich sehe, glaubt Ihr nicht an die wahre Liebe.“

„Kaum.“ Rogans ebenmäßige Züge blieben kalt.

„Nun, ich kann nicht sagen, ob ich daran glaube oder nicht. Sie ist mir noch nicht begegnet und wird es wohl auch nicht. Ich habe ein Keuschheitsgelübde abgelegt, und wenn ich auch nicht allen Verpflichtungen nachkomme, so werde ich einen einmal geleisteten Schwur nicht brechen. Und dennoch muss ich zugeben, dass unser Bruder wahrhaft glücklich mit seiner Kaufmannstochter wirkt.“

„Verwechselt niemals Fleischeslust mit Liebe, Andrew. Gemessen an der Zeit, die beide in ihren Gemächern zubringen, glaube ich nicht, dass sie dem Drang des Herzens folgen, sondern eher niederen Gelüsten frönen.“ Rogan ließ seinen Blick schweifen und musterte die trägen, feisten Ritter, die sich die Zeit mit Schachspielen vertrieben und Met schlürften. „Alexander ist verwirrt, und die Ehre unserer Familie steht auf dem Spiel.“

„Dem stimme ich zu. Und immer seid Ihr es, der sie verteidigt.“

Dem war tatsächlich so. Obwohl Alexander der Älteste war, den Titel eines bretonischen Herzogs geerbt hatte und über große Besitztümer verfügte, war es stets Rogan, der Zweitgeborene, der die Verantwortung auf sich nahm. Er hatte gehofft, dass die vier Jahre, die er im Kampf im Heiligen Land verbrachte, Alexander ermutigt hätten, den weit reichenden Pflichten seiner Stellung nachzukommen. So, wie es sich indes darstellte, hatte sein aufbrausender, störrischer Bruder weder Benehmen noch Selbstbeherrschung gelernt. Und nun, kaum ein Jahr nachdem Rogan von König Richards Kreuzzug zurückgekehrt war, hatte Alexander eine Abmachung mit einem Edlen missachtet – eine überaus schändliche Tat.

Rogan fuhr mit der Hand durch sein braunes Haar und ließ eine widerspenstige Locke auf die Stirn zurückfallen. „Wo bleibt Marshand?“

Als hätte seine Ungeduld ihn herbeigezaubert, verkündete ein lauter Ausruf die Ankunft des Hausherrn. Rogan drehte sich ruckartig um und sah Enguerrand Marshand auf sie zukommen. Er war ein kleiner Mann, der zwar nicht dick, aber merkwürdig gewachsen wirkte. Seine Beinkleider bedeckten unglaublich dürre Beine, auf denen ein rundlicher Körper ruhte. Sein Kopf war bis auf einen grauen Haarkranz, der sich von einem Ohr zum anderen zog, völlig kahl. Er strahlte vor Freude, bis er näher herangekommen war und einen verwunderten Blick auf Rogan heftete. Die buschigen Brauen zogen sich zusammen, als er Andrew ansah. „Wo ist der Herzog?“ fragte er in einem fordernden Ton.

Rogan spürte sogleich, dass er diesen kleinen, überheblichen Mann nicht ausstehen konnte. „Ich bin Rogan St. Cyr, Alexanders Bruder. Dies ist mein jüngerer Bruder, Pater Andrew.“

Enguerrand würdigte den Priester kaum eines Blickes. „Als man mir sagte, die Banner von St. Cyr seien zu sehen, nahm ich an, es sei der Herzog.“

„Vater?“ Eine energische Stimme forderte Gehör. Zunächst hatte Rogan die Frau nicht bemerkt, die hinter Enguerrand stand. Sie war groß und gertenschlank, besaß ebenmäßige Züge und war zweifelsohne eine Schönheit. Ihr Haar war der Mode entsprechend zurückgeflochten und betonte die hervorstehenden Wangenknochen und ihr spitzes Kinn. Das muss Catherine sein, die Frau, die Alexander verschmäht hat, dachte Rogan. Sie hatte gewiss das entsprechende Alter, und er wusste von ihrer Schönheit, obgleich die strenge und gebieterische Vollkommenheit dieser Frau eine Kälte ausstrahlte, die leicht abstoßend wirkte.

„Stimmt etwas nicht?“ fragte Catherine.

„Ich werde Euch alles erklären“, entgegnete Rogan scheinbar ruhig. Doch die Anspannung wuchs in ihm.

Andrew ergriff die Gelegenheit, um zu sprechen. „Vielleicht sollten wir uns erst einmal setzen.“ Er deutete auf eine Gruppe bequemer Stühle neben der großen Feuerstelle.

Enguerrand hingegen war zu ungeduldig. „Ich verlange zu wissen, was hier vor sich geht. Warum seid Ihr hier ohne den Herzog?“

Rogan wusste, dass die Angelegenheit keinen Aufschub erlaubte. Er atmete tief durch. „Der Herzog wird nicht kommen. Ich bin hier, um im Namen meiner Familie um Verzeihung zu bitten und um kundzutun, dass mein Bruder die Verhandlungen mit Euch bezüglich der Heirat Eurer Tochter abbricht.“ Er hielt inne, denn er hatte Angst vor dem, was kommen würde. „Alexander hat sich für eine andere Frau entschieden.“

Eine kurze, bedrückende Stille trat ein. „Er hat eine andere geheiratet?“ sagte Catherine schließlich. Wut verzerrte ihre schönen Züge. „Wen?“

Jetzt kam der schlimmste Teil der Nachricht. „Die Tochter eines Kaufmanns. Ihr Name ist Carina.“

„Er nahm die Tochter eines Kaufmanns zur Frau?“ rief Enguerrand mit schriller Stimme aus.

Andrew legte eine Hand auf den Arm des Mannes, um ihn zu beruhigen. „Vielleicht möchtet Ihr Euch nun setzen. Ich denke, wir sollten …“

„Nehmt Eure verfluchte Hand von mir!“ donnerte Enguerrand.

„Wie Ihr meint“, erwiderte Andrew gelassen und trat einen Schritt zurück.

„Mein Bruder wählte seine Gemahlin aus Liebe“, fuhr Rogan ohne Entschuldigung fort. Seine anfängliche Besorgnis war verflogen, und er stand Enguerrand wie jedem anderen Gegner gegenüber. Dieses Mal indes ging der Schlagabtausch mit Worten und nicht mit Waffen vonstatten. Seine Hand zuckte vor Verlangen, den beruhigenden Schwertknauf zu umfassen, doch er ballte die Hand zur Faust, um sich zu keiner unüberlegten Tat verleiten zu lassen.

„Liebe?“ brachte Catherine mit erstickter Stimme hervor.

Betont gleichmütig zuckte Andrew die Schultern. „Wer vermag schon dieses unbestimmte Gefühl zu erklären? Selbst den Edelsten unter uns sucht es heim und kann …“

„Das ist eine Unverfrorenheit!“ brach es aus Enguerrand hervor. „Er besprach mit mir alle Einzelheiten der Heirat! Für wen hält er sich? Das ist ein Vertragsbruch, ein Verbrechen!“

Nun war sie heraus, die Anschuldigung, die Rogan befürchtet hatte. Er kniff die Augen zusammen und wollte etwas zu seiner Verteidigung hervorbringen, als er aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm, die seine Aufmerksamkeit erregte.

Er wandte sich zur Seite, schaute und hielt inne.

Enguerrands Wutausbruch trat in den Hintergrund, als das lieblichste weibliche Geschöpf herbeieilte, das Rogan je erblickt hatte.

Sie war kaum besser gekleidet als eine Dienstmagd und trug ein verblichenes Gewand, das ihr viel zu klein war. Das Haar fiel ihr in ungebändigten, weichen Locken bis auf die Taille und glich der Farbe der edlen Löwen, die Rogan auf seinen weiten Reisen gesehen hatte. Ihre Augen, in denen sich jetzt ihre Sorge spiegelte, besaßen eine eigentümliche blaue Färbung. Oder war es eine grüne? Nein, etwas dazwischen, wie die Farbe der südlichen See.

Rogan stand reglos da und betrachtete die junge Frau, während sie auf ihn zukam und mit geneigtem Kopf in einen Knicks sank. Ihre ungezähmte Haarpracht glitt nach vorne und raubte seinen Augen den Anblick ihres hübschen Gesichts.

„Euer Gnaden“, murmelte sie.

Er war für einen Moment wie erstarrt. Dann ließ er den Arm sinken. Er berührte ihr Kinn mit den Fingerspitzen und hob sachte ihren Kopf. Sie schlug die Augen auf, um seinen Blick zu erhaschen, und lächelte ihn schüchtern und vorsichtig an.

„Lily!“ dröhnte Enguerrands Stimme. „Steh auf!“

Verwirrung huschte über ihr Gesicht. Sie sah von einem zum anderen, um eine Antwort zu erhalten.

Catherine starrte ihre Schwester wütend an. „Er ist nicht der Herzog, du törichte Gans. Steh auf! Wo warst du?“

„Ich war im Garten“, erklärte Lily. Zögernd erhob sie sich und schaute Rogan voller Zweifel an.

„Wo ist Elspeth?“

„In der Kapelle, denke ich.“ Lily warf ihm erneut einen unsicheren Blick zu, und Rogan spürte, wie verlegen die junge Frau war, da sie in seiner Gegenwart zurechtgewiesen wurde.

Ein unerklärlicher Drang zwang ihn, eine leichte Verbeugung anzudeuten. „Ich bin Alexanders Bruder Rogan.“ Er lächelte. „Und Ihr seid Lady Lily.“

„Ja“, erwiderte sie. Ihre Stimme klang sanft wie ein Windhauch.

„Ich verlange eine Erklärung!“ forderte Enguerrand. „Ich wünsche, selbst mit dem Herzog zu sprechen. Ihr könntet mir etwas vorgaukeln. Euch zwei habe ich nie zuvor gesehen.“

„Wir spielen Euch nichts vor, Enguerrand.“ Rogans Stimme klang fest. Sein ursprüngliches Vorhaben schien jedoch in den Hintergrund zu treten. Lily verfolgte das Gespräch mit einer Mischung aus Verwirrung und Besorgnis. Rogan war gefesselt von den Gefühlsregungen, die sich auf ihrem Gesicht widerspiegelten. „Ihr wisst genau, dass Alexander zögerte, den Vertrag zu besiegeln.“

„Er hat mir sein Wort gegeben!“ donnerte Enguerrand.

Es war Andrew, der die Situation entschärfte. „Nun, ich muss sagen, dass Ihr dem Sachverhalt mit bemerkenswerter Selbstbeherrschung begegnet.“ Bei diesen Worten traten Enguerrand vor Erstaunen die Augen aus dem Kopf. Der alte Mann verhielt sich alles andere als ruhig, und er wusste es. Andrew fuhr indes gelassen fort: „Ich kenne viele Männer, die weniger bedeutend sind als Ihr, Enguerrand. Sie hätten uns, ohne eine Erklärung abzuwarten, mit ihrem Schwert durchbohrt. Ihr seid verärgert, und dafür tadele ich Euch nicht. Der Handel ist unglücklich verlaufen, auch in unseren Augen. Ihr habt das Recht, Euch zu beschweren, genau wie Eure liebenswerte Tochter. Aber Ihr seid ein Mann von sittlichem Verhalten, wie ich sehe, der genau weiß, wie wertvoll es ist, Dinge zu besprechen. Eine vorzügliche Gabe.“

Enguerrand war verstummt und starrte den jungen St. Cyr mit offenem Mund an. Andrew sprach unbeirrt weiter: „Gewiss, im Augenblick ist es schlecht um unser Land bestellt, mit John, der nach der Krone greift, und den Baronen in Aufruhr. Ihr tut gut daran, dass Ihr Euch keinem unbedachten Handeln hingebt, denn dies wäre unter Eurer Würde. Denn sonst würde es zum Kampf kommen und unsere beiden Häuser in Mitleidenschaft ziehen. Das ist es kaum wert, wie Ihr mir beipflichten werdet. Aber nicht jeder Mann ist so weise, vorauszuschauen und zu sehen, was das Beste für die Seinen ist.“

Es war kaum zu glauben, aber Andrews Schmeicheleien schienen ihre beabsichtigte Wirkung nicht zu verfehlen. Enguerrand war auf derartige Worte nicht gefasst und wirkte mehr als verwirrt. Dann entspannte er sich ein wenig und murmelte: „Tatsächlich. Ein schlechter Handel.“

Für den Augenblick schien Enguerrand besänftigt zu sein. Catherine, die hinter ihm stand, kochte jedoch innerlich vor Wut. Rogan und sein Bruder wechselten heimlich Blicke, wobei Andrew siegesgewiss eine Braue hob.

Rogan entging es nicht, dass Lily die respektlose Geste seines Bruders gesehen hatte. Ihre Lippen verrieten ein unterdrücktes Lächeln, als sie den Blick senkte. Eine angenehme Wärme durchströmte ihn. Nur mit Mühe riss er sich von dem Anblick der jungen Frau los und wandte sich wieder dem Hausherrn zu.

Enguerrand war immer noch leicht verstimmt. Dennoch bat er die Gäste, an seiner Tafel Platz zu nehmen, und ließ Getränke auftragen. Dankend nahm Rogan dieses Zeichen der Gastfreundschaft mit einem Nicken an und war erleichtert, dass der Burgherr sich beruhigt zu haben schien. Catherine hingegen war immer noch aufgebracht. Rogan ließ daher von Lily ab, denn er kannte seine Pflicht und bot der kühlen Schönheit pflichtgetreu seinen Arm an. Catherines Augen funkelten voller Groll, doch dann blinzelte sie. Rogan kam es vor, als hätte er ein Fünkchen von Beachtung erblickt, so als ob sie etwas entdeckte, das ihr zuvor entgangen war.

Hinter sich hörte Rogan Andrews Stimme. „Ich bin weder ein Herzog noch ein Held des Kreuzzugs, sondern bloß ein demütiger Priester. Aber man sagte mir, dass ich ein angenehmer Begleiter sei. Darf ich?“

Lily musste seinen Arm genommen haben, denn Rogan vernahm ein leises „Danke“ aus ihrem Mund.

Unangenehm wurde es ihm bewusst, dass er seinen jüngeren Bruder beneidete.

2. KAPITEL

Lily Marshand verspürte ganz neue, aufregende Gefühle, die sie in ihrer gewohnten und vorhersehbaren kleinen Welt nicht kannte. Alles um sie herum schien so erfrischend anders, neuartig und beschwingt. Ihr Puls schlug immer noch schnell, seit er sie berührt hatte, und in ihrem Kopf drehte sich alles, so dass sie keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte.

Rogan St. Cyr. Der Name wollte ihr nicht mehr aus dem Kopf gehen. Bei Gott, wie gut er aussah. Dass er ein Krieger war, konnte jeder an seiner kraftvollen Gestalt und an seinen geschmeidigen Bewegungen sehen. Nur ein Krieger gab sich so, wie er es tat. Sein volles, leicht gewelltes Haar war rötlichbraun wie mattes Kupfer und fiel bis in seinen Nacken. Er hatte eine gerade Nase, ein breites Kinn und starke weiße Zähne, die glänzten, wenn er lächelte. Sicherlich, er war ein prachtvoller Mann. Aber nicht nur das. Sanft und gütig war er zu ihr gewesen, und wenn er sie mit seinen eigenartigen grauen Augen anschaute, blickte sie in etwas Unergründliches, das sie mehr als neugierig gemacht hatte.

Aber es war töricht von ihr. Vermutlich verhielt er sich bei jedermann so. Mehr als wahrscheinlich war es bloß ihre Einbildung gewesen, dass sein sinnlicher Mund ein Lächeln preisgegeben hatte, als ihre Blicke sich zum ersten Mal trafen.

Lily war zutiefst dankbar, dass er nicht Catherines Verlobter war – oder ihr ehemaliger Verlobter, wie die Dinge nun standen.

Zu spät bemerkte sie, dass Andrew mit ihr sprach.

„Vergebt mir“, hauchte sie und versuchte sich zu fassen. „Was habt Ihr gesagt?“

„Ich habe lediglich bemerkt, dass Rogan meiner Ansicht nach mit der Ordnung nicht sonderlich zufrieden ist“, sagte Andrew. Als Lily Rogans Namen hörte, horchte sie auf.

„Welche Ordnung meint Ihr?“

„Die Sitzordnung. Er hat neben Catherine Platz genommen und versucht sie zu beruhigen. Sagt mir, wird es ihm gelingen?“

Lily mochte diesen jungen Mann sofort, der wohl nicht viel mehr als ihre neunzehn Jahre zählte. Er war ihr zuvor kaum aufgefallen, da sie nur Augen für seinen beeindruckenden Begleiter gehabt hatte. Aber das freundliche Lächeln von Rogans Bruder strahlte eine ehrliche Wärme aus. „Ich muss zugeben, Catherine kann schwierig sein. Ich bin sicher, dass Euer Bruder die richtigen Worte finden wird.“ Lily konnte es nicht lassen, in Rogans Richtung zu blicken. Er sprach mit Catherine, und von ihrem Gesicht ließ sich ablesen, dass sie allmählich zugänglicher wurde.

„Ganz im Gegenteil, mein Bruder ist für gewöhnlich kein Mann vieler Worte.“ Auch Andrew schaute nun zu seinem Bruder hinüber. „Merkwürdig, Rogan ist nicht gerade der geborene Gesandte. Vermutlich hat er nur nie zuvor versucht zu verhandeln. Mag sein, dass es auch nur seine Anziehungskraft ist, der Catherine gerade verfällt. Vielen Frauen geht das so. Aus irgendwelchen Gründen finden sie ihn unwiderstehlich. Sein Blick betört sie, und da wäre noch seine Tapferkeit auf dem Schlachtfeld. Er ist bekanntermaßen ein großer Krieger, wenn ich das stolz aus der Sicht des Bruders behaupten darf. Doch ich denke, das Reizvollste an ihm ist, dass er sich aus Frauen nicht viel macht. Aus einem unerklärlichen Grund zieht das die Damen nur umso mehr in seinen Bann.“

„Tatsächlich?“ meinte Lily betont beiläufig, damit Andrew sie nicht zu den unzähligen geblendeten Frauen rechnete.

Ein zartes Lächeln umspielte Andrews Lippen, als er fortfuhr: „Ich hoffe, ich habe Euch nicht erschreckt.“

„Aber nein!“ versicherte Lily ihm rasch. „Keineswegs.“

„Vielleicht sind derartige Dinge nichts für empfindliche Ohren. Ich habe mich gehen lassen. Wir sollten besser über etwas anderes sprechen.“

„Bitte nicht“, rief sie aus. Dann fasste sie sich wieder und fuhr fort: „Ich wollte nur sagen, dass ich selten die Gelegenheit habe, mit Gästen zu reden. Ich weiß so wenig von der großen weiten Welt. Ich bin sehr gespannt, mehr zu erfahren.“

Andrew musste lächeln. „Ihr seid neugierig, mehr über ihn zu erfahren, nicht wahr?“

Lily versuchte, sich aus der Falle zu befreien und sprudelte los: „Nur deshalb, weil er Unannehmlichkeiten mit Catherine vermeiden kann. Ich meine, sie ist ziemlich reizbar, und es wäre gut, wenn Euer Bruder sie mit seiner überzeugenden Art besänftigte.“

Andrew nickte. „Genauso ist es.“ Aber Lily spürte, dass er nur freundlich sein wollte. Mit ihren Erklärungen hatte sie ihm nichts vormachen können. Andrew warf ihr einen schelmischen Blick zu. „Es scheint, dass Rogan neugierig auf Euch ist. Immer wieder sieht er zu uns herüber, und er macht fürwahr ein finsteres Gesicht. Ich glaube, er ist eifersüchtig.“

Lily wandte rasch den Kopf. Rogan starrte sie tatsächlich an und war keineswegs peinlich berührt, dass sie ihn dabei erwischte. Doch sie errötete und schaute schnell weg. Um sich abzulenken, suchte sie nach einem unverfänglichen Gesprächsstoff. „Vielleicht möchtet Ihr etwas über den Geist von Charolais erfahren. Sprechen Euch derartige Geschichten an, Pater?“

„Geht das nicht jedem so?“ antwortete Andrew.

Lily war so aufgewühlt, dass ihre Hände zitterten, als sie einen Schluck Wein nahm. Sie richtete ihre ganze Aufmerksamkeit darauf, keine weiteren verräterischen Blicke zum anderen Ende des Tisches zu werfen, und begann mit ihrer Geschichte.

Der Nachmittag verstrich in einer freundlichen Stimmung, wenn man die Umstände in Betracht zog. Der alte Marshand bot den St. Cyrs Unterkunft für einige Tage an, bis die Angelegenheit vollends geregelt war. Als Rogan einem Aufenthalt zustimmte, fuhr Lily ein heißer Schauer über den Rücken. Für beinahe eine Woche würde er unter demselben Dach wie sie wohnen!

Zu ihrer Enttäuschung war Rogan sehr mit Catherine beschäftigt, die jedoch nicht so verärgert wirkte, wie Lily erwartet hatte. Sie kannte ihre Schwester nur zu gut und hatte mehr als einmal ihre schrecklichen Launen fürchten gelernt.

Keinesfalls aber missfielen Catherine die Aufmerksamkeiten des gut aussehenden Kriegers. Mehr war wohl von der Entrüstung, von dem Herzog zurückgewiesen worden zu sein, nicht übrig geblieben. Nun, ihre Schwester hatte immer ein unstetes Wesen gehabt.

Es war Brauch in der Familie, dass sich die Frauen gegen Abend zurückzogen, während die Männer sich ausgiebig dem Wein widmeten. Lily verließ die Halle nur ungern und folgte ihrer Schwester in Richtung der großen Treppe, die zu ihren Gemächern führte. Aber zuvor warf sie noch einen raschen Blick auf den Mann, der ihre Sinne gänzlich gefangen hielt.

Sie war überrascht, dass seine grauen Augen erneut auf ihr ruhten. Wie gebannt von seinem Blick, stieß sie beinahe mit Catherine zusammen. Ihr Herz klopfte ungestüm in ihrer Brust, und ihre Kehle war trocken. Dann eilte sie die Stufen hinauf.

Zu späterer Stunde saß Lily in ihrer Kammer vor einem Spiegelglas und bürstete verträumt ihr Haar. Sie hatte sich so in ihren Gedanken verloren, dass sie weder bemerkte, wie sich die Tür öffnete, noch das raschelnde Geräusch leiser Schritte auf dem binsenbedeckten Boden vernahm.

„Ist es wahr?“ durchbrach eine dünne Stimme die Stille.

Erschrocken ließ Lily die Bürste fallen und fuhr herum. „O Elspeth, du hast mich erschreckt! Ich habe dich gar nicht hereinkommen hören.“

Das Mädchen war gerade zwölf Jahre alt, und mit seinem hübschen Gesicht und den hellblonden Locken glich es einem kleinen Engel. Doch Elspeths Blick wirkte umwölkt, und sie sah betrübt aus. Lily blickte sie erwartungsvoll an. „Wo bist du gewesen?“

Das Mädchen schloss für einen Moment die großen blauen Augen. „In der Kapelle. Ich habe den Rosenkranz gebetet.“ Sie seufzte, und ein beseeltes Lächeln umspielte ihren Mund. „Es war dort so friedvoll, und ich bin länger geblieben.“ Die letzten Worte brachte sie schuldbewusst hervor, als ob sie Tadel fürchtete. Lily hatte sie nie gerügt, aber Elspeth war ein ängstliches Geschöpf. „Ich habe die Abendmahlzeit versäumt. Hoffentlich war Vater nicht verärgert.“

„Es ist ihm gar nicht aufgefallen. Mach dir also keine Sorgen.“

Elspeths Stirn legte sich erneut in Falten. „Stimmt es, was man über den Herzog sagt? Er wird Catherine nicht heiraten?“

Lily seufzte und wandte sich wieder zum Spiegel. „Ja, ich fürchte nicht.“ Sie gab sich alle Mühe, ruhig weiterzusprechen. „Der Herzog sandte seine Brüder, um es Vater mitzuteilen. Hast du die Männer gesehen? Einer ist Priester und der andere …“ Mit welchen Worten sollte sie Rogan St. Cyr angemessen beschreiben?

Elspeth fiel es nicht auf, dass ihre ältere Schwester zögerte. „Ja, ich habe sie gesehen. Als ich aus der Kapelle kam, waren sie in der Halle und saßen am Feuer.“

Lily sprang auf und fragte voller Ungeduld: „Was taten sie? War sonst jemand bei ihnen?“

Elspeth sah sie verwundert an. „Nein, die beiden waren allein und unterhielten sich angeregt.“

Lily schritt auf und ab und rief aus: „Oh, diese quälende Unruhe!“ Dann sah sie ihre kleine Schwester an und überlegte, ob sie sie in ihre berauschende Aufregung einweihen sollte. Sie und Elspeth hatten keinerlei Geheimnisse voreinander, aber konnte ein Kind die Gefühle nachvollziehen, die sie plötzlich aufwühlten?

Es erübrigte sich, eine Entscheidung zu fällen, da Catherine in der Tür erschien. Sie sah blass aus und wirkte geisterhaft im unsteten Schein der Wandfackeln. Ihre innere Anspannung wurde sichtbar, als sie die Lippen spitzte. „Elspeth“, sagte sie in einem scharfen Tonfall. Die jüngste Schwester fuhr zusammen. „Wir haben dich bei der Abendmahlzeit vermisst.“

„Ich habe gebetet.“ Elspeths Antwort war kaum zu vernehmen.

„Und Lily“, fuhr Catherine fort und bedachte die andere Schwester mit einem vernichtenden Blick, „du hast Schande über unsere Familie gebracht mit deinem Kleid und deinem entsetzlichen Auftritt.“

Lily wurde unwillkürlich an den peinlichen Moment erinnert, als sie Lord Rogan für den Herzog gehalten hatte. Was er wohl über diesen Irrtum dachte? Hielt er sie nun womöglich für töricht?

„Du hast dich selbst zum Narren gemacht!“ ereiferte sich Catherine.

Lily errötete vor Scham, da sie sich von ihr schelten lassen musste.

„Schwester“, sagte Elspeth im Flüsterton. „Es tut mir Leid, dass Ihr eine so schreckliche Nachricht erhalten habt.“

Die Strenge auf Catherines Gesicht wich nach und nach einem Ausdruck von Wut. Elspeth zuckte ängstlich zusammen, so dass Lily sich von ihren Gedanken losriss und sich schützend neben ihre kleine Schwester stellte.

„Ja, mein Kleines“, sprach Catherine in einem kühlen Tonfall, der keine Gefühlsregung verriet. „Es scheint so, dass ich nicht wie geplant verheiratet werde.“ Immer noch ließ sie sich ihren Zorn nicht anmerken. Als sie indes fortfuhr, blitzten ihre Augen auf wie zwei scharfe Klingen. „Aber es ist nicht alles verloren. Es gibt Mittel und Wege, ein Unglück zum eigenen Vorteil zu wenden.“

Lily stellte sich vor ihre kleine Schwester, denn sie merkte, wie Catherine innerlich kochte und wie sehr dieses Gebaren Elspeth Angst einjagte. „Hör auf, Unfrieden zu stiften, Catherine. Lord Rogan ist ein ehrenwerter Mann. Er ist gekommen, um die Angelegenheit zu richten.“

Catherine starrte sie böse an. „Und das wird er.“

Im selben Augenblick hatte sie sich wieder gefangen und warf Lily einen geringschätzigen Blick zu. Mit herablassender Miene sagte sie: „Solange unsere Gäste hier sind, wünsche ich nicht, dass du uns weiter in Verlegenheit bringst. Du bist offensichtlich nicht in der Lage, dich angemessen zu benehmen. Ich denke, es wäre besser, wenn du in deiner Kammer bleibst oder dich zusammen mit den anderen Frauen der Handarbeit widmest.“

Lilys Augen verengten sich, und wütend stemmte sie die Arme in die Hüften. „Du bist nicht unsere Mutter, Catherine. Sie hat nie so mit uns gesprochen. Sie war stets gütig und sanftmütig und hätte es nie gutgeheißen, wie du mit eiserner Faust diese Burg beherrschst. Ich werde nicht zulassen, dass du Elspeth schlecht behandelst. Und ich werde mich gewiss nicht verstecken, nur weil du mich nicht ausstehen kannst.“

„Das werden wir ja sehen“, erwiderte die Schwester in scharfem Tonfall.

Als Catherine sich zum Gehen wandte, verdrehte Lily die Augen und verzog ihre Lippen zu einer höhnischen Grimasse. Elspeth sah das verzerrte Gesicht und hielt sich vor Schreck die Hand vor den Mund.

„Und glaube nicht, dass ich deine Grimassen nicht bemerke“, rief Catherine, bevor sie sich entfernte.

Lily ließ sich auf ihr Bett fallen und warf den Kopf in den Nacken. „Bei Gott, sie ist furchtbar!“

Elspeth schaute verängstigt zur Tür, als ob Catherine jeden Moment zurückkehren könnte. Als nichts dergleichen geschah, setzte sie sich neben Lily aufs Bett und nahm zaghaft deren Hand.

„Sie macht mir Angst.“

Lily wandte den Kopf und sah ihre kleine Schwester liebevoll an. „Du brauchst keine Angst zu haben, Elspeth.“

Die Kleine war durch diese Worte jedoch nicht zu überzeugen. „Sie kann so furchtbar in Wut geraten. Ich habe Angst, was sie als Nächstes tun wird. Catherine hasst es, wenn ihre Pläne durchkreuzt werden.“ Ihr Blick fiel wieder auf die Tür, und mit einem Mal musste sie mühsam schlucken. „Weißt du noch, unsere Kaninchen?“

Lily hielt die Hand ihrer Schwester fest umschlossen, vermochte aber nicht, einen Schauer zu unterdrücken. Als sie Kinder waren, hatten alle drei Mädchen ein Kaninchen als Haustier geschenkt bekommen. Catherines Tier wurde krank und starb binnen weniger Tage. Sie war aufgebracht gewesen und behauptete, es wäre ungerecht. Am nächsten Tag lagen die anderen beiden Kaninchen tot in ihren Ställen.

„Denk nicht weiter daran“, sagte Lily beruhigend. „Wir haben keine Beweise, dass wirklich Catherine die armen Geschöpfe getötet hat. Jeder hätte es tun können. Und selbst wenn sie es getan hat, wird sie es bereut haben. Sie hat sonst keiner Seele etwas zu Leide getan.“

„Außer den Bediensteten.“ Elspeths Stimme zitterte. „Dory hat mir erzählt, dass Catherine sie erwischt hat, als sie mit Kenneth in der Küche sprach. Sie bekam einen fürchterlichen Wutanfall.“

Lily unterbrach sie. „Catherine kann sehr streng sein, das stimmt, aber es ist etwas anderes, ob jemand nur wütend ist oder einem anderen Schaden zufügt.“

Ihre eigenen Worte kamen ihr hohl vor, und auch Elspeth schien nicht sonderlich davon überzeugt zu sein. Daher fügte sie beruhigend hinzu: „Vater wird dafür sorgen, dass alles gut wird.“

„Mit der Hilfe unseres Herrn“, murmelte Elspeth.

Lily streckte sich. Die Anspannung fiel von ihr ab. „Gewiss. Ich gehe noch etwas spazieren. Die Nacht ist angenehm, und ich brauche dringend frische Luft.“

„Das darfst du nicht! Catherine wird außer sich sein.“

„Sie wird doch nichts davon erfahren.“ Lily stand vom Bett auf und eilte zur Tür. „Und außerdem lasse ich mich von ihren dummen Befehlen nicht einschüchtern. Gute Nacht, liebes Schwesterchen.“

„Lily!“ flüsterte Elspeth eindringlich, aber ihre Schwester war schon zur Tür hinaus.

„Ich wünschte, wir könnten draußen mit unseren Männern ein Lager aufschlagen, anstatt in dieser scheußlichen Burg zu hausen“, beklagte sich Andrew. „Ständig bilde ich mir ein, dass der alte Marshand hereinkommt, schreiend seinen aufgestauten Zorn ablässt und mit einer Axt nach unseren Köpfen zielt!“

Rogan zuckte mit den Achseln und gab sich gelassen. „Es wäre dumm, draußen in der Wärme zu übernachten, wenn wir hier die Kühle der Burgmauern genießen können.“

„Die kühlen Burgmauern! Dass ich nicht lache. Ihr habt nur Augen für diese junge Frau! Lily, die kleine Blume. Ich habe doch gesehen, wie Ihr sie beim Essen angestarrt habt.“

Rogan sah seinen Bruder unbeeindruckt an. „Die junge Frau? Meint Ihr etwa die, auf die Ihr so bezaubernd wirken wolltet?“

„Ich habe nicht versucht, sie zu verführen, wenn Ihr das meint. Ich wollte nur freundlich und gesellig sein.“

„Gebt es doch zu, Ihr habt es genossen.“

„Gewiss. Sie ist eine reizende Person. Wirklich bezaubernd. Wollt Ihr etwa leugnen, dass Ihr lieber auf meinem Platz gesessen hättet?“

Ein düsterer Blick verdunkelte Rogans Miene. „Ich musste meiner Pflicht nachkommen.“

„Steht bei Euch immer die Pflicht im Vordergrund?“

Rogan antwortete nicht. Die beiden Männer schwiegen nachdenklich.

„Ich nehme an, Ihr wart erfolgreich“, sagte Andrew nach einer Weile.

„Wie bitte?“

„Ich spreche von Catherine. Ihr habt sie auf Eure Seite gezogen. Am Ende der Unterredung hatte ich den Eindruck, dass sie sich geradewegs nach Euch verzehrte.“

„Ja“, sagte Rogan mit einem Anflug von Abscheu, „aber sie hat den Blick eines Raubtiers.“

„Sie jagt mir Angst ein, das gebe ich ohne Scheu zu. Sie ist eine kalte Schönheit. Und ihre Augen … sie glitzern vor Kälte. Habt Ihr das auch bemerkt? Wahrlich beängstigend. Je eher wir aufbrechen, desto besser.“

Rogan rieb sich den Nacken. „Wir müssen hier erst noch einiges regeln.“

„Ihr sprecht von der jungen Frau.“

„Welche Frau?“

„Lily natürlich. Seid nicht so begriffsstutzig.“

Rogan hob beiläufig eine Braue. „Sie schien mir wahrhaftig ein angenehmes Wesen zu haben. Ich gebe zu, dass sie meiner Aufmerksamkeit nicht entgangen ist. Aber Ihr könnt kaum der Ansicht sein, dass ich so töricht bin, mich von ihr ablenken zu lassen.“

„Warum denn nicht? Denkt Ihr nie an das, was Ihr wollt? Familienverpflichtungen kann man auch zu ernst nehmen, wisst Ihr.“

„Beruhigt Euch, Andrew“, meinte Rogan. „Es ist wahrlich nicht meine Art, Jungfrauen hinterherzulaufen.“

„Ihr habt sie den ganzen Abend über unentwegt angestarrt.“

„Guter Gott, Bruder, ich bin ein Mann und sehe, was ich sehe. Und ich habe mich nicht wie Ihr der Keuschheit verschrieben. Ich habe lediglich Gefallen an der Frau gefunden, denn ich sagte Euch ja, ich war wirklich von ihr angetan.“ Er seufzte. „Ja, es ist wahr. Sie ist verlockend.“

„Und in Versuchung geführt. Sie wollte die ganze Zeit nur über Euch sprechen.“ Andrew ließ sich von Rogans abfälliger Handbewegung nicht beirren. „Und vor kaum einer halben Stunde sah ich, wie sie im Garten verschwand. Zweifellos wandelt sie unter den duftenden Rosen …“ Andrew hob seine Stimme wie ein Barde und fügte in übertriebenem Tonfall hinzu: „… und träumt von der wahren Liebe.“

„Sie wäre die richtige Gefährtin für Alexander“, murmelte Rogan. Dann hob er den Kopf. „Im Garten, sagt Ihr?“

„Eben dort.“

Rogan sah seinen Bruder lange Zeit durchdringend an. Dann stand er auf und reckte sich. „Ich denke, ich werde ein wenig im Garten auf und ab gehen. Bevor ich schlafen gehe, bin ich gerne noch etwas im Freien.“ Er zögerte, da er nicht wusste, in welcher Richtung der Garten lag.

Dann sah er erwartungsvoll seinen Bruder an, der bereits in die richtige Richtung wies. „Dort entlang“, sagte Andrew schmunzelnd.

3. KAPITEL

Der Garten war in helles Mondlicht getaucht. Lily sog tief die duftende Luft ein. Ein seichter Wind strich durch die Bäume, und das leise Rascheln der Blätter wirkte beruhigend auf sie.

Lily schlüpfte aus ihren Schuhen, raffte ihre Röcke ein wenig, setzte sich an den Rand des Teichs und ließ ihre Beine ins Wasser gleiten. Versonnen betrachtete sie die Statue in der Mitte des Teichs. Hermes. Kraftvoll ragte er aus dem Wasser, mit Flügeln an Füßen und Haupt. Er war der Bote der heidnischen Götter und herrschte über die sternenlose Nacht. Als sie noch ein kleines Mädchen war, hatte Lily stets verträumt auf die Statue geblickt und sich Geschichten ausgedacht, in denen Hermes der Held war und sie rettete. So wie er Perseus, Odysseus und Aries zu Hilfe gekommen war. Nur hatte sich ihre eigene Errettung in ihrer Vorstellung stets viel gefühlvoller gestaltet. In dieser Nacht jedoch war der Götterbote für sie nur eine Steinfigur. Ein anderer beschäftigte ihre Gedanken.

Sie genoss es, wie das kühle Nass ihre bloßen Beine umspielte. Es kam ihr wie eine zärtliche, sinnliche Berührung vor. Sie schloss die Augen und legte den Kopf entspannt in den Nacken. Ein zartes Lächeln lag auf ihren Lippen. Allein der Gedanke an Rogan St. Cyr ließ sie innerlich erbeben. Eine barsche Stimme in ihrem Innern, die verdächtig der Catherines ähnelte, mahnte sie zwar, auf der Stelle diese törichten Träumereien zu verdrängen. Aber sie genoss es, an ihn zu denken, und hatte keinesfalls vor, von ihrer Stimmung abzulassen.

Als hätten ihre Gedanken Zauberkräfte, vernahm Lily plötzlich eine sanfte Stimme dicht an ihrem Ohr. „Guten Abend, Mylady.“

Ohne nachzudenken, sprang sie auf. Ihre Füße rutschten über den glitschigen Grund des flachen Teichs. Gerade als sie zu fallen drohte, schloss sich ein kräftiger Arm um sie und zog sie gegen eine feste Brust.

„Mylady“, kam es von einer wohltönenden Stimme, „habt Acht.“

Lily nahm einen männlichen Duft wahr, drehte den Kopf und schaute in Rogans Gesicht, das dicht vor dem ihren war. Seine auffallend grauen Augen blickten mit einer Mischung aus Heiterkeit und Besorgnis auf sie herab. „Darf ich Euch helfen?“

„J…ja“, stammelte sie und fasste sich wieder. Lily richtete sich auf, rutschte aber erneut aus und musste sich schließlich an Rogan festklammern, als sie aus dem Wasser stieg. Ihr Gewand war von den Knien an durchnässt und hing schwer herab. Sie stand da, nass und peinlich berührt. Wie konnte sie dieser höchst unangenehmen Situation entrinnen? Lily war den Tränen nahe. „Wenn Ihr mich entschuldigen wollt“, sagte sie mit belegter Stimme und schickte sich an, zurück in die Burg zu eilen. Ihre nassen Röcke aber legten sich um ihre Beine und ließen sie nur mühsam vorankommen. Nach ein paar unbeholfenen Schritten hielt sie inne. O Gott, stöhnte sie leise, ich muss wie ein Narr aussehen.

„Wollt Ihr schon gehen?“ fragte Rogan.

„Ich muss gehen, ich …“ Warum konnte sie keinen klaren Gedanken fassen?

„Mit Euren nassen Röcken könnt Ihr nirgendwo hingehen. Ihr werdet kaum die Stufen überwinden“, sagte er. „Setzt Euch doch, und lasst den Stoff an der Luft trocknen, bevor Ihr hineingeht. Ich denke, das wäre die bessere Lösung.“

Ein leichtes Lächeln lag auf seinen Lippen und raubte ihr das letzte bisschen Fassung. Er dachte jedoch nicht daran, seine Belustigung zu verbergen, aber zu Lilys Erleichterung machte er sie nicht lächerlich. Aufgewühlt ließ sie sich auf einer steinernen Bank nieder. Rogan nahm neben ihr Platz.

„Ich vermute, Ihr haltet mich nach diesem Vorfall für sehr ausgelassen“, brachte sie entschuldigend hervor.

„Unsinn“, sagte er beschwichtigend. „Ich fand Euer Verhalten recht erfrischend. Schließlich vergessen wir alle gern einmal die Regeln, wenn wir uns allein wähnen. Und Ihr konntet nicht wissen, dass ich in der Nähe war.“

„Catherine wäre erbost über mein Benehmen. Ich kann es ihr zwar ohnehin nicht recht machen, aber wenn sie wüsste, dass Ihr mich so gesehen habt …“

Auf Rogans Zügen lag ein breites Lächeln. „Ich versichere Euch, Mylady, Euer Geheimnis ist bei mir sicher aufgehoben.“

Lily mochte sein Lächeln, aber sie war ein wenig verwirrt und schaute verlegen zur Seite. „Verflucht peinlich“, murmelte sie. Es war ihre Art, die Dinge offen auszusprechen, anstatt sie für sich zu behalten.

„Was habt Ihr eben gesagt?“

Im selben Augenblick machte sie sich ihre ungehörigen Worte bewusst und stotterte erschrocken: „Ich … ich sagte bloß, dass es mir ziemlich peinlich ist … beinahe in den Teich zu fallen und ein nasses Kleid zu haben.“

Aber er hatte ihre vorherigen Worte wohl vernommen. Lily sah, dass Rogan bemüht war, nicht in Lachen auszubrechen. Was dachte er bloß von ihr, wie sie durchnässt neben ihm saß und wie ein gemeiner Soldat fluchte? Aber warum machte es ihr überhaupt so viel aus, was er von ihr hielt?

„Ich sollte jetzt besser gehen“, sagte Lily rasch.

„Bitte bleibt. Mir gefällt Eure Gesellschaft.“

„Ich …“ Sie musste ablehnen, das wusste sie, aber sie machte keine Anstalten zu gehen.

Trotz ihrer demütigenden Lage überwog ihr Stolz. Sie musste eine Möglichkeit finden, ihre Fassung wieder zu finden. Deshalb entschied sie sich, die aufmerksame Gastgeberin zu spielen, so wie man es ihr beigebracht hatte.

„Wie … gefällt Euch Charolais?“ fragte sie höflich. „Habt Ihr die Wandbehänge in der Halle bemerkt? Sie stellen die berühmten Schlachten der Marshands dar. Ich könnte Euch einige Geschichten darüber erzählen, wenn Ihr es wünscht.“

„Vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt.“

So kam sie nicht weiter. Also versuchte sie es mit einer anderen Nettigkeit. „Habt Ihr eine angenehme Reise gehabt? Und unsere Moorlandschaft, gefällt sie Euch?“

Rogan hatte sich offenbar doch dafür entschieden, auf die Fragen einzugehen. „Ja, die Reise verlief ohne Zwischenfälle.“ Nach einer kleinen Pause fügte er hinzu: „Diese Landschaft wirkt eher einsam. Sie strahlt eine gewisse raue Schönheit aus, an die man sich sicherlich gewöhnen kann.“

Lily war froh, dass er sich auf diesen harmlosen Gesprächsstoff eingelassen hatte, und erwiderte: „Es ist wahr, Cornwalls Schönheit ist bei den Einheimischen unbestritten, wird aber kaum von einem Fremden gewürdigt.“

„Die Gegend ist unwirtlich. Ich frage mich, ob die Bewohner durch die karge Landschaft nicht vielleicht schroff werden.“

Lily wusste auf diese hintergründige Bemerkung so schnell keine passende Antwort zu geben. „Ich denke, die Küste macht das Leben hier rau. Wir sind ja beinahe ein Teil des Meeres“, meinte sie schließlich.

„Ja, die See. Liebt Ihr das Wasser?“

„Ich schaue gern aufs Meer hinaus.“

„Segelt Ihr auch gerne? Ich habe es stets genossen, auf dem offenen Meer zu sein und nichts außer den blauen Wogen um mich herum zu haben.“

„Beim Himmel, nein.“ Warum lief die Unterhaltung nun wieder darauf hinaus, dass sie die Fragen zu beantworten hatte? „Ich fürchte, man hat mich ziemlich streng erzogen. Ich durfte derlei Dinge nie tun. Vater sagte immer, es sei zu gefährlich.“

„Aber Ihr würdet eines Tages gerne hinaussegeln?“

Lily musste bei dem Gedanken an ein solches Abenteuer unwillkürlich lächeln. „Oh, wie gerne!“

„Vielleicht erfüllt sich dieser Traum“, sagte Rogan und schwieg dann für einen Moment. „Es scheint Euch ziemlich schwer zu fallen?“

„Was meint Ihr?“

„Immer so pflichtgetreu zu sein. Ihr mögt andere Vergnügungen. Zum Beispiel sitzt Ihr gerne am Teich und lasst Eure Füße im Wasser baumeln.“

Sie errötete. „Ihr treibt Euren Spaß mit mir, indem Ihr mich an mein unschickliches Verhalten erinnert.“

„Wenn das so ist, bitte ich aufrichtig um Entschuldigung“, sprach er. „Ich wollte nur sagen, dass auch ich Verpflichtungen als lästig empfinde. Machtvolle Bündnisse und abgesprochene Hochzeiten – Eure Familie scheint tief von derartigen Vorstellungen geprägt zu sein. Ihr hingegen nicht, möchte ich behaupten.“

Lily war sprachlos. Wie kam es, dass er sie so gut kannte?

„Ich für meinen Teil habe nie viel auf den förmlichen Umgang gegeben, den ein Titel mit sich bringt“, fuhr Rogan fort. „Ich habe gesehen, was aus meinem Bruder geworden ist. All die Anforderungen haben ihn mürrisch und schwierig werden lassen. Ich vermute, dass er sich mit seiner Heirat gegen alle Zwänge auflehnt. Das ist immerhin noch besser, als verdorben zu werden und abzustumpfen – wie viele andere. Eine herausragende Stellung scheint einen schlechten Einfluss auszuüben und raubt einem die Fähigkeit, die einfachen und schönen Dinge des Lebens zu würdigen. Einige von uns sind diesem Druck nicht gewachsen.“

Lily nickte zustimmend. „Manchmal frage ich mich, wie es wohl wäre, wenn man ohne alle Regeln und Pflichten leben könnte und sich …“

„Frei fühlt?“ ergänzte er.

„Ja“, erwiderte sie und holte tief Luft. „Es ist merkwürdig, nicht wahr, aber trotz des Reichtums meiner Familie besitze ich weniger als meine Bediensteten.“

„Und um was beneidet Ihr Eure Bediensteten?“

„Sie müssen wahrlich hart arbeiten. Dafür sorgt meine Schwester schon, denn sie ist streng und stellt hohe Anforderungen. Und dennoch, obwohl sie ihre Last tragen und keine schönen Gewänder haben, besitzen sie eine ungezwungene Natürlichkeit. Sie haben die Fähigkeit, die Dinge ganz klar und ohne Schwierigkeiten zu sehen. Catherine sagt, sie seien einfältig, aber ich frage mich, ob sie nicht eine Sicht der Dinge haben, die wir nicht kennen. Meine Schwester behauptet auch, dass die Bediensteten gesetzlos und wollüstig seien, aber sie strahlen eine Zufriedenheit aus, die ich bei den Edlen nie bemerkt habe.“

Rogan hob eine Braue. „Wirklich? Das ist spannend. Gesetzlos und wollüstig sagtet Ihr?“

„Ja“, erwiderte Lily, ohne sein spitzbübisches Lächeln wahrzunehmen. „Manchmal habe ich gesehen, wie sie sich umarmen und küssen, und dann wirken sie auf eine unerklärliche Weise fröhlich und ausgelassen.“