GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 01/2006 vom 13.01.2006
Die erfolgreichen Strategien koreanischer Autobauer - führen sie den europäischen Automobilmarkt an?
I.Lukmann
Kernthesen
- Die koreanischen Automarken Hyundai und Kia erobern den europäischen Markt mit ihren preislich attraktiven Automodellen. (1), (3), (4), (7)
- Ihre Unternehmensstrategie ist ihre Autos dem Geschmack und den Anforderungen der europäischen Kunden anzupassen. (1), (2)
- Mit dieser Strategie sind sie auf dem Erfolgskurs: Kia hat beispielsweise 2005 in Europa 55 Prozent mehr Autos als im Vorjahr verkauft. (3), (4), (8)
Beitrag
Koreanische Automarken werden in Europa immer beliebter: Die Schwesterunternehmen Hyundai und Kia erobern den europäischen Markt mit ihren preislich attraktiven Kraftfahrzeugen. Alleine in Deutschland erlangten diese beiden Hersteller drei Prozent des Marktanteils. Hauptsächlich mit ihren sogenannten Einsteigerfahrzeugen, wie beispielsweise dem Kia Picanto oder dem Hyundai Getz, konnten die Koreaner zahlreiche europäische Kunden gewinnen. Den Prognosen zufolge sollen die Absatzzahlen der beiden Unternehmen weiterhin wachsen. Aus diesem Grunde werden momentan neue Europa-Zentralen aufgebaut: Hyundai zieht nach Offenbach und wird demnächst einen neuen Produktionsstandort in Tschechien errichten. Kia hingegen siedelt sich in Frankfurt an und eröffnet einen neuen Produktionsstandort in der Slowakei. Obwohl beide Unternehmen zum Hyundai-Konzern gehören, stehen sie dennoch in Konkurrenz zueinander und versuchen durch unterschiedliche Marketingstrategien neue Kunden zu gewinnen. Hyundai beispielsweise will sein Image als Billigmarke verlieren und seinen Bekanntheitsgrad steigern durch das offizielle Sponsoring der Fußball-WM. (1), (7)
Hyundai und Kia auf Erfolgskurs
Koreanische Pkws punkten bei europäischen Kunden hauptsächlich durch ihr äußerst ausgewogenes Preis-Leistungs-Verhältnis und ihre Wirtschaftlichkeit. Der Basispreis der Automodelle ist günstig, die Fahrzeuge verbrauchen wenig Sprit und auch die Unterhaltskosten sind niedrig. Koreanische Autos sind im Gegensatz zu anderen asiatischen Marken um bis zu 20 Prozent billiger und liegen deswegen voll im Trend. Kia und Hyundai sollen Untersuchungen zufolge mittelfristig gesehen ihren Marktanteil in Europa von 3,6 Prozent auf vier Prozent erhöhen. Damit holen sie aber nicht die japanischen Autohersteller ein, die Prognosen nach in den nächsten drei bis fünf Jahren ihren Marktanteil von 13 auf 15 Prozent steigern werden. (3), (4)
Käuferspektrum koreanischer Automarken
Europäische Kunden von Personenkraftfahrzeugen wie Hyundai und Kia sind nicht besonders interessiert am Image dieser Automarken, sie suchen ihr Auto mehr aus rationalen Gründen aus. Kia zielt mehr auf die jüngeren, sportlichen Kunden - Autos von Hyundai hingegen sprechen mehr die etabliertere, anspruchsvollere Käuferschaft an. Die koreanischen Hersteller bieten im Vergleich zu anderen asiatischen Fabrikaten oder auch zu europäischen Autobauern sehr günstige Autos an, die auch im Unterhalt sehr billig sind. Und genau das bestimmt ihr Image: Sie werden als Billigmarken gesehen, die der Qualität europäischer Automarken um Meilen hinterherhinken. Weltweit gesehen sind die europäischen Hersteller im Automarkt führend: Sie werden geschätzt für ihre gute Qualität und technische Innovationen. Doch wenn diese langfristig gesehen ihre Kosten nicht reduzieren können, werden die so genannten koreanischen Billigmarken bald eine echte Konkurrenz darstellen. (1)
Erfolgreiche Unternehmensstrategie
Die Koreaner versuchen dem Geschmack und den Anforderungen der europäischen Kunden zu entsprechen. Um dies schnellstmöglich umzusetzen ist die zentrale Strategie, europäischer zu werden. In der Europa-Zentrale von Hyundai Motor Europe in Rüsselsheim sind nur 10 Prozent der Angestellten Koreaner, die restlichen 90 Prozent sind Mitarbeiter aus ganz Europa. Die koreanische Belegschaft dient als Mittlerfunktion zwischen dem Hauptsitz in Korea und dem Standort in Europa. Die europäischen Angestellten hingegen tragen das Know-How und den Geschmack aus ganz Europa zusammen. Auch arbeitet Hyundai Motor Europe verstärkt mit europäischen Zulieferern zusammen, wie beispielsweise Bosch, JohnsonControls und ZF Sachs. Das Ziel ist Personenkraftfahrzeuge zu entwickeln, die in Design, Technik und Qualität auf den europäischen Automobilmarkt zugeschnitten sind. Hierfür investiert das Unternehmen überdurchschnittlich viel in Forschung und Entwicklung, insbesondere in die Dieseltechnologie. (2)
Fallbeispiele
Ab März 2006 ist der neue Hyundai Santa Fe vorerst mit einem 2,7 Liter großen Sechszylinder-Benzin-Motor - in Deutschland erhältlich. Der neue koreanische Geländewagen ist 4,67 Meter lang und ist 175 PS stark. Serienmäßig bietet Hyundai seinen Kunden eine Zweizonen-Klimaanlage, Ledersitze und Aluräder. Der Santa Fe kostet ca. 29.000 Euro; der 150 PS starke 2,2 Liter Diesel, der im Juli auf den Markt kommen soll, wird etwas günstiger sein. (5)
Der Hyundai Grandeur 3.3 V6 GLS wird die Fußball-WM 2006 begleiten. Hyundai ist einer der Hauptsponsoren der WM in Deutschland und triumphiert somit gegenüber den deutschen Topautomarken, Mercedes, BMW und Audi. Der Grandeur ist mit stattlichen 235 PS in der Liga des Audi A6 anzusiedeln. Preislich gesehen startet er bei 36.450 Euro. (6)
Weiterführende Literatur
(1)
O.V., Koreanische Autobauer auf dem Vormarsch Asiaten haben europäischen Markt bereits im Sturm erobert, Allgemeine Zeitung, 29.12.2005
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.11.2005, Nr. 266, S. T6
(2)
Exklusiv-Interview mit Hans van Gent, Leiter Hyundai Motor Europe Technical Center in Rüsselsheim - Koreaner werden europäischer
aus Automobil Produktion, Heft 11/2005, S. 24-25
(3)
Autobauer aus Fernost "Baby-Asiaten" auf dem Vormarsch - Was der europäische Wettbewerb aus den Strategien der Asiaten lernen kann
aus kfz-betrieb Nr. 51-52 vom 22.12.2005 Seite 010
(4)
Autobauer aus Fernost "Die Asiaten haben schnell gelernt" - Oliver Waschilowski von Polk Marketing Systems zum Erfolgsgeheimnis koreanischer und japanischer Autobauer
aus kfz-betrieb Nr. 51-52 vom 22.12.2005 Seite 014
(5)
Hyundai Premiere im Januar Neuer Santa Fe wächst auf Touareg-Format
aus Auto Bild, 25.11.2005, Nr. 47, S. 22
(6)
TEST Hyundai Grandeur 3.3 V6 GLS Landet Hyundai jetzt einen Volltreffer?
aus Auto Bild, 25.11.2005, Nr. 47, S. 70
(7)
Koreas Vorstoß in die Slowakei
aus Automobil Produktion, Heft 11/2005, S. 26-27
(8)
Dürrer November dürfte Jahresbilanz kaum schmälern - Obwohl im elften Monat des Jahres drei Prozent weniger Pkw neu angemeldet wurden, liegt das kumulierte Ergebnis noch mit drei Prozent im Plus / Nur Skoda hält die VW-Fahne hoch
aus AUTOHAUS Online vom 08.12.2005
(9)
Wie Toyota, nur schneller
aus Automobil Produktion, Heft 11/2005, S. 18-22
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 02/2006 vom 20.02.2006
Neue Unternehmensstrategie der Rewe-Gruppe - auf dem Weg zur Internationalisierung
I.Lukmann
Kernthesen
- Die Rewe-Gruppe, der zweitgrößte Lebensmittelhändler Deutschlands, schlägt strategisch gesehen einen neuen Kurs ein, mit dem Ziel die Kerngeschäfte Lebensmittelhandel und Touristik international auszubauen. (1), (2), (3)
- Um dieses Ziel zu erreichen, setzt die Rewe Gruppe Alles auf einen neuen Namen: Jegliche Geschäftsbereiche des Handelskonzern werden in Zukunft den neuen einheitlichen Namen Rewe Group tragen. Ziel dieser Strategie ist, beim Endverbraucher populärer und somit erfolgreicher zu werden. (1), (2), (3), (4)
- Durch diese Vereinheitlichung des Markennamens kann die Rewe Group Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich verzeichnen. (1), (2), (4)
Beitrag
Rewe, der zweitgrößte Lebensmittelhändler in Deutschland, ändert seine Unternehmensstrategie tief greifend: Ziel der neuen Strategie ist, die Kerngeschäfte Lebensmittelhandel und Touristik zu stärken und international auszubauen. Rewe entwickelte sich seit seinem Bestehen von einem genossenschaftlichen Einkaufsclub zu einem internationalen Unternehmen, das in mehr als 13 Ländern präsent ist und jährlich rund 40 Milliarden Euro umsetzt. Der seit April 2005 amtierende Vorstandssprecher Achim Egner stellt als oberstes Ziel des neuen Konzepts, die Steigerung der Finanz- und Ertragskraft des Konzerns dar. (1), (2), (3)
Einheitlicher Firmenname als wichtigster Punkt der neuen Strategie
Der Kölner Handelskonzern wird künftig in jeglichem Geschäftsbereich egal ob Supermarkt, Großhandel oder Tourismus - einheitlich unter dem Namen Rewe Group und neuem modernen Logo auftreten; außer im Discountbereich bleibt die Marke Penny bestehen. Die anderen zur Rewe Gruppe gehörenden Supermärkte, wie beispielsweise Minimal, HL, Otto Mess und Stüssgen, werden deswegen ab Mitte 2006 umbenannt. Die Namensänderung von ca. 4000 Supermärkten kostet die Rewe Gruppe rund 40 Millionen Euro. Bis Ende 2007 sollen bereits 2500 Supermärkte in Deutschland auf den Namen Rewe umgestellt sein. Zweck dieser Vereinheitlichung ist, dass die Marke Rewe stärker präsent im Bewußtsein der Kunden wird also populärer wird. So soll die Marke Rewe, die bisher mehr unter selbstständigen Kaufleuten bekannt war, durch eine deutschlandweite Werbekampagne eine größere Durchschlagskraft bei den Endverbrauchern erlangen. Zugleich werden in den Supermärkten verstärkt Eigenmarken-Produkte angeboten mit dem Ziel, den Umsatzanteil dieser Produkte von 15 auf 40 Prozent anzuheben. Die Rendite dieser Produkte ist nämlich höher als die von Markenartikeln. (1), (2), (5), (6)
Ausbau des internationalen Geschäftes
Das überdurchschnittlich rentable Auslandsgeschäft der Rewe Gruppe soll in den nächsten zehn Jahren von derzeit 32 Prozent auf 60 Prozent erweitert werden. Die alte Unternehmensstrategie, in jedem Jahr in einem neuen Land ansässig zu werden, ist von dem fürs internationale Geschäft verantwortlichen Alain Casparros geändert worden: Rewe soll mindestens unter den stärksten Dreien der Branche agieren, anderenfalls wird sich Rewe aus dem Land zurückziehen. Dies geschah beispielsweise im Sommer 2005, als die Rewe Gruppe ihren Discountsupermarkt Penny in Frankreich schloß oder als Rewe vor einigen Monaten die Billig-Kette Pick Pay in der Schweiz verkaufte. Auch die Schließung der Standorte in Polen steht zur Diskussion.
Der Vorstand kalkuliert etwa die Hälfte des Investitonsetats, ca. eine halbe Milliarde Euro, für die weitere Expansion ins Ausland. Strategisch gesehen, ist ein Wachstum in den mittel- und osteuropäischen Ländern anfokussiert, insbesondere in Russland. (1), (2), (3), (7)
Straffung von Einkauf und Vertrieb
Die Unternehmensstrategie in Bezug auf den Einkauf und den Vertrieb wird mit dem Ziel verändert, dass eine bessere Kundenorientierung erreicht wird und dass in einem Jahr ein dreistelliger Millionenbetrag eingespart wird. So werden beispielsweise drei von neun regionalen Niederlassungen, die für die jetzt nicht mehr notwendige seperate Belieferung der Rewe- und Minimal-Unternehmen zuständig waren, aufgegeben. Die restlichen sechs haben genug Kapazität, um die nun vereinheitlichten Rewe Supermärkte in einer Region zu beliefern. Läger hingegen sollen nicht geschlossen werden, aufgrund der Tatsache, dass Rewe seit neuestem in der Lieferung mit der Dohle-Handelsgruppe oder der Drogeriemarkt-Kette DM kooperiert, d.h. dass die Läger gemeinsam genutzt werden.
Im Personalbereich sind des Weiteren auch keine Einsparungen geplant: Die Rewe Gruppe wird ganz im Gegenteil die Zahl ihrer Mitarbeiter aus dem Grunde erhöhen, dass alleine in Deutschland in diesem Jahr 100 bis 150 neue Penny Filialen eröffnet werden. (2)
Ausbau des Reisegeschäfts
Die Rewe Gruppe setzt im Tourismusbereich ca. vier Milliarden Euro pro Jahr um, womit sie nach TUI und Thomas Cook das dritt stärkste Unternehmen in dieser Branche ist. Ihre neue Strategie in diesem Bereich lautet verstärktes Wachstum im Ausland und eine prinzipielle Verbesserung des Reisebüro-Filialnetzes. Im Gespräch steht der Verkauf des 40-Prozent-Anteils an der Fluggesellschaft LTU. Nach Meinung des Vorstands Norbert Fiebig gehört eine Fluglinie nicht zum Kerngeschäft und die Rewe Gruppe würde ihre starke Position in der Tourismusbranche nicht durch einen Verkauf verlieren. (1), (2), (7)
Fallbeispiele
Alle Unternehmen der Rewe-Gruppe sollen in Zukunft einheitliche IT-Systeme nutzen. 2006 müssen schlussendlich noch die Toom-SB-Warenhäuser integriert werden, um eine einheitliches IT-Netz herzustellen. Die einzelnen Geschäfte werden mit einer selbstentwickelten Warenwirtschaft EIWW vom Rewe Konzern gesteuert, die betriebswirtschaftliche Kontrolle wird hingegen durch die Standartsoftware von SAP geregelt. (12)
Die Rewe-Gruppe verhandelt über den Verkauf ihrer Minimal-Märkte in Polen. In Polen, dem drittgrößten osteuropäischen Land, haben fast alle wichtigen europäischen Handelskonzerne Standorte, weswegen der Markt überbesetzt ist und die Minimal-Märkte nicht die entsprechenden Umsätze erreichen können. (11)
Neuer Leiter des Einkaufs der Rewe-Gruppe im Bereich Food 1 ist Gert Schambach, der ehemalige Dohle-Geschäftsführer. Den Bereich Food 2, der die frischen Lebensmittel beinhaltet, leitet seit 2004 Guido Siebenmorgen, dessen Aufgabengebiet ab 2006 um Mopro und TK erweitert wird.
Mit der neueingeleiteten Umstrukturierung der Rewe-Gruppe wird der Einkauf ein Bestandteil der operativen Führungsebene.
Weiterführende Literatur
(1)
Rewe benennt Supermärkte um
aus Süddeutsche Zeitung, 24.01.2006, Ausgabe Deutschland, S. 20
(2)
Rewe schafft Minimal, Stüssgen, Toom und Otto Mess ab
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.01.2006, Nr. 20, S. 18
(3)
Aus Minimal und Toom wird künftig Rewe Supermaktkonzern mit einheitlichem Auftritt · Nur Discounter Penny behält alten Namen · Einsparungen in zweistelliger Millionenhöhe
aus Financial Times Deutschland vom 24.01.2006, Seite 8
(4)
Hohes Tempo
aus Süddeutsche Zeitung, 24.01.2006, Ausgabe Deutschland, S. 20
(5)
O.V., Überfällig, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.01.2006, S. 20
aus Süddeutsche Zeitung, 24.01.2006, Ausgabe Deutschland, S. 20
(6)
Rewe brüskiert Markenhersteller
aus Handelsblatt Nr. 017 vom 24.01.06 Seite 14
(7)
Aus der Genossenschaft wird die "Rewe Group" Supermärkte bekommen einheitlichen Namen - Verstärkte Expansion im Ausland - Trennung von LTU möglich
aus DIE WELT, 24.01.2006, Nr. 20, S. 14
(8)
Jumbo-Baby für Europa
aus Lebensmittel Zeitung 02 vom 13.01.2006 Seite 035
(9)
Penny muss eine starke Marke werden
aus Lebensmittel Zeitung 02 vom 13.01.2006 Seite 003
(10)
Penny kündigt Sortimentsoffensive an
aus Lebensmittel Zeitung 02 vom 13.01.2006 Seite 004
(11)
Rewe prüft Rückzug aus Polen
aus Lebensmittel Zeitung 02 vom 13.01.2006 Seite 010
(12)
Rewe setzt auf Echtzeit-Information
aus Lebensmittel Zeitung 02 vom 13.01.2006 Seite 024
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 03/2006 vom 13.03.2006
Neue Strategien in der Stahlindustrie - wer übernimmt wen?
I.Lukmann
Kernthesen
- Der weltgrößte Stahlkonzern Mittal Steel, ein britisch-indisches Familienunternehmen, bot im Januar 2006 18,6 Milliarden Euro für Europas größten Stahlhersteller Arcelor, der aus einer Fusion der größten Stahlhersteller Frankreichs, Spaniens, Luxemburgs und Belgiens Anfang 2002 entstand. (1), (2), (3)
- Die Arcelor-Führung wehrt sich vehement gegen das Übernahmeangebot von Mittal Steel mit der Begründung, dass der wahre Wert des Unternehmens höher anzusetzen sei. (1), (2), (3), (4)
- Das strategische Vorgehen des Arcelor-Konzerns zeigt seine Erfolge: Das Unternehmen konnte 2005 alle seine Ertragsgrößen steigern, mit der Folge, dass sich der Nettogewinn um 66 Prozent vermehrte sowie das Ergebnis je Aktie um 46 Prozent. (3), (4), (5)
Beitrag
Die führenden Unternehmen der Stahlindustrie kämpfen um die Spitzenposition: Der weltgrößte Stahlhersteller Mittal Steel will Europas größten Stahlkonzern Arcelor für 18,6 Milliarden Euro übernehmen.
Arcelor ist Anfang 2002 aus einer Fusion der wichtigsten Stahlunternehmen Frankreichs, Spaniens, Luxemburgs und Belgiens gegründet worden. Mittal Steel hingegen ist ein britisch-indischer Familienkonzern mit Sitz in Rotterdam. Arcelors Unternehmensführung lehnt das Angebot von Mittal Steel vehement ab, aufgrund der Tatsache, dass das Gebot nicht dem wahren Wert des Konzerns entspreche und der Baranteil des Kaufpreises zu niedrig sei. Mittal Steels Angebot vom 29. Januar 2006 besteht nämlich zu 75 Prozent aus Aktientausch durch die Mittal-Aktie und zu 25 Prozent in Bar. (1), (2)
Abwehr des Übernahmeangebots durch die Veröffentlichung sehr guter Ergebnisse für 2005
Arcelor konnte seinen Gewinn und die Erlöse 2005 deutlich ausbauen und als umsatzstärkstes Stahlunternehmen weltweit glänzen. Konzernchef Guy Dollé, der den Übernahmeversuch durch Mittal Steel deutlich ablehnt, versucht seine Aktionäre mit einer um 85 Prozent auf 1,20 Euro erhöhte Dividende für sich zu gewinnen. Seiner Meinung nach sprechen die guten Zahlen für sich: Arcelor ist ein erfolgreiches Unternehmen mit kontinuierlichen Leistungen und bedarf keiner Fusion mit Mittal Steel, das 2005 mit einem Jahresgewinnverlust von 28 Prozent abgeschnitten hat. (3), (4)
Arcelor konnte 2005 alle Ertragsgrößen steigern: Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen erhöhte sich um 30 Prozent, das Ebit sogar um 36 Prozent. Das hat zur Folge, dass der Nettogewinn sich um 66 Prozent vermehrte und das Ergebnis je Aktie um 46 Prozent. Arcelors Unternehmensstrategie ist mehr langfristig ausgerichtet im Gegensatz zu der seines Konkurrenten Mittal Steel. Aus diesem Grunde treffen Preisverfälle in der Stahlindustrie, wie beispielsweise im Jahre 2005, Arcelor weniger als seinen Gegenstreiter Mittal Steel. Arcelor profitierte 2005 von Lieferverträgen, die bereits 2003 abgeschlossen worden waren. (3), (5)
Ein weiteres strategisches Vorgehen der Arcelor-Führung war, die Produktionsmenge in Europa 2005 um 3,5 Millionen Tonnen zu verringern, um eine Preisstabilisierung zu erreichen. Das Ergebnis der Unternehmensstrategie war sehr positiv: Aus dem operativen Geschäften sind 2,9 Milliarden Euro zugeflossen; neben den Dividenden konnten Investitionen von rund zwei Milliarden Euro finanziert werden. (4), (5)
Erfolgreiche Wachstumsstrategie Arcelors
Um seine Stellung auf dem internationalen Markt auszubauen, übernahm Arcelor im Februar 2006 den kanadischen Stahlhersteller Dofasco. Arcelor hat bislang 88,38 Prozent der verfügbaren Aktien von Dofasco gekauft, was einem Kaufpreis von 3,6 Milliarden Euro entspricht. Zugleich wurde das Angebot bis zum 7. März für jene Aktionäre, die bis jetzt noch kaufunentschlossenen waren, verlängert. Mit der Übernahme von Dofasco will Arcelor insbesondere seine Stellung auf dem nordamerikanischen Markt erweitern und verfestigen. Dofasco produziert hauptsächlich Stahl für die Automobilherstellung. (6), (7)
Mittals schlechte Corporate Governance
Nach Angaben von Christian Strenger, Mitglied des Aufsichtsrats der DWS Investment und Mitglied der deutschen Corporate Governance Kommission, verstösst Mittal Steel in wesentlichen Punkten gegen international anerkannte Regeln für eine erfolgreiche Unternehmensführung. So hat die Familie Mittal für jede von ihnen gehaltene Aktie ein Zehnfachstimmrecht, was gegen das international anerkannte Prinzip eine Aktie eine Stimme spricht. Aufgrund dieses Mehrfachstimmrechts dürfte der fusionierte Konzern an Europas größter Börse, der LSE in London, nicht platziert werden können. An der LSE sind Mehrfachstimmrechte nur in Ausnahmefällen erlaubt. Mittal Steel ist derzeit an den Börsen in Amsterdam und in New York platziert.
Außerdem sind die führenden Positionen des Unternehmens mit Familienangehörigen besetzt bzw. mit Vertrauten der Familie Mittal, die mehr die persönlichen Interessen der Familie Mittal vertreten als das Unternehmen objektiv zu betrachten und die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. So ist beispielsweise der Eigentümer Lakshmi Mittal CEO und Chairman, sein Sohn bekleidet die Posten des Finanzchefs und Präsidentens. Unter Berücksichtigung der Regeln für eine gute Unternehmensführung sollten die Spitzenpositionen hingegen von unterschiedlichen Personen innegehalten werden.
Auch gegen eine gute Corporate Governance spricht, dass kein einziges Mitglied des Verwaltungsrats von Mittal Steel ein Non-Executive ist, der erfahren ist in der Stahlbranche. (8)
Fallbeispiele
Arcelor baut seine Stellung auf dem asiatischen Stahlmarkt aus: Der Konzern kauft 39 Prozent des staatlichen chinesischen Stahlproduzenten Laiwu Steel für 208 Millionen Euro. Damit setzt Arcelor einen Fuss in den boomenden chinesischen Markt. (10)
Im Falle einer Übernahme von Arcelor durch Mittal Steel, will der Weltmarktführer Mittal Steel den im Februar 2006 von Arcelor übernommenen kanadischen Stahlhersteller Dofasco an ThyssenKrupp verkaufen. ThyssenKrupp hat in den Verhandlungen um Dofasco gegen Arcelor verloren. (6), (7)
Weiterführende Literatur
(1)
O.V., Arcelor-Übernahme, Spiegel Online, 20.02.2006
aus Lebensmittel Zeitung 02 vom 13.01.2006 Seite 024
(2)
Arcelor wehrt sich mit höheren Dividenden gegen Mittal
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.02.2006, Nr. 41, S. 14
(3)
Arcelor umgarnt seine Aktionäre Luxemburger Stahlkonzern will mit Dividenden-Erhöhung die Übernahme durch Mittal Steel abwenden
aus DIE WELT, 17.02.2006, Nr. 41, S. 14
(4)
Arcelor kommt alleine klar
aus Handelsblatt Nr. 035 vom 17.02.06 Seite 12
(5)
Arcelor zeigt sich dynamischer als Mittal Gewinnsprung - Dividende wird kräftig erhöht - "Herr Mittal muss noch viel mehr bieten, als sie glauben"
aus Börsen-Zeitung, 17.02.2006, Nummer 34, Seite 9
(6)
Arcelor hält 88 Prozent an Dofasco
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.02.2006, Nr. 45, S. 16
(7)
Stahlkonzern Arcelor macht Übernahme von Dofasco perfekt
aus DIE WELT, 22.02.2006, Nr. 45, S. 14
(8)
Chirac stärkt Arcelor-Führung den Rücken
aus Handelsblatt Nr. 037 vom 21.02.06 Seite 15
(9)
Widerstand gegen Mittal
aus Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 19.02.2006, Nr. 7, S. 33
(10)
Arcelor-Aktionär unterstützt Mittal Hedge-Fonds Atticus Capital befürwortet Fusion des Stahlkonzerns mit Wettbewerber
aus Financial Times Deutschland vom 20.02.2006, Seite 3
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 04/2006 vom 20.04.2006
Kontrolle der IT-Strategie durch den Aufsichtsrat - der Weg zum Erfolg
I.Lukmann
Kernthesen
- Die Bedeutung der IT-Strategie ist für jedes Unternehmen unterschiedlich. Dementsprechend ist auch der Grad der Kontrolle abhängig von Zustand und Zielsetzung der einzelnen Unternehmen. (1), (2), (3)
- Hierbei kommt es auf die verschiedenen Modi an, in welchen die Unternehmen ihre Informationstechnologie anwenden. Man unterscheidet hierbei zwischen Support-, Fabrik-, Umstrukturierungs- und strategischem Modus. (1)
- Ob und wieweit der Aufsichtsrat größerer Unternehmen in die Kontrolle der IT-Strategie einzubinden ist, hängt von dem jeweiligen Modus und den speziellen Bedürfnissen des Unternehmens ab, in welchem die IT zur Anwendung kommt. (1), (2)
Beitrag
Unternehmen sind sehr von Informationstechnologie (IT) abhängig ohne gut funktionierende Computersysteme läuft in der heutigen Zeit nichts mehr. Deswegen werden meist mehr als 50 Prozent der Investitionen einer Firma für IT ausgegeben. Aufgrund dieses hohen Stellenwerts sollte nicht nur der Vorstand eines Unternehmens, sondern - bei größeren Betrieben - auch der Aufsichtsrat (bzw. das entsprechende Aufsichtsgremium) die IT-Strategie daraufhin überwachen, ob und inwieweit sie zur übrigen Unternehmensstrategie passt. Doch angesichts der Komplexität der IT-Systeme wurde die IT-Strategie in der Vergangenheit oft einem speziellen IT-Vorstand überlassen, was sich jedoch häufig als nicht ausreichend herausgestellt hat. Entsprechend dem jeweiligen Unternehmenscharakter (verschiedene Modi) werden nun Kontrollmodelle zur Überwachung der IT-Strategie entwickelt, in welche Vorstand und Aufsichtsrat gleichermaßen involviert sind. Inwieweit sich der Aufsichtsrat in die IT-Entscheidungen einmischen sollte, hängt im einzelnen aber von der Gravität der IT für ein Unternehmen ab. (1), (2), (3), (4)
IT-Strategieansatz: Supportmodus
Ein Unternehmen im Supportmodus stützt sich wenig auf die strategische Ausrichtung der IT und deren Zuverlässigkeit. IT dient hauptsächlich dem Support der Mitarbeiter, ist aber nicht überlebensnotwendig. D.h. falls das IT-System einmal bis zu zwölf Stunden ausfallen würde, dann würde dies keine größeren Schäden anrichten. Die operativen Kernsysteme laufen nämlich in der Regel sequenziell, Probleme können manuell beseitigt werden und Sicherungsmechanismen sind nicht automatisch eingestellt. Aufsichtsrat und Vorstand von Unternehmen im Supportmodus müssen sich keine eingehenden Gedanken über die IT-Strategie ihres Unternehmens machen, da die Unternehmensstrategie nicht von der IT abhängig ist. (1)
IT-Strategieansatz: Fabrikmodus
Firmen im Fabrikmodus sind auf die Zuverlässigkeit ihrer IT-Systeme angewiesen, wobei es allerdings nicht von Nöten ist, dass sie mit der neuesten Technologie ausgestattet sind. Wie schon der Name Fabrikmodus sagt, arbeiten Unternehmen wie am Fließband einer Fabrik fällt eine Station aus, bricht die ganze Produktion zusammen. Diese Unternehmen, wie beispielsweise Fluggesellschaften, basieren in ihrer Arbeit auf schneller und sicherer Datenübertragung und ihre Kernsysteme arbeiten meist online. Im Falle eines IT-Systemausfalls von nur einer Minute würde das Unternehmen sehr große Verluste hinnehmen müssen, da es fast unmöglich ist, zu manuellen Verfahren zurückzukehren. Bei dieser Form von Unternehmen ist es die Pflicht des Aufsichtsrates, dass er die IT-Strategie kontrolliert, damit die IT-Systeme störungsfrei arbeiten und die Produktivität des Unternehmens dadurch gegeben ist. Deswegen sollten Notfallsysteme und Sicherheitsmaßnahmen vom Aufsichtsrat vorgegeben werden. (1)
IT-Strategieansatz: Umstrukturierungsmodus
Unternehmen, die sich in einer Phase der Umstrukturierung befinden, sind oft notwendigerweise auf die Einführung moderner Informationstechnologie angewiesen. Sie investieren deswegen in der Regel 15 Prozent und mehr der Gesamtkosten in diese Technologie, da durch neue IT-Systeme Prozesse und Services bei weitem verbessert werden können. Durch die verbesserten IT-Systeme, die meist an die Stelle manuell getätigter Prozesse treten, können die Kosten gesenkt werden, womit gleichzeitig der Gewinn des Unternehmens steigt. Andererseits sind solche Unternehmen verhältnismäßig wenig von der neuen Technologie abhängig, da sie grundsätzlich nochi n der Lage sind, ihre Prozesse nach den alten manuellen Mustern ablaufen zu lassen. In dieser Übergangsphase ist es besonders wichtig, dass der Aufsichtsrat die zutreffende IT-Strategie vorgibt und überwacht. (1)
IT-Strategieansatz: Strategischer Modus
Bei einer Reihe von Unternehmen gehört der Einsatz von moderner IT zu ihrer Strategie. Im Markt geht man davon aus, dass sie mit dieser Technologie schnell und zuverlässig ihre Aufgaben erfüllen. Sie nutzen nämlich jede Gelegenheit, ihre Arbeit zu optimieren, Kosten zu senken und ihre Wettbewerbsvorteile zu erweitern. In die IT-Strategie wird also viel investiert, weswegen es in besonderem Maße Pflicht des Aufsichtsrats ist, die Einhaltung der richtigen Strategie zu kontrollieren. Zweckmäßigerweise empfiehlt es sich, in diesen Fällen von Seiten des Aufsichtsrats sogar einen IT-Ausschuss einzurichten, der mit qualifizierten Experten besetzt ist. (1)
IT-Verantwortung des Aufsichtsrats
In Unternehmen, in denen es auf die Informationstechnologie in besonderem Maße ankommt, sollte der Aufsichtsrat zumindest einen Überblick über die verwendeten IT-Systeme haben und bezüglich der Funktionstüchtigkeit der Hardware und Software soviel Verständnis aufbringen, dass er sich ein Bild über die Rentabilität der in diesem Bereich getätigten Investitionen machen kann. (1), (2), (3)
Fallbeispiele
Die Anfälligkeit moderner IT-Netzwerke auf Angriffe von Hackern oder Computerviren erfordert die Einführung von optimal funktionsfähigen Sicherheitssystemen. Denn eine Störung der Netzwerke kann zu enormen wirtschaftlichen Belastungen führen: So würde beispielsweise ein Angriff auf das Internetversandhaus Amazon einen Umsatzausfall von ca. 600.000 US Dollar verursachen. (1), (7)
Der Markenartikler Protector & Gamble, der sehr hohe Summen in seine IT-Strategie investiert, richtete einen IT-Ausschuss auf Aufsichtsratsebene ein, der mit dem Audit-, Compensation- und Governance-Comitees gleichgestellt ist. (1), (6)
Weiterführende Literatur
(1)
McFarlan, Warren, Nolan, Richard, Wie sie ihre IT-Strategie richtig überwachen, Harvard Businessmanager, 24.01.2006, S. 66
aus Financial Times Deutschland vom 20.02.2006, Seite 3
(2)
Wer die Macht hat
aus Handelsblatt Nr. 074 vom 13.04.06 Seite k01
(3)
O.V., Über die IT-Strategie von Grossbanken, Mit Technologie zur Innovation, HandelsZeitung, 04.01.2006
aus Handelsblatt Nr. 074 vom 13.04.06 Seite k01
(4)
Komplexitätsmanagement für den Mittelstand
aus Scope, Heft 04, 2006
(5)
REISEVERTRIEBSSYSTEME / Kooperation geplatzt. Keine Zusammenarbeit von Sabre und Amadeus.
aus HB NR. 199 VOM 16.10.1991 SEITE 15
(6)
Procter & Gamble/ expandiert in Genf
aus Neue Zürcher Zeitung, 20.03.1999, S. 27
(7)
Apple bekommt Konkurrenz
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18.02.2006, Nr. 42, S. 17
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 05/2006 vom 23.05.2006
Neue Unternehmensstrategie der Telekom - Einstieg von US-Investor Blackstone
I.Lukmann
Kernthesen
- Die amerikanische Beteiligungsgesellschaft Blackstone kaufte am 24. April 2006 4,5 Prozent der Deutschen Telekom-Aktien für 2,68 Milliarden Euro. Der Finanzinvestor Blackstone hält somit nach der KfW und dem Bund die meisten Telekom-Aktien inne. (1), (2), (3), (4)
- Die Telekom-Aktie verzeichnet seit drei Jahren sehr schlechte Ergebnisse insbesondere aufgrund der wachsenden Konkurrenz neuer und billiger Anbieter. Der Bund sieht in dem Verkauf an Blackstone eine Chance, die Telekom durch die Erfahrung der Beteiligungsgesellschaft insofern umzustrukturieren, dass das Unternehmen wieder Erfolge verzeichnen kann. (2), (3), (4), (7)
- Strategisch gesehen ist der Kauf einer Minderheitsbeteiligung untypisch für eine Private Equity Gesellschaft, wie die Blackstone Group. Ihr Kerngeschäft ist nämlich, Unternehmen ganz aufzukaufen, damit sie die ganze Entscheidungsgewalt erlangt und somit das Unternehmen zum Erfolg aus- und umbauen kann. (1), (2), (5)
Beitrag
Am 24. April 2006 erwarb der US-Finanzinvestor Blackstone für 2,68 Milliarden Euro 4,5 Prozent der Aktien der Deutschen Telekom. Damit ist Blackstone nach der staatlichen Förderbank KfW mit 17,3 Prozent und dem Bund, der 15,2 Prozent der Aktien innehält, drittgrößter Anteilseigner der Deutschen Telekom geworden. Mit diesem Kauf hat zum ersten Mal eine ausländische Beteiligungsgesellschaft eine größeren Anteil an einem Unternehmen des Deutschen Aktienindexes erworben. (1), (2), (3), (4)
Der amerikanische Finanzinvestor Blackstone
Blackstone ist neben der Texas Pacific Group (TPG), Permira und Kohlberg Kravis Roberts (KKR) eine der größten Beteiligungsgesellschaften der Welt. Das Unternehmen bietet für jegliche Anlageklasse einen eigenen Fonds wie beispielsweise für Unternehmenskäufe, Immobilien, notleidende Kredite oder Hedge-Fonds. Alleine in Deutschland investierte Blackstone in den letzten fünf Jahren rund 13 Milliarden Euro in Immobilien und Unternehmen mit der Folge, dass der Finanzinvestor einen Umsatz von 10,1 Milliarden Euro erzielt und 26.000 Beschäftigte unterhält. Das Geschäft mit der Telekom wird aus einem der fünf Private Equity Fonds finanziert, der mit seinem Volumen von 13,5 Milliarden Dollar den größten Beteiligungsfonds der Welt darstellt. (1), (2)
Die Entwicklung der Telekom-Aktie
Die Telekom-Aktie gehört seit drei Jahren zu einer der schwächsten des Deutschen Aktienindexes (Dax). Im letzten Jahr alleine verlor die Telekom-Aktie sechs Prozent, was im Vergleich ein sehr schlechtes Ergebnis darstellte, da der Dax um 45 Prozent stieg. Vor dem Anteilsverkauf an Blackstone notierte die Aktie 13,65 Euro, was noch unter dem Wert liegt, den die Aktie beim Börsengang 1996 erzielte, der bei 14,75 Euro lag. Beim zweiten Börsengang 1999 war der Wert der Aktie bereits auf 39, 50 Euro gestiegen und beim dritten Börsengang 2000 notierte die Aktie sogar 66,50 Euro. (2), (3), (4)
Gründe für den schlechten Telekom-Kurs
Der Telekommunikationsmarkt hinkt weltweit. Der Ex-Monopolist Deutsche Telekom hat insbesondere am zunehmenden Wettbewerb und den daraus resultierenden Preisverfall zu kämpfen. Alleine im Festnetzbereich werden von anderen kleineren und billigeren Anbietern an die 100.000 Anschlüße monatlich abgeworben. Im Mobilfunkbereich ist hingegen ein leichter Wachstum zu verzeichnen, der aber auch nicht den Hoffnungen gerecht wird. Auch auf den Breitbandmarkt (DSL-Anschlüsse) muss die Telekom Einbußen aufgrund der gestiegenen Konkurrenz hinnehmen. Doch nicht nur die wachsende Zahl der Anbieter beeinflusste den Aktienkurs der Telekom ins negative, sondern auch die Mehrheitsverhältnisse der Aktionäre schreckten viele Käufer ab. Die beiden Hauptaktionäre, die KfW und der Bund, verunsicherten viele Anleger mit ihren Überlegungen Anteile zu verkaufen und damit den Markt zu verwässern. (3), (4), (5)
Warum steigt die Blackstone Group bei der Telekom ein?
Der Kauf einer Minderheitsbeteiligung ist äußerst untypisch für eine Private Equity Gesellschaft, wie die Blackstone Group. Der Kern von Private Equity liegt nämlich darin, dass ein Unternehmen, was nicht an der Börse spekuliert wird und damit nicht der Quartalsberichterstattung ausgesetzt ist, mit dem Ziel komplett übernommen und nach eigenen Vorstellungen umstrukturiert wird, es nach einer gewissen Zeitspanne mit Gewinn weiter zu verkaufen. Blackstone begründet sein strategisch ungewöhnliches Vorgehen damit, dass nach Prüfung aller Kennziffern die Deutsche Telekom im internationalen Vergleich unter ihrem Wert gehandelt wird. Die Telekom ist nach Meinung von Blackstone ein sehr vielversprechendes Unternehmen, was durch den prognostizierten konjunkturellen Aufschwung in Deutschland sicherlich neue Erfolge erzielen kann. (1), (2), (5)
Neue Strategie der Telekom
Der Bund setzt hohe Ziele an den Verkauf der Aktien an den US-Finanzinvestor. Aufgrund der schlechten Kursentwicklung des Unternehmens werden von Seiten des Bundes nur noch wenig Chancen in eine Erholung durch die normalen Marktmechanismen eingeräumt. Deswegen sind nicht wie in der Vergangenheit weitere Aktien am Markt platziert worden, sondern die Private Equity Gesellschaft Blackstone ist für mindestens zwei Jahre verpflichtet worden, ihre Erfahrungen in der weltweiten Telekommunikationsbranche einzubringen und damit das Unternehmen wieder anzukurbeln. Inwieweit Blackstone mit seiner Minderheitsbeteiligung wirklich das Unternehmen beeinflussen kann, muss abgewartet werden. Blackstones Telekommunikationsexperte Lawrence Guffey wird den Investor im Telekom-Aufsichtsrat vertreten. Diese Tatsache wird Blackstone aber keine Einflussnahme ermöglichen, da es dem Aufsichtsrat nach dem Aktienrecht verboten ist in das operative Geschäft einzugreifen. Die Beteiligungsgesellschaft kann nur auf die Unterstützung des Bundes hoffen, um seine Auflagen erfüllen zu können: Seine Investoren fordern jährlich Renditen von mehr als 20 Prozent, d.h. dass die Telekom-Aktie jedes Jahr zweistellig steigen muss. (1), (2), (4), (7)
Fallbeispiele
Im Dezember 2005 kaufte ein Konsortium von fünf Beteiligungsgesellschaften den dänischen Telekommunikationskonzern TDC für ca. 14 Milliarden Euro. Diese Übernahme ist die bisher größte getätigte in der Private Equity Branche in Europa. (4), (6)
Weiterführende Literatur
(1)
Der Gemischtwarenhändler kauft in Bonn ein
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2006, Nr. 96, S. 16
(2)
Flügel für die Phantasie
aus Handelsblatt Nr. 080 vom 25.04.06 Seite 2
(3)
Nur ein schwacher Trost
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2006, Nr. 96, S. 16
(4)
Staatsdiener statt Heuschrecke Mit Hilfe des US-Finanzinvestors Blackstone will der Bund die Telekom auf Trab bringen. Für Blackstone ist das ein riskanter Schritt - und für Telekom-Aktionäre der Silberstreif am HorizontVon Angela Maier
aus Financial Times Deutschland vom 25.04.2006, Seite 31
(5)
Staat verkauft Telekom-Aktien an Finanzinvestor
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2006, Nr. 96, S. 13
(6)
Interesse an der ersten Reihe
aus Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25.04.2006, Nr. 96, S. 16
(7)
Einstieg von Blackstone hilft der Telekom
aus Handelsblatt Nr. 080 vom 25.04.06 Seite 2
GENIOS WirtschaftsWissen Nr. 06/2006 vom 12.06.2006
Die Vermarktung der Fußball-WM 2006 - vielfältige Strategien
S.Sydow
Kernthesen
- Die Fußball-Weltmeisterschaft ist nicht nur ein großes sportliches Ereignis, sondern auch für die Wirtschaft von großer Bedeutung. Es wurden insgesamt Investitionen von etwa 6,5 Milliarden Euro getätigt. (1), (2), (3)
- Wichtigster Wirtschaftsfaktor im Rahmen der WM ist das Sponsoring. 21 internationale und nationale Sponsoren werben für ihre Produkte und Dienstleistungen im Zusammenhang mit den Fußball-Spielen. Ihr Werbevolumen beträgt ca. 700 Millionen Euro. (1), (2), (6), (7), (8)
- Die Sponsoren verfolgen damit vor allem strategische Ziele: Eine Steigerung des Bekanntheitsgrades, Imageverbesserung und langfristigen Umsatzzuwachs. (1), (2), (6), (7), (8)
- Volkswirtschaftlich gesehen, führt die WM zu einer Verbesserung des Konsumklimas und damit zu einer Förderung des Wirtschaftswachstums. (2)
Beitrag
Die Fußball-Weltmeisterschaft findet 2006 in Deutschland statt. Dafür wurden ca. 6,5 Milliarden Euro in die Infrastruktur und die Stadien von Seiten des Staats und der Privatwirtschaft investiert. Die 21 offiziellen WM-Sponsoren zahlten fast 700 Millionen Euro, um im Rahmen der Weltmeisterschaft werben zu können. Dieses Großereignis, das 64 Spiele von Teams aus 32 Nationen umfasst, hat sich mittlerweile zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. (1), (2), (3)
Interesse der Sponsoren
Die 15 internationalen Sponsoren der Fußball-WM zahlten jeweils 40 Millionen Euro und die sechs nationalen jeweils ca. 10 Millionen Euro für ihre Sponsoren-Rechte. Demzufolge versprechen sich diese Unternehmen sehr große Werbeeffekte aus ihren beachtlichen Investitionen. Untersuchungen zufolge wird das Sponsoring auf einem sportlichen Großereignis vom Zuschauer nicht als störend empfunden. Ganz im Gegenteil werden die Werbenden als Unterstützer des Sports angesehen, die dieses Ereignis erst stattfinden lassen. Der Betrachter verknüpft seine positive Haltung gegenüber dem sportlichen Großereignis mit dem werbenden Unternehmen, was ihn zu einer positiven Einstellung gegenüber deren Produkte oder Dienstleistungen bringen lässt. Die Sponsoren können somit sicherlich nach der Fußball-WM mit einer Imageverbesserung und einem erhöhten Bekanntheitsgrad ihrer Produkte rechnen und ihre hohen Investitionen amortisieren. Die Messung des Kölner Instituts Sport + Markt bestätigt den Erfolg der Fußball-WM-Partner: Der Bekanntheitsgrad der Marken ist in den letzten drei Jahren durchschnittlich von 32 auf 44 Prozent gestiegen bei den erfolgreichsten Unternehmen sogar auf 76 Prozent. Die Produkte werden vom Konsumenten bei der Kaufentscheidung bevorzugt, da sie als symphatisch im Gedächtnis behalten worden sind. Diese Erfolge wirken sich auch auf die Aktienkurse von Sport-Sponsoren aus. Die Frankfurt Trust untersuchte hierzu den Börsenwert aller nationalen und internationalen Sponsoren von Fußball-Europameisterschaften und Weltmeisterschaften sowie der Olympischen Winter- und Sommerspiele seit Mitte 1997. Das Portefeuille dieser Sportsponsoren legte im Durchschnitt um 9,3 Prozent pro Jahr zu. (1), (2)
Auswirkungen auf die Wirtschaft
Die Hauptprofiteure der Weltmeisterschaft sind das Hotel- und Gaststättengewerbe, die Medien, der Transport- und Logistiksektor, der Einzelhandel sowie Sportartikelhersteller. Das Hotel- und Gastgewerbe kann schätzungsweise mit einem Umsatzplus von 1,7 Prozent (ca. drei Milliarden Euro) rechnen. Makroökonomisch betrachtet, wird die Fußball-WM jedoch kein enormes Wachstum der deutschen Volkswirtschaft herbeiführen. Nach wirtschaftswissenschaftlichen Analysen kann die WM im besten Fall einen Zuwachs von 0,3 Prozent bewirken. Doch die Analysten spekulieren auf eine langfristige Verbesserung des Konsumklimas durch dieses Sportereignis. Fußball als Volkssport soll die Emotionen der Deutschen beflügeln und sie aus ihrer Lethargie und Kaufunlust herausführen. Nach einer Studie der Gesellschaft für Konsumforschung verbesserte sich das Konsumklima alleine schon im Mai, im WM-Vorfeld, auf 5,5 ein Wert, der seit November 2001 nicht mehr erreicht worden ist. Wenn dieser Wachstumstrend anhalte, dann könnte sich langfristig gesehen die Binnenkonjunktur Deutschlands verbessern, was einen Aufschwung der Volkswirtschaft nach sich ziehen würde. (2)
Zweifel an der Existenz der Marketingrechte
Die Marketingrechte der WM sind juristisch gesehen unklar. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) enthält keine dezidierten Vorschriften über Sponsoringrecht oder Print-Recht. Jedoch aufgrund der Bedürfnisse des Marktes ist an die Stelle von (fehlenden) Exklusivitätsrechte eine faktische Exklusivität getreten. Die Marketingbranche muss ein solches Großereignis langfristig vorplanen und bedarf gewisser Regelungen. Juristische Auseinandersetzungen um die Werthaltigkeit von Marketingrechten sind schon aus Zeitgründen zu aufwendig und unsicher. Deswegen werden aus wirtschaftlichen Gründen die Vorgaben der FIFA von den beteiligten Wirtschaftskreisen akzeptiert. (3)
Fallbeispiele
MasterCard ist einer der 15 Hauptsponsoren der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Das Unternehmen verfolgt dabei eine gelungene Marketingstrategie: MasterCard ermöglicht nicht nur eine unkomplizierte Bezahlung weltweit, sondern es verwirklicht auch durch ihr Sponsoring die unbezahlbaren Momente, wie die Freude und Begeisterung der internationalen Fußballfans über die Weltmeisterschaft. Diese Werbekampagne läuft in 105 Ländern in 48 Sprachen, was für MasterCard zu einer weltweiten Steigerung ihres Bekanntheitsgrades und zu einem Umsatzzuwachs von 11,9 Prozent führte. (6)
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